Rechtswissenschaftliches Institut Strafrecht Besonderer Teil II Herbstsemester 2015 Prof. Dr. Daniel Jositsch Rämistrasse 74/25 8001 Zürich Tel.: 044 634 44 45 [email protected] 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 1 Rechtswissenschaftliches Institut Inhalt Besonderer Teil II I. Strafbare Handlungen gegen das Vermögen (Art. 137–151, 156, 158, 160, 172ter) II. Urkundendelikte (Art. 251–257) III. Kriminelle Organisation (Art. 260ter) IV. Delikte gegen die Rechtspflege (Art. 303–311) V. Delikte gegen die Amts- und Berufspflicht (Art. 317-317bis) VI. Einziehungsrecht (Art. 69-73) VII. Strafbarkeit des Unternehmens (Art. 102) 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 2 Vorlesungsprogramm Besonderer Teil II Lektion Datum Inhalt 1 Di 15.09. 2 Di 22.09. Aneignungsdelikte (Art. 138, 139) 3 Di 29.09. Aneignungsdelikte (Art. 139, 140) und mit Aneignungsdelikten verwandtes Delikt (Art. 141) 4 Di 06.10. Mit Aneignungsdelikten verwandte Delikte (Art. 141-143bis), Sachbeschädigung (Art. 144) 5 Di 13.10. Mit Sachbeschädigung verwandte Delikte (Art. 144bis, 145), Betrug (Art. 146) 6 Di 20.10. Mit Betrug verwandte Delikte (Art. 151, 147-150bis) 7 Di 27.10. Erpressung (Art. 156), Ungetreue Geschäftsbesorgung (Art. 158), Hehlerei (Art. 160) 8 Di 03.11. Hehlerei (Art. 160), Urkundenbegriff (Art. 110 Abs. 4 und 5), Urkundenfälschung (Art. 251) 9 Di 10.11. Urkundendelikte (Art. 252-254, 256, 257), Kriminelle Organisation (Art. 260ter) 10 Di 17.11. Kriminelle Organisation (Art. 260ter), Falsche Anschuldigung (Art. 303), Irreführung der Rechtspflege (Art. 304), Falsche Beweisaussage (Art. 306) 11 Di 24.11. Falsches Zeugnis. Falsches Gutachten. Falsche Übersetzung (Art. 307), Strafmilderung (Art. 308), Verwaltungssachen und Verfahren vor internat. Gerichten (Art. 309), Begünstigung (Art. 305), Geldwäscherei (Art. 305bis) 12 Di 01.12. Geldwäscherei (Art. 305bis), Mangelnde Sorgfalt bei Finanzgeschäften und Melderecht (Art. 305 ter) 13 Di 08.12. Befreiung von Gefangenen (Art. 310), Meuterei von Gefangenen (Art. 311), Urkundenfälschung im Amt (Art. 317), Nicht strafbare Handlungen (Art. 317bis), Einziehungsrecht (Art. 69) 14 Di 15.12. Einziehungsrecht (Art. 70-73, 135 Abs. 2, 197 Abs. 6), Strafbarkeit des Unternehmens (Art. 102) Rechtswissenschaftliches Institut Überblick Vermögensdelikte, Aneignungsdelikte (Art. 137, 138) 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 3 Rechtswissenschaftliches Institut Literatur Grundsätzliche Literatur: Zürcher Grundriss des Strafrechts: Andreas Donatsch/Brigitte Tag, Strafrecht I, 9. Aufl., Zürich/Basel/Genf 2013. Christian Schwarzenegger/Markus Hug/Daniel Jositsch, Strafrecht II, 8. Aufl., Zürich/Basel/Genf 2007. Andreas Donatsch, Strafrecht III, 10. Aufl., Zürich/Basel/Genf 2013. Andreas Donatsch/Wolfgang Wohlers, Strafrecht IV, 4. Aufl., Zürich/Basel/Genf 2011. Ergänzende Literatur: Andreas Eckert/Stefan Flachsmann/Bernhard Isenring, Tafeln zum Strafrecht. Besonderer Teil I, 5. Aufl., Zürich/Basel/Genf 2012. Andreas Eckert/Stefan Flachsmann/Bernhard Isenring/Nathan Landshut, Tafeln zum Strafrecht. Besonderer Teil II, 3. Aufl., Zürich/Basel/Genf 2006. Alternative Literatur: Günter Stratenwerth/Guido Jenny, Schweizerisches Strafrecht. Besonderer Teil I, 7. Aufl., Bern 2010. Günter Stratenwerth/Felix Bommer, Schweizerisches Strafrecht. Besonderer Teil II, 7. Aufl., Bern 2013. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 4 Rechtswissenschaftliches Institut Besonderer Teil II Lektion 1: Überblick Vermögensdelikte Aneignungsdelikte 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 5 Rechtswissenschaftliches Institut I. Strafbare Handlungen gegen das Vermögen Aneignungsdelikte (Art. 137-140) und verwandte Delikte (Art. 141-143bis) Sachbeschädigung (Art. 144) und verwandte Delikte (Art. 144bis und 145) Betrug (Art. 146) und mit Betrug verwandte Delikte (Art. 147-155) Erpressung (Art. 156) Ungetreue Geschäftsbesorgung (Art. 158) Hehlerei (Art. 160) Geringfügige Vermögensdelikte (Art. 172ter) 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 6 Rechtswissenschaftliches Institut Vermögensdelikte Strafbare Handlungen gegen das Vermögen: 2. Titel Gemeinsamkeiten: Schutz Vermögen allgemein also vor Entzug Eingriff (freie Dispositions- und Herrschaftsmacht) Beschädigung, Zerstörung Gefährdung Wirtschaftlich-juristischer Vermögensbegriff: Summe aller geldwerter Güter, die dem Inhaber von Rechts wegen zustehen Kategorien: schwer zu bilden unterschiedliche Delikte 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 7 Rechtswissenschaftliches Institut Geringfügige Vermögensdelikte (172ter) 1 Richtet sich die Tat nur auf einen geringen Vermögenswert oder auf einen geringen Schaden, so wird der Täter, auf Antrag, mit Busse bestraft. 2 Diese Vorschrift gilt nicht bei qualifiziertem Diebstahl (Art. 139 Ziff. 2 und 3), bei Raub und Erpressung. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 8 Rechtswissenschaftliches Institut Übersicht: Aneignungsdelikte (Art. 137-140) und verwandte Delikte (Art. 141-143bis) Unrechtmässige Aneignung (Art. 137) Veruntreuung (Art. 138) Diebstahl (Art. 139) Raub (Art. 140) Sachentziehung (Art. 141) Unrechtmässige Verwendung von Vermögenswerten (Art. 141bis) Unrechtmässige Entziehung von Energie (Art. 142) Unbefugte Datenbeschaffung (Art. 143) Unbefugtes Eindringen in ein Datenverarbeitungssystem (Art. 143bis) 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 9 Rechtswissenschaftliches Institut Unrechtmässige Aneignung 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 10 Rechtswissenschaftliches Institut Unrechtmässige Aneignung (Art. 137) 1. Wer sich eine fremde bewegliche Sache aneignet, um sich oder einen anderen damit unrechtmässig zu bereichern, wird, wenn nicht die besonderen Voraussetzungen der Artikel 138 – 140 zutreffen, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. 2. Hat der Täter die Sache gefunden oder ist sie ihm ohne seinen Willen zugekommen, handelt er ohne Bereicherungsabsicht oder handelt er zum Nachteil eines Angehörigen oder Familiengenossen, so wird die Tat nur auf Antrag verfolgt. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 11 Rechtswissenschaftliches Institut Unrechtmässige Aneignung (Art. 137) Objektiver Tatbestand Täter: Jedermann Tatobjekt: fremde bewegliche Sache Tathandlung: Aneignung = dauernde Enteignung + mindestens vorübergehende Zueignung Subjektiver Tatbestand Vorsatz Bereicherungsabsicht + Negative Voraussetzungen 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 12 Rechtswissenschaftliches Institut Unrechtmässige Aneignung (Art. 137) Tatobjekt Nur körperlicher Gegenstand: Keine Forderungen oder Rechte Wertpapiere Beweglich: kein Grundstück Fremd: Gemäss Zivilrecht nicht im Alleineigentum des Täter Mit- oder Gesamteigentum genügt 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 13 Rechtswissenschaftliches Institut Unrechtmässige Aneignung (Art. 137) Tathandlung Aneignen: Substanztheorie: wie ein Eigentümer über Sache verfügen Sachwerttheorie: über Sache mit Wert verfügen Dauernde Enteignung Zueignung: Mind. vorübergehend I.d.R. wirtschaftlicher Nutzen Täter will Gegenstand von Anfang an zurückgeben nicht Art. 137, ausser der Gegenstand verliert durch den Gebrauch an Wert 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 14 Rechtswissenschaftliches Institut Unrechtmässige Aneignung (Art. 137 Ziff. 1): Subjektiver Tatbestand Vorsatz Absicht: unrechtmässige Bereicherung: Bereicherung: wirtschaftliche Besserstellung Neben Substanz- auch Gebrauchswert Absicht auf rein ideellen Wert genügt nicht Blosser Beweiswert genügt nicht Sich oder Dritten Unrechtmässig: keinen Rechtsanspruch Eventualabsicht genügt 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 15 Rechtswissenschaftliches Institut Unrechtmässige Aneignung (Art. 137) Negative Voraussetzungen (Art. 138-140 nicht erfüllt) Gegenstand wird weder anvertraut noch gestohlen oder geraubt: Täter fasst erst nach Wegnahme Entschluss zur Aneignung Aneignung von Sachen, bei denen Eigentümer keine Herrschaftsmacht mehr hat Aneignung von Sachen eines Verstorbenen, bevor neuer Gewahrsam begründet wird Täter, der Handreichungen an oder mit Gegenstand vornimmt, ohne dass diese anvertraut sind, eignet sie an 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 16 Rechtswissenschaftliches Institut Unrechtmässige Aneignung (Art. 137 Ziff. 2) 2. Hat der Täter die Sache gefunden oder ist sie ihm ohne seinen Willen zugekommen, handelt er ohne Bereicherungsabsicht oder handelt er zum Nachteil eines Angehörigen oder Familiengenossen, so wird die Tat nur auf Antrag verfolgt. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 17 Rechtswissenschaftliches Institut Begriffe Angehörige und Familiengenossen (Art. 110 Abs. 1 und 2) 1 Angehörige einer Person sind ihr Ehegatte, ihre eingetragene Partnerin oder ihr eingetragener Partner, ihre Verwandten gerader Linie, ihre vollbürtigen und halbbürtigen Geschwister, ihre Adoptiveltern, ihre Adoptivgeschwister und Adoptivkinder. 2 Familiengenossen sind Personen, die in gemeinsamem Haushalt leben. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 18 Rechtswissenschaftliches Institut Fall 1 Berta arbeitet ganztags als Köchin in einem kleinen Café. Für das Mittagessen werden ihr von der Arbeitgeberin monatlich CHF 180 vom Lohn abgezogen. Da Berta diesen Betrag in Anbetracht der von ihr konsumierten Lebensmittel für zu hoch hält, steckt sie eines Abends Lebensmittel im Gesamtwert von ca. CHF 15 in ihre Tasche und verlässt damit den Arbeitsplatz. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 19 Rechtswissenschaftliches Institut Fall 2 Anna versucht mit Ihrer Bankkarte am Bancomaten Geld zu beziehen. Obwohl sie die Karte eingeführt und den Code eingegeben hat, kommen die erwünschten CHF 1000 nicht aus dem Automaten heraus. Minuten später und nachdem Anna den Bancomaten verlassen hat, erfolgt die Geldherausgabe dennoch. Gerd, der zufällig an den Bancomaten geht, steckt das Geld ein und macht sich davon. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 20 Rechtswissenschaftliches Institut Veruntreuung 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 21 Rechtswissenschaftliches Institut Veruntreuung (Art. 138 Ziff. 1) 1. Wer sich eine ihm anvertraute fremde bewegliche Sache aneignet, um sich oder einen andern damit unrechtmässig zu bereichern, wer ihm anvertraute Vermögenswerte unrechtmässig in seinem oder eines anderen Nutzen verwendet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft. Die Veruntreuung zum Nachteil eines Angehörigen oder Familiengenossen wird nur auf Antrag verfolgt. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 22 Rechtswissenschaftliches Institut Veruntreuung (Art. 138 Ziff. 1) Deliktsaufbau: Veruntreuung fremder beweglicher Sachen (Art. 138 Ziff. 1 Abs. 1) 25.06.2015 Veruntreuung anvertrauter Vermögenswerte (Art. 138 Ziff. 1 Abs. 2) Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 23 Rechtswissenschaftliches Institut Veruntreuung fremder beweglicher Sachen (Art. 138 Ziff. 1 Abs. 1) Objektiver Tatbestand Täter: Jedermann, dem Sache anvertraut wird Tatobjekt: Anvertraute fremde, bewegliche Sache Tathandlung: Aneignung = dauernde Enteignung + mindestens vorübergehende Zueignung Subjektiver Tatbestand Vorsatz Bereicherungsabsicht 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 24 Rechtswissenschaftliches Institut Veruntreuung fremder beweglicher Sachen (Art. 138 Ziff. 1 Abs. 1) Anvertrauen: Täter empfängt Sache mit der Verpflichtung, sie in bestimmter Weise im Interesse eines anderen zu verwenden Verwahren Verwalten Abliefern Verwendung gemäss Weisungen: ausdrücklich oder stillschweigend 2 Voraussetzungen: 1. Berechtigter gibt Gewahrsam vollumfänglich auf und räumt ihn dem Täter ein 2. Gewahrsam wurde Täter aufgrund seiner Pflicht zur Eigentumserhaltung übertragen 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 25 Rechtswissenschaftliches Institut Veruntreuung fremder beweglicher Sachen (Art. 138 Ziff. 1 Abs. 1) Objektiver Tatbestand Täter: Jedermann, dem Sache anvertraut wird Tatobjekt: Anvertraute fremde, bewegliche Sache Tathandlung: Aneignung = dauernde Enteignung + mindestens vorübergehende Zueignung Subjektiver Tatbestand Vorsatz Bereicherungsabsicht 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 26 Rechtswissenschaftliches Institut Veruntreuung anvertrauter Vermögenswerte (Art. 138 Ziff. 1 Abs. 2) Deliktsaufbau: Veruntreuung fremder beweglicher Sachen (Art. 138 Ziff. 1 Abs. 1) Individuell bestimmte (unvertretbare) bewegliche Sache 25.06.2015 Veruntreuung anvertrauter Vermögenswerte (Art. 138 Ziff. 1 Abs. 2) Vertretbare bewegliche Sache Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Forderungen Seite 27 Rechtswissenschaftliches Institut Veruntreuung anvertrauter Vermögenswerte (Art. 138 Ziff. 1 Abs. 2) Objektiver Tatbestand Täter: Jedermann, dem Vermögenswert anvertraut ist Tatobjekt: Anvertraute unvertretbare, bewegliche Sache Vertretbare, bewegliche Sache Anvertrautes Guthaben Tathandlung: Vereitelung eines obligatorischen Anspruchs des Anvertrauenden auf das Tatobjekt Subjektiver Tatbestand Vorsatz Bereicherungsabsicht (obwohl nicht explizit erwähnt) 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 28 Rechtswissenschaftliches Institut Veruntreuung anvertrauter Vermögenswerte (Art. 138 Ziff. 1 Abs. 2) Anvertraute unvertretbare, bewegliche Sache: Vertragliche Vereinbarung, dass individuell bestimmte Sache vorübergehend in Eigentum Täter übergeht; für Treuhänder bleibt Sache wirtschaftlich fremd: Fiduziarische Übertragung als Sicherheit Treuhänder erwirbt im eigenen Namen, aber auf Rechnung eines anderen Tathandlung besteht in unrechtmässiger Verwendung: Täter verfügt vereinbarungswidrig und setzt sich so ausser Stande, obligatorischen Anspruch zu erfüllen (verkaufen, verschenken, verpfänden etc.) 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 29 Rechtswissenschaftliches Institut Besonderer Teil II Lektion 2: Aneignungsdelikte 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 30 Rechtswissenschaftliches Institut I. Strafbare Handlungen gegen das Vermögen Aneignungsdelikte (Art. 137-140) und verwandte Delikte (Art. 141-143bis) Sachbeschädigung (Art. 144) und verwandte Delikte (Art. 144bis und 145) Betrug (Art. 146) und mit Betrug verwandte Delikte (Art. 147-155) Erpressung (Art. 156) Ungetreue Geschäftsbesorgung (Art. 158) Hehlerei (Art. 160) Geringfügige Vermögensdelikte (Art. 172ter) 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 31 Rechtswissenschaftliches Institut Veruntreuung anvertrauter Vermögenswerte (Art. 138 Ziff. 1 Abs. 2) Deliktsaufbau: Veruntreuung fremder beweglicher Sachen (Art. 138 Ziff. 1 Abs. 1) Individuell bestimmte (unvertretbare) bewegliche Sache 25.06.2015 Veruntreuung anvertrauter Vermögenswerte (Art. 138 Ziff. 1 Abs. 2) Vertretbare bewegliche Sache Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Forderungen Seite 32 Rechtswissenschaftliches Institut Veruntreuung anvertrauter Vermögenswerte (Art. 138 Ziff. 1 Abs. 2) Vertretbare, bewegliche Sache: Anvertraut: Vertragliche Verpflichtung, vertretbare Sachen im Sinn des Treugebers zu verwenden Pflicht: nicht Sache sondern Wert zu erhalten Voraussetzungen: 1. Treugeber gibt sein Eigentum vollständig zugunsten Täter auf 2. Täter hat Eigentum aufgrund Werterhaltungspflicht kein Anvertrautsein Mit Tathandlung manifestiert Täter Willen, obligatorischen Anspruch Treugeber zu vereiteln 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 33 Rechtswissenschaftliches Institut Veruntreuung anvertrauter Vermögenswerte (Art. 138 Ziff. 1 Abs. 2) Anvertrautes Guthaben: Forderungen: in der Regel Buchgeld Anvertrauen: gesetzliche oder vertragliche Pflicht, Wert am Guthaben zu erhalten Täter hat Vollmacht auf Konto Tathandlung: pflichtwidriges Abdisponieren, unabhängig, ob Ersatzbetrag durch Täter bereitsteht und entsprechender Wille vorhanden ist Täter nimmt auf seinem Konto Gelder für Treugeber oder Drittperson an Tathandlung: verfügen wie vertretbare Sachen 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 34 Rechtswissenschaftliches Institut Veruntreuung (Art. 138) Teilnahme Art. 137 ist Auffangtatbestand zu Art. 138 Ziff. 1 Abs. 1: Mittäter und Teilnehmer gem. Art. 137 bestrafen Art. 137 ist nicht Auffangtatbestand zu Art. 138 Ziff. 1 Abs. 2, da keine fremden beweglichen Sachen: echtes Sonderdelikt und Mittäter resp. Teilnehmer als Teilnehmer gemäss 138 Ziff. 1 Abs. 2 bestrafen Qualifizierter Tatbestand (Art. 138 Ziff. 2): Täter wird aufgrund seiner z.T. amtlichen Position mehr Vertrauen entgegen gebrach Privilegierter Tatbestand (Art. 138 Ziff. 1 Abs. 3): zum Nachteil Angehöriger oder Familiengenosse 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 35 Rechtswissenschaftliches Institut Fall 3 X, Finanzchef der F. AG und zugleich Verantwortlicher für die Vermögensverwaltung der Pensionskassen der Mediengruppe, transferierte insgesamt 5,3 Mio. Fr. aus Wohlfahrts- und Vorsorgestiftungen sowie Pensionskassen auf das Konto seiner eigenen Firma. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 36 Rechtswissenschaftliches Institut Fall 4 Hans gewährt dem Theo ein Darlehen über CHF 10'000 ohne bestimmten Verwendungszweck. Hans geht zwar davon aus, dass Theo das Geld in seinen zur Zeit nicht rentierenden Betrieb investiert. Entsprechende Vereinbarungen wurden jedoch nicht getroffen. Tatsächlich verprasst Theo das Geld in einem Nachtclub und kann das Darlehen nicht innert der vereinbarten Frist zurückzahlen. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 37 Rechtswissenschaftliches Institut Fall 5 Ein Brautpaar vereinbart mit einem Detailhändler, dass die Angehörigen des Brautpaars aus einem Katalog des Detailhändlers Hochzeitsgeschenke aussuchen können (Wunschliste). Die Geschenke sind vorzubezahlen und sollen anlässlich der Hochzeit an das Brautpaar übergeben werden. Der Detailhändler ist am besagten Termin nicht in der Lage, die Geschenke zu liefern und verfügt auch nicht mehr über das Geld. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 38 Rechtswissenschaftliches Institut Fall 6 Gemeinderat Peter ist laut Gemeindereglement verpflichtet, Tantiemen, die er als Verwaltungsrat einnimmt, an die Gemeinde weiterzuleitet. Als ihm aus einem Mandat eine solche Vergütung zukommt, behält Peter diese für sich. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 39 Rechtswissenschaftliches Institut Diebstahl 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 40 Rechtswissenschaftliches Institut Fall 7 Bettina verlässt nach dem Mittagessen die Mensa und vergisst dort ihr Lehrbuch. Theo entdeckt das Lehrbuch auf dem leeren Nebentisch und ergreift es. Nach wenigen Minuten erinnert sich Bettina an das Lehrbuch, kehrt zurück und entdeckt es bei Theo. