2. Klausur - Angabe

ÜBUNG ÖFFENTLICHES RECHT I
2. KLAUSUR
23.11.2015
Teil A (22 Punkte)
I. Als Martin M von seiner Afrikareise zurückkehrte findet er in seinem Koffer einen
blinden Passagier – eine Tarantel. Martin M ist sich sicher, dass diese giftig ist, jedoch
ein Biss dieser nicht lebensgefährlich sei und beschließt, dass er das Tier behalten
wolle. Zur Sicherheit beantragt er dafür bei der zuständigen Behörde die gemäß § 6
Oö Polizeistrafgesetz erforderliche Bewilligung. § 6 Abs 1 Oö Polizeistrafgesetz lautet:
„Das Halten von gefährlichen Tieren ist nur auf Grund einer Bewilligung der Gemeinde
zulässig.“ Ob es sich bei der Spinne um ein gefährliches Tier handle solle nach
Ansicht des Martin M die zuständige Behörde beurteilen.
§ 11 Abs 1 Oö Polizeistrafgesetz lautet: "Die in diesem Gesetz geregelten
behördlichen Aufgaben der Gemeinde … sind im eigenen Wirkungsbereich der
Gemeinde wahrzunehmen.“
Beantworten Sie dazu ausführlich folgende Fragen:
1. Wer hat das Oö. Polizeistrafgesetz erlassen? Nennen Sie auch die
Kompetenzgrundlage und den Kompetenztatbestand! ...................................................... (2)
2. Welches Organ hat mit welchen Quoren das Oö Polizeistrafgesetz erlassen? .................. (2)
3. Warum verweist der Gesetzgeber in § 11 Oö Polizeistrafgesetz die behördlichen
Aufgaben in den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde? Erläutern Sie umfassend und
bezeichnen Sie auch die konkrete verfassungsgesetzliche Grundlage! ............................. (4)
4. Wer ist die für die Erteilung der Bewilligung zum Halten der Spinne zuständige Behörde
erster Instanz? Nennen Sie hierzu auch die einschlägige gesetzliche Bestimmung.
a. Wenn die Spinne in Linz gehalten wird?........................................................................ (1)
b. Wenn die Spinne in Schärding (Bezirk Schärding, Oö) gehalten werden soll? .............. (1)
II. Am
11.11.2015
wurde
im
Nationalrat
die
Änderung
des
Telekommunikationsgesetzes 2003 beschlossen, welches nun eine verkürzte
Kündigungsfrist von einem Monat für die Beendigung von Verträgen mit Betreibern
von Kommunikationsdiensten vorsieht. Grundlage dieser Änderung ist die Umsetzung
der Richtlinie 2014/61/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai
2014 über Maßnahmen zur Reduzierung der Kosten des Ausbaus von
Hochgeschwindigkeitsnetzen
für
die
elektronische
Kommunikation.
Die
Gesetzesänderung stößt bei den Mobilfunkbetreibern auf keinen großen Anklang, da
dadurch die Richtlinie ihrer Ansicht nach völlig verkennend umgesetzt und das
eigentliche Ziel der Richtlinie den Ausbau des Breitbandnetzes verfehlt würde.
Seite 1 von 4
1. Was ist eine Richtlinie der EU? Erläutern Sie umfassend. Welche Organe der EU sind
befugt, Richtlinien zu erlassen? Warum und in welcher Weise sind Richtlinien von den
Mitgliedstaaten „umzusetzen“? ......................................................................................... (4)
2. Weshalb ist die verfassungsrechtliche Kompetenzverteilung der Art 10 bis 15 B-VG für
die Umsetzung von Richtlinien in Österreich relevant? In welchem Rechtsakt ist die
„Kompetenzverteilung“ zwischen der EU und ihren Mitgliedstaaten geregelt? ................... (2)
