Strafrecht Besonderer Teil II - Rechtswissenschaftliches Institut

Rechtswissenschaftliches Institut
Strafrecht Besonderer Teil II
Herbstsemester 2015
Prof. Dr. Daniel Jositsch
Rämistrasse 74/25
8001 Zürich
Tel.: 044 634 44 45
[email protected]
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
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Inhalt Besonderer Teil II
I.
Strafbare Handlungen gegen das Vermögen (Art. 137–151, 156, 158,
160, 172ter)
II.
Urkundendelikte (Art. 251–257)
III. Kriminelle Organisation (Art. 260ter)
IV. Delikte gegen die Rechtspflege (Art. 303–311)
V.
Delikte gegen die Amts- und Berufspflicht (Art. 317-317bis)
VI. Einziehungsrecht (Art. 69-73)
VII. Strafbarkeit des Unternehmens (Art. 102)
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Vorlesungsprogramm Besonderer Teil II
Lektion
Datum
Inhalt
1
Di 15.09.
2
Di 22.09.
Aneignungsdelikte (Art. 138, 139)
3
Di 29.09.
Aneignungsdelikte (Art. 139, 140) und mit Aneignungsdelikten verwandtes Delikt (Art. 141)
4
Di 06.10.
Mit Aneignungsdelikten verwandte Delikte (Art. 141-143bis), Sachbeschädigung (Art. 144)
5
Di 13.10.
Mit Sachbeschädigung verwandte Delikte (Art. 144bis, 145), Betrug (Art. 146)
6
Di 20.10.
Mit Betrug verwandte Delikte (Art. 151, 147-150bis)
7
Di 27.10.
Erpressung (Art. 156), Ungetreue Geschäftsbesorgung (Art. 158), Hehlerei (Art. 160)
8
Di 03.11.
Hehlerei (Art. 160), Urkundenbegriff (Art. 110 Abs. 4 und 5), Urkundenfälschung (Art. 251)
9
Di 10.11.
Urkundendelikte (Art. 252-254, 256, 257), Kriminelle Organisation (Art. 260ter)
10
Di 17.11.
Kriminelle Organisation (Art. 260ter), Falsche Anschuldigung (Art. 303), Irreführung der Rechtspflege (Art.
304), Falsche Beweisaussage (Art. 306)
11
Di 24.11.
Falsches Zeugnis. Falsches Gutachten. Falsche Übersetzung (Art. 307), Strafmilderung (Art. 308),
Verwaltungssachen und Verfahren vor internat. Gerichten (Art. 309), Begünstigung (Art. 305),
Geldwäscherei (Art. 305bis)
12
Di 01.12.
Geldwäscherei (Art. 305bis), Mangelnde Sorgfalt bei Finanzgeschäften und Melderecht (Art. 305 ter)
13
Di 08.12.
Befreiung von Gefangenen (Art. 310), Meuterei von Gefangenen (Art. 311), Urkundenfälschung im Amt
(Art. 317), Nicht strafbare Handlungen (Art. 317bis), Einziehungsrecht (Art. 69)
14
Di 15.12.
Einziehungsrecht (Art. 70-73, 135 Abs. 2, 197 Abs. 6), Strafbarkeit des Unternehmens (Art. 102)
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Institut
Überblick Vermögensdelikte, Aneignungsdelikte (Art. 137, 138)
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Literatur
Grundsätzliche Literatur: Zürcher Grundriss des Strafrechts:
 Andreas Donatsch/Brigitte Tag, Strafrecht I, 9. Aufl., Zürich/Basel/Genf 2013.
 Christian Schwarzenegger/Markus Hug/Daniel Jositsch, Strafrecht II, 8. Aufl.,
Zürich/Basel/Genf 2007.
 Andreas Donatsch, Strafrecht III, 10. Aufl., Zürich/Basel/Genf 2013.
 Andreas Donatsch/Wolfgang Wohlers, Strafrecht IV, 4. Aufl., Zürich/Basel/Genf
2011.
Ergänzende Literatur:
 Andreas Eckert/Stefan Flachsmann/Bernhard Isenring, Tafeln zum Strafrecht.
Besonderer Teil I, 5. Aufl., Zürich/Basel/Genf 2012.
 Andreas Eckert/Stefan Flachsmann/Bernhard Isenring/Nathan Landshut, Tafeln
zum Strafrecht. Besonderer Teil II, 3. Aufl., Zürich/Basel/Genf 2006.
Alternative Literatur:
 Günter Stratenwerth/Guido Jenny, Schweizerisches Strafrecht. Besonderer Teil I,
7. Aufl., Bern 2010.
 Günter Stratenwerth/Felix Bommer, Schweizerisches Strafrecht. Besonderer Teil
II, 7. Aufl., Bern 2013.
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Besonderer Teil II
Lektion 1:
 Überblick Vermögensdelikte
 Aneignungsdelikte
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I. Strafbare Handlungen gegen das Vermögen
 Aneignungsdelikte (Art. 137-140) und verwandte Delikte (Art. 141-143bis)
 Sachbeschädigung (Art. 144) und verwandte Delikte (Art. 144bis und 145)
 Betrug (Art. 146) und mit Betrug verwandte Delikte (Art. 147-155)
 Erpressung (Art. 156)
 Ungetreue Geschäftsbesorgung (Art. 158)
 Hehlerei (Art. 160)
 Geringfügige Vermögensdelikte (Art. 172ter)
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Vermögensdelikte
 Strafbare Handlungen gegen das Vermögen: 2. Titel
 Gemeinsamkeiten:
 Schutz Vermögen allgemein  also vor
 Entzug
 Eingriff (freie Dispositions- und Herrschaftsmacht)
 Beschädigung, Zerstörung
 Gefährdung
 Wirtschaftlich-juristischer Vermögensbegriff: Summe aller geldwerter
Güter, die dem Inhaber von Rechts wegen zustehen
 Kategorien: schwer zu bilden  unterschiedliche Delikte
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Geringfügige Vermögensdelikte (172ter)
1
Richtet sich die Tat nur auf einen geringen Vermögenswert oder auf
einen geringen Schaden, so wird der Täter, auf Antrag, mit Busse
bestraft.
2
Diese Vorschrift gilt nicht bei qualifiziertem Diebstahl (Art. 139 Ziff. 2
und 3), bei Raub und Erpressung.
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Übersicht: Aneignungsdelikte (Art. 137-140) und verwandte
Delikte (Art. 141-143bis)
 Unrechtmässige Aneignung (Art. 137)
 Veruntreuung (Art. 138)
 Diebstahl (Art. 139)
 Raub (Art. 140)
 Sachentziehung (Art. 141)
 Unrechtmässige Verwendung von Vermögenswerten
(Art. 141bis)
 Unrechtmässige Entziehung von Energie (Art. 142)
 Unbefugte Datenbeschaffung (Art. 143)
 Unbefugtes Eindringen in ein Datenverarbeitungssystem (Art. 143bis)
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Unrechtmässige Aneignung
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Unrechtmässige Aneignung (Art. 137)
1. Wer sich eine fremde bewegliche Sache aneignet, um sich oder
einen anderen damit unrechtmässig zu bereichern, wird, wenn nicht die
besonderen Voraussetzungen der Artikel 138 – 140 zutreffen, mit
Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
2. Hat der Täter die Sache gefunden oder ist sie ihm ohne seinen Willen
zugekommen,
handelt er ohne Bereicherungsabsicht oder
handelt er zum Nachteil eines Angehörigen oder Familiengenossen,
so wird die Tat nur auf Antrag verfolgt.
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Unrechtmässige Aneignung (Art. 137)
Objektiver Tatbestand

Täter: Jedermann

Tatobjekt: fremde bewegliche Sache

Tathandlung: Aneignung = dauernde Enteignung + mindestens
vorübergehende Zueignung
Subjektiver Tatbestand

Vorsatz

Bereicherungsabsicht
+ Negative Voraussetzungen
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Unrechtmässige Aneignung (Art. 137)
Tatobjekt
 Nur körperlicher Gegenstand:
 Keine Forderungen oder Rechte
 Wertpapiere
 Beweglich: kein Grundstück
 Fremd:
 Gemäss Zivilrecht nicht im Alleineigentum des Täter
 Mit- oder Gesamteigentum genügt
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Unrechtmässige Aneignung (Art. 137)
Tathandlung
 Aneignen:
 Substanztheorie: wie ein Eigentümer über Sache verfügen
 Sachwerttheorie: über Sache mit Wert verfügen
 Dauernde Enteignung
 Zueignung:
 Mind. vorübergehend
 I.d.R. wirtschaftlicher Nutzen
 Täter will Gegenstand von Anfang an zurückgeben  nicht
Art. 137, ausser der Gegenstand verliert durch den Gebrauch
an Wert
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Unrechtmässige Aneignung (Art. 137 Ziff. 1):
Subjektiver Tatbestand
 Vorsatz
 Absicht: unrechtmässige Bereicherung:
 Bereicherung: wirtschaftliche Besserstellung
 Neben Substanz- auch Gebrauchswert
 Absicht auf rein ideellen Wert genügt nicht
 Blosser Beweiswert genügt nicht
 Sich oder Dritten
 Unrechtmässig: keinen Rechtsanspruch
 Eventualabsicht genügt
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Unrechtmässige Aneignung (Art. 137)
Negative Voraussetzungen (Art. 138-140 nicht erfüllt)
Gegenstand wird weder anvertraut noch gestohlen oder geraubt:
 Täter fasst erst nach Wegnahme Entschluss zur Aneignung
 Aneignung von Sachen, bei denen Eigentümer keine
Herrschaftsmacht mehr hat
 Aneignung von Sachen eines Verstorbenen, bevor neuer Gewahrsam
begründet wird
 Täter, der Handreichungen an oder mit Gegenstand vornimmt, ohne
dass diese anvertraut sind, eignet sie an
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Unrechtmässige Aneignung (Art. 137 Ziff. 2)
2. Hat der Täter die Sache gefunden oder ist sie ihm ohne seinen Willen
zugekommen,
handelt er ohne Bereicherungsabsicht oder
handelt er zum Nachteil eines Angehörigen oder Familiengenossen,
so wird die Tat nur auf Antrag verfolgt.
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Begriffe Angehörige und Familiengenossen
(Art. 110 Abs. 1 und 2)
1
Angehörige einer Person sind ihr Ehegatte, ihre eingetragene
Partnerin oder ihr eingetragener Partner, ihre Verwandten gerader
Linie, ihre vollbürtigen und halbbürtigen Geschwister, ihre
Adoptiveltern, ihre Adoptivgeschwister und Adoptivkinder.
2
Familiengenossen sind Personen, die in gemeinsamem Haushalt
leben.
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Fall 1
Berta arbeitet ganztags als Köchin in einem kleinen Café. Für
das Mittagessen werden ihr von der Arbeitgeberin monatlich
CHF 180 vom Lohn abgezogen. Da Berta diesen Betrag in
Anbetracht der von ihr konsumierten Lebensmittel für zu hoch
hält, steckt sie eines Abends Lebensmittel im Gesamtwert von
ca. CHF 15 in ihre Tasche und verlässt damit den Arbeitsplatz.
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Fall 2
Anna versucht mit Ihrer Bankkarte am Bancomaten Geld zu
beziehen. Obwohl sie die Karte eingeführt und den Code
eingegeben hat, kommen die erwünschten CHF 1000 nicht aus
dem Automaten heraus. Minuten später und nachdem Anna den
Bancomaten verlassen hat, erfolgt die Geldherausgabe dennoch.
Gerd, der zufällig an den Bancomaten geht, steckt das Geld ein
und macht sich davon.
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Veruntreuung
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Veruntreuung (Art. 138 Ziff. 1)
1. Wer sich eine ihm anvertraute fremde bewegliche Sache aneignet,
um sich oder einen andern damit unrechtmässig zu bereichern,
wer ihm anvertraute Vermögenswerte unrechtmässig in seinem oder
eines anderen Nutzen verwendet,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
Die Veruntreuung zum Nachteil eines Angehörigen oder
Familiengenossen wird nur auf Antrag verfolgt.
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Veruntreuung (Art. 138 Ziff. 1)
Deliktsaufbau:
Veruntreuung fremder
beweglicher Sachen
(Art. 138 Ziff. 1 Abs. 1)
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Veruntreuung anvertrauter
Vermögenswerte
(Art. 138 Ziff. 1 Abs. 2)
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Veruntreuung fremder beweglicher Sachen
(Art. 138 Ziff. 1 Abs. 1)
Objektiver Tatbestand
 Täter: Jedermann, dem Sache anvertraut wird
 Tatobjekt: Anvertraute fremde, bewegliche Sache
 Tathandlung: Aneignung = dauernde Enteignung + mindestens
vorübergehende Zueignung
Subjektiver Tatbestand
 Vorsatz
 Bereicherungsabsicht
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Veruntreuung fremder beweglicher Sachen
(Art. 138 Ziff. 1 Abs. 1)
Anvertrauen:
 Täter empfängt Sache mit der Verpflichtung, sie in bestimmter Weise
im Interesse eines anderen zu verwenden
 Verwahren
 Verwalten
 Abliefern
 Verwendung gemäss Weisungen: ausdrücklich oder stillschweigend
 2 Voraussetzungen:
1. Berechtigter gibt Gewahrsam vollumfänglich auf und räumt ihn dem
Täter ein
2. Gewahrsam wurde Täter aufgrund seiner Pflicht zur
Eigentumserhaltung übertragen
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Veruntreuung fremder beweglicher Sachen
(Art. 138 Ziff. 1 Abs. 1)
Objektiver Tatbestand
 Täter: Jedermann, dem Sache anvertraut wird
 Tatobjekt: Anvertraute fremde, bewegliche Sache
 Tathandlung: Aneignung = dauernde Enteignung + mindestens
vorübergehende Zueignung
Subjektiver Tatbestand
 Vorsatz
 Bereicherungsabsicht
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Veruntreuung anvertrauter Vermögenswerte
(Art. 138 Ziff. 1 Abs. 2)
Deliktsaufbau:
Veruntreuung fremder
beweglicher Sachen
(Art. 138 Ziff. 1 Abs. 1)
Individuell bestimmte
(unvertretbare)
bewegliche Sache
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Veruntreuung anvertrauter
Vermögenswerte
(Art. 138 Ziff. 1 Abs. 2)
Vertretbare bewegliche
Sache
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Forderungen
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Veruntreuung anvertrauter Vermögenswerte
(Art. 138 Ziff. 1 Abs. 2)
Objektiver Tatbestand
 Täter: Jedermann, dem Vermögenswert anvertraut ist
 Tatobjekt:
 Anvertraute unvertretbare, bewegliche Sache
 Vertretbare, bewegliche Sache
 Anvertrautes Guthaben
 Tathandlung: Vereitelung eines obligatorischen Anspruchs des
Anvertrauenden auf das Tatobjekt
Subjektiver Tatbestand
 Vorsatz
 Bereicherungsabsicht (obwohl nicht explizit erwähnt)
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Veruntreuung anvertrauter Vermögenswerte
(Art. 138 Ziff. 1 Abs. 2)
Anvertraute unvertretbare, bewegliche Sache:
 Vertragliche Vereinbarung, dass individuell bestimmte Sache
vorübergehend in Eigentum Täter übergeht; für Treuhänder bleibt
Sache wirtschaftlich fremd:
 Fiduziarische Übertragung als Sicherheit
 Treuhänder erwirbt im eigenen Namen, aber auf Rechnung eines
anderen
 Tathandlung besteht in unrechtmässiger Verwendung: Täter verfügt
vereinbarungswidrig und setzt sich so ausser Stande, obligatorischen
Anspruch zu erfüllen (verkaufen, verschenken, verpfänden etc.)
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Seite 29
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Besonderer Teil II
Lektion 2: Aneignungsdelikte
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I. Strafbare Handlungen gegen das Vermögen
 Aneignungsdelikte (Art. 137-140) und verwandte Delikte (Art. 141-143bis)
 Sachbeschädigung (Art. 144) und verwandte Delikte (Art. 144bis und 145)
 Betrug (Art. 146) und mit Betrug verwandte Delikte (Art. 147-155)
 Erpressung (Art. 156)
 Ungetreue Geschäftsbesorgung (Art. 158)
 Hehlerei (Art. 160)
 Geringfügige Vermögensdelikte (Art. 172ter)
25.06.2015
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Seite 31
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Veruntreuung anvertrauter Vermögenswerte
(Art. 138 Ziff. 1 Abs. 2)
Deliktsaufbau:
Veruntreuung fremder
beweglicher Sachen
(Art. 138 Ziff. 1 Abs. 1)
Individuell bestimmte
(unvertretbare)
bewegliche Sache
25.06.2015
Veruntreuung anvertrauter
Vermögenswerte
(Art. 138 Ziff. 1 Abs. 2)
Vertretbare bewegliche
Sache
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Forderungen
Seite 32
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Veruntreuung anvertrauter Vermögenswerte
(Art. 138 Ziff. 1 Abs. 2)
Vertretbare, bewegliche Sache:
 Anvertraut:
 Vertragliche Verpflichtung, vertretbare Sachen im Sinn des
Treugebers zu verwenden
 Pflicht: nicht Sache sondern Wert zu erhalten
 Voraussetzungen:
1. Treugeber gibt sein Eigentum vollständig zugunsten Täter auf
2. Täter hat Eigentum aufgrund Werterhaltungspflicht  kein
Anvertrautsein
 Mit Tathandlung manifestiert Täter Willen, obligatorischen Anspruch
Treugeber zu vereiteln
25.06.2015
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Seite 33
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Veruntreuung anvertrauter Vermögenswerte
(Art. 138 Ziff. 1 Abs. 2)
Anvertrautes Guthaben:
 Forderungen: in der Regel Buchgeld
 Anvertrauen: gesetzliche oder vertragliche Pflicht, Wert am Guthaben
zu erhalten
 Täter hat Vollmacht auf Konto
 Tathandlung: pflichtwidriges Abdisponieren, unabhängig, ob
Ersatzbetrag durch Täter bereitsteht und entsprechender Wille
vorhanden ist
 Täter nimmt auf seinem Konto Gelder für Treugeber oder Drittperson
an
 Tathandlung: verfügen wie vertretbare Sachen
25.06.2015
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Seite 34
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Veruntreuung (Art. 138)
 Teilnahme
 Art. 137 ist Auffangtatbestand zu Art. 138 Ziff. 1 Abs. 1:
 Mittäter und Teilnehmer gem. Art. 137 bestrafen
 Art. 137 ist nicht Auffangtatbestand zu Art. 138 Ziff. 1 Abs. 2, da keine
fremden beweglichen Sachen:
 echtes Sonderdelikt und Mittäter resp. Teilnehmer als Teilnehmer
gemäss 138 Ziff. 1 Abs. 2 bestrafen
 Qualifizierter Tatbestand (Art. 138 Ziff. 2): Täter wird aufgrund seiner
z.T. amtlichen Position mehr Vertrauen entgegen gebrach
 Privilegierter Tatbestand (Art. 138 Ziff. 1 Abs. 3): zum Nachteil
Angehöriger oder Familiengenosse
25.06.2015
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Seite 35
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Fall 3
X, Finanzchef der F. AG und zugleich Verantwortlicher für die
Vermögensverwaltung der Pensionskassen der Mediengruppe,
transferierte insgesamt 5,3 Mio. Fr. aus Wohlfahrts- und
Vorsorgestiftungen sowie Pensionskassen auf das Konto seiner
eigenen Firma.
25.06.2015
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Seite 36
Rechtswissenschaftliches Institut
Fall 4
Hans gewährt dem Theo ein Darlehen über CHF 10'000 ohne
bestimmten Verwendungszweck. Hans geht zwar davon aus,
dass Theo das Geld in seinen zur Zeit nicht rentierenden Betrieb
investiert. Entsprechende Vereinbarungen wurden jedoch nicht
getroffen. Tatsächlich verprasst Theo das Geld in einem
Nachtclub und kann das Darlehen nicht innert der vereinbarten
Frist zurückzahlen.
25.06.2015
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Seite 37
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Fall 5
Ein Brautpaar vereinbart mit einem Detailhändler, dass die
Angehörigen des Brautpaars aus einem Katalog des
Detailhändlers
Hochzeitsgeschenke
aussuchen
können
(Wunschliste).
Die Geschenke sind vorzubezahlen und sollen anlässlich der
Hochzeit an das Brautpaar übergeben werden.
Der Detailhändler ist am besagten Termin nicht in der Lage, die
Geschenke zu liefern und verfügt auch nicht mehr über das Geld.
25.06.2015
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Seite 38
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Fall 6
Gemeinderat Peter ist laut Gemeindereglement verpflichtet,
Tantiemen, die er als Verwaltungsrat einnimmt, an die Gemeinde
weiterzuleitet. Als ihm aus einem Mandat eine solche Vergütung
zukommt, behält Peter diese für sich.
25.06.2015
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Seite 39
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Diebstahl
25.06.2015
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Seite 40
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Fall 7
Bettina verlässt nach dem Mittagessen die Mensa und vergisst
dort ihr Lehrbuch. Theo entdeckt das Lehrbuch auf dem leeren
Nebentisch und ergreift es. Nach wenigen Minuten erinnert sich
Bettina an das Lehrbuch, kehrt zurück und entdeckt es bei Theo.
25.06.2015
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Seite 41
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Diebstahl (Art. 139 Ziff. 1)
1. Wer jemandem eine fremde bewegliche Sache zur Aneignung
wegnimmt, um sich oder einen anderen damit unrechtmässig zu
bereichern, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder
Geldstrafe bestraft.
