Radar für modernste Fahrerassistenz

Radar für
modernste Fahrerassistenzsysteme
Im vorliegenden, zweiten Teil dieses Beitrags geht der Autor auf die Funktionale
Sicherheit der MCU ein, die für die Steuerung des HF-Radarsenders und die
Verarbeitung der Daten zum Einsatz kommt.
F
ür die Steuerung des HF-Radarsenders und die Verarbeitung der vom Empfänger kommenden Daten kommt ein
Mikrocontroller zum Einsatz. Angesichts der Sicherheitsbedürfnisse einer solchen Applikation wird eine speziell für
Funktionale Sicherheit optimierte MCU verwendet.
Für Systemingenieure besteht die Herausforderung darin,
elektronische Steuergeräte so zu konzipieren, dass gefährliche Ausfallszenarien gar nicht erst auftreten oder, falls dies
doch geschieht, ausreichend kontrolliert werden können. Solche Fehler können entstehen durch:
WW Zufällige Hardwarefehler,
WW Systematische Hardwarefehler,
WW Systematische Softwarefehler.
Die Norm für Funktionale Sicherheit IEC 61508 und seine
Ausprägung für die Automobiltechnologie, die ISO 26262,
kommen hierbei zur Anwendung, um sicherzustellen, dass
sich Elektroniksysteme in Industrie und Automobiltechnik
ausreichend sicher verhalten.
Sichere MCUs
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, sichere MCUs zu realisieren. Das herkömmliche Verfahren basiert auf zwei separate MCUs, um die Software auf physikalisch unterschiedlichen Controllern zu duplizieren. Die gleiche Software läuft
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Teil 2
Bild 4: Blockschaltbild der Dual-Core Lockstep MCU.
© Carl Hanser Verlag, München
Bilder: Freescale Semiconductor
ELEKTRONIK
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OBD
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Produktion
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Dual-Core Lockstep-MCU
Dual-Core Lockstep-MCUs befreien nicht von der Notwendigkeit, Sicherheitsmaßnahmen auf Software- und Systemebene zu implementieren, beispielsweise eine ausreichend
unabhängige Überwachung der im Softwarepfad berechneten Ausgangswerte. Neben anderen Aspekten wie einer höheren Integration bieten diese MCUs jedoch auch eine
­„Separation of Concerns“ für die Validierung. In Lösungen,
die auf mehreren Single-Core MCUs basieren, hängt die
Fähigkeit, zufällige Hardwarefehler zu erkennen und zu
­
­kontrollieren, weitgehend von der Software ab.
Eine Dual-Core Lockstep-MCU (Bild 4) kann wichtige
­sicherheitsrelevante Eigenschaften der Infrastruktur des
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auf beiden MCUs identisch ab, und die Ergebnisse werden
dann miteinander verglichen. Sind die Ergebnisse gleich, so
ist alles gut. Wenn nicht, dann weiß das System, dass ein
Fehler vorliegt und kann diesen entweder lösen oder sich
selbst in einen sicheren Zustand fahren. Eine weitere Option
besteht darin, dass nur eine MCU sichere Software ausführt
und die andere MCU, auf der die Applikationssoftware läuft,
überwacht. Mit separaten MCUs muss der Systementwickler das Sicherheitssystem von Grund auf dafür konzipieren
und implementieren.
Im Gegensatz dazu gibt es auch vorzertifizierte MCU-­
Lösungen. Diese Lösungen konzentrieren sich darauf, Einzelfehler, latente Fehler und abhängige Fehler zu erkennen und
ihnen entgegenzuwirken. Erreicht wird dies durch integrierte
Sicherheitsfunktionen wie Selbsttest, Überwachung und
Hardware-basierte Redundanzen in den MCUs, aber auch
Leistungsmanagement-ICs und Sensoren. Was die auf dem
Chip integrierte Redundanz der MCU angeht, so wird diese
für die kritischen Komponenten angeboten, zum Beispiel:
WW Mehrere CPU-Rechenkerne mit verzögertem Lockstep,
WW I/O-Prozessorkern,
WW DMA-Controller (Direct Memory Access),
WW Interrupt Controller.
