Folien vom 06.07.15

Zivilrecht IVa
(Bereicherungsrecht)
Bereicherungsansprüche in
Mehrpersonenverhältnissen
Lösungsansätze
• Maßgeblichkeit des Leistungsbegriffs
– Wertende Einzelfallbetrachtung ohne jede schematische
Lösung (BGH)
– Vorrang der Leistungsbeziehungen (Subsidiarität)
• Maßgeblichkeit des kondiktionsauslösenden
Mangels
– Fehlerhaftigkeit von Kausalverhältnissen
– Fehlerhaftigkeit von Übertragungsakt oder Anweisung
– Berücksichtigung von Rechtsscheinstatbeständen
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Wertungskriterien
• Jede Vertragspartei soll die ihr gegenüber
ihrem Vertragspartner aufgrund des Vertrags
zustehenden Einwendungen behalten
• Jede Partei soll vor Einwendungen der
anderen Vertragspartei aus deren
Rechtsverhältnis zu einem Dritten geschützt
werden
• Jede Partei soll nur das Insolvenzrisiko
derjenigen Person tragen, die sie sich als
Vertragspartner ausgesucht hat
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Beispielsfall 54:
A hat den B dazu ermächtigt, im eigenen
Namen über eine Sache des A zu verfügen.
B verkauft dementsprechend die Sache an C
und übereignet sie ihm. Der Kaufvertrag
zwischen B und C erweist sich indes als
nichtig.
Kann A jetzt die Sache von C
herausverlangen?
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Beispielsfall 54:
• AGL: § 812 I 1 2. Alt. (Nichtleistungskondiktion)
Beachte: Kein Fall des § 816 I 1, da B wg. Ermächtigung als
Berechtigter verfügt hat (daher auch Anspruch aus § 985 (-))
– Etwas erlangt: Eigentum der Sache vom Berechtigten
– In sonstiger Weise: d.h. nicht durch Leistung
Aber: C erlangt Eigentum hier durch Leistung des B
(solvendi causa: § 433)
– Wertung:
• Bei Direktkondiktion A-C verliert C seine Einwendungen im
Verhältnis zu B (insbesondere bzgl. Rückerstattung des
Kaufpreises)
• Vorrang der Leistungsbeziehung (Subsidiarität)
Daher: Rückabwicklung nach Vertragsbeziehungen (A-B
und B-C)
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Grundkonstellationen
• Mehrheit von Leistungsbeziehungen
– Leistungsketten
– Dreiecksverhältnisse (Durchlieferung,
Anweisung)
• Zusammentreffen von Leistungsbeziehung
und Bereicherung in sonstiger Weise
(Eingriff), z.B. Jungbullenfall (vgl. Fall 42)
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Leistungsketten
• Grundsatz:
Maßgeblichkeit der fehlerhaften
Leistungsbeziehung
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Beispielsfall 55:
Der Grundstückeigentümer G schließt mit
dem Bauunternehmer S einen Bauvertrag,
der auch von beiden Seiten erfüllt wird: S
lässt durch seine Arbeiter auf dem
Grundstück des G das versprochene Haus
errichten, G lässt durch seine Bank an den S
den vereinbarten Werklohn überweisen.
Dann stellt sich die Unwirksamkeit des
Bauvertrags heraus.
Wer kann jetzt von wem kondizieren?