25.06.2015
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Seite 42
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Diebstahl (Art. 139 Ziff. 1)
Objektiver Tatbestand
 Täter: Jedermann
 Tatobjekt: Fremde, bewegliche Sache
 Tathandlung: Wegnahme = Bruch fremden Gewahrsams + Begründung
eigenen Gewahrsams
 Gewahrsam = Herrschaftsmöglichkeit & Herrschaftswille
25.06.2015
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Seite 43
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Diebstahl (Art. 139 Ziff. 1)
Tathandlung «wegnimmt»:
= Bruch fremden Gewahrsams + Begründung eigenen Gewahrsams
Gewahrsam =
1.Herrschaftsmöglichkeit:
 Physisch reale Möglichkeit der Einwirkung
 Kenntnis, wo sich Sache befindet
 Sache in räumlich abgegrenztem Zugriffsbereich und feststellbar, wo
sich Sache befindet  Gewahrsam gegeben
 Kenntnis über Standort der Sache, in unmittelbarer Nähe Inhaber
oder besondere Sicherungsmassnahme  gelockerter Gewahrsam
 Gewahrsam kann sich nach sozialen Regeln ergeben
 Vergessene Sachen  Gewahrsam bleibt, wenn Inhaber weiss bzw.
sich bald erinnert, wo sie sich befindet
2.Herrschaftswille: Inhaber will Sache beherrschen
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Seite 44
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Diebstahl (Art. 139 Ziff. 1)
Tathandlung «wegnimmt»:
= Bruch fremden Gewahrsams + Begründung eigenen Gewahrsams
 Bruch Gewahrsam:
 Handeln gegen Willen Inhaber
 Auch Mitinhaber kann Gewahrsam brechen
 Begründung Gewahrsam durch Dieb:
 Neuer Gewahrsam Dieb oder Dritter
 Vollendet: Moment, in dem nach Lebenserfahrung und normalem Lauf
der Dinge alleinige Einwirkungsmöglichkeit
25.06.2015
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Seite 45
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Diebstahl (Art. 139 Ziff. 1)
Subjektiver Tatbestand
 Vorsatz
 Aneignungsabsicht
 Unrechtmässige Bereicherungsabsicht
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 46
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Diebstahl (Art. 139 Ziff. 2-4)
2. Der Dieb wird mit Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren oder Geldstrafe nicht
unter 90 Tagessätzen bestraft, wenn er gewerbsmässig stiehlt.
3. Der Dieb wird mit Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren oder Geldstrafe nicht
unter 180 Tagessätzen bestraft,
wenn er den Diebstahl als Mitglied einer Bande ausführt, die sich zur
fortgesetzten Verübung von Raub oder Diebstahl zusammengefunden hat,
wenn er zum Zweck des Diebstahls eine Schusswaffe oder eine andere
gefährliche Waffe mit sich führt oder
wenn er sonst wie durch die Art, wie er den Diebstahl begeht, seine besondere
Gefährlichkeit offenbart.
4. Der Diebstahl zum Nachteil eines Angehörigen oder Familiengenossen wird
nur auf Antrag verfolgt.
25.06.2015
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Seite 47
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Diebstahl (Art. 139 Ziff. 2 und 3)
Qualifikation:
 Gewerbsmässigkeit (Ziff. 2):
 Aufgewendete Zeit und Mitteln
 Häufigkeit und angestrebten Einkünften
 Bandenmässigkeit (Ziff. 3 Abs. 2):
 Persönliches Merkmal
 2+ Täter
 Wille zur Verübung mehrerer Taten
 Wenn Bandenmässigkeit gegeben ist  1 Tat reicht aus
25.06.2015
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Seite 48
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Diebstahl (Art. 139 Ziff. 3 und 4)
Qualifikation:
 Mitführen Waffe (Ziff. 3 Abs. 3):
 Verwendung nicht nötig, aber Mitführen zum Zweck Diebstahl
 Tatsächliche Verwendung: Raub (Art. 140)
 Waffe: dient nach objektiver Bestimmung zu Angriff oder
Verteidigung
 Anderweitige besondere Gefährlichkeit (Ziff. 3 Abs. 4):
 Sachliches Merkmal
 Gefährlichkeit muss sich aus Tat ergeben
 Gefährlichkeit: verwegene, heimtückische, skrupellose Art
Tatbegehung
Privilegierung (Ziff. 4): Zum Nachteil Angehöriger bzw. Familiengenosse
25.06.2015
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Seite 49
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Fall 8
Polizeibeamter Meier nimmt anlässlich einer Hausdurchsuchung ein
Notenbündel an sich und steckt es in die äussere Beintasche seines
Anzuges. Er geht davon aus, das Notenbündel sei Eigentum eines
Drogenhändlers. In Tat und Wahrheit stammt das Geld aus der
Staatskasse und war zuvor von anderen Beamten im Haus versteckt
worden, um Meier auf die Probe zu stellen.
25.06.2015
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Seite 50
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Fall 9: Zürcher Sechseläuten-Böögg von Links-Aktivisten
gestohlen
ZÜRICH - Der Zürcher Sechseläuten-Böögg ist in der Nacht in
Stäfa gestohlen worden. In einem Bekennerschreiben teilten die
Aktivisten der "Revolutionären Bewegung 1. Mai - Strasse frei"
mit, sie hätten ihn als Gefangenen genommen…
Der Böögg wurde aus Wahrenbergers Garage in Stäfa zwischen
21 Uhr abends und 8 Uhr morgens gestohlen. Die Diebe
schlugen eine Scheibe ein und öffneten das Garagentor. Sie
transportierten den noch nicht fertiggestellten, gegen 100
Kilogramm schweren Böögg in Einzelteilen ab…
Als Trost hätten sie einen Schoggi-Osterhasen zurückgelassen,
schreiben die Diebe in ihrem an die Medien verschickten
Schreiben. «Der Böögg hat die Schnauze voll, für die
KapitalistInnen den Kopf hinzuhalten», heisst es darin weiter.
25.06.2015
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Seite 51
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Besonderer Teil II
Lektion 3: Aneignungsdelikte und verwandte Delikte
25.06.2015
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Seite 52
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I. Strafbare Handlungen gegen das Vermögen
 Aneignungsdelikte (Art. 137-140) und verwandte Delikte (Art. 141-143bis)
 Sachbeschädigung (Art. 144) und verwandte Delikte (Art. 144bis und 145)
 Betrug (Art. 146) und mit Betrug verwandte Delikte (Art. 147-155)
 Erpressung (Art. 156)
 Ungetreue Geschäftsbesorgung (Art. 158)
 Hehlerei (Art. 160)
 Geringfügige Vermögensdelikte (Art. 172ter)
25.06.2015
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Seite 53
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Diebstahl (Art. 139 Ziff. 1)
Objektiver Tatbestand
 Täter: Jedermann
 Tatobjekt: Fremde, bewegliche Sache
 Tathandlung: Wegnahme = Bruch fremden Gewahrsams + Begründung
eigenen Gewahrsams
 Gewahrsam = Herrschaftsmöglichkeit & Herrschaftswille
Subjektiver Tatbestand
 Vorsatz
 Aneignungsabsicht
 Unrechtmässige Bereicherungsabsicht
25.06.2015
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Seite 54
Rechtswissenschaftliches Institut
Fall 10
Theo entwendet seinem Zimmerkollegen dessen Bank- und
Identitätskarte aus dem Portemonnaie. Er geht damit zur Bank
und hebt am Schalter CHF 200 ab. Eine Woche später bezieht er
weitere CHF 300. Anschliessend legt er die Bankkarte und die
Identitätskarte zurück in die Brieftasche seines Zimmerkollegen.
25.06.2015
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Seite 55
Rechtswissenschaftliches Institut
Fall 11
Bruno behändigte in einer Telefonzelle das dort zuvor vom
angetrunkenen Alex liegengelassene Portemonnaie. Als Alex beim
anschliessenden Besuch des Restaurants «Bahnhof» die Konsumation
bezahlen wollte, wurde er des Verlustes gewahr. Auch realisierte er in
diesem Zeitpunkt, dass er im Restaurant «Waldrand» noch im Besitz
des Geldbeutels gewesen war, da er damals seine Konsumation bezahlt
hatte. Dagegen konnte er sich, als er später bei der Polizei vernommen
wurde, nicht mehr daran erinnern, dass er die Telefonkabine aufgesucht
hatte. Nach der verbindlichen Feststellung der Vorinstanz war der Grund
dieser Erinnerungslücke einzig der übermässige Alkoholgenuss.
Entsprechend erinnerte sich Alex anderntags, als er wieder nüchtern
war, an seinen Aufenthalt in der Telefonkabine, nachdem die Polizei ihm
gemeldet hatte, dass das Portemonnaie dort von Bruno behändigt
worden sei.
25.06.2015
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Seite 56
Rechtswissenschaftliches Institut
Fall 12
Hans hat an verschiedenen Orten in Zürich gezielt ca. drei
Tonnen am Strassenrand deponiertes Altpapier (Deliktsbetrag
ca. CHF 350) behändigt, welches für die «Gemeinnützige
Zürcher Papierabfuhr» bestimmt gewesen ist.
25.06.2015
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Seite 57
Rechtswissenschaftliches Institut
Fall 13
Sepp verfügt als Abwart-Stellvertreter des Hotels Aarauerhof
über einen Passepartout, mit welchem er sich auch zum
Getränkekeller Zutritt verschaffen kann. Er nimmt aus diesem
unbefugterweise mehrmals teuren Whisky und Wein und
versteckt die Falschen in einem Fach der Bar. Nach und nach
konsumiert Sepp den Alkohol.
25.06.2015
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Seite 58
Rechtswissenschaftliches Institut
Fall 14
Sven bezieht für CHF 80 Benzin und bedient sich im
Tankstellenshop mit Zigaretten für CHF 18. Nachdem er mit
einer Hunderternote bezahlte und die Kassiererin ihm
irrtümlicherweise CHF 72 herausgibt, fährt Sven im Wissen um
das Missverständnis davon.
25.06.2015
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Seite 59
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Raub
25.06.2015
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Seite 60
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Fall 15
Fünf Männer gelangen mit einem Trick in den Hof der
Fraumünsterpost. Dort bedrohen sie Postbeamte, die gerade 70
Mio. Franken in ein Fahrzeug laden, mit Waffenattrappen. Sie
laden 53 Mio. Franken in ihr Fahrzeug und machen sich davon.
25.06.2015
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Seite 61
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Raub (Art. 140 Ziff. 1)
1. Wer mit Gewalt gegen eine Person oder unter Androhung
gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben oder nachdem er den
Betroffenen zum Widerstand unfähig gemacht hat, einen Diebstahl
begeht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren oder Geldstrafe
nicht unter 180 Tagessätzen bestraft.
Wer, bei einem Diebstahl auf frischer Tat ertappt,
Nötigungshandlungen nach Absatz 1 begeht, um die gestohlene
Sache zu behalten, wird mit der gleichen Strafe belegt.
25.06.2015
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Seite 62
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Raub (Art. 140 Ziff. 1)
Raub = Diebstahl + Nötigung
Raub i.e.S.:
Nötigung zum Zwecke des
Diebstahls (Abs. 1)
Räuberischer
Diebstahl:
Nötigung um Diebstahl zu
sichern (Abs. 2)
Subjektiver Tatbestand
•Vorsatz
•Aneignungsabsicht
25.06.2015
•Bereicherungsabsicht
Seite 63
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Raub i.e.S. (Art. 140 Ziff. 1 Abs. 1)
Objektiver Tatbestand
 Täter: Jedermann
 Tatobjekt: Fremde, bewegliche Sache
 Tathandlung: Wegnahme = Bruch fremden Gewahrsams + Begründung
eigenen Gewahrsams
 Bruch Gewahrsam mit Nötigungsmittel
 Nötigung gegen Gewahrsamsinhaber oder Person, die mit Schutz
Gewahrsam betraut ist
 Qualifizierte Nötigung:
 Gewalt
 Drohung Gefahr Leib oder Leben
 Bewirken Widerstandunfähigkeit
25.06.2015
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Seite 64
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Räuberischer Diebstahl (Art. 140 Ziff. 1 Abs. 2)
Objektiver Tatbestand
 Täter: Jedermann
 Tatobjekt: Fremde, bewegliche Sache
 Tathandlung: Wegnahme = Bruch fremden Gewahrsams + Begründung
eigenen Gewahrsams
 Nötigungshandlung nach Diebstahl
 Täter wird in Phase Beendigung ertappt
 Ziel Nötigung: Sicherung Diebesgut
25.06.2015
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Seite 65
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Qualifizierte Tatbestände Raub (Art. 140 Ziff. 2-4)
2. Der Räuber wird mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft,
wenn er zum Zweck des Raubes eine Schusswaffe oder eine andere
gefährliche Waffe mit sich führt.
3. Der Räuber wird mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren bestraft,
wenn er den Raub als Mitglied einer Bande ausführt, die sich zur
fortgesetzten Verübung von Raub oder Diebstahl zusammengefunden
hat,
wenn er sonst wie durch die Art, wie er den Raub begeht, seine
besondere Gefährlichkeit offenbart.
4. Die Strafe ist Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren, wenn der Täter
das Opfer in Lebensgefahr bringt, ihm eine schwere Körperverletzung
zufügt oder es grausam behandelt.
25.06.2015
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Seite 66
Rechtswissenschaftliches Institut
Fall 16
X nimmt einen Passanten von hinten in den Würgegriff und
verschafft sich so Zugang zu dessen Bargeld. Um sich vor einer
allfälligen Gegenwehr zu schützen, trägt er eine gebrauchte
Spritze auf sich, die mit Hepatitis C infiziertes Blut enthält. X will
nötigenfalls mit der Spritze auf das Opfer einstechen.
25.06.2015
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Seite 67
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Fall 17
X und Y reissen Z gewaltsam zu Boden, um dessen Brieftasche
wegzunehmen. Damit sie ungestört fliehen können, lassen sie Z
gefesselt und geknebelt abseits des Wegs liegen. Die Atmung
fällt Z sehr schwer. Durch den Mund ist sie unmöglich, da X und
Y diesen mit einem Plastikband hermetisch abgeklebt haben.
Durch die Nase ist sie zusätzlich erschwert, da Z an einer
starken Erkältung leidet.
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 68
Rechtswissenschaftliches Institut
Fall 18
Die 73-jährige A. spazierte am späteren Nachmittag des 7. Juni 2004 in
Luzern dem Quai entlang. In der linken Hand hielt sie eine Handtasche
an langen Riemen. Der Beschwerdegegner, der einige Zeit hinter der
ihm unbekannten, älteren Frau herging, beschloss, ihr die Handtasche
zu entreissen. Er dachte, es wäre ein Leichtes.
An einem ihm günstig erscheinenden Ort schloss er rennend auf das
Opfer auf, packte die Riemen der Handtasche und zog daran, um sie zu
behändigen. Dies gelang ihm aber zunächst nicht, weil A. die Tasche
festzuhalten versuchte. Durch das Zerren des Beschwerdegegners kam
sie zu Fall und wurde von ihm einen bis zwei Meter weit mitgeschleift,
bis sie die Tasche nicht mehr halten konnte und losliess.
Dabei zog sie sich Schürfungen am Rücken und an den Knien, ein
Hämatom an der linken Hand sowie ein Hämatom (ev. Bruch) am linken
grossen Zeh zu. Der Beschwerdegegner rannte mit der Handtasche
davon und entwendete aus dem darin befindlichen Portemonnaie rund
170 Franken.
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 69
Rechtswissenschaftliches Institut
Fall 19
Karin und Marc locken Christian in eine Wohnung, wo sich Christian
bewosstlos trinkt, worauf sie ihm das Portemonnaie abnehmen.
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 70
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Sachentziehung
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 71
Rechtswissenschaftliches Institut
Fall 20
Claudia stellt beim Verlassen des Büros fest, dass es heftig
regnet. Um ihre Frisur zu schonen, nimmt sie heimlich Hugos
Schirm aus dem Schirmständer und macht sich davon. Nachdem
der Regen bald wieder aufgehört hat, wird ihr der Schirm lästig
und sie lässt ihn im Tram liegen.
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 72
Rechtswissenschaftliches Institut
Sachentziehung (Art. 141)
Wer dem Berechtigten ohne Aneignungsabsicht eine bewegliche
Sache entzieht und ihm dadurch einen erheblichen Nachteil zufügt,
wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder
Geldstrafe bestraft.
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 73
Rechtswissenschaftliches Institut
Sachentziehung (Art. 141)
Objektiver Tatbestand
 Täter: Jedermann
 Tatobjekt: bewegliche Sache (Sachentziehung setzt keine
Fremdheit voraus)
 Tathandlung: Entziehen
 Erfolg: Wesentlicher Nachteil für den Berechtigten
Subjektiver Tatbestand
 Vorsatz
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 74
Rechtswissenschaftliches Institut
Besonderer Teil II
Lektion 4:
 Mit Aneignungsdelikten verwandte Delikte
 Sachbeschädigung
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 75
Rechtswissenschaftliches Institut
I. Strafbare Handlungen gegen das Vermögen
 Aneignungsdelikte (Art. 137-140) und verwandte Delikte (Art. 141-143bis)
 Sachbeschädigung (Art. 144) und verwandte Delikte (Art. 144bis und 145)
 Betrug (Art. 146) und mit Betrug verwandte Delikte (Art. 147-155)
 Erpressung (Art. 156)
 Ungetreue Geschäftsbesorgung (Art. 158)
 Hehlerei (Art. 160)
 Geringfügige Vermögensdelikte (Art. 172ter)
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 76
Rechtswissenschaftliches Institut
Sachentziehung (Art. 141)
Objektiver Tatbestand
 Täter: Jedermann
 Tatobjekt: bewegliche Sache (Sachentziehung setzt keine
Fremdheit voraus)
 Tathandlung: Entziehen
 Erfolg: Wesentlicher Nachteil für den Berechtigten
Subjektiver Tatbestand
 Vorsatz
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 77
Rechtswissenschaftliches Institut
Fall 21
Gewerkschafter
entfernten
aus
Protest
gegen
den
Sonntagsverkauf
fünf
Plastik-Teddybären
der
Zürcher
Sommeraktion 2005, um diese auf einen Ausflug quer durch die
halbe Schweiz mitzunehmen. Es war von Anfang an geplant, die
Bären noch am gleichen Abend wieder an ihren ursprünglichen
Standort zurückzubringen.
25.06.2015
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Seite 78
Rechtswissenschaftliches Institut
Fall 22
Michael weigert sich nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses
drei ihm anvertraute Schlüssel herauszugeben, bevor er ein
Arbeitszeugnis und einen strittigen Lohn erhalte.
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 79
Rechtswissenschaftliches Institut
Weitere mit Aneignungsdelikten verwandte Delikte
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 80
Rechtswissenschaftliches Institut
Fall 23
Kurt stellt eines Tages fest, dass ihm versehentlich CHF 10‘000
auf sein Konto gutgeschrieben wurden. Er meldet dies der Bank
nicht, sondern lässt das Geld auf dem Konto und hofft, dass
niemand etwas merkt.
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 81
Rechtswissenschaftliches Institut
Unrechtmässige Verwendung von Vermögenswerten
(Art. 141bis)
Wer Vermögenswerte, die ihm ohne seinen Willen zugekommen
sind, unrechtmässig in seinem oder eines andern Nutzen verwendet,
wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder
Geldstrafe bestraft.
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 82
Rechtswissenschaftliches Institut
Unrechtmässige Verwendung von Vermögenswerten
(Art. 141bis)
Objektiver Tatbestand
 Täter: Jedermann
 Tatobjekt: Vermögenswerte (Buchgelder), die dem Täter wirtschaftlich
nicht zustehen und diesem ohne seinen Willen zugekommen sind
 Tathandlung: Verwendung in seinem eigenen Nutzen oder
demjenigen eines Dritten wodurch der Rückforderungsanspruchs
vereitelt wird
Subjektiver Tatbestand
 Vorsatz
 Bereicherungsabsicht
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 83
Rechtswissenschaftliches Institut
Fall 24
Die N. Versicherung schuldet Herrn Huber CHF 160'000
Schadenersatz. Dieser Betrag wird aufgrund eines manuellen
Zahlungsauftrages dem Konto von Herrn Huber gutgeschrieben.
Einige Tage darauf erfolgt irrtümlich eine zweite Zahlung in
gleicher Höhe mittels maschinellen Giroauftrags. Als Herr Huber
mehrere Monate später von der N. Versicherung zur
Rückzahlung aufgefordert wird, ist er dazu nicht in der Lage, weil
er das Geld bereits ausgegeben hat.
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 84
Rechtswissenschaftliches Institut
Fall 25
Herr X wird telefonisch von seiner Hausbank angefragt, ob er die
Überweisung eines grösseren Geldbetrages erwarte, was er
wahrheitswidrig bejaht. In der Folge werden CHF 80'000 auf
seinem Konto gutgeschrieben. Als die Bank den Irrtum bemerkt,
ist das Geld nicht mehr vorhanden, da X dieses für eigene
Bedürfnisse verbraucht hat.
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 85
Rechtswissenschaftliches Institut
Unrechtmässige Entziehung von Energie (Art. 142)
1
Wer einer Anlage, die zur Verwertung von Naturkräften dient,
namentlich einer elektrischen Anlage, unrechtmässig Energie entzieht,
wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe
bestraft.
