Bestimmung von Dehndruckverlusten bei Kunststoffschmelzen

Bestimmung von Dehndruckverlusten bei
Kunststoffschmelzen
Autor
Prof. Dr.-Ing. Thomas Schröder, B. Eng. Daniel Hastert, B. Eng Carsten Fein
Institut für Kunststofftechnik ikd
Die Berechnung von Fließ- und Füllvorgängen viskoelastischer
Medien wie z.B. Polymerschmelzen durch diverse Simulationssoftware ist mit Fehlern behaftet. Aktuell ist es nicht möglich,
Dehndruckverluste an Querschnittssprüngen in Kanälen oder Kavitäten zu bestimmen bzw. vorherzusagen. Ursache hierfür sind
die viskoelastischen Eigenschaften wie z.B. die Kompressibilität
von Kunststoffschmelzen, die bisher nicht beschrieben werden
konnten.
Projektbeschreibung
Sinn und Zweck der Druckverlustberechnung ist es, Dehndruckverluste in einem Heißkanal abschätzen zu können. Diese sind besonders wichtig bei der Auslegung und Konstruktion von Heißkanälen. Das Rheologie-Labor des Instituts für Kunststofftechnik
Darmstadt ist im Besitz von verschiedenen Messgeräten, welche
die Viskoelastischen Eigenschaften von Kunststoffschmelzen bestimmen können. Wichtige Größen hierfür sind:
Abb. 1: Heißkanal

Dehn- / Scherdruckverluste




Dehn- / Scherviskosität
1. Normalspannungsdifferenz
Molekularaufbau / -gewicht
Speicher-/ Verlustmodul
Nach F.N. Cogswell lässt sich aus dem Einlaufdruckverlust die
scheinbare Dehnviskosität bestimmen. Für die Berechnung von
Dehndruckverlusten liefert das HKV Daten wie z.B. den Gesamtdruckverlust.
Rotationsrheometrie
Das Kegel-Platte-Rheometer erlaubt neben der Erfassung der
Schubspannungs-Schergeschwindigkeits-Abhängigkeit aus der
Messung der Axialkraft auch die Bestimmung von Normalspannungen, d.h. der elastischen Eigenschaften der Flüssigkeit. Die
Elastizität eines viskoelastischen Fluids erzeugt einen Überdruck
im Scherspalt, der zum Auseinanderdrücken von Kegel und Platte
führt. Aus der Axialkraft kann dann die 1. Normalspannungsdifferenz N1 bestimmt werden. Mithilfe der rheologischen Daten wird
eine Verifikation der berechneten Daten ermöglicht.
Simulation
Gängige FEM/CFD Simulationsprogramme für Fließ- bzw. Füllvorgänge berücksichtigen bei der Berechnung die viskoelastischen Eigenschaften von Kunststoffschmelzen nicht. Bei Kanälen
und Bauteilen mit Querschnittssprüngen nimmt die Vorhersagequalität mit zunehmender Anzahl solcher Merkmale deutlich ab.
Der zu erwartende Druckverlust wird unterschätzt. Für die Ermittlung der Fließeigenschaften werden Viskositätsmodelle verwendet, welche sich auf die strukturviskosen Eigenschaften von
Kunststoffschmelzen beschränken.