3. Dürfte die Umsetzung der Richtlinie, wie von den Unternehmen gefordert, unterbleiben?
Beschreiben Sie die möglichen Rechtsfolgen, die ein Unterbleiben der Umsetzung einer
Richtlinie haben kann! ...................................................................................................... (3)
4. Dürfte der Verfassungsgerichtshof eine verfassungswidrige Richtlinie aufheben? ............. (1)
5. Der Verwaltungsgerichtshof hegt im Rahmen eines Revisionverfahrens Zweifel an der
Auslegung einer Bestimmung der Richtlinie. Wie hat er zur Klärung der Auslegungsfrage
weiter vorzugehen? ......................................................................................................... (2)
Teil B (28 Punkte)
Das Ehepaar Sybille und Markus M lernte sich während ihres Pharmaziestudiums in
Innsbruck kennen, welches sie im selben Jahr (2008) abschlossen. Da Markus M aus Wien
stammt, beschlossen die beiden ihre ersten beruflichen Erfahrungen in Wien zu sammeln
und zogen in die Gumpendorferstraße 53 in 1060 Wien. Sybille fand sogleich einen Platz in
der öffentlichen Apotheke am Wiener Westbahnhof, Europaplatz 1, als Aspirantin und legte
im März 2010 die Prüfung für den Apothekerberuf ab. Im Mai 2010 wurde ihr schließlich das
staatliche Apothekerdiplom verliehen. Seit Juli 2010 ist als Vollzeit-Angestellte in der
Apotheke am Europaplatz 1 beschäftigt. Ihr Mann Markus M orientierte sich nach dem
Studium um und arbeitete seither als Rettungssanitäter in Wien.
Durch ihren Onkel Max wurden Sybille und Markus M darauf aufmerksam gemacht, dass der
Apotheker Simon S der St. Anna Apotheke in Wien Meidling ab Jänner 2016 in Pension geht
und daher für seine öffentliche Apotheke in der Hauptstraße 45, 1120 Meidling, die er
aufgrund einer auf ihn lautenden Konzession betreibt, einen Nachfolger sucht. Das Ehepaar
M sieht darin die Chance sich nun selbstständig zu machen und eine eigene Apotheke zu
führen. Sybille M soll die Leitung der Apotheke übernehmen und Markus M soll als Aspirant
eingestellt werden. Onkel Max verschaffte dem Ehepaar ein Treffen mit Simon S und ein
paar Wochen später, konkret am 2. Oktober 2015, wurde auch schon der Kaufvertrag über
das bestehende Apothekenunternehmen unter der Bedingung der Konzessionserteilung an
Sybille abgeschlossen, der sogleich notariell beglaubigt wurde.
Am 5. Oktober 2015 stellte Sybille M bei der zuständigen Behörde unter Anschluss aller
notwendigen Unterlagen einen Antrag auf Konzessionserteilung, um die Apotheke in der
Gemeinde Meidling in Wien ab Jänner 2016 betreiben zu können.
Im Ermittlungsverfahren tauchte ein anonymes Schreiben eines „alteingesessenen Bürgers
der Gemeinde M“ auf, in dem behauptet wird, dass das Ehepaar M nicht ganz „koscher“ sei
und sicher schon das eine oder andere mal Kontakt mit Suchtmitteln gehabt hätte. Sie seien
Seite 2 von 4
damit nicht für die Leitung der Apotheke geeignet, da man ihnen keine so
verantwortungsvolle Aufgabe übertragen könne. Tatsächlich liegt der Behörde eine
Verwaltungsübertretung der Sybille M vor: im Jahr 2013 bekam sie eine Geldstrafe von EUR
50,--, da sie in einer 70 km/h-Beschränkung die zulässige Höchstgeschwindigkeit um 20
km/h überschritten hatte. Im Strafregisterauszug scheinen bei beiden keine Verurteilungen
auf.
Das dem Antrag beigefügte amtsärztliche Gutachten bestätigt Sybille M beste körperliche
Gesundheit.
Aufgabe: Entscheiden Sie als zuständige Behörde über den Antrag der Sybille M auf
Erteilung der Konzession!
Auszug aus dem Gesetz vom 18. Dezember
1906, betreffend die Regelung des
Apothekenwesens (Apothekengesetz).
StF: RGBl. Nr. 5/1907 idF BGBl I 32/2014
§ 1.
Arten der öffentlichen Apotheken.
Die für den allgemeinen Verkehr bestimmten
Apotheken (öffentliche Apotheken) sind
entweder konzessionierte oder Realapotheken.
§ 3.
Persönliche Eignung
(1) Zur Erlangung der Berechtigung zum
selbständigen Betrieb einer öffentlichen
Apotheke im Sinne dieses Bundesgesetzes ist
erforderlich:
1. […]
2. das staatliche Apothekerdiplom gemäß §
3a, die allgemeine Berufsberechtigung als
Apotheker gemäß § 3b oder eine gemäß
§ 3c anerkannte Berufsausbildung,
3. die Leitungsberechtigung auf Grund einer
nach Erfüllung des Erfordernisses gemäß
Z 2 zurückgelegten fachlichen Tätigkeit
der in Abs. 2 bezeichneten Art und Dauer,
4. […]
5. die Verläßlichkeit mit Beziehung auf den
Betrieb einer Apotheke,
6. die gesundheitliche Eignung, die durch
ein amtsärztliches Zeugnis nachzuweisen
ist […]
(2) Fachliche Tätigkeit im Sinne des Abs. 1 Z 3
ist eine fünfjährige pharmazeutische Tätigkeit
in
einer
öffentlichen
Apotheke
oder
Anstaltsapotheke in einer Vertragspartei des
EWR-Abkommens oder in der Schweiz.