2
Handelt der Täter in der Absicht, sich oder einen andern
unrechtmässig zu bereichern, so wird er mit Freiheitsstrafe bis zu fünf
Jahren oder Geldstrafe bestraft.
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 86
Rechtswissenschaftliches Institut
Unbefugte Datenbeschaffung (Art. 143)
1 Wer
in der Absicht, sich oder einen andern unrechtmässig zu
bereichern, sich oder einem andern elektronisch oder in
vergleichbarer Weise gespeicherte oder übermittelte Daten beschafft,
die nicht für ihn bestimmt und gegen seinen unbefugten Zugriff
besonders gesichert sind, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren
oder Geldstrafe bestraft.
2 Die unbefugte Datenbeschaffung zum Nachteil eines Angehörigen
oder Familiengenossen wird nur auf Antrag verfolgt.
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 87
Rechtswissenschaftliches Institut
Unbefugte Datenbeschaffung (Art. 143)
Objektiver Tatbestand
 Täter: Jedermann
 Tatobjekt: Besonders geschützte Daten
 Tathandlung: Der Täter beschafft sich Daten, die einem anderen
zustehen, und über die er keine Verfügungsberechtigung hat
Subjektiver Tatbestand
 Vorsatz
 Absicht die Daten dauernd in die eigene Verfügungsgewalt zu
überführen
 Bereicherungsabsicht
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 88
Rechtswissenschaftliches Institut
Fall 26
Kurt
ist
Angestellter
einer
im
Bereich
von
Internetdienstleistungen tätigen Gesellschaft. Damit er seine
Arbeit ausführen kann, besitzt er ein Passwort, das ihm den
Zugang zu allen Daten des Servers ermöglicht, obwohl ihm der
Zugang zu gewissen Daten untersagt ist. Trotzdem beschafft
sich Kurt Daten aus dem Bereich, zu dem ihm der Zutritt nicht
gestattet ist.
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 89
Rechtswissenschaftliches Institut
Unbefugtes Eindringen in ein
Datenverarbeitungssystem (Art. 143bis)
1
Wer auf dem Wege von Datenübertragungseinrichtungen
unbefugterweise in ein fremdes, gegen seinen Zugriff besonders
gesichertes Datenverarbeitungssystem eindringt, wird, auf Antrag,
mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
2
Wer Passwörter, Programme oder andere Daten, von denen er
weiss oder annehmen muss, dass sie zur Begehung einer
strafbaren Handlung gemäss Absatz 1 verwendet werden sollen,
in Verkehr bringt oder zugänglich macht, wird mit Freiheitsstrafe
bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 90
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Unbefugtes Eindringen in ein
Datenverarbeitungssystem (Art. 143bis Abs. 1)
Objektiver Tatbestand
 Täter: Jedermann
 Tatobjekt: Besonders geschützte, fremde Datenverarbeitungsanlage
 Tathandlung: ohne Berechtigung über eine Datenverbindung in eine
gegen seinen Zugriff besonders geschützte, fremde
Datenverarbeitungsanlage eindringen
Subjektiver Tatbestand
 Vorsatz
 Mit oder ohne Bereicherungsabsicht
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 91
Rechtswissenschaftliches Institut
Unbefugtes Eindringen in ein
Datenverarbeitungssystem (Art. 143bis Abs. 2)
 Illegale Verbreitung von Zugangscodes
 Vorbereitungshandlung zum Hacking
 Steuern bzw. Zugänglichmachen von Hacking-Tools
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 92
Rechtswissenschaftliches Institut
Fall 27
Philipp leitet heimlich die gesamte elektronische Post seines
Vorgesetzten ohne dessen Wissen in seinen eigenen
elektronischen Briefkasten um.
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 93
Rechtswissenschaftliches Institut
Übersicht: Sachbeschädigung (Art. 144) und
verwandte Delikte (Art. 144bis und 145)
 Sachbeschädigung (Art. 144)
 Datenbeschädigung (Art. 144bis)
 Datenbeschädigung (Ziff. 1)
 Virentatbestand (Ziff. 2)
 Veruntreuung und Entzug von Pfandsachen und
Retentionsgegenständen (Art. 145)
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 94
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Sachbeschädigung (Art. 144)
1 Wer
eine Sache, an der ein fremdes Eigentums-, Gebrauchs- oder
Nutzniessungsrecht besteht, beschädigt, zerstört oder unbrauchbar
macht, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder
Geldstrafe bestraft.
2 Hat
der Täter die Sachbeschädigung aus Anlass einer öffentlichen
Zusammenrottung begangen, so wird er von Amtes wegen verfolgt.
3 Hat
der Täter einen grossen Schaden verursacht, so kann auf
Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu fünf Jahren erkannt werden. Die
Tat wird von Amtes wegen verfolgt.
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 95
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Sachbeschädigung (Art. 144)
Objektiver Tatbestand
 Täter: Jedermann
 Tatobjekt: Sache, an der ein fremdes Eigentums-, Gebrauchsoder Nutzniessungsrecht besteht
 Tathandlung: Angriff auf die Sache
 Erfolg: Sache ist zerstört, beschädigt, unbrauchbar
Subjektiver Tatbestand
 Vorsatz
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 96
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Sachbeschädigung (Art. 144)
1 Wer
eine Sache, an der ein fremdes Eigentums-, Gebrauchs- oder
Nutzniessungsrecht besteht, beschädigt, zerstört oder unbrauchbar
macht, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder
Geldstrafe bestraft.
2 Hat
der Täter die Sachbeschädigung aus Anlass einer öffentlichen
Zusammenrottung begangen, so wird er von Amtes wegen verfolgt.
3 Hat
der Täter einen grossen Schaden verursacht, so kann auf
Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu fünf Jahren erkannt werden. Die
Tat wird von Amtes wegen verfolgt.
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 97
Rechtswissenschaftliches Institut
Fall 28
X und Y gerieten schon vor längerer Zeit in einen verbitterten
Nachbarschaftsstreit. Aus Wut auf seinen Nachbarn verstopfte X
von seinem Grundstück aus die Abwasserleitung des Y. Dies
verunmöglichte eine Ableitung des Abwassers und führte so
dazu, dass sich Abfälle und Exkremente in Y’s Toiletten,
Lavabos und in der Dusche ansammelten. Die Kosten für die
Wiederherstellung beliefen sich auf ca. CHF 3'000.
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 98
Rechtswissenschaftliches Institut
Fall 29
Max ist sich nicht sicher, ob der Vermieter seiner Wohnung, mit
dem er sich in einer mietrechtlichen Auseinandersetzung
befindet, nicht in seiner Abwesenheit mit dem Zweitschlüssel die
Wohnung betritt. Er lässt daher die Schlösser auswechseln.
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 99
Rechtswissenschaftliches Institut
Fall 30
Karl besprayt die Front einer öffentlichen WC-Anlage. Das
Gebäude weist an derselben Stelle bereits eine Bemalung auf,
die früher von Unbekannten angebracht wurde.
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 100
Rechtswissenschaftliches Institut
Besonderer Teil II
Lektion 5:
 Mit Sachbeschädigung verwandte Delikte
 Betrug
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 101
Rechtswissenschaftliches Institut
I. Strafbare Handlungen gegen das Vermögen
 Aneignungsdelikte (Art. 137-140) und verwandte Delikte (Art. 141-143bis)
 Sachbeschädigung (Art. 144) und verwandte Delikte (Art. 144bis und 145)
 Betrug (Art. 146) und mit Betrug verwandte Delikte (Art. 147-155)
 Erpressung (Art. 156)
 Ungetreue Geschäftsbesorgung (Art. 158)
 Hehlerei (Art. 160)
 Geringfügige Vermögensdelikte (Art. 172ter)
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 102
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Datenbeschädigung (Art. 144bis Ziff. 1)
1. Wer unbefugt elektronisch oder in vergleichbarer Weise
gespeicherte oder übermittelte Daten verändert, löscht oder
unbrauchbar macht, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu
drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
Hat der Täter einen grossen Schaden verursacht, so kann auf
Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu fünf Jahren erkannt
werden. Die Tat wird von Amtes wegen verfolgt.
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 103
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Datenbeschädigung (Art. 144bis Ziff. 2)
2. Wer Programme, von denen er weiss oder annehmen
muss, dass sie zu den in Ziffer 1 genannten Zwecken
verwendet werden sollen, herstellt, einführt, in Verkehr bringt,
anpreist, anbietet oder sonst wie zugänglich macht oder zu
ihrer Herstellung Anleitung gibt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu
drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
Handelt der Täter gewerbsmässig, so kann auf Freiheitsstrafe
von einem Jahr bis zu fünf Jahren erkannt werden
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 104
Rechtswissenschaftliches Institut
Fall 31
X bot Datenträger (CD-ROM), welche über ein Web-BrowserProgramm lesbar sind, im Internet im In- und Ausland zum
Verkauf an. Die CD-ROM enthält im Inhaltsverzeichnis unter
anderem einen Bereich, der mit «VIRUS» betitelt ist. Dieser Teil
gibt Instruktionen und Hinweise zur Erzeugung von Programmen,
die Daten infizieren, zerstören oder unbrauchbar machen.
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 105
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Veruntreuung und Entzug von Pfandsachen und
Retentionsgegenständen (Art. 145)
Der Schuldner, der in der Absicht, seinen Gläubiger zu
schädigen, diesem eine als Pfand oder Retentionsgegenstand
dienende Sache entzieht, eigenmächtig darüber verfügt, sie
beschädigt, zerstört, entwertet oder unbrauchbar macht, wird,
auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder
Geldstrafe bestraft.
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 106
Rechtswissenschaftliches Institut
Übersicht: Betrug (Art. 146) und mit Betrug verwandte
Delikte (Art. 147-155)







Betrug (Art. 146)
Arglistige Vermögensschädigung (Art. 151)
Betrügerischer Missbrauch einer Datenverarbeitungsanlage (Art. 147)
Check- und Kreditkartenmissbrauch (Art. 148)
Zechprellerei (Art. 149)
Erschleichen einer Leistung (Art. 150)
Herstellen und Inverkehrbringen von Materialien zur unbefugten
Entschlüsselung codierter Angebote (Art. 150bis)
 Unwahre Angaben über kaufmännische Gewerbe (Art. 152)
 Unwahre Angaben gegenüber Handelsregisterbehörden (Art. 153)
 Warenfälschung (Art. 155)
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 107
Rechtswissenschaftliches Institut
Fall 32
Der Professor legt den Studenten ein falsches Dokument vor,
gemäss dem ihn die Universitätsleitung ermächtigt hat, spezielle
Semestergebühren in der Höhe von CHF 100 einzukassieren.
Die Studenten zahlen dem Professor in der Folge jeweils CHF
100.
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 108
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Betrug (Art. 146)
1 Wer
in der Absicht, sich oder einen andern unrechtmässig zu bereichern,
jemanden durch Vorspiegelung oder Unterdrückung von Tatsachen arglistig
irreführt oder ihn in einem Irrtum arglistig bestärkt und so den Irrenden zu
einem Verhalten bestimmt, wodurch dieser sich selbst oder einen andern
am Vermögen schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder
Geldstrafe bestraft.
2 Handelt
der Täter gewerbsmässig, so wird er mit Freiheitsstrafe bis zu
zehn Jahren oder Geldstrafe nicht unter 90 Tagessätzen bestraft.
3 Der
Betrug zum Nachteil eines Angehörigen oder Familiengenossen wird
nur auf Antrag verfolgt.
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 109
Rechtswissenschaftliches Institut
Objektiver Tatbestand (Art. 146)
Arglistige Täuschung
Motivationszusammenhang
Irrtum eines Menschen
Vermögensdisposition
Kausalzusammenhang
Vermögensschaden
Subjektiver Tatbestand (Art. 146)
•Vorsatz
•Bereicherungsabsicht
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 110
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Betrug (Art. 146 Abs. 1): Arglistige Täuschung
Irreführendes Verhalten durch arglistiges Vorspiegeln oder
Unterdrücken von Tatsachen:
 Vorspiegeln oder Unterdrücken:
 Unterschied nicht erkennbar
 Mit Wort, Schrift oder konkludent
 Problem bei unklarem Erklärungsinhalt
 Arglist:
 Nicht blosse falsche Angabe, die mühelos überprüfbar ist
 Keine oder nur schwer Möglichkeit der Überprüfung:
 Lügengebäude
 Täuschende Machenschaften
 U.U. Einfache Lüge
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 111
Rechtswissenschaftliches Institut
Objektiver Tatbestand (Art. 146)
Arglistige Täuschung
Motivationszusammenhang
Irrtum eines Menschen
Vermögensdisposition
Kausalzusammenhang
Vermögensschaden
Subjektiver Tatbestand (Art. 146)
•Vorsatz
•Bereicherungsabsicht
25.06.2015
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Seite 112
Rechtswissenschaftliches Institut
Objektiver Tatbestand (Art. 146)
Arglistige Täuschung
Motivationszusammenhang
Irrtum eines Menschen
Vermögensdisposition
Kausalzusammenhang
Vermögensschaden
Subjektiver Tatbestand (Art. 146)
•Vorsatz
•Bereicherungsabsicht
25.06.2015
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Seite 113
Rechtswissenschaftliches Institut
Objektiver Tatbestand (Art. 146)
Arglistige Täuschung
Motivationszusammenhang
Irrtum eines Menschen
Vermögensdisposition
Kausalzusammenhang
Vermögensschaden
Subjektiver Tatbestand (Art. 146)
•Vorsatz
•Bereicherungsabsicht
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 114
Rechtswissenschaftliches Institut
Fall 33
Eine Animierdame täuschte ihrem Kunden nach einmaligem
Geschlechtsverkehr eine Schwangerschaft vor und verlangte von
ihm CHF 20'000 für die angebliche Abtreibung. Beim Kunden
handelte es sich um einen 40-jährigen leicht behinderten Mann,
der zuvor noch nie eine Liebesbeziehung mit einer Frau hatte.
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 115
Rechtswissenschaftliches Institut
Fall 34
Eine Gruppe von neun Personen inszeniert mehrere
Verkehrsunfälle unter Verwendung von bereits defekten oder
gestohlenen Autos. Die vermeintlichen Unfallopfer klagen dann
bei Ärzten über Symptome, die für ein Schleudertrauma typisch
sind, und erschleichen sich so die Invalidenrenten.
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 116
Rechtswissenschaftliches Institut
Fall 35
Rolf und Max wirkten bei der Sendung «Risiko» von SF DRS in
folgender Art und Weise zusammen: Max war als Zuschauer bei
der Hauptprobe am Nachmittag vor der Live-Sendung anwesend.
Er wurde dazu eingeladen, weil er behauptet hatte, er sei Student
der Medienwissenschaft und würde zu Studienzwecken gerne die
Hauptprobe sehen. Max notierte die richtigen Antworten auf die
Original-Wissensfragen des Quiz (die gleichen, die am Abend in
der Show den Kandidaten gestellt wurden). Er spielte die Notiz
dem Rolf zu, der am Abend als Kandidat in der Sendung auftrat.
Mit Hilfe der richtigen Antworten gewann Rolf in der Sendung
CHF 95'000.
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 117
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Fall 36
X lud seinen alten Studienfreund Y zu sich nach Hause ein,
legte ihm seine geschäftlichen Expansionspläne dar und bot ihm
eine gute Stelle in seiner Firma an. In diesem Zusammenhang
fragte X den Y, ob er ihm nicht als Freund und im Hinblick auf
seine zukünftige Tätigkeit in der Firma CHF 80’000 ausleihen
könne, welche er für den Erwerb einer Liegenschaft brauche.
Den ausgeliehenen Betrag erstattete X nach wiederholten
Mahnungen nur teilweise zurück, denn er hatte von Anfang an
die Absicht, die Situation bewusst auszunützen.
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 118
Rechtswissenschaftliches Institut
Fall 37
X, Bezüger von Ergänzungsleistungen zur AHV, wird von der
zuständigen Behörde über seine wirtschaftliche Lage ausgefragt
und gebeten, seine Angaben mittels Kontoauszügen zu belegen.
Um die Rente weiterhin zu erhalten, reicht X nur einen der
verlangten Kontoauszüge ein. Dies obwohl er auf einem anderen
Konto, welches er nie angegeben hat, ein beachtliches
Vermögen besitzt.
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 119
Rechtswissenschaftliches Institut
Fall 38
Hans erstattete Anzeige bei der Polizei, sein Auto sei entwendet
worden, und übergab dieser einen Fahrzeugschlüssel (Schlüssel Nr. 1).
Eine
Woche
später
meldete
er
den
Schaden
der
Versicherungsgesellschaft, bei welcher er eine Vollkaskoversicherung
abgeschlossen hatte. Er übergab der Versicherung einen zweiten
Fahrzeugschlüssel (Schlüssel Nr. 2). Diese liess in der Folge den
Schlüssel Nr. 1 wie auch den Schlüssel Nr. 2 vom kriminaltechnischen
Prüflabor untersuchen. Dieses kam zum Ergebnis, der Schlüssel Nr. 1
passe im Gegensatz zum Schlüssel Nr. 2 nicht zu dem als gestohlen
gemeldeten Wagen. Nach durchgeführter Beweiswürdigung zog die
Vorinstanz die Schlussfolgerung, der Beschwerdeführer habe den
Diebstahl seines Fahrzeugs inszeniert. Er habe das Auto verschwinden
lassen und es anschliessend als gestohlen gemeldet, um von der
Versicherung eine Entschädigung ausgerichtet zu erhalten respektive
um sich der Bezahlung der geschuldeten Leasingraten zu entledigen.
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 120
Rechtswissenschaftliches Institut
Besonderer Teil II
Lektion 6: Mit Betrug verwandte Delikte
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 121
Rechtswissenschaftliches Institut
I. Strafbare Handlungen gegen das Vermögen
 Aneignungsdelikte (Art. 137-140) und verwandte Delikte (Art. 141-143bis)
 Sachbeschädigung (Art. 144) und verwandte Delikte (Art. 144bis und 145)
 Betrug (Art. 146) und mit Betrug verwandte Delikte (Art. 147-155)
 Erpressung (Art. 156)
 Ungetreue Geschäftsbesorgung (Art. 158)
 Hehlerei (Art. 160)
 Geringfügige Vermögensdelikte (Art. 172ter)
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 122
Rechtswissenschaftliches Institut
Arglistige Vermögensschädigung
(Art. 151)
Wer jemanden ohne Bereicherungsabsicht durch Vorspiegelung oder
Unterdrückung von Tatsachen arglistig irreführt oder ihn in einem
Irrtum arglistig bestärkt und so den Irrenden zu einem Verhalten
bestimmt, wodurch dieser sich selbst oder einen andern am
Vermögen schädigt, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei
Jahren oder Geldstrafe bestraft.
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 123
Rechtswissenschaftliches Institut
Objektiver Tatbestand Art. 151
Arglistige Täuschung
Motivationszusammenhang
Irrtum eines Menschen
Vermögensdisposition
Kausalzusammenhang
Vermögensschaden
Subjektiver Tatbestand Art. 151
Vorsatz
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 124
Rechtswissenschaftliches Institut
Fall 39
Der verheiratete Mark verlobt sich ohne Heiratsabsicht mit Anna und
lässt zu, dass sie sich ein (a priori unbrauchbares) Hochzeitskleid
kauft.
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 125
Rechtswissenschaftliches Institut
Fall 40
Alex bestellt zum Spass 5 Pizzen. Er gibt beim Pizzakurier die
Adresse von seinem nichtsahnenden Arbeitskollegen Hans an. Der
überraschte Hans weigert sich die 5 gelieferten Pizzen zu bezahlen,
worauf der Kurier diese wieder mitnimmt und wegwerfen muss.
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 126
Rechtswissenschaftliches Institut
Betrügerischer Missbrauch einer
Datenverarbeitungsanlage (Art. 147 Abs. 1)
1
Wer in der Absicht, sich oder einen andern unrechtmässig zu
bereichern, durch unrichtige, unvollständige oder unbefugte
Verwendung von Daten oder in vergleichbarer Weise auf einen
elektronischen oder vergleichbaren Datenverarbeitungs- oder
Datenübermittlungsvorgang einwirkt und dadurch eine
Vermögensverschiebung zum Schaden eines andern herbeiführt
oder eine Vermögensverschiebung unmittelbar darnach
verdeckt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder
Geldstrafe bestraft.
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 127
Rechtswissenschaftliches Institut
Objektiver Tatbestand (Art. 147)
Datenmanipulation oder
vergleichbares Vorgehen
Subjektiver Tatbestand (Art. 147)
•Vorsatz
•Bereicherungsabsicht
unzutreffendes Ergebnis der
Datenverarbeitung
Vermögensverschiebung
Vermögensschaden
oder (alternativ)
Eine bereits erfolgte
Vermögensverschiebung wird
unmittelbar nachher durch
Datenmanipulation verdeckt
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 128
Rechtswissenschaftliches Institut
Betrügerischer Missbrauch einer
Datenverarbeitungsanlage (Art. 147 Abs. 2 und 3)
2
Handelt der Täter gewerbsmässig, so wird er mit Freiheitsstrafe bis
zu zehn Jahren oder Geldstrafe nicht unter 90 Tagessätzen bestraft.
3
Der betrügerische Missbrauch einer Datenverarbeitungsanlage zum
Nachteil eines Angehörigen oder Familiengenossen wird nur auf
Antrag verfolgt.