WW Bussystem mit zwei Crossbars,
WW Memory Protection Unit,
WW Fault Collection Unit,
WW Controller für Flashspeicher und RAM,
WW Peripheriebusbrücke,
WW System- und Watchdog Timer,
WW übergreifender Error Correction Code.
Der Hauptvorteil dieser „Replikationssphäre“ liegt darin,
dass die MCU Einzelfehler erkennen kann, die tendenziell öfter auftreten als Soft-Errors, und das nicht nur in den Rechenkernen, sondern auch in wichtigen Submodulen.
Darüber hinaus stehen für die Rechenkerne, Speicher,
Cross­
bars, Kommunikationsblöcke und Peripheriefunktionen
BIST-Mechanismen (Built-In Self Test) zur Verfügung. Auch
wurde der Baustein für die Verhinderung gemeinsam verursachter Ausfälle, die auf Probleme mit dem Takt oder der Stromversorgung zurückzuführen sind, optimiert. Die MCU verfügt über
Hardwareblöcke für die Erkennung von Taktabweichungen
­sowie eine in Hardware realisierte Überwachung der wichtigsten Spannungen, z. B. am Rechenkern, am Flashspeicher, usw.
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Bild 5: Ausfallsicheres System mit System Basis Chips.
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Bild 6:
Nach IEC
anwend­
barer
­A bschnitt
für den
Chipsatz.
Satellitenbaustein für Funktionale
Sicherheit
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Prozessors auf Hardwareebene unabhängig von der Software verifizieren und validieren, da die Rechnerstruktur in
­integrierter Form vorliegt und einen integrierten Sicherheitsmechanismus repräsentiert. Dies stellt einen signifikanten
Vorteil für das Co-Design von Hard- und Software dar. Darüber hinaus erleichtert die „Separation of Concerns“ eine
raschere Lokalisierung von Problemen. Wenn der Sicher­
heitsmechanismus für die Überwachung des Dual-Core
Lockstep auslöst, dann kann die Ursache mit ziemlicher
Wahrscheinlichkeit auf zufällige Hardwarefehler zurück­
geführt werden, während für den Fall, dass die Softwareüberwachung triggert, mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Fehler
auf Systemebene oder ein systematischer Fehler in der Software vorliegt.
Das Konzept der Dual-Core Lockstep MCU bietet einen
potenziellen Verfügbarkeitsvorteil. In modernen MCUs
­beläuft sich die Fläche für den Rechenkern auf weit unter fünf
Prozent der gesamten MCU, während der MCU insgesamt
ein Anteil von zirka ein Prozent an der sogenannten PMHF
(Probabilistic Metric for random Hardware Failures) zusteht.
Der Beitrag des Rechenkerns liegt somit in erster Näherung
in der Region von 0,05 Prozent. Aber Gewissheit über die
­korrekte Funktion der Rechenkerne ist der Schlüssel für ­jedes
in Software implementiertes Forward Recovery-Verfahren,
wenn es darum geht, die restlichen 99,95 Prozent an Beiträgen zur PMHF zu adressieren, um die Verfügbarkeit des
­Systems aufrecht zu erhalten. Darüber hinaus steht mit der
Dual-Core Lockstep-MCU eine geeignete Infrastruktur zur
Verfügung, um mehrere ausreichend voneinander unabhängige Kanäle zu implementieren.
