Artikel zum als "nur-Text-PDF" - Johannes

Schulprofil
Fächer und Lernbereiche
Jede neue 1. Klasse bringt frische Impulse in das Schulleben.
Sie stellt Bewährtes auf die Probe und verlangt Besonderes, das vielleicht nur
für diese eine Klasse richtig, vielleicht aber auch zukunftsweisend ist.
So befindet sich das Profil der Johannes-Schule in ständiger Weiterentwicklung;
eine Arbeit, die in den wöchentlichen Konferenzen geleistet wird und die nicht
in „Echtzeit“ abzubilden ist.
In den hier eingestellten Artikeln geben die Lehrerinnen und Lehrer unserer
Schule Einblicke in ihre Tätigkeitsbereiche. Die Texte werden in
unregelmäßigen Abständen überarbeitet, mit Bildern aus dem Schulleben
ergänzt und um weitere Fachbereiche und Themen erweitert.
Wir wünschen Ihnen viel Spaß beim Lesen und freuen uns immer über eine
Rückmeldung.
Johannes-Schule Bonn
Rehfuesstraße 38
53115 Bonn
Tel:
0228-91434-0
Fax:
0228-91434-10
E-Mail: [email protected]
Inhalt
Berufsorientierung
Englisch
Eurythmie
Gartenbau
Handarbeit
Hauptunterricht
Hauswirtschaft
Kerzenziehen
Kunst
Landwirtschaftliches Praktikum
Lehrplanübersicht
Lesen und Schreiben lernen
Medienkunde
Musik
Schulfeiern
Sport/Turnen/Bewegungsbad
Therapien
Waldpraktikum
Weben
Werken (Holz-Metall-Schmieden)
Vom Korn zum Brot
(Beispiel einer Epoche)
Konzept Berufsorientierung
(September 2015)
Mittelstufe
Erste Erfahrungen sammeln die Schüler/innen bereits in Klasse 7 mit dem Waldpraktikum.
Mit ihren Betreuern leben sie eine Woche in einer Wald-Jugendherberge und entdecken
unter Anleitung eines erfahrenen Försters den Wald als besonderen Lebensraum. In Teams
führen die Schüler/innen einfache, aber notendige Pflegearbeiten durch.
In der 9. Klasse findet -ebenfalls noch in der Klassengemeinschaft- ein zweiwöchiges
Landwirtschaftspraktikum auf einem biologisch-organisch wirtschaftenden Hof statt. Alle
Schüler/innen arbeiten in wechselnden Gruppen in den Bereichen Gärtnerei, Feld- und
Viehwirtschaft.
Oberstufe
An die vorbereitenden Praktika der Mittelstufe schließt sich in der 10. bis 12. Klasse die
hausinterne Berufsorientierung in den schuleigenen Werkstätten an: zwei Schultage sind für
die sogenannten Werktage zur Verfügung gestellt. Diese bieten den Schüler/innen die
Möglichkeit, verschiedene Berufsfelder kennenzulernen und praktisch zu erproben. Die
Berufsorientierung beinhaltet praktische und theoretische Teile; durch die beiden
annähernd einen ganzen Schultag umfassenden Blöcke wird ein Arbeitstag in
unterschiedlichen Arbeitsbereichen erlebbar. Nach je einem Schulhalbjahr wechseln die
Schüler/innen den Werkbereich. Zur Zeit (2015) werden folgende Bereiche angeboten:
Werken, Gartenbau, Keramik, Kostümwerkstatt, Hauswirtschaft, Kerzenziehen und Weben.
Klasse 10
Berufskundeepoche I :
Berufsbilder besprechen, Bewerbungstraining, Übungen zur Erstellung eines
Praktikumsberichts, Verhaltensregeln während eines Praktikums, Betriebserkundungen,
Besuch einer Werkstatt für behinderte Menschen und Besichtigung von Ausbildungsbereichen in einem Berufsbildungswerk.
Bemerkung: Die Inhalte der Berufskundeepoche können beispielsweise mit einer Deutsch-/
Tastaturschreibepoche verbunden werden. Die Epoche soll vor dem ersten Betriebspraktikum durchgeführt werden.
Kompetenzfestellung / Potentialanalyse:
Angebot für alle Schüler/innen in Zusammenarbeit mit dem IFD (Integrationsfachdienst). Ziel
ist es, durch den Blick von außen die Einschätzung der Schule zu ergänzen. Das Ergebnis kann
Grundlage einer Berufswegekonferenz sein.
Berufswegekonferenz 1
Schüler/innen und Eltern soll die Möglichkeit gegeben werden, gemeinsam mit
Klassenlehrer/in, Koordinator, und wenn gewünscht, einer Beraterin des Integrationsfachdienstes oder einer anderen Einrichtung über berufliche Möglichkeiten nach Abschluss
der Schule zu sprechen.
Zielsetzung: Feststellung von Interessen, Neigungen und Kompetenzen. Berufliche Wünsche
besprechen. Nächstes Betriebspraktikum planen, speziellen Förderbedarf feststellen und
Aufgabenteilung abstimmen.
Der IFD bietet für einzelne Schüler/innen Trainingsmodule an (z.B. Mobilitätstraining,
Training zur berufsrelevanten sozialen Kompetenz). Die notwendigen Voraussetzungen
werden im Einzelfall abgeklärt. Diese Trainingsmodule sind kostenlos und werden im Verlauf
des Schuljahres in kleinen Gruppen durchgeführt.
Vorbereitung und Betreuung des 1. Betriebspraktikums (2 Wochen)
Eltern und Schüler/innen suchen einen geeigneten Praktikumsplatz in Wohnortnähe; hierbei
ist auch die Fahrorganisation zu regeln. Informationen zum Praktikum erfolgen Ende der 9.
Kl.
Die Schüler/innen sollten sich persönlich bei ihrer zukünftigen Praktikumsstelle vorstellen,
möglichst in Begleitung eines Elternteils. Wichtig bei der Auswahl eines geeigneten
Praktikumsplatzes sind die persönliche Eignung des Schülers/der Schülerin, ein geeignetes
Arbeitsumfeld sowie ein realistisches Berufsbild. Dem Betrieb sind Besonderheiten der
Schülerin oder des Schülers vor Beginn des Praktikums von den Eltern mitzuteilen. Nach
Absprache kann dies auch von Mitarbeiter/innen der Schule übernommen werden. Die
Schüler/innen sollen möglichst in den ersten Tagen durch den Klassenlehrer besucht
werden. Ein zweiter Besuch, um die Entwicklung wahrzunehmen und ein Abschlussgespräch
mit der/dem Praktikumsanleiter/in führen zu können, kann sinnvoll sein. Entsprechend den
Möglichkeiten der Schüler/innen sollte ein Praktikumsbericht geschrieben werden, möglichst
mit einigen Fotos einer typischen Arbeitssituation. Von dem Betrieb wird ein
Praktikumszeugnis erwartet.
Anlage Berufswahlordner
Für jede/n Schülerin und Schüler soll vom Klassenbetreuer oder auf Wunsch vom
Koordinator eine Mappe angelegt werden, in der alle Praktika dokumentiert werden. Neben
einem kurzen Praktikumsbericht sollte ein kurzer Selbsteinschätzungsbogen und die
Praktikumszeugnisse abgeheftet werden. In dieser Mappe sollen auch alle zusätzlich
erworbenen Kompetenzen (z.B. Erstehilfekurs, PC-Führerschein, Maschinenscheine u.a.)
dokumentiert werden.
Organisation und Betreuung einer Schülerfirma (optional)
Ein Beispiel ist der Betrieb eines Schulkiosks. Dies bietet viele Lernanlässe: Einkauf,
Kalkulation, Verkauf, Rechnen, Buchführung, Kasse abrechnen, aber auch Brötchen belegen
und akkurat präsentieren. Verlässliches Handeln wird trainiert.
Informationsabende für Eltern ab der 9. Klasse
Für die Oberstufe sind Informationsabende zu den Themen Berufsorientierung (alle 2 Jahre
auf einem klassenübergreifenden Elternabend ab Kl. 8/9) und nach Möglichkeit zum
Betreuungs-und Erbrecht vorgesehen.
11. Klasse
Beratungsgespräch mit dem Rehaberater der Agentur für Arbeit (AfA)
Es wird eine Erstberatung/Information auf einem Elternabend durch die/den Rehaberater/in
der AfA angeboten.
Die individuellen Erstberatungstermine mit der/dem zuständigen Berater/in, die im Verlaufe
des Schuljahres angeboten werden, sollten bereits zum Schuljahresbeginn mit der Agentur
für Arbeit abgesprochen werden. Der/die Klassenbetreuer/in muss einen Schülererhebungsbogen für jede/n Schüler/Schülerin ausfüllen. Dieser ist mit den Eltern
abzustimmen und muss von den Eltern unterschrieben werden. An dem Termin nehmen in
der Regel die Schüler/innen mit ihren Eltern, der/die Klassenbetreuer/in und gegebenenfalls
ein/e Berater/in des IFD oder einer anderen Einrichtung teil.
Berufskundeepoche II
Auch diese Epoche kann als Vorbereitung auf das darauf folgende Betriebspraktikum dienen.
Die Inhalte der ersten Epoche werden wiederholt und vertieft. Weitere Berufsbilder werden
besprochen, Ausbildungsvoraussetzungen werden erarbeitet.
Vorbereitung und Betreuung des 2. Betriebspraktikums (2 Wochen)
Vorbereitung und Betreuung entsprechend Praktikum1
Beim zweiten Praktikum soll nach Möglichkeit versucht werden, dass der Schüler, die
Schülerin den Betrieb selbständig mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreicht.
Berufswegekonferenz 2
(Siehe Berufswegekonferenz 1)
Bei dem Gespräch geht es vor allem darum, die bisherigen Schritte in Sachen
Berufsorientierung gemeinsam mit dem Schüler / der Schülerin zu besprechen und
zusätzliche Fördermöglichkeiten und Notwendigkeiten zu besprechen. Planung des 3.
Betriebspraktikums.
Vorbereitung und Betreuung des 3. Betriebspraktikums (2 Wochen)
Vorbereitung und Betreuung entsprechend Praktikum1 und 2.
12. Klasse
2. Beratungsgespräch durch die Agentur für Arbeit (Entlassgespräch)
Bereits Anfang des Schuljahrs werden die Beratungstermine (2. Schuljahreshälfte) mit
dem/der zuständigen BeraterIn festgelegt. An dem Termin nehmen in der Regel der/die
SchülerIn mit Eltern, der Klassenbetreuer und gegebenenfalls ein Berater des IFD oder einer
anderen Einrichtung teil. Bei diesem Beratungsgespräch werden in der Regel schon die
Weichen gestellt, ob eine berufliche Ausbildung (Werkerausbildung), eine überbetriebliche
Ausbildung in einem Berufsbildungswerk (BBW), ein Berufsvorbereitungsjahr (BVB) finanziert
oder eine Beschäftigung in einer WfbM oder einer anthroposophisch orientierten
Lebensgemeinschaft angestrebt wird. In einigen Fällen besteht die AfA auf einen eigenen
Kompetenzfeststellungstest.
4. Betriebspraktikum
Über ein viertes Betriebspraktikum für einzelne Schüler/innen oder die ganze Klasse sollte
auf einem Elternabend entschieden werden. Zusätzliche Praktika für einzelne Schüler/innen
müssen vom Klassenbetreuer befürwortet und bei der Schulleitung beantragt werden.
Englischunterricht an der Johannes‐Schule
Barbara Lange Schon in der 1. Klasse beginnt für die Kinder an der Johannes‐Schule der Englischunterricht. Staunend begegnen sie dem Fremden, das in der anderen Sprache lebt. Noch aus den kindlichen Nachahmungskräften heraus steigen die Erstklässler in das chorische Singen und Sprechen ein. Jedes Kind zeigt hier sein eigenes Wesen, das eine macht fröhlich und unbekümmert mit, ein anderes muss etwas Scheu überwinden, um sich auf das Neue einzulassen. Der Unterricht ist geprägt von dichterisch geformter Sprache. Verse, Lieder, Fingerspiele und ähnliches mehr werden durch Gestik und Mimik begleitet. So erkennen bald alle Kinder beim Singen von „Incy wincy spider“ die Spinne wieder, die bei Regen am Regenrohr herabrutscht und im Sonnenschein wieder hinaufklettert. Im Laufe der Unterstufenjahre wird dieser Charakter des Englischunterrichtes weitgehend beibehalten. Die Themenfelder werden nach und nach erweitert, immer orientiert an der Erlebniswelt der Kinder (Körper, Farben, Kleidung, Zahlen, Dinge im Klassenraum…) und den jahreszeitlichen Rhythmen. Allmählich werden neben den vielen chorischen Elementen auch kleine Inhalte erübt, in denen einzelne Kinder aus der Gruppe heraustreten und beispielsweise Dialoge sprechen. Dies ist auch beim Einüben von Rollenspielen möglich, wo sich chorisch und individuell gesprochene Teile abwechseln. Hier ist viel Raum für die Stärken der einzelnen Schüler. Der eine erinnert ganz genau die Worte, eine andere bildet vielleicht mit kräftiger Stimme das Fundament des ganzen Klassenchores. Je weiter die Klassen in die Mittelstufe hineinwachsen, desto stärker wird der Lerncharakter des Englischunterrichts. Wörter werden zunehmend systematisch und bewusst gelernt, beispielsweise innerhalb bestimmter Themenfelder. Erste grammatische Anteile fließen in den Unterricht ein. Etwa in der 5. Klasse begegnen die Kinder der englischen Sprache erstmals auch schreibend und lesend. Bereits bekannte Sprüche, kleine Geschichten oder auch Worte daraus werden geschrieben und gelesen. Über das Wiedererkennen der vertrauten Wörter wird ein Weg gebahnt für die Auseinandersetzung mit dem englischen Schriftbild. Das ist merkwürdig, wenn im englischen Wort „sun“ ein „u“ erscheint und doch das Ohr ein „a“ hört! Man staunt über das Fremde und zugleich wird das Bewusstsein für die eigene Sprache stärker. Bei all dem wird innerhalb des Klassenverbandes differenziert. Je nach Fähigkeiten der Schüler wird die kognitive Arbeit stärker betont oder die Mitarbeit im nach wie vor wichtigen rhythmischen Anteil des Unterrichts hervorgehoben. In der Mittelstufe wird der Blick der Schülerinnen und Schüler bewusst auf die fremde Kultur englischsprachiger Länder gelenkt. Wurde die andere Mentalität vorher wie selbstverständlich aufgenommen und singend und sprechend gelebt, so steht neben der Betrachtung der Worte als solche nun auch das Lernen über die Eigenheiten und Gebräuche eines anderen Volkes. Viel Fremdes gibt es zu entdecken, wenn eine Klasse auf diese Art London erkundet. Wie merkwürdig die Polizisten und die Busse aussehen, dass es eine Königin gibt und das Essen, wie das wohl schmeckt? Vielleicht bringt der Lehrer einmal eine Kostprobe mit. In der Regel ab der 8. Klasse wird der Englischunterricht klassenübergreifend erteilt. Es entstehen Lerngruppen, die vorwiegend mündlich arbeiten. Neben neuen, altersgemäßen Lerninhalten werden Grundlagen immer wieder geübt. In den wechselnden Lerngruppen kann das Üben der bereits bekannten Dialoge immer wieder eine neue Herausforderung sein! In diesen Gruppen, insbesondere ab der 10. Klasse, spiegelt sich der Charakter der heranwachsenden jungen Menschen. So ist der Lehrer hier immer herausgefordert, den Unterricht dem entsprechend zu gestalten. Was eine Gruppe in ruhigem Betrachten und Üben von Themen lernt, wird sich die andere vielleicht in bewegten, vor allem von Rollenspielen geprägten Stunden aneignen! In der Lerngruppe, die parallel dazu arbeitet, kommen ab dieser Altersstufe verstärkt verschiedene Medien wie Texte, Lehr‐ und Arbeitsbücher aber auch Audio‐CDs zum Einsatz. Die Unterrichtsinhalte orientieren sich in dieser Gruppe am Lehrplan für emotionale und soziale Entwicklung. Nach wie vor wird das Sprechen anhand von Rezitationen und Dialogen geübt und das Singen von Rock, Pop, Gospel und ähnlichem ist in aller Regel fester Bestandteil des Unterrichts. Der Eurythmieunterricht