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Beispielsfall 55:
Zur Realisierung der maßgeblichen
Wertungskriterien ist die Bestimmung der
einzelnen Leistungsbeziehungen anhand der
jeweiligen Leistungszwecke (regelmäßig
solvendi causa) erforderlich:
– S-Arbeiter: Lohnzahlung/Arbeitsleistung
– Bank-S: Erfüllung des Girovertrags
– G-S: Erfüllung des Bauvertrags
Hier als fehlerhaftes Leistungsverhältnis allein
maßgeblich für Kondiktion
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Leistungsketten
• Doppelmangel
– Problemlage:
Nichtigkeit mehrerer Leistungsbeziehungen
– Lösungsansätze
• Bereicherungsrechtlicher Durchgriff
• Kondiktion der Kondiktion (Doppelkondiktion)
• Kondiktion des Sachwerts (§ 818 Abs. 2 BGB)
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Dreiecksverhältnisse
• Durchlieferung
(Abkürzung von Leistungsketten)
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Beispielsfall 56:
Die Maschinenfabrik A verkauft einen Dampfkessel
an den Großhändler B. Noch bevor A an B geliefert
hat, kann B den Dampfkessel an C
weiterverkaufen. Daher bittet B den A, direkt an C
zu liefern, was A auch tut. In der Folge stellen ich
als nichtig heraus
(1) der Kaufvertrag zwischen A und B, oder
(2) der Kaufvertrag zwischen B und C, oder
(3) beide Kaufverträge.
Wer kann jeweils von wem was kondizieren?
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Beispielsfall 56:
• Var. 1: A gegen B gemäß § 812 I 1 1. Alt.:
– Sache bei B nicht mehr vorhanden
– Ersatz des (objektiven) Sachwerts gemäß § 818
II
• Var. 2: B gegen C gemäß § 812 I 1 1. Alt.:
– Rückübereignung des bei C vorhandenen
Dampfkessels
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Beispielsfall 56:
• Var. 3: A gegen C:
– Früher: bereicherungsrechtlicher Durchgriff (heute (-))
– Kondiktion des A nur gegenüber B, § 812 I 1 1. Alt.
– Problem: Inhalt?
• Kondiktion der Kondiktion im Wege der Abtretung („erlangt“)
aber: - Kondiktion kein Surrogat iSd § 818 I
- Kumulation der Insolvenzrisiken wg. §§ 404, 412
• Kondiktion des Sachwerts gemäß § 818 II
Problem: Einschränkung von § 818 III zuungunsten von B
aber: Vermögensmäßige Entscheidung des B
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Dreiecksverhältnisse
• Anweisungsfälle
– Anweisung gemäß § 783 BGB
• Schriftliche Leistungsermächtigung
• Spezialform: Scheck
– Anweisung im Bereicherungsrecht
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Beispielsfall 57:
B weist seine Bank A an, an den C zu
zahlen. Welche Kondiktionen kommen in
Betracht, wenn eines der Verhältnisse
fehlerhaft ist?
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Beispielsfall 57:
• Grundsätzlich vorrangig ist die
Rückabwicklung im jeweiligen fehlerhaften
Vertragsverhältnis:
- A-B: Girovertrag
- B-C: beliebiges Vertragsverhältnis
• Denkbar aber auch Fehler in der Anweisung
als solcher; daher u.U. Modifikation der
Rückabwicklung notwendig
• Terminologie!
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Beispielsfall 57:
• A – B: Deckungsverhältnis
z.B. Kontodeckung, Giro- und
Überweisungsvertrag, §§ 675c ff.
• B – C: Valutaverhältnis
z.B. Preiszahlung für Ware, § 433 II
• A – C: Zuwendungsverhältnis
z.B. Geldfluss
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Schema zur Terminologie
Deckungsverhältnis
(Leistung)
Angewiesener
Anweisender
A
B
Zuwendung
(Vermögensverschiebung)
Valutaverhältnis
(Leistung)
C
Anweisungsempfänger
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Mängel in (nur) einem
Kausalverhältnis
• Bestimmung der relevanten
Leistungsbeziehung nach Leistungszweck
und Empfängerhorizont
• Vorrang der Leistungskondiktion
• Ausnahme:
Direktkondiktion nach § 822 bei fehlerhaftem
Deckungsverhältnis und unentgeltlicher
Leistung im Valutaverhältnis
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Beispielsfall 58 (Deckungsverhältnis):
Fortsetzung von Beispielsfall 57: Nachdem
A an C ausgezahlt hat, stellt sich heraus,
dass das Vertragsverhältnis zwischen A und
B unwirksam war: B hatte bei A gar kein
Konto unterhalten; gleichwohl hat A eine von
B ausgefüllte Überweisung auf einem ihrer
Formulare entgegengenommen und
ausgeführt.
