Umgang mit und Irritation durch Vielfalt

Interkulturelle Kommunikation Umgang mit und
Irritation durch Vielfalt
Schritte auf dem Weg zu einer
inklusiveren Gesellschaft?!
Sozialreferat München, 15.11.1011
Prof. Dr. Kerstin Merz-Atalik
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1. Inklusion?!
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0. Beispielhaft für Inklusion ?!
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0. Gliederung
1. Inklusion, was versteht man darunter?
Vielfalt als Bereicherung + Prozess + Menschenrecht
1. Interkulturelle Kommunikation und Inklusion?
•Die „Beschwörung“ interkultureller Differenzen
•Kulturelle Codes (von Behinderung)
•Generalisierte Fremdheitserwartungen
•Reflexion der eigenen kulturellen Schablonen
1. „Es sind nicht die Dinge die uns beunruhigen, sondern
unsere Meinung über die Dinge!“
•Schritte auf dem Weg in eine inklusive Gesellschaft
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1. Was ist „Inklusion“
Wikipedia: Stufen schulischer Integration
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1. Inklusion?!
• Inklusion versteht die Verschiedenheit und
Einzigartigkeit von Menschen in Fähigkeiten,
Kompetenzen, Begabungen, Überzeugungen, sozialen oder
regionalen Hintergründen sowie Formen des Lebens von
Individuen oder Gruppen in der Gesellschaft als
bereichernde Vielfalt und versucht sie aktiv zu nutzen.
• Inklusion beschreibt das Ziel der Berücksichtigung von
Vielfalt und Differenz in einer Kultur der Zugehörigkeit, in
der alle Menschen Wertschätzung und Anerkennung
erfahren und gleichberechtigt in die Gegenwart und
Zukunft der Gesellschaft eingebunden werden.
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1. Inklusion?!
• Inklusion beschreibt Haltungen, Praktiken und
Verhaltensweisen, die die Anerkennung von Vielfalt
unabhängig von individuellen und von gruppenbezogenen
Identitäten fördert, ohne dadurch die Chancen und
Möglichkeiten der Zugehörigkeit und Teilhabe zu
limitieren.
• Inklusion verfolgt das Ziel, das Menschenrecht einzelner
Personen auf Teilhabe am Leben in allen
gesellschaftlichen Bereichen zu etablieren (vgl. MontagStiftung), zu qualifizieren und zu sichern.
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1. Inklusion?!
• Inklusion ist kein einmal zu erreichendes,
abgeschlossenes Ergebnis, sondern ein fortschreitender
Prozess.
• Inklusion umfasst alle Lebensbereiche von allen
Menschen.
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1. Inklusion!
Inklusion bedeutet ...
•...nicht die Angleichung der Minorität an eine Majorität, deren Lebensform universelle Gültigkeit zugesprochen wird (vgl. Prengel 1995).
•...nicht den Wechsel vom Status ”Behinderter” zum Status
”Nichtbehinderter” (Markowetz 1997, 194) bzw. vom Status „Migrant“
zum Status „Inländer“.
Inklusion...
•...ist vielmehr ein ”gegenseitiger psychosozialer Annäherungs- und
Lernprozeß” (Kobi 1990, 58) und kann nur in einem homöostatischen,
labilen Fließgleichgewicht ...
•über die Annäherung der diversen Existenzen in einer ”solidarischen
Kultur des Miteinander aller” (Begemann, 1993, 153) verwirklicht
werden.
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Die UN-Behindertenrechtskonvention
Präambel
v) ...in der Erkenntnis, wie wichtig es ist, dass Menschen mit
Behinderungen vollen Zugang zur physischen, sozialen,
wirtschaftlichen und kulturellen Umwelt, zu Gesundheit
und Bildung sowie zu Information und Kommunikation
haben, damit sie alle Menschenrechte und Grundfreiheiten
voll genießen können, ...
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Die UN-Behindertenrechtskonvention
Artikel 4 Allgemeine Verpflichtungen
(1) Die Vertragsstaaten verpflichten sich, die volle
Verwirklichung aller Menschenrechte und Grundfreiheiten für alle Menschen mit Behinderungen ohne jede
Diskriminierung aufgrund von Behinderung zu gewährleisten und zu fördern. Zu diesem Zweck verpflichten sich
die Vertragsstaaten,
a) alle geeigneten Gesetzgebungs-, Verwaltungs- und
sonstigen Maßnahmen zur Umsetzung der in diesem
Übereinkommen anerkannten Rechte zu treffen;
b) alle geeigneten Maßnahmen einschließlich
gesetzgeberischer Maßnahmen zur Änderung oder
Aufhebung bestehender Gesetze, Verordnungen,
Gepflogenheiten und Praktiken zu treffen, die eine
Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen
darstellen; ... Prof. Dr. Kerstin Merz-Atalik
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2. Interkulturelle
Kommunikation und Inklusion?
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2.1 „Beschwörung“ kultureller Differenz
“ Kultur ist ein verworrenes Set von Einstellungen, Grundsätzen, Verhaltensnormen,
Grundannahmen und Werten das von einer
Gruppe geteilt wird und das Verhalten der
einzelnen Gruppenmitglieder als auch die
Interpretationen jedes Gruppenmitgliedes zu
der Bedeutung des Verhaltens anderer
Personen beeinflusst. “
(Spencer-Oatey, 2004).
„Culture is a fuzzy set of attitudes, beliefs, behavioral conventions,
and basic assumptions and values that are shared by a group of
people, and that influence each member´s behaviour and each
member´s interpretations of the `meaning´ of other people´s
behaviour.“
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2.1 Interkulturelle Differenzen?