Petra Mattion‐Sokolov Eurythmie ist ein Bewegungsfach, dass weltweit in allen Waldorfschulen von der 1. bis zur 12. Klasse unterrichtet wird. Die Anfänge der Eurythmie wurden von Rudolf Steiner zu
Beginn des 19. Jahrhunderts inauguriert. In unterschiedlichen Arbeitsfeldern wurde diese Bewegungskunst seither weiter entwickelt: Bühne, Therapie, Pädagogik, Soziale Arbeitsfelder. Kompetenzen, die im Wesentlichen durch Eurythmie‐Übungen ausgebildet bzw. verstärkt werden: motorische Kompetenz, sprachliche Kompetenz, musikalische Kompetenz, soziale Kompetenz. Anknüpfend an die natürliche Bewegungsfreude der Kinder beginnt der Unterricht mit elementaren Gesten, die sich an Reime, Bilder von Märchen oder Gedichten und Musik anlehnen. Den Bewegungen geht immer das Zuhören voraus. Sie sind abwechselnd energisch oder behutsam, sanft, mal schnell oder langsam, mal wird der Körper gebeugt, mal wird er gestreckt – je nachdem, wie es das Fantasie‐Bild oder das Tempo der Musik erfordert. Dabei kommt es nicht auf äußere Perfektion an. Die Klassengemeinschaft trägt den Einzelnen in seinen Bemühungen. Die SchülerInnen lernen im Laufe der Schuljahre sich mit der ganzen Gruppe in komplizierteren Formen im Raum, zu Gedichten oder zur Musik, zu orientieren. Sie üben ihre Geschicklichkeit und verbessern ihre Koordination im Umgang mit Stäben, Kugeln, Tüchern. Durch wiederholendes Üben kann sich das Gelernte festigen. Die SchülerInnen erleben ihre Fortschritte und ihr Können, analog dem Selbstwirksamkeits‐
Konzept. Immer wieder wird das Erlernte im Rahmen der Schulfeiern und Jahresfeste aufgeführt. Die innere Präsenz, die eine solche Darstellung auf der Bühne erfordert, wirkt sich stärkend auf das Selbstbewusstsein des Einzelnen aus. Gartenbau
Georg Müller Die erste Begegnung der Schülerinnen und Schüler mit dem Fach Gartenbau findet bereits in der dritten Klasse statt: in der Ackerbau‐Epoche bestellen die Kinder einen kleinen Acker auf dem Schulgelände, sie graben, eggen und säen. Vom ersten Keimen bis hin zur Ernte wird eine landwirtschaftliche Kultur (in den meisten Fällen Getreide) gepflegt und begleitet. Der reguläre Gartenbauunterricht beginnt im 5. Schuljahr. Zweistündig werden die Schülerinnen und Schüler in halber Klassenstärke (5 bis 6 Kinder) an die Tätigkeiten in und um den Garten herangeführt. Zunächst findet eine Orientierung in unserem Garten statt, die Pflanzen werden betrachtet, beschnuppert, mit Auge und Zunge genossen. Erste kleinere Kulturen werden selbst durchgeführt. Auch kleinere Pflegearbeiten (je nach körperlichen Fähigkeiten) gehören schon in diese Zeit. Im Laufe der nächsten Jahre werden die Schülerinnen und Schüler immer tiefer mit diesen Tätigkeiten befasst. Die Arbeitsabläufe werden komplexer und den jeweiligen körperlichen Verfassungen angepasst. In diesen Jahren werden im Sinnes‐
Wahrnehmungsbereich vor allem Koordination der Bewegung und Gleichgewicht geschult, die Kinder lernen ihre wachsenden Kräfte bewusst einzusetzen. Durch die Kontinuität über diesen langen Zeitraum erhalten die Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit, die rhythmischen Prozesse des Jahreslauf mit seinen Jahreszeiten intensiv in der menschlich geschaffenen Gartenatmosphäre zu erleben und verfolgen. Vertieft werden diese Eindrücke durch bewusste Beobachtungen des Wetterverlaufs und der Veränderungen der Bodengegebenheiten. Wesentlich ist ebenfalls das Erleben der Aufbau‐ und Zersetzungsprozesse der Natur, die aktiv von den Schülerinnen und Schülern mitgestaltet werden (der Kreislauf vom Keimen, Wachsen, Blühen, Fruchten, Verwelken, Kompostieren und Düngen, das wesentliche Kennzeichen eines nachhaltigen Umgangs mit der Natur). Im neunten Schuljahr intensiviert sich die Arbeit im Garten durch eine Erhöhung der Stundenzahl von 2 auf 3 Stunden. Jetzt tritt neben die Umgestaltung das übersichtsvolle Planen des gesamten Gartens in den Vordergrund. Was soll wo in welchem Ausmaß zu welchem Zeitpunkt im Garten gearbeitet werden? Kleinere Projekte, in denen die Schülerinnen und Schüler zunehmend selbständig und eigenverantwortlich überschaubare Aufgaben bewältigen, werden durchgeführt. Am Anfang des Schuljahres steht das Landwirtschaftspraktikum, das gemeinsam im Klassenverband in einer Hofgemeinschaft der Voreifel durchgeführt wird. Die Jugendlichen erhalten Einblicke in die Arbeits‐ und Lebensverhältnisse dieser Gemeinschaft. Die Bedeutung der Landwirtschaft für die Gesellschaft wird zum ersten Mal bewusst erfahren. Der Eintritt in die Oberstufe bedeutet einen tiefen Einschnitt für die Jugendlichen. Die Klassen 10, 11 und 12 werden in den künstlerisch‐handwerklichen Fächern ‐ zu diesen zählt auch das Fach Gartenbau ‐ zusammengefasst und in vier Gruppen zu jeweils 6 Schülerinnen und Schülern aufgeteilt. Die Arbeit erfolgt nun an zwei Werktagen zu je 6 Fachstunden in jedem Fachbereich. Lehrerorientierter Unterricht weicht selbständigem Arbeiten an ausgesuchten Projektbereichen. Von der Planung über die Durchführung bis zur kritischen Analyse wird in Gruppenarbeit das eingeübt, was für die Jugendlichen nach ihrer Schulzeit von Wichtigkeit sein wird. Nicht nur die handwerklichen Fähigkeiten, sondern in ebenso gleichem Maße die soziale Integrationsfähigkeit und Arbeitstugenden wie Geduld, Genauigkeit, Ausdauer und Sensibilität für die Pflanze und den Garten als Ganzem werden entwickelt und erarbeitet. Handarbeit an der Johannes-Schule
Hildegard Theißen
Handarbeit an der Johannes-Schule ist für mich, als jemand, die dieses Fach seit 15 Jahren
unterrichten darf, bis heute etwas ganz Besonderes. Um es vorweg zu schicken (ich hoffe,
dass diesen Text nicht zu viele meiner SchülerInnen lesen werden bzw. erst dann, wenn der
Handarbeitsunterricht abgeschlossen ist), für mich war die Handarbeit mein unliebsamstes
Fach in meiner Schulzeit. Und wenn mir vor 20 Jahren jemand gesagt hätte, dass ich das mal
unterrichten würde und das auch noch voller Überzeugung und mit wachsender Freude,
dann…., naja, ich hätte denjenigen mindestens für verrückt gehalten. Die tiefe Sinnhaftigkeit
dieses Faches hat sich mir selbst erst zunehmend erschlossen.
Die Handarbeit ist ein Fach, das insbesondere bei den Jungs oft schon ab der 4. Klasse,
spätestens aber mit beginnender Pubertät als langweilig, uninteressant (auch mitunter als
peinlich und „Frauenarbeit“) abgetan wird. In meinen Augen wäre es fatal an der Stelle, an
der ein solcher innerer Widerstand auftaucht, dem nachzugeben, was der deutlich
bequemere Weg wäre. Denn es kann dennoch gelingen, alle Kinder und Jugendlichen dafür
zu gewinnen, dass sie es tun (zugegebenermaßen nicht in jeder Stunde gerne). Dafür ist
Voraussetzung, dass ich als Lehrerin durchdrungen habe, wie immens wichtig dieses feine
Arbeiten der Finger für die einzelnen Kinder und Jugendlichen ist. Auf der Seite der
SchülerInnen braucht es die Motivation etwas wirklich Schönes zu machen, etwas das sie mit
Freude und Stolz erfüllt, wenn sie sehen, was ihre Hände zustande bringen.
Wird das Genörgel einmal zu groß, warum man denn so etwas tun müsse, antworte ich ab
der 5. Klasse auch schon mal gerne mit dem Hinweis, dass geschickte Hände den Kopf klug
machen und zu besserem Rechnen verhelfen.
Denjenigen, die der Hintergrund dieser Aussage weitergehend interessiert, möchte ich einen
Artikel aus einer Erziehungskunst aus 2002 empfehlen, der – obwohl mehr als 20 Jahre alt –
sehr wichtige Gedanken und Hinweise enthält.
http://www.erziehungskunst.de/fileadmin/archiv_alt/2002/p003ez0502-515-522-Kranich.pdf
Und jetzt noch Einiges zum Inhalt und dem Aufbau des Handarbeitsunterrichts über die
verschiedenen Klassenstufen. Das ist beispielhaft das, wie ich es unterrichte, denn wie auch
in anderen Fächern, hat da jede Kollegin aus den Lehrplan-Vorgaben ihr ganz Eigenes
entwickelt.
Jede Handarbeitsstunde in der Unterstufe der Johannes-Schule beginnt mit Hand- und
Fingerspielen. Wenngleich natürlich Hintergrund u.a. auch ist, die Fingerfertigkeiten zu
verbessern, die Finger zu benennen, und einzeln zu bewegen, so geschieht das alles mit
Versen, die von Zwergen, Tieren u.a.m. handeln, so dass das Bewegen kein eigentliches
Üben ist, sondern möglichst nebenher geschieht, wenn die Kinder in die Sprache der Verse
eintauchen. Wirkliches Üben, im Sinne von: die Kinder verbessern, wiederholen bis es denn
mal „klappt“, usf. ist in den ersten Jahren noch nicht mein Streben. Die Finger üben sich und
werden immer bewusster ergriffen, wenn alle so freudig die Handarbeit beginnen. Während
der ersten 2-3 Jahre kommt oft noch der Schäfer (eine Wollpuppe mit echtem SchaffellMantel) zu Besuch und erzählt über sein Leben draußen bei Wind und Wetter mit seinen
Schafen.
Die 1. Klasse beginnt ihren Handarbeitsunterricht meist mit langem Erkunden (und das mit
allen Sinnen) der Wolle. Roh-Wolle (von unseren eigenen Schafen) wird befühlt, gerochen,
wir schauen an, was da so alles in einem Schaffell drin ist, die Wolle wird gewaschen,
gekämmt und manches Mal wird mit der Rohwolle auch gefilzt.
Anschließend beginnen die Arbeiten, die tatsächlich mehr die Beweglichkeit der einzelnen
Finger schulen, zunächst das Fingerhäkeln, mit dem der sog. Pinzettengriff geübt wird. Jedes
Kind häkelt sich eine eigene Pferdeleine. Dann beginnt das Stricken. Zunächst stellt jedes
Kind eigene Stricknadeln aus Buchenholz-Rundstäben her. Das Holz muss ganz streichelzart
und fein geschliffen werden, damit später die Wolle nicht an einer Unebenheit hängenbleibt.
Zum Abschluss werden die Nadeln geölt und poliert. Das kann eine Arbeit sein, die durchaus
einige Stunden in Anspruch nimmt, von vielen Kindern aber mit großer Geduld und wirklich
gerne getan wird, jedenfalls dann, wenn es gelingt, ihnen zu vermitteln, weshalb keine
Holzfasern mehr abstehen dürfen, das Holz glatt und ganz weich werden muss. Das Stricken
wird mit Handführung erlernt, bei einigen Kindern ist diese Handführung über Monate
(manchmal Jahre) notwendig, andere versuchen schon in der 2. Stunde einzelne Maschen
selbstständig zu stricken.
Die erste Strickarbeit ist meist ein Ball, danach folgen Tiere, Pulswärmer, Mützen u.a.m., je
nach Vorlieben der Kinder, aber auch der unterrichtenden Lehrerin. Meine SchülerInnen
stricken so lange bis sie es wirklich ergriffen haben und (bis auf wenige Ausnahmen) sicher
beherrschen, aber auch danach haben sie weiterhin eine Strickarbeit als Nebenarbeit, wenn
sie mit den folgenden Tätigkeiten beginnen. Das ist für mich so eminent wichtig geworden,
weil ich das Stricken (und mit Abstrichen den Kreuzstich) für DIE
therapeutische/heilpädagogische Handarbeitstätigkeit überhaupt halte. Einige wenige
SchülerInnen erlernen rechte und linke Maschen zu stricken, die meisten stricken dauerhaft
ihre Arbeiten ausschließlich mit rechten Maschen.
Danach beginnen wir mit der Kreuzsticharbeit, die bei uns etwa 2 Jahre in Anspruch nimmt.
Schöne Taschen, Federmäppchen oder Kissenbezüge mit selbst entworfenen Motiven
entstehen. Im Anschluss wird das Nähen eingeführt. Je nach individueller Möglichkeit wird
ausschließlich der Rückstich eingeführt oder auch verschiedene Nähte geübt. Manchmal
entstehen Tiere, oft Taschen, Sportbeutel, Kissenbezüge. Immer entstehen ganz individuelle
zum Kind passende Werkstücke, die die Jugendlichen ein Stück größer werden lassen, wenn
sie ihre Arbeiten nach Hause tragen und dort auch oftmals die Bewunderung ihrer
Geschwister erleben dürfen, die das alles in ihren Schulen meist nicht mehr erlernen.