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 129
Rechtswissenschaftliches Institut
Fall 41
X führt mehrere Telefongespräche mit einem abhanden
gekommenen Mobiltelefon.
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 130
Rechtswissenschaftliches Institut
Fall 42
Kurt hat seine Angebetete, die schöne Clara, zum Nachtessen in
ein Nobelrestaurant eingeladen. Er ist zwar hoffnungslos
überschuldet und verfügt über keinerlei Geld mehr, ist aber noch
im Besitz seiner Kreditkarte, mit der er die Rechnung «begleicht».
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 131
Rechtswissenschaftliches Institut
Das Dreiecksverhältnis beim Kreditkartenverfahren:
Bank
= Kartenaussteller
Kreditkartenvertrag
Kunde
= Karteninhaber
25.06.2015
Vollzugsverhältnis
Valutaverhältnis
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Vertragsunternehmen
Seite 132
Rechtswissenschaftliches Institut
Check- und Kreditkartenmissbrauch (Art. 148)
Wer, obschon er zahlungsunfähig oder zahlungsunwillig ist, eine ihm vom
Aussteller überlassene Check- oder Kreditkarte oder ein gleichartiges
Zahlungsinstrument verwendet, um vermögenswerte Leistungen zu
erlangen und den Aussteller dadurch am Vermögen schädigt, wird, sofern
dieser und das Vertragsunternehmen die ihnen zumutbaren Massnahmen
gegen den Missbrauch der Karte ergriffen haben, mit Freiheitsstrafe bis zu
fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
1
2
Handelt der Täter gewerbsmässig, so wird er mit Freiheitsstrafe bis zu
zehn Jahren oder Geldstrafe nicht unter 90 Tagessätzen bestraft.
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 133
Rechtswissenschaftliches Institut
Check- und Kreditkartenmissbrauch (Art. 148)
Objektiver Tatbestand
 Täter: berechtigter Karteninhaber
 Tatobjekt: Check- oder Kreditkarte oder gleichartiges Zahlungsinstrument
 Tathandlung: Verwendung der Karte trotz Zahlungsunfähigkeit oder unwilligkeit zur Erlangung vermögenswerter Leistungen
 Erfolg: Vermögensschaden beim Kartenaussteller
Objektive Strafbarkeitsbedingung
 Ergreifen zumutbarer Massnahmen gegen den Missbrauch der Karte
Subjektiver Tatbestand
 Vorsatz
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 134
Rechtswissenschaftliches Institut
Fall 43
X erlangt durch arglistige Täuschung des Ausstellers über seine
Zahlungsfähigkeit und seinen Zahlungswillen eine BPKundenkarte und verwendet diese anschliessend zum Bezug
von Waren und Dienstleistungen, obschon er zahlungsunfähig
und -unwillig ist.
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 135
Rechtswissenschaftliches Institut
Fall 44
Sandra macht im Antragsformular für eine Kreditkarte falsche
Angaben über ihren Beruf und ihre Einkünfte. Die
Kreditkartengesellschaft überprüft die Angaben nur rudimentär
und händigt Sandra ohne weitere Abklärungen eine Visakarte
aus, die sie sogleich im Wissen um ihre totale
Zahlungsunfähigkeit für diverse Einkäufe verwendet.
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 136
Rechtswissenschaftliches Institut
Zechprellerei (Art. 149)
Wer sich in einem Gastgewerbebetrieb beherbergen, Speisen
oder Getränke vorsetzen lässt oder andere Dienstleistungen
beansprucht und den Betriebsinhaber um die Bezahlung prellt,
wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder
Geldstrafe bestraft.
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 137
Rechtswissenschaftliches Institut
Zechprellerei (Art. 149)
Objektiver Tatbestand
 Täter: Jedermann
 Tatobjekt: Gastgewerbebetrieb
 Tathandlung: Prellen des Betriebsinhabers eines
Gastgewerbebetriebes um deren Entgelt nach Konsum von
Dienstleistungen
Subjektiver Tatbestand
 Vorsatz
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 138
Rechtswissenschaftliches Institut
Fall 45
Kurt liess sich von Ende Januar 1997 bis Anfang August 1997 in
der Region Chur sowie in Vororten von Zürich in verschiedenen
Hotels über mehrere Tage bis Wochen beherbergen, wobei er
die Beherbergungs- und Bewirtungskosten von insgesamt ca.
CHF 8'000 nicht oder nur zum Teil bezahlte.
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 139
Rechtswissenschaftliches Institut
Erschleichen einer Leistung (Art. 150)
Wer, ohne zu zahlen, eine Leistung erschleicht, von der er weiss,
dass sie nur gegen Entgelt erbracht wird, namentlich indem er
ein öffentliches Verkehrsmittel benützt,
eine Aufführung, Ausstellung oder ähnliche Veranstaltung besucht,
eine Leistung, die eine Datenverarbeitungsanlage erbringt oder die
ein Automat vermittelt, beansprucht,
wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder
Geldstrafe bestraft.
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 140
Rechtswissenschaftliches Institut
Erschleichen einer Leistung (Art. 150)
Objektiver Tatbestand
 Täter: Jedermann
 Tathandlung: Erschleichen einer entgeltlichen Leistung, die einem
grösseren Publikum angeboten wird
Subjektiver Tatbestand
 Vorsatz
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 141
Rechtswissenschaftliches Institut
Fall 46
Fabian steigt ohne gültiges Billett in den Zug ein. Bei der
darauffolgenden Stichkontrolle teilt er dem Kontrolleur umgehend
mit, dass er kein gültiges Ticket besitzt.
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 142
Rechtswissenschaftliches Institut
Herstellen und Inverkehrbringen von Materialien zur
unbefugten Entschlüsselung codierter Angebote (Art. 150bis)
1
Wer Geräte, deren Bestandteile oder Datenverarbeitungsprogramme,
die zur unbefugten Entschlüsselung codierter Rundfunkprogramme
oder Fernmeldedienste bestimmt und geeignet sind, herstellt, einführt,
ausführt, durchführt, in Verkehr bringt oder installiert, wird, auf Antrag,
mit Busse bestraft.
2
Versuch und Gehilfenschaft sind strafbar.
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 143
Rechtswissenschaftliches Institut
Fall 47
Oliver programmiert und verkauft anschliessend online
Geräte, die so programmiert sind, dass die normalerweise
kostenpflichtigen Spielfilm-Kanäle kostenlos freigeschaltet
werden.
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 144
Rechtswissenschaftliches Institut
Besonderer Teil II
Lektion 7:
 Erpressung
 Ungetreue Geschäftsbesorgung
 Hehlerei
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 145
Rechtswissenschaftliches Institut
I. Strafbare Handlungen gegen das Vermögen
 Aneignungsdelikte (Art. 137-140) und verwandte Delikte (Art. 141-143bis)
 Sachbeschädigung (Art. 144) und verwandte Delikte (Art. 144bis und 145)
 Betrug (Art. 146) und mit Betrug verwandte Delikte (Art. 147-155)
 Erpressung (Art. 156)
 Ungetreue Geschäftsbesorgung (Art. 158)
 Hehlerei (Art. 160)
 Geringfügige Vermögensdelikte (Art. 172ter)
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 146
Rechtswissenschaftliches Institut
Erpressung
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 147
Rechtswissenschaftliches Institut
Fall 48
Emil, der im Quartier als Schläger berüchtigt ist, bietet Otto,
Inhaber eines Restaurants, gegen Abgabe von 5 Prozent der
Einnahmen seine Protektion an. Als Otto ablehnt, droht ihm Emil
an, dass er sein Restaurant verwüsten werde, wenn die Abgabe
von 5 Prozent nicht bezahlt wird.
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 148
Rechtswissenschaftliches Institut
Erpressung (Art. 156)
1. Wer in der Absicht, sich oder einen andern unrechtmässig zu
bereichern, jemanden durch Gewalt oder Androhung ernstlicher
Nachteile zu einem Verhalten bestimmt, wodurch dieser sich selber
oder einen andern am Vermögen schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis
zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 149
Rechtswissenschaftliches Institut
Objektiver Tatbestand (Art. 156)
Gewalt bzw. Androhung ernstlicher
Nachteile
Kausalzusammenhang
Vermögensdisposition
Kausalzusammenhang
Vermögensschaden
Subjektiver Tatbestand
•Vorsatz
•Bereicherungsabsicht
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 150
Rechtswissenschaftliches Institut
Erpressung (Art. 156 Ziff. 1): Nötigung
 Anwendung von Gewalt:
 Gegen Sachen und Personen
 Eigentum Drittpersonen, wenn nötigender Charakter
 Androhung ernstlicher Nachteile:
 So ernstlich, dass sich vernünftiger Mensch genötigt sieht
 Nachteil muss tatsächlich oder angeblich vom Willen Drohenden
abhängig sein
 Drohung gegen Leib und Leben
 Erpressten
 Drittperson (sofern notwendige Intensität)
 Andere Rechtsgüter
 Qualifikation Ziff. 3 und 4
 Unerheblich, ob Täter Drohung wahrmachen kann und will
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 151
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Objektiver Tatbestand (Art. 156)
Gewalt bzw. Androhung ernstlicher
Nachteile
Kausalzusammenhang
Vermögensdisposition
Kausalzusammenhang
Vermögensschaden
Subjektiver Tatbestand
•Vorsatz
•Bereicherungsabsicht
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 152
Rechtswissenschaftliches Institut
Erpressung (Art. 156 Ziff. 3 bis 4)
2. Handelt der Täter gewerbsmässig oder erpresst er die gleiche
Person fortgesetzt,
so wird er mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren
bestraft.
3. Wendet der Täter gegen eine Person Gewalt an oder bedroht
er sie mit einer gegenwärtigen Gefahr für Leib und Leben, so
richtet sich die Strafe nach Artikel 140.
4. Droht der Täter mit einer Gefahr für Leib und Leben vieler
Menschen oder mit schwerer Schädigung von Sachen, an denen
ein hohes öffentliches Interesse besteht, so wird er mit
Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft.
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 153
Rechtswissenschaftliches Institut
Fall 49
X entführte Y und brachte ihn unter Gewalt- und Todesdrohung
dazu, seine Bank- und Kreditkarten sowie die entsprechenden
Zugriffcodes herauszugeben. In der Folge gelang es X, CHF
10'000 vom Bankkonto des Y abzuheben. X hielt Y noch
während 24 Stunden, nachdem er die Bargeldbezüge getätigt
hatte, fest.
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 154
Rechtswissenschaftliches Institut
Fall 50
Eva fordert nach der Scheidung von Christoph eine
Schuldanerkennung über CHF 10’000 mit der Drohung, dass sie
sonst den Arbeitgeber über seine Jahre zurückliegende
kriminelle Vergangenheit orientieren würde. Christoph willigt ein,
da er Angst um seine Stelle hat.
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 155
Rechtswissenschaftliches Institut
Ungetreue Geschäftsbesorgung
25.06.2015
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Seite 156
Rechtswissenschaftliches Institut
Fall 51
Samuel wurde als Vormund eingesetzt und verwaltet in dieser
Funktion das Vermögen eines Minderjährigen. Darin befinden
sich mehrere Liegenschaften. Obwohl einige Mieter nur
unregelmässig zahlen, unternimmt Samuel nichts, um die
ausstehenden Mietzinse einzuziehen. Zudem bemüht er sich
nicht darum, die leer stehenden Wohnungen wieder zu
vermieten.
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 157
Rechtswissenschaftliches Institut
Ungetreue Geschäftsbesorgung
(Art. 158 Ziff. 1)
Treuebruchtatbestand
1. Wer aufgrund des Gesetzes, eines behördlichen Auftrages oder eines
Rechtsgeschäfts damit betraut ist, Vermögen eines andern zu verwalten
oder eine solche Vermögensverwaltung zu beaufsichtigen, und dabei
unter Verletzung seiner Pflichten bewirkt oder zulässt, dass der andere
am Vermögen geschädigt wird, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei
Jahren oder Geldstrafe bestraft.
Wer als Geschäftsführer ohne Auftrag gleich handelt, wird mit der
gleichen Strafe belegt.
Handelt der Täter in der Absicht, sich oder einen andern unrechtmässig
zu bereichern, so kann auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu fünf
Jahren erkannt werden.
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 158
Rechtswissenschaftliches Institut
Ungetreue Geschäftsbesorgung
(Art. 158 Ziff. 1)
Treuebruchtatbestand
Objektiver Tatbestand
 Täter: Vermögensverwalter, Aufsichtsorgan über eine
Vermögensverwaltung oder Geschäftsführer ohne Auftrag
 Tathandlung: Der Täter verletzt seine Pflichten und bewirkt dadurch
einen Vermögensschaden beim Geschäftsherrn
 Erfolg: Vermögensschaden des Geschäftsherrn
Subjektiver Tatbestand
 Vorsatz
 Bereicherungsabsicht ist nur für den qualifizierten Tatbestand nach
Ziff. 1 Abs. 3 erforderlich
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 159
Rechtswissenschaftliches Institut
Ungetreue Geschäftsbesorgung
(Art. 158 Ziff. 2)
Missbrauchstatbestand
2. Wer in der Absicht, sich oder einen andern unrechtmässig zu
bereichern, die ihm durch das Gesetz, einen behördlichen Auftrag oder
ein Rechtsgeschäft eingeräumte Ermächtigung, jemanden zu vertreten,
missbraucht und dadurch den Vertretenen am Vermögen schädigt, wird
mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
3. Die ungetreue Geschäftsbesorgung zum Nachteil eines Angehörigen
oder Familiengenossen wird nur auf Antrag verfolgt.
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 160
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Ungetreue Geschäftsbesorgung
(Art. 158 Ziff. 2)
Missbrauchstatbestand
Objektiver Tatbestand
– Täter: Direkter oder indirekter Stellvertreter
– Tathandlung: Missbrauch der Stellung als Stellvertreter
– Erfolg: Vermögensschaden beim Vertretenen
Subjektiver Tatbestand
– Vorsatz
– Bereicherungsabsicht
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 161
Rechtswissenschaftliches Institut
Fall 52
Y verkaufte an die Bank AG 500'000 Aktien der Gold AG. X,
welcher im Rang eines Vizedirektors als Anlageberater bei der
Bank AG angestellt war, führte die Verkaufsverhandlungen. Es
wurde vereinbart, dass Y im Falle eines erfolgreichen
Geschäftsabschlusses seine Kommission von 10% an X
persönlich weiterleiten würde. X kassierte auf diesem Weg eine
Schwarzzahlung in der Höhe von USD 380'000.--.
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 162
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Fall 53
Der CEO einer Bank weist die Kundenberater in den USA an,
aktiv US-amerikanischen Kunden anzubieten, allfälliges durch
Steuerhinterziehung vor dem Fiskus verstecktes Geld in die
Schweiz zu transferieren. In der Folge werden zahlreiche
Kunden angeworben. Als die Sache auffliegt, eröffnet die USamerikanische Steuerbehörde ein aufwändiges Verfahren gegen
die Bank. Nur dank Intervention der schweizerischen Behörden
können für die Bank existenzbedrohliche Sanktionen
abgewendet werden.
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 163
Rechtswissenschaftliches Institut
Fall 54
Andreas, der unter anderem Vorsitzender des Stiftungsrates von
zwei Personalvorsorgeeinrichtung ist, gibt mehr als 20% des
Stiftungsvermögens als Darlehen an von ihm beherrschte
Firmen, obwohl diese konkursgefährdet sind. Die Firmengruppe
geht 6 Monate später in Konkurs. Die beiden
Personalvorsorgeeinrichtung gehen im Konkurs leer aus.
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 164
Rechtswissenschaftliches Institut
Hehlerei
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 165
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Fall 55
Schmuckhändlerin Helen kauft von Kurt einen wertvollen Ring,
den dieser gestohlen hat, zu einem äusserst günstigen Preis.
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 166
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Hehlerei (Art. 160)
1. Wer eine Sache, von der er weiss oder annehmen muss, dass sie ein
anderer durch eine strafbare Handlung gegen das Vermögen erlangt hat,
erwirbt, sich schenken lässt, zum Pfande nimmt, verheimlicht oder
veräussern hilft, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe
bestraft.
Der Hehler wird nach der Strafandrohung der Vortat bestraft, wenn sie
milder ist.
Ist die Vortat ein Antragsdelikt, so wird die Hehlerei nur verfolgt, wenn ein
Antrag auf Verfolgung der Vortat vorliegt.
2. Handelt der Täter gewerbsmässig, so wird er mit Freiheitsstrafe bis zu
zehn Jahren oder Geldstrafe nicht unter 90 Tagessätzen bestraft.
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 167
Rechtswissenschaftliches Institut
Hehlerei (Art. 160)
Objektiver Tatbestand
 Täter: Jedermann der nicht Vortäter ist
 Tatobjekt: Sache, die vom Vortäter durch eine tatbestandsmässige
und rechtswidrige Straftat gegen das Vermögen erlangt worden ist
 Tathandlungen: Erlangen der Verfügungsmacht über das Deliktsgut
durch Erwerb, Schenkung, Pfandnahme oder Hilfe beim Veräussern
oder beim Verheimlichen des Deliktsguts
Subjektiver Tatbestand
 Vorsatz
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 168
Rechtswissenschaftliches Institut
Hehlerei (Art. 160)
Konkurrenz und Abgrenzung
 Vortat - Hehlerei:
 Vortäter (auch Mittäter und Anstifter) ist nie Hehler
 Gehilfe:
 Grundsätzlich echte Konkurrenz
 Aber: Hehlereihandlung vor Beendigung: blosse Gehilfenschaft
 Hehlerei - Geldwäscherei: echte Konkurrenz wegen unterschiedlichen
Rechtsgütern
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 169
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Besonderer Teil II
Lektion 8:
 Hehlerei
 Urkundendelikte
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 170
Rechtswissenschaftliches Institut
I. Strafbare Handlungen gegen das Vermögen
 Aneignungsdelikte (Art. 137-140) und verwandte Delikte (Art. 141-143bis)
 Sachbeschädigung (Art. 144) und verwandte Delikte (Art. 144bis und 145)
 Betrug (Art. 146) und mit Betrug verwandte Delikte (Art. 147-155)
 Erpressung (Art. 156)
 Ungetreue Geschäftsbesorgung (Art. 158)
 Hehlerei (Art. 160)
 Geringfügige Vermögensdelikte (Art. 172ter)
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 171
Rechtswissenschaftliches Institut
Hehlerei (Art. 160)
Objektiver Tatbestand
 Täter: Jedermann der nicht Vortäter ist
 Tatobjekt: Sache, die vom Vortäter durch eine tatbestandsmässige
und rechtswidrige Straftat gegen das Vermögen erlangt worden ist
 Tathandlungen: Erlangen der Verfügungsmacht über das Deliktsgut
durch Erwerb, Schenkung, Pfandnahme oder Hilfe beim Veräussern
oder beim Verheimlichen des Deliktsguts
Subjektiver Tatbestand
 Vorsatz
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 172
Rechtswissenschaftliches Institut
Fall 56
X hatte von seinem Bekannten einen gebrauchten hydraulischen
Spitzhammer für Bauabbrucharbeiten erworben und diesen auf
die Farben seines Unternehmens umgespritzt. Als X knapp ein
Jahr nach dem Erwerb erfuhr, dass das Gerät aus einem
Diebstahl stammte, verwendete er es, ohne etwas zu
unternehmen, weiter.
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 173
Rechtswissenschaftliches Institut
Fall 57
Y übergibt X CHF 200'000, damit dieser das Geld bei sich zu
Hause versteckt. X weiss, dass es sich dabei um Lösegeld aus
einer Geiselnahme handelt.
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 174
Rechtswissenschaftliches Institut
II. Urkundendelikte
 Der Urkundenbegriff (Art. 110 Abs. 4 und Abs. 5)
 Urkundenfälschung (Art. 251)
 Fälschung von Ausweisen (Art. 252)
 Erschleichung einer falschen Beurkundung
(Art. 253)
 Unterdrückung von Urkunden (Art. 254)
 Grenzverrückung (Art. 256)
 Beseitigung von Vermessungs- und Wasserstandszeichen (Art. 257)
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 175
Rechtswissenschaftliches Institut
Der Urkundenbegriff (Art. 110 Abs. 4 und 5)
Urkunden sind Schriften, die bestimmt und geeignet sind, oder
Zeichen, die bestimmt sind, eine Tatsache von rechtlicher Bedeutung
zu beweisen. Die Aufzeichnung auf Bild- und Datenträgern steht der
Schriftform gleich, sofern sie demselben Zweck dient.
Öffentliche Urkunden sind Urkunden, die von Mitgliedern einer
Behörde, Beamten und Personen öffentlichen Glaubens in
Wahrnehmung hoheitlicher Funktionen ausgestellt werden. Nicht als
öffentliche Urkunden gelten Urkunden, die von der Verwaltung der
wirtschaftlichen Unternehmungen und Monopolbetriebe des Staates
oder anderer öffentlich-rechtlicher Körperschaften und Anstalten in
zivilrechtlichen Geschäften ausgestellt werden.