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 41 Rechtswissenschaftliches Institut Diebstahl (Art. 139 Ziff. 1) 1. Wer jemandem eine fremde bewegliche Sache zur Aneignung wegnimmt, um sich oder einen anderen damit unrechtmässig zu bereichern, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 42 Rechtswissenschaftliches Institut Diebstahl (Art. 139 Ziff. 1) Objektiver Tatbestand Täter: Jedermann Tatobjekt: Fremde, bewegliche Sache Tathandlung: Wegnahme = Bruch fremden Gewahrsams + Begründung eigenen Gewahrsams Gewahrsam = Herrschaftsmöglichkeit & Herrschaftswille 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 43 Rechtswissenschaftliches Institut Diebstahl (Art. 139 Ziff. 1) Tathandlung «wegnimmt»: = Bruch fremden Gewahrsams + Begründung eigenen Gewahrsams Gewahrsam = 1.Herrschaftsmöglichkeit: Physisch reale Möglichkeit der Einwirkung Kenntnis, wo sich Sache befindet Sache in räumlich abgegrenztem Zugriffsbereich und feststellbar, wo sich Sache befindet Gewahrsam gegeben Kenntnis über Standort der Sache, in unmittelbarer Nähe Inhaber oder besondere Sicherungsmassnahme gelockerter Gewahrsam Gewahrsam kann sich nach sozialen Regeln ergeben Vergessene Sachen Gewahrsam bleibt, wenn Inhaber weiss bzw. sich bald erinnert, wo sie sich befindet 2.Herrschaftswille: Inhaber will Sache beherrschen 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 44 Rechtswissenschaftliches Institut Diebstahl (Art. 139 Ziff. 1) Tathandlung «wegnimmt»: = Bruch fremden Gewahrsams + Begründung eigenen Gewahrsams Bruch Gewahrsam: Handeln gegen Willen Inhaber Auch Mitinhaber kann Gewahrsam brechen Begründung Gewahrsam durch Dieb: Neuer Gewahrsam Dieb oder Dritter Vollendet: Moment, in dem nach Lebenserfahrung und normalem Lauf der Dinge alleinige Einwirkungsmöglichkeit 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 45 Rechtswissenschaftliches Institut Diebstahl (Art. 139 Ziff. 1) Subjektiver Tatbestand Vorsatz Aneignungsabsicht Unrechtmässige Bereicherungsabsicht 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 46 Rechtswissenschaftliches Institut Diebstahl (Art. 139 Ziff. 2-4) 2. Der Dieb wird mit Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren oder Geldstrafe nicht unter 90 Tagessätzen bestraft, wenn er gewerbsmässig stiehlt. 3. Der Dieb wird mit Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren oder Geldstrafe nicht unter 180 Tagessätzen bestraft, wenn er den Diebstahl als Mitglied einer Bande ausführt, die sich zur fortgesetzten Verübung von Raub oder Diebstahl zusammengefunden hat, wenn er zum Zweck des Diebstahls eine Schusswaffe oder eine andere gefährliche Waffe mit sich führt oder wenn er sonst wie durch die Art, wie er den Diebstahl begeht, seine besondere Gefährlichkeit offenbart. 4. Der Diebstahl zum Nachteil eines Angehörigen oder Familiengenossen wird nur auf Antrag verfolgt. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 47 Rechtswissenschaftliches Institut Diebstahl (Art. 139 Ziff. 2 und 3) Qualifikation: Gewerbsmässigkeit (Ziff. 2): Aufgewendete Zeit und Mitteln Häufigkeit und angestrebten Einkünften Bandenmässigkeit (Ziff. 3 Abs. 2): Persönliches Merkmal 2+ Täter Wille zur Verübung mehrerer Taten Wenn Bandenmässigkeit gegeben ist 1 Tat reicht aus 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 48 Rechtswissenschaftliches Institut Diebstahl (Art. 139 Ziff. 3 und 4) Qualifikation: Mitführen Waffe (Ziff. 3 Abs. 3): Verwendung nicht nötig, aber Mitführen zum Zweck Diebstahl Tatsächliche Verwendung: Raub (Art. 140) Waffe: dient nach objektiver Bestimmung zu Angriff oder Verteidigung Anderweitige besondere Gefährlichkeit (Ziff. 3 Abs. 4): Sachliches Merkmal Gefährlichkeit muss sich aus Tat ergeben Gefährlichkeit: verwegene, heimtückische, skrupellose Art Tatbegehung Privilegierung (Ziff. 4): Zum Nachteil Angehöriger bzw. Familiengenosse 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 49 Rechtswissenschaftliches Institut Fall 8 Polizeibeamter Meier nimmt anlässlich einer Hausdurchsuchung ein Notenbündel an sich und steckt es in die äussere Beintasche seines Anzuges. Er geht davon aus, das Notenbündel sei Eigentum eines Drogenhändlers. In Tat und Wahrheit stammt das Geld aus der Staatskasse und war zuvor von anderen Beamten im Haus versteckt worden, um Meier auf die Probe zu stellen. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 50 Rechtswissenschaftliches Institut Fall 9: Zürcher Sechseläuten-Böögg von Links-Aktivisten gestohlen ZÜRICH - Der Zürcher Sechseläuten-Böögg ist in der Nacht in Stäfa gestohlen worden. In einem Bekennerschreiben teilten die Aktivisten der "Revolutionären Bewegung 1. Mai - Strasse frei" mit, sie hätten ihn als Gefangenen genommen… Der Böögg wurde aus Wahrenbergers Garage in Stäfa zwischen 21 Uhr abends und 8 Uhr morgens gestohlen. Die Diebe schlugen eine Scheibe ein und öffneten das Garagentor. Sie transportierten den noch nicht fertiggestellten, gegen 100 Kilogramm schweren Böögg in Einzelteilen ab… Als Trost hätten sie einen Schoggi-Osterhasen zurückgelassen, schreiben die Diebe in ihrem an die Medien verschickten Schreiben. «Der Böögg hat die Schnauze voll, für die KapitalistInnen den Kopf hinzuhalten», heisst es darin weiter. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 51 Rechtswissenschaftliches Institut Besonderer Teil II Lektion 3: Aneignungsdelikte und verwandte Delikte 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 52 Rechtswissenschaftliches Institut I. Strafbare Handlungen gegen das Vermögen Aneignungsdelikte (Art. 137-140) und verwandte Delikte (Art. 141-143bis) Sachbeschädigung (Art. 144) und verwandte Delikte (Art. 144bis und 145) Betrug (Art. 146) und mit Betrug verwandte Delikte (Art. 147-155) Erpressung (Art. 156) Ungetreue Geschäftsbesorgung (Art. 158) Hehlerei (Art. 160) Geringfügige Vermögensdelikte (Art. 172ter) 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 53 Rechtswissenschaftliches Institut Diebstahl (Art. 139 Ziff. 1) Objektiver Tatbestand Täter: Jedermann Tatobjekt: Fremde, bewegliche Sache Tathandlung: Wegnahme = Bruch fremden Gewahrsams + Begründung eigenen Gewahrsams Gewahrsam = Herrschaftsmöglichkeit & Herrschaftswille Subjektiver Tatbestand Vorsatz Aneignungsabsicht Unrechtmässige Bereicherungsabsicht 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 54 Rechtswissenschaftliches Institut Fall 10 Theo entwendet seinem Zimmerkollegen dessen Bank- und Identitätskarte aus dem Portemonnaie. Er geht damit zur Bank und hebt am Schalter CHF 200 ab. Eine Woche später bezieht er weitere CHF 300. Anschliessend legt er die Bankkarte und die Identitätskarte zurück in die Brieftasche seines Zimmerkollegen. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 55 Rechtswissenschaftliches Institut Fall 11 Bruno behändigte in einer Telefonzelle das dort zuvor vom angetrunkenen Alex liegengelassene Portemonnaie. Als Alex beim anschliessenden Besuch des Restaurants «Bahnhof» die Konsumation bezahlen wollte, wurde er des Verlustes gewahr. Auch realisierte er in diesem Zeitpunkt, dass er im Restaurant «Waldrand» noch im Besitz des Geldbeutels gewesen war, da er damals seine Konsumation bezahlt hatte. Dagegen konnte er sich, als er später bei der Polizei vernommen wurde, nicht mehr daran erinnern, dass er die Telefonkabine aufgesucht hatte. Nach der verbindlichen Feststellung der Vorinstanz war der Grund dieser Erinnerungslücke einzig der übermässige Alkoholgenuss. Entsprechend erinnerte sich Alex anderntags, als er wieder nüchtern war, an seinen Aufenthalt in der Telefonkabine, nachdem die Polizei ihm gemeldet hatte, dass das Portemonnaie dort von Bruno behändigt worden sei. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 56 Rechtswissenschaftliches Institut Fall 12 Hans hat an verschiedenen Orten in Zürich gezielt ca. drei Tonnen am Strassenrand deponiertes Altpapier (Deliktsbetrag ca. CHF 350) behändigt, welches für die «Gemeinnützige Zürcher Papierabfuhr» bestimmt gewesen ist. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 57 Rechtswissenschaftliches Institut Fall 13 Sepp verfügt als Abwart-Stellvertreter des Hotels Aarauerhof über einen Passepartout, mit welchem er sich auch zum Getränkekeller Zutritt verschaffen kann. Er nimmt aus diesem unbefugterweise mehrmals teuren Whisky und Wein und versteckt die Falschen in einem Fach der Bar. Nach und nach konsumiert Sepp den Alkohol. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 58 Rechtswissenschaftliches Institut Fall 14 Sven bezieht für CHF 80 Benzin und bedient sich im Tankstellenshop mit Zigaretten für CHF 18. Nachdem er mit einer Hunderternote bezahlte und die Kassiererin ihm irrtümlicherweise CHF 72 herausgibt, fährt Sven im Wissen um das Missverständnis davon. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 59 Rechtswissenschaftliches Institut Raub 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 60 Rechtswissenschaftliches Institut Fall 15 Fünf Männer gelangen mit einem Trick in den Hof der Fraumünsterpost. Dort bedrohen sie Postbeamte, die gerade 70 Mio. Franken in ein Fahrzeug laden, mit Waffenattrappen. Sie laden 53 Mio. Franken in ihr Fahrzeug und machen sich davon. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 61 Rechtswissenschaftliches Institut Raub (Art. 140 Ziff. 1) 1. Wer mit Gewalt gegen eine Person oder unter Androhung gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben oder nachdem er den Betroffenen zum Widerstand unfähig gemacht hat, einen Diebstahl begeht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren oder Geldstrafe nicht unter 180 Tagessätzen bestraft. Wer, bei einem Diebstahl auf frischer Tat ertappt, Nötigungshandlungen nach Absatz 1 begeht, um die gestohlene Sache zu behalten, wird mit der gleichen Strafe belegt. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 62 Rechtswissenschaftliches Institut Raub (Art. 140 Ziff. 1) Raub = Diebstahl + Nötigung Raub i.e.S.: Nötigung zum Zwecke des Diebstahls (Abs. 1) Räuberischer Diebstahl: Nötigung um Diebstahl zu sichern (Abs. 2) Subjektiver Tatbestand •Vorsatz •Aneignungsabsicht 25.06.2015 •Bereicherungsabsicht Seite 63 Rechtswissenschaftliches Institut Raub i.e.S. (Art. 140 Ziff. 1 Abs. 1) Objektiver Tatbestand Täter: Jedermann Tatobjekt: Fremde, bewegliche Sache Tathandlung: Wegnahme = Bruch fremden Gewahrsams + Begründung eigenen Gewahrsams Bruch Gewahrsam mit Nötigungsmittel Nötigung gegen Gewahrsamsinhaber oder Person, die mit Schutz Gewahrsam betraut ist Qualifizierte Nötigung: Gewalt Drohung Gefahr Leib oder Leben Bewirken Widerstandunfähigkeit 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 64 Rechtswissenschaftliches Institut Räuberischer Diebstahl (Art. 140 Ziff. 1 Abs. 2) Objektiver Tatbestand Täter: Jedermann Tatobjekt: Fremde, bewegliche Sache Tathandlung: Wegnahme = Bruch fremden Gewahrsams + Begründung eigenen Gewahrsams Nötigungshandlung nach Diebstahl Täter wird in Phase Beendigung ertappt Ziel Nötigung: Sicherung Diebesgut 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 65 Rechtswissenschaftliches Institut Qualifizierte Tatbestände Raub (Art. 140 Ziff. 2-4) 2. Der Räuber wird mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft, wenn er zum Zweck des Raubes eine Schusswaffe oder eine andere gefährliche Waffe mit sich führt. 3. Der Räuber wird mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren bestraft, wenn er den Raub als Mitglied einer Bande ausführt, die sich zur fortgesetzten Verübung von Raub oder Diebstahl zusammengefunden hat, wenn er sonst wie durch die Art, wie er den Raub begeht, seine besondere Gefährlichkeit offenbart. 4. Die Strafe ist Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren, wenn der Täter das Opfer in Lebensgefahr bringt, ihm eine schwere Körperverletzung zufügt oder es grausam behandelt. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 66 Rechtswissenschaftliches Institut Fall 16 X nimmt einen Passanten von hinten in den Würgegriff und verschafft sich so Zugang zu dessen Bargeld. Um sich vor einer allfälligen Gegenwehr zu schützen, trägt er eine gebrauchte Spritze auf sich, die mit Hepatitis C infiziertes Blut enthält. X will nötigenfalls mit der Spritze auf das Opfer einstechen. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 67 Rechtswissenschaftliches Institut Fall 17 X und Y reissen Z gewaltsam zu Boden, um dessen Brieftasche wegzunehmen. Damit sie ungestört fliehen können, lassen sie Z gefesselt und geknebelt abseits des Wegs liegen. Die Atmung fällt Z sehr schwer. Durch den Mund ist sie unmöglich, da X und Y diesen mit einem Plastikband hermetisch abgeklebt haben. Durch die Nase ist sie zusätzlich erschwert, da Z an einer starken Erkältung leidet. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 68 Rechtswissenschaftliches Institut Fall 18 Die 73-jährige A. spazierte am späteren Nachmittag des 7. Juni 2004 in Luzern dem Quai entlang. In der linken Hand hielt sie eine Handtasche an langen Riemen. Der Beschwerdegegner, der einige Zeit hinter der ihm unbekannten, älteren Frau herging, beschloss, ihr die Handtasche zu entreissen. Er dachte, es wäre ein Leichtes. An einem ihm günstig erscheinenden Ort schloss er rennend auf das Opfer auf, packte die Riemen der Handtasche und zog daran, um sie zu behändigen. Dies gelang ihm aber zunächst nicht, weil A. die Tasche festzuhalten versuchte. Durch das Zerren des Beschwerdegegners kam sie zu Fall und wurde von ihm einen bis zwei Meter weit mitgeschleift, bis sie die Tasche nicht mehr halten konnte und losliess. Dabei zog sie sich Schürfungen am Rücken und an den Knien, ein Hämatom an der linken Hand sowie ein Hämatom (ev. Bruch) am linken grossen Zeh zu. Der Beschwerdegegner rannte mit der Handtasche davon und entwendete aus dem darin befindlichen Portemonnaie rund 170 Franken. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 69 Rechtswissenschaftliches Institut Fall 19 Karin und Marc locken Christian in eine Wohnung, wo sich Christian bewosstlos trinkt, worauf sie ihm das Portemonnaie abnehmen. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 70 Rechtswissenschaftliches Institut Sachentziehung 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 71 Rechtswissenschaftliches Institut Fall 20 Claudia stellt beim Verlassen des Büros fest, dass es heftig regnet. Um ihre Frisur zu schonen, nimmt sie heimlich Hugos Schirm aus dem Schirmständer und macht sich davon. Nachdem der Regen bald wieder aufgehört hat, wird ihr der Schirm lästig und sie lässt ihn im Tram liegen. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 72 Rechtswissenschaftliches Institut Sachentziehung (Art. 141) Wer dem Berechtigten ohne Aneignungsabsicht eine bewegliche Sache entzieht und ihm dadurch einen erheblichen Nachteil zufügt, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 73 Rechtswissenschaftliches Institut Sachentziehung (Art. 141) Objektiver Tatbestand Täter: Jedermann Tatobjekt: bewegliche Sache (Sachentziehung setzt keine Fremdheit voraus) Tathandlung: Entziehen Erfolg: Wesentlicher Nachteil für den Berechtigten Subjektiver Tatbestand Vorsatz 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 74 Rechtswissenschaftliches Institut Besonderer Teil II Lektion 4: Mit Aneignungsdelikten verwandte Delikte Sachbeschädigung 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 75 Rechtswissenschaftliches Institut I. Strafbare Handlungen gegen das Vermögen Aneignungsdelikte (Art. 137-140) und verwandte Delikte (Art. 141-143bis) Sachbeschädigung (Art. 144) und verwandte Delikte (Art. 144bis und 145) Betrug (Art. 146) und mit Betrug verwandte Delikte (Art. 147-155) Erpressung (Art. 156) Ungetreue Geschäftsbesorgung (Art. 158) Hehlerei (Art. 160) Geringfügige Vermögensdelikte (Art. 172ter) 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 76 Rechtswissenschaftliches Institut Sachentziehung (Art. 141) Objektiver Tatbestand Täter: Jedermann Tatobjekt: bewegliche Sache (Sachentziehung setzt keine Fremdheit voraus) Tathandlung: Entziehen Erfolg: Wesentlicher Nachteil für den Berechtigten Subjektiver Tatbestand Vorsatz 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 77 Rechtswissenschaftliches Institut Fall 21 Gewerkschafter entfernten aus Protest gegen den Sonntagsverkauf fünf Plastik-Teddybären der Zürcher Sommeraktion 2005, um diese auf einen Ausflug quer durch die halbe Schweiz mitzunehmen. Es war von Anfang an geplant, die Bären noch am gleichen Abend wieder an ihren ursprünglichen Standort zurückzubringen. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 78 Rechtswissenschaftliches Institut Fall 22 Michael weigert sich nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses drei ihm anvertraute Schlüssel herauszugeben, bevor er ein Arbeitszeugnis und einen strittigen Lohn erhalte. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 79 Rechtswissenschaftliches Institut Weitere mit Aneignungsdelikten verwandte Delikte 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 80 Rechtswissenschaftliches Institut Fall 23 Kurt stellt eines Tages fest, dass ihm versehentlich CHF 10‘000 auf sein Konto gutgeschrieben wurden. Er meldet dies der Bank nicht, sondern lässt das Geld auf dem Konto und hofft, dass niemand etwas merkt. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 81 Rechtswissenschaftliches Institut Unrechtmässige Verwendung von Vermögenswerten (Art. 141bis) Wer Vermögenswerte, die ihm ohne seinen Willen zugekommen sind, unrechtmässig in seinem oder eines andern Nutzen verwendet, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 82 Rechtswissenschaftliches Institut Unrechtmässige Verwendung von Vermögenswerten (Art. 141bis) Objektiver Tatbestand Täter: Jedermann Tatobjekt: Vermögenswerte (Buchgelder), die dem Täter wirtschaftlich nicht zustehen und diesem ohne seinen Willen zugekommen sind Tathandlung: Verwendung in seinem eigenen Nutzen oder demjenigen eines Dritten wodurch der Rückforderungsanspruchs vereitelt wird Subjektiver Tatbestand Vorsatz Bereicherungsabsicht 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 83 Rechtswissenschaftliches Institut Fall 24 Die N. Versicherung schuldet Herrn Huber CHF 160'000 Schadenersatz. Dieser Betrag wird aufgrund eines manuellen Zahlungsauftrages dem Konto von Herrn Huber gutgeschrieben. Einige Tage darauf erfolgt irrtümlich eine zweite Zahlung in gleicher Höhe mittels maschinellen Giroauftrags. Als Herr Huber mehrere Monate später von der N. Versicherung zur Rückzahlung aufgefordert wird, ist er dazu nicht in der Lage, weil er das Geld bereits ausgegeben hat. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 84 Rechtswissenschaftliches Institut Fall 25 Herr X wird telefonisch von seiner Hausbank angefragt, ob er die Überweisung eines grösseren Geldbetrages erwarte, was er wahrheitswidrig bejaht. In der Folge werden CHF 80'000 auf seinem Konto gutgeschrieben. Als die Bank den Irrtum bemerkt, ist das Geld nicht mehr vorhanden, da X dieses für eigene Bedürfnisse verbraucht hat. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 85 Rechtswissenschaftliches Institut Unrechtmässige Entziehung von Energie (Art. 142) 1 Wer einer Anlage, die zur Verwertung von Naturkräften dient, namentlich einer elektrischen Anlage, unrechtmässig Energie entzieht, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. 2 Handelt der Täter in der Absicht, sich oder einen andern unrechtmässig zu bereichern, so wird er mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 86 Rechtswissenschaftliches Institut Unbefugte Datenbeschaffung (Art. 143) 1 Wer in der Absicht, sich oder einen andern unrechtmässig zu bereichern, sich oder einem andern elektronisch oder in vergleichbarer Weise gespeicherte oder übermittelte Daten beschafft, die nicht für ihn bestimmt und gegen seinen unbefugten Zugriff besonders gesichert sind, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft. 2 Die unbefugte Datenbeschaffung zum Nachteil eines Angehörigen oder Familiengenossen wird nur auf Antrag verfolgt. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 87 Rechtswissenschaftliches Institut Unbefugte Datenbeschaffung (Art. 143) Objektiver Tatbestand Täter: Jedermann Tatobjekt: Besonders geschützte Daten Tathandlung: Der Täter beschafft sich Daten, die einem anderen zustehen, und über die er keine Verfügungsberechtigung hat Subjektiver Tatbestand Vorsatz Absicht die Daten dauernd in die eigene Verfügungsgewalt zu überführen Bereicherungsabsicht 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 88 Rechtswissenschaftliches Institut Fall 26 Kurt ist Angestellter einer im Bereich von Internetdienstleistungen tätigen Gesellschaft. Damit er seine Arbeit ausführen kann, besitzt er ein Passwort, das ihm den Zugang zu allen Daten des Servers ermöglicht, obwohl ihm der Zugang zu gewissen Daten untersagt ist. Trotzdem beschafft sich Kurt Daten aus dem Bereich, zu dem ihm der Zutritt nicht gestattet ist. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 89 Rechtswissenschaftliches Institut Unbefugtes Eindringen in ein Datenverarbeitungssystem (Art. 143bis) 1 Wer auf dem Wege von Datenübertragungseinrichtungen unbefugterweise in ein fremdes, gegen seinen Zugriff besonders gesichertes Datenverarbeitungssystem eindringt, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. 2 Wer Passwörter, Programme oder andere Daten, von denen er weiss oder annehmen muss, dass sie zur Begehung einer strafbaren Handlung gemäss Absatz 1 verwendet werden sollen, in Verkehr bringt oder zugänglich macht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 90 Rechtswissenschaftliches Institut Unbefugtes Eindringen in ein Datenverarbeitungssystem (Art. 143bis Abs. 1) Objektiver Tatbestand Täter: Jedermann Tatobjekt: Besonders geschützte, fremde Datenverarbeitungsanlage Tathandlung: ohne Berechtigung über eine Datenverbindung in eine gegen seinen Zugriff besonders geschützte, fremde Datenverarbeitungsanlage eindringen Subjektiver Tatbestand Vorsatz Mit oder ohne Bereicherungsabsicht 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 91 Rechtswissenschaftliches Institut Unbefugtes Eindringen in ein Datenverarbeitungssystem (Art. 143bis Abs. 2) Illegale Verbreitung von Zugangscodes Vorbereitungshandlung zum Hacking Steuern bzw. Zugänglichmachen von Hacking-Tools 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 92 Rechtswissenschaftliches Institut Fall 27 Philipp leitet heimlich die gesamte elektronische Post seines Vorgesetzten ohne dessen Wissen in seinen eigenen elektronischen Briefkasten um. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 93 Rechtswissenschaftliches Institut Übersicht: Sachbeschädigung (Art. 144) und verwandte Delikte (Art. 144bis und 145) Sachbeschädigung (Art. 144) Datenbeschädigung (Art. 144bis) Datenbeschädigung (Ziff. 1) Virentatbestand (Ziff. 2) Veruntreuung und Entzug von Pfandsachen und Retentionsgegenständen (Art. 145) 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 94 Rechtswissenschaftliches Institut Sachbeschädigung (Art. 144) 1 Wer eine Sache, an der ein fremdes Eigentums-, Gebrauchs- oder Nutzniessungsrecht besteht, beschädigt, zerstört oder unbrauchbar macht, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. 2 Hat der Täter die Sachbeschädigung aus Anlass einer öffentlichen Zusammenrottung begangen, so wird er von Amtes wegen verfolgt. 3 Hat der Täter einen grossen Schaden verursacht, so kann auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu fünf Jahren erkannt werden. Die Tat wird von Amtes wegen verfolgt. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 95 Rechtswissenschaftliches Institut Sachbeschädigung (Art. 144) Objektiver Tatbestand Täter: Jedermann Tatobjekt: Sache, an der ein fremdes Eigentums-, Gebrauchsoder Nutzniessungsrecht besteht Tathandlung: Angriff auf die Sache Erfolg: Sache ist zerstört, beschädigt, unbrauchbar Subjektiver Tatbestand Vorsatz 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 96 Rechtswissenschaftliches Institut Sachbeschädigung (Art. 144) 1 Wer eine Sache, an der ein fremdes Eigentums-, Gebrauchs- oder Nutzniessungsrecht besteht, beschädigt, zerstört oder unbrauchbar macht, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. 2 Hat der Täter die Sachbeschädigung aus Anlass einer öffentlichen Zusammenrottung begangen, so wird er von Amtes wegen verfolgt. 3 Hat der Täter einen grossen Schaden verursacht, so kann auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu fünf Jahren erkannt werden. Die Tat wird von Amtes wegen verfolgt. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 97 Rechtswissenschaftliches Institut Fall 28 X und Y gerieten schon vor längerer Zeit in einen verbitterten Nachbarschaftsstreit. Aus Wut auf seinen Nachbarn verstopfte X von seinem Grundstück aus die Abwasserleitung des Y. Dies verunmöglichte eine Ableitung des Abwassers und führte so dazu, dass sich Abfälle und Exkremente in Y’s Toiletten, Lavabos und in der Dusche ansammelten. Die Kosten für die Wiederherstellung beliefen sich auf ca. CHF 3'000. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 98 Rechtswissenschaftliches Institut Fall 29 Max ist sich nicht sicher, ob der Vermieter seiner Wohnung, mit dem er sich in einer mietrechtlichen Auseinandersetzung befindet, nicht in seiner Abwesenheit mit dem Zweitschlüssel die Wohnung betritt. Er lässt daher die Schlösser auswechseln. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 99 Rechtswissenschaftliches Institut Fall 30 Karl besprayt die Front einer öffentlichen WC-Anlage. Das Gebäude weist an derselben Stelle bereits eine Bemalung auf, die früher von Unbekannten angebracht wurde. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 100 Rechtswissenschaftliches Institut Besonderer Teil II Lektion 5: Mit Sachbeschädigung verwandte Delikte Betrug 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 101 Rechtswissenschaftliches Institut I. Strafbare Handlungen gegen das Vermögen Aneignungsdelikte (Art. 137-140) und verwandte Delikte (Art. 141-143bis) Sachbeschädigung (Art. 144) und verwandte Delikte (Art. 144bis und 145) Betrug (Art. 146) und mit Betrug verwandte Delikte (Art. 147-155) Erpressung (Art. 156) Ungetreue Geschäftsbesorgung (Art. 158) Hehlerei (Art. 160) Geringfügige Vermögensdelikte (Art. 172ter) 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 102 Rechtswissenschaftliches Institut Datenbeschädigung (Art. 144bis Ziff. 1) 1. Wer unbefugt elektronisch oder in vergleichbarer Weise gespeicherte oder übermittelte Daten verändert, löscht oder unbrauchbar macht, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. Hat der Täter einen grossen Schaden verursacht, so kann auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu fünf Jahren erkannt werden. Die Tat wird von Amtes wegen verfolgt. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 103 Rechtswissenschaftliches Institut Datenbeschädigung (Art. 144bis Ziff. 2) 2. Wer Programme, von denen er weiss oder annehmen muss, dass sie zu den in Ziffer 1 genannten Zwecken verwendet werden sollen, herstellt, einführt, in Verkehr bringt, anpreist, anbietet oder sonst wie zugänglich macht oder zu ihrer Herstellung Anleitung gibt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. Handelt der Täter gewerbsmässig, so kann auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu fünf Jahren erkannt werden 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 104 Rechtswissenschaftliches Institut Fall 31 X bot Datenträger (CD-ROM), welche über ein Web-BrowserProgramm lesbar sind, im Internet im In- und Ausland zum Verkauf an. Die CD-ROM enthält im Inhaltsverzeichnis unter anderem einen Bereich, der mit «VIRUS» betitelt ist. Dieser Teil gibt Instruktionen und Hinweise zur Erzeugung von Programmen, die Daten infizieren, zerstören oder unbrauchbar machen. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 105 Rechtswissenschaftliches Institut Veruntreuung und Entzug von Pfandsachen und Retentionsgegenständen (Art. 145) Der Schuldner, der in der Absicht, seinen Gläubiger zu schädigen, diesem eine als Pfand oder Retentionsgegenstand dienende Sache entzieht, eigenmächtig darüber verfügt, sie beschädigt, zerstört, entwertet oder unbrauchbar macht, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 106 Rechtswissenschaftliches Institut Übersicht: Betrug (Art. 146) und mit Betrug verwandte Delikte (Art. 147-155) Betrug (Art. 146) Arglistige Vermögensschädigung (Art. 151) Betrügerischer Missbrauch einer Datenverarbeitungsanlage (Art. 147) Check- und Kreditkartenmissbrauch (Art. 148) Zechprellerei (Art. 149) Erschleichen einer Leistung (Art. 150) Herstellen und Inverkehrbringen von Materialien zur unbefugten Entschlüsselung codierter Angebote (Art. 150bis) Unwahre Angaben über kaufmännische Gewerbe (Art. 152) Unwahre Angaben gegenüber Handelsregisterbehörden (Art. 153) Warenfälschung (Art. 155) 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 107 Rechtswissenschaftliches Institut Fall 32 Der Professor legt den Studenten ein falsches Dokument vor, gemäss dem ihn die Universitätsleitung ermächtigt hat, spezielle Semestergebühren in der Höhe von CHF 100 einzukassieren. Die Studenten zahlen dem Professor in der Folge jeweils CHF 100. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 108 Rechtswissenschaftliches Institut Betrug (Art. 146) 1 Wer in der Absicht, sich oder einen andern unrechtmässig zu bereichern, jemanden durch Vorspiegelung oder Unterdrückung von Tatsachen arglistig irreführt oder ihn in einem Irrtum arglistig bestärkt und so den Irrenden zu einem Verhalten bestimmt, wodurch dieser sich selbst oder einen andern am Vermögen schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft. 2 Handelt der Täter gewerbsmässig, so wird er mit Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren oder Geldstrafe nicht unter 90 Tagessätzen bestraft. 3 Der Betrug zum Nachteil eines Angehörigen oder Familiengenossen wird nur auf Antrag verfolgt. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 109 Rechtswissenschaftliches Institut Objektiver Tatbestand (Art. 146) Arglistige Täuschung Motivationszusammenhang Irrtum eines Menschen Vermögensdisposition Kausalzusammenhang Vermögensschaden Subjektiver Tatbestand (Art. 146) •Vorsatz •Bereicherungsabsicht 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 110 Rechtswissenschaftliches Institut Betrug (Art. 146 Abs. 1): Arglistige Täuschung Irreführendes Verhalten durch arglistiges Vorspiegeln oder Unterdrücken von Tatsachen: Vorspiegeln oder Unterdrücken: Unterschied nicht erkennbar Mit Wort, Schrift oder konkludent Problem bei unklarem Erklärungsinhalt Arglist: Nicht blosse falsche Angabe, die mühelos überprüfbar ist Keine oder nur schwer Möglichkeit der Überprüfung: Lügengebäude Täuschende Machenschaften U.U. Einfache Lüge 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 111 Rechtswissenschaftliches Institut Objektiver Tatbestand (Art. 146) Arglistige Täuschung Motivationszusammenhang Irrtum eines Menschen Vermögensdisposition Kausalzusammenhang Vermögensschaden Subjektiver Tatbestand (Art. 146) •Vorsatz •Bereicherungsabsicht 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 112 Rechtswissenschaftliches Institut Objektiver Tatbestand (Art. 146) Arglistige Täuschung Motivationszusammenhang Irrtum eines Menschen Vermögensdisposition Kausalzusammenhang Vermögensschaden Subjektiver Tatbestand (Art. 146) •Vorsatz •Bereicherungsabsicht 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 113 Rechtswissenschaftliches Institut Objektiver Tatbestand (Art. 146) Arglistige Täuschung Motivationszusammenhang Irrtum eines Menschen Vermögensdisposition Kausalzusammenhang Vermögensschaden Subjektiver Tatbestand (Art. 146) •Vorsatz •Bereicherungsabsicht 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 114 Rechtswissenschaftliches Institut Fall 33 Eine Animierdame täuschte ihrem Kunden nach einmaligem Geschlechtsverkehr eine Schwangerschaft vor und verlangte von ihm CHF 20'000 für die angebliche Abtreibung. Beim Kunden handelte es sich um einen 40-jährigen leicht behinderten Mann, der zuvor noch nie eine Liebesbeziehung mit einer Frau hatte. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 115 Rechtswissenschaftliches Institut Fall 34 Eine Gruppe von neun Personen inszeniert mehrere Verkehrsunfälle unter Verwendung von bereits defekten oder gestohlenen Autos. Die vermeintlichen Unfallopfer klagen dann bei Ärzten über Symptome, die für ein Schleudertrauma typisch sind, und erschleichen sich so die Invalidenrenten. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 116 Rechtswissenschaftliches Institut Fall 35 Rolf und Max wirkten bei der Sendung «Risiko» von SF DRS in folgender Art und Weise zusammen: Max war als Zuschauer bei der Hauptprobe am Nachmittag vor der Live-Sendung anwesend. Er wurde dazu eingeladen, weil er behauptet hatte, er sei Student der Medienwissenschaft und würde zu Studienzwecken gerne die Hauptprobe sehen. Max notierte die richtigen Antworten auf die Original-Wissensfragen des Quiz (die gleichen, die am Abend in der Show den Kandidaten gestellt wurden). Er spielte die Notiz dem Rolf zu, der am Abend als Kandidat in der Sendung auftrat. Mit Hilfe der richtigen Antworten gewann Rolf in der Sendung CHF 95'000. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 117 Rechtswissenschaftliches Institut Fall 36 X lud seinen alten Studienfreund Y zu sich nach Hause ein, legte ihm seine geschäftlichen Expansionspläne dar und bot ihm eine gute Stelle in seiner Firma an. In diesem Zusammenhang fragte X den Y, ob er ihm nicht als Freund und im Hinblick auf seine zukünftige Tätigkeit in der Firma CHF 80’000 ausleihen könne, welche er für den Erwerb einer Liegenschaft brauche. Den ausgeliehenen Betrag erstattete X nach wiederholten Mahnungen nur teilweise zurück, denn er hatte von Anfang an die Absicht, die Situation bewusst auszunützen. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 118 Rechtswissenschaftliches Institut Fall 37 X, Bezüger von Ergänzungsleistungen zur AHV, wird von der zuständigen Behörde über seine wirtschaftliche Lage ausgefragt und gebeten, seine Angaben mittels Kontoauszügen zu belegen. Um die Rente weiterhin zu erhalten, reicht X nur einen der verlangten Kontoauszüge ein. Dies obwohl er auf einem anderen Konto, welches er nie angegeben hat, ein beachtliches Vermögen besitzt. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 119 Rechtswissenschaftliches Institut Fall 38 Hans erstattete Anzeige bei der Polizei, sein Auto sei entwendet worden, und übergab dieser einen Fahrzeugschlüssel (Schlüssel Nr. 1). Eine Woche später meldete er den Schaden der Versicherungsgesellschaft, bei welcher er eine Vollkaskoversicherung abgeschlossen hatte. Er übergab der Versicherung einen zweiten Fahrzeugschlüssel (Schlüssel Nr. 2). Diese liess in der Folge den Schlüssel Nr. 1 wie auch den Schlüssel Nr. 2 vom kriminaltechnischen Prüflabor untersuchen. Dieses kam zum Ergebnis, der Schlüssel Nr. 1 passe im Gegensatz zum Schlüssel Nr. 2 nicht zu dem als gestohlen gemeldeten Wagen. Nach durchgeführter Beweiswürdigung zog die Vorinstanz die Schlussfolgerung, der Beschwerdeführer habe den Diebstahl seines Fahrzeugs inszeniert. Er habe das Auto verschwinden lassen und es anschliessend als gestohlen gemeldet, um von der Versicherung eine Entschädigung ausgerichtet zu erhalten respektive um sich der Bezahlung der geschuldeten Leasingraten zu entledigen. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 120 Rechtswissenschaftliches Institut Besonderer Teil II Lektion 6: Mit Betrug verwandte Delikte 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 121 Rechtswissenschaftliches Institut I. Strafbare Handlungen gegen das Vermögen Aneignungsdelikte (Art. 137-140) und verwandte Delikte (Art. 141-143bis) Sachbeschädigung (Art. 144) und verwandte Delikte (Art. 144bis und 145) Betrug (Art. 146) und mit Betrug verwandte Delikte (Art. 147-155) Erpressung (Art. 156) Ungetreue Geschäftsbesorgung (Art. 158) Hehlerei (Art. 160) Geringfügige Vermögensdelikte (Art. 172ter) 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 122 Rechtswissenschaftliches Institut Arglistige Vermögensschädigung (Art. 151) Wer jemanden ohne Bereicherungsabsicht durch Vorspiegelung oder Unterdrückung von Tatsachen arglistig irreführt oder ihn in einem Irrtum arglistig bestärkt und so den Irrenden zu einem Verhalten bestimmt, wodurch dieser sich selbst oder einen andern am Vermögen schädigt, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 123 Rechtswissenschaftliches Institut Objektiver Tatbestand Art. 151 Arglistige Täuschung Motivationszusammenhang Irrtum eines Menschen Vermögensdisposition Kausalzusammenhang Vermögensschaden Subjektiver Tatbestand Art. 151 Vorsatz 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 124 Rechtswissenschaftliches Institut Fall 39 Der verheiratete Mark verlobt sich ohne Heiratsabsicht mit Anna und lässt zu, dass sie sich ein (a priori unbrauchbares) Hochzeitskleid kauft. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 125 Rechtswissenschaftliches Institut Fall 40 Alex bestellt zum Spass 5 Pizzen. Er gibt beim Pizzakurier die Adresse von seinem nichtsahnenden Arbeitskollegen Hans an. Der überraschte Hans weigert sich die 5 gelieferten Pizzen zu bezahlen, worauf der Kurier diese wieder mitnimmt und wegwerfen muss. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 126 Rechtswissenschaftliches Institut Betrügerischer Missbrauch einer Datenverarbeitungsanlage (Art. 147 Abs. 1) 1 Wer in der Absicht, sich oder einen andern unrechtmässig zu bereichern, durch unrichtige, unvollständige oder unbefugte Verwendung von Daten oder in vergleichbarer Weise auf einen elektronischen oder vergleichbaren Datenverarbeitungs- oder Datenübermittlungsvorgang einwirkt und dadurch eine Vermögensverschiebung zum Schaden eines andern herbeiführt oder eine Vermögensverschiebung unmittelbar darnach verdeckt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 127 Rechtswissenschaftliches Institut Objektiver Tatbestand (Art. 147) Datenmanipulation oder vergleichbares Vorgehen Subjektiver Tatbestand (Art. 147) •Vorsatz •Bereicherungsabsicht unzutreffendes Ergebnis der Datenverarbeitung Vermögensverschiebung Vermögensschaden oder (alternativ) Eine bereits erfolgte Vermögensverschiebung wird unmittelbar nachher durch Datenmanipulation verdeckt 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 128 Rechtswissenschaftliches Institut Betrügerischer Missbrauch einer Datenverarbeitungsanlage (Art. 147 Abs. 2 und 3) 2 Handelt der Täter gewerbsmässig, so wird er mit Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren oder Geldstrafe nicht unter 90 Tagessätzen bestraft. 3 Der betrügerische Missbrauch einer Datenverarbeitungsanlage zum Nachteil eines Angehörigen oder Familiengenossen wird nur auf Antrag verfolgt. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 129 Rechtswissenschaftliches Institut Fall 41 X führt mehrere Telefongespräche mit einem abhanden gekommenen Mobiltelefon. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 130 Rechtswissenschaftliches Institut Fall 42 Kurt hat seine Angebetete, die schöne Clara, zum Nachtessen in ein Nobelrestaurant eingeladen. Er ist zwar hoffnungslos überschuldet und verfügt über keinerlei Geld mehr, ist aber noch im Besitz seiner Kreditkarte, mit der er die Rechnung «begleicht». 