„Heute wissen viele … gar nicht, was man für ein gesundes Denken, für eine gesunde Logik
hat, wenn man stricken kann.“ Rudolf Steiner (GA 306/S. 142)
Der Hauptunterricht Martin Bohn Der Klassenlehrer betreut seine Klasse täglich von 7.45 Uhr bis 9.45 Uhr. Dies ist der so genannte Hauptunterricht. Der eigentliche Unterricht beginnt nach Abschluss des Morgenkreises um etwa 8.20 Uhr. Unabhängig vom jeweiligen Unterrichtsstoff gliedert sich der Hauptunterricht in drei Teile: Rhythmischer Teil, Lernteil und Erzählteil. Dadurch sollen die Schüler in allen drei Seelenkräften angesprochen werden. Fühlen, Denken und Willensarbeit wechseln sich ab, so dass der ganze Mensch angesprochen und ein zu gleichförmiges, einseitiges Unterrichten vermieden wird. Der Rhythmische Teil liegt in der Regel zu Beginn des Hauptunterrichts. In ihm leitet der Lehrer vielseitige sprachliche, musikalische oder Bewegungsübungen an, passend zum jeweiligen Entwicklungsstand der Kinder. In der Unterstufe können das zum Beispiel Fingerspiele, Lieder und Reigen sein, in Mittel‐ und Oberstufe sind es oft Gedichtrezitationen, altersgemäße Lieder, Bewegungsspiele und –übungen. Außerdem werden in der Regel zuallererst der Morgenspruch und die Zeugnissprüche der Kinder gesprochen. Der Rhythmische Teil spricht dabei insbesondere die Willenskräfte und das Fühlen an. Gelingt er, dann kann man feststellen, dass viele Kinder anschließend gerötete Wangen, wärmere Hände und einen ruhigen, tiefen Atem haben. Durch das freudige, rhythmisierende Tun sind auch die Kopfkräfte erwacht, die Kinder sind nun bereit für das mehr intellektuelle Arbeiten im Lernteil. Im Lernteil wird der eigentliche Unterrichtsinhalt behandelt. Die verschiedenen Fächer werden dabei in Epochen unterrichtet. Das bedeutet, dasselbe Fach (zum Beispiel Schreiben, Rechnen, Tierkunde) wird über drei bis sechs Wochen täglich gegeben. Dies ermöglicht ein organisches Lernen, was bei einer Zerstückelung der verschiedenen Fächer in einzelne Unterrichtsstunden so nicht möglich wäre. Sind die Schüler über mehrere Wochen tief in das jeweilige Fach eingetaucht, darf das Gelernte bis zur nächsten Epoche ins Langzeitgedächtnis absinken. Während des Lernteils sitzen die Schüler/innen in der Regel an ihren Tischen. Nach einem mündlichen Wiederholungsteil und der Einführung eines neuen Inhaltes durch den Lehrer folgt meist ein Arbeitsteil, in dem die Kinder im Heft oder auf Blättern schriftlich arbeiten. Nach dem „Einatmungsprozess“ des Lernteils freuen sich die Kinder darauf, zum Abschluss des Unterrichts entspannt dem Erzählteil zuhören zu dürfen. Der Unterricht atmet gewissermaßen wieder aus. Dafür gibt es ‐ dem jeweiligen Alter der Kinder entsprechend ‐ ein bestimmtes Thema, das inhaltlich nicht unbedingt etwas mit der jeweiligen Epoche zu tun haben muss. Der Lehrer kann sich an den traditionellen Inhalten orientieren, kann aber auch andere Inhalte wählen, die die Kinder und Jugendlichen in ihren entwicklungs‐ und altersspezifischen Fragen unterstützen. Traditionell beinhaltet der Erzählteil an Waldorfschulen folgende Themen: Märchen (1.Klasse), Fabeln und Heiligenlegenden (2.Klasse), Altes Testament (3.Kl.), Germanische Mythologie (4.Kl.), griechische und römische Mythologie und Sagen (5./6.Klasse), Entdecker und Erfinder‐Biographien und geschichtliche Erzählungen (7./8.Klasse). Der im Hauptunterricht angestrebte organische Wechsel von Zuhören und Eigenaktivität, von Willens‐, Gefühls‐ und Kopfarbeit wirkt gesundend auf die Kinder. Zudem vermitteln ihnen die täglich wiederkehrende Abfolge der verschiedenen Unterrichtsteile und die teilweise ritualisierten Abläufe Orientierung und Sicherheit. Hauswirtschaft an der Johannes‐Schule
Elisabeth Scherer Sich selbst oder auch andere Menschen im Alltag versorgen können ist ein wichtiger Aspekt der selbständigen und grundlegenden Alltagsgestaltung. Im Hauswirtschaftsunterricht erwerben die Jugendlichen Kompetenzen, die für eine selbständige Versorgung wichtig sind. Der Hauswirtschaftsunterricht umfasst ein breites Lernfeld, Inhalte können handlungs‐
orientiert und lebensnah vermittelt werden. Handwerkliche Fertigkeiten und eine umfassende Sinneswahrnehmung können durch die praktische Arbeit gefördert werden. Der Unterricht bietet viele Möglichkeiten des Zusammenarbeitens und voneinander Lernens. Gegenseitige Rücksichtnahme, Absprachen und gegenseitiges Ergänzen sind Voraussetzungen für ein gutes Gelingen der praktischen Arbeiten. Arbeit im Team ist unerlässlich. Ziele des Hauswirtschaftsunterrichtes sind •
Arbeits‐ und Organisationsabläufe im Haushalt kennen zu lernen, zu planen und zu
gestalten
•
wichtige küchentechnische Verfahren der Nahrungszubereitung kennen zu lernen
und zu üben
•
Haushaltsgeräte und ‐maschinen sachgerecht einzusetzen
•
Umgang mit Rezepten kennenzulernen und zu üben
Der Unterricht soll die Schüler/innen mit einem Grundbestand an Rezepten versorgen, die ihnen eine Selbstversorgung oder ein Zubereiten mit entsprechender Hilfestellung ermöglichen. Hinzu kommt die Vermittlung von Grundkenntnissen in Wäsche‐ und Haushaltspflege. Diese Ziele werden in zwei Einheiten (z.Z. halbjährlich) in überschaubaren Lerngruppen angestrebt: eine Einheit im Bereich des Übergangs zur Oberstufe, 8./9. Klasse, eine weitere Einheit im Bereich der Oberstufe. Themen innerhalb der Unterrichtseinheiten sind z.B.: •
Backen verschiedener Grundteigarten, Grundrezepte abwandeln, Erarbeitung
verschiedener Garverfahren, saisonbedingte Herstellung von Speisen
•
Hygiene in der Küche
•
Sicherheit am Arbeitsplatz in der Küche, Umgang mit Geräten
•
Wäschepflege
•
Geschirr reinigen
•
Nahrungsmittel und Materialien mit vielen Sinnen wahrnehmen und unterscheiden
•
eigene Stärken und Entwicklungs‐möglichkeiten erfahren; Selbstreflexion
Die Freude am Tun ist die Grundlage unserer Arbeit, verbunden mit dem Wunsch, soviel Selbständigkeit in der Versorgung für sich und vielleicht auch andere zu erlangen, wie jedem möglich ist. Kerzenziehen
Gleb Sokolinsky Die Kerzenwerkstatt ist einer der fünf Werkbereiche, die die SchülerInnen der Johannes‐
Schule in der Oberstufe durchlaufen. Über ein Schulhalbjahr arbeiten sie an zwei Werktagen pro Woche in der Kerzenwerkstatt, wo sie in längeren Arbeitseinheiten üben, die Kerzen zu ziehen und zu gießen. Die SchülerInnen lernen alle Phasen der Kerzenherstellung kennen: vom Vorbereiten der Dochte bis zum Verkauf. Die Werkstattmitarbeiter können während der einfachen und sich wiederholenden Abläufe Ausdauer und Konzentration entwickeln. Ob eine Kerze gelingt, wird am Ende des Arbeitsprozesses offensichtlich. Über schöne, gerade und glatte Kerzen freuen sich die SchülerInnen. Wenn auf dem Martinsbasar oder nach privaten Anfragen die in der Kerzenwerkstatt hergestellten Kerzen verkauft werden und die Käufer sich über die schönen Stücke freuen, sehen die SchülerInnen die weitreichenden Ergebnisse ihrer Arbeit. Das trägt ungemein zur Steigerung der Motivation bei. Das Angebot der Kerzenwerkstatt reicht von Geburtstagskerzen über dicke Tafelkerzen bis zu bunten Teelichtern und Designerkerzen. Viele SchülerInnen arbeiten auch gerne ein zweites Halbjahr in der Kerzenwerkstatt und entscheiden sich, ihre Abschlussarbeit in diesem Bereich zu fertigen. Das Künstlerische in der Waldorfpädagogik der Johannes‐Schule
Martin Vocke „Die Kunst gehört zum Leben und zur Entwicklung der Menschheit, wie der Atem‐ und Blutrhythmus zum menschlichen Organismus. Solange eine Lunge atmet, solange ein Herz schlägt, solange gibt es auch ein Kunstwollen, ein Kunstschaffen.... Kunst ist der stärkste, fortdauernde, unwiderlegbare Beweis des leiblich‐geistigen, des sinnlich‐übersinnlichen Wesens des Menschen und der Menschheit." (Rudolf Steiner: "Die Erneuerung der pädagogisch‐didaktischen Kunst durch Geisteswissenschaft" ‐ Rudolf‐
Steiner‐Verlag, Dornach 1958) Nun, was ist eigentlich Kunst? Schon diese Frage zu beantworten würde völlig den Rahmen dieser Schrift sprengen, würde Bücher und Abende füllen. Vielleicht so viel, dass Kunst etwas mit den schöpferischen, bildenden Kräften des Menschen zu tun hat, mit Phantasiekräften, mit Kreativität, mit Schönheit und Ästhetik, mit Prozessen, mit Gestaltung usw... So kann man 7 Künste unterscheiden: •
Architektur (Baukunst)
•
Bildhauerei (Skulptur)
•
Malerei
•
Musik
•
Dichtung (Sprachkunst)
•
Bewegungskunst (Eurythmie)
•
Soziale Kunst
Ja, aber was hat das alles mit den Kindern einer heilpädagogischen Schule zu tun? Das können die doch gar nicht, die haben doch ohnehin so viele Einschränkungen. Das stimmt z.T, und weil es so ist, haben wir besonders viel Künstlerisches an der Johannes‐Schule. Wir haben erfahren, dass Kunst etwas Heilsames für jeden Menschen hat. Wichtig ist dabei nicht das fertige Kunstwerk, sondern der innere Prozess des künstlerisch Tätigen. Der Weg ist das Ziel. Rudolf Steiner forderte von den Lehrern der Waldorfschule, dass der ganze Unterricht „durchkunstet" sein solle. Auch wenn die Pädagogik zur Geisteswissenschaft gehört, sprach er von Erziehungskunst: Als Methode des Unterrichtens und Erziehens für den Lehrer. Der Unterricht soll lebendig und sinnlich erfahrbar sein und nicht abstrakt und tot. Darum bemühen wir uns an der Johannes‐Schule in ganz besonderem Maße. Alles muss durch die Sinne noch anschaulicher sein („Die Berge bergiger und die Flüsse flüssiger ..."), es muss vom Lehrer selbst lebendig und aus seiner Mitte heraus mit getragen sein und sich in große oder kleine Rhythmen eingliedern. So achten die Lehrer in künstlerischer Weise darauf, wie sie einen Unterricht gestalten und wie sie erzieherisch auf die Kinder einwirken. Die Kinder selbst sind in den ersten sieben Lebensjahren noch ganz damit beschäftigt, ihren eigenen Körper auszuplastizieren: die Form der Organe mehr im plastischen Sinne, die Form der Schädel‐ und Skelettknochen mehr im architektonischen Sinne von Lasten und Tragen. Mit der Schulreife wachsen diese Ausformungen dann in der Größe weiter. Jetzt stehen die Kräfte, die vorher Form bildend organisch tätig waren zum Lernen zur Verfügung. Die Kinder können, zuerst nur nachahmend, auch selber schöpferisch tätig werden. Es sind keine kopfigen, intellektuellen Kräfte, die wir ansprechen, sondern Willenskräfte. Freude am Tun und Begeisterung, sowie der Wunsch es schön zu machen, sind die Motivation für erstes „künstlerisches„ Tun. •
Eine Form mit den Fingern im Sand nachfahren ...
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Eine Form aus Bienenwachs kneten ...
• Mit Wachsmalblöckchen eine Gerade oder eine Krumme machen ...
Im Hauptunterricht findet epochenweise immer wieder das Formenzeichen statt. Es dient als Vorbereitung des Schreibens der Buchstaben, zum Formerfassen, ist Grundlage für spätere Geometrie, verwandelt sich noch einmal im perspektivischen Zeichnen in der 9. Klasse. Ebenfalls im Hauptunterricht der 9.bis 12. Klasse gibt es jedes Jahr eine Epoche Kunstbetrachtung, die den Schüler an den großen Entwicklungsstrom der Menschheit anhand seiner Kunstschöpfungen anschließt. Das Plastizieren beginnt in der 1. Klasse: mit Knetwachs und Brötchenteig, später werden mit Ton passend zum Hauptunterricht Kugeln und Tiere geformt. Ab der Mittelstufe tritt das Plastische beim Holzwerken und in der Handarbeit an die Schüler heran. Im Jugendalter wollen dann auch Metall und Stein in eine Form gebracht werden, plastisch geformt werden. Das Malen beginnt ebenfalls in der 1. Klasse. Am Anfang geht es ganz vom Erleben der seelischen Qualitäten der Farben aus und „ereignet" sich mit Aquarellfarben nass‐in‐nass auf dem Papier. Stehen mehr Formkräfte den Kindern zur Verfügung, werden im Laufe der Jahre die Motive gegenständlicher, konkreter und den Hauptunterricht inhaltlich begleitend. Dass in den Heften viel mit Wachstiften gemalt und verschönert wird, ist selbstverständlich an Waldorfschulen. In den seelisch bewegten Jahren der Pubertät wird in schwarz/weiß gezeichnet. Hell/dunkel, Licht und Schatten mit ihrer Dramatik und ihren weichen Übergängen geben den Schülern eine unmittelbare Hilfe zur weiteren Entwicklung. Dazu lernen sie verschiedene Druckverfahren kennen. Mit Gesang beginnt der Tag. Die Musik zählt mit Sicherheit zu den Lieblingsfächern aller Schüler. Mit den Elementen des Rhythmus der Harmonie und der Melodie erfahren die Kinder von der 1. Klasse an das heilsame der Musik. Dazu kommt im Laufe der Zeit das Erüben von Instrumenten, der Mittelstufenchor und das Schulorchester, das bei keiner Schulfeier fehlen darf. Von großer Bedeutung ist die motorische Entwicklung der Schüler. Dabei geht es nicht um sportliche Höchstleistung oder Krafttraining, sondern um die innerlich geführte und gefühlte Bewegung. Diese beseelten Bewegungen üben die Schüler in einer Bewegungskunst, die auf Rudolf Steiner zurückgeht, in der Eurythmie. Dabei werden Sprache (einzelne Buchstaben bis zu ganzen Gedichten) und Musik als Gebärden und Bewegungen im Raum mit dem ganzen Leib sichtbar gemacht. Die Eurythmie harmonisiert die Willenskräfte in der Bewegung und hilft in der Orientierung im eigenen Körper wie im Raum. Und nicht zuletzt ist die Sprache ein wesentliches Mittel der künstlerischen und heilsamen Erziehung der Schüler. Sie ist das Hauptwerkzeug des Lehrers, über die Sprache erreicht er das Wesen des Kindes. So bemühen sich die KollegInnen fortwährend selbst an ihrer Sprache zu arbeiten und lassen die künstlerische Sprache durch Reime und Gedichte in den Unterricht einfließen. All diese Künste mischen sich auf der Bühne im Saal bei kleinen Theater‐Aufführungen, bei großen Klassenspielen, bei öffentlichen Monatsfeiern und Weihnachtsspielen und bei Jahresfesten zu kleinen Gesamtkunstwerken, in denen alle Künste beteiligt sind. Musik, Malen (ab 9. Klasse Fach Kunst) und Eurythmie finden als Fachunterricht mit zwei Wochenstunden von der 1‐12. Klasse statt. Die anderen Künste durchziehen den Hauptunterricht und alle anderen Fächer. Nach all dem ist fast selbstverständlich, dass auch das äußere Umfeld für die Schüler so gestaltet wurde, dass sie mit Schönem umgeben sind. Auch die Gestaltung der Klassenräume, der Farbe der Wände und Einrichtungsgegenstände haben eine seelisch hygienische Wirkung auf die Schüler. Viele der oben beschriebenen Künste finden bei uns auch als Einzeltherapie statt. Das Heilsame der Kunst gerade für die Kinder an der Johannes‐Schule liegt darin, dass die Kunst den Menschen wieder anbinden kann an die schöpferischen Prozesse der geistigen, göttlichen Welt. Darin unterscheiden sich Schüler und Lehrer als „Werdende" nicht. Das künstlerische Tun verbindet uns in allgemeiner Menschenliebe und erzieht uns zur Selbstlosigkeit. Die Götter über dir! Die Natur unter dir! Der Künstler in dir! Oder wie Michelangelo sagt: „Nichts macht die Seele so fromm und rein als die Mühe, etwas Vollkommenes zu schaffen: denn Gott ist die Vollendung und wer ihr nachstrebt, der strebt dem Göttlichen nach. Die Kunst gehört keinem Lande, sie stammt vom Himmel." Landwirtschaftliches Praktikum
Gleb Sokolinsky In der neunten Klasse absolvieren die SchülerInnen das landwirtschaftliche Praktikum auf Gut Bollheim, einem biologisch‐dynamischen Landwirtschaftsbetrieb. Zwei Wochen arbeiten und leben die SchülerInnen zusammen mit ihrem Klassen‐ und Fachlehrer. Die Tage sind mit Arbeit erfüllt. Es gibt viel zu tun: sowohl im Garten als auch im Kuhstall. Die Gemüsebeete müssen vorbereitet oder abgeräumt werden, Unkraut gejätet, Mist aufgetragen, Kartoffelkeller sauber gemacht, Kürbissamen und Erdbeerpflanzen müssen gesetzt werden und vieles mehr. Die Kühe werden auf die Weide hinausgetrieben und zum Melken in den Stall geholt. Dann werden sie mit Zusatzfutter versorgt. Der Kälberstall muss auch ausgemistet werden. Die Arbeit im Garten und im Kuhstall verlangt manchmal viel Durchhaltekraft, die die SchülerInnen auch gerne zeigen, da sie erkennen, dass das Wohlergehen von Pflanzen und Tieren von ihrem Einsatz abhängt. Der Kontakt zu Kühen und besonders zu Kälbern lässt fast alle Herzen schmelzen. Eigene Sorgen werden vergessen. Nach zwei Wochen auf Gut Bollheim wird aus der Klasse eine Familie. Die SchülerInnen machen viele Erfahrungen auf dem Arbeits‐ und dem sozialen Feld, die sie für die nächste Zeit und besonders nach der Schule für sich nutzbar machen können. Wir lernen lesen und schreiben
Von Bernd v. Blomberg
AUS DEM UNTERRICHT DER ERSTEN KLASSE
Mit einem schnellen Blick haben Sie diese Zeilen erfasst und den Sinn entnommen. Mühelos
erkennen Sie längere Textpassagen ganzheitlich, denn der tägliche Umgang mit dem
geschriebenen Wort lässt uns zu Meistern im Wiedererkennen werden. Der folgende Satz
(weiter unten) ist nicht von links nach rechts, sondern von oben nach unten geschrieben.
Wie sah es hier mit dem Lesetempo, dem ganzheitlichen Erfassen aus? Die ungewohnte
Leserichtung ist nur eine kleine Erschwernis für uns. Sie kann aber etwas verdeutlichen, wie
schwer es für einen Schulanfänger sein muss, wenn zum Erlernen der Leserichtung noch
Unsicherheiten bei der Zuordnung von Laut und Schriftzeichen und Schwächen in der
Lesetechnik hinzukommen.
Der Leselehrgang beginnt mit einer etwas besonderen Einführung der Buchstaben. Die
Schriftzeichen werden nicht als abstrakte Gebilde gegeben sondern z. B. mit einem
emotionalen Erlebnishintergrund aus einem Bild gewonnen. Dabei bilden die Vokale im
Alphabet eine besondere Gruppe.
H
I
E
R
*
W
I
R
D
*
D
A
S
*
L
E
S
E
N
*
S
C
H
W
I
E
R
I
G
E
R
*
U
N
D
*
D
A
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*
L
A
N
G
-
S
A
M
E
*
L
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S
E
N
,
D
A
S
*
B
U
C
H
S
T
A
-
B
I
E
R
E
N
,
D
A
S
*
E
R
L
E
S
E
N
*
T
R
I
T
T
*
W
I
E
D
E
R
*
I
N
*
D
E
N
*
V
O
R
D
E
R
G
R
U
N
D
.
Es sind „Seelenlaute", da wir mit ihnen Gefühle und Empfindungen äußern:
A, da sind sie ja!
O, hast du dich gestoßen?
U, ist es heute kalt!
E, was soll denn das?
I, das ist nicht schön!
In den Konsonanten, den „Plastizierern", spiegelt sich eine andere Beziehung des Menschen
zur Welt. Nicht, was er im Inneren fühlt, lässt er in ihnen laut werden, sondern Konturen,
Gesten, Bewegungen Beschaffenheit der äußerlich wahrnehmbaren Welt zeichnet er durch sie
ab. Wie viel verraten die Wörter „Rinde" und „Borke" von dem, wofür sie stehen! Hier
charakterisieren die Laute unmittelbar das, was z. B. die Birkenrinde von der Kiefernborke
unterscheidet.
BEISPIELE AUS DER ERSTEN EPOCHE
Die Schöpfungsgeschichte bietet einen reichen Erzählstoff, der uns beim Erlernen der Vokale
helfen kann.
Für das „A" stand im Unterricht folgendes Bild:
Gott Vater rief sieben Worte durch den Himmel, worauf die sieben Farben des Regenbogens
erschienen. Großes Rätselraten der Engel, was diese Farben wohl zu bedeuten hätten. - Hinter
dem Regenbogen erschien ein Himmelssaal, in dem auf feinen, kleinen Wölkchen tausend
und abertausend Menschenseelen schliefen. Ein Staunen und „A" ging durch die Engelreihen
und Gott Vater fragte: Wollt ihr helfen, für diese Seelen eine Welt zu erschaffen, damit sie
erwachen und ein Menschenleben haben können? Die Engel jubelten: „Ja, das wollen wir!"