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 176
Rechtswissenschaftliches Institut
Der Urkundenbegriff (Art. 110 Abs. 4)
Die Merkmale einer Urkunde:
Menschliche Gedankenäusserung (Erklärung), die
an eine Drittperson gerichtet wird
+
Aufzeichnung in Schriftform bzw. auf Bild- oder
Datenträger oder ein Zeichen
+
Erkennbarkeit des Ausstellers
+
Beweisbestimmung und Beweiseignung
rechtserheblicher Tatsachen
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 177
Rechtswissenschaftliches Institut
Der Urkundenbegriff (Art. 110 Abs. 4)
Die Merkmale einer Urkunde:
Menschliche Gedankenäusserung (Erklärung), die
an eine Drittperson gerichtet wird
+
Aufzeichnung in Schriftform bzw. auf Bild- oder
Datenträger oder ein Zeichen
+
Erkennbarkeit des Ausstellers
+
Beweisbestimmung und Beweiseignung
rechtserheblicher Tatsachen
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 178
Rechtswissenschaftliches Institut
Der Urkundenbegriff (Art. 110 Abs. 4): Form
 Schrift:
 Lesbares und verständliches System von Symbolen
 Auf Unterlage aus beliebigem Material angebracht
 Material und Schrift sind von einiger Beständigkeit
 Inhalt ergibt sich aus Schrift selbst
 Aufzeichnungen auf Bild- und Datenträger:
 Der Schrift gleichgestellt
 Datenträger:
 Ursprünglich in Schriftform gekleidete Informationen von aut.
Datenverarbeitungsanlage entgegengenommen und
 Zum Zweck Verarbeitung, Speicherung, Rückwandlung in
Schriftform auf Festplatten usw. aufgezeichnet
 Zeichen:
 Bildliche oder symbolische, auf Objekt angebrachte Darstellungen
 Nicht aus sich selbst verständlich; Erklärungsinhalt ergibt sich erst
daraus, dass sie an Objekt angebracht sind
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 179
Rechtswissenschaftliches Institut
Der Urkundenbegriff (Art. 110 Abs. 4)
Die Merkmale einer Urkunde:
Menschliche Gedankenäusserung (Erklärung), die
an eine Drittperson gerichtet wird
+
Aufzeichnung in Schriftform bzw. auf Bild- oder
Datenträger oder ein Zeichen
+
Erkennbarkeit des Ausstellers
+
Beweisbestimmung und Beweiseignung
rechtserheblicher Tatsachen
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 180
Rechtswissenschaftliches Institut
Urkundenfälschung (Art. 251)
1. Wer in der Absicht, jemanden am Vermögen oder an andern
Rechten zu schädigen oder sich oder einem andern einen
unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen,
eine Urkunde fälscht oder verfälscht, die echte Unterschrift oder das
echte Handzeichen eines andern zur Herstellung einer unechten
Urkunde benützt oder eine rechtlich erhebliche Tatsache unrichtig
beurkundet oder beurkunden lässt,
eine Urkunde dieser Art zur Täuschung gebraucht,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
2. In besonders leichten Fällen kann auf Freiheitsstrafe bis zu drei
Jahren oder Geldstrafe erkannt werden.
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 181
Rechtswissenschaftliches Institut
Urkundenfälschung i.w.S. (Art. 251 Ziff. 1): Deliktstypen
Urkundenfälschung im engeren Sinn (Art. 251 Ziff. 1 Abs. 2):
Herstellung einer falschen Urkunde, d.h. die Schrift stammt nicht oder
nicht vollständig von demjenigen, der als ihr Urheber erscheint
 Urkunde fälschen
 Urkunde verfälschen
 Blankettmissbrauch: Benützen der echten Unterschrift oder des
echten Handzeichens eines anderen.
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 182
Rechtswissenschaftliches Institut
Urkundenfälschung i.w.S. (Art. 251 Ziff. 1): Deliktstypen
Falschbeurkundung (Art. 251 Ziff. 1 Abs. 2):
Herstellung einer unwahren Urkunde, d.h., dass deren Inhalt nicht den
Tatsachen entspricht.
Gebrauch unechter bzw. unwahrer Urkunde zur Täuschung (Art. 251
Ziff. 1 Abs. 3):
Benützung der Urkunde im Rechtsverkehr zum Zweck der Täuschung,
wobei diese nicht gelingen muss.
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 183
Rechtswissenschaftliches Institut
Urkundenfälschung i.e.S (Art. 251 Ziff. 1 Abs. 2)
1. Wer in der Absicht, jemanden am Vermögen oder an andern Rechten
zu schädigen oder sich oder einem andern einen unrechtmässigen
Vorteil zu verschaffen,
eine Urkunde fälscht oder verfälscht, die echte Unterschrift oder das
echte Handzeichen eines andern zur Herstellung einer unechten
Urkunde benützt oder eine rechtlich erhebliche Tatsache unrichtig
beurkundet oder beurkunden lässt,
eine Urkunde dieser Art zur Täuschung gebraucht,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
2. In besonders leichten Fällen kann auf Freiheitsstrafe bis zu drei
Jahren oder Geldstrafe erkannt werden.
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 184
Rechtswissenschaftliches Institut
Falschbeurkundung (Art. 251 Ziff. 1 Abs. 2)
1. Wer in der Absicht, jemanden am Vermögen oder an andern
Rechten zu schädigen oder sich oder einem andern einen
unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen,
eine Urkunde fälscht oder verfälscht, die echte Unterschrift oder das
echte Handzeichen eines andern zur Herstellung einer unechten
Urkunde benützt oder eine rechtlich erhebliche Tatsache unrichtig
beurkundet oder beurkunden lässt,
eine Urkunde dieser Art zur Täuschung gebraucht,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
2. In besonders leichten Fällen kann auf Freiheitsstrafe bis zu drei
Jahren oder Geldstrafe erkannt werden.
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 185
Rechtswissenschaftliches Institut
Urkundenfälschung (Art. 251 Ziff. 1 Abs. 3)
1. Wer in der Absicht, jemanden am Vermögen oder an andern Rechten
zu schädigen oder sich oder einem andern einen unrechtmässigen
Vorteil zu verschaffen,
eine Urkunde fälscht oder verfälscht, die echte Unterschrift oder das
echte Handzeichen eines andern zur Herstellung einer unechten
Urkunde benützt oder eine rechtlich erhebliche Tatsache unrichtig
beurkundet oder beurkunden lässt,
eine Urkunde dieser Art zur Täuschung gebraucht,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
2. In besonders leichten Fällen kann auf Freiheitsstrafe bis zu drei
Jahren oder Geldstrafe erkannt werden.
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 186
Rechtswissenschaftliches Institut
Urkundenfälschung (Art. 251)
1. Wer in der Absicht, jemanden am Vermögen oder an andern
Rechten zu schädigen oder sich oder einem andern einen
unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen,
eine Urkunde fälscht oder verfälscht, die echte Unterschrift oder das
echte Handzeichen eines andern zur Herstellung einer unechten
Urkunde benützt oder eine rechtlich erhebliche Tatsache unrichtig
beurkundet oder beurkunden lässt,
eine Urkunde dieser Art zur Täuschung gebraucht,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
2. In besonders leichten Fällen kann auf Freiheitsstrafe bis zu drei
Jahren oder Geldstrafe erkannt werden.
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 187
Rechtswissenschaftliches Institut
Fall 58
Martha ist mit der in ihrem Arbeitsvertrag vereinbarten Ferienregelung
nicht einverstanden. Nachdem ihr bisheriger Chef überraschend
gestorben ist, ergreift sie die Gelegenheit und geht folgendermassen
vor:
a) Sie ändert den Vertrag so, dass sie statt wie bisher auf vier, neu auf
fünf Wochen Ferien Anspruch hat.
b) Sie setzt einen neuen Vertrag auf, der fünf Wochen Ferien vorsieht
und unterschreibt im Namen ihres ehemaligen Chefs.
c) Sie setzt eine Aktennotiz auf, in der sie festhält, sie habe von ihrem
früheren Arbeitgeber die mündliche Bestätigung erhalten, dass sie
Anspruch auf fünf Wochen Ferien habe. Mit dem entsprechenden
Schreiben geht Martha zu ihrem neuen Chef und verlangt die fünfte
Ferienwoche.
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 188
Rechtswissenschaftliches Institut
Fall 59
Ein Kassier einer Zürcher Kinokette stellte während zweier Jahre an
seinem Heimcomputer selber Kinobillette her und verkaufte diese
den ahnungslosen Besuchern. Bei etwa 800 verkauften Tickets à
CHF16 kam so ein Deliktsbetrag von insgesamt rund CHF 12'800
zustande.
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 189
Rechtswissenschaftliches Institut
Fall 60
Bruno setzte im Juli 2005 einen Kaufvertrag zwischen der vom
Konkurs bedrohten Einzelfirma Theo Gärtner und den Ehegatten
Gerber auf. Beim Abschluss der Verträge im Sommer 2005
datierte er sie aus konkurstechnischen Gründen (Ausschluss von
Anfechtungsklagen) auf den 14. März 2004 zurück. Die gestützt
auf die Verträge erstellte Buchhaltung der Einzelfirma Theo
Gärtner für das Jahr 2004 berücksichtigte bereits den erst im
Jahr 2005 erfolgten Verkauf.
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 190
Rechtswissenschaftliches Institut
Fall 61
Barbara vermittelt ausländische Striptease-Tänzerinnen an
Nachtclubs. Die von ihr zustande gebrachten Engagementverträge
zwischen Tänzerinnen und Nachtclubs unterzeichnete Barbara
anstelle der abwesenden Tänzerinnen mit deren Namen selber.
Durch dieses Vorgehen konnte Zeit gespart werden und so konnten
die erforderlichen Arbeitsbewilligungen noch rechtzeitig eingeholt
werden. Barbara handelte zwar mit Einverständnis der Tänzerinnen,
doch wusste sie, dass die Fremdenpolizei die eigenhändige
Unterschrift der Antragsstellerinnen verlangte.
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 191
Rechtswissenschaftliches Institut
Fall 62
Garagist Gerd bestätigt im Service-Heft eines Autos
fälschlicherweise einen Kilometerstand von 40'000 km (richtig
sind 80'000 km).
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 192
Rechtswissenschaftliches Institut
Fall 63
Der Ungare Attila Jozsef Bucsi wurde am 28. Juni 1979
verhaftet. Er wies sich aus mit dem verfälschten Pass des
italienischen Staatsangehörigen Sergi Luigi und mit einem auf
den gleichen Namen lautenden Führerausweis (beide Ausweise
enthielten die Foto des Krivarics Ferenz). Auch in der
Untersuchungshaft gab sich Bucsi bis zum 13. Juli 1979 als
Sergi Luigi aus, unterzeichnete mit diesem Namen sämtliche im
Strafverfahren bis dahin erstellten Protokolle, liess sich unter
dem gleichen Namen am 10. Juli 1979 verurteilen und trat
schliesslich als Sergi Luigi die Strafe an.
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 193
Rechtswissenschaftliches Institut
Besonderer Teil II
Lektion 9:
 Urkundendelikte
 Kriminelle Organisation
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 194
Rechtswissenschaftliches Institut
II. Urkundendelikte
 Der Urkundenbegriff (Art. 110 Abs. 4 und Abs. 5)
 Urkundenfälschung (Art. 251)
 Fälschung von Ausweisen (Art. 252)
 Erschleichung einer falschen Beurkundung
(Art. 253)
 Unterdrückung von Urkunden (Art. 254)
 Grenzverrückung (Art. 256)
 Beseitigung von Vermessungs- und Wasserstandszeichen (Art. 257)
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 195
Rechtswissenschaftliches Institut
Der Urkundenbegriff (Art. 110 Abs. 4)
Die Merkmale einer Urkunde:
Menschliche Gedankenäusserung (Erklärung), die
an eine Drittperson gerichtet wird
+
Aufzeichnung in Schriftform bzw. auf Bild- oder
Datenträger oder ein Zeichen
+
Erkennbarkeit des Ausstellers
+
Beweisbestimmung und Beweiseignung
rechtserheblicher Tatsachen
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 196
Rechtswissenschaftliches Institut
Fälschung von Ausweisen (Art. 252)
Wer in der Absicht, sich oder einem andern das Fortkommen zu
erleichtern,
Ausweisschriften, Zeugnisse, Bescheinigungen fälscht oder
verfälscht,
eine Schrift dieser Art zur Täuschung gebraucht,
echte, nicht für ihn bestimmte Schriften dieser Art zur Täuschung
missbraucht,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 197
Rechtswissenschaftliches Institut
Fälschung von Ausweisen (Art. 252)
Objektiver Tatbestand
 Täter: Jedermann
 Tatobjekte: Ausweisschriften, Zeugnisse oder Bescheinigungen
 Tathandlungen:
 Fälschen oder Verfälschen von Ausweisschriften, Zeugnissen oder
Bescheinigungen sowie Falschbeurkundung (?);
 Verwendung dieser Tatobjekte zur Täuschung oder
 Fremde, aber echte Schriften zur Täuschung missbrauchen
Subjektiver Tatbestand
– Vorsatz
– Absicht, sich oder einem andern das Fortkommen zu erleichtern
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 198
Rechtswissenschaftliches Institut
Fälschung von Ausweisen (Art. 252)
Konkurrenz und Abgrenzung:
 Art. 251 geht vor, sofern privilegierende Absicht nicht gegeben
 Immer Art. 251:
 Absicht Schädigung Dritter
 Über Erleichterung des Fortkommens hinausgehender
unrechtmässiger Vorteil
Keine Strafbarkeit:
Tat mit richterlicher Genehmigung im Zusammenhang mit verdeckter
Ermittlung (Art. 317bis)
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 199
Rechtswissenschaftliches Institut
Fall 64
Claudia fälscht ihr Arbeitszeugnis und bewirbt sich damit für eine
neue Stelle.
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 200
Rechtswissenschaftliches Institut
Erschleichung einer falschen Beurkundung (Art. 253)
Wer durch Täuschung bewirkt, dass ein Beamter oder eine Person
öffentlichen Glaubens eine rechtlich erhebliche Tatsache unrichtig
beurkundet, namentlich eine falsche Unterschrift oder eine
unrichtige Abschrift beglaubigt,
wer eine so erschlichene Urkunde gebraucht, um einen andern über
die darin beurkundete Tatsache zu täuschen,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 201
Rechtswissenschaftliches Institut
Erschleichung einer falschen Beurkundung (Art. 253)
Konkurrenz:
 Realkonkurrenz Art. 253-251: Täuschung Urkundenperson mit
unechter oder unwahrer Urkunde
 Art. 253 geht Art. 251 Ziff. 1 Abs. 2 vor
25.06.2015
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Seite 202
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Fall 65
X erklärte bei der Gründung der Aktiengesellschaft gegenüber dem
Notar wahrheitswidrig, die Aktien seien durch Sacheinlage vollständig
liberiert worden und die Bewertung der Sacheinlagen sei
angemessen erfolgt.
25.06.2015
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Seite 203
Rechtswissenschaftliches Institut
Unterdrückung von Urkunden (Art. 254)
1
Wer eine Urkunde, über die er nicht allein verfügen darf,
beschädigt, vernichtet, beiseiteschafft oder entwendet, in der
Absicht, jemanden am Vermögen oder an andern Rechten zu
schädigen oder sich oder einem andern einen unrechtmässigen
Vorteil zu verschaffen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren
oder Geldstrafe bestraft.
2 Die Unterdrückung von Urkunden zum Nachteil eines Angehörigen
oder Familiengenossen wird nur auf Antrag verfolgt.
25.06.2015
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Seite 204
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Unterdrückung von Urkunden (Art. 254)
Objektiver Tatbestand
 Täter: Derjenige, der über eine bestimmte Urkunde nicht oder nicht
allein verfügen darf
 Tathandlung: Der Täter beschädigt, vernichtet, entwendet eine
Urkunde oder schafft sie beiseite
Subjektiver Tatbestand
 Vorsatz
 Schädigungs- oder Vorteilsabsicht
25.06.2015
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Seite 205
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Unterdrückung von Urkunden (Art. 254)
Konkurrenz und Abgrenzung:
 Unterschied zu Art. 137 ff. im subjektiven Tatbestand: Art. 254 ist
Wegnahme, um Beweisführung zu vereiteln
 Art. 254 geht Art. 141 als lex specialis vor
 Art. 254 und Art. 144: echte Konkurrenz
25.06.2015
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Fall 66
Hans reisst 15 Seiten aus dem Kassabuch und erstellt korrigierte
Abschriften.
25.06.2015
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Fall 67
Walter, der stellvertretende Vizedirektor der Finanz AG, leitet eine die
Festgeldaufnahme über US$ 500'000 betreffende Bestätigung der
Bank C. nicht pflicht- und ordnungsgemäss an die
Buchhaltungsabteilung der Finanz AG weiter. Walter behält die
Bestätigung während zweier Wochen bei sich auf, bis Fritz, der
Direktor der Finanz AG, aus den Ferien zurückkommt.
25.06.2015
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Seite 208
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Grenzverrückung (Art. 256)
Wer in der Absicht, jemanden am Vermögen oder an andern
Rechten zu schädigen oder sich oder einem andern einen
unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen, einen Grenzstein oder
ein anderes Grenzzeichen beseitigt, verrückt, unkenntlich macht,
falsch setzt oder verfälscht wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei
Jahren oder Geldstrafe bestraft.
25.06.2015
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Seite 209
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Beseitigung von Vermessungs- und
Wasserstandszeichen (Art. 257)
Wer ein öffentliches Vermessungs- oder Wasserstandszeichen
beseitigt, verrückt, unkenntlich macht oder falsch setzt, wird mit
Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
25.06.2015
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Seite 210
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Inhalt Besonderer Teil II
I.
Strafbare Handlungen gegen das Vermögen (Art. 137–151, 156, 158,
160, 172ter)
II.
Urkundendelikte (Art. 251–257)
III. Kriminelle Organisation (Art. 260ter)
IV. Delikte gegen die Rechtspflege (Art. 303–311)
V.
Delikte gegen die Amts- und Berufspflicht (Art. 317-317bis)
VI. Einziehungsrecht (Art. 69-73)
VII. Strafbarkeit des Unternehmens (Art. 102)
25.06.2015
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Seite 211
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Kriminelle Organisation (Art. 260ter)
1. Wer sich an einer Organisation beteiligt, die ihren Aufbau und ihre
personelle Zusammensetzung geheim hält und die den Zweck verfolgt,
Gewaltverbrechen zu begehen oder sich mit verbrecherischen Mitteln zu
bereichern,
wer eine solche Organisation in ihrer verbrecherischen Tätigkeit
unterstützt,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
25.06.2015
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Seite 212
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Kriminelle Organisation (Art. 260ter)
Zweck Norm:
 Bekämpfung Organisierte Kriminalität
 Greift ein, wo Kausalkette nicht mehr rekonstruierbar  effektivem
Täter kann Tatbeteiligung an Delikte nicht mehr nachgewiesen werden
25.06.2015
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Seite 213
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Kriminelle Organisation (Art. 260ter)
Objektiver Tatbestand
 Täter: Jedermann
 Tatobjekt: Organisation, die ihren Aufbau und ihre personelle
Zusammensetzung geheim hält und die den Zweck verfolgt,
Gewaltverbrechen zu begehen oder sich mit verbrecherischen Mitteln
zu bereichern
 Tathandlung: Beteiligung an der Organisation oder deren
Unterstützung in ihrer verbrecherischen Tätigkeit
Subjektiver Tatbestand
 Vorsatz
25.06.2015
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Seite 214
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Kriminelle Organisation (Art. 260ter): Tatobjekt
Organisation:
 Höhere Anforderungen als an «Bande»
 Rechtliches bzw. faktisches Gebilde mit auf Dauer angelegter
Struktur: hierarchisch, autoritär und arbeitsteilig strukturiert
 Bestand unabhängig vom Ausscheiden einzelner Mitglieder:
Austauschbarkeit
 Mehr als 3 Mitglieder
25.06.2015
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Kriminelle Organisation (Art. 260ter): Tatobjekt
Geheimhaltung Aufbau und personelle Zusammensetzung:




Abgrenzung zu legalen Organisationen
Systematische Abschottung
Aufbau: Befehlsstruktur, Beziehungsnetz, Rollenverteilung
Personelle Zusammensetzung: Beteiligte, ihre Aufgaben und
hierarchische Stellung
Zweck:
 Begehung Gewaltverbrechen bzw. Verbrechen zwecks Bereicherung
 Zwecksetzung nicht notwendig in Tat umsetzen
25.06.2015
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Seite 216
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Kriminelle Organisation (Art. 260ter)
Objektiver Tatbestand
 Täter: Jedermann
 Tatobjekt: Organisation, die ihren Aufbau und ihre personelle
Zusammensetzung geheim hält und die den Zweck verfolgt,
Gewaltverbrechen zu begehen oder sich mit verbrecherischen Mitteln
zu bereichern
 Tathandlung: Beteiligung an der Organisation oder deren
Unterstützung in ihrer verbrecherischen Tätigkeit
Subjektiver Tatbestand
 Vorsatz
25.06.2015
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Seite 217
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Kriminelle Organisation (Art. 260ter): Tathandlung
 Beteiligung (Ziff. 1 Abs. 1):
 Täter
 Eingliederung in Organisation und
 Entfaltung dem verbrecherischen Zweck dienende Aktivität
 Wesentliche Funktion genügt
 Zugehörigkeit auf längere Zeit
 Unterstützung (Ziff. 1 Abs. 2):
 Nicht Organisationsmitglied  nur Unterstützung in krimineller Tätigkeit
 Unmittelbar mit verbrecherischer Tätigkeit Organisation
zusammenhängend
25.06.2015
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Seite 218
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Besonderer Teil II
Lektion 10:
 Kriminelle Organisation
 Delikte gegen die Rechtspflege
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 219
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Kriminelle Organisation (Art. 260ter)
2. Der Richter kann die Strafe nach freiem Ermessen mildern (Art. 48a),
wenn der Täter sich bemüht, die weitere verbrecherische Tätigkeit der
Organisation zu verhindern.
