Uwe Groß Nachruf 20. 10. 2015 - Hochschule für Kirchenmusik

Nachruf Uwe-Karsten Groß (30.08.1930 - 17.10.2015)
Uwe-Karsten Groß wurde am 30. August 1930
in Oranienburg-Eden bei Berlin als Sohn des
Bildhauers Wilhelm Groß geboren. Das
künstlerische Schaffen seines Vaters, das
durch die Nationalsozialisten geächtet wurde,
sowie die Bedrohungen und Ängste der
Kriegsjahre und des Einmarschs der
sowjetischen Truppen in Berlin blieben UweKarsten Groß bis ins hohe Alter ein wichtiger
Teil der Lebenserinnerungen. 1949 bis 1953
studierte er Kirchenmusik an der Musikhochschule in Berlin-Charlottenburg, die er 1953
mit dem Staatsexamen für Organisten und Chorleiter verließ. Für ihn prägende Lehrer
waren die Professoren Heitmann (Orgel) und Rausch (Klavier). Als Student versuchte er
sich zeitweise auch als Jazzpianist, eine musikalische Sparte, für die er sich seine
Zuneigung stets bewahrt hat.
Während seiner Zeit als Kirchenmusiker in Berlin von 1953 bis 1958 und auch in den folgenden Jahren nahm er an den Orgelkursen von Prof. Fernando Germani im Rahmen der
Accademia Chigiana in Siena/Italien teil sowie auch an dessen Unterricht in Rom. 1958
wechselte er als Kirchenmusiker nach St. Katharinen in Braunschweig. 1961 begann er
als Assistent von F. Germani auch aktiv bei den Sommerkursen in Siena mitzuwirken.
1963 bis 1969 hatte Groß einen Lehrauftrag als Dozent an der Pädagogischen Hochschule
in Braunschweig; es folgte 1969 ein Lehrauftrag für Orgelliteraturspiel und Orgelimprovisation an der Westfälischen Landeskirchenmusikschule in Herford. Für seine Tätigkeit als
Kantor an St. Katharinen, in deren Rahmen er zahlreiche Oratorien-, Chor- und Orgelkonzerte veranstaltete, sowie für seine Tätigkeit als konzertierender Organist und Interpret in Rundfunk-, Fernseh- und Plattenaufnahmen erhielt er 1966 den Förderpreis für
Musik der Niedersächsischen Landesregierung. Immer wieder führten ihn Tourneen auch
ins Ausland, vor allem in die USA, die er als ausübender Musiker und Referent bei Orgelmeisterkursen sehr häufig bereist hat.
1976 wechselte Groß aus dem Kantorat in Braunschweig als Nachfolger Prof. Dr. Wilhelm
Ehmanns nach Herford und übernahm die Leitung der Westfälischen Landeskirchenmusikschule; im selben Jahr wurde Groß zum Kirchenmusikdirektor ernannt. Er engagierte
sich erfolgreich für die Ersetzung der alten Aula des Instituts durch den heute sich in das
Gebäudeensemble einfügenden Neubau mit Kapelle. Die erforderlichen Maßnahmen wurden 1985 abgeschlossen, der von Groß initiierte Bau der heutigen Aulaorgel 1991.
Es war ihm ein besonderes Anliegen, gemeinsam mit seinem Stellvertreter und Studienleiter Pfr. Lebrecht Schilling die Kontakte zwischen den Kirchenmusikschulen in Herford
und in Halle/Saale zu pflegen, was sich angesichts der Teilung Deutschlands in die Deutsche Demokratische Republik und die Bundesrepublik Deutschland oft sehr schwierig gestaltete. Diese Aktivitäten erreichten ihren Höhepunkt mit dem Besuch des gesamten
Instituts für Kirchenmusik aus Halle in Herford im Sommer 1988. Für seinen Einsatz für
die Annäherung der beiden Teile Deutschlands wurde Groß 1995 mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande geehrt.
1991 wurde die Westfälische Landeskirchenmusikschule in die Hochschule für Kirchenmusik der Evangelischen Kirche von Westfalen umgewandelt, als deren erster Rektor UweKarsten Groß als Professor für Orgelliteraturspiel und Orgelimprovisation fungierte. 1994
ging er in den Ruhestand und übersiedelte wieder nach Braunschweig, die Stadt, die ihm
im Laufe seines Berufswegs am meisten ans Herz gewachsen war.
Durch seine Konzerte und Orgel-CDs war Groß noch weit über seinen achtzigsten Geburtstag hinaus im Musikleben präsent, zusätzlich auch durch Rezensionen in Fachzeitschriften sowie als Herausgeber zeitgenössischer Orgelmusik. Galt sein Hauptaugenmerk
zuerst vor allem der Neuen Musik für Orgel und ganz besonders dem Schaffen Zoltán
Gárdonyis sowie dem seines Sohnes Zsolt, so konzentrierte sich Groß in den Jahren nach
2000 mehr auf Jazzkompositionen für Orgel, die er in der Reihe Jazz Inspirations for Organ im Bärenreiter-Verlag edierte.
Während seiner letzten Lebensjahre intensivierte Uwe-Karsten Groß seinen Einsatz dafür,
das Schaffen seines Vaters einem größeren Publikum zugänglich zu machen. Dieses Engagement führte 2003/04 zu einer Ausstellung des Kreismuseums Oberhavel, zur Rückführung der von Wilhelm Groß geschaffenen Monumentalskulptur „Christus in Gethsemane“ von Utrecht nach Oranienburg sowie zu einer Ausstellung mit Werken Wilhelm Groß’
im Oranienburger Schloss im Winter 2013/14.
Uwe-Karsten Groß verstarb nach schwerer Krankheit am 17. 10. 2015, kurz nach seinem
85. Geburtstag, in Braunschweig im Kreis seiner Familie.
Helmut Fleinghaus