Das Tafelbild zeigt den lila Engel, der mit staunender Gebärde die Arme öffnet. Er schenkt
uns mit seinem Laut „A" das erste Buchstabenzeichen, das wir aus seiner Gebärde heraus
lösen.
Eine andere Geschichte von Jakob Streit gab das Bild zum „O":
Die Pflanzenengel erschufen im Wasser die ersten Pflanzen. Sie wuchsen auf dem finsteren
Wassergrund. Da sie Sehnsucht nach dem Lichte hatten, wuchsen sie über das Wasser hinaus.
Ein Engel sah, wie solch grüne Stängel herauswuchsen. Er fing himmlisches Licht , bildete
eine weiße Blätterkrone daraus und steckte sie oben auf: das hat eine Seerose ergeben. Als er
diese Wunderblüte erschuf, flog ein flammender Feuerengel vorbei. Voller Angst rief der
Seerosenengel: „Oh, oh!" Schnell legte er schützend seine Arme um die Blüte. Da rief der
Feuerengel: „Was versteckst du da?" - „ Ach, du verbrennst es ja, wenn ich es zeige!" - „Nein,
etwas Schönes verbrenne ich nicht." Da zeigte der Pflanzenengel ihm die Seerose. „Oh, wie
schön! - Mein Feuer soll nicht schaden."
Das Tafelbild zeigt den roten Pflanzenengel, der uns mit seiner schützenden O-Gebärde den
zweiten Buchstaben, das „O" schenkt.
Das „E" wurde aus der abwehrenden Körperhaltung und Gestik eines grünen Rosenengels
gewonnen. In aller Kürze die E-Geschichte:
Der Duft einer Rose bringt einen Schwarzengel gehörig zum Niesen. Er will daraufhin die
Rose am liebsten mit seinen Krallen zerreißen und versucht, ihr Schaden zuzufügen, aber der
Rosenengel wehrt ihn mit einem „Eh, eh!" und entsprechender Gestik ab. ...
Bei den Konsonanten liefert die konkrete Welt die Bilder für die Buchstabengewinnung. Ein
Beispiel für die Einführung des „L":
Es war einmal ein alter, weiser König. Er merkte, dass seine Zeit nun bald kommen werde, da
er die Augen für immer schließen sollte. Der König aber hatte keinen Erben. Was sollte aus
seinem Reich werden? Er ließ schließlich alle Edelleute zu sich kommen und sprach zu ihnen:
„Ich will euch eine Aufgabe stellen. Wer sie am besten löst, soll mein Nachfolger und Erbe
sein." Und er sprach weiter: „Wer über Nacht diesen Rittersaal mit dem Schönsten und
Kostbarsten ausfüllen kann, soll der neue König werden.
Nur drei Edelleute blieben und wollten sich dieser Aufgabe stellen. Der erste füllte den Raum
mit kostbarsten Ritterrüstungen und Waffen, mit denen er das Volk beschützen wollte. Der
zweite hatte in der folgenden Nacht den ganzen Saal mit einem Goldschatz gefüllt, wie ihn
der König nicht zuvor gesehen hatte. Konnte es da noch etwas Kostbareres geben? Am dritten
Morgen ging der König gespannt in den Saal. Sprachlos verharrte er in der Tür. An der Wand
war nur ein Leuchter mit einer kleinen Kerze angebracht. Das warme Licht füllte den ganzen
Raum aus. Bis in die dunkelste Ecke drang es. Nun musste der König entscheiden, welcher
Edelmann die Aufgabe am besten gelöst hatte. ...
In dem folgenden Gespräch dachten wir über die Bedeutung des Lichtes für Pflanze, Tier und
Mensch nach. Was würde geschehen, wenn es kein Licht mehr gäbe, die Sonne nicht mehr für
uns scheinen würde? ...
Anschließend zeichneten die Kinder das Tafelbild vom Leuchter in ihr Heft, und am nächsten
Tag schenkte uns das Bild den Buchstaben, mit dem die Wörter „Leuchter" und „Licht"
beginnen. In diesem Dreierschritt: Geschichte - Bild - Buchstabe werden alle Buchstaben der
Reihe nach eingeführt.
In folgenden Unterrichtsstunden legten wir die gelernten Buchstaben mit einem langen Seil
auf den Boden und liefen sie ab. Viele Male schrieben wir sie in den Sandkasten, den jedes
Kind zum Arbeiten bekam. Wir kneteten sie aus Wachs, backten sie aus Plätzchenteig, aßen
und „verinnerlichten" sie dann. Das Ertasten von großen Buchstaben aus Holz und schließlich
das fleißige Schreiben ins Heft muss natürlich auch noch erwähnt werden.
LESEHILFEN
Die Schritte zum Lesenkönnen sind bei unseren Kindern unterschiedlich lang. Während es
dem einen schnell zufällt, benötigt der andere viel Unterstützung auf seinem Weg. Ganz
unterschiedliche Sinnesbereiche werden bei den folgend beschriebenen Lesehilfen
angesprochen.
Die Vokale oder „Klinger" lernen die Kinder von Beginn an, in bestimmten Farben zu
schreiben. Jeder Klinger hat seinen ganz eigenen Farbklang: das „A" (lila Engel) wird stets
mit dem lila Stift geschrieben, das "O" (roter Engel) rot, das „E" (grüner Engel) grün, das „I"
gelb und das „U" blau. Die Konsonanten, die „Mitklinger" schreiben wir bei der
Buchstabeneinführung „farblos" braun. Im Wort aber färben die Klinger, ihren Farbklang
entsprechend, ihre Silbe ein.
Die farbige Darstellung hilft das Wort ganzheitlich zu erfassen und bietet eine nicht hoch
genug einzuschätzende Wortdurchgliederungshilfe.
Das lange Wort wird in zu bewältigende Leseabschnitte gegliedert und hilft entscheidend
beim Abbau der Leseangst: Ein so langes Wort bekomme ich ja nie heraus!
Wie lange wird nun an der Tafel und in den Heften farbig geschrieben?
Der Tafelanschrieb bleibt so lange farbig, bis alle Kinder der Klasse lesen können, und in den
Heften schreibt jedes Kind so lange mit den Farbstiften, bis es lesen kann. Erst wenn Analyse
und Synthese im Leseprozess vom Kind bewältigt werden, darf es zur Schreibschrift
wechseln.
Wie sehen die Übungsschritte im Schreiben aus?
Zunächst wird der neu eingeführte Buchstabe isoliert, aber auch im Wort tüchtig geübt. Je
nach Möglichkeit des Kindes ist dabei eine Handführung des Klassenlehrers oder des
Klassenhelfers nötig, die dann in eine Nachspur einer vorbildlichen Buchstabenform
übergehen kann. Selbstständige farbige Abschriften folgen mit verschiedenen
Schwierigkeitsgraden.
Besonders die letzten Übungen verlangen beim Schreiben eine große Wachheit und stehen
einem träumenden Abmalen ohne besonderen Lernzuwachs entgegen.
Das Erlernen der Lesetechnik fällt nur sehr wenigen Kindern ohne besondere Übung zu.
Neben der Wortdurchgliederungshilfe durch die Farben erhalten sie deshalb eine weitere, eine
motorische Hilfe. Sofort mit der Einführung der Buchstabens lernt das Kind ein unmittelbar
einsehbares Handzeichen dazu. Es kann schnell mit einer Hand gegeben werden, während die
andere auf den zu lesenden Text zeigt. Die Handgebärden sind zum Beispiel von einer
typischen Gestik, die zum Laut passt (O, M...), von einer Bewegung oder von der Lippen(A...) oder Zungenhaltung (L...) abgeleitet.
Die Handgebärden helfen dem Kind in dreifacher Weise:
1. Sie können Mittler zwischen Schriftzeichen und Laut sein. Die Handzeichen helfen, Laute
zu erinnern.
2. Sie unterstützen die Mundmotorik und damit eine gute Artikulation.
3. Sie sind eine wunderbare Hilfe bei der Synthese zweier Laute. Die Handbewegung und die
damit vorbereitete Mundbewegung legt den folgenden Laut direkt in den Sprachfluss, so dass
die Synthese fast automatisch erfolgt.
Damit ist der erste ganz große Schritt zum Erlernen der Lesetechnik getan.
Mit Hilfe der „Buchstabenrutsche" üben wir die Synthese. Ein Konsonant z. B. das „L"
rutscht (die linke Hand zeigt) die Rutsche hinunter und soll vom „A" aufgefangen werden.
Die rechte Hand zeigt zunächst die Handgebärde des „L" und geht dann in die A-Gebärde
über. Die Lippen brauchen sich nur zum „A" öffnen, und schon ist die Synthese vorhanden.
Die Buchstaben L, M, S, F, N, R, W eignen sich für diese Übungen besonders gut, da sie so
lange gesprochen werden können, bis das Kind den zweiten Laut anzuhängen bereit ist.
Bisher haben wir neben den Vokalen erst die Buchstaben L, M, und S gelernt. Aus ihnen
lassen sich aber schon sehr viele Wörter bilden, die inzwischen ganzheitlich oder mit Hilfe
der Handzeichen gelesen werden.
Es gibt viele methodische Wege, Kindern das Lesenlernen zu ermöglichen und jede gute Hilfe
hat ihre Daseinsberechtigung. Ein Weg ist immer so gut, wie der Lehrer ihn innerlich
überzeugt und begeistert mit den Kindern gehen kann.
Konzept für Medienkunde, Medienerziehung und Medieneinsatz
an der Johannes-Schule
Es sei darauf hingewiesen, dass die vorliegende Arbeit kein fertiges, in sich
geschlossenes Konzept darstellt, sondern vielmehr eine Grundlage zur
Weiterarbeit für Kolleginnen und Kollegen ist. Interessierten Eltern kann es
einen Einblick in die Ansätze der Waldorfpädagogik zur Thematik Medien
geben. Es sollen lediglich Anhaltspunkte bzw. Anregungen gegeben werden,
welche selbstverständlich flexibel der jeweiligen pädagogischen Situation und
den individuellen Gegebenheiten der Schüler anzupassen sind.
1 Zielrichtung
Durch ein systematisches Heranführen sollen die Schülerinnen und Schüler zu
einem möglichst selbst bestimmten Umgang mit Medien (Medienkompetenz)
befähigt werden.
2 Begründung
Medien, PC und die medienvermittelte Wahrnehmung bestimmen zu einem
beträchtlichen Teil unsere Kultur.
Eine Voraussetzung zur Erlangung von Medienkompetenz ist das
Durchschauen der Zusammenhänge der Medien, um einerseits deren Möglichkeiten
zu verstehen und zu nutzen und andererseits weitestgehend vor Manipulation
geschützt zu sein.
Darüber hinaus hat die Waldorfpädagogik die Aufgabe und die Möglichkeiten,
den inneren Menschen zu stärken, damit er durch die Nutzung der Medien keinen
Schaden nimmt.
In der Schule sollen durch „sinnvolle“ und konkrete Erlebnisse der
Erstbegegnung zunächst die Grundlagen für eine Medienkompetenz gelegt werden,
wodurch ein Gegengewicht zu den lediglich „abbildenden“ elektronischen Medien
geschaffen wird. Bis zum 14. Lebensjahr sollte daher in der Regel auf den Einsatz
elektronischer Medien im Unterricht verzichtet werden.
3 Begriffsbestimmung und Voraussetzungen für Medienkompetenz
3.1 Begriffsbestimmung
In diesem Konzeptentwurf sind mit dem Begriff Medien die elektronischen Medien
wie CD/DVD-Spieler, MP-3-Player und andere Abspielgeräte, Fernsehgerät, PC und
Internet gemeint.
3. 2 Voraussetzungen für Medienkompetenz
Das menschenkundlich richtige Lebensalter am Beispiel der körperlichen
Entwicklung (Entsprechend ließe sich hier auch die seelische Entwicklung
aufzeigen.)
1. Jahrsiebt: Das Kind benötigt die reale Lebensumgebung zur endgültigen
Ausgestaltung der organischen Entwicklung einschließlich der
Sinnesorgane.
2. Jahrsiebt: Das Kind benötigt die Erfahrungen der realen Lebensumgebung zur
Entwicklung der das ganze weitere Leben prägenden
Verhaltensgrundmuster, die ihren körperlichen Ausdruck in der
Ausgestaltung der Feinmotorik und Feinsensorik zeigen.
Mit Beginn des 3. Jahrsiebts ist die körperliche Entwicklung der
Sinnesorgane, des Nervensystems und der Motorik weitgehend
abgeschlossen. Durch Medien vermittelte Wahrnehmungen können
keinen körperlichen Entwicklungsschaden mehr ausrichten.
Das heißt, etwa ab einem Alter von 14 Jahren ist der Umgang mit Medien nicht mehr
so kritisch zu sehen.
Medienkompetenz beinhaltet folgende Grundlagen, deren Umsetzungsmöglichkeiten für die SchülerInnen der Johannes-Schule in jedem Einzelfall zu
überprüfen sind.
Selbsteinschätzung
Selbsteinschätzung beinhaltet Flexibilität im freien Umgang zwischen Notwendigkeit,
Machbarkeit, eigenen Fähigkeiten und Fertigkeiten sowie sozialer und ökonomischer
Rücksichtnahme.
Die Selbsteinschätzung erlangt der junge Mensch durch soziale Kontakte,
gesunde Reflektion von außen, Kritik in der Distanz während der Pubertät durch
wertgeschätzte Erzieher und selbst gewählte Freunde. Dadurch wird eine gesunde
Selbstkorrektur ermöglicht (Dagegen kann die virtuelle Welt der Medien gerade im
Falle der Kritik immer schnell weggeklickt werden.)
Ein Medium gibt nur einen Ausschnitt wieder, d.h., das Medium hat etwas
weggenommen. Der/die EmpfängerIn muss die Gesamtheit wieder schaffen. Die
Freiheit des Menschen besteht darin zu entscheiden, was er in den entstandenen
Leerraum hinein lässt.
Urteilsfähigkeit
In frühester Kindheit urteilt der Mensch auf Grund seiner elementaren Geschmacksfähigkeit: Was nicht schmeckt wird ausgespuckt. Später übernimmt er die Urteile der
Eltern, Erzieher usw. als Vor-Urteile. Die eigentliche Urteilsfähigkeit erlangen die
Jugendlichen dann durch Weltbegegnung, durch Auseinandersetzung mit den
Weltgesetzen. Schließlich kann der junge Mensch, indem er sich in die
Gesetzmäßigkeiten der Kulturen hineinversetzt, echte Menschenkenntnis erlangen.
Für eine Medienkompetenz ist es nun beispielsweise nötig, beurteilen zu können,
inwiefern einer Information zu trauen ist (z.B.: Internetinformation ohne Autor).
Es ist wichtig, zwischen dem Medium an sich und dessen Inhalten zu unterscheiden.
Kreativität
Kreativität entsteht auch durch Langeweile! Ein gewisser „Nullpunkt“ muss durchlebt
werden, um überhaupt das Bedürfnis zu wecken, in Eigenverantwortung Ideen für die
Gestaltung des eigenen Handelns zu entwickeln. Dagegen birgt z.B. das Fernsehen
die Gefahr, diesen Nullpunkt gar nicht erst entstehen zu lassen, bzw. ihm
zuvorzukommen, was wiederum die Entwicklung eigener Ideen erschwert.
Jede Form der künstlerischen Tätigkeit ist dagegen in Folge der eigenen Beteiligung
kreativ.
Aber: Eine nur scheinbare Kreativität wird erzeugt von sogenannten Kreativsets
(Window Colours etc.).
4 Gefahren durch Medien
Im zu frühen Urteilen liegen Gefahren für Leib und Seele (s. R. Steiner: Die
Erziehung des Kindes, Absatz 64)
Gesellschaftliche Zwänge, denen sowohl die SchülerInnen als auch deren Eltern
unterliegen können (Einflüsse durch Nachbarschaft, Klassenkameraden, Verwandtschaft, ...)
Nur selbst zuvor lebendig Erlebtes kann beim Hören oder Sehen von Medien erkannt
und eingeordnet werden. Dieses hat großen Einfluss auf die innere Beteiligung.
Beispiel Tierfilm: Ein Film von 30 Minuten kann das Wesen eines Tieres erfassen
und dennoch eine falsche Naturvorstellung vermitteln. Die Tatsache, dass für die
Entstehung eines solchen Films u.U. zwei Jahre Arbeit nötig sind (geduldiges
Warten, Beobachtung, Stille etc.), kann der Film nicht deutlich machen.
Ersterlebnisse sollten echte Erlebnisse sein. Die gesellschaftliche Entwicklung geht
den umgekehrten Weg: Statt ein Abenteuer zu erleben, schaut sich das Kind einen
Abenteuerfilm an. Das „Erlebnis“ findet in einer virtuellen Welt statt, nicht in den
Sinnen, sondern im Kopf.
Der Umgang mit Foto und Film/Video/DVD: Diese lassen Erinnerungen aufsteigen.
Das Anschauen von Fotos/Filmen etc. kann das Erleben der Wirklichkeit prägen. Ein
real erlebter Sonnenuntergang wird beispielsweise gerne verglichen „wie auf dem
Foto in / dem Film von ...“
Die selbstaktive Betrachtung und Beobachtung lässt nach. Zum Beispiel Pflanzenbetrachtung im Gartenbau oder Biologieunterricht: „Kenn ich schon aus dem
Fernsehen“. Naturbeschreibungen werden aus dem Internet gezogen, wie
„abgehakt“, stammen dann eben nicht aus eigener Beobachtung.