3. Strafbar ist auch, wer die Tat im Ausland begeht, wenn die Organisation
ihre verbrecherische Tätigkeit ganz oder teilweise in der Schweiz ausübt
oder auszuüben beabsichtigt. Artikel 3 Absatz 2 ist anwendbar.
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 220
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Kriminelle Organisation (Art. 260ter)
Konkurrenz und Abgrenzung:
 Blosse Beteiligung an konkreter Tat: Bestrafung nicht wegen Art. 260ter
 Beteiligung an konkreter Tat und an Organisation: echte Konkurrenz
 Zu Geldwäscherei (Art. 305bis): echte Konkurrenz, aber qualifizierte
Geldwäscherei konsumiert 260ter
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 221
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Fall 68
Eine Gruppe von Personen hat im grossen Stil den Import, die
Lagerung und den Verkauf harter Drogen organisiert,
bewerkstelligt und vorbereitet sowie den Erlös aus dem Handel
in Millionenhöhe verschoben. Der innere Kreis der Täter ist
familiär eng miteinander verbunden. Kopf der Gruppe ist Hans
gewesen. Nach dessen Untertauchen haben sein Bruder Kurt
sowie die Schwester Klara mit ihrem Ehemann August im
Zentrum gestanden. Im Hintergrund hat der Vater Gustav agiert.
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 222
Rechtswissenschaftliches Institut
Fall 69
Hans verwaltet ein Teil des Vermögens der baskischen «ETA».
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 223
Rechtswissenschaftliches Institut
Fall 70
Ein tunesisch-marokkanisches Paar – der frühere Ehemann der
Frau war ein Selbstmordattentäter – richtet Internetforen ein zum
Zweck der Kommunikation auch von sich ausdrücklich zum
Netzwerk der «Al-Qaida» zählende terroristische Gruppierungen.
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 224
Rechtswissenschaftliches Institut
IV. Delikte gegen die Rechtspflege
 Falsche Anschuldigungen und Anzeigen
 Falsche Anschuldigung (Art. 303)
 Irreführung der Rechtspflege (Art. 304)
 Verletzung prozessualer Wahrheitspflichten
 Falsche Beweisaussage der Partei (Art. 306)
 Falsches Zeugnis. Falsches Gutachten. Falsche Übersetzung (Art. 307)
 Begünstigung und Geldwäscherei
 Begünstigung (Art. 305)
 Geldwäscherei (Art. 305bis)
 Mangelnde Sorgfalt bei Finanzgeschäften und Melderecht (Art. 305ter)
 Gefangenenbefreiung
 Befreiung von Gefangenen (Art. 310)
 Meuterei von Gefangenen (Art. 311)
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 225
Rechtswissenschaftliches Institut
Falsche Anschuldigung (Art. 303)
1. Wer einen Nichtschuldigen wider besseres Wissen bei der
Behörde eines Verbrechens oder eines Vergehens beschuldigt,
in der Absicht, eine Strafverfolgung gegen ihn herbeizuführen,
wer in anderer Weise arglistige Veranstaltungen trifft, in der
Absicht, eine Strafverfolgung gegen einen Nichtschuldigen
herbeizuführen,
wird mit Freiheitsstrafe oder Geldstrafe bestraft.
2. Betrifft die falsche Anschuldigung eine Übertretung, so ist die
Strafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe.
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 226
Rechtswissenschaftliches Institut
Direkte und indirekte falsche Anschuldigung
(Art. 303 Ziff. 1 Abs. 1 und 2)
Objektiver Tatbestand
 Täter: Jedermann
 Tathandlungen:
 Einen Nichtschuldigen bei einer Behörde einer Straftat
bezichtigen (Ziff. 1 Abs. 1)
 Treffen arglistiger Veranstaltungen, welche auf ein deliktisches
Verhalten einer unschuldigen Person hinweisen (Ziff. 1 Abs. 2)
Subjektiver Tatbestand
 Direkter Vorsatz
 Absicht, gegen den Nichtschuldigen ein Strafverfahren
herbeizuführen
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 227
Rechtswissenschaftliches Institut
Direkte falsche Anschuldigung (Art. 303 Ziff. 1 Abs. 1)
Beschuldigung Unschuldigen bei Behörde wegen strafbarer Handlung:
 Ausreichend, wenn Beschuldigter bestimmbar
 Nichtschuldig: wer zur Last gelegte strafbare Handlung objektiv nicht
verübt hat
 Bei Behörde:
 Strafverfolgungsbehörde oder Behörde, die zur Weiterleitung
verpflichtet
 U.U. auch wenn nicht zur Weiterleitung verpflichtet oder Privat
 Tat mündlich oder schriftlich (auch anonym)
 Strafverfolgung bei Tat noch nicht im Gang
 Erfolg Täter: unerheblich
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 228
Rechtswissenschaftliches Institut
Direkte und indirekte falsche Anschuldigung
(Art. 303 Ziff. 1 Abs. 1 und 2)
Objektiver Tatbestand
 Täter: Jedermann
 Tathandlungen:
 Einen Nichtschuldigen bei einer Behörde einer Straftat
bezichtigen (Ziff. 1 Abs. 1)
 Treffen arglistiger Veranstaltungen, welche auf ein deliktisches
Verhalten einer unschuldigen Person hinweisen (Ziff. 1 Abs. 2)
Subjektiver Tatbestand
 Direkter Vorsatz
 Absicht, gegen den Nichtschuldigen ein Strafverfahren
herbeizuführen
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 229
Rechtswissenschaftliches Institut
Indirekte falsche Anschuldigung (Art. 303 Ziff. 1 Abs. 2)
Täter trifft in anderer Weise arglistige Vorkehrungen, mit Ziel eine
Strafverfolgung gegen einen Unschuldigen herbeizuführen:
 Vorkehrungen müssen auf Täterschaft des Betroffenen hinweisen
 Arglistig:
 nicht leicht durchschaubar
 lässt objektiv Eröffnung Untersuchung erwarten
 Aktive Tun
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 230
Rechtswissenschaftliches Institut
Direkte und indirekte falsche Anschuldigung
(Art. 303 Ziff. 1 Abs. 1 und 2)
Objektiver Tatbestand
– Täter: Jedermann
– Tathandlungen:
– Einen Nichtschuldigen bei einer Behörde einer Straftat
bezichtigen (Ziff. 1 Abs. 1)
– Treffen arglistiger Veranstaltungen, welche auf ein deliktisches
Verhalten einer unschuldigen Person hinweisen (Ziff. 1 Abs. 2)
Subjektiver Tatbestand
– Direkter Vorsatz
– Absicht, gegen den Nichtschuldigen ein Strafverfahren
herbeizuführen
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 231
Rechtswissenschaftliches Institut
Fall 71
Nachdem Annas Tochter von einem Wochenende bei Tim, dem
geschiedenen Ehegatten von Anna und Vater ihrer Tochter,
zurückkehrt, macht sie Andeutungen, die Anna als Hinweise auf
einen sexuellen Missbrauch deutet. Sie ist sich der Sache zwar
durchaus nicht sicher, macht aber trotzdem eine Anzeige gegen
Tim bei der Polizei. Tatsächlich hat kein Missbrauch
stattgefunden.
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 232
Rechtswissenschaftliches Institut
Fall 72
Hans hat, um selber anonym bleiben zu können, aus dem
elektronischen Telefonbuch die Angaben von existierenden
Personen entnommen und auf diese E-Mail Accounts eingerichtet.
Er bestellte in ihrem Namen kinderpornographisches Material über
das Internet. In der Folge kam es zu Strafverfahren gegen die
betreffenden Personen.
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 233
Rechtswissenschaftliches Institut
Fall 73
Heinz hinterlässt an der Tür zu seinem Imbisslokal Spuren, die
einen Einbruchdiebstahl vortäuschen sollen.
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 234
Rechtswissenschaftliches Institut
Irreführung der Rechtspflege (Art. 304)
1. Wer bei einer Behörde wider besseres Wissen anzeigt, es sei
eine strafbare Handlung begangen worden,
wer sich selbst fälschlicherweise bei der Behörde einer
strafbaren Handlung beschuldigt,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe
bestraft.
2. In besonders leichten Fällen kann der Richter von einer
Bestrafung Umgang nehmen.
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 235
Rechtswissenschaftliches Institut
Irreführung der Rechtspflege (Art. 304)
Objektiver Tatbestand
 Täter: Jedermann
 Tathandlungen:
 Der Täter zeigt bei einer Behörde eine strafbare Handlung an,
die in Wirklichkeit nicht verübt worden ist (Ziff. 1 Abs. 1)
 Der Täter beschuldigt sich bei einer Behörde einer strafbaren
Handlung, die er nicht verübt hat (Ziff. 1 Abs. 2)
Subjektiver Tatbestand
 Direkter Vorsatz
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 236
Rechtswissenschaftliches Institut
Fall 74
Max hat alkoholisiert einen Verkehrsunfall verursacht und
Fahrerflucht begangen. Da er vorbestraft ist, bittet er seinen
Bruder, die Verantwortung für den Unfall zu übernehmen. Dieser
ist einverstanden. In der Folge gibt Max an, dass sein Bruder mit
dem Auto gefahren sei und den Unfall verursacht habe.
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 237
Rechtswissenschaftliches Institut
Fall 75
Im Juli 2014 gab Heidi dem Fahrradhändler Rolf an, dass ihr
Fahrrad, das sie bei der Velo-Wach AG versichert und in
Wirklichkeit im Frühling 2013 verkauft hatte, in demselben
Frühling gestohlen wurde. Rolf fragte Heidi, ob sie den Diebstahl
gemeldet habe. Als Heidi dies verneinte, riet ihr Rolf, die
Schadensmeldung nachzuholen und Juli 2014 als Zeitpunkt des
Diebstahls anzugeben. Heidi zeigte daher Ende Juli 2014 der
Polizei und der Velo-Wach AG an, dass ihr am 15. Juli 2014 das
Fahrrad entwendet worden sei. Die Velo-Wach AG liess sich
täuschen und entschädigte Heidi.
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 238
Rechtswissenschaftliches Institut
Falsche Beweisaussage der Partei (Art. 306)
1
Wer in einem Zivilrechtsverfahren als Partei nach erfolgter richterlicher
Ermahnung zur Wahrheit und nach Hinweis auf die Straffolgen eine
falsche Beweisaussage zur Sache macht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu
drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
2
Wird die Aussage mit einem Eid oder einem Handgelübde bekräftigt, so
ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe nicht
unter 90 Tagessätzen.
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 239
Rechtswissenschaftliches Institut
Falsche Beweisaussage der Partei (Art. 306)
Objektiver Tatbestand
 Täter: Partei in Zivilrechtsverfahren
 Tathandlung: falsche Beweisaussage zur Sache
 Inhalt bei Abschluss Einvernahme
Subjektiver Tatbestand
 Vorsatz
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 240
Rechtswissenschaftliches Institut
Falsche Beweisaussage der Partei (Art. 306)
Konkurrenz:
Echte Konkurrenz zum Betrug:
 Art. 306: keine unrechtmässige Bereicherung
 Unterschiedliche Rechtsgüter
 Betrug: Schutz Vermögen einer Prozesspartei vor
Irreführung des Gerichts zu ihrem Nachteil
 Falsche Aussage: Schutz Rechtspflege und ihre
Wahrheitsermittlung
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 241
Rechtswissenschaftliches Institut
Besonderer Teil II
Lektion 11: Delikte gegen die Rechtspflege
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 242
Rechtswissenschaftliches Institut
IV. Delikte gegen die Rechtspflege
 Falsche Anschuldigungen und Anzeigen
 Falsche Anschuldigung (Art. 303)
 Irreführung der Rechtspflege (Art. 304)
 Verletzung prozessualer Wahrheitspflichten
 Falsche Beweisaussage der Partei (Art. 306)
 Falsches Zeugnis. Falsches Gutachten. Falsche Übersetzung (Art. 307)
 Begünstigung und Geldwäscherei
 Begünstigung (Art. 305)
 Geldwäscherei (Art. 305bis)
 Mangelnde Sorgfalt bei Finanzgeschäften und Melderecht (Art. 305ter)
 Gefangenenbefreiung
 Befreiung von Gefangenen (Art. 310)
 Meuterei von Gefangenen (Art. 311)
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 243
Rechtswissenschaftliches Institut
Falsches Zeugnis, Falsches Gutachten,
Falsche Übersetzung (Art. 307)
Wer in einem gerichtlichen Verfahren als Zeuge, Sachverständiger,
Übersetzer oder Dolmetscher zur Sache falsch aussagt, einen falschen
Befund oder ein falsches Gutachten abgibt oder falsch übersetzt, wird mit
Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
1
2 Werden
die Aussage, der Befund, das Gutachten oder die Übersetzung mit
einem Eid oder mit einem Handgelübde bekräftig, so ist die Strafe
Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe nicht unter 180
Tagessätzen.
3
Bezieht sich die falsche Äusserung auf Tatsachen, die für die richterliche
Entscheidung unerheblich sind, so ist die Strafe Geldstrafe bis zu 180
Tagessätzen.
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 244
Rechtswissenschaftliches Institut
Falsches Zeugnis (Art. 307 Abs. 1)
Objektiver Tatbestand
 Täter: Zeuge
 Tathandlungen: «zur Sache falsch aussagt»
 «zur Sache»: Abklärung, Feststellung Sachverhalt
 Erhebliche Aussage zur Sache (unerheblich: Abs. 3)
 «falsch»: Widerspruch zum tatsächlich objektiven Geschehen
Subjektiver Tatbestand
 Vorsatz
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 245
Rechtswissenschaftliches Institut
Falsches Gutachten, Falsche Übersetzung (Art. 307 Abs. 1)
Objektiver Tatbestand
 Täter: Sachverständige, Übersetzer oder Dolmetscher
 Tathandlungen: «falschen Befund oder ein falsches Gutachten abgibt
oder falsch übersetzt»
 «falsch» bezüglich Gutachten:
 Widergegebene Feststellung entspricht nicht tatsächlicher
Feststellung
 Aus festgestellten Tatsachen falsche Schlussfolgerung gezogen
 «falsch» bezüglich Übersetzungen: Sinn Äusserung unrichtig
Subjektiver Tatbestand
 Vorsatz
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 246
Rechtswissenschaftliches Institut
Falsches Zeugnis, Falsches Gutachten,
Falsche Übersetzung (Art. 307)
1
…
2 Werden
die Aussage, der Befund, das Gutachten oder die Übersetzung mit
einem Eid oder mit einem Handgelübde bekräftig, so ist die Strafe
Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe nicht unter 180
Tagessätzen.
3
Bezieht sich die falsche Äusserung auf Tatsachen, die für die richterliche
Entscheidung unerheblich sind, so ist die Strafe Geldstrafe bis zu 180
Tagessätzen.
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 247
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Fall 76
Im Rahmen der Untersuchung gegen Y wurde X als Zeuge zur
Wahrheit ermahnt, auf die Strafdrohung von Art. 307 StGB
hingewiesen und in der Folge einvernommen. In der
Einvernahme gab X vor, sich genau an die Ereignisse erinnern
zu können und machte entsprechende Angaben. In Tat und
Wahrheit konnte er sich nicht mehr an den Sachverhalt erinnern.
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 248
Rechtswissenschaftliches Institut
Fall 77
Paul ist gelegentlich sowohl als Gerichtsgutachter als auch als
privater Gutachter tätig. Nun frag ihn ein befreundeter Anwalt an, ob
er für seinen Klienten ein psychologisches Gutachten
erstellen könnte. Paul hat keine Zeit den Klienten persönlich zu treffen,
daher stützt er sich für das Gutachten auf die Angaben des den Klienten
betreuenden Arztes.
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 249
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Strafmilderung (Art. 308)
1
Berichtigt der Täter seine falsche Anschuldigung (Art. 303), seine
falsche Anzeige (Art. 304) oder Aussage (Art. 306 und 307) aus eigenem
Antrieb und bevor durch sie ein Rechtsnachteil für einen andern
entstanden ist, so kann der Richter die Strafe mildern (Art. 48a) oder von
einer Bestrafung Umgang nehmen.
2
Hat der Täter eine falsche Äusserung getan (Art. 306 und 307), weil er
durch die wahre Aussage sich oder seine Angehörigen der Gefahr
strafrechtlicher Verfolgung aussetzen würde, so kann der Richter die
Strafe mildern (Art. 48a).
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 250
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Fall 78
Es bedurfte der eindringlichen Intervention der Ehefrau und des
Schwagers, verbunden mit der Drohung, dass sich bei
Nichtbefolgen der Ratschläge ernsthafte Schwierigkeiten
ergeben würden, bis sich Günter überwinden konnte, auf seine
unrichtigen Aussagen zurückzukommen.
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 251
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Verwaltungssachen und Verfahren vor internationalen
Gerichten (Art. 309)
Die Artikel 306-308 finden auch Anwendung auf:
a. das Verwaltungsgerichtsverfahren, das Schiedsgerichtsverfahren und
das Verfahren vor Behörden und Beamten der Verwaltung, denen das
Recht der Zeugenabhörung zusteht;
b. das Verfahren vor internationalen Gerichten, deren Zuständigkeit die
Schweiz als verbindlich anerkennt.
25.06.2015
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Seite 252
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Begünstigung (Art. 305)
1
Wer jemanden der Strafverfolgung, dem Strafvollzug oder dem Vollzug
einer der in den Artikeln 59-61, 63 und 64 vorgesehenen Massnahmen
entzieht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe
bestraft.
1bis Ebenso wird bestraft, wer jemanden, der im Ausland wegen eines
Verbrechens nach Artikel 101 verfolgt wird oder verurteilt wurde, der
dortigen Strafverfolgung oder dem dortigen Vollzug einer Freiheitsstrafe
oder einer Massnahme im Sinne von der Artikel 59-61, 63 oder 64
entzieht.
2 Steht der Täter in so nahen Beziehungen zu dem Begünstigten, dass
sein Verhalten entschuldbar ist, so kann der Richter von einer Bestrafung
Umgang nehmen.
25.06.2015
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Seite 253
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Begünstigung (Art. 305)
Objektiver Tatbestand
 Täter: Jedermann
 Tathandlungen:
 Der Täter bewirkt durch eine beliebige Handlung, dass ein Dritter
der Strafverfolgung entzogen wird
 Der Täter bewirkt durch eine beliebige Handlung, dass ein Dritter
dem Vollzug einer Strafe oder einer strafrechtlichen Massnahme
entzogen wird
Subjektiver Tatbestand
 Vorsatz
25.06.2015
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Seite 254
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Begünstigung (Art. 305): Verfolgungsbegünstigung
Täter entzieht jemanden der Strafverfolgung:
 Erfolg: mind. für gewisse Zeit der Strafverfolgung entzogen
 Strafbarkeit schon gegeben, obwohl noch kein Verfahren eingeleitet ist
 Straftat muss noch nicht abgeschlossen sein
 Tat ist auf Erschwerung Verfolgung gerichtet
 Handlungsformen:
 Unrichtige Darstellung durch tatsächliche Veränderungen
 Verhindern Beweisabnahme
 Fluchthilfe
 Behörde kommt Strafverfolgungspflicht nicht nach
25.06.2015
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Seite 255
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Begünstigung (Art. 305)
Objektiver Tatbestand
 Täter: Jedermann
 Tathandlungen:
 Der Täter bewirkt durch eine beliebige Handlung, dass ein Dritter
der Strafverfolgung entzogen wird
 Der Täter bewirkt durch eine beliebige Handlung, dass ein Dritter
dem Vollzug einer Strafe oder einer strafrechtlichen Massnahme
entzogen wird
Subjektiver Tatbestand
 Vorsatz
25.06.2015
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Begünstigung (Art. 305): Vollzugsbegünstigung
Entzug Vollzug Strafe od. Massnahme gem. Art. 59-61, 63, 64:






Art. 59: Stationäre therapeutische Massnahmen
Art. 60: Suchtbehandlung
Art. 61: Massnahmen für junge Erwachsene
Art. 63: Ambulante Behandlung
Art. 64: Verwahrung
Strafvollzug:
 Haupt- und Nebenstrafen
 Keine ausländischen Strafen
 Nur Vollzugsformen, welche Staat mit unmittelbarem Zwang
durchsetzt
 Erfolg: mind. Verzögerung, Verhinderung, Erschwerung Vollzug
um eine gewisse Zeit
25.06.2015
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Seite 257
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Straflose Selbstbegünstigung
Wer sich selbst der Strafverfolgung oder dem -vollzug entzieht,
begeht keine strafbare Begünstigung.
Straflos sind:
 Anstiftung und Gehilfenschaft zur Begünstigung von sich selbst
durch einen anderen;
 Mitbegünstigung im Sinne der Begünstigung eines anderen, wenn
indirekt auch eine Selbstbegünstigung vorliegt;
 Anstiftung zur Selbstbegünstigung eines anderen;
 Achtung: Gehilfenschaft zur Selbstbegünstigung eines anderen
kann Fremdbegünstigung sein.