Δp
ý
N1
(Polymertyp)
G‘/G‘‘
Im Rahmen des Forschungsprojektes soll mit Hilfe der verschiedenen Rheometer eine Materialdaten-Matrix erstellt werden.
Diese Datenbank soll zukünftig in geeignete Simulationsprogramme eingebunden werden, um Berechnungsfehler zu minimieren. Parallel dazu werden die verschiedenen Rheometer mittels Software (Scherdruckverluste) simuliert um einen stetigen
Vergleich zwischen Berechnung und Realität zu erhalten.
Messverfahren - Hochdruck-Kapillar-Viskosimeter
In einem Kapillarviskosimeter wird eine Flüssigkeit mit einem Kolben durch eine Kapillare mit dem Durchmesser d und der Länge L
gedrückt. Beim Übergang in die Kapillare wird die Flüssigkeit eingeschnürt und relaxiert erst beim Austritt. Dadurch entstehen sowohl am Eintritt als auch am Austritt der Kapillare Impulsverluste.
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Untersuchungsergebnisse und weitere Vorgehensweise
∆𝑝𝐺𝑒𝑠𝑎𝑚𝑡 = ∑ ∆𝑝𝑆𝑐ℎ𝑒𝑟𝑢𝑛𝑔 + ∑ ∆𝑝𝐷𝑒ℎ𝑛𝑢𝑛𝑔
200°C
Vergleich Einlaufdruckverluste / Speichermodul
10000000
1000000
Einlaufdruckverluste
Rechte Düse
100000
Speichermodul
10000
1000
1
10
100
Schergeschwindigkeit in 1/s
1000
10000
Abb. 4: Darstellung der Beziehung zwischen Speichermodul und
Einlaufdruckverlust mit Hilfe eines Faktors
∆𝑝𝐷𝑒ℎ𝑛𝑢𝑛𝑔 = 𝐴 ∗ 𝜀̇ 𝐵
Koeffizient A und B beschreiben den Kurvenverlauf. Dabei ist A von
der Geometrie und der Temperatur abhängig und gibt den Y-Achsenschnittpunkt an. B beschreibt die Steigung der Geraden und
ändert sich bei unterschiedlichen Polymertypen und Temperaturen. Zusätzlich werden die Koeffizienten mit den materialspezifischen rheologischen Größen in Zusammenhang gebracht, wie z.B.
1.Normalspannungdifferenz, Viskosität, Schubspannung und das
Verhältnis zwischen Speicher-/ Verlustmodul tan Δ. Ziel ist es
durch Einbringung von vorhandenen Materialgrößen einen Druckverlust zu beschreiben, um anschließend ein Materialgesetz zu generieren, damit zusätzliche Untersuchungen von Polymeren überflüssig werden.
𝜀̇𝑥 =
Allgemein lässt sich zusammenfassen, dass der Einlaufdruckverlust gleich dem Speichermodul mal Faktor in Abhängigkeit vom
Material/Temperatur/Geometrie ist. Bei Betrachtung der Einlaufdruckverluste welche vom HKV und dem Speichermodul G‘ welche
vom Oszillationsrheometer gemessen wurden ist auffällig, dass
immer ein Faktor X zwischen den Messreihen liegt, siehe Abb. 4.
Die Trendlinien beider Messreihen weißen nahezu eine Parallelität
auf. Für diese Messreihen sind die Einlaufdruckverluste mithilfe
eines HKV´s zumessen und anhand des Oszillationsrheometer
sind die viskoelastischen Eigenschaften wie der Speichermodul
festzustellen.
100
∆𝑝𝐷𝑒ℎ𝑛𝑢𝑛𝑔 = 𝑓(𝑀𝑎𝑡𝑒𝑟𝑖𝑎𝑙, 𝐺𝑒𝑜𝑚𝑒𝑡𝑟𝑖𝑒, 𝑃𝑟𝑜𝑧𝑒𝑠𝑠)
Bestimmung der Dehnrate:
Abb. 3: Beispielhafter Querschnittssprung
Speichermodul in Pa
Einlaufdruckverluste in Pa
Stand der Technik
𝑑𝑣𝑥
𝑑𝑥
Anhand
mm der getätigten Messungen am Hochdruck-Kapillarviskosimeter und am Oszillationsrheometer wurde nach Korrelationen
gesucht, wie anhand der gewonnenen Messdaten die Einlaufdruckverluste beschrieben werden können. Über mehrere Schritte
konnte der Einlaufdruckverlust im Zusammenhang mit der Temperatur, dem Durchmesserverhältnis und Materialabhängigkeit
abgeschätzt werden:
∆𝑃𝐸𝑖𝑛𝑙𝑎𝑢𝑓 (𝐷𝑢𝑟𝑐ℎ𝑚𝑒𝑠𝑠𝑒𝑟𝑣𝑒𝑟ℎä𝑙𝑡𝑛𝑖𝑠) =
𝐺´ ∗ (𝐾𝑜𝑛𝑠𝑡𝑎𝑛𝑡𝑒 𝑓(𝑀𝑎𝑡𝑒𝑟𝑖𝑎𝑙) ± ∆𝜗 ∗ 𝐹𝑎𝑘𝑡𝑜𝑟 𝑓(𝑇𝑒𝑚𝑝. )
Der Einlaufwinkel kann noch nicht eindeutig mit einkalkuliert werden, da hier zu wenige Messungen vorhanden sind. Schon bei Messungen mit dem Online-Rheometer zeigte sich, dass der genaue
Einlaufwinkel sich abhängig vom Material und der Einspritzgeschwindigkeit ausbildet und somit ein größerer Messaufwand nötig ist.
Versuchsmatrix:
•
4 unterschiedliche Temperaturen
•
4 unterschiedliche Durchmesser
•
4 unterschiedliche Einlaufwinkel
•
6 unterschiedliche Materialien
Abb. 2: Schematischer Aufbau eines Hochdruck Kapillarviskosimeters
Korrelation der Versuchsergebnisse
•
Einflussfaktoren auf Koeffizienten A, B
Kontakt
Projektpartner
Quellen
Prof. Dr. Thomas Schröder
Institut für Kunststofftechnik Darmstadt ikd
Hochschule Darmstadt h_da
Haardtring 100, 64295 Darmstadt
mail: [email protected]
Günther Heißkanaltechnik GmbH
Sachsenberger Str.1 - 35066 Frankenberg
T. Schröder, „Vorlesungsskript Kunststofftechnologie I –
Rheologie“, ikd, Darmstadt, 2014
G. Menges, „Werkstoffkunde Kunststoffe“,
Hanser Verlag, 2002
Simcon Cadmould® 3-DF, Simulationsmodell:
Hochschule Darmstadt, 6-fach Heißkanal
Förderer
ZIM – Zentrales Innovationsprogramm Mittelstand