Videos, Gameboy etc. erweisen sich als „Kreativitätskiller“.
Die Eigenerfahrung der heutigen Erwachsenen mit Fernsehen (drei Programme
innerhalb begrenzter Sendezeit) ist nicht mehr vergleichbar mit der heutigen
Fernsehwelt der Heranwachsenden (beliebig viele Programme rund um die Uhr).
Kindern mangelt es an Handhabungsscheu. Sie probieren ungehemmt aus. Ohne
Korrektiv fehlt das „rechte Maß“, wodurch wiederum bedenkenlos Gewohnheiten
manifestiert werden können, ohne die Folgen zu berücksichtigen („Ausprobieren
ohne nachzudenken“).
Gerade in den Phasen der Sprachentwicklung ersetzt eine passive Berieselung mit
Sprache z.B. durch das Fernsehen nicht den nötigen eigenen aktiven Umgang. Die
Folgen können Sprachentwicklungsstörungen sein.
Die Zeit, welche in wichtigen kindlichen Entwicklungsphasen z.B. vor dem
Fernsehgerät verbracht wird, fehlt für die „echten“ Erfahrungen, welche für eine
gesunde Ausbildung der Sinnesorgane nötig wäre. Schädigungen der Sinnesorgane
bzw. deren Weiterverarbeitung durch hohen Medienkonsum sind gerade im jungen
Alter möglich (z.B. Sehstörung – Fernsehen; auditive Wahrnehmungsstörungen
durch permanente Lautsprecherberieselung).
5 Grenzen des Medieneinsatzes
Eine möglichst gesunde seelische Entwicklung ist Voraussetzung für eine schadlose
Nutzung. An der Johannes-Schule sind vielen Jugendlichen dem Erlernen des
Umgangs mit und dem Einsatz von Medien und PC unterschiedliche Grenzen
gesetzt:
Auditive oder visuelle Wahrnehmungs- und Weiterverarbeitungsstörungen;
Beherrschung der „Basis-Kulturtechniken“ (Lesen, Schreiben, Rechtschreibung,
freier und eigenständiger Sprachgebrauch, Rechnen, Fremdsprache) für den Einsatz
des PCs;
Verschiedene Krankheitsbilder, bei denen der Einsatz elektronischer Geräte eine
unmittelbare Gefährdung darstellen kann (z.B. Epilepsie)
Einschränkungen der kognitiven u/o körperlichen Fähigkeiten (Umgang mit dem PC,
Schutz vor Manipulation);
6 Zusammenfassung
Für die Lehrerschaft bedeutet das: Ernsthaftes persönliches Interesse, eigene
Auseinandersetzung und Selbsterziehung gehen der Erziehung der Schülerschaft in
Medienkunde voraus.
7 Einsatz der einzelnen Medien in der Johannes-Schule
7. 1 Auditive Medien
Einsatz in der Kunstgeschichts- und Musikgeschichtsepoche und im Musikunterricht
der Oberstufe, um Beispiele vor allem der Musik des 20. Jahrhunderts zu Gehör zu
bringen. Auch in einem Tanzkurs ist der Einsatz denkbar. Medienerziehung:
Hörschulung im Musikunterricht; Höraufgaben bei Medieneinsatz. Im
Englischunterricht kann auch Muttersprache zu Wort kommen.
7. 2 Audivisuelle Medien
Geschichtsepochen der Oberstufe, um möglichst aktuelle Unterrichtsbeispiele
verfügbar zu haben. Hier sei besonders auf die Abschnitte 4 (Gefahren durch
Medien) und 5 (Grenzen des Medieneinsatzes) hingewiesen. Einsatz auch im
Englischunterricht, Politikunterricht (z.B. Nachrichtensendungen) und Erdkundeunterricht (Vermittlung fremder Kulturen und Landschaftsbilder) denkbar.
Medienerziehung: Bewusstwerdungsprozesse sind in den Fächern Deutsch und
Kunst sinnvoll anzulegen.
7. 3 Computerkunde
Der Computer ist heute fester Bestandteil unserer Kultur, unseres Zeitgeistes. Ein
Vorteil beispielsweise für Johannes-SchülerInnen ist es, dass auch bei schlechter
Handschrift ordentliche Texte geschrieben werden können, welche dank eines
Rechtschreibprogramms häufig fehlerfrei sind (Anonymisierung des Textes). So
kann z.B. das Schreiben von Bewerbungen für eine Praktikumstelle geübt werden.
Eine Epoche zur Computerkunde erfolgt ab Klasse zehn. Eine direkte Vorbereitung
gibt es über Epochen zur Elektrizität, Maschinenschreiben und Druck (Reduzierung
von Information).
Vorbereitung
1.-4. Klasse: Sinnesschulung, konkrete Erfahrung der Welt, besonders in der
Handwerkerepoche
8. Klasse:
biographische Erzählungen, z. B. Konrad Zuse (1937 erster Rechner
mit binärer Logik) etc. (Leitmotiv: Wie neu sind die Computer in der
Geschichte der Menschheit)
9. Klasse:
Physikepoche: Elektrizitätslehre
9. Klasse:
Epoche Maschinenschreiben (an mechanischen und elektrischen
Schreibmaschinen)
10. Klasse: Druckgraphik: Linoldruck, Holzschnitt, Letterndruck
PC-Epoche in der 10. Klasse
1. Handhabung:
(2-3 Tage)
Kennenlernen der Geräte, Hardware, Zusatzgeräte
Umgang mit der Maus: Auge-Hand-Koordination
2. Rechner als Werkzeug:
(~2 Wochen)
Anwendung einer Textverarbeitung; Schreiben eigener Texte; Formatierung;
Korrektur, Speichern und Drucken; Tabellenkalkulation für diejenigen, die die Textverarbeitung beherrschen
3. Theoretischer Teil:
Kennenlernen des Innenlebens, Rechner auseinander nehmen (Je mehr man die
Dinge kennt, mit denen man umgeht, desto größer wird die Lebenssicherheit.)
Binäres System kennen lernen und damit rechnen
4. Internet:
Arbeiten mit einer Suchmaschine
Kennen lernen der Schlüsselwörter
Benutzen steht vor dem Verstehen (Erfolgserlebnis). Eine weitergehende
Behandlung der Funktionsweisen ist nur für wenige SchülerInnen sinnvoll; auch
müsste die Epoche dafür wesentlich länger sein.
Gegebenenfalls Einsatz von Spezial-Eingabegeräten, wenn konventionelles
Keyboard zu unübersichtlich.
Ausschluss:
SchülerInnen mit Epilepsie dürfen u.U. nicht am Bildschirm arbeiten. Nicht
flimmerfreie Bildschirme können Anfälle auslösen. Alternativen: Arbeit mit
Schreibmaschine; ggf. in einem anderen Raum, Verwendung von TFT-Bildschirmen.
Wichtig:
Ausgleich durch künstlerische Arbeit
8 Fragen und Anregungen für Unterrichtende und Erzieher:
Wird das Thema wieder aufgegriffen (privat, im Unterricht)?
Problem: inwieweit ist es wichtig neben der Anwendung auch technische und
gesellschaftliche Hintergründe zu vermitteln? Inwiefern wäre dies eine
Überforderung?
„Lebensunsicherheit“ durch Nicht-Durchschauen?
Erfolgserlebnisse wichtig
Rahmenbedingungen für Computerkunde überprüfen (klassenübergreifende
Epochen etc.)
Faszinierende Ästhetik ermöglicht durch Computer einerseits - fehlen des
„Handfesten“/ der Handarbeit im Umgang mit dem PC andererseits
Nachteile auffangen durch anschließende handwerkliche und künstlerische Angebote
Rasante Entwicklungen auf dem Computermarkt: Was können wir vermitteln, das
Bestand hat?
Anhang:
Definitionen
Wirkung des Fernsehens auf Kinder
Die auditive Wahrnehmung
Definitionen
Medien
Übermittler von Wahrnehmungen, die der Mensch in der Regel auf Grund des Ortes,
an dem er sich befindet, oder des Zeitpunktes, an dem sie stattfinden, als reale
Wahrnehmungen nicht haben kann. Meist ist mit den Medien die Möglichkeit der
Konservierung, Vervielfältigung und Bearbeitung der Wahrnehmungsinhalte
verbunden. Durch die Bearbeitung der konservierten Wahrnehmungsinhalte können
neue Wahrnehmungsinhalte geschaffen werden, auch solche, die in der Realität
nicht existieren.
Jedes Mittel zur Verbreitung von Information durch Sprache, Bild, Schrift und Musik.
Gesamtheit der Einrichtungen von Presse, Rundfunk und Film.
Massenmedien
Technisch bestimmte Informationsübermittlung, die sich im Allgemeinen an ein
großes anonymes Publikum richtet (Printmedien, Fotografie, Film, Rundfunk,
Fernsehen).
Elektronische Medien
Internet, Multimedia (Verbindung von Wort, Bild und Ton; So kann man auf dem PC
über CD-Rom, DVD, Soundkarte usw. Bild, Schrift und Ton verarbeiten).
Audiovisuelle Medien
Alle Bild- und Tonträger (Kassette, Musik-CD, Videokassette, Filmrolle, ...)
Printmedien
Zusammenfassung aller Druckerzeugnisse (Bücher, Zeitungen, Zeitschriften,
Plakate, Flugblätter, ...)
Computer
Binärer Rechenprozessor, der aus der Realität bekannte Vorgänge simuliert oder
nachbildet. Die Ergebnisse können dann gespeichert, vervielfältigt, bearbeitet etc.
werden. In seiner Möglichkeit als Kommunikationsschnittstelle ist der Computer auch
als Medium einsetzbar.
Die Wirkung des Fernsehens auf Kinder
(Referat, gehalten im Rahmen eines Pädagogischen Wochenendes von M. Adler)
Das folgende Referat ist in drei Teile gegliedert:
Wie funktioniert das menschliche Sehen?
Wie funktioniert ein Fernsehgerät?
Wie ist die Wirkung auf Menschen?
Im Folgenden geht es nur um die Wirkung des Mediums Fernsehen – nicht um
Inhalte.
Das menschliche Sehen
Das Auge ist das aktivste menschliche Sinnesorgan. Es ist ständig in Bewegung. Die
Augen folgen allem, was zu sehen ist. Es erfolgt dann die Einstellung auf einen
bestimmten Punkt, den Blickpunkt. Die Linsen hinter den Irisen (Regenbogenhaut)
wechseln ständig die Dicke beim Umherblicken. An der Innenwand der Augäpfel
befinden sich die Netzhäute. Hier reagieren die Stäbchen bzw. Zapfen auf das Licht.
Die Augenlider sind in permanenter Bewegung. Teilweise wird der Kopf und Körper
beim Umherblicken mitbewegt.
Die Fernsehtechnik
Die Bilder werden als Lichtpunkte oder Zeilen aufgebaut und bleiben als solche nur
Sekundenbruchteile bestehen. Diese Technik benutzt die Bildnachwirkung unseres
Sehsinns (wenn wir die Augen schließen, wirkt das Bild noch nach).
Bei der Aufnahme wird ein reales Bild in elektromagnetische Schwingungen
umgewandelt, die wiederum beim Empfang als Lichtpunkte auf dem Fernsehgerät
erscheinen.
Die Wirkung
Entscheidend ist, dass sich das Kind ja noch in seiner Entwicklung befindet.
Entsprechend schädlich können Einflüsse gerade in jungen Jahren sein.
Beim Fernsehen sind unsere Augen nicht aktiv. Sie sind zur Passivität gezwungen,
woher der Begriff „glotzen“ stammen könnte. Das Auge muss sich nicht um eine
scharfe Einstellung oder das Abtasten von Dingen bemühen. Der Kameramann
übernimmt dies für uns. Es besteht also ein konstanter Blick auf eine konstante
Entfernung.
Beim Fernsehen wird das kurze, aus Lichtpunkten bestehende Bild nicht als solches
erlebt. Bei Kindern, bei welchen sich das Sehen ja gerade erst entwickelt, wäre das
Sehen von Echtem nötig.
Das Fernsehen ist aus den oben aufgeführten Gründen für die Augen eine schwere
Belastung.
Aber es sind auch seelische Faktoren zu beachten. Hierzu stelle man sich die Frage,
was unsere Augen von den Dingen wahrnehmen, wenn nur dieser eine
Wahrnehmungskanal vorhanden ist?
Normalerweise muss die optische Wahrnehmung für ein Urteil durch andere
Sinneseindrücke ergänzt werden. So ist bei Kleinkindern folgendes zu beobachten:
Das Kind greift nach dem Mond, der durch das Fenster scheint. Die Erfahrung lehrt,
dass dies nicht möglich ist. Die Wahrnehmung muss gerade in den
Entwicklungsphasen durch verschiedene Sinneskanäle ergänzt werden. Nach der
Pubertät ist die Entwicklung des Sehsinnes vorläufig abgeschlossen. Fernsehen ist
also hier nicht schädigender als bei Erwachsenen.
Entscheidend ist das Milieu in den Entwicklungsphasen. Durch Nicht-Benutzen bzw.
durch den falschen Gebrauch verkümmert das Sehorgan. Viel Fernsehen verhindert
somit die unentbehrliche Übung. Die Folgen zeigen sich häufig erst nach
Jahrzehnten.
Allerdings gibt es auch schon kurzzeitige Folgen auf seelischer Ebene. So legen
Scheinbilder in einem Scheinraum die Versuchung nahe, sich in eine Scheinwelt zu
begeben. Wie soll dies auseinander gehalten werden? Die Fähigkeit Bilder als
Abbilder zu erkennen ist erst ab dem 11./12. Lebensjahr entwickelt. Hier wird die
Entwicklung also forciert. So müssen auch die Aufnahmen interpretiert werden
(Einschieben von Nah-/Fernaufnahmen etc.). Eine Folge kann Phantasiearmut sein.
Das Fernsehen braucht die Begleitung der Bilder mit Erinnerungsvorstellungen.
Diese werden bei Erwachsenen mit einem Repertoire an Erlebtem beim Fernsehen
zurückgerufen. Bei Kindern, die noch über wenig Erlebtes verfügen, ist die Gefahr,
dass diese die Welt falsch, nämlich nicht konkret greifbar, kennen lernen. Außerdem
fehlt eine Abstimmung der Sinne.
Das Sehen und Hören ist natürlicherweise vom Standpunkt abhängig. Beim
Fernsehen wird ein kollektiver Standpunkt / Sichtweise vorgegeben. Es gibt nichts
mehr zu erzählen, was nicht gerade das Interesse für die Welt erweckt.
Zur auditiven Wahrnehmung
(Referat, gehalten im Rahmen eines Pädagogischen Wochenendes am von U.
Seehausen)
Eine erste Absicht meines Referates ist es, Ihnen Informationen zu geben, soweit sie
für die Behandlung der heutigen Thematik notwendig sind. Eine weitere Absicht ist
es, Ihnen Anregungen zum Gespräch zu geben. Diese können unter Umständen
auch einmal provokant sein. Ich beabsichtige jedoch nicht, Ihnen Rezepturen
irgendwelcher Art zu geben. Ich vermute auch, dass es diese gar nicht gibt.
Lösungen für die vielfältigen Probleme, die in Zusammenhang mit Medien auftreten,
müssen meiner Meinung nach immer im konkreten Fall und individuell gefunden
werden.
Zwei Zitate an Stelle einer Einleitung
Das Leben unter der akustischen Glocke
„Musik begleitet uns tagein, tagaus. Ob wir es wollen oder nicht – wir befinden uns
unter einer permanenten akustischen Glocke, unter einem kollektiven Walkman. Wer
morgens sein Haus verlässt, hat bereits die erste Intensiv-Beschallung durch das
Radio hinter sich, vielleicht, weil er nur die Verkehrsdurchsagen oder die Nachrichten
hören wollte (aktualisierend ist hier das Frühstücksfernsehen zu ergänzen). Der
Radiowecker eröffnet den Tag, Musik ertönt beim Wecken, Rasieren, Frühstücken.
Musik unterbricht die Morgenmagazine, erklingt immer dann, wenn der Sprecher
gerade nichts zu sagen hat. Im Auto wird weiter Musik gehört, schon des möglichen
Staus auf dem Altstadtring wegen und der Warnung vor ihm, oder auch nur, weil es
zur Gewohnheit geworden ist und fest zum Ablauf des Alltags gehört, vielleicht auch
nur, weil wir uns einbilden, auf diese Weise munter zu werden. Dazu umdröhnen uns
der Lärm im Straßenverkehr, dieses ständige Rauschen, Hupen, Heulen, die
Presslufthämmer, das Tosen der Stadt. Alles lärmt. Musik dudelt im Büro, in den
Werkshallen, in den Kantinen, auf den Toiletten. Sie begleitet uns in Supermärkten,
beim Einkaufen in Passagen, in Kaufhäusern, ertönt in öffentlichen Verkehrsmitteln
und soll die Angst vorm Fliegen nehmen. Musik während der Dauerwelle beim
Friseur, Musik wenn der Zahnarzt zum Bohrer greift, Musik in nahezu allen
Restaurants. Musik auf den Straßen, im Schwimmbad, im Stadion während der
Halbzeitpause. Musik begleitet die Hausfrauen (sofern es diese noch gibt) durch den
Vormittag und die Schüler beim Hausaufgabenmachen durch den Nachmittag. Der
Walkman (aktualisiert: der Discman, Minidiscman, MP3-Player) füllt die letzten
akustischen Freiräume aus. Das Fernsehen unterlegt nahezu alles mit Musik. Und
abends geht es dann in Bars, in Discos, in Stammkneipen oder auf Partys – überall
Musik.“
(aus: Rüdiger Liedtke, Die Vertreibung der Stille, München 1988; Einleitung, S.7 f)
Die Klangprobe
(Der Bildhauer Hans Bode und sein Geselle aus der Sicht seines Sohnes)
„Schlag zu, Junge, und horch auf den Ton, und du wirst wissen, wie es innen
aussieht, der Ton macht den Stein durchsichtig. (...) Nie hätte ich geglaubt, dass sich
aus diesem toten, ungeschlachten Brocken ein so reiner Klang befreien ließ, der
lange nachschwang und der zuletzt so fein und so scharf in mich eindrang, dass ich
ihn als wohligen Schmerz empfand, tatsächlich. Ich meine, ich fühlte die Tonwellen
körperlich und glaubte dabei, ein irisierendes Licht zu sehen. Wenn in dem Stein
Lehmnester oder Sandnester oder Preller dringewesen wären, hätte es keinen
nachschwingenden Ton gegeben, dann hätte es sich nur so angehört, als ob ein
Blumentopf auf den Boden knallt.