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 131 Rechtswissenschaftliches Institut Das Dreiecksverhältnis beim Kreditkartenverfahren: Bank = Kartenaussteller Kreditkartenvertrag Kunde = Karteninhaber 25.06.2015 Vollzugsverhältnis Valutaverhältnis Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Vertragsunternehmen Seite 132 Rechtswissenschaftliches Institut Check- und Kreditkartenmissbrauch (Art. 148) Wer, obschon er zahlungsunfähig oder zahlungsunwillig ist, eine ihm vom Aussteller überlassene Check- oder Kreditkarte oder ein gleichartiges Zahlungsinstrument verwendet, um vermögenswerte Leistungen zu erlangen und den Aussteller dadurch am Vermögen schädigt, wird, sofern dieser und das Vertragsunternehmen die ihnen zumutbaren Massnahmen gegen den Missbrauch der Karte ergriffen haben, mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft. 1 2 Handelt der Täter gewerbsmässig, so wird er mit Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren oder Geldstrafe nicht unter 90 Tagessätzen bestraft. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 133 Rechtswissenschaftliches Institut Check- und Kreditkartenmissbrauch (Art. 148) Objektiver Tatbestand Täter: berechtigter Karteninhaber Tatobjekt: Check- oder Kreditkarte oder gleichartiges Zahlungsinstrument Tathandlung: Verwendung der Karte trotz Zahlungsunfähigkeit oder unwilligkeit zur Erlangung vermögenswerter Leistungen Erfolg: Vermögensschaden beim Kartenaussteller Objektive Strafbarkeitsbedingung Ergreifen zumutbarer Massnahmen gegen den Missbrauch der Karte Subjektiver Tatbestand Vorsatz 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 134 Rechtswissenschaftliches Institut Fall 43 X erlangt durch arglistige Täuschung des Ausstellers über seine Zahlungsfähigkeit und seinen Zahlungswillen eine BPKundenkarte und verwendet diese anschliessend zum Bezug von Waren und Dienstleistungen, obschon er zahlungsunfähig und -unwillig ist. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 135 Rechtswissenschaftliches Institut Fall 44 Sandra macht im Antragsformular für eine Kreditkarte falsche Angaben über ihren Beruf und ihre Einkünfte. Die Kreditkartengesellschaft überprüft die Angaben nur rudimentär und händigt Sandra ohne weitere Abklärungen eine Visakarte aus, die sie sogleich im Wissen um ihre totale Zahlungsunfähigkeit für diverse Einkäufe verwendet. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 136 Rechtswissenschaftliches Institut Zechprellerei (Art. 149) Wer sich in einem Gastgewerbebetrieb beherbergen, Speisen oder Getränke vorsetzen lässt oder andere Dienstleistungen beansprucht und den Betriebsinhaber um die Bezahlung prellt, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 137 Rechtswissenschaftliches Institut Zechprellerei (Art. 149) Objektiver Tatbestand Täter: Jedermann Tatobjekt: Gastgewerbebetrieb Tathandlung: Prellen des Betriebsinhabers eines Gastgewerbebetriebes um deren Entgelt nach Konsum von Dienstleistungen Subjektiver Tatbestand Vorsatz 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 138 Rechtswissenschaftliches Institut Fall 45 Kurt liess sich von Ende Januar 1997 bis Anfang August 1997 in der Region Chur sowie in Vororten von Zürich in verschiedenen Hotels über mehrere Tage bis Wochen beherbergen, wobei er die Beherbergungs- und Bewirtungskosten von insgesamt ca. CHF 8'000 nicht oder nur zum Teil bezahlte. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 139 Rechtswissenschaftliches Institut Erschleichen einer Leistung (Art. 150) Wer, ohne zu zahlen, eine Leistung erschleicht, von der er weiss, dass sie nur gegen Entgelt erbracht wird, namentlich indem er ein öffentliches Verkehrsmittel benützt, eine Aufführung, Ausstellung oder ähnliche Veranstaltung besucht, eine Leistung, die eine Datenverarbeitungsanlage erbringt oder die ein Automat vermittelt, beansprucht, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 140 Rechtswissenschaftliches Institut Erschleichen einer Leistung (Art. 150) Objektiver Tatbestand Täter: Jedermann Tathandlung: Erschleichen einer entgeltlichen Leistung, die einem grösseren Publikum angeboten wird Subjektiver Tatbestand Vorsatz 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 141 Rechtswissenschaftliches Institut Fall 46 Fabian steigt ohne gültiges Billett in den Zug ein. Bei der darauffolgenden Stichkontrolle teilt er dem Kontrolleur umgehend mit, dass er kein gültiges Ticket besitzt. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 142 Rechtswissenschaftliches Institut Herstellen und Inverkehrbringen von Materialien zur unbefugten Entschlüsselung codierter Angebote (Art. 150bis) 1 Wer Geräte, deren Bestandteile oder Datenverarbeitungsprogramme, die zur unbefugten Entschlüsselung codierter Rundfunkprogramme oder Fernmeldedienste bestimmt und geeignet sind, herstellt, einführt, ausführt, durchführt, in Verkehr bringt oder installiert, wird, auf Antrag, mit Busse bestraft. 2 Versuch und Gehilfenschaft sind strafbar. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 143 Rechtswissenschaftliches Institut Fall 47 Oliver programmiert und verkauft anschliessend online Geräte, die so programmiert sind, dass die normalerweise kostenpflichtigen Spielfilm-Kanäle kostenlos freigeschaltet werden. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 144 Rechtswissenschaftliches Institut Besonderer Teil II Lektion 7: Erpressung Ungetreue Geschäftsbesorgung Hehlerei 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 145 Rechtswissenschaftliches Institut I. Strafbare Handlungen gegen das Vermögen Aneignungsdelikte (Art. 137-140) und verwandte Delikte (Art. 141-143bis) Sachbeschädigung (Art. 144) und verwandte Delikte (Art. 144bis und 145) Betrug (Art. 146) und mit Betrug verwandte Delikte (Art. 147-155) Erpressung (Art. 156) Ungetreue Geschäftsbesorgung (Art. 158) Hehlerei (Art. 160) Geringfügige Vermögensdelikte (Art. 172ter) 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 146 Rechtswissenschaftliches Institut Erpressung 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 147 Rechtswissenschaftliches Institut Fall 48 Emil, der im Quartier als Schläger berüchtigt ist, bietet Otto, Inhaber eines Restaurants, gegen Abgabe von 5 Prozent der Einnahmen seine Protektion an. Als Otto ablehnt, droht ihm Emil an, dass er sein Restaurant verwüsten werde, wenn die Abgabe von 5 Prozent nicht bezahlt wird. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 148 Rechtswissenschaftliches Institut Erpressung (Art. 156) 1. Wer in der Absicht, sich oder einen andern unrechtmässig zu bereichern, jemanden durch Gewalt oder Androhung ernstlicher Nachteile zu einem Verhalten bestimmt, wodurch dieser sich selber oder einen andern am Vermögen schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 149 Rechtswissenschaftliches Institut Objektiver Tatbestand (Art. 156) Gewalt bzw. Androhung ernstlicher Nachteile Kausalzusammenhang Vermögensdisposition Kausalzusammenhang Vermögensschaden Subjektiver Tatbestand •Vorsatz •Bereicherungsabsicht 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 150 Rechtswissenschaftliches Institut Erpressung (Art. 156 Ziff. 1): Nötigung Anwendung von Gewalt: Gegen Sachen und Personen Eigentum Drittpersonen, wenn nötigender Charakter Androhung ernstlicher Nachteile: So ernstlich, dass sich vernünftiger Mensch genötigt sieht Nachteil muss tatsächlich oder angeblich vom Willen Drohenden abhängig sein Drohung gegen Leib und Leben Erpressten Drittperson (sofern notwendige Intensität) Andere Rechtsgüter Qualifikation Ziff. 3 und 4 Unerheblich, ob Täter Drohung wahrmachen kann und will 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 151 Rechtswissenschaftliches Institut Objektiver Tatbestand (Art. 156) Gewalt bzw. Androhung ernstlicher Nachteile Kausalzusammenhang Vermögensdisposition Kausalzusammenhang Vermögensschaden Subjektiver Tatbestand •Vorsatz •Bereicherungsabsicht 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 152 Rechtswissenschaftliches Institut Erpressung (Art. 156 Ziff. 3 bis 4) 2. Handelt der Täter gewerbsmässig oder erpresst er die gleiche Person fortgesetzt, so wird er mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft. 3. Wendet der Täter gegen eine Person Gewalt an oder bedroht er sie mit einer gegenwärtigen Gefahr für Leib und Leben, so richtet sich die Strafe nach Artikel 140. 4. Droht der Täter mit einer Gefahr für Leib und Leben vieler Menschen oder mit schwerer Schädigung von Sachen, an denen ein hohes öffentliches Interesse besteht, so wird er mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 153 Rechtswissenschaftliches Institut Fall 49 X entführte Y und brachte ihn unter Gewalt- und Todesdrohung dazu, seine Bank- und Kreditkarten sowie die entsprechenden Zugriffcodes herauszugeben. In der Folge gelang es X, CHF 10'000 vom Bankkonto des Y abzuheben. X hielt Y noch während 24 Stunden, nachdem er die Bargeldbezüge getätigt hatte, fest. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 154 Rechtswissenschaftliches Institut Fall 50 Eva fordert nach der Scheidung von Christoph eine Schuldanerkennung über CHF 10’000 mit der Drohung, dass sie sonst den Arbeitgeber über seine Jahre zurückliegende kriminelle Vergangenheit orientieren würde. Christoph willigt ein, da er Angst um seine Stelle hat. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 155 Rechtswissenschaftliches Institut Ungetreue Geschäftsbesorgung 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 156 Rechtswissenschaftliches Institut Fall 51 Samuel wurde als Vormund eingesetzt und verwaltet in dieser Funktion das Vermögen eines Minderjährigen. Darin befinden sich mehrere Liegenschaften. Obwohl einige Mieter nur unregelmässig zahlen, unternimmt Samuel nichts, um die ausstehenden Mietzinse einzuziehen. Zudem bemüht er sich nicht darum, die leer stehenden Wohnungen wieder zu vermieten. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 157 Rechtswissenschaftliches Institut Ungetreue Geschäftsbesorgung (Art. 158 Ziff. 1) Treuebruchtatbestand 1. Wer aufgrund des Gesetzes, eines behördlichen Auftrages oder eines Rechtsgeschäfts damit betraut ist, Vermögen eines andern zu verwalten oder eine solche Vermögensverwaltung zu beaufsichtigen, und dabei unter Verletzung seiner Pflichten bewirkt oder zulässt, dass der andere am Vermögen geschädigt wird, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. Wer als Geschäftsführer ohne Auftrag gleich handelt, wird mit der gleichen Strafe belegt. Handelt der Täter in der Absicht, sich oder einen andern unrechtmässig zu bereichern, so kann auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu fünf Jahren erkannt werden. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 158 Rechtswissenschaftliches Institut Ungetreue Geschäftsbesorgung (Art. 158 Ziff. 1) Treuebruchtatbestand Objektiver Tatbestand Täter: Vermögensverwalter, Aufsichtsorgan über eine Vermögensverwaltung oder Geschäftsführer ohne Auftrag Tathandlung: Der Täter verletzt seine Pflichten und bewirkt dadurch einen Vermögensschaden beim Geschäftsherrn Erfolg: Vermögensschaden des Geschäftsherrn Subjektiver Tatbestand Vorsatz Bereicherungsabsicht ist nur für den qualifizierten Tatbestand nach Ziff. 1 Abs. 3 erforderlich 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 159 Rechtswissenschaftliches Institut Ungetreue Geschäftsbesorgung (Art. 158 Ziff. 2) Missbrauchstatbestand 2. Wer in der Absicht, sich oder einen andern unrechtmässig zu bereichern, die ihm durch das Gesetz, einen behördlichen Auftrag oder ein Rechtsgeschäft eingeräumte Ermächtigung, jemanden zu vertreten, missbraucht und dadurch den Vertretenen am Vermögen schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft. 3. Die ungetreue Geschäftsbesorgung zum Nachteil eines Angehörigen oder Familiengenossen wird nur auf Antrag verfolgt. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 160 Rechtswissenschaftliches Institut Ungetreue Geschäftsbesorgung (Art. 158 Ziff. 2) Missbrauchstatbestand Objektiver Tatbestand – Täter: Direkter oder indirekter Stellvertreter – Tathandlung: Missbrauch der Stellung als Stellvertreter – Erfolg: Vermögensschaden beim Vertretenen Subjektiver Tatbestand – Vorsatz – Bereicherungsabsicht 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 161 Rechtswissenschaftliches Institut Fall 52 Y verkaufte an die Bank AG 500'000 Aktien der Gold AG. X, welcher im Rang eines Vizedirektors als Anlageberater bei der Bank AG angestellt war, führte die Verkaufsverhandlungen. Es wurde vereinbart, dass Y im Falle eines erfolgreichen Geschäftsabschlusses seine Kommission von 10% an X persönlich weiterleiten würde. X kassierte auf diesem Weg eine Schwarzzahlung in der Höhe von USD 380'000.--. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 162 Rechtswissenschaftliches Institut Fall 53 Der CEO einer Bank weist die Kundenberater in den USA an, aktiv US-amerikanischen Kunden anzubieten, allfälliges durch Steuerhinterziehung vor dem Fiskus verstecktes Geld in die Schweiz zu transferieren. In der Folge werden zahlreiche Kunden angeworben. Als die Sache auffliegt, eröffnet die USamerikanische Steuerbehörde ein aufwändiges Verfahren gegen die Bank. Nur dank Intervention der schweizerischen Behörden können für die Bank existenzbedrohliche Sanktionen abgewendet werden. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 163 Rechtswissenschaftliches Institut Fall 54 Andreas, der unter anderem Vorsitzender des Stiftungsrates von zwei Personalvorsorgeeinrichtung ist, gibt mehr als 20% des Stiftungsvermögens als Darlehen an von ihm beherrschte Firmen, obwohl diese konkursgefährdet sind. Die Firmengruppe geht 6 Monate später in Konkurs. Die beiden Personalvorsorgeeinrichtung gehen im Konkurs leer aus. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 164 Rechtswissenschaftliches Institut Hehlerei 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 165 Rechtswissenschaftliches Institut Fall 55 Schmuckhändlerin Helen kauft von Kurt einen wertvollen Ring, den dieser gestohlen hat, zu einem äusserst günstigen Preis. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 166 Rechtswissenschaftliches Institut Hehlerei (Art. 160) 1. Wer eine Sache, von der er weiss oder annehmen muss, dass sie ein anderer durch eine strafbare Handlung gegen das Vermögen erlangt hat, erwirbt, sich schenken lässt, zum Pfande nimmt, verheimlicht oder veräussern hilft, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft. Der Hehler wird nach der Strafandrohung der Vortat bestraft, wenn sie milder ist. Ist die Vortat ein Antragsdelikt, so wird die Hehlerei nur verfolgt, wenn ein Antrag auf Verfolgung der Vortat vorliegt. 2. Handelt der Täter gewerbsmässig, so wird er mit Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren oder Geldstrafe nicht unter 90 Tagessätzen bestraft. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 167 Rechtswissenschaftliches Institut Hehlerei (Art. 160) Objektiver Tatbestand Täter: Jedermann der nicht Vortäter ist Tatobjekt: Sache, die vom Vortäter durch eine tatbestandsmässige und rechtswidrige Straftat gegen das Vermögen erlangt worden ist Tathandlungen: Erlangen der Verfügungsmacht über das Deliktsgut durch Erwerb, Schenkung, Pfandnahme oder Hilfe beim Veräussern oder beim Verheimlichen des Deliktsguts Subjektiver Tatbestand Vorsatz 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 168 Rechtswissenschaftliches Institut Hehlerei (Art. 160) Konkurrenz und Abgrenzung Vortat - Hehlerei: Vortäter (auch Mittäter und Anstifter) ist nie Hehler Gehilfe: Grundsätzlich echte Konkurrenz Aber: Hehlereihandlung vor Beendigung: blosse Gehilfenschaft Hehlerei - Geldwäscherei: echte Konkurrenz wegen unterschiedlichen Rechtsgütern 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 169 Rechtswissenschaftliches Institut Besonderer Teil II Lektion 8: Hehlerei Urkundendelikte 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 170 Rechtswissenschaftliches Institut I. Strafbare Handlungen gegen das Vermögen Aneignungsdelikte (Art. 137-140) und verwandte Delikte (Art. 141-143bis) Sachbeschädigung (Art. 144) und verwandte Delikte (Art. 144bis und 145) Betrug (Art. 146) und mit Betrug verwandte Delikte (Art. 147-155) Erpressung (Art. 156) Ungetreue Geschäftsbesorgung (Art. 158) Hehlerei (Art. 160) Geringfügige Vermögensdelikte (Art. 172ter) 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 171 Rechtswissenschaftliches Institut Hehlerei (Art. 160) Objektiver Tatbestand Täter: Jedermann der nicht Vortäter ist Tatobjekt: Sache, die vom Vortäter durch eine tatbestandsmässige und rechtswidrige Straftat gegen das Vermögen erlangt worden ist Tathandlungen: Erlangen der Verfügungsmacht über das Deliktsgut durch Erwerb, Schenkung, Pfandnahme oder Hilfe beim Veräussern oder beim Verheimlichen des Deliktsguts Subjektiver Tatbestand Vorsatz 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 172 Rechtswissenschaftliches Institut Fall 56 X hatte von seinem Bekannten einen gebrauchten hydraulischen Spitzhammer für Bauabbrucharbeiten erworben und diesen auf die Farben seines Unternehmens umgespritzt. Als X knapp ein Jahr nach dem Erwerb erfuhr, dass das Gerät aus einem Diebstahl stammte, verwendete er es, ohne etwas zu unternehmen, weiter. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 173 Rechtswissenschaftliches Institut Fall 57 Y übergibt X CHF 200'000, damit dieser das Geld bei sich zu Hause versteckt. X weiss, dass es sich dabei um Lösegeld aus einer Geiselnahme handelt. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 174 Rechtswissenschaftliches Institut II. Urkundendelikte Der Urkundenbegriff (Art. 110 Abs. 4 und Abs. 5) Urkundenfälschung (Art. 251) Fälschung von Ausweisen (Art. 252) Erschleichung einer falschen Beurkundung (Art. 253) Unterdrückung von Urkunden (Art. 254) Grenzverrückung (Art. 256) Beseitigung von Vermessungs- und Wasserstandszeichen (Art. 257) 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 175 Rechtswissenschaftliches Institut Der Urkundenbegriff (Art. 110 Abs. 4 und 5) Urkunden sind Schriften, die bestimmt und geeignet sind, oder Zeichen, die bestimmt sind, eine Tatsache von rechtlicher Bedeutung zu beweisen. Die Aufzeichnung auf Bild- und Datenträgern steht der Schriftform gleich, sofern sie demselben Zweck dient. Öffentliche Urkunden sind Urkunden, die von Mitgliedern einer Behörde, Beamten und Personen öffentlichen Glaubens in Wahrnehmung hoheitlicher Funktionen ausgestellt werden. Nicht als öffentliche Urkunden gelten Urkunden, die von der Verwaltung der wirtschaftlichen Unternehmungen und Monopolbetriebe des Staates oder anderer öffentlich-rechtlicher Körperschaften und Anstalten in zivilrechtlichen Geschäften ausgestellt werden. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 176 Rechtswissenschaftliches Institut Der Urkundenbegriff (Art. 110 Abs. 4) Die Merkmale einer Urkunde: Menschliche Gedankenäusserung (Erklärung), die an eine Drittperson gerichtet wird + Aufzeichnung in Schriftform bzw. auf Bild- oder Datenträger oder ein Zeichen + Erkennbarkeit des Ausstellers + Beweisbestimmung und Beweiseignung rechtserheblicher Tatsachen 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 177 Rechtswissenschaftliches Institut Der Urkundenbegriff (Art. 110 Abs. 4) Die Merkmale einer Urkunde: Menschliche Gedankenäusserung (Erklärung), die an eine Drittperson gerichtet wird + Aufzeichnung in Schriftform bzw. auf Bild- oder Datenträger oder ein Zeichen + Erkennbarkeit des Ausstellers + Beweisbestimmung und Beweiseignung rechtserheblicher Tatsachen 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 178 Rechtswissenschaftliches Institut Der Urkundenbegriff (Art. 110 Abs. 4): Form Schrift: Lesbares und verständliches System von Symbolen Auf Unterlage aus beliebigem Material angebracht Material und Schrift sind von einiger Beständigkeit Inhalt ergibt sich aus Schrift selbst Aufzeichnungen auf Bild- und Datenträger: Der Schrift gleichgestellt Datenträger: Ursprünglich in Schriftform gekleidete Informationen von aut. Datenverarbeitungsanlage entgegengenommen und Zum Zweck Verarbeitung, Speicherung, Rückwandlung in Schriftform auf Festplatten usw. aufgezeichnet Zeichen: Bildliche oder symbolische, auf Objekt angebrachte Darstellungen Nicht aus sich selbst verständlich; Erklärungsinhalt ergibt sich erst daraus, dass sie an Objekt angebracht sind 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 179 Rechtswissenschaftliches Institut Der Urkundenbegriff (Art. 110 Abs. 4) Die Merkmale einer Urkunde: Menschliche Gedankenäusserung (Erklärung), die an eine Drittperson gerichtet wird + Aufzeichnung in Schriftform bzw. auf Bild- oder Datenträger oder ein Zeichen + Erkennbarkeit des Ausstellers + Beweisbestimmung und Beweiseignung rechtserheblicher Tatsachen 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 180 Rechtswissenschaftliches Institut Urkundenfälschung (Art. 251) 1. Wer in der Absicht, jemanden am Vermögen oder an andern Rechten zu schädigen oder sich oder einem andern einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen, eine Urkunde fälscht oder verfälscht, die echte Unterschrift oder das echte Handzeichen eines andern zur Herstellung einer unechten Urkunde benützt oder eine rechtlich erhebliche Tatsache unrichtig beurkundet oder beurkunden lässt, eine Urkunde dieser Art zur Täuschung gebraucht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft. 2. In besonders leichten Fällen kann auf Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe erkannt werden. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 181 Rechtswissenschaftliches Institut Urkundenfälschung i.w.S. (Art. 251 Ziff. 1): Deliktstypen Urkundenfälschung im engeren Sinn (Art. 251 Ziff. 1 Abs. 2): Herstellung einer falschen Urkunde, d.h. die Schrift stammt nicht oder nicht vollständig von demjenigen, der als ihr Urheber erscheint Urkunde fälschen Urkunde verfälschen Blankettmissbrauch: Benützen der echten Unterschrift oder des echten Handzeichens eines anderen. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 182 Rechtswissenschaftliches Institut Urkundenfälschung i.w.S. (Art. 251 Ziff. 1): Deliktstypen Falschbeurkundung (Art. 251 Ziff. 1 Abs. 2): Herstellung einer unwahren Urkunde, d.h., dass deren Inhalt nicht den Tatsachen entspricht. Gebrauch unechter bzw. unwahrer Urkunde zur Täuschung (Art. 251 Ziff. 1 Abs. 3): Benützung der Urkunde im Rechtsverkehr zum Zweck der Täuschung, wobei diese nicht gelingen muss. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 183 Rechtswissenschaftliches Institut Urkundenfälschung i.e.S (Art. 251 Ziff. 1 Abs. 2) 1. Wer in der Absicht, jemanden am Vermögen oder an andern Rechten zu schädigen oder sich oder einem andern einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen, eine Urkunde fälscht oder verfälscht, die echte Unterschrift oder das echte Handzeichen eines andern zur Herstellung einer unechten Urkunde benützt oder eine rechtlich erhebliche Tatsache unrichtig beurkundet oder beurkunden lässt, eine Urkunde dieser Art zur Täuschung gebraucht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft. 2. In besonders leichten Fällen kann auf Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe erkannt werden. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 184 Rechtswissenschaftliches Institut Falschbeurkundung (Art. 251 Ziff. 1 Abs. 2) 1. Wer in der Absicht, jemanden am Vermögen oder an andern Rechten zu schädigen oder sich oder einem andern einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen, eine Urkunde fälscht oder verfälscht, die echte Unterschrift oder das echte Handzeichen eines andern zur Herstellung einer unechten Urkunde benützt oder eine rechtlich erhebliche Tatsache unrichtig beurkundet oder beurkunden lässt, eine Urkunde dieser Art zur Täuschung gebraucht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft. 2. In besonders leichten Fällen kann auf Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe erkannt werden. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 185 Rechtswissenschaftliches Institut Urkundenfälschung (Art. 251 Ziff. 1 Abs. 3) 1. Wer in der Absicht, jemanden am Vermögen oder an andern Rechten zu schädigen oder sich oder einem andern einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen, eine Urkunde fälscht oder verfälscht, die echte Unterschrift oder das echte Handzeichen eines andern zur Herstellung einer unechten Urkunde benützt oder eine rechtlich erhebliche Tatsache unrichtig beurkundet oder beurkunden lässt, eine Urkunde dieser Art zur Täuschung gebraucht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft. 2. In besonders leichten Fällen kann auf Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe erkannt werden. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 186 Rechtswissenschaftliches Institut Urkundenfälschung (Art. 251) 1. Wer in der Absicht, jemanden am Vermögen oder an andern Rechten zu schädigen oder sich oder einem andern einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen, eine Urkunde fälscht oder verfälscht, die echte Unterschrift oder das echte Handzeichen eines andern zur Herstellung einer unechten Urkunde benützt oder eine rechtlich erhebliche Tatsache unrichtig beurkundet oder beurkunden lässt, eine Urkunde dieser Art zur Täuschung gebraucht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft. 2. In besonders leichten Fällen kann auf Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe erkannt werden. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 187 Rechtswissenschaftliches Institut Fall 58 Martha ist mit der in ihrem Arbeitsvertrag vereinbarten Ferienregelung nicht einverstanden. Nachdem ihr bisheriger Chef überraschend gestorben ist, ergreift sie die Gelegenheit und geht folgendermassen vor: a) Sie ändert den Vertrag so, dass sie statt wie bisher auf vier, neu auf fünf Wochen Ferien Anspruch hat. b) Sie setzt einen neuen Vertrag auf, der fünf Wochen Ferien vorsieht und unterschreibt im Namen ihres ehemaligen Chefs. c) Sie setzt eine Aktennotiz auf, in der sie festhält, sie habe von ihrem früheren Arbeitgeber die mündliche Bestätigung erhalten, dass sie Anspruch auf fünf Wochen Ferien habe. Mit dem entsprechenden Schreiben geht Martha zu ihrem neuen Chef und verlangt die fünfte Ferienwoche. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 188 Rechtswissenschaftliches Institut Fall 59 Ein Kassier einer Zürcher Kinokette stellte während zweier Jahre an seinem Heimcomputer selber Kinobillette her und verkaufte diese den ahnungslosen Besuchern. Bei etwa 800 verkauften Tickets à CHF16 kam so ein Deliktsbetrag von insgesamt rund CHF 12'800 zustande. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 189 Rechtswissenschaftliches Institut Fall 60 Bruno setzte im Juli 2005 einen Kaufvertrag zwischen der vom Konkurs bedrohten Einzelfirma Theo Gärtner und den Ehegatten Gerber auf. Beim Abschluss der Verträge im Sommer 2005 datierte er sie aus konkurstechnischen Gründen (Ausschluss von Anfechtungsklagen) auf den 14. März 2004 zurück. Die gestützt auf die Verträge erstellte Buchhaltung der Einzelfirma Theo Gärtner für das Jahr 2004 berücksichtigte bereits den erst im Jahr 2005 erfolgten Verkauf. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 190 Rechtswissenschaftliches Institut Fall 61 Barbara vermittelt ausländische Striptease-Tänzerinnen an Nachtclubs. Die von ihr zustande gebrachten Engagementverträge zwischen Tänzerinnen und Nachtclubs unterzeichnete Barbara anstelle der abwesenden Tänzerinnen mit deren Namen selber. Durch dieses Vorgehen konnte Zeit gespart werden und so konnten die erforderlichen Arbeitsbewilligungen noch rechtzeitig eingeholt werden. Barbara handelte zwar mit Einverständnis der Tänzerinnen, doch wusste sie, dass die Fremdenpolizei die eigenhändige Unterschrift der Antragsstellerinnen verlangte. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 191 Rechtswissenschaftliches Institut Fall 62 Garagist Gerd bestätigt im Service-Heft eines Autos fälschlicherweise einen Kilometerstand von 40'000 km (richtig sind 80'000 km). 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 192 Rechtswissenschaftliches Institut Fall 63 Der Ungare Attila Jozsef Bucsi wurde am 28. Juni 1979 verhaftet. Er wies sich aus mit dem verfälschten Pass des italienischen Staatsangehörigen Sergi Luigi und mit einem auf den gleichen Namen lautenden Führerausweis (beide Ausweise enthielten die Foto des Krivarics Ferenz). Auch in der Untersuchungshaft gab sich Bucsi bis zum 13. Juli 1979 als Sergi Luigi aus, unterzeichnete mit diesem Namen sämtliche im Strafverfahren bis dahin erstellten Protokolle, liess sich unter dem gleichen Namen am 10. Juli 1979 verurteilen und trat schliesslich als Sergi Luigi die Strafe an. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 193 Rechtswissenschaftliches Institut Besonderer Teil II Lektion 9: Urkundendelikte Kriminelle Organisation 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 194 Rechtswissenschaftliches Institut II. Urkundendelikte Der Urkundenbegriff (Art. 110 Abs. 4 und Abs. 5) Urkundenfälschung (Art. 251) Fälschung von Ausweisen (Art. 252) Erschleichung einer falschen Beurkundung (Art. 253) Unterdrückung von Urkunden (Art. 254) Grenzverrückung (Art. 256) Beseitigung von Vermessungs- und Wasserstandszeichen (Art. 257) 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 195 Rechtswissenschaftliches Institut Der Urkundenbegriff (Art. 110 Abs. 4) Die Merkmale einer Urkunde: Menschliche Gedankenäusserung (Erklärung), die an eine Drittperson gerichtet wird + Aufzeichnung in Schriftform bzw. auf Bild- oder Datenträger oder ein Zeichen + Erkennbarkeit des Ausstellers + Beweisbestimmung und Beweiseignung rechtserheblicher Tatsachen 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 196 Rechtswissenschaftliches Institut Fälschung von Ausweisen (Art. 252) Wer in der Absicht, sich oder einem andern das Fortkommen zu erleichtern, Ausweisschriften, Zeugnisse, Bescheinigungen fälscht oder verfälscht, eine Schrift dieser Art zur Täuschung gebraucht, echte, nicht für ihn bestimmte Schriften dieser Art zur Täuschung missbraucht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 197 Rechtswissenschaftliches Institut Fälschung von Ausweisen (Art. 252) Objektiver Tatbestand Täter: Jedermann Tatobjekte: Ausweisschriften, Zeugnisse oder Bescheinigungen Tathandlungen: Fälschen oder Verfälschen von Ausweisschriften, Zeugnissen oder Bescheinigungen sowie Falschbeurkundung (?); Verwendung dieser Tatobjekte zur Täuschung oder Fremde, aber echte Schriften zur Täuschung missbrauchen Subjektiver Tatbestand – Vorsatz – Absicht, sich oder einem andern das Fortkommen zu erleichtern 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 198 Rechtswissenschaftliches Institut Fälschung von Ausweisen (Art. 252) Konkurrenz und Abgrenzung: Art. 251 geht vor, sofern privilegierende Absicht nicht gegeben Immer Art. 251: Absicht Schädigung Dritter Über Erleichterung des Fortkommens hinausgehender unrechtmässiger Vorteil Keine Strafbarkeit: Tat mit richterlicher Genehmigung im Zusammenhang mit verdeckter Ermittlung (Art. 317bis) 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 199 Rechtswissenschaftliches Institut Fall 64 Claudia fälscht ihr Arbeitszeugnis und bewirbt sich damit für eine neue Stelle. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 200 Rechtswissenschaftliches Institut Erschleichung einer falschen Beurkundung (Art. 253) Wer durch Täuschung bewirkt, dass ein Beamter oder eine Person öffentlichen Glaubens eine rechtlich erhebliche Tatsache unrichtig beurkundet, namentlich eine falsche Unterschrift oder eine unrichtige Abschrift beglaubigt, wer eine so erschlichene Urkunde gebraucht, um einen andern über die darin beurkundete Tatsache zu täuschen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 201 Rechtswissenschaftliches Institut Erschleichung einer falschen Beurkundung (Art. 253) Konkurrenz: Realkonkurrenz Art. 253-251: Täuschung Urkundenperson mit unechter oder unwahrer Urkunde Art. 253 geht Art. 251 Ziff. 1 Abs. 2 vor 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 202 Rechtswissenschaftliches Institut Fall 65 X erklärte bei der Gründung der Aktiengesellschaft gegenüber dem Notar wahrheitswidrig, die Aktien seien durch Sacheinlage vollständig liberiert worden und die Bewertung der Sacheinlagen sei angemessen erfolgt. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 203 Rechtswissenschaftliches Institut Unterdrückung von Urkunden (Art. 254) 1 Wer eine Urkunde, über die er nicht allein verfügen darf, beschädigt, vernichtet, beiseiteschafft oder entwendet, in der Absicht, jemanden am Vermögen oder an andern Rechten zu schädigen oder sich oder einem andern einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft. 2 Die Unterdrückung von Urkunden zum Nachteil eines Angehörigen oder Familiengenossen wird nur auf Antrag verfolgt. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 204 Rechtswissenschaftliches Institut Unterdrückung von Urkunden (Art. 254) Objektiver Tatbestand Täter: Derjenige, der über eine bestimmte Urkunde nicht oder nicht allein verfügen darf Tathandlung: Der Täter beschädigt, vernichtet, entwendet eine Urkunde oder schafft sie beiseite Subjektiver Tatbestand Vorsatz Schädigungs- oder Vorteilsabsicht 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 205 Rechtswissenschaftliches Institut Unterdrückung von Urkunden (Art. 254) Konkurrenz und Abgrenzung: Unterschied zu Art. 137 ff. im subjektiven Tatbestand: Art. 254 ist Wegnahme, um Beweisführung zu vereiteln Art. 254 geht Art. 141 als lex specialis vor Art. 254 und Art. 144: echte Konkurrenz 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 206 Rechtswissenschaftliches Institut Fall 66 Hans reisst 15 Seiten aus dem Kassabuch und erstellt korrigierte Abschriften. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 207 Rechtswissenschaftliches Institut Fall 67 Walter, der stellvertretende Vizedirektor der Finanz AG, leitet eine die Festgeldaufnahme über US$ 500'000 betreffende Bestätigung der Bank C. nicht pflicht- und ordnungsgemäss an die Buchhaltungsabteilung der Finanz AG weiter. Walter behält die Bestätigung während zweier Wochen bei sich auf, bis Fritz, der Direktor der Finanz AG, aus den Ferien zurückkommt. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 208 Rechtswissenschaftliches Institut Grenzverrückung (Art. 256) Wer in der Absicht, jemanden am Vermögen oder an andern Rechten zu schädigen oder sich oder einem andern einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen, einen Grenzstein oder ein anderes Grenzzeichen beseitigt, verrückt, unkenntlich macht, falsch setzt oder verfälscht wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 209 Rechtswissenschaftliches Institut Beseitigung von Vermessungs- und Wasserstandszeichen (Art. 257) Wer ein öffentliches Vermessungs- oder Wasserstandszeichen beseitigt, verrückt, unkenntlich macht oder falsch setzt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 210 Rechtswissenschaftliches Institut Inhalt Besonderer Teil II I. Strafbare Handlungen gegen das Vermögen (Art. 137–151, 156, 158, 160, 172ter) II. Urkundendelikte (Art. 251–257) III. Kriminelle Organisation (Art. 260ter) IV. Delikte gegen die Rechtspflege (Art. 303–311) V. Delikte gegen die Amts- und Berufspflicht (Art. 317-317bis) VI. Einziehungsrecht (Art. 69-73) VII. Strafbarkeit des Unternehmens (Art. 102) 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 211 Rechtswissenschaftliches Institut Kriminelle Organisation (Art. 260ter) 1. Wer sich an einer Organisation beteiligt, die ihren Aufbau und ihre personelle Zusammensetzung geheim hält und die den Zweck verfolgt, Gewaltverbrechen zu begehen oder sich mit verbrecherischen Mitteln zu bereichern, wer eine solche Organisation in ihrer verbrecherischen Tätigkeit unterstützt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 212 Rechtswissenschaftliches Institut Kriminelle Organisation (Art. 260ter) Zweck Norm: Bekämpfung Organisierte Kriminalität Greift ein, wo Kausalkette nicht mehr rekonstruierbar effektivem Täter kann Tatbeteiligung an Delikte nicht mehr nachgewiesen werden 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 213 Rechtswissenschaftliches Institut Kriminelle Organisation (Art. 260ter) Objektiver Tatbestand Täter: Jedermann Tatobjekt: Organisation, die ihren Aufbau und ihre personelle Zusammensetzung geheim hält und die den Zweck verfolgt, Gewaltverbrechen zu begehen oder sich mit verbrecherischen Mitteln zu bereichern Tathandlung: Beteiligung an der Organisation oder deren Unterstützung in ihrer verbrecherischen Tätigkeit Subjektiver Tatbestand Vorsatz 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 214 Rechtswissenschaftliches Institut Kriminelle Organisation (Art. 260ter): Tatobjekt Organisation: Höhere Anforderungen als an «Bande» Rechtliches bzw. faktisches Gebilde mit auf Dauer angelegter Struktur: hierarchisch, autoritär und arbeitsteilig strukturiert Bestand unabhängig vom Ausscheiden einzelner Mitglieder: Austauschbarkeit Mehr als 3 Mitglieder 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 215 Rechtswissenschaftliches Institut Kriminelle Organisation (Art. 260ter): Tatobjekt Geheimhaltung Aufbau und personelle Zusammensetzung: Abgrenzung zu legalen Organisationen Systematische Abschottung Aufbau: Befehlsstruktur, Beziehungsnetz, Rollenverteilung Personelle Zusammensetzung: Beteiligte, ihre Aufgaben und hierarchische Stellung Zweck: Begehung Gewaltverbrechen bzw. Verbrechen zwecks Bereicherung Zwecksetzung nicht notwendig in Tat umsetzen 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 216 Rechtswissenschaftliches Institut Kriminelle Organisation (Art. 260ter) Objektiver Tatbestand Täter: Jedermann Tatobjekt: Organisation, die ihren Aufbau und ihre personelle Zusammensetzung geheim hält und die den Zweck verfolgt, Gewaltverbrechen zu begehen oder sich mit verbrecherischen Mitteln zu bereichern Tathandlung: Beteiligung an der Organisation oder deren Unterstützung in ihrer verbrecherischen Tätigkeit Subjektiver Tatbestand Vorsatz 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 217 Rechtswissenschaftliches Institut Kriminelle Organisation (Art. 260ter): Tathandlung Beteiligung (Ziff. 1 Abs. 1): Täter Eingliederung in Organisation und Entfaltung dem verbrecherischen Zweck dienende Aktivität Wesentliche Funktion genügt Zugehörigkeit auf längere Zeit Unterstützung (Ziff. 1 Abs. 2): Nicht Organisationsmitglied nur Unterstützung in krimineller Tätigkeit Unmittelbar mit verbrecherischer Tätigkeit Organisation zusammenhängend 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 218 Rechtswissenschaftliches Institut Besonderer Teil II Lektion 10: Kriminelle Organisation Delikte gegen die Rechtspflege 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 219 Rechtswissenschaftliches Institut Kriminelle Organisation (Art. 260ter) 2. Der Richter kann die Strafe nach freiem Ermessen mildern (Art. 48a), wenn der Täter sich bemüht, die weitere verbrecherische Tätigkeit der Organisation zu verhindern. 