§ 3a.
Staatliches Apothekerdiplom
(1) Personen, die an einer österreichischen
Universität den akademischen Grad eines
Magisters der Pharmazie erworben haben oder
deren ausländischer Studienabschluss von
einer österreichischen Universität als dem
inländischen Studienabschluss entsprechend
nostrifiziert wurde und die die allgemeine
Berechtigung zur Berufsausübung erlangen
wollen, haben in einer öffentlichen Apotheke
oder
Anstaltsapotheke
eine
einjährige
fachliche Ausbildung zu absolvieren und die
Prüfung für den Apothekerberuf vor der
Prüfungskommission der Österreichischen
Apothekerkammer erfolgreich abzulegen.
(2) Nach Abschluss der Ausbildung gemäß
Abs. 1 hat die Österreichische Apothekerkammer im Wege der Landesgeschäftsstelle,
bei der die Prüfung für den Apothekerberuf
abgelegt wurde, das Staatliche Apothekerdiplom zu verleihen.
§ 9.
Konzession.
Der Betrieb einer öffentlichen Apotheke […], ist
nur auf Grund einer besonderen behördlichen
Bewilligung (Konzession) zulässig.
Im Konzessionsbescheid ist als Standort der
Apotheke eine Gemeinde, eine Ortschaft, ein
Stadtbezirk oder ein Teil eines solchen
Gebietes zu bestimmen. Bei Apotheken,
welche schon früher betrieben worden sind, ist
der bisherige Standort aufrecht zu erhalten.
Die Konzession hat nur für den Standort
Geltung.
§ 12
Konzession und Rechtsform des Betriebes
öffentlicher Apotheken
(1) Die Konzession zum Betrieb einer
öffentlichen Apotheke ist ein persönliches
Betriebsrecht und darf auf andere nicht
übertragen werden. Der Apothekenbetrieb hat,
soweit im folgenden nichts anderes bestimmt
ist, in der Rechtsform eines Einzelunternehmens des Konzessionsinhabers zu
erfolgen.
Seite 3 von 4
§ 15.
Übergang von Apotheken.
Wenn eine öffentliche Apotheke, welche auf
Grund einer Konzession betrieben wird, durch
Rechtsgeschäfte unter Lebenden oder im
Erbwege auf einen anderen übergeht, so muß
dieser, falls er die Apotheke betreiben will, eine
neue Konzession erwirken.
bei der Österreichischen Apothekerkammer
einzubringen. Ein Antrag auf Erteilung der
Konzession zum Betrieb einer neu zu
errichtenden öffentlichen Apotheke ist bei der
Bezirksverwaltungsbehörde,
in
deren
Verwaltungsgebiet der Standort der Apotheke
in Aussicht genommen ist, einzubringen.
§ 45.
§ 51.
Beschwerde
(1) Auf Beschwerden gegen Entscheidungen
und Verfügungen der Bezirksverwaltungsbehörden, welche auf Grund der Vorschriften
dieses Gesetzes oder der in Durchführung
desselben erlassenen Anordnungen getroffen
werden, finden die in dieser Hinsicht im
Verfahren
vor
den
Bezirksverwaltungsbehörden geltenden allgemeinen Vorschriften
Anwendung.
(2) Gegen Bescheide der Österreichischen
Apothekerkammer […] kann Beschwerde an
das
Bundesverwaltungsgericht
erhoben
werden.
Entscheidung über den Konzessionsantrag
(1) Über Anträge auf Erteilung einer
Konzession zur Errichtung einer neuen
öffentlichen
Apotheke
entscheidet
die
Bezirksverwaltungsbehörde,
in
deren
Verwaltungsgebiet der Standort der Apotheke
in Aussicht genommen ist.
[…]
(4) Über Anträge auf Erteilung der Konzession
zum Betrieb einer bestehenden öffentlichen
Apotheke entscheidet die Österreichische
Apothekerkammer. Im Verfahren sind § 47
Abs. 2 und die §§ 48 bis 50 nicht anzuwenden.
§ 46.
Gesuch um die Konzession zum Betriebe
einer öffentlichen Apotheke.
(1) Ein Antrag auf Erteilung der Konzession
zum Betrieb einer bestehenden Apotheke ist
Seite 4 von 4