Nun schlug er also selber zu, kurz und hart, so dass der Schlägel eben nur den Stein
traf und beim Aufklingen des hellen Tons starrte er Nikolas an und sagte: Na bitte,
keine faulen Stellen, keine plattigen Lager, nix; sie werden uns doch kein stichiges
Gestein abliefern. Und er hätte nicht Hans Bode sein müssen, wenn er nicht auch
diese Gelegenheit benutzte, eine seiner typischen Anspielungen zu machen;
nachdem er mich nämlich mit einem missbilligenden Blick gestreift hatte, sagte er zu
Nikolas: Man sollte sie auch für gewisse Leute einführen, die Klangprobe, dann
bekäme man zeitig genug zu wissen, was in ihnen steckt und man könnte sich vor
Überraschungen sichern.“
(aus: Siegfried Lenz, Die Klangprobe, Hamburg 1990, Taschenbuchausgabe, S.45 f)
Hören - in die Materie eindringen, das Innere der Materie erfassen
Vom Hörsinn im Verhältnis zum Sehsinn
Im Verhältnis zum Sehsinn zeigt der Hörsinn allein durch seine Lage einen
deutlichen Wahrnehmungsunterschied. Die Augen sind nach vorne orientiert. Der
Blick fällt von außen auf die Dinge und erfasst deren Oberfläche. Für die rechts und
links seitlich am Kopf befindlichen Ohren gibt es kein Gegenüber, der Mensch ist
ganz zu dem ihn umgebenden Raum hin offen. Die optische Wahrnehmung kann der
Mensch durch Schließen der Augenlider ausschalten. Aus der Sphäre des Tönenden
kann er sich jedoch nicht aussondern. Im Gegenteil: Während das Säugetier sich
durch Bewegung der Ohrmuscheln der Quelle der Geräusche und Klänge zuwenden
kann, ist der Mensch durch seine unbeweglichen Ohrmuscheln ganz seinem Umkreis
hingegeben (ggf. ihm ausgeliefert).
Schon in der Embryonalentwicklung wird der Verinnerlichungsprozess des Ohrs
deutlich. Es hat sich vom äußeren Keimblatt (Ektoderm) abgegliedert, entwickelt sich
also von außen nach innen. Das Auge demgegenüber entsteht als Augenbläschen
aus dem Zwischenhirn und schiebt sich umgekehrt von innen nach außen an die
Haut. Schon in der Entwicklungsgeste zeichnet sich die spätere Funktion ab. So
ermöglicht das Gehör die bewusste Wahrnehmung der Innenwelt eines anderen
Wesens: durch das Wort die Ideenwelt eines anderen Menschen, durch den Ton den
Charakter der Elemente oder Wesen. Das Ohr lässt sich nicht so leicht täuschen wie
das Auge.
Ein goldbemalter Tontopf kann zwar aussehen wie Gold, klingt aber dennoch wie
Ton. Das Hören ist in mehrfacher Hinsicht eine mehr innerliche Tätigkeit.
Phänomenologische, physiologische und morphologische Betrachtung
Während wir mit dem Sehsinn an der Oberfläche eines Körpers bleiben, gehen wir
mit dem Wärmesinn schon etwas tiefer. Wir können mit dem Wärmesinn den
momentanen Zustand eines Körpers wahrnehmen, wie die Wärme eine bestimmte
Materie durchdringt. Durch unseren Hörsinn aber dringen wir in die Dinge unserer
Umgebung ein. Die spezifische Beschaffenheit eines Körpers, seine Materie und
seine Form, offenbart sich in dessen Klang. Wir können in einen Körper nicht in
anderer Weise eindringen. Wenn wir ein Loch bohren, dringen wir nicht ein, sondern
wir verändern nur die Oberfläche. Indem wir einen Gong, ein Holzstück, eine Vase
oder eine Saite durch Anschlagen oder Anstreichen zum Vibrieren bringen, äußert
sich das, was sonst unhörbar in diesem Körper vorhanden ist, was dieser Körper
seiner inneren Natur nach ist. Abgesehen von der Lautstärke erkennen wir in der
Höhe und Tiefe eines Tons die Größe des Körpers. In der dunklen oder hellen
Klangfarbe hören wir die Fülle oder die geringe Menge seiner Materie usw.
Der Ton eines Körpers ist für unser Ohr aber so unmittelbar noch gar nicht
wahrnehmbar. Erst die durch die Vibration des Körpers in Schwingungen versetzte
Luft trägt, als an sich stummes Medium, diesen Ton an unser Ohr, wo diese
Schwingungen mehrfach umgewandelt und abgebaut werden - das Medium Luft wird
dabei wieder abgesondert - und der Ton schließlich wieder neu ersteht. Im luftleeren
Raum ist ein Ton, ein Klang oder ein Geräusch nicht hörbar. Der pneumatische
Vorgang, die Luftschwingungen werden durch das Trommelfell empfangen und in
einen mechanischen Vorgang verwandelt. Die drei Gehörknöchelchen, Hammer,
Amboss und Steigbügel verstärken diese mechanischen Schwingungen um das 20bis 22-fache und übertragen sie auf die sogenannte Schnecke (Cochlea), das
eigentliche Organ des Hörens. Es liegt - in Flüssigkeit gebettet - in der Höhle des
Felsenbeins, dem härtesten unlebendigsten Knochen des menschlichen Skeletts,
und es ist das empfindlichste Sinnesorgan des Menschen. Diese Schnecke reagiert
in einem komplexen und hoch interessanten System von spiralig sich ein- und wieder
auswickelnden flüssigkeitgefüllten und flüssigkeitumspülten Kammern, Membranen
und Haarzellen hydraulisch, mechanisch und schließlich elektrisch bzw. elektrochemisch. Ihre Aufgabe ist es, die der Sprache oder der Musik zugrunde liegenden
Frequenzmuster zu differenzieren, sie gewissermaßen zu zerlegen. Die Nerven und
Ganglien der Gehörbahn führen dann die aus den Klängen, Tönen und Geräuschen
gewonnenen Informationen über mehrere Umschaltstellen zu verschiedenen Zentren
des Gehirns. In den Hörzentren im Bereich des Schläfenlappens kommen uns die
Töne oder Laute zum Bewusstsein. In den Heschl’schen Querwindungen des
Schläfenlappens kommt es zu einer frequenzentsprechenden Aufsplitterung des
Tonbildes; hohe Töne werden an einer anderen Stelle „abgebildet“ als tiefe usw. Das
daran anschließende sekundäre Zentrum ist für das Laut- oder Musikverständnis,
das tertiäre für das Erinnern auditiver Wahrnehmungen zuständig. Bei einem Ausfall
der letzten beiden können wir zwar Worte noch hören aber inhaltlich nicht mehr
verstehen. Neben der Großhirnrinde als Ort des höchsten Wachbewusstseins
werden aber auch Zentren im Rauten-, Mittel- und Zwischenhirn angesteuert. Hier
werden Funktionen miteinander verknüpft, die uns nicht direkt bewusst werden, wie
reflektorische Kopfbewegungen auf Geräusche, unbewusstes Mitbewegen der
Glieder oder Augen oder sogar vegetative Reflexe im Bereich der Eingeweide,
Geschlechtsorgane und Drüsen. Die Tatsache, dass unser Nervensystem kein
zusammenhängendes „Bild“ von der Tonwelt liefert, sondern die einlaufenden
Erregungen auf verschiedene Zentren und Kerngebiete im Gehirn verteilt, weist
darauf hin, dass die Entstehung eines einheitlichen Wort- und Tonerlebens der
innerlich aktiven Mitwirkung des ganzen Menschen und des in ihm lebenden
Seelisch-Geistigen bedarf.
Versuch einer ganzheitlichen Betrachtung des Hörvorgangs
Zusammenfassend wird beispielsweise ein gesprochenes Wort – werden die
Schwingungsmuster eines in das Luftelement gegebenen Wortes – in drei
aufeinander folgenden Abschnitten des Hörorgans stufenweise auseinander
genommen, abgebaut, bis ein nur noch in feinste nervöse Potentialdifferenzen
zerlegter Abdruck an verschiedenen Stellen des Gehirns bleibt; anders bildlich
gesprochen: Es bleibt ein von allem Geistigen befreiter „Hohlraum“. Dahinein können
wir nun unser eigenes Geistiges gießen, innerlich das Wort neu hervorbringen. Das
heißt, wir hören nicht passiv das Wort eines anderen, sondern setzen unser eigenes,
schöpferisch hervorgebrachtes Wort an dessen Stelle und nehmen dadurch das
gesprochene Wort des anderen, bzw. dessen Inhalt wahr. Beispielsweise
beobachten taube Menschen, deren Sprachsinn noch erhalten ist, subtil die
Sprachintention eines anderen Menschen und verstehen den Wortinhalt, obwohl das
Sinnessystem den geschilderten physikalischen Abbauvorgang nicht mehr vollziehen
kann. Ein bewusster Hörvorgang setzt voraus: Wir müssen uns innerlich leer
machen, etwas in uns hineinlassen und dieses dann geistig nachschaffen. Dann
kommen wir zu einem Wort- oder Tonerlebnis. (Nur am Rande, quasi andersherum
betrachtet und gefragt: Was gaukelt uns dieser ja nur rein physikalisch
funktionierende Lautsprecher da eigentlich immer vor?)
Dieser physiologische Vorgang ist nicht der einzige und erklärt auch noch nicht,
wieso wir uns mit den Tönen und Harmonien von Musik besonders innig verbinden
können. Warum können wir erlebend in das Musikalische eintauchen und mit dem
Willen, vor allem aber mit dem Fühlen, die Bewegungen der Töne und Harmonien
mit vollziehen? Der amerikanische Musikwissenschaftler E. Cone schreibt: „Aktives
Zuhören ist schließlich eine Art zweite Aufführung, die ... dadurch geschieht, dass die
Musik in einem selbst reproduziert wird.“ (in E.-M. Kranich, s.u. S.107) Aber nicht nur
die Musik, auch der Tonfall der Sprache kann in uns die unterschiedlichsten
emotionalen Reaktionen auslösen. In wie vielen verschiedenen Tonfällen können wir
die Aufforderung sprechen: „Komm mal her“ und jedes Mal wird in uns etwas
anderes ausgelöst (Neugier weckend, bedrohlich, befehlend, geheimnisvoll).
Außer der Nervenverbindung des Hörorgans mit dem Gehirn gibt es auch eine meist
wenig beachtete lymphatische Verbindung mit dem sogenannten Rhythmischen
System des Körpers. Das Rhythmische System ist das System von Atmung und
Blutkreislauf, in welchem sich, wie es allgemein bekannt ist, auch die Gefühle
ausdrücken. Von dem mit Endolymphe gefüllten häutigen Labyrinth (im Wesentlichen
die Schnecke und das Gleichgewichtsorgan) führt ein Gang, der Ductus
endolymphaticus, durch die Schädelbasis und bildet einen Kontakt mit dem
Liquorraum zwischen Gehirn und knöchernem Schädel. Der Liquor (das
Gehirnwasser) wiederum reagiert über den Liquor cerebrospinalis aus dem
Wirbelkanal des Rückgrades auf die vom Atemrhythmus ausgehenden
Druckschwankungen. Daneben sei die „luftige“ Verbindung zwischen Mittelohr und
Rachenraum über die Eustach’sche Röhre (Tuba auditiva), die Ohrtrompete, nur
erwähnt. Allein hierdurch schon dürfte deutlich werden, wie Außenwelt und Innenwelt
sowie physiologische und emotionale Vorgänge in einer mehrfachen Verbindung
miteinander stehen.
(E.-M. Kranich, Der innere Mensch und sein Leib, Stuttg. 2003, S.100 ff und S.216 f;
L. Vogel, Der Dreigliedrige Mensch, Dornach 1992, S.202 ff; J.W. Rohen,
Morphologie des menschlichen Organismus, Stuttgart 2000, S.263 ff)
Ein Beispiel aus dem Alltag
Eine Mutter beklagt sich beim Hals-Nasen-Ohrenarzt darüber, dass ihre beiden
Kinder schlecht hören. Der Arzt stellt nach eingehenden Untersuchungen die 100%ige Funktionstüchtigkeit des Hörapparates beider Kinder fest. Ihr schlechtes Hören
ist so nicht erklärbar, das Phänomen wird als „Auditive Wahrnehmungsstörung“
bezeichnet, der konventionelle HNO-Arzt kommt da nicht weiter und der Fall ist damit
in der Regel, zumindest vorerst, abgeschlossen.
Eine Betrachtung der familiären Lebensgewohnheiten kann da aufschlussreich sein.
Erinnern Sie die zu Beginn dieses Referats geschilderten Alltagssituationen, die
„akustische Glocke“. Kinder sind diesen Beschallungen weitaus mehr ausgeliefert als
wir Erwachsenen, da sie sich mit ihrem noch nicht so weit entwickelten Ich, je jünger
sie sind, umso weniger dagegen wehren können. Nun ist zusätzlich zu all dem
Genannten die Kinderzimmersituation folgende: Die Beiden sind im Rollenspiel
„Vater, Mutter und Kinder“. Sie spielen die Erwachsenen, die Puppen sind die Kinder.
Die Puppen müssen angekleidet, gefüttert, in den Kindergarten gebracht, unterrichtet
werden usw. Die Kinder stehen in ständigem Dialog. (Jede andere Spielsituation bis
hin zum Brettspiel könnte hier eingesetzt werden). Bemerkenswert aber kaum
beachtet: Aus dem Lautsprecher der Kinderzimmer-Musikanlage oder des rot-gelbblau-bunten Plastik-Cassettenrecorders tönt „Benjamin Blümchen“ oder die neueste
CD von Rolf Zuckowski. Erstaunlich ist immer wieder, wie viel die Kinder auf
Befragen von dieser Cassette oder CD nebenbei mitbekommen haben. Im weiteren
Tagesablauf könnten nun die Abendbrotsituation, das Zähneputzen und Waschen
oder die Einschlafgewohnheiten betrachtet werden. Das Bild wäre immer wieder
ähnlich.
Wie sollen Kinder mit dieser akustischen Flut fertig werden? Es ist nicht so schwer,
sich vorzustellen, dass der Hör-Organismus irgendwo selektiert. Die Redensart „Zum
einen Ohr rein, zum anderen wieder raus“ ist gar nicht so falsch. Darin steckt
unausgesprochen, dass sich das Sinnesorgan Ohr zwar nicht wehren kann, das
Bewusstsein dafür aber ausgeschaltet oder unterdrückt ist, denn das ist anderweitig
beschäftigt – mit der Spielsituation, mit der Tätigkeit, mit einem Gespräch- oder im
Schlaf ohnehin „abgeschaltet“. Seine eigentliche Aufgabe, nämlich zu verinnerlichen,
kann das Ohr nicht mehr uneingeschränkt wahrnehmen. Zur Erinnerung: Das
Bewusstsein sind die beschriebenen Hirnpartien im Schläfenlappen, bei deren
krankhaften Funktionsausfall wir zwar noch hören, aber nicht mehr verstehen
können. Die nicht direkt bewusst werdenden Funktionen, die im Rauten-, Zwischenund Mittelhirn geschaltet werden, wie reflektorische Bewegungen und vegetative
Reflexe können weder einfach unterdrückt noch richtig ausgelebt werden. Ein
Zusammenhang mit der so häufig bei Kindern beklagten Hypermotorik könnte hier
schon erahnt werden.
Tatsächlich (*) beschreiben Neurophysiologen inzwischen grundlegende funktionale
Veränderungen im Gebrauch der feinen Nervenbahnen unserer Hirne. Das Gehirn
schirmt sich gegen das Trommelfeuer der Sinnesreize aus der Umwelt ab, indem es
den Schwellenwert für ihre Weiterleitung durch die Nerven erhöht. Feinere Reize
werden nicht mehr verarbeitet, nur starke Reize dringen durch. Da die feinen
Nervenbahnen für die Weiterleitung dieser hohen Potentiale aber nicht geeignet sind,
werden mehrere solcher feinen Nervenverbindungen zu Bahnen mit höherer
Kapazität quasi parallel geschaltet. Das geht auf Kosten der feinen Vernetzung. Eine
Abnahme der inneren Beteilung, statt dessen Automatisierung sind die Folgen.
Zunehmende Schwierigkeiten im Schreiben, Lesen und Rechnen, Störungen der
Bewegungsabläufe und Sprachstörungen werden in diesem Zusammenhang
gesehen. Gerade das aber können wir den Kindern und Jugendlichen der JohannesSchule nicht auch noch aufbürden.