Das Zwiebelmodell von Kultur
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Manifestation von Kultur auf diversen
Ebenen der Tiefe (Spencer-Oatey, 2005)
•
Artefakte, Produkte, Rituale und
Verhaltensweisen, (Gestik, Zeremonien,
Traditionen, Folklore, Kleidung, etc.)
•
Systeme und Institutionen (z.B.
Bildungssystem, Regierungsformen,
Recht und Ordnung)
•
Normen, Attitüden und Grundsätze (z.B.
religiöse und moralische Überzeugungen,
Vorstellungen von „Höflichkeit“, oder
unhöflichem Verhalten, ...)
•
Grundlegende Annahmen und Werte
(Wahrung der Tradition, das Recht auf
persönliches Individualität, ...)
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Die 3 Ebenen der Einzigartigkeit
(Hofstede 2005)
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Dimensionen
des interkulturellen Vergleichs
Index für
• soziale Distanz,
• Maskulinität/Femininität,
• Individualismus/Kollektivismus,
• Risikobereitschaft/Unsicherheitsvermeidung,
• Langzeitorientierung
• Etc.
(nach Hofstede)
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Vielfalt und Transkulturalität
Kulturen als abgrenzbare Kugeln?
Multikulti als Nebeneinander?
Transkulturelle Prozesse?
Diversity und Vielfalt!
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2.2 Der Culture Code von Behinderung?
„Behinderung kann als naturwüchsig entstandenes
Phänomen betrachtet werden. Sie wird sichtbar und damit
als Behinderung erst existent, wenn Merkmale und
Merkmalskomplexe eines Individuums aufgrund sozialer
Interaktion und Kommunikation in Bezug gesetzt werden zu
gesellschaftlichen Minimalvorstellungen über individuelle
und soziale Fähigkeiten. Indem festgestellt wird, daß ein
Individuum aufgrund seiner Merkmals-ausprägung diesen
Vorstellungen nicht entspricht, wird Behinderung
offensichtlich, sie existiert als Gegenstand erst von diesem
Augenblick an.“ (Jantzen 1992, 18)
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Interkulturelle Kommunikation
Culture is “the collective programming of the mind
which distinguishes the members of one group or
category of people from another.” (Hofstede, 1997).
Awareness
Cognitive
knowledge
Skills
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4 Dimensionen von interkultureller
Kommunikation (Auernheimer 2005)
KollektivFremd-
erfahrunge
n
bilder
Kulturspezifische
Deutungs-
Macht-
muster
dimension
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Kommunikationsmodell
(Schulz von Thun)
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2.3 Fremdheitserwartungen
Culture abroad –
Ruth in Indien
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2.4 Reflexion der eigenen kulturellen
Schablonen
Gesundes Volksempfinden (Kemal Kurt)
„manche sind ausländer
....manche ausländerer
......manche am ausländersten
die sollen ihre siebensachen packen und dahin
gehen wo der kümmel wächst!“
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3. Schritte auf dem Weg in eine
inklusive(re) Gesellschaft
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3. Wege zur inklusiven Gesellschaft...
Level
Definition
1
•
Affirmative Action
2
•
Valuing Diversity
3
•
Managing Diversity
4
•
Inclusiveness
The model of four levels in diversity (A.M. Cummings)
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Inklusions- und Vielfaltsorientierung
Differenzperspektive
Inklusionsperspektive
• Kulturali-/ Ethnisierung
von Problemen
• Defizitorientierung
• Zwei-Gruppentheorie
• „Wir-Die-Gegensatz“
• Kollektive, generalisierte
Fremdheitskonzepte
• Ausgrenzung und
Separation
• ...
• Realisierung von
Potentialen
• Kompetenzorientierung
• Diversity-Konzept
• Größeres Wir: Der Mensch
• Erkenntnis: Fremdheit ist
ein Konstrukt
• Partizipation und
Inklusion
• ...
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„Es sind nicht die Dinge, die uns beunruhigen, sondern
unsere Meinung über die Dinge. (Seneca).“
Eschers „Relativität“ in Lego.
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Relevante Literatur
Auernheimer, Georg (Hg.)(2002): Interkulturelle Kompetenz und pädagogische Professionalität. Opladen
Auernheimer, G. (2002): Interkulturelle Kompetenz – ein neues Element pädagogischer Professionalität?
In: Auernheimer, Georg (Hrsg.): Interkulturelle Kompetenz und pädagogische Professionalität. Opladen,
183–205.
Griese, H.M. (2005): Was kommt nach der Interkulturellen Pädagogik? In: Datta, A. (Hrsg.):
Transkulturalität und Identität. Bildungsprozesse zwischen Exklusion und Inklusion. Frankfurt am Main,
London, 11-28.
Hecht- El Minashawi, Beatrice (2003): Interkulturelle Kompetenz - For a better understanding. Beltz:
Weinheim
Hecht- El Minashawi, Beatrice (2007): Diversity-Kompetenz durch Auditierung. Kultur-Struktur-Strategie.
IKO Verlag: Frankfurt, London
Hofsteede, Geert (2006): Lokales Denken, globales Handeln - Interkulturelle Zusammenarbeit und
globales Management. Beck
Merz-Atalik, Kerstin (2008): Begleitung und Beratung von Familien mit Migrationshintergrund - Aspekte
der Kommunikation in inter- und transkulturellen Situationen. In: Sonderpädagogische Förderung, Heft 1,
22-38
Merz-Atalik, K. (2006): Armut und Migration – Substrate für Bildungsbenachteiligung. In: Behinderte in
Familie, Schule und Gesellschaft 29, 1, 56–67.
Montag-Stiftung Jugend und Gesellschaft (Hg.): Kommunaler Index für Inklusion. Arbeitsbuch :
www.kommunen-und-inklusion.de
Spencer-Oatey, Helen (2000): Culturally speaking: Managing rapport through talk across cultures.
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