Um eine ganzheitliche Systemlösung für Applikationen mit
Funktionaler Sicherheit zu unterstützen, wurde von Freescale
eine Serie von passenden Leistungs-SBCs (System Basis
Chips) entwickelt, die gleichzeitig die Rolle der Sicherheitsüberwachung für die MCU und die Stromversorgung übernehmen (Bild 5). Diese SBC-Bausteine versorgen die MCUs
und andere Lasten im System und optimieren über diverse
Stromsparmodi den Energieverbrauch. Darüber hinaus verfügen sie typischerweise über diverse physikalische Schnittstellen und ein SPI-Interface, über das sie die MCU kontrollieren und diagnostizieren können. Die als SEooC (Safety
­Element out of Context) konzipierte Kombination aus MCU
und analogem System Basis Chip erleichtert die Sicherheitsbeurteilung eines Systems. Mit dieser Architektur kann die
Anzahl der Komponenten auf Systemebene reduziert werden, sie adressiert die Anforderungen an die Funktionale
­Sicherheit und erhöht die Zuverlässigkeit. Für die Absicherung der Interaktion zwischen MCU und SBC wurden vier
­Sicherheitsmaßnahmen implementiert:
WW Unterbrechungsfreie Stromversorgung,
WW Ausfallsichere Eingänge zur Überwachung kritischer
­Signale,
WW Ausfallsichere Ausgänge zur Ansteuerung eines sicheren
Zustandes im Fehlerfall,
WW Ein Watchdog für eine ausgeklügelte Taktüberwachung,
In Kombination mit der MCU ist jede Sicherheitsmaßnahme
für ein Höchstmaß an Sicherheitsperformanz optimiert. Auf
Systemebene können von der MCU vorgeschlagene Sicherheitsprüfmechanismen durch das SBC über ein bistabiles
Protokoll der FCCU (Fault Collection Control Unit) überwacht
werden. Solche IC-Crosschecks wie der sogenannte
­„Challenger“ für das Monitoring-Timing liefern externe Messungen des Systems und eröffnen eine Redundanz für eine
weitere sichere Fehlererkennung. Im Einklang mit der Sicherheitsarchitektur der System-Basis-Chip-Familie ergibt sich
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Systemkonformität versus
Chipsatzkonformität
Die Konformität der Funktionalen Sicherheit wird auf Systemebene erreicht, und das liegt in der Verantwortung des
Systementwicklers. Die MCU und der SBC-Chipsatz wurden
unabhängig von ihrer letztlichen Verwendung konzipiert, diese kann ein ausgeklügeltes Alarmsystem für das Auto, ein intelligentes Fahrerassistenzsystem oder ein mobiler Kran sein.
Der Chipsatz wurde daher als SEooC (Safety Element out of
Context) entwickelt. Ein SEooC ist ein sicherheitsrelevantes
Element, welches nicht im Kontext zu einer bestimmten
Fahrzeugfunktion oder Endapplikation entwickelt wurde. So
lassen sich dann die in der ISO 26262 vorgegebenen Richtlinien für die Entwicklung von SEooC-Komponenten anwenden (Bild 6).
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Freescale hat seine Initiativen für die Funktionalen Sicherheitsanforderungen des Marktes in dem SafeAssure-­
Programm (Bild 7) gebündelt. Dieses beinhaltet Sicherheitssupport, Sicherheitshardware, Sicherheitssoftware und
­einen Sicherheitsprozess, um sicherzustellen, dass prozedurale Aspekte während der Entwicklungsphase der unterschiedlichen Produkte adäquat berücksichtigt werden. Zum
typischen Lieferumfang gehören:
WW Sicherheitsanalyse von Architekturen: FMEDA, CCA oder
FTA,
WW Anwenderhandbuch: Sicherheitshandbuch, Applikationsnoten zum Thema Sicherheit,
WW Nachweise für den Entwicklungsprozess: PPAP, Sicherheitsplan, Zertifikate.
Das Ziel besteht darin, die für die Entwicklung von Sicherheitssystemen nach den ISO-26262- und IEC-61508-Standards
­benötigte Zeit und Komplexität zu reduzieren und mit Lösungen, die den Anforderungen der Funktionalen Sicherheitsstandards für Automobiltechnik und Industrie Rechnung tragen,
das Erreichen der Systemkonformität zu erleichtern. W (oe)
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Yves Legrand ist Global Industrial Marketing Manager der
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© Carl Hanser Verlag GmbH & Co.KG, München, www.hanser-automotive.de; Nicht zur Verfügung in Intranet- u.Internet-Angeboten oder elektron. Verteilern
dank dedizierter ausfallsicherer Ausgänge ein redundanter
Pfad für die Sicherheitszustandsaktivierung. Diese Ausgänge
ergänzen die ausfallsicheren Ausgänge der MCU, indem sie
die Applikation in einen deterministischen Zustand versetzen,
wenn ein Fehlerzustand auftritt. Mit diesen Hardwaremaßnahmen können Softwareingenieure die Softwarearchitektur
vereinfachen und eine Softwareentwicklungsstrategie implementieren, in deren Mittelpunkt die Sicherheit durch ein Single-MCU-Konzept steht.
09.04.15 14:30
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