(* Rüdiger Reichle, „Sinne und Sinn“ in Erziehungskunst 1/99)
Möglichkeiten für Erlebnisse der Erstbegegnung:
Auszüge aus dem Lehrplan der Waldorfschulen von C.v. Heydebrand
Klasse1
Malen und Zeichnen: Plastisch-bildnerische Kräfte, Farbsinn (reine Farbe in
Konsonanz und Dissonanz), Form als Werk der Farbe; Zeichnen aus dem Erleben
des bewegten Menschen (Gerade und Krumme).
Heimatkunde: Das träumende Kind allmählich für seine Umgebung aufwecken, so
dass es sich bewusster verbinden lernt mit Pflanze, Tier, Stein, Berg, Fluss, Wiese,
Himmel, Wolken, Sterne etc., nie abstrakt beschreibend, sondern in phantasievollmoralischer Weise wie im Märchen lebhaft miteinander redend.
Musik: Erleben der Quinte; aus der Bewegung hinführen zum innerlich gebundenen
musikalische Fühlen.
Handarbeit: Bewusstheit und Geschicklichkeit der Hände, Aufwecken und Fördern
der geistigen Anlagen des Kindes durch Stricken mit zwei Nadeln.
Klasse 2
Eurythmie: Moralisch-pädagogische Übungen zur Harmonisierung der
Temperamente, zur Pflege der Intelligenz, der seelischen Beweglichkeit, eines
gesunden Gemeinsamkeitsgefühls.
Klasse 3
Abtrennung von der Umwelt, das Ichbewusstseins stärkt sich, das Seelenleben wird
innerlicher und unabhängiger, die Bewusstseinskräfte regen sich; das Kind will Welt
und Erzieher von einer neuen Seite kennen lernen, bewusst verehren, wo es vorher
kindlich liebte. Die/ der Erzieher/in „muss das Kind vor Enttäuschungen behüten,
denen es in dieser Zeit, gerade auch gegenüber dem erwachsenen Menschen, leicht
verfallen kann.“
Sachunterricht: Das Kind bewusst in seine nächste Umgebung hineinstellen
(Hausbau, Feldbau, Nahrung von Pflanze und Tier). Das Gefühl für das wunderbare
Ineinandergreifen der Dinge der Welt erwecken, die Dankbarkeit gegenüber dem,
was über dem Menschen steht keimen lassen, aber vom Moralisch-Fühlsamen
immer wieder ins Praktisch-Wirkliche zurückführen. Es wird das Spätere im Früheren
vorbereitet.
Eurythmie: Die innere Schönheit der Sprache und deren Stimmungsgehalt zum
Ausdruck bringen. Dadurch, dass jede Lautbewegung vom ganzen Körper
ausgeführt wird, arbeitet die Eurythmie der Flüchtigkeit im Schreiben z.B. entgegen.
Durch feste Schritte sich fest auf die Erde hinstellen, um vorzubereiten, was als
bewusstere Art der Beziehung zur Umwelt im 9.,10. Lebensjahr erwachen wird.
Abwechseln von Bewegungen im starken Zusammenziehen im Schmerz und
leichtem Sichlösen in Freude zum Erwachen eines gesunden Selbstbewusstseins.
Gemeinsame Übungen zur Pflege von Intelligenz und Willensstärkung.
Turnen: Erlebnis von Raum und Kraft (Schwerkraft), das Blut wirkt in die Muskulatur
hinein. Starkwerden und Elastischwerden des Muskels. Der Wille äußert sich
unmittelbar. Gemüts- und Phantasiebeziehungen zu den Übungen herstellen
können. Freie Spiel an den Geräten, Gesten der menschlichen Arbeit in der
Gymnastik, Reigen.
Klasse 4
Malen und Zeichnen: aus den Kräften der eigenen schöpferischen Phantasie, um die
Farbe als Ausdrucksmittel des im Unterricht Erlebten selbständiger gebrauchen zu
können.
Naturkunde: Von der phantasievoll-moralischen Behandlung der Naturreiche
fortschreiten zu einer mehr objektiv gegenüberstellenden und erkennenden
Betrachtung der Naturgegenstände: Menschenkunde in künstlerischer und
ehrfurchtsvoller Weise und dann Tierkunde in ihrer besonderen Beziehung zum
Menschen.
Klasse 5
Deutsch: Ein Organ für den Unterschied in der Wiedergabe von eigener und fremder
Meinung entwickeln: Den Unterschied zwischen aktiven und passiven Verbalformen
empfinden lernen; Gehörtes und Gelesenes in unmittelbarer Rede anführen lernen.
Das Briefeschreiben weiter fortführen.
Geographie: „Wie die Geschichte, die von den taten und Leiden der Menschenseele
handelt, den Menschen in sich selbst hineinführt, so soll die Geographie ihn
möglichst weit aus sich heraus zu den Räumen der Erde führen und in den Kindern
das Gefühl des brüderlichen Verbundenseins mit allen Erdgebieten erwecken.
(Besprechung der Bodenkonfiguration und der wirtschaftlichen Verhältnisse näherer
teile der Erde.)
Klasse 6
„Zeichnen, Malen und Modellieren werden in den geschichtlich-geographischen und
naturkundlichen Fächern zur Veranschaulichung herangezogen und so gepflegt,
dass jede Einzelheit der Darstellung, z. B. auch von Landkarten, vom künstlerischen
Empfinden getragen ist.“
Naturkunde: Mineralien in lebendig-anschaulichem Zusammenhang mit der
Geographie (Granit- oder Kalkstein in Zusammenhang mit dem entspr. Gebirge).
Physik: Vom Künstlerischen zum Intellektuellen: vom Musikalischen zur Akustik; vom
Farbig-Malerischen zur Optik; Beginn mit Wärmelehre, Elektrizität und Magnetismus,
indem man von den Erscheinungen ausgeht und gestze nur an ihnen entwickelt.
Eurythmie: Stabübungen; sich kraftvoll des gesamten Knochensystems bedienen.
Durch das Üben der Oktavbewegung dem Hinabstieg des geistig-seelischen Wesens
des Kindes in das feste Knochensystem helfend entgegen kommen. Die einzelnen
Töne der Tonskala auch in ihren Raumformen. Das Geometrische in
Zusammenhang mit dem Sprachlichen und Musikalischen tritt in neuer Art vor das
Kind.
Werken: Das Gefühl für die Vereinigung von Zweckmäßigkeit und Schönheit in der
Gestaltung von Gegenständen wecken. Einfache praktische Gegenstände und
bewegliche Spielzeuge aus Holz fertigen.
Gartenbau: Die praktische Ausführung der verschiedenen Arbeiten kennen lernen.
Bei der Bearbeitung des Bodens für den Gemüse- und Obstanbau erleben, wie viel
Mühe, Sorgfalt und Geduld dazu gehört, bis etwas genussreif geerntet werden kann.
Klasse 7
Deutsch: An den Sprachformen ein richtiges plastisches Erfassen der
Ausdrucksformen für das Wünschen, Erstaunen, verwundern usw. entwickeln, um so
die Anschauung der inneren Plastik der Sprache auszubilden. Charakteristiken aus
dem Naturkundlichen in Aufsätzen.
Physik: Mechanische Grundbegriffe: Hebel, Rad an der Welle, Flaschenzug, schiefe
Ebene, Walze, Schraube etc.
Musik: Das Erlebnis der Oktave pflegen; zwei-, drei- und vierstimmige Gesänge;
theoretische Begriffe an praktischen Übungen gewinnen; das musikalische Urteil
wecken; Verständnis für einfache musikalische Formen ausbilden; auf den Charakter
eines musikalischen Kunstwerkes aufmerksam machen; Erziehung zum Genuss des
Musikalisch-Schönen.
Klasse 8
Geschlechtsreife. Es wirkt das ausgesprochene Wort des Lehrers: nicht das, was er
spricht, sondern das, wie er spricht. Es „erwacht im jungen Menschen eine
umfassende Liebe zur Welt und Menschheit, von der die Liebe zum anderen
Geschlecht nur ein kleiner Ausschnitt ist. Die Fähigkeit zum logischen Denken, zum
selbständigen Urteilen erwacht.
Eurythmie: Gedichte mit starken seelischen Stimmungen, seelische Kontraste in
Spannungen und Lösungen (Balladen); humoristische Gedichte als Gegensätze;
Kopf- und Fußstellungen, die das Dramatische im text mit besonderer Lebendigkeit
anschaulich machen.
Musik an der Johannes-Schule
Christiane Cohen & Regina Gabriel-Brieden
Menschen hören schon, bevor sie geboren werden und –wenn sie keine Schädigung
ihres Hörvermögens erfahren – solange, bis sie sich von dieser Welt verabschieden.
Menschen tönen ab ihrem ersten „Schrei“, lernen mit ihrer Stimme nicht nur
sprechen sondern auch singen.
Menschen freuen sich an Musik, tanzen zur Musik, lernen ein Instrument zu spielen.
Menschen singen gemeinsam, musizieren miteinander.
Welche Bedeutung nun Musik an der Johannes-Schule hat, vermittelt vielleicht
zunächst die Lektüre des folgenden Berichts aus dem Alltag einer unserer
MusiklehrerInnen:
„Ich bin auf dem Weg vom Unterstufengebäude zum Musikraum. Ein Schüler brauchte
noch etwas besondere Aufmerksamkeit, und nun habe ich es eilig, denn die nächste
Stunde fängt gleich an, und die Oberstufenklasse erwartet mich sicher schon. Im
Geiste stelle ich mich unterwegs schon einmal auf das Unterrichtsthema ein, gehe
durch, welche Instrumente bereitgestellt werden müssen. Am Musikraum
angekommen, bleibe ich erstaunt stehen. Keine SchülerInnen vor der Tür… Sind die
zufällig auch zu spät dran? Ach nein, die Schuhe stehen ja unter der Bank. Ich öffne
die Tür – und werde vielstimmig begrüßt: „Da bist du ja endlich, wir wollen
anfangen!“ Sämtliche Instrumente, die wir für das Musikstück benötigen, sind
aufgebaut, alle haben ihr jeweiliges Instrument vor sich. Es kann losgehen.
Die Freude und das Engagement, das mir von dieser Klasse entgegen kommt, rührt
und begeistert mich. Ein solches Erlebnis ist natürlich das Ergebnis eines langen,
intensiven musikalischen Prozesses an unserer Schule, der sowohl gemeinschaftliche
als auch individuelle Facetten hat. Dieser Entwicklungsprozess sei im Folgenden
beschrieben.“
Das Fach Musik gehört zu den zentralen Fächern in der Stundentafel unserer Schule.
Für jede Klasse sind im Verlauf der gesamten Schulzeit wöchentlich 2 Stunden Musik
vorgesehen. Dafür steht ein großes Angebot an leicht zu handhabenden
Instrumenten zur Verfügung.
Darüber hinaus singen die Schülerinnen und Schüler ab der 5. Klasse im Chor.
Aktuell gibt es einen Mittel- und einen Oberstufenchor.
Sie haben auch die Möglichkeit im Nachwuchsorchester oder später im
Schulorchester mitzuspielen.
Der Weg dahin führt über individuellen Instrumentalunterricht, den sie nach
Absprache zwischen Schule und Elternhaus und nach einem Instrumentenfindungsprozess während der Unterrichtszeit be-suchen können. Derzeit wird an unserer
Schule (Block-)Flöte, Trompete, Saxophon, Klavier, Gitarre, Crotta, Geige, Cello und
Kontrabass unterrichtet.
In Schülerkonzerten, die möglichst 2-mal im Jahr stattfinden, haben die jungen
InstrumentalistInnen Gelegenheit, sich mit ihrem Instrument dem Publikum
vorzustellen, auch solche, die extern Unterricht erhalten.
Je nach Zusammensetzung der Klassen gestaltet sich der Musikunterricht sehr
unterschiedlich, orientiert an folgendem Aufbau:
In den ersten drei Schuljahren geht es vor allem um die Ausbildung eines bewussten
(Hin-) Hörens, um das Singen und Musizieren in Gemeinschaft, wobei die Stimme
geweckt, geschult und das Schwingen und Spielen im gemeinsamen Rhythmus
angeregt und differenziert wird.
Im 4. Schuljahr wird Instrumentenkunde betrieben. Dies ist auch die Zeit, in der die
Schülerinnen und Schüler häufig zu „ihrem“ Instrument finden.
Ab dem 5. Schuljahr richtet sich der Blick auf die Welt der Musik als Kunst.
Komponistenporträts, Biographien werden betrachtet, immer verbunden mit
Versuchen, im Klassenmusizieren Kompositionen dem jeweiligen Vermögen
entsprechend nachzugestalten.
Höhepunkte bilden die Beschäftigung mit Mozarts „Zauberflöte“ im 6. Schuljahr und
mit dem „Sohn“ der Stadt Bonn, Ludwig van Beethoven, in der 7. Klasse. Sehr beliebt
sind in diesem Zusammenhang Opernbesuche und ein Ausflug ins Beethovenhaus.
Im 8./9. Schuljahr weitet sich der Blick in neuer Weise: das Vertraute wird dem
Fremden gegenüber gestellt; es geht auf musikalische Europa- und Weltreise.
Im 10. Schuljahr beschäftigen wir uns mit den Grundlagen der Musik und mit ihrer
„Architektur“, um dann in den beiden letzten Jahren einen Gang durch die Geschichte
vorzunehmen, zu erfahren, wie sich Musik im Laufe der Jahrhunderte verändert und
entwickelt hat und uns klar darüber zu werden, in welcher musikalischen Umgebung
wir heute leben.
Musik an unserer Schule ist aber nicht allein auf den Unterricht beschränkt.
Sie erklingt zur Einschulung sowie zur Entlassung, auf den Schulfeiern, bei den Jahresfesten, zu den Klassenspielen und durchaus auch außerhalb der Schulmauern, wenn
etwa das Schulorchester beim Beethovenfest auf dem Marktplatz zu hören ist.