25.06.2015
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Seite 258
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Fall 79
Kurt verübt einen Raub und wird von der Polizei verfolgt. Er
bringt Emil dazu, dass dieser ihn bei sich im Keller versteckt. Als
die Polizei Emil zum Aufenthalt von Kurt befragt, gibt dieser an,
dass Kurt sich ins Ausland abgesetzt hat. Schliesslich wird Kurt
doch noch gefasst. Der Untersuchungsbeamte Stefan, der den
Fall untersucht, ist ein Bekannter von Kurt und lässt den Fall
einfach unbearbeitet liegen.
25.06.2015
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Seite 259
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Fall 80
Y, der aus Angst vor einer Verhaftung nicht in sein Hotelzimmer
zurückkehren konnte, bat seinen Freund X, unter Nennung der
Umstände, sein Gepäck aus dem Hotel zu holen. Das Gepäck
bestand lediglich aus persönlichen Effekten.
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 260
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Fall 81
Horst betreibt eine Internetplattform, die den Benutzern die
Möglichkeit bietet, sich mit einem Pseudonym über verschiedene
Themen anonym zu äussern. Diverse unbekannte Benutzer
liessen sich zu Ehrverletzungen hinreissen. Die Internetplattform
von Horst ist als Providerin zu qualifizieren. Somit trifft Horst
gem. BÜPF die Pflicht, die Daten zur Identifikation der Benutzer
zu speichern. Horst hat diese Daten nicht gespeichert.
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 261
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Geldwäscherei (Art. 305bis):
Kriminalpolitische Begründung:
 Internationale Verbrechen wirft enorme Gewinne ab
 Art. 305bis soll Überführung in legale Wirtschaft verhindern
 Schutz der Spuren  Bekämpfung organisierte Verbrechen an sich
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 262
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Geldwäscherei (Art. 305bis Ziff. 1 und 3):
1. Wer eine Handlung vornimmt, die geeignet ist, die Ermittlung der Herkunft,
die Auffindung oder die Einziehung von Vermögenswerten zu vereiteln, die,
wie er weiss oder annehmen muss, aus einem Verbrechen herrühren,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
2. …
3. Der Täter wird auch bestraft, wenn die Haupttat im Ausland begangen wurde
und diese auch am Begehungsort strafbar ist.
25.06.2015
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Seite 263
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Ablauf der Geldwäscherei
SCHMUTZIGES GELD
PLACEMENT/EINSCHLEUSUNG
Phase 1
Illegale Vermögenswerte werden unter Umgehung von Deklarations- und
Identifikationspflichten im legalen Finanzsystem platziert.
LAYERING/VERTEILUNG
Phase 2
Die illegale Herkunft der Vermögenswerte wird durch Transaktionen
verschleiert.
INTEGRATION/RÜCKFÜHRUNG
Phase 3
Rückführung der reingewaschenen Vermögenswerte, die dann dem Täter
als legale Einkünfte zur Verfügung stehen.
SAUBERES GELD
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Besonderer Teil II
Lektion 12: Delikte gegen die Rechtspflege
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 265
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IV. Delikte gegen die Rechtspflege
 Falsche Anschuldigungen und Anzeigen
 Falsche Anschuldigung (Art. 303)
 Irreführung der Rechtspflege (Art. 304)
 Verletzung prozessualer Wahrheitspflichten
 Falsche Beweisaussage der Partei (Art. 306)
 Falsches Zeugnis. Falsches Gutachten. Falsche Übersetzung (Art. 307)
 Begünstigung und Geldwäscherei
 Begünstigung (Art. 305)
 Geldwäscherei (Art. 305bis)
 Mangelnde Sorgfalt bei Finanzgeschäften und Melderecht (Art. 305ter)
 Gefangenenbefreiung
 Befreiung von Gefangenen (Art. 310)
 Meuterei von Gefangenen (Art. 311)
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 266
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Geldwäscherei (Art. 305bis Ziff. 1)
Objektiver Tatbestand
 Täter: Jedermann, insbesondere auch der Vortäter
 Tatobjekte: Aus einem Verbrechen stammende Vermögenswerte
 Tathandlung: Der Täter nimmt eine Handlung vor, die geeignet ist, die
Einziehung von Vermögenswerten (i.S. von Art. 70) zu vereiteln:
 Umwandlung des Wertträgers (z.B. Geld in grössere Noten gleicher
Währung);
 Die Anlage von Werten;
 Übertragung auf Strohmänner und zu gründende Gesellschaften;
 Verstecken der Vermögenswerte
Subjektiver Tatbestand
 Vorsatz
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 267
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Geldwäscherei (Art. 305bis Ziff. 1): Tatobjekte
Aus Verbrechen stammende Vermögenswerte:
 Verbrechen gem. Art. 10 Abs. 2
 Vortat: tatbestandsmässig und rechtswidrig
 Genügt: bereits versuchte Tat, Vorbereitung
 Kein Strafantrag oder verjährt  keine Geldwäscherei
 Vortat: kann ausländische Tat sein (Ziff. 3)
 Aus Verbrechen stammende Vermögenswerte:
 producta sceleris: deliktisch erlangte Beute
 pretium sceleris: Verbrecherlohn
 Surrogate: sofern sie noch als kontaminiert betrachtet werden
können
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 268
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Geldwäscherei: Steuervergehen als Vortat per 1.1.2016
Steuervortat:
305bis Ziff. 1. Wer eine Handlung vornimmt, die geeignet ist, die Ermittlung der
Herkunft, die Auffindung oder die Einziehung von Vermögenswerten
zu vereiteln, die, wie er weiss oder annehmen muss, aus einem Verbrechen oder aus
einem qualifizierten Steuervergehen herrühren, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei
Jahren oder Geldstrafe bestraft.
305 bis Ziff. 1bis. Als qualifiziertes Steuervergehen gelten die Straftaten nach
Artikel 186 des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die
direkte Bundessteuer und nach Artikel 59 Absatz 1 erstes Lemma des
Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die Harmonisierung
der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden, wenn die hinterzogenen Steuern pro
Steuerperiode mehr als 300 000 Franken betragen
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 269
Rechtswissenschaftliches Institut
Geldwäscherei (Art. 305bis)
Objektiver Tatbestand
 Täter: Jedermann, insbesondere auch der Vortäter
 Tatobjekte: Aus einem Verbrechen stammende Vermögenswerte
 Tathandlung: Der Täter nimmt eine Handlung vor, die geeignet ist, die
Einziehung von Vermögenswerten (i.S. von Art. 70) zu vereiteln:
 Umwandlung des Wertträgers (z.B. Geld in grössere Noten
gleicher Währung);
 Die Anlage von Werten;
 Übertragung auf Strohmänner und zu gründende Gesellschaften;
 Verstecken der Vermögenswerte
Subjektiver Tatbestand
 Vorsatz
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 270
Rechtswissenschaftliches Institut
Geldwäscherei (Art. 305bis Ziff. 2): Qualifikation
2. In schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder
Geldstrafe. Mit der Freiheitsstrafe wird eine Geldstrafe bis zu 500 Tagessätzen
verbunden.
Ein schwerer Fall liegt insbesondere vor, wenn der Täter:
a. als Mitglied einer Verbrechensorganisation handelt;
b. als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Ausübung der
Geldwäscherei zusammengefunden hat;
c. durch gewerbsmässige Geldwäscherei einen grossen Umsatz oder einen
erheblichen Gewinn erzielt.
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 271
Rechtswissenschaftliches Institut
Geldwäscherei (Art. 305bis)
Konkurrenz und Abgrenzung:
 Echte Konkurrenz:
 Hehlerei (Art. 160)
 Begünstigung (Art. 305)
 Kriminelle Organisation (Art. 260ter):
 Idealkonkurrenz bei Unterstützung Krimineller Organisation
 Art. 305bis Abs. 2 lit. a geht vor, wenn man als Mitglied handelt
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 272
Rechtswissenschaftliches Institut
Fall 82
Christian ist Inhaber einer Schreinerei. Da diese Branche seit
geraumer Zeit stagniert, handelt er nebenbei mit Betäubungsmittel
und erwirtschaftet auf diese Weise CHF 100‘000 in bar. Das Bargeld
möchte er unbemerkt auf sein Geschäftskonto einzahlen. Franz, ein
Kunde von Christian, hat sich bereit erklärt, ihm dabei zu helfen und
nimmt das Bargeld an sich. Christian stellt nun Franz eine Rechnung
in der Höhe von CHF 100‘000 für einen tatsächlich nicht erfolgten
Innenausbau aus. Franz begleicht die Rechnung in vier Raten durch
Einzahlung des Bargeldes auf das Geschäftskonto von Christian.
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 273
Rechtswissenschaftliches Institut
Fall 83
X führte eine erhebliche Menge Drogengelder, welche er zuvor
im Mietwagen unterhalb des Armaturenbretts versteckt hatte, in
die Schweiz ein. Dies erfolgte mit der Absicht, nach Vaduz/FL
weiterzureisen und das Geld dort auf ein Konto der Z AG
einzuzahlen. Die Z AG war gegründet worden, um die Herkunft
dubioser Gelder zu verschleiern.
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 274
Rechtswissenschaftliches Institut
Fall 84
Gustav war als Anlageberater einer Bank tätig. In dieser Funktion
eröffnete er im Oktober 1988 eine Kundenverbindung mit Anton, der
im Drogenhandel tätig war. Noch im gleichen Jahr wurden grosse
aus dem Drogenhandel stammende Beträge auf das Konto
einbezahlt. Weitere Transaktionen erfolgten nicht mehr. Erst im Jahr
2000 disponierte Gustav insgesamt 7 Mio. Franken ab und entzog
sie damit der Strafverfolgungsbehörde. Für diese Transaktion erhielt
er von Anton persönliche Zuwendungen. Gustav ging dabei davon
aus, dass seine Handlungen rechtmässig seien, da die Gelder schon
seit mehr als zehn Jahre auf dem besagten Konto lagen.
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 275
Rechtswissenschaftliches Institut
Fall 85
Kurt fälscht Banknoten, macht damit eine Einzahlung auf sein
Konto, hebt am Bancomat den entsprechenden Betrag wieder ab
und zahlt das Geld auf ein anderes Konto von ihm ein.
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 276
Rechtswissenschaftliches Institut
Fall 86
Georg deponiert CHF 145'000, die aus dem Drogenhandel stammen,
in der Wohnung von seinem Bruder Kuno. Kuno ist nicht vorbestraft
und gegen aussen im Zusammenhang mit Drogenhandel nie in
Erscheinung getreten. Da entsprechend davon auszugehen ist, dass
kein Verdacht auf Kuno fallen wird, ist es auch nicht notwendig, das
Geld in Kunos Wohnung besonders zu verstecken.
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 277
Rechtswissenschaftliches Institut
Fall 87
Anton reagiert auf ein Stelleninserat der Organisation X, die angeblich
im karitativen Bereich tätig ist. Auf Anfrage der Organisation X eröffnet
Anton ein privates E-Banking-Konto, um Gelder für einen «wohltätigen
Zweck» entgegenzunehmen. Als etliche Zahlungen à CHF 8’000 auf
dem Konto eingehen, hebt Anton weisungsgemäss das Geld ab und
leitet es durch verschiedenen Geldtransfers an vier in Russland
wohnhafte Empfänger weiter. Beim Geldtransfer wird Anton von einer
Angestellten der Western Union darauf aufmerksam gemacht, dass
die Begünstigten bereits mehrere Male zuvor Begünstigte von
Geldtransfers gewesen seien und er sich deshalb die Überweisung
noch einmal überlegen sollte. Anton gibt die Überweisung trotzdem in
Auftrag und behält gemäss Abmachung CHF 1’700 als Lohn.
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 278
Rechtswissenschaftliches Institut
Mangelnde Sorgfalt bei Finanzgeschäften und
Melderecht (Art. 305ter Abs. 1)
1
Wer berufsmässig fremde Vermögenswerte annimmt,
aufbewahrt, anlegen oder übertragen hilft und es unterlässt, mit
der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt die Identität des
wirtschaftlich Berechtigten festzustellen, wird mit Freiheitsstrafe
bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bestraft.
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 279
Rechtswissenschaftliches Institut
Mangelnde Sorgfalt bei Finanzgeschäften und Melderecht
(Art. 305ter)
Objektiver Tatbestand
 Täter: Derjenige, der im Rahmen seines beruflichen
Aufgabenbereiches im Finanzsektor fremde Vermögenswerte
annimmt, aufbewahrt, anlegen oder übertragen hilft
 Tatobjekt: Fremde Vermögenswerte
 Tathandlung: Der Täter unterlässt es im Umgang mit fremden
Vermögenswerten, mit einer nach den Umständen gebotenen Sorgfalt
die Identität des wirtschaftlich Berechtigten festzustellen
Subjektiver Tatbestand
 Vorsatz
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 280
Rechtswissenschaftliches Institut
Mangelnde Sorgfalt bei Finanzgeschäften und
Melderecht (Art. 305ter Abs. 2)
2
Die von Absatz 1 erfassten Personen sind berechtigt, den
inländischen Strafverfolgungsbehörden und den vom Gesetz
bezeichneten Bundesbehörden Wahrnehmungen zu melden, die
darauf schliessen lassen, dass Vermögenswerte aus einem
Verbrechen herrühren.
Ab 1.1.2016 Erweiterung:
2 …aus
einem Verbrechen oder aus einem qualifizierten
Steuervergehen nach Artikel 305bis Ziffer 1bis herrühren.
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 281
Rechtswissenschaftliches Institut
Mangelnde Sorgfalt bei Finanzgeschäften und
Melderecht (Art. 305ter)
Konkurrenz und Abgrenzung:
 Art. 305ter wird von Art. 305bis konsumiert
 Echte Konkurrenz:
 Hehlerei (Art. 160)
 Begünstigung (Art. 305)
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 282
Rechtswissenschaftliches Institut
Fall 88
Gerd ist als Wechselagent und professioneller Geldkurier tätig. Im Jahr
1995 nahm er das Angebot des Mitangeklagten Z. an, gegen eine
Provision von 3-3.5% des Wertes Bargeld in englischer Währung von
London in die Schweiz zu transportieren. In der Zeit von Mai bis
November 1995 transportierte er in ca. 20 Malen Bargeld im
Gesamtwert von umgerechnet rund 13 Millionen Schweizer Franken
von London in die Schweiz. Er wechselte das Geld in der Schweiz in
Schweizer Franken und zahlte es auf ein Konto einer von ihm
beherrschten Unternehmung bei einer Bank ein, über welches er
zeichnungsberechtigt war. Gerd war bei allen diesen Transaktionen die
Identität des an den Geldern wirtschaftlich Berechtigten nicht bekannt,
und er unterliess es, diesbezügliche Abklärungen zu treffen.
Stattdessen begnügte er sich mit den Angaben des Mitangeklagten Z.,
wonach es sich um Gelder eines jüdischen Konzerns beziehungsweise
um Schwarzgelder (Steuerfluchtgelder) respektive um Gelder aus
Hotels beziehungsweise aus Casinos handle.
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 283
Rechtswissenschaftliches Institut
Fall 89
Lorenz ist für die AKB Privatbank Zürich als Mitglied der
Geschäftsleitung tätig. Er eröffnet zwei Konten lautend auf die NOVUM
GmbH. Das für die Kontoeröffnung notwendige Formular A wird von
Ruth, der Vertreterin der NOVUM GmbH, unterzeichnet. Lorenz nimmt
die Unterlagen ohne weitere Prüfung entgegen und eröffnet die
Konten, obgleich im Formular als wirtschaftlich Berechtigte die
Kontoinhaberin NOVUM GmbH vermerkt ist, er selbst aber davon
ausgeht, die wirtschaftlich Berechtigte sei in Wirklichkeit Ruth.
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 284
Rechtswissenschaftliches Institut
Fall 90
Bei drei bereits bestehenden Bankverbindungen mit verschiedenen
Banken bezeichnet Anna fälschlicherweise aufgrund mangelnder
Sorgfalt auf dem Formular A Carl und Gustav als wirtschaftlich
Berechtigte.
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 285
Rechtswissenschaftliches Institut
Besonderer Teil II
Lektion 13:
 Delikte gegen die Rechtspflege
 Delikte gegen die Amts- und Berufspflicht
 Einziehungsrecht
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 286
Rechtswissenschaftliches Institut
IV. Delikte gegen die Rechtspflege
 Falsche Anschuldigungen und Anzeigen
 Falsche Anschuldigung (Art. 303)
 Irreführung der Rechtspflege (Art. 304)
 Verletzung prozessualer Wahrheitspflichten
 Falsche Beweisaussage der Partei (Art. 306)
 Falsches Zeugnis. Falsches Gutachten. Falsche Übersetzung (Art. 307)
 Begünstigung und Geldwäscherei
 Begünstigung (Art. 305)
 Geldwäscherei (Art. 305bis)
 Mangelnde Sorgfalt bei Finanzgeschäften und Melderecht (Art. 305ter)
 Gefangenenbefreiung
 Befreiung von Gefangenen (Art. 310)
 Meuterei von Gefangenen (Art. 311)
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 287
Rechtswissenschaftliches Institut
Befreiung von Gefangenen (Art. 310)
1. Wer mit Gewalt, Drohung oder List einen Verhafteten, einen
Gefangenen oder einen andern auf amtliche Anordnung in eine Anstalt
Eingewiesenen befreit oder ihm zur Flucht behilflich ist, wird mit
Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
2. Wird die Tat von einem zusammengerotteten Haufen begangen, so
wird jeder, der an der Zusammenrottung teilnimmt, mit Freiheitsstrafe bis
zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
Der Teilnehmer, der Gewalt an Personen oder Sachen verübt, wird mit
Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe nicht unter 30
Tagessätzen bestraft.
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 288
Rechtswissenschaftliches Institut
Befreiung von Gefangenen (Art. 310 Ziff. 1)
Objektiver Tatbestand
 Täter: einzelne aussenstehende Drittperson
 Tatmittel: Gewalt, Drohung, List
 Tathandlung: mit Gewalt, Drohung oder List einen Verhafteten, einen
Gefangenen oder einen andern auf amtliche Anordnung in eine Anstalt
Eingewiesenen befreit oder ihm zur Flucht behilflich
 Erfolg: Gefangener erlangt Freiheit
Subjektiver Tatbestand
 Vorsatz
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 289
Rechtswissenschaftliches Institut
Befreiung von Gefangenen (Art. 310 Ziff. 1): Befreiung
Befreiung (alle zur Sicherung des Gewahrsams aufgerichteten
Hindernisse überwinden) mittels:
 Gewalt:
 V.a. physische Gewalt
 Richtet sich gegen Person oder Sache
 Drohung:
 Psychische Gewaltanwendung
 Geeignet, Personen dermassen einzuschüchtern, dass sie sich
genötigt fühlen, Befreiung zu dulden oder zu ermöglichen
 List:
 Aktiv irreführen, ausnützen bestehenden Irrtums
 Ausnützen Kenntnisse  keine List
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 290
Rechtswissenschaftliches Institut
Befreiung von Gefangenen (Art. 310 Ziff. 1):
Hilfe zur Flucht
 Irgendeinen Beitrag leisten
 Aktiv
 Kausaler Teil-Beitrag
 Bis Gefangener Freiheit erlangt
 Mittels Gewalt, Drohung oder List
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 291
Rechtswissenschaftliches Institut
Befreiung von Gefangenen (Art. 310)
Konkurrenz und Abgrenzung:
 Art. 310 geht als lex specialis der Begünstigung (Art. 305) vor
 Aber:
 Fluchthilfe, wenn im Moment der Tat nicht in Gefangenschaft
(Hafturlaub, auswärtige Arbeit)  Art 305
 Unterstützung von bereits (selbständig) Entwichenen Art. 305
statt Art. 310
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 292
Rechtswissenschaftliches Institut
Fall 91
Klara beliefert als Bäuerin das nahegelegene Gefängnis regelmässig
mit ihren Produkten. Sie lern dort Heinz kennen, in den sie sich
verliebt. Klara will Heinz zur Flucht verhelfen und versteckt ihn unter
den Jutesäcken in ihrem Lieferwagen. Als Klara an der Schranke zur
Zufahrtsstrasse wartet, nimmt das Sicherheitspersonal aufgrund ihres
nervösen Verhaltens eine Überprüfung des Autos vor und entdeckt
Heinz.
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 293
Rechtswissenschaftliches Institut
Meuterei von Gefangenen (Art. 311)
1. Gefangene oder andere auf amtliche Anordnung in eine Anstalt
Eingewiesene, die sich in der Absicht zusammenrotten,
vereint Anstaltsbeamte oder andere mit ihrer Beaufsichtigung
beauftragte Personen anzugreifen,
durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt Anstaltsbeamte oder
andere mit ihrer Beaufsichtigung beauftragte Personen zu einer
Handlung oder Unterlassung zu nötigen,
gewaltsam auszubrechen,
werden mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe nicht
unter 30 Tagessätzen bestraft.
2. Der Teilnehmer, der Gewalt an Personen oder Sachen verübt,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe nicht
unter 90 Tagessätzen bestraft.