3. Strafbar ist auch, wer die Tat im Ausland begeht, wenn die Organisation ihre verbrecherische Tätigkeit ganz oder teilweise in der Schweiz ausübt oder auszuüben beabsichtigt. Artikel 3 Absatz 2 ist anwendbar. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 220 Rechtswissenschaftliches Institut Kriminelle Organisation (Art. 260ter) Konkurrenz und Abgrenzung: Blosse Beteiligung an konkreter Tat: Bestrafung nicht wegen Art. 260ter Beteiligung an konkreter Tat und an Organisation: echte Konkurrenz Zu Geldwäscherei (Art. 305bis): echte Konkurrenz, aber qualifizierte Geldwäscherei konsumiert 260ter 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 221 Rechtswissenschaftliches Institut Fall 68 Eine Gruppe von Personen hat im grossen Stil den Import, die Lagerung und den Verkauf harter Drogen organisiert, bewerkstelligt und vorbereitet sowie den Erlös aus dem Handel in Millionenhöhe verschoben. Der innere Kreis der Täter ist familiär eng miteinander verbunden. Kopf der Gruppe ist Hans gewesen. Nach dessen Untertauchen haben sein Bruder Kurt sowie die Schwester Klara mit ihrem Ehemann August im Zentrum gestanden. Im Hintergrund hat der Vater Gustav agiert. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 222 Rechtswissenschaftliches Institut Fall 69 Hans verwaltet ein Teil des Vermögens der baskischen «ETA». 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 223 Rechtswissenschaftliches Institut Fall 70 Ein tunesisch-marokkanisches Paar – der frühere Ehemann der Frau war ein Selbstmordattentäter – richtet Internetforen ein zum Zweck der Kommunikation auch von sich ausdrücklich zum Netzwerk der «Al-Qaida» zählende terroristische Gruppierungen. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 224 Rechtswissenschaftliches Institut IV. Delikte gegen die Rechtspflege Falsche Anschuldigungen und Anzeigen Falsche Anschuldigung (Art. 303) Irreführung der Rechtspflege (Art. 304) Verletzung prozessualer Wahrheitspflichten Falsche Beweisaussage der Partei (Art. 306) Falsches Zeugnis. Falsches Gutachten. Falsche Übersetzung (Art. 307) Begünstigung und Geldwäscherei Begünstigung (Art. 305) Geldwäscherei (Art. 305bis) Mangelnde Sorgfalt bei Finanzgeschäften und Melderecht (Art. 305ter) Gefangenenbefreiung Befreiung von Gefangenen (Art. 310) Meuterei von Gefangenen (Art. 311) 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 225 Rechtswissenschaftliches Institut Falsche Anschuldigung (Art. 303) 1. Wer einen Nichtschuldigen wider besseres Wissen bei der Behörde eines Verbrechens oder eines Vergehens beschuldigt, in der Absicht, eine Strafverfolgung gegen ihn herbeizuführen, wer in anderer Weise arglistige Veranstaltungen trifft, in der Absicht, eine Strafverfolgung gegen einen Nichtschuldigen herbeizuführen, wird mit Freiheitsstrafe oder Geldstrafe bestraft. 2. Betrifft die falsche Anschuldigung eine Übertretung, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 226 Rechtswissenschaftliches Institut Direkte und indirekte falsche Anschuldigung (Art. 303 Ziff. 1 Abs. 1 und 2) Objektiver Tatbestand Täter: Jedermann Tathandlungen: Einen Nichtschuldigen bei einer Behörde einer Straftat bezichtigen (Ziff. 1 Abs. 1) Treffen arglistiger Veranstaltungen, welche auf ein deliktisches Verhalten einer unschuldigen Person hinweisen (Ziff. 1 Abs. 2) Subjektiver Tatbestand Direkter Vorsatz Absicht, gegen den Nichtschuldigen ein Strafverfahren herbeizuführen 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 227 Rechtswissenschaftliches Institut Direkte falsche Anschuldigung (Art. 303 Ziff. 1 Abs. 1) Beschuldigung Unschuldigen bei Behörde wegen strafbarer Handlung: Ausreichend, wenn Beschuldigter bestimmbar Nichtschuldig: wer zur Last gelegte strafbare Handlung objektiv nicht verübt hat Bei Behörde: Strafverfolgungsbehörde oder Behörde, die zur Weiterleitung verpflichtet U.U. auch wenn nicht zur Weiterleitung verpflichtet oder Privat Tat mündlich oder schriftlich (auch anonym) Strafverfolgung bei Tat noch nicht im Gang Erfolg Täter: unerheblich 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 228 Rechtswissenschaftliches Institut Direkte und indirekte falsche Anschuldigung (Art. 303 Ziff. 1 Abs. 1 und 2) Objektiver Tatbestand Täter: Jedermann Tathandlungen: Einen Nichtschuldigen bei einer Behörde einer Straftat bezichtigen (Ziff. 1 Abs. 1) Treffen arglistiger Veranstaltungen, welche auf ein deliktisches Verhalten einer unschuldigen Person hinweisen (Ziff. 1 Abs. 2) Subjektiver Tatbestand Direkter Vorsatz Absicht, gegen den Nichtschuldigen ein Strafverfahren herbeizuführen 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 229 Rechtswissenschaftliches Institut Indirekte falsche Anschuldigung (Art. 303 Ziff. 1 Abs. 2) Täter trifft in anderer Weise arglistige Vorkehrungen, mit Ziel eine Strafverfolgung gegen einen Unschuldigen herbeizuführen: Vorkehrungen müssen auf Täterschaft des Betroffenen hinweisen Arglistig: nicht leicht durchschaubar lässt objektiv Eröffnung Untersuchung erwarten Aktive Tun 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 230 Rechtswissenschaftliches Institut Direkte und indirekte falsche Anschuldigung (Art. 303 Ziff. 1 Abs. 1 und 2) Objektiver Tatbestand – Täter: Jedermann – Tathandlungen: – Einen Nichtschuldigen bei einer Behörde einer Straftat bezichtigen (Ziff. 1 Abs. 1) – Treffen arglistiger Veranstaltungen, welche auf ein deliktisches Verhalten einer unschuldigen Person hinweisen (Ziff. 1 Abs. 2) Subjektiver Tatbestand – Direkter Vorsatz – Absicht, gegen den Nichtschuldigen ein Strafverfahren herbeizuführen 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 231 Rechtswissenschaftliches Institut Fall 71 Nachdem Annas Tochter von einem Wochenende bei Tim, dem geschiedenen Ehegatten von Anna und Vater ihrer Tochter, zurückkehrt, macht sie Andeutungen, die Anna als Hinweise auf einen sexuellen Missbrauch deutet. Sie ist sich der Sache zwar durchaus nicht sicher, macht aber trotzdem eine Anzeige gegen Tim bei der Polizei. Tatsächlich hat kein Missbrauch stattgefunden. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 232 Rechtswissenschaftliches Institut Fall 72 Hans hat, um selber anonym bleiben zu können, aus dem elektronischen Telefonbuch die Angaben von existierenden Personen entnommen und auf diese E-Mail Accounts eingerichtet. Er bestellte in ihrem Namen kinderpornographisches Material über das Internet. In der Folge kam es zu Strafverfahren gegen die betreffenden Personen. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 233 Rechtswissenschaftliches Institut Fall 73 Heinz hinterlässt an der Tür zu seinem Imbisslokal Spuren, die einen Einbruchdiebstahl vortäuschen sollen. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 234 Rechtswissenschaftliches Institut Irreführung der Rechtspflege (Art. 304) 1. Wer bei einer Behörde wider besseres Wissen anzeigt, es sei eine strafbare Handlung begangen worden, wer sich selbst fälschlicherweise bei der Behörde einer strafbaren Handlung beschuldigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. 2. In besonders leichten Fällen kann der Richter von einer Bestrafung Umgang nehmen. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 235 Rechtswissenschaftliches Institut Irreführung der Rechtspflege (Art. 304) Objektiver Tatbestand Täter: Jedermann Tathandlungen: Der Täter zeigt bei einer Behörde eine strafbare Handlung an, die in Wirklichkeit nicht verübt worden ist (Ziff. 1 Abs. 1) Der Täter beschuldigt sich bei einer Behörde einer strafbaren Handlung, die er nicht verübt hat (Ziff. 1 Abs. 2) Subjektiver Tatbestand Direkter Vorsatz 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 236 Rechtswissenschaftliches Institut Fall 74 Max hat alkoholisiert einen Verkehrsunfall verursacht und Fahrerflucht begangen. Da er vorbestraft ist, bittet er seinen Bruder, die Verantwortung für den Unfall zu übernehmen. Dieser ist einverstanden. In der Folge gibt Max an, dass sein Bruder mit dem Auto gefahren sei und den Unfall verursacht habe. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 237 Rechtswissenschaftliches Institut Fall 75 Im Juli 2014 gab Heidi dem Fahrradhändler Rolf an, dass ihr Fahrrad, das sie bei der Velo-Wach AG versichert und in Wirklichkeit im Frühling 2013 verkauft hatte, in demselben Frühling gestohlen wurde. Rolf fragte Heidi, ob sie den Diebstahl gemeldet habe. Als Heidi dies verneinte, riet ihr Rolf, die Schadensmeldung nachzuholen und Juli 2014 als Zeitpunkt des Diebstahls anzugeben. Heidi zeigte daher Ende Juli 2014 der Polizei und der Velo-Wach AG an, dass ihr am 15. Juli 2014 das Fahrrad entwendet worden sei. Die Velo-Wach AG liess sich täuschen und entschädigte Heidi. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 238 Rechtswissenschaftliches Institut Falsche Beweisaussage der Partei (Art. 306) 1 Wer in einem Zivilrechtsverfahren als Partei nach erfolgter richterlicher Ermahnung zur Wahrheit und nach Hinweis auf die Straffolgen eine falsche Beweisaussage zur Sache macht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. 2 Wird die Aussage mit einem Eid oder einem Handgelübde bekräftigt, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe nicht unter 90 Tagessätzen. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 239 Rechtswissenschaftliches Institut Falsche Beweisaussage der Partei (Art. 306) Objektiver Tatbestand Täter: Partei in Zivilrechtsverfahren Tathandlung: falsche Beweisaussage zur Sache Inhalt bei Abschluss Einvernahme Subjektiver Tatbestand Vorsatz 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 240 Rechtswissenschaftliches Institut Falsche Beweisaussage der Partei (Art. 306) Konkurrenz: Echte Konkurrenz zum Betrug: Art. 306: keine unrechtmässige Bereicherung Unterschiedliche Rechtsgüter Betrug: Schutz Vermögen einer Prozesspartei vor Irreführung des Gerichts zu ihrem Nachteil Falsche Aussage: Schutz Rechtspflege und ihre Wahrheitsermittlung 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 241 Rechtswissenschaftliches Institut Besonderer Teil II Lektion 11: Delikte gegen die Rechtspflege 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 242 Rechtswissenschaftliches Institut IV. Delikte gegen die Rechtspflege Falsche Anschuldigungen und Anzeigen Falsche Anschuldigung (Art. 303) Irreführung der Rechtspflege (Art. 304) Verletzung prozessualer Wahrheitspflichten Falsche Beweisaussage der Partei (Art. 306) Falsches Zeugnis. Falsches Gutachten. Falsche Übersetzung (Art. 307) Begünstigung und Geldwäscherei Begünstigung (Art. 305) Geldwäscherei (Art. 305bis) Mangelnde Sorgfalt bei Finanzgeschäften und Melderecht (Art. 305ter) Gefangenenbefreiung Befreiung von Gefangenen (Art. 310) Meuterei von Gefangenen (Art. 311) 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 243 Rechtswissenschaftliches Institut Falsches Zeugnis, Falsches Gutachten, Falsche Übersetzung (Art. 307) Wer in einem gerichtlichen Verfahren als Zeuge, Sachverständiger, Übersetzer oder Dolmetscher zur Sache falsch aussagt, einen falschen Befund oder ein falsches Gutachten abgibt oder falsch übersetzt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft. 1 2 Werden die Aussage, der Befund, das Gutachten oder die Übersetzung mit einem Eid oder mit einem Handgelübde bekräftig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe nicht unter 180 Tagessätzen. 3 Bezieht sich die falsche Äusserung auf Tatsachen, die für die richterliche Entscheidung unerheblich sind, so ist die Strafe Geldstrafe bis zu 180 Tagessätzen. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 244 Rechtswissenschaftliches Institut Falsches Zeugnis (Art. 307 Abs. 1) Objektiver Tatbestand Täter: Zeuge Tathandlungen: «zur Sache falsch aussagt» «zur Sache»: Abklärung, Feststellung Sachverhalt Erhebliche Aussage zur Sache (unerheblich: Abs. 3) «falsch»: Widerspruch zum tatsächlich objektiven Geschehen Subjektiver Tatbestand Vorsatz 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 245 Rechtswissenschaftliches Institut Falsches Gutachten, Falsche Übersetzung (Art. 307 Abs. 1) Objektiver Tatbestand Täter: Sachverständige, Übersetzer oder Dolmetscher Tathandlungen: «falschen Befund oder ein falsches Gutachten abgibt oder falsch übersetzt» «falsch» bezüglich Gutachten: Widergegebene Feststellung entspricht nicht tatsächlicher Feststellung Aus festgestellten Tatsachen falsche Schlussfolgerung gezogen «falsch» bezüglich Übersetzungen: Sinn Äusserung unrichtig Subjektiver Tatbestand Vorsatz 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 246 Rechtswissenschaftliches Institut Falsches Zeugnis, Falsches Gutachten, Falsche Übersetzung (Art. 307) 1 … 2 Werden die Aussage, der Befund, das Gutachten oder die Übersetzung mit einem Eid oder mit einem Handgelübde bekräftig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe nicht unter 180 Tagessätzen. 3 Bezieht sich die falsche Äusserung auf Tatsachen, die für die richterliche Entscheidung unerheblich sind, so ist die Strafe Geldstrafe bis zu 180 Tagessätzen. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 247 Rechtswissenschaftliches Institut Fall 76 Im Rahmen der Untersuchung gegen Y wurde X als Zeuge zur Wahrheit ermahnt, auf die Strafdrohung von Art. 307 StGB hingewiesen und in der Folge einvernommen. In der Einvernahme gab X vor, sich genau an die Ereignisse erinnern zu können und machte entsprechende Angaben. In Tat und Wahrheit konnte er sich nicht mehr an den Sachverhalt erinnern. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 248 Rechtswissenschaftliches Institut Fall 77 Paul ist gelegentlich sowohl als Gerichtsgutachter als auch als privater Gutachter tätig. Nun frag ihn ein befreundeter Anwalt an, ob er für seinen Klienten ein psychologisches Gutachten erstellen könnte. Paul hat keine Zeit den Klienten persönlich zu treffen, daher stützt er sich für das Gutachten auf die Angaben des den Klienten betreuenden Arztes. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 249 Rechtswissenschaftliches Institut Strafmilderung (Art. 308) 1 Berichtigt der Täter seine falsche Anschuldigung (Art. 303), seine falsche Anzeige (Art. 304) oder Aussage (Art. 306 und 307) aus eigenem Antrieb und bevor durch sie ein Rechtsnachteil für einen andern entstanden ist, so kann der Richter die Strafe mildern (Art. 48a) oder von einer Bestrafung Umgang nehmen. 2 Hat der Täter eine falsche Äusserung getan (Art. 306 und 307), weil er durch die wahre Aussage sich oder seine Angehörigen der Gefahr strafrechtlicher Verfolgung aussetzen würde, so kann der Richter die Strafe mildern (Art. 48a). 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 250 Rechtswissenschaftliches Institut Fall 78 Es bedurfte der eindringlichen Intervention der Ehefrau und des Schwagers, verbunden mit der Drohung, dass sich bei Nichtbefolgen der Ratschläge ernsthafte Schwierigkeiten ergeben würden, bis sich Günter überwinden konnte, auf seine unrichtigen Aussagen zurückzukommen. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 251 Rechtswissenschaftliches Institut Verwaltungssachen und Verfahren vor internationalen Gerichten (Art. 309) Die Artikel 306-308 finden auch Anwendung auf: a. das Verwaltungsgerichtsverfahren, das Schiedsgerichtsverfahren und das Verfahren vor Behörden und Beamten der Verwaltung, denen das Recht der Zeugenabhörung zusteht; b. das Verfahren vor internationalen Gerichten, deren Zuständigkeit die Schweiz als verbindlich anerkennt. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 252 Rechtswissenschaftliches Institut Begünstigung (Art. 305) 1 Wer jemanden der Strafverfolgung, dem Strafvollzug oder dem Vollzug einer der in den Artikeln 59-61, 63 und 64 vorgesehenen Massnahmen entzieht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. 1bis Ebenso wird bestraft, wer jemanden, der im Ausland wegen eines Verbrechens nach Artikel 101 verfolgt wird oder verurteilt wurde, der dortigen Strafverfolgung oder dem dortigen Vollzug einer Freiheitsstrafe oder einer Massnahme im Sinne von der Artikel 59-61, 63 oder 64 entzieht. 2 Steht der Täter in so nahen Beziehungen zu dem Begünstigten, dass sein Verhalten entschuldbar ist, so kann der Richter von einer Bestrafung Umgang nehmen. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 253 Rechtswissenschaftliches Institut Begünstigung (Art. 305) Objektiver Tatbestand Täter: Jedermann Tathandlungen: Der Täter bewirkt durch eine beliebige Handlung, dass ein Dritter der Strafverfolgung entzogen wird Der Täter bewirkt durch eine beliebige Handlung, dass ein Dritter dem Vollzug einer Strafe oder einer strafrechtlichen Massnahme entzogen wird Subjektiver Tatbestand Vorsatz 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 254 Rechtswissenschaftliches Institut Begünstigung (Art. 305): Verfolgungsbegünstigung Täter entzieht jemanden der Strafverfolgung: Erfolg: mind. für gewisse Zeit der Strafverfolgung entzogen Strafbarkeit schon gegeben, obwohl noch kein Verfahren eingeleitet ist Straftat muss noch nicht abgeschlossen sein Tat ist auf Erschwerung Verfolgung gerichtet Handlungsformen: Unrichtige Darstellung durch tatsächliche Veränderungen Verhindern Beweisabnahme Fluchthilfe Behörde kommt Strafverfolgungspflicht nicht nach 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 255 Rechtswissenschaftliches Institut Begünstigung (Art. 305) Objektiver Tatbestand Täter: Jedermann Tathandlungen: Der Täter bewirkt durch eine beliebige Handlung, dass ein Dritter der Strafverfolgung entzogen wird Der Täter bewirkt durch eine beliebige Handlung, dass ein Dritter dem Vollzug einer Strafe oder einer strafrechtlichen Massnahme entzogen wird Subjektiver Tatbestand Vorsatz 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 256 Rechtswissenschaftliches Institut Begünstigung (Art. 305): Vollzugsbegünstigung Entzug Vollzug Strafe od. Massnahme gem. Art. 59-61, 63, 64: Art. 59: Stationäre therapeutische Massnahmen Art. 60: Suchtbehandlung Art. 61: Massnahmen für junge Erwachsene Art. 63: Ambulante Behandlung Art. 64: Verwahrung Strafvollzug: Haupt- und Nebenstrafen Keine ausländischen Strafen Nur Vollzugsformen, welche Staat mit unmittelbarem Zwang durchsetzt Erfolg: mind. Verzögerung, Verhinderung, Erschwerung Vollzug um eine gewisse Zeit 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 257 Rechtswissenschaftliches Institut Straflose Selbstbegünstigung Wer sich selbst der Strafverfolgung oder dem -vollzug entzieht, begeht keine strafbare Begünstigung. Straflos sind: Anstiftung und Gehilfenschaft zur Begünstigung von sich selbst durch einen anderen; Mitbegünstigung im Sinne der Begünstigung eines anderen, wenn indirekt auch eine Selbstbegünstigung vorliegt; Anstiftung zur Selbstbegünstigung eines anderen; Achtung: Gehilfenschaft zur Selbstbegünstigung eines anderen kann Fremdbegünstigung sein. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 258 Rechtswissenschaftliches Institut Fall 79 Kurt verübt einen Raub und wird von der Polizei verfolgt. Er bringt Emil dazu, dass dieser ihn bei sich im Keller versteckt. Als die Polizei Emil zum Aufenthalt von Kurt befragt, gibt dieser an, dass Kurt sich ins Ausland abgesetzt hat. Schliesslich wird Kurt doch noch gefasst. Der Untersuchungsbeamte Stefan, der den Fall untersucht, ist ein Bekannter von Kurt und lässt den Fall einfach unbearbeitet liegen. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 259 Rechtswissenschaftliches Institut Fall 80 Y, der aus Angst vor einer Verhaftung nicht in sein Hotelzimmer zurückkehren konnte, bat seinen Freund X, unter Nennung der Umstände, sein Gepäck aus dem Hotel zu holen. Das Gepäck bestand lediglich aus persönlichen Effekten. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 260 Rechtswissenschaftliches Institut Fall 81 Horst betreibt eine Internetplattform, die den Benutzern die Möglichkeit bietet, sich mit einem Pseudonym über verschiedene Themen anonym zu äussern. Diverse unbekannte Benutzer liessen sich zu Ehrverletzungen hinreissen. Die Internetplattform von Horst ist als Providerin zu qualifizieren. Somit trifft Horst gem. BÜPF die Pflicht, die Daten zur Identifikation der Benutzer zu speichern. Horst hat diese Daten nicht gespeichert. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 261 Rechtswissenschaftliches Institut Geldwäscherei (Art. 305bis): Kriminalpolitische Begründung: Internationale Verbrechen wirft enorme Gewinne ab Art. 305bis soll Überführung in legale Wirtschaft verhindern Schutz der Spuren Bekämpfung organisierte Verbrechen an sich 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 262 Rechtswissenschaftliches Institut Geldwäscherei (Art. 305bis Ziff. 1 und 3): 1. Wer eine Handlung vornimmt, die geeignet ist, die Ermittlung der Herkunft, die Auffindung oder die Einziehung von Vermögenswerten zu vereiteln, die, wie er weiss oder annehmen muss, aus einem Verbrechen herrühren, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. 2. … 3. Der Täter wird auch bestraft, wenn die Haupttat im Ausland begangen wurde und diese auch am Begehungsort strafbar ist. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 263 Rechtswissenschaftliches Institut Ablauf der Geldwäscherei SCHMUTZIGES GELD PLACEMENT/EINSCHLEUSUNG Phase 1 Illegale Vermögenswerte werden unter Umgehung von Deklarations- und Identifikationspflichten im legalen Finanzsystem platziert. LAYERING/VERTEILUNG Phase 2 Die illegale Herkunft der Vermögenswerte wird durch Transaktionen verschleiert. INTEGRATION/RÜCKFÜHRUNG Phase 3 Rückführung der reingewaschenen Vermögenswerte, die dann dem Täter als legale Einkünfte zur Verfügung stehen. SAUBERES GELD Rechtswissenschaftliches Institut Besonderer Teil II Lektion 12: Delikte gegen die Rechtspflege 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 265 Rechtswissenschaftliches Institut IV. Delikte gegen die Rechtspflege Falsche Anschuldigungen und Anzeigen Falsche Anschuldigung (Art. 303) Irreführung der Rechtspflege (Art. 304) Verletzung prozessualer Wahrheitspflichten Falsche Beweisaussage der Partei (Art. 306) Falsches Zeugnis. Falsches Gutachten. Falsche Übersetzung (Art. 307) Begünstigung und Geldwäscherei Begünstigung (Art. 305) Geldwäscherei (Art. 305bis) Mangelnde Sorgfalt bei Finanzgeschäften und Melderecht (Art. 305ter) Gefangenenbefreiung Befreiung von Gefangenen (Art. 310) Meuterei von Gefangenen (Art. 311) 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 266 Rechtswissenschaftliches Institut Geldwäscherei (Art. 305bis Ziff. 1) Objektiver Tatbestand Täter: Jedermann, insbesondere auch der Vortäter Tatobjekte: Aus einem Verbrechen stammende Vermögenswerte Tathandlung: Der Täter nimmt eine Handlung vor, die geeignet ist, die Einziehung von Vermögenswerten (i.S. von Art. 70) zu vereiteln: Umwandlung des Wertträgers (z.B. Geld in grössere Noten gleicher Währung); Die Anlage von Werten; Übertragung auf Strohmänner und zu gründende Gesellschaften; Verstecken der Vermögenswerte Subjektiver Tatbestand Vorsatz 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 267 Rechtswissenschaftliches Institut Geldwäscherei (Art. 305bis Ziff. 1): Tatobjekte Aus Verbrechen stammende Vermögenswerte: Verbrechen gem. Art. 10 Abs. 2 Vortat: tatbestandsmässig und rechtswidrig Genügt: bereits versuchte Tat, Vorbereitung Kein Strafantrag oder verjährt keine Geldwäscherei Vortat: kann ausländische Tat sein (Ziff. 3) Aus Verbrechen stammende Vermögenswerte: producta sceleris: deliktisch erlangte Beute pretium sceleris: Verbrecherlohn Surrogate: sofern sie noch als kontaminiert betrachtet werden können 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 268 Rechtswissenschaftliches Institut Geldwäscherei: Steuervergehen als Vortat per 1.1.2016 Steuervortat: 305bis Ziff. 1. Wer eine Handlung vornimmt, die geeignet ist, die Ermittlung der Herkunft, die Auffindung oder die Einziehung von Vermögenswerten zu vereiteln, die, wie er weiss oder annehmen muss, aus einem Verbrechen oder aus einem qualifizierten Steuervergehen herrühren, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. 305 bis Ziff. 1bis. Als qualifiziertes Steuervergehen gelten die Straftaten nach Artikel 186 des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die direkte Bundessteuer und nach Artikel 59 Absatz 1 erstes Lemma des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden, wenn die hinterzogenen Steuern pro Steuerperiode mehr als 300 000 Franken betragen 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 269 Rechtswissenschaftliches Institut Geldwäscherei (Art. 305bis) Objektiver Tatbestand Täter: Jedermann, insbesondere auch der Vortäter Tatobjekte: Aus einem Verbrechen stammende Vermögenswerte Tathandlung: Der Täter nimmt eine Handlung vor, die geeignet ist, die Einziehung von Vermögenswerten (i.S. von Art. 70) zu vereiteln: Umwandlung des Wertträgers (z.B. Geld in grössere Noten gleicher Währung); Die Anlage von Werten; Übertragung auf Strohmänner und zu gründende Gesellschaften; Verstecken der Vermögenswerte Subjektiver Tatbestand Vorsatz 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 270 Rechtswissenschaftliches Institut Geldwäscherei (Art. 305bis Ziff. 2): Qualifikation 2. In schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe. Mit der Freiheitsstrafe wird eine Geldstrafe bis zu 500 Tagessätzen verbunden. Ein schwerer Fall liegt insbesondere vor, wenn der Täter: a. als Mitglied einer Verbrechensorganisation handelt; b. als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Ausübung der Geldwäscherei zusammengefunden hat; c. durch gewerbsmässige Geldwäscherei einen grossen Umsatz oder einen erheblichen Gewinn erzielt. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 271 Rechtswissenschaftliches Institut Geldwäscherei (Art. 305bis) Konkurrenz und Abgrenzung: Echte Konkurrenz: Hehlerei (Art. 160) Begünstigung (Art. 305) Kriminelle Organisation (Art. 260ter): Idealkonkurrenz bei Unterstützung Krimineller Organisation Art. 305bis Abs. 2 lit. a geht vor, wenn man als Mitglied handelt 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 272 Rechtswissenschaftliches Institut Fall 82 Christian ist Inhaber einer Schreinerei. Da diese Branche seit geraumer Zeit stagniert, handelt er nebenbei mit Betäubungsmittel und erwirtschaftet auf diese Weise CHF 100‘000 in bar. Das Bargeld möchte er unbemerkt auf sein Geschäftskonto einzahlen. Franz, ein Kunde von Christian, hat sich bereit erklärt, ihm dabei zu helfen und nimmt das Bargeld an sich. Christian stellt nun Franz eine Rechnung in der Höhe von CHF 100‘000 für einen tatsächlich nicht erfolgten Innenausbau aus. Franz begleicht die Rechnung in vier Raten durch Einzahlung des Bargeldes auf das Geschäftskonto von Christian. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 273 Rechtswissenschaftliches Institut Fall 83 X führte eine erhebliche Menge Drogengelder, welche er zuvor im Mietwagen unterhalb des Armaturenbretts versteckt hatte, in die Schweiz ein. Dies erfolgte mit der Absicht, nach Vaduz/FL weiterzureisen und das Geld dort auf ein Konto der Z AG einzuzahlen. Die Z AG war gegründet worden, um die Herkunft dubioser Gelder zu verschleiern. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 274 Rechtswissenschaftliches Institut Fall 84 Gustav war als Anlageberater einer Bank tätig. In dieser Funktion eröffnete er im Oktober 1988 eine Kundenverbindung mit Anton, der im Drogenhandel tätig war. Noch im gleichen Jahr wurden grosse aus dem Drogenhandel stammende Beträge auf das Konto einbezahlt. Weitere Transaktionen erfolgten nicht mehr. Erst im Jahr 2000 disponierte Gustav insgesamt 7 Mio. Franken ab und entzog sie damit der Strafverfolgungsbehörde. Für diese Transaktion erhielt er von Anton persönliche Zuwendungen. Gustav ging dabei davon aus, dass seine Handlungen rechtmässig seien, da die Gelder schon seit mehr als zehn Jahre auf dem besagten Konto lagen. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 275 Rechtswissenschaftliches Institut Fall 85 Kurt fälscht Banknoten, macht damit eine Einzahlung auf sein Konto, hebt am Bancomat den entsprechenden Betrag wieder ab und zahlt das Geld auf ein anderes Konto von ihm ein. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 276 Rechtswissenschaftliches Institut Fall 86 Georg deponiert CHF 145'000, die aus dem Drogenhandel stammen, in der Wohnung von seinem Bruder Kuno. Kuno ist nicht vorbestraft und gegen aussen im Zusammenhang mit Drogenhandel nie in Erscheinung getreten. Da entsprechend davon auszugehen ist, dass kein Verdacht auf Kuno fallen wird, ist es auch nicht notwendig, das Geld in Kunos Wohnung besonders zu verstecken. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 277 Rechtswissenschaftliches Institut Fall 87 Anton reagiert auf ein Stelleninserat der Organisation X, die angeblich im karitativen Bereich tätig ist. Auf Anfrage der Organisation X eröffnet Anton ein privates E-Banking-Konto, um Gelder für einen «wohltätigen Zweck» entgegenzunehmen. Als etliche Zahlungen à CHF 8’000 auf dem Konto eingehen, hebt Anton weisungsgemäss das Geld ab und leitet es durch verschiedenen Geldtransfers an vier in Russland wohnhafte Empfänger weiter. Beim Geldtransfer wird Anton von einer Angestellten der Western Union darauf aufmerksam gemacht, dass die Begünstigten bereits mehrere Male zuvor Begünstigte von Geldtransfers gewesen seien und er sich deshalb die Überweisung noch einmal überlegen sollte. Anton gibt die Überweisung trotzdem in Auftrag und behält gemäss Abmachung CHF 1’700 als Lohn. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 278 Rechtswissenschaftliches Institut Mangelnde Sorgfalt bei Finanzgeschäften und Melderecht (Art. 305ter Abs. 1) 1 Wer berufsmässig fremde Vermögenswerte annimmt, aufbewahrt, anlegen oder übertragen hilft und es unterlässt, mit der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt die Identität des wirtschaftlich Berechtigten festzustellen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bestraft. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 279 Rechtswissenschaftliches Institut Mangelnde Sorgfalt bei Finanzgeschäften und Melderecht (Art. 305ter) Objektiver Tatbestand Täter: Derjenige, der im Rahmen seines beruflichen Aufgabenbereiches im Finanzsektor fremde Vermögenswerte annimmt, aufbewahrt, anlegen oder übertragen hilft Tatobjekt: Fremde Vermögenswerte Tathandlung: Der Täter unterlässt es im Umgang mit fremden Vermögenswerten, mit einer nach den Umständen gebotenen Sorgfalt die Identität des wirtschaftlich Berechtigten festzustellen Subjektiver Tatbestand Vorsatz 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 280 Rechtswissenschaftliches Institut Mangelnde Sorgfalt bei Finanzgeschäften und Melderecht (Art. 305ter Abs. 2) 2 Die von Absatz 1 erfassten Personen sind berechtigt, den inländischen Strafverfolgungsbehörden und den vom Gesetz bezeichneten Bundesbehörden Wahrnehmungen zu melden, die darauf schliessen lassen, dass Vermögenswerte aus einem Verbrechen herrühren. Ab 1.1.2016 Erweiterung: 2 …aus einem Verbrechen oder aus einem qualifizierten Steuervergehen nach Artikel 305bis Ziffer 1bis herrühren. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 281 Rechtswissenschaftliches Institut Mangelnde Sorgfalt bei Finanzgeschäften und Melderecht (Art. 305ter) Konkurrenz und Abgrenzung: Art. 305ter wird von Art. 305bis konsumiert Echte Konkurrenz: Hehlerei (Art. 160) Begünstigung (Art. 305) 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 282 Rechtswissenschaftliches Institut Fall 88 Gerd ist als Wechselagent und professioneller Geldkurier tätig. Im Jahr 1995 nahm er das Angebot des Mitangeklagten Z. an, gegen eine Provision von 3-3.5% des Wertes Bargeld in englischer Währung von London in die Schweiz zu transportieren. In der Zeit von Mai bis November 1995 transportierte er in ca. 20 Malen Bargeld im Gesamtwert von umgerechnet rund 13 Millionen Schweizer Franken von London in die Schweiz. Er wechselte das Geld in der Schweiz in Schweizer Franken und zahlte es auf ein Konto einer von ihm beherrschten Unternehmung bei einer Bank ein, über welches er zeichnungsberechtigt war. Gerd war bei allen diesen Transaktionen die Identität des an den Geldern wirtschaftlich Berechtigten nicht bekannt, und er unterliess es, diesbezügliche Abklärungen zu treffen. Stattdessen begnügte er sich mit den Angaben des Mitangeklagten Z., wonach es sich um Gelder eines jüdischen Konzerns beziehungsweise um Schwarzgelder (Steuerfluchtgelder) respektive um Gelder aus Hotels beziehungsweise aus Casinos handle. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 283 Rechtswissenschaftliches Institut Fall 89 Lorenz ist für die AKB Privatbank Zürich als Mitglied der Geschäftsleitung tätig. Er eröffnet zwei Konten lautend auf die NOVUM GmbH. Das für die Kontoeröffnung notwendige Formular A wird von Ruth, der Vertreterin der NOVUM GmbH, unterzeichnet. Lorenz nimmt die Unterlagen ohne weitere Prüfung entgegen und eröffnet die Konten, obgleich im Formular als wirtschaftlich Berechtigte die Kontoinhaberin NOVUM GmbH vermerkt ist, er selbst aber davon ausgeht, die wirtschaftlich Berechtigte sei in Wirklichkeit Ruth. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 284 Rechtswissenschaftliches Institut Fall 90 Bei drei bereits bestehenden Bankverbindungen mit verschiedenen Banken bezeichnet Anna fälschlicherweise aufgrund mangelnder Sorgfalt auf dem Formular A Carl und Gustav als wirtschaftlich Berechtigte. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 285 Rechtswissenschaftliches Institut Besonderer Teil II Lektion 13: Delikte gegen die Rechtspflege Delikte gegen die Amts- und Berufspflicht Einziehungsrecht 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 286 Rechtswissenschaftliches Institut IV. Delikte gegen die Rechtspflege Falsche Anschuldigungen und Anzeigen Falsche Anschuldigung (Art. 303) Irreführung der Rechtspflege (Art. 304) Verletzung prozessualer Wahrheitspflichten Falsche Beweisaussage der Partei (Art. 306) Falsches Zeugnis. Falsches Gutachten. Falsche Übersetzung (Art. 307) Begünstigung und Geldwäscherei Begünstigung (Art. 305) Geldwäscherei (Art. 305bis) Mangelnde Sorgfalt bei Finanzgeschäften und Melderecht (Art. 305ter) Gefangenenbefreiung Befreiung von Gefangenen (Art. 310) Meuterei von Gefangenen (Art. 311) 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 287 Rechtswissenschaftliches Institut Befreiung von Gefangenen (Art. 310) 1. Wer mit Gewalt, Drohung oder List einen Verhafteten, einen Gefangenen oder einen andern auf amtliche Anordnung in eine Anstalt Eingewiesenen befreit oder ihm zur Flucht behilflich ist, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. 2. Wird die Tat von einem zusammengerotteten Haufen begangen, so wird jeder, der an der Zusammenrottung teilnimmt, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. Der Teilnehmer, der Gewalt an Personen oder Sachen verübt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe nicht unter 30 Tagessätzen bestraft. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 288 Rechtswissenschaftliches Institut Befreiung von Gefangenen (Art. 310 Ziff. 1) Objektiver Tatbestand Täter: einzelne aussenstehende Drittperson Tatmittel: Gewalt, Drohung, List Tathandlung: mit Gewalt, Drohung oder List einen Verhafteten, einen Gefangenen oder einen andern auf amtliche Anordnung in eine Anstalt Eingewiesenen befreit oder ihm zur Flucht behilflich Erfolg: Gefangener erlangt Freiheit Subjektiver Tatbestand Vorsatz 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 289 Rechtswissenschaftliches Institut Befreiung von Gefangenen (Art. 310 Ziff. 1): Befreiung Befreiung (alle zur Sicherung des Gewahrsams aufgerichteten Hindernisse überwinden) mittels: Gewalt: V.a. physische Gewalt Richtet sich gegen Person oder Sache Drohung: Psychische Gewaltanwendung Geeignet, Personen dermassen einzuschüchtern, dass sie sich genötigt fühlen, Befreiung zu dulden oder zu ermöglichen List: Aktiv irreführen, ausnützen bestehenden Irrtums Ausnützen Kenntnisse keine List 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 290 Rechtswissenschaftliches Institut Befreiung von Gefangenen (Art. 310 Ziff. 1): Hilfe zur Flucht Irgendeinen Beitrag leisten Aktiv Kausaler Teil-Beitrag Bis Gefangener Freiheit erlangt Mittels Gewalt, Drohung oder List 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 291 Rechtswissenschaftliches Institut Befreiung von Gefangenen (Art. 310) Konkurrenz und Abgrenzung: Art. 310 geht als lex specialis der Begünstigung (Art. 305) vor Aber: Fluchthilfe, wenn im Moment der Tat nicht in Gefangenschaft (Hafturlaub, auswärtige Arbeit) Art 305 Unterstützung von bereits (selbständig) Entwichenen Art. 305 statt Art. 310 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 292 Rechtswissenschaftliches Institut Fall 91 Klara beliefert als Bäuerin das nahegelegene Gefängnis regelmässig mit ihren Produkten. Sie lern dort Heinz kennen, in den sie sich verliebt. Klara will Heinz zur Flucht verhelfen und versteckt ihn unter den Jutesäcken in ihrem Lieferwagen. Als Klara an der Schranke zur Zufahrtsstrasse wartet, nimmt das Sicherheitspersonal aufgrund ihres nervösen Verhaltens eine Überprüfung des Autos vor und entdeckt Heinz. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 293 Rechtswissenschaftliches Institut Meuterei von Gefangenen (Art. 311) 1. Gefangene oder andere auf amtliche Anordnung in eine Anstalt Eingewiesene, die sich in der Absicht zusammenrotten, vereint Anstaltsbeamte oder andere mit ihrer Beaufsichtigung beauftragte Personen anzugreifen, durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt Anstaltsbeamte oder andere mit ihrer Beaufsichtigung beauftragte Personen zu einer Handlung oder Unterlassung zu nötigen, gewaltsam auszubrechen, werden mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe nicht unter 30 Tagessätzen bestraft. 2. Der Teilnehmer, der Gewalt an Personen oder Sachen verübt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe nicht unter 90 Tagessätzen bestraft. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 294 Rechtswissenschaftliches Institut Meuterei von Gefangenen (Art. 311): Absichten Zusammenrottung erfolgt in bestimmter weitergehenden Absicht: Vereint Beaufsichtigungspersonen angreifen: tätlicher Angriff Nötigung Beaufsichtigungspersonen mittels Gewalt oder Drohung mit Gewalt Gewaltsamer Ausbruch: physisch auf Personen einwirken, nicht nur auf Sachen 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 295 Rechtswissenschaftliches Institut V. Delikte gegen die Amts- und Berufspflicht Urkundenfälschung im Amt (Art. 317) Nicht strafbare Handlungen (Art. 317bis) 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 296 Rechtswissenschaftliches Institut Der Urkundenbegriff (Art. 110 Abs. 4) Die Merkmale einer Urkunde: Menschliche Gedankenäusserung (Erklärung), die an eine Drittperson gerichtet wird + Aufzeichnung in Schriftform bzw. auf Bild- oder Datenträger oder ein Zeichen + Erkennbarkeit des Ausstellers + Beweisbestimmung und Beweiseignung rechtserheblicher Tatsachen 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 297 Rechtswissenschaftliches Institut Urkundenfälschung im Amt (Art. 317) 1. Beamte oder Personen öffentlichen Glaubens, die vorsätzlich eine Urkunde fälschen oder verfälschen oder die echte Unterschrift oder das echte Handzeichen eines andern zur Herstellung einer unechten Urkunde benützen, Beamte oder Personen öffentlichen Glaubens, die vorsätzlich eine rechtlich erhebliche Tatsache unrichtig beurkunden, namentlich eine falsche Unterschrift oder ein falsches Handzeichen oder eine unrichtige Abschrift beglaubigen, werden mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft. 2. Handelt der Täter fahrlässig, so ist die Strafe Busse. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 298 Rechtswissenschaftliches Institut Urkundenfälschung im Amt (Art. 317) Objektiver Tatbestand: Täter: Beamte oder Personen öffentlichen Glaubens Tathandlung: Urkunde fälschen oder verfälschen oder die echte Unterschrift oder das echte Handzeichen eines andern zur Herstellung einer unechten Urkunde benützen Rechtlich erhebliche Tatsache unrichtig beurkunden, namentlich eine falsche Unterschrift oder ein falsches Handzeichen oder eine unrichtige Abschrift beglaubigen Subjektiver Tatbestand: Vorsatz Fahrlässigkeit 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 299 Rechtswissenschaftliches Institut Urkundenfälschung im Amt (Art. 317): Art. 110 Abs. 3: Als Beamte gelten die Beamten und Angestellten einer öffentlichen Verwaltung und der Rechtspflege sowie die Personen, die provisorisch ein Amt bekleiden oder provisorisch bei einer öffentlichen Verwaltung oder der Rechtspflege angestellt sind oder vorübergehend amtliche Funktionen ausüben. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 300 Rechtswissenschaftliches Institut Urkundenfälschung im Amt (Art. 317): Konkurrenz und Abgrenzung: Betrug (Art. 146): Konkurrenz Urkundenfälschung (Art. 251): Art. 317 geht vor Fälschung von Urkunden (Art. 252): geht als lex specialis vor Begünstigung (Art. 305): Konkurrenz 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 301 Rechtswissenschaftliches Institut Fall 92 Anlässlich einer Rechtsöffnungssitzung, an welcher der Notar X für den Betriebenen teilnimmt, reicht er die Fotokopie einer «Vereinbarung Quittung» zu den Akten, derzufolge sein Mandant den streitigen Betrag nicht mehr schuldet. Dieses Schriftstück ist am Seitenende mit dem Vermerk «Für getreue Kopie» versehen, trägt den Notarsstempel von X und wird von diesem während der Rechtsöffnungssitzung unterzeichnet. Tatsächlich hat X das Originaldokument nie gesehen. Als die Betreibungsgläubigerin die Echtheit der fraglichen «Vereinbarung Quittung» bestreitet und die Hinterlegung des Originaldokumentes verlangt, kann dieses weder von X noch von einem Dritten beigebracht werden. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 302 Rechtswissenschaftliches Institut Fall 93 Edi, der zur Rechnungskontrolle zuständige Sachbearbeiter, arbeitet in der Abteilung Telekommunikation des Bundesamtes für Informatik und Telekommunikation (BIT). Unter der Firma «A. Technik» beginnt er zum Schein ein Unternehmen zu führen und eröffnet unter dieser Firma ein Sparkonto, für welches er einzelunterschriftsberechtigt ist. Er stellt auf von ihm angefertigten Rechnungsformularen im Namen der A. Technik an die eigene oder an andere Dienststellen des Bundes insgesamt 33 fiktive Rechnungen für nicht erbrachte Leistungen im Gesamtbetrag von CHF 2‘000‘000 aus. Die Bezahlungen veranlasst er mittels gefälschten Prüfvermerke und Unterschriften selbst: Edi unterzeichnet die Rechnungen stets mit dem Vermerk «Rechnung kontrolliert und in Ordnung». Die entsprechenden Beträge werden dem genannten Konto gutgeschrieben. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 303 Rechtswissenschaftliches Institut Nicht strafbare Handlungen (Art. 317bis) 1 Wer mit richterlicher Genehmigung im Rahmen einer verdeckten Ermittlung zum Aufbau oder zur Aufrechterhaltung seiner Legende oder mit Ermächtigung der Vorsteherin oder des Vorstehers des Eidgenössischen Departements für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) nach Artikel 14c des Bundesgesetzes vom 21. März 1997 über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit (BWIS) zur Schaffung oder Aufrechterhaltung seiner Tarnidentität Urkunden herstellt, verändert oder gebraucht, ist nicht nach den Artikeln 251, 252, 255 und 317 strafbar. 2 Wer mit Bewilligung für eine verdeckte Ermittlung oder mit Zustimmung der Vorsteherin oder des Vorstehers des VBS nach Artikel 14c BWIS Urkunden für Tarnidentitäten herstellt oder verändert, ist nicht nach den Artikeln 251, 252, 255 und 317 strafbar. 3 Wer im Rahmen des Bundesgesetzes vom 23. Dezember 2011 über den ausserprozessualen Zeugenschutz Urkunden herstellt, verändert oder gebraucht, ist nicht nach den Artikeln 251, 252, 255 und 317 strafbar. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 304 Rechtswissenschaftliches Institut VI. Einziehungsrecht Sicherungseinziehung (Art. 69) Vermögenseinziehung (Art. 70-72) Verwendung zu Gunsten des Geschädigten (Art. 73) Besondere Einziehungsnormen (Art. 135 Abs. 2, 197 Ziff. 3 Abs. 2 usw.) Einziehungen haben durch ein richterliches Urteil zu erfolgen. Vorher: Beschlagnahme 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 305 Rechtswissenschaftliches Institut Einziehung (Art. 69-72) = zwingende sachliche Massnahme d.h. der zuständige Richter muss sie, wenn die Voraussetzungen vorliegen, von Amtes wegen anordnen Auch gegen Unzurechnungsfähige Auch gegen nicht bekannte Täter Auch bei verjährten Delikten Auch nach dem Tod des Verdächtigten 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 306 Rechtswissenschaftliches Institut Sicherungseinziehung (Art. 69) 1 Das Gericht verfügt ohne Rücksicht auf die Strafbarkeit einer bestimmten Person die Einziehung von Gegenständen, die zur Begehung einer Straftat gedient haben oder bestimmt waren oder die durch eine Straftat hervorgebracht worden sind, wenn diese Gegenstände die Sicherheit von Menschen, die Sittlichkeit oder die öffentliche Ordnung gefährden. 2 Das Gericht kann anordnen, dass die eingezogenen Gegenstände unbrauchbar gemacht oder vernichtet werden. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 307 Rechtswissenschaftliches Institut Sicherungseinziehung (Art. 69) Einziehbare Objekte: Tatwerkzeug: gefährliches Tier, Schusswaffe, Falschgeldmaschine usw. Tatprodukt: gefälschte Ware, Falschgeld, falsche Urkunde usw. Für LateinerInnen: instrumentum sceleris — productum sceleris 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 308 Rechtswissenschaftliches Institut Sicherungseinziehung (Art. 69) Voraussetzungen: Tatwerkzeug bzw. Tatprodukt Gefahr, dass diese Gegenstände erneut zu deliktischem Handeln verwendet werden gegen Leib und Leben (Sicherheit von Menschen) Sittlichkeit (Sexualdelikte) Öffentliche Ordnung Verhältnismässig 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 309 Rechtswissenschaftliches Institut Sicherungseinziehung (Art. 69) Gerichtliche Anordnungen (Abs.2): Vernichten: Existenz, Herstellung, Besitz ist verpönt producta sceleris Unbrauchbarmachen: aufgrund Beschaffenheit gefährlich Kannvorschrift 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 310 Rechtswissenschaftliches Institut Fall 94 Kurt wurde wegen Geldfälschung verurteilt. Die Staatsanwaltschaft hat die Tatwerkzeuge, einen Computer, einen Drucker/Scanner sowie eine Schneidmaschine beschlagnahmt. Ist die Einziehung zulässig? 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 311 Rechtswissenschaftliches Institut Fall 95 Adalbert wird wegen Menschenhandels, Förderung der Prostitution und Bestechung verurteilt. Ausserdem wird eine Schusswaffe zusammen mit 74 dazu gehörigen Patronen eingezogen, in deren Besitz er sich legalerweise befindet und die bei der Deliktverübung nicht zum Einsatz gekommen ist. Ist die Einziehung korrekt? 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 312 Rechtswissenschaftliches Institut Fall 96 Gaston hat ein Buch verfasst, in dem der Holocaust geleugnet wird. Das Buch wird in einer Buchhandlung zum Verkauf angeboten. Bevor auch nur ein Exemplar verkauft worden ist, werden sämtliche Bücher beschlagnahmt. Ist die Einziehung zulässig? 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 313 Rechtswissenschaftliches Institut Besonderer Teil II Lektion 14: Einziehungsrecht Strafbarkeit des Unternehmens 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 314 Rechtswissenschaftliches Institut VI. Einziehungsrecht Sicherungseinziehung (Art. 69) Vermögenseinziehung (Art. 70-72) Verwendung zu Gunsten des Geschädigten (Art. 73) Besondere Einziehungsnormen (Art. 135 Abs. 2, 197 Ziff. 3 Abs. 2 usw.) Einziehungen haben durch ein richterliches Urteil zu erfolgen. Vorher: Beschlagnahme 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 315 Rechtswissenschaftliches Institut Vermögenseinziehung (Art. 70-72) (Direkte) Vermögenseinziehung (Art. 70) Ersatzforderung (Art. 71) Sonderfall: Einziehung von Vermögenswerten in der Verfügungsmacht einer kriminellen Organisation (Art. 72) 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 316 Rechtswissenschaftliches Institut (Direkte) Vermögenseinziehung (Art. 70) 1 Das Gericht verfügt die Einziehung von Vermögenswerten, die durch eine Straftat erlangt worden sind oder dazu bestimmt waren, eine Straftat zu veranlassen oder zu belohnen, sofern sie nicht dem Verletzten zur Wiederherstellung des rechtmässigen Zustandes ausgehändigt werden. 2 Die Einziehung ist ausgeschlossen, wenn ein Dritter die Vermögenswerte in Unkenntnis der Einziehungsgründe erworben hat und soweit er für sie eine gleichwertige Gegenleistung erbracht hat oder die Einziehung ihm gegenüber sonst eine unverhältnismässige Härte darstellen würde. 3 Das Recht zur Einziehung verjährt nach sieben Jahren; ist jedoch die Verfolgung der Straftat einer längeren Verjährungsfrist unterworfen, so findet diese Frist auch auf die Einziehung Anwendung. 4 Die Einziehung ist amtlich bekannt zu machen. Die Ansprüche Verletzter oder Dritter erlöschen fünf Jahre nach der amtlichen Bekanntmachung. 5 Lässt sich der Umfang der einzuziehenden Vermögenswerte nicht oder nur mit unverhältnismässigem Aufwand ermitteln, so kann das Gericht ihn schätzen. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 317 Rechtswissenschaftliches Institut (Direkte) Vermögenseinziehung (Art. 70) Grundsatz: Prüfung, ob deliktisch erlangte Vermögenswerte dem Verletzten zur Wiederherstellung des rechtmässigen Zustandes ausgehändigt werden können. Herkunft Vermögenswerte lässt sich feststellen 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 318 Rechtswissenschaftliches Institut (Direkte) Vermögenseinziehung (Art. 70) Einziehbare Vermögenswerte: Alle geldwerten Vorteile Beim Täter oder bei Dritten liegen Konnex zur Tat: Wert durch Delikt erlangt Vermögenswerte, die dazu bestimmt waren, Straftat zu veranlassen resp. zu belohnen Surrogate Berechneter Wert: Brutto- oder Nettoprinzip Brutto: Werte aus generell strafbarer Handlung oder Wert zur Veranlassung bzw. Belohnung Straftat Netto: je nach Umständen (Achtung: Problem Berechnung) 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 319 Rechtswissenschaftliches Institut (Direkte) Vermögenseinziehung (Art. 70) Ausschluss der Einziehung: Abs. 2: Gutgläubiger Dritter hat Vermögenswerte zu adäquatem Preis erworben Einziehung bei gutgläubigem Dritten als unverhältnismässige Härte Abs. 3: Verjährung: 7 Jahre resp. länger wenn Anlassdelikt noch nicht verjährt 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 320 Rechtswissenschaftliches Institut (Direkte) Vermögenseinziehung (Art. 70) Amtliche Bekanntgabe (Abs. 4): Ansprüche Verletzter bzw. Dritter erlöschen 5 Jahre nach Publikation Rechtmässige Eigentümer und Besitzer von Deliktsobjekten bzw. Aufenthaltsort nicht ermittelbar Schätzung der einzuziehenden Vermögenswerte (Abs. 5): Umfang einzuziehender Vermögenswerte lässt sich nicht bzw. nur mit übermässigem Aufwand ermitteln schätzen Besserstellung verhindern 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 321 Rechtswissenschaftliches Institut Fall 97 Y überweist dem Uhrenhändler X für seine Uhrenlieferung CHF 350’000. Es stellt sich heraus, dass das Geld aus dem Drogenhandel des Y stammt. X war sich über die Herkunft der Gelder nicht im Klaren. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 322 Rechtswissenschaftliches Institut Ersatzforderung (Art. 71) 1 Sind die der Einziehung unterliegenden Vermögenswerte nicht mehr vorhanden, so erkennt das Gericht auf eine Ersatzforderung des Staates in gleicher Höhe, gegenüber einem Dritten jedoch nur, soweit dies nicht nach Artikel 70 Absatz 2 ausgeschlossen ist. 2 Das Gericht kann von einer Ersatzforderung ganz oder teilweise absehen, wenn diese voraussichtlich uneinbringlich wäre oder die Wiedereingliederung des Betroffenen ernstlich behindern würde. 3 Die Untersuchungsbehörde kann im Hinblick auf die Durchsetzung der Ersatzforderung Vermögenswerte des Betroffenen mit Beschlag belegen. Die Beschlagnahme begründet bei der Zwangsvollstreckung der Ersatzforderung kein Vorzugsrecht zu Gunsten des Staates. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 323 Rechtswissenschaftliches Institut Ersatzforderung (Art. 71) Konstellationen: Art des erlangten Vermögensvorteils Entledigung des Vermögenswertes (ohne Surrogat) Nicht nachweisbar: Vermögensvorteil durch Delikte erlangt Wo sich einzuziehender Wert befindet 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 324 Rechtswissenschaftliches Institut Ersatzforderung (Art. 71) Ausschluss einer Ersatzforderung: Art. 71 Abs. 1: analog Art. 70 Abs. 2 Art. 71 Abs. 2: Voraussichtlich uneinbringlich Wiedereingliederung ernstlich behindert 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 325 Rechtswissenschaftliches Institut Einziehung von Vermögenswerten in der Verfügungsmacht einer kriminellen Organisation (Art. 72) Das Gericht verfügt die Einziehung aller Vermögenswerte, welche der Verfügungsmacht einer kriminellen Organisation unterliegen. Bei Vermögenswerten einer Person, die sich an einer kriminellen Organisation beteiligt oder sie unterstützt hat (Art. 260ter), wird die Verfügungsmacht der Organisation bis zum Beweis des Gegenteils vermutet. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 326 Rechtswissenschaftliches Institut Verwendung zu Gunsten des Geschädigten (Art. 73) Durch Delikt erlittener Schaden, der weder durch Versicherung noch durch Leistung des Täters gedeckt wird Verwendung zu Gunsten des Geschädigten bis Höhe Schaden bzw. Genugtuung: Geldstrafe bzw. Busse Eingezogene Gegenstände, Vermögenswerte resp. Verwertungserlös Ersatzforderungen gem. Art. 71 Friedensbürgschaft gem. Art. 66 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 327 Rechtswissenschaftliches Institut Besondere Einziehungsnormen Gewaltdarstellungen (Art. 135 Abs. 2): Ton- oder Bildaufnahmen, Abbildungen, andere Gegenstände oder Vorführungen Pornografie (Art. 197 Abs. 6): Abs. 4 und 5: Gegenstände oder Vorführungen, die sexuelle Handlungen mit Tieren oder mit Gewalttätigkeiten unter Erwachsenen oder (nicht) tatsächliche sexuelle Handlungen mit Minderjährigen zum Inhalt haben 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 328 Rechtswissenschaftliches Institut VII. Strafbarkeit des Unternehmens Unglück Schweizerhalle 1986 verbrannten in einer Lagerhalle der Sandoz AG in Schweizerhalle bei Basel 1’200 Tonnen zum Teil giftige Chemikalien. Da ein Auffangbecken fehlte, floss das chemisch durchsetzte Löschwasser direkt in den Rhein. Daraufhin starben über 100’000 Fische. Weiter kam es zu einer Gefährdung des Trinkwassers. Die eingeleitete Strafuntersuchung wurde u.a. deshalb eingestellt, weil kein strafrechtlich relevantes Verschulden einer bestimmten Person nachgewiesen werden konnte. Schuldig gesprochen wurden lediglich der Leiter des Werksicherheitsdienstes sowie der Einsatzleiter der Werkfeuerwehr. Sie wurden zu Bussen von CHF 500 bzw. CHF 200 verurteilt. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 329 Rechtswissenschaftliches Institut Strafbarkeit des Unternehmens (Art. 102) Grundsatz "societas delinquere non potest" gilt in genereller Form nicht mehr: Galt bis 2003 als Grundsatz Seit 1.10.2003: Unternehmenshaftung in eingeschränkter Form 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 330 Rechtswissenschaftliches Institut Strafbarkeit des Unternehmens (Art. 102) 1 Wird in einem Unternehmen in Ausübung geschäftlicher Verrichtung im Rahmen des Unternehmenszwecks ein Verbrechen oder Vergehen begangen und kann diese Tat wegen mangelhafter Organisation des Unternehmens keiner bestimmten natürlichen Person zugerechnet werden, so wird das Verbrechen oder Vergehen dem Unternehmen zugerechnet. In diesem Fall wird das Unternehmen mit Busse bis zu 5 Millionen Franken bestraft. 2 Handelt es sich dabei um eine Straftat nach den Artikeln 260ter,260quinquies, 305bis, 322ter, 322quinquies oder 322septies Absatz 1 oder um eine Straftat nach Artikel 4a Absatz 1 Buchstabe a des Bundesgesetzes vom 19. Dez. 1986 gegen den unlauteren Wettbewerb, so wird das Unternehmen unabhängig von der Strafbarkeit natürlicher Personen bestraft, wenn dem Unternehmen vorzuwerfen ist, dass es nicht alle erforderlichen und zumutbaren organisatorischen Vorkehren getroffen hat, um eine solche Straftat zu verhindern. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 331 Rechtswissenschaftliches Institut Strafbarkeit des Unternehmens (Art. 102) Aufbau: Unternehmen gemäss Abs. 4 Juristische Personen des Privatrechts Juristische Personen des öffentlichen Rechts Gesellschaften Einzelunternehmen Anlasstat gemäss Abs. 1 oder Abs. 2; tatbestandsmässig und rechtswidrig Urheber: organisatorisch und hierarchisch in das Unternehmen eingebunden Verübung Anlasstat in Ausübung geschäftlicher Verrichtung im Rahmen des Unternehmenszwecks 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 332 Rechtswissenschaftliches Institut Subsidiäre Unternehmenshaftung (102 Abs. 1) Voraussetzung Fehlende Zuordnung der Anlasstat wegen mangelhafter Organisation des Unternehmens. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 333 Rechtswissenschaftliches Institut Fall 98 Das Unternehmen X mietete ein Auto. Der Lenker fuhr damit 65 km/h zu schnell. Das Radarfoto war zu unscharf, um darauf erkennen zu können, welcher Mitarbeiter hinter dem Steuer sass. Der Geschäftsführer der X AG konnte nicht sagen, wer das gemietete Auto fuhr. 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 334 Rechtswissenschaftliches Institut Originäre Unternehmenshaftung (102 Abs. 2) Voraussetzung: Anlasstat im Rahmen Deliktskatalog und Vorwurf, dass nicht alle erforderlichen und zumutbaren organisatorischen Vorkehrungen zur Verhinderung der Straftat ergriffen wurden Haftung: kumulative Strafbarkeit des Unternehmens neben einem allfälligen Individualtäter 25.06.2015 Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch Seite 335
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