Schulfeiern
Petra Mattion‐Sokolov Mindestens zwei Mal im Jahr finden jeweils an einem schulpflichtigen Samstag die Schulfeiern auf der Bühne in unserem großen Saal statt. Diese Feiern sind öffentlich und wir freuen uns, wenn Eltern, Freunde und Interessierte zum Zuschauen kommen. Die Schüler und Schülerinnen zeigen, was sie in den einzelnen Unterrichten gelernt haben: in Englisch, im rhythmischen Teil des Epochen‐Unterrichts, in der Eurythmie, in der Musik, im Orchester oder im Sport. Ob beim gemeinsamen Singen, Musizieren, Bewegen, Rezitieren von Gedichten oder kleinen Sketchen: mit vollem Einsatz und mit Freude wird im Vorfeld geprobt, aber immer auch wieder Raum für Improvisiertes und „Unfertiges“ gelassen. Dadurch lernen die Schüler und Schülerinnen auf spielerische Art und Weise Präsenz und gegenseitige Wertschätzung. Vor jeder öffentlichen Schulfeier gibt es donnerstags eine interne Schulfeier. Hier zeigen sich die Klassen gegenseitig ihre Beiträge. Diese Feier stärkt die positive Wahrnehmung der Klassen untereinander und ist ein wichtiger Beitrag zum sozialen Zusammenhalt. Der Sportunterricht
Barbara v. Ooyen Die Freude und Begeisterung an den gemeinsamen und eigenen Bewegungen sind ein wichtiges Anliegen des Sportunterrichtes. Jeder darf seine Fähigkeiten erspüren, entdecken und weiterentwickeln. Gleichzeitig lernen die SchülerInnen aber auch mit ihren Schwächen umzugehen und andere SchülerInnen in ihrer Entwicklung zu unterstützen. Mit Hilfe der Gemeinschaft können sie authentisch sein und ihren eigenen Platz finden. Dabei werden Negativvergleiche und Leistungsdruck vermieden und dafür Mut und Selbstvertrauen gefördert. In den unteren Klassen dürfen die Kinder mit vielen unterschiedlichen kleinen Geräten spielen und Bewegungslandschaften aus großen und kleineren Geräten erlaufen, überwinden und erklettern. Sie werden von Bildern und Geschichten begleitet, die ihre Phantasie anregen. Grundlegende motorische Fähigkeiten werden so wie von selbst angelegt. Die entstehenden eigenen Bewegungsideen der Kinder werden vorsichtig gelenkt und erweitert. Im Laufe der Zeit kommen die SchülerInnen zu einem konkreten Üben und klaren Aufgabenstellungen. Das Spektrum reicht von den verschiedenen Rollen und Sprüngen über Überschläge und Schwünge bis hin zu Saltos. Dabei lernen sie einander sinnvoll zu helfen und zu unterstützen. Wichtig ist dabei das gegenseitige Beobachten und Wahrnehmen sowie das Gespräch darüber, in dem sanfte Kritik geäußert und angenommen werden kann. In den Mannschaftsspielen wird das soziale Miteinander verstärkt geübt und gelernt, fair und würdevoll zu gewinnen und zu verlieren. In den unteren Klassen werden nur weiche, gut zu fangende Bälle in sehr unterschiedlichen Größen verwendet, damit keine Angst vor Bällen entstehen kann. Basketball‐ und Völkerballturniere innerhalb der Mittel‐ und Oberstufe und mit anderen Gruppen und Schulen sind schon Tradition und von großer Bedeutung für die SchülerInnen. Klassische Spiele werden oft gemeinsam verändert und an die unterschiedlichen Voraussetzungen angepasst, es kann also differenzierte Regeln für verschiedene Schüler geben. Im gymnastischen Bereich geht es um Stille‐, Koordinations‐ und Konzentrationsübungen und um den bewegungsmäßigen Umgang mit seelischen Situationen und Stimmungen in den jeweiligen Klassen und Altersstufen. Wir führen eine Vielzahl von Bothmer‐
Gymnastikübungen und rhythmischen Spielen durch, die in ihrem Inhalt und Thema zu den entsprechenden Entwicklungsstufen passen. Die Übungen sollen den SchülerInnen helfen, sich kraftvoll und sicher in den Raum, und so auch in die Welt, hineinzustellen. Beispiele sind Ringen, Fechten, Folgen und Führen, Loslassen und Festhalten, Springen und Fallen, Jonglieren und Balancieren und vieles mehr. Es ist ein Geschenk, diese verschiedenen Möglichkeiten und Entwicklungswege der Kinder und Jugendlichen mitzuerleben. Mit großer Dankbarkeit, Ehrfurcht und Freude werden sie begleitet. Das Bewegungsbad Wasser kennt keine Schranken und obwohl unser Becken nicht groß ist, dürfen die SchülerInnen dort Schwerelosigkeit genießen. Die Auftriebskräfte des Wassers helfen ihnen loszulassen. Die Wärme und das Plätschern wirken beruhigend und umhüllend. Aus der Sicherheit heraus sind die Kinder schneller bereit, sich spielerisch zu bewegen und eigene Ideeen zu entwickeln. Verschiedene kleine und große Wasser‐Spielgeräte und Hilfsmittel bieten die Möglichkeit zu bauen, zu verändern, auszuprobieren, zu gleiten oder sich einfach nur treiben zu lassen. Viele Kinder lernen ganz vorsichtig den Kopf unter Wasser zu bringen und beginnen langsam zu tauchen. Gemeinsam können sich alle spielerisch in Schifffahrer, Seepferdchen oder Taucher verwandeln, wobei auch viel gelacht werden darf. Hinzu kommen konkrete Übungen zur Lockerung, Dehnung oder zur richtigen Streckung, die besonders gut im und durch das Wasser wirken. Viele SchülerInnen zeigen im Wasser plötzlich ganz neue Seiten. Sie werden temperamentvoller, bewegen sich sicherer oder entspannen sich einfach. Auch die Grundlagen für das richtige Schwimmen können gelegt und verschiedene Schwimmstile gelernt und geübt werden. Die Arbeit in z.T. klassenübergreifenden Kleingruppen bringt neue Kontakte und Entwicklungschancen. So bietet unser Bewegungsbad auf kleinem Raum eine unglaubliche Vielzahl an Bewegungs‐ und Erfahrungsmöglichkeiten. Therapien Petra Mattion‐Sokolov Folgende Therapien werden zur Zeit an der Johannes Schule angeboten: • Heileurythmie • Kunst‐Therapie • Musiktherapie • Physiotherapie • Rhythmische Massage • Sprachgestaltungs‐Therapie Als Waldorfschule legen wir den Schwerpunkt des Angebotes auf die Therapien, die der anthroposophischen Medizin und der Waldorfpädagogik nahe stehen. Die Therapeutinnen arbeiten auf Basis der Selbständigkeit, auf Verordnung eines Arztes und kommen an einzelnen Tagen in die Schule. Für alle Therapien stellt die Schule eigene Räume zur Verfügung. Die Therapien finden innerhalb der Schulzeit statt, was den Bedürfnissen von SchülerInnen und Eltern sehr entgegen kommt, da weitere Autofahrten zu externen Therapeutinnen nach einem langen Schultag entfallen können. Sachkunde 3. Schuljahr ‐ Vom Korn zum Brot Traudl Stöhr‐Freitag In der dritten Klasse ist das zunehmende Interesse der Kinder an ihrer Lebensumwelt deutlich wahrzunehmen. Jetzt ist der richtige Zeitpunkt gekommen, die verschiedenen Handwerke kennen zu lernen und sie natürlich möglichst selbst auszuprobieren. Ganz aktiv sind alle, wenn sie in einer richtigen Bäckerwerkstatt Teig kneten und selbst ein Brot backen dürfen, oder nach einem spannenden, aktiven Tag mit einem eigenen Werkstück eine Töpferwerkstatt verlassen können. Eine der schönsten Epochen der 3. Klasse ist die Landbauepoche im Herbst, in der die Kinder die Arbeit eines Bauern kennenlernen. Sie lernen und erleben, wie der Bauer von Regen, Wind, Frost und Sonne abhängig ist, wie er aber auch nur mit ihrer Hilfe das Land bebauen kann. Ein Besuch auf einem Bauernhof ist ein großes Erlebnis für viele Kinder. Gleichzeitig bereiten sie im Schulgarten ihr Feld vor; es wird umgegraben und geharkt, und nach dem ersten Frost wird der Weizen eingesät. Sehr interessiert verfolgen alle das Wachsen ihres Weizens und sehen wie erste Ähren sich bilden und er allmählich goldgelb wird. Im Sommer, manchmal sogar in den großen Ferien, ist der Weizen reif und darf und muss geerntet werden. Es ist eine sehr schöne Stimmung, wenn die Kinder mit Sicheln, Messern und Scheren ihr Getreide schneiden und es in kleinen Garben bündeln. Das vierte Schuljahr beginnt dann mit dem Dreschen und Reinigen des Weizens. Kraft zum Dreschen und Feingefühl für das Ausblasen der Spreu sind nun gefragt. Wie stolz sind sie Kinder darüber, dass aus dem kleinen Korb Weizenkörner zwei große Körbe voll geworden sind. In den Tagen vor dem Erntedankfest wird in der vierten Klasse schließlich fleißig gearbeitet. Mit der großen Handmühle wird der Weizen gemahlen, es wird Teig geknetet und geformt. Die Brote für das Erntedankfest der Unterstufe werden gebacken. Ein herrlicher Duft zieht durch das Unterstufengebäude. Ehrfürchtiges Staunen ist zu spüren, über die vielen Brote, die aus einem kleinen Korb Weizen entstanden sind. Und natürlich bleibt auch ein Rest Weizen für die neue Aussaat zurück, der am Morgen des Erntedankfestes samt der Dreschflegel an die neue dritte Klasse überreicht wird. Das ist ein ganz besonderer Moment für eine stolze vierte Klasse und eine, dem Neuen mit Spannung entgegensehende dritte Klasse. Weben an der Johannes-Schule
Pia Arck
Weben gehört zu einem der inzwischen sieben Fächer, die im Rahmen der Werkgruppen in
den Klassenstufen 10 bis 12 unterrichtet werden.
Weben ist das rechtwinklige Verkreuzen bzw. Verflechten von Schuss-und Kettfäden. Aus
einem scheinbar Unzusammenhängendem oft chaotisch Erscheinendem (der Kette) gestaltet
der/die Weber/in ein strukturiertes Ganzes, eben ein „Gewebe“.
Das Weben beansprucht den ganzen Menschen, mit Augen, Händen und Füssen und alle drei
Raumesrichtungen werden intensiv erfahren:
rechts – links durch das Einlegen des Schiffchens,
oben – unten beim Treten der Tritte für den Fachwechsel,
vorne – hinten durch das Anschlagen mit der Lade.
Zum Weben gehört der Entwurf, die Auswahl des Materials und der Farben, Berechnungen
des Materialverbrauchs, das Schären der Kette, die Bindungslehre, das Einrichten der
Webstühle (Kette bäumen, Litzeneinzug, Kammeinzug, anbinden), das eigentliche Weben
und schließlich die Abschlussarbeiten, d.h. Fransen knüpfen beim Teppich oder Schal, Säume
nähen bei Tischläufern und Sets.
Dabei werden viele Arbeitstugenden geübt. Die Ausdauer ergibt sich schon aus der
Tatsache, dass längere Zeit an einem „Werkstück“ gearbeitet wird. So kann sich ein
Litzeneinzug (hier wird jeder Kettfaden durch eine Litze gezogen - das können schon einmal
bis zu 800 Fäden sein) über mehrere Werktage erstrecken. Nebenbei ist diese Arbeit eine
ausgezeichnete Übung für die Auge-Hand-Koordination.
Sorgfalt und Konzentration sind ebenfalls unerlässlich. Nur fehlerfreie Vorbereitungsarbeiten
garantieren auch ein entsprechendes Endprodukt. Für viele Schüler/innen ist es eine
wichtige Erfahrung, wenn sie im Weben mit ihren Fehlern konfrontiert werden und erfahren,
man darf Fehler machen, weil man aus ihnen lernt und sie auch wieder in Ordnung bringen
kann.
Die fertigen Webstücke sind dann die Belohnung für die aufgewandte Mühe. Das können
Teppiche bis zu einer Breite von 1,50m und entsprechender Länge sein, zarte Schals,
Tischläufer und –sets, oder auch kleinere Tischdecken.
Zurzeit verfügt der Webraum über 2 Hochwebstühle, 4 Flachwebstühle, 1 kleineren
Flachwebstuhl, sowie über 2 therapeutische Tischwebstühle. Daneben gibt es die
verschiedensten Zusatzgeräte, die für das Weben notwendig sind.
Gerne übernimmt die Webgruppe auch Auftragsarbeiten!
Therapeutische Aspekte des Webens
Die sich stets wiederholende Abfolge der einzelnen Schritte beim Weben:
Schiffcheneinlegen, Bogenlegen, Fachwechsel und Anschlagen wirken langfristig
entspannend und strukturierend. Der/die Schüler/in bestimmt sein eigenes Tempo, seinen
eigenen Rhythmus, nichts wird vorgegeben.
Der Körper wird intensiv erfahren, da sowohl Hände als auch Füße am Arbeitsprozess
beteiligt sind. Je nach Webstuhl ist diese Erfahrung mehr oder weniger intensiv. Sie kann
durch die bewusste Auswahl des Gerätes an den/die Schüler/in angepasst werden. So ist es
eine ganz andere Erfahrung, ob ich am Flachwebstuhl im Sitzen arbeite oder am
Hochwebstuhl im Stehen. Bei letzterem ist der Gleichgewichtssinn stets besonders
angesprochen. Durch das Treten der Tritte im Stehen muss ich mich selbst immer wieder
ausbalancieren. Das Anschlagen der Lade von oben nach unten verstärkt die
Selbstwahrnehmung.
Die verschiedenen Garne oder Wollen wirken durch ihre unterschiedliche Beschaffenheit
und die jeweiligen Farben.
Der Werkunterricht in der Waldorfschule Jens Wagner Rudolf Steiner: „Wenn wir in der richtigen Weise mit dem Kind .... künstlerisch‐handwerklich arbeiten, dann arbeiten wir oft mehr am Geiste, als wenn wir dem Kinde beibringen, was man für das Geistige hält.“ (aus: R. Steiner: Die Erneuerung der pädagogisch‐didaktischen Kunst durch Geisteswissenschaft. Basel 1920 ) Der Betätigungsdrang des Kindes zeigt eine freudige Bereitschaft die in seiner Umwelt beobachtenden Arbeitsleistungen nachzuahmen. Die Arbeit verlangt vom Kind nicht nur aus seinen spontanen Neigungen heraus zu leben. Das Werken hilft dem Kind sich selber besser zu ergreifen, zu lenken und zu beherrschen und auch schon ein wenig zu überwinden, damit es sich auf die von ihm geforderte Tätigkeit einstellt. Dies bringt Ordnung in sein leibliches und seelisches Gefüge und vermittelt dem Kind Kraft und Entschiedenheit. So ist es sinnvoll schon in der Unterstufe durch Schnitzen von Rinde oder weichem Holz, durch Plastizieren und andere Tätigkeiten die Hände der Kinder zu üben und zu kräftigen. In der Mittelstufe bekommt der Schüler größere Holzscheite oder auch härteres Holz, die in der Werkbank mit Hohleisen und Klöpfel zu Gebrauchsgegenständen, wie Spielzeuge, Löffel oder Schalen, gestaltet werden. Indem die Kinder zum Gebrauch ihrer Sinne angeregt werden, entwickeln sie Selbstständigkeit und Sicherheit im eigenen Handeln. Werkerziehung ist zudem eine Erziehung zu sozialem Verhalten, da es im Werkunterricht unzählige Möglichkeiten gibt sich gegenseitig zu helfen. In der Oberstufe vertiefen die Jugendlichen die Gesetze der Werkstoffe, die Handhabung der Werkzeuge und die Art der Arbeitsgänge. Der richtig geführte Stoß beim Hobeln, der richtig gezielte Hammerschlag beim Schmieden, der richtige Druck der Hand beim Töpfern verbinden sie mit dem Werkstoff. Durch die handwerkliche Arbeit bekommt der jugendliche Wille Richtung, Festigkeit und Maß für eine gesunde Entwicklung. Holzverarbeitung Im Werken der Mittelstufe werden im Überschaubaren Rahmen kleine Werkstücke aus Holz hergestellt, nach den Prinzipien: vom Groben zum Feinen, vom Ganzen zum Teil, von der Natur (Schnitzen) zur Kultur (Brett).Dabei ist die handwerkliche Arbeit äußeres Abbild der Entwicklungsprozesse, die sich im jungen Menschen abspielen. Dem Gestalten eines runden Innenraumes beim Schnitzen einer Schale folgt beim Übergang zur Oberstufe in der ersten Schreinerarbeit die Herstellung eines „Schreins“, eines Kastens, zum Beispiel in Form eines Vogelnistkastens oder einer Holzschachtel. Wurde in der Mittelstufe noch aus dem ganzen Holz gearbeitet, das Werkstück sozusagen mit dem Hohleisen und dem Klöpfel nach und nach aus dem Holzstück herausgeschnitzt, wird beim Schreinern das Werkstück durch eine Zeichnung und durch Messen gedanklich vorweggenommen. Die Hand führt nur aus, was der Kopf sich vorher ausgedacht hat. Erst beim Schreinern wird das Brett zum Erlebnis: was früher rund war, wird jetzt als krumm kritisiert und als fehlerhaft abgetan. Durch die ebenen Flächen des Holzes angeregt, kommen nun neue Bedürfnisse hinzu, zum Beispiel die natürliche Breite eines aus dem Stamm herausgesägten Brettes durch Hobeln, Fügen und Verleimen zu vergrößern. Das Schreinern verlangt genaue Maßhaltigkeit, die Verwendung einer Anzahl von Holzbearbeitungswerkzeugen, welche in den Jahren zuvor Stück um Stück kennen gelernt wurden, und auch den Gebrauch von elektrischen Handmaschinen, wie beispielsweise Bohrmaschine und Lamellofräse. Auch bei der Holzverarbeitung wird das Gedankenleben der Schüler von Jahr zu Jahr immer stärker an der Arbeit beteiligt; konnte beim Schnitzen eines Kerzenständers in der Mittelstufe noch spontan‐schöpferisch gestaltet werden, gliedern sich später im Schreinern der Oberstufe die Arbeitsschritte klar in zwei Abschnitte: Planung und Durchführung. Zugleich lösen sich die Arbeitsprozesse mehr vom Körper, dann von der schaffenden Hand ab. Eine Vielzahl von spezialisierten Werkzeugen schiebt sich zwischen Hand und Werkstück, bis zuletzt auch einfache Maschinen die Arbeit übernehmen. Durch die vielfältigen Tätigkeiten im Werken prägen die Schüler in sich Formen, die ihrem Handeln Halt und Struktur geben. Sie können etwas und das gibt ihnen Sicherheit im Leben. Metallverarbeitung/Schmieden Aus pädagogischer und technischer Hinsicht erweisen sich aus den vielfältigen Bereichen der Metallverarbeitung die „Urhandwerke“ Kupfertreiben und Eisenschmieden als besonders wertvoll. Hierbei treten vor allem zwei Grundeigenschaften dieser Metalle in den Vordergrund: 1. Die Metalle lassen sich teilen: Die Jugendlichen sägen, feilen, bohren, schleifen, usw. die Metalle, Arbeitsgänge, die sie schon bei der Holzbearbeitung kennen gelernt haben. 2. Metalle lassen sich aber auch dehnen und stauchen: Indem die Schüler bewusst Beule neben Beule in das Kupferblech hämmern, wölbt sich das dabei gedehnte Blech in die gewünschte Form. Umgekehrt lernen die Jugendlichen beim Stauchen durch Zusammendrücken und Pressen die Form eines Kupferbechers zu gestalten. Beim Kupfertreiben können Dehnen und Stauchen noch in kaltem Zustand vor sich gehen. Die Wärme macht das Metall nur gefügig, ohne bei der Formung mitzuwirken. Die Hitze des Feuers erweicht nur, was durch den Hammerschlag zu fest, zu hart wurde. Hat der Schüler im Kupfertreiben gelernt, seinen Hammer locker aus dem Handgelenk zu führen, so bedarf es seiner ganzen Willenskraft, um bei Eisenschmieden den Hammer als verstärkte Faust einzusetzen. Hier erlebt der Schüler die unmittelbare Hitze des Feuers, in dessen Glut das Eisen so geschmeidig wird, dass er es schmieden kann. Dabei wird vom Schüler scharfe Beobachtung, große Wachheit, ungeteilte Aufmerksamkeit, Schnelligkeit und Mut gefordert und geübt. Er muss die Scheu oder sogar die Angst vor der Anstrengung mit dem relativ schweren Hammer zuzuschlagen, die Angst vor dem offenen Feuer, welches in seiner Nähe brennt, sowie die Angst vor dem glühenden Eisen überwinden lernen. Es erfordert von ihm die höchste Konzentration und Willensstärke, schnell und sicher auf das glühende Werkstück zu schlagen. Durch das Urhandwerk des Schmiedens wird der Jugendliche in seiner Ganzheit ergriffen und durchgeformt.