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 294
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Meuterei von Gefangenen (Art. 311): Absichten
Zusammenrottung erfolgt in bestimmter weitergehenden Absicht:
 Vereint Beaufsichtigungspersonen angreifen: tätlicher Angriff
 Nötigung Beaufsichtigungspersonen mittels Gewalt oder Drohung mit
Gewalt
 Gewaltsamer Ausbruch: physisch auf Personen einwirken, nicht nur
auf Sachen
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 295
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V. Delikte gegen die Amts- und Berufspflicht
 Urkundenfälschung im Amt (Art. 317)
 Nicht strafbare Handlungen (Art. 317bis)
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 296
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Der Urkundenbegriff (Art. 110 Abs. 4)
Die Merkmale einer Urkunde:
Menschliche Gedankenäusserung (Erklärung), die
an eine Drittperson gerichtet wird
+
Aufzeichnung in Schriftform bzw. auf Bild- oder
Datenträger oder ein Zeichen
+
Erkennbarkeit des Ausstellers
+
Beweisbestimmung und Beweiseignung
rechtserheblicher Tatsachen
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 297
Rechtswissenschaftliches Institut
Urkundenfälschung im Amt (Art. 317)
1. Beamte oder Personen öffentlichen Glaubens, die vorsätzlich eine
Urkunde fälschen oder verfälschen oder die echte Unterschrift oder das echte
Handzeichen eines andern zur Herstellung einer unechten Urkunde benützen,
Beamte oder Personen öffentlichen Glaubens, die vorsätzlich eine rechtlich
erhebliche Tatsache unrichtig beurkunden, namentlich eine falsche
Unterschrift oder ein falsches Handzeichen oder eine unrichtige Abschrift
beglaubigen,
werden mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
2. Handelt der Täter fahrlässig, so ist die Strafe Busse.
25.06.2015
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Seite 298
Rechtswissenschaftliches Institut
Urkundenfälschung im Amt (Art. 317)
Objektiver Tatbestand:
 Täter: Beamte oder Personen öffentlichen Glaubens
 Tathandlung:
 Urkunde fälschen oder verfälschen oder die echte Unterschrift oder das
echte Handzeichen eines andern zur Herstellung einer unechten
Urkunde benützen
 Rechtlich erhebliche Tatsache unrichtig beurkunden, namentlich eine
falsche Unterschrift oder ein falsches Handzeichen oder eine unrichtige
Abschrift beglaubigen
Subjektiver Tatbestand:
 Vorsatz
 Fahrlässigkeit
25.06.2015
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Seite 299
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Urkundenfälschung im Amt (Art. 317):
Art. 110 Abs. 3:
Als Beamte gelten die Beamten und Angestellten einer öffentlichen
Verwaltung und der Rechtspflege sowie die Personen, die provisorisch ein
Amt bekleiden oder provisorisch bei einer öffentlichen Verwaltung oder der
Rechtspflege angestellt sind oder vorübergehend amtliche Funktionen
ausüben.
25.06.2015
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Seite 300
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Urkundenfälschung im Amt (Art. 317):
Konkurrenz und Abgrenzung:
 Betrug (Art. 146): Konkurrenz
 Urkundenfälschung (Art. 251): Art. 317 geht vor
 Fälschung von Urkunden (Art. 252): geht als lex specialis vor
 Begünstigung (Art. 305): Konkurrenz
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Seite 301
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Fall 92
Anlässlich einer Rechtsöffnungssitzung, an welcher der Notar X für den
Betriebenen teilnimmt, reicht er die Fotokopie einer «Vereinbarung Quittung» zu den Akten, derzufolge sein Mandant den streitigen Betrag
nicht mehr schuldet. Dieses Schriftstück ist am Seitenende mit dem
Vermerk «Für getreue Kopie» versehen, trägt den Notarsstempel von X
und wird von diesem während der Rechtsöffnungssitzung unterzeichnet.
Tatsächlich hat X das Originaldokument nie gesehen. Als die
Betreibungsgläubigerin die Echtheit der fraglichen «Vereinbarung Quittung» bestreitet und die Hinterlegung des Originaldokumentes
verlangt, kann dieses weder von X noch von einem Dritten beigebracht
werden.
25.06.2015
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Seite 302
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Fall 93
Edi, der zur Rechnungskontrolle zuständige Sachbearbeiter, arbeitet in
der Abteilung Telekommunikation des Bundesamtes für Informatik und
Telekommunikation (BIT). Unter der Firma «A. Technik» beginnt er zum
Schein ein Unternehmen zu führen und eröffnet unter dieser Firma ein
Sparkonto, für welches er einzelunterschriftsberechtigt ist. Er stellt auf
von ihm angefertigten Rechnungsformularen im Namen der A. Technik an
die eigene oder an andere Dienststellen des Bundes insgesamt 33 fiktive
Rechnungen für nicht erbrachte Leistungen im Gesamtbetrag von CHF
2‘000‘000 aus. Die Bezahlungen veranlasst er mittels gefälschten
Prüfvermerke und Unterschriften selbst: Edi unterzeichnet die
Rechnungen stets mit dem Vermerk «Rechnung kontrolliert und in
Ordnung». Die entsprechenden Beträge werden dem genannten Konto
gutgeschrieben.
25.06.2015
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Seite 303
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Nicht strafbare Handlungen (Art. 317bis)
1
Wer mit richterlicher Genehmigung im Rahmen einer verdeckten Ermittlung zum
Aufbau oder zur Aufrechterhaltung seiner Legende oder mit Ermächtigung der
Vorsteherin oder des Vorstehers des Eidgenössischen Departements für
Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) nach Artikel 14c des
Bundesgesetzes vom 21. März 1997 über Massnahmen zur Wahrung der inneren
Sicherheit (BWIS) zur Schaffung oder Aufrechterhaltung seiner Tarnidentität
Urkunden herstellt, verändert oder gebraucht, ist nicht nach den Artikeln 251, 252,
255 und 317 strafbar.
2
Wer mit Bewilligung für eine verdeckte Ermittlung oder mit Zustimmung der
Vorsteherin oder des Vorstehers des VBS nach Artikel 14c BWIS Urkunden für
Tarnidentitäten herstellt oder verändert, ist nicht nach den Artikeln 251, 252, 255 und
317 strafbar.
3
Wer im Rahmen des Bundesgesetzes vom 23. Dezember 2011 über den
ausserprozessualen Zeugenschutz Urkunden herstellt, verändert oder gebraucht, ist
nicht nach den Artikeln 251, 252, 255 und 317 strafbar.
25.06.2015
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Seite 304
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VI. Einziehungsrecht





Sicherungseinziehung (Art. 69)
Vermögenseinziehung (Art. 70-72)
Verwendung zu Gunsten des Geschädigten (Art. 73)
Besondere Einziehungsnormen (Art. 135 Abs. 2, 197 Ziff. 3 Abs. 2 usw.)
Einziehungen haben durch ein richterliches Urteil zu erfolgen. Vorher:
Beschlagnahme
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Seite 305
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Einziehung (Art. 69-72)
= zwingende sachliche Massnahme
d.h. der zuständige Richter muss sie, wenn die
Voraussetzungen vorliegen, von Amtes wegen anordnen




Auch gegen Unzurechnungsfähige
Auch gegen nicht bekannte Täter
Auch bei verjährten Delikten
Auch nach dem Tod des Verdächtigten
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Seite 306
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Sicherungseinziehung (Art. 69)
1
Das Gericht verfügt ohne Rücksicht auf die Strafbarkeit einer
bestimmten Person die Einziehung von Gegenständen, die zur
Begehung einer Straftat gedient haben oder bestimmt waren oder
die durch eine Straftat hervorgebracht worden sind, wenn diese
Gegenstände die Sicherheit von Menschen, die Sittlichkeit oder
die öffentliche Ordnung gefährden.
2
Das Gericht kann anordnen, dass die eingezogenen
Gegenstände unbrauchbar gemacht oder vernichtet werden.
25.06.2015
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Seite 307
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Sicherungseinziehung (Art. 69)
Einziehbare Objekte:
 Tatwerkzeug: gefährliches Tier, Schusswaffe, Falschgeldmaschine usw.
 Tatprodukt: gefälschte Ware, Falschgeld, falsche Urkunde usw.
Für LateinerInnen: instrumentum sceleris — productum sceleris
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Seite 308
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Sicherungseinziehung (Art. 69)
Voraussetzungen:
 Tatwerkzeug bzw. Tatprodukt
 Gefahr, dass diese Gegenstände erneut zu deliktischem Handeln
verwendet werden gegen
 Leib und Leben (Sicherheit von Menschen)
 Sittlichkeit (Sexualdelikte)
 Öffentliche Ordnung
 Verhältnismässig
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Seite 309
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Sicherungseinziehung (Art. 69)
Gerichtliche Anordnungen (Abs.2):
 Vernichten: Existenz, Herstellung, Besitz ist verpönt
 producta sceleris
 Unbrauchbarmachen: aufgrund Beschaffenheit gefährlich
 Kannvorschrift
25.06.2015
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Seite 310
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Fall 94
Kurt wurde wegen Geldfälschung verurteilt. Die
Staatsanwaltschaft hat die Tatwerkzeuge, einen Computer, einen
Drucker/Scanner sowie eine Schneidmaschine beschlagnahmt.
Ist die Einziehung zulässig?
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Seite 311
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Fall 95
Adalbert wird wegen Menschenhandels, Förderung der
Prostitution und Bestechung verurteilt. Ausserdem wird eine
Schusswaffe zusammen mit 74 dazu gehörigen Patronen
eingezogen, in deren Besitz er sich legalerweise befindet und die
bei der Deliktverübung nicht zum Einsatz gekommen ist. Ist die
Einziehung korrekt?
25.06.2015
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Seite 312
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Fall 96
Gaston hat ein Buch verfasst, in dem der Holocaust geleugnet
wird. Das Buch wird in einer Buchhandlung zum Verkauf
angeboten. Bevor auch nur ein Exemplar verkauft worden ist,
werden sämtliche Bücher beschlagnahmt. Ist die Einziehung
zulässig?
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Seite 313
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Besonderer Teil II
Lektion 14:
 Einziehungsrecht
 Strafbarkeit des Unternehmens
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Seite 314
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VI. Einziehungsrecht





Sicherungseinziehung (Art. 69)
Vermögenseinziehung (Art. 70-72)
Verwendung zu Gunsten des Geschädigten (Art. 73)
Besondere Einziehungsnormen (Art. 135 Abs. 2, 197 Ziff. 3 Abs. 2 usw.)
Einziehungen haben durch ein richterliches Urteil zu erfolgen. Vorher:
Beschlagnahme
25.06.2015
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Seite 315
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Vermögenseinziehung (Art. 70-72)
 (Direkte) Vermögenseinziehung (Art. 70)
 Ersatzforderung (Art. 71)
 Sonderfall: Einziehung von Vermögenswerten in der
Verfügungsmacht einer kriminellen Organisation (Art. 72)
25.06.2015
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(Direkte) Vermögenseinziehung (Art. 70)
1
Das Gericht verfügt die Einziehung von Vermögenswerten, die durch eine
Straftat erlangt worden sind oder dazu bestimmt waren, eine Straftat zu
veranlassen oder zu belohnen, sofern sie nicht dem Verletzten zur
Wiederherstellung des rechtmässigen Zustandes ausgehändigt werden.
2
Die Einziehung ist ausgeschlossen, wenn ein Dritter die Vermögenswerte in
Unkenntnis der Einziehungsgründe erworben hat und soweit er für sie eine
gleichwertige Gegenleistung erbracht hat oder die Einziehung ihm gegenüber
sonst eine unverhältnismässige Härte darstellen würde.
3
Das Recht zur Einziehung verjährt nach sieben Jahren; ist jedoch die
Verfolgung der Straftat einer längeren Verjährungsfrist unterworfen, so findet
diese Frist auch auf die Einziehung Anwendung.
4
Die Einziehung ist amtlich bekannt zu machen. Die Ansprüche Verletzter
oder Dritter erlöschen fünf Jahre nach der amtlichen Bekanntmachung.
5
Lässt sich der Umfang der einzuziehenden Vermögenswerte nicht oder nur
mit unverhältnismässigem Aufwand ermitteln, so kann das Gericht ihn
schätzen.
25.06.2015
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Seite 317
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(Direkte) Vermögenseinziehung (Art. 70)
Grundsatz:
Prüfung, ob deliktisch erlangte Vermögenswerte dem Verletzten zur
Wiederherstellung des rechtmässigen Zustandes ausgehändigt werden
können.
 Herkunft Vermögenswerte lässt sich feststellen
25.06.2015
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Seite 318
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(Direkte) Vermögenseinziehung (Art. 70)
Einziehbare Vermögenswerte:
 Alle geldwerten Vorteile
 Beim Täter oder bei Dritten liegen
 Konnex zur Tat:
 Wert durch Delikt erlangt
 Vermögenswerte, die dazu bestimmt waren, Straftat zu
veranlassen resp. zu belohnen
 Surrogate
 Berechneter Wert: Brutto- oder Nettoprinzip
 Brutto: Werte aus generell strafbarer Handlung oder Wert zur
Veranlassung bzw. Belohnung Straftat
 Netto: je nach Umständen (Achtung: Problem Berechnung)
25.06.2015
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Seite 319
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(Direkte) Vermögenseinziehung (Art. 70)
Ausschluss der Einziehung:
 Abs. 2:
 Gutgläubiger Dritter hat Vermögenswerte zu adäquatem Preis
erworben
 Einziehung bei gutgläubigem Dritten als unverhältnismässige
Härte
 Abs. 3: Verjährung: 7 Jahre resp. länger wenn Anlassdelikt noch nicht
verjährt
25.06.2015
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Seite 320
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(Direkte) Vermögenseinziehung (Art. 70)
Amtliche Bekanntgabe (Abs. 4):
 Ansprüche Verletzter bzw. Dritter erlöschen 5 Jahre nach Publikation
 Rechtmässige Eigentümer und Besitzer von Deliktsobjekten bzw.
Aufenthaltsort nicht ermittelbar
Schätzung der einzuziehenden Vermögenswerte (Abs. 5):
 Umfang einzuziehender Vermögenswerte lässt sich nicht bzw. nur mit
übermässigem Aufwand ermitteln  schätzen
 Besserstellung verhindern
25.06.2015
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Seite 321
Rechtswissenschaftliches Institut
Fall 97
Y überweist dem Uhrenhändler X für seine Uhrenlieferung CHF
350’000. Es stellt sich heraus, dass das Geld aus dem
Drogenhandel des Y stammt. X war sich über die Herkunft der
Gelder nicht im Klaren.
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 322
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Ersatzforderung (Art. 71)
1
Sind die der Einziehung unterliegenden Vermögenswerte nicht mehr
vorhanden, so erkennt das Gericht auf eine Ersatzforderung des Staates
in gleicher Höhe, gegenüber einem Dritten jedoch nur, soweit dies nicht
nach Artikel 70 Absatz 2 ausgeschlossen ist.
2
Das Gericht kann von einer Ersatzforderung ganz oder teilweise
absehen, wenn diese voraussichtlich uneinbringlich wäre oder die
Wiedereingliederung des Betroffenen ernstlich behindern würde.
3
Die Untersuchungsbehörde kann im Hinblick auf die Durchsetzung der
Ersatzforderung Vermögenswerte des Betroffenen mit Beschlag belegen.
Die Beschlagnahme begründet bei der Zwangsvollstreckung der
Ersatzforderung kein Vorzugsrecht zu Gunsten des Staates.
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 323
Rechtswissenschaftliches Institut
Ersatzforderung (Art. 71)
Konstellationen:
 Art des erlangten Vermögensvorteils
 Entledigung des Vermögenswertes (ohne Surrogat)
 Nicht nachweisbar:
 Vermögensvorteil durch Delikte erlangt
 Wo sich einzuziehender Wert befindet
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 324
Rechtswissenschaftliches Institut
Ersatzforderung (Art. 71)
Ausschluss einer Ersatzforderung:
 Art. 71 Abs. 1: analog Art. 70 Abs. 2
 Art. 71 Abs. 2:
 Voraussichtlich uneinbringlich
 Wiedereingliederung ernstlich behindert
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 325
Rechtswissenschaftliches Institut
Einziehung von Vermögenswerten in der
Verfügungsmacht einer kriminellen Organisation
(Art. 72)
Das Gericht verfügt die Einziehung aller Vermögenswerte, welche der
Verfügungsmacht einer kriminellen Organisation unterliegen. Bei
Vermögenswerten einer Person, die sich an einer kriminellen
Organisation beteiligt oder sie unterstützt hat (Art. 260ter), wird die
Verfügungsmacht der Organisation bis zum Beweis des Gegenteils
vermutet.
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 326
Rechtswissenschaftliches Institut
Verwendung zu Gunsten des Geschädigten (Art. 73)
 Durch Delikt erlittener Schaden, der weder durch Versicherung
noch durch Leistung des Täters gedeckt wird
 Verwendung zu Gunsten des Geschädigten bis Höhe Schaden
bzw. Genugtuung:
 Geldstrafe bzw. Busse
 Eingezogene Gegenstände, Vermögenswerte resp.
Verwertungserlös
 Ersatzforderungen gem. Art. 71
 Friedensbürgschaft gem. Art. 66
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 327
Rechtswissenschaftliches Institut
Besondere Einziehungsnormen

Gewaltdarstellungen (Art. 135 Abs. 2): Ton- oder
Bildaufnahmen, Abbildungen, andere Gegenstände oder
Vorführungen

Pornografie (Art. 197 Abs. 6): Abs. 4 und 5: Gegenstände
oder Vorführungen, die sexuelle Handlungen mit Tieren oder
mit Gewalttätigkeiten unter Erwachsenen oder (nicht)
tatsächliche sexuelle Handlungen mit Minderjährigen zum
Inhalt haben
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 328
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VII. Strafbarkeit des Unternehmens
Unglück Schweizerhalle
1986 verbrannten in einer Lagerhalle der Sandoz AG in Schweizerhalle bei
Basel 1’200 Tonnen zum Teil giftige Chemikalien. Da ein Auffangbecken
fehlte, floss das chemisch durchsetzte Löschwasser direkt in den Rhein.
Daraufhin starben über 100’000 Fische. Weiter kam es zu einer Gefährdung
des Trinkwassers. Die eingeleitete Strafuntersuchung wurde u.a. deshalb
eingestellt, weil kein strafrechtlich relevantes Verschulden einer bestimmten
Person nachgewiesen werden konnte. Schuldig gesprochen wurden lediglich
der Leiter des Werksicherheitsdienstes sowie der Einsatzleiter der
Werkfeuerwehr. Sie wurden zu Bussen von CHF 500 bzw. CHF 200
verurteilt.
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 329
Rechtswissenschaftliches Institut
Strafbarkeit des Unternehmens (Art. 102)
Grundsatz "societas delinquere non potest" gilt in genereller Form nicht
mehr:
 Galt bis 2003 als Grundsatz
 Seit 1.10.2003: Unternehmenshaftung in eingeschränkter Form
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 330
Rechtswissenschaftliches Institut
Strafbarkeit des Unternehmens (Art. 102)
1
Wird in einem Unternehmen in Ausübung geschäftlicher Verrichtung im
Rahmen des Unternehmenszwecks ein Verbrechen oder Vergehen
begangen und kann diese Tat wegen mangelhafter Organisation des
Unternehmens keiner bestimmten natürlichen Person zugerechnet
werden, so wird das Verbrechen oder Vergehen dem Unternehmen
zugerechnet. In diesem Fall wird das Unternehmen mit Busse bis zu
5 Millionen Franken bestraft.
2
Handelt es sich dabei um eine Straftat nach den Artikeln
260ter,260quinquies, 305bis, 322ter, 322quinquies oder 322septies Absatz 1 oder
um eine Straftat nach Artikel 4a Absatz 1 Buchstabe a des
Bundesgesetzes vom 19. Dez. 1986 gegen den unlauteren Wettbewerb,
so wird das Unternehmen unabhängig von der Strafbarkeit natürlicher
Personen bestraft, wenn dem Unternehmen vorzuwerfen ist, dass es
nicht alle erforderlichen und zumutbaren organisatorischen Vorkehren
getroffen hat, um eine solche Straftat zu verhindern.
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 331
Rechtswissenschaftliches Institut
Strafbarkeit des Unternehmens (Art. 102)
Aufbau:
 Unternehmen gemäss Abs. 4
 Juristische Personen des Privatrechts
 Juristische Personen des öffentlichen Rechts
 Gesellschaften
 Einzelunternehmen
 Anlasstat gemäss Abs. 1 oder Abs. 2; tatbestandsmässig und
rechtswidrig
 Urheber: organisatorisch und hierarchisch in das Unternehmen
eingebunden
 Verübung Anlasstat in Ausübung geschäftlicher Verrichtung im
Rahmen des Unternehmenszwecks
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 332
Rechtswissenschaftliches Institut
Subsidiäre Unternehmenshaftung (102 Abs. 1)
Voraussetzung
Fehlende Zuordnung der Anlasstat wegen mangelhafter
Organisation des Unternehmens.
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 333
Rechtswissenschaftliches Institut
Fall 98
Das Unternehmen X mietete ein Auto. Der Lenker fuhr damit 65
km/h zu schnell. Das Radarfoto war zu unscharf, um darauf
erkennen zu können, welcher Mitarbeiter hinter dem Steuer sass.
Der Geschäftsführer der X AG konnte nicht sagen, wer das
gemietete Auto fuhr.
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 334
Rechtswissenschaftliches Institut
Originäre Unternehmenshaftung (102 Abs. 2)
 Voraussetzung: Anlasstat im Rahmen Deliktskatalog und
Vorwurf, dass nicht alle erforderlichen und zumutbaren
organisatorischen Vorkehrungen zur Verhinderung der Straftat
ergriffen wurden
 Haftung: kumulative Strafbarkeit des Unternehmens neben
einem allfälligen Individualtäter
25.06.2015
Strafrecht Besonderer Teil II, Lehrstuhl Prof. Dr. iur. Daniel Jositsch
Seite 335