Kann A jetzt den Geldbetrag von C
kondizieren?
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Beispielsfall 58 (Deckungsverhältnis):
A → C auf Herausgabe des Geldbetrags, § 812 I 1 1. Alt.
• Etwas erlangt: Eigentum und Besitz des Geldes
• Durch Leistung:
Bestimmung der relevanten Leistungsbeziehung anhand
von Leistungszweck und Empfängerhorizont: Leistung von
A an C?
– Empfängerhorizont des C: Leistung des B
– Leistungszweck: solvendi causa (z. B. § 535 II)
– Vermehrung des Vermögens des C durch A, aber zugunsten der
Leistung des B
• Direktkondiktion A-C (-); lediglich Kondiktion im Verhältnis
A-B
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Beispielsfall 58 (Deckungsverhältnis):
Anschlussproblem:
Gegenstand des Erlangten bei B?
• Befreiung von der Schuld gegenüber C durch
Wertzuwendung A an C (keine Verpflichtung des A
hierzu, vgl. Leistungsgegenstand)
• Wertersatz gemäß § 818 II durch B
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Beispielsfall 59 (Valutaverhältnis):
B weist seine Bank A an, an C einen
Geldbetrag zu überweisen. Tatsächlich war
aber der Vertrag, welcher der Verpflichtung
des B gegenüber C zugrunde lag, wegen
eines Formmangels nichtig.
Kann B von A verlangen, den Betrag bei C,
der ebenfalls ein Konto bei A unterhält, den
Betrag bei C rückzubelasten?
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Beispielsfall 59 (Valutaverhältnis):
A → C auf Rückbelastung, § 812 I 1 1. Alt.
– Etwas erlangt: Eigentum und Besitz am Geld
– Durch Leistung: Leistung des A an C?
• Empfängerhorizont C: Leistung des B
• Leistungszweck: solvendi causa
• Keine Leistungsbeziehung A-C
• Nichtleistungskondiktion subsidiär
gegenüber Leistungsbeziehung (hier B-C)
• Kondiktion nur im Verhältnis B-C
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Mängel der Anweisung
• Problem:
Zurechenbarkeit der Zuwendung als
Leistung im Valutaverhältnis mittels der
fehlerhaften Anweisung
• Lösung:
Grundsätze der Rechtsscheinhaftung
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Beispielsfall 60 (Fehlende Anweisung):
C ist bei B als Putzmann angestellt. Beim
Aufräumen des Büros des B findet er auf
dessen Schreibtisch ein ausgefülltes, aber
nicht unterschriebenes Scheckformular der
A-Bank. Als C den Scheck dort vorlegt,
bemerkt A die fehlende Unterschrift nicht
und löst den Scheck ein.
Kann A nach Aufklärung des Sachverhalts
die Rückzahlung der Summe von C
verlangen?
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Beispielsfall 60 (Fehlende Anweisung):
A gegen C auf Rückzahlung gemäß § 812 I 1 1. Alt.
– Etwas erlangt: Eigentum und Besitz des Geldes
– Durch Leistung: Leistung A – C?
• Empfängerhorizont des C: gar keine Leistung
• Leistungszweck: (-) mangels Anweisung des B
→ keine vorrangige Leistungsbeziehung B – C
→ keine Schutzwürdigkeit des C wegen Bösgläubigkeit (Kenntnis
des Empfängers heute auch von Rspr. nicht mehr verlangt)
Daher: Direkte Nichtleistungskondiktion im Verhältnis A – C
Ähnliche Fälle (Rspr.):
– Anweisung durch Geschäftsunfähigen (Schutzzweck der §§ 104 ff.)
– Gefälschte Überweisung (bei fehlender Veranlassung durch B muss
A direkt bei C kondizieren)
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Beispielsfall 61 (Fehlerhafte Anweisung):
B übergibt dem C zur Begleichung einer Rechnung
einen Scheck, der auf die A-Bank gezogen ist.
Kurz darauf sperrt B den Scheck bei der A, weil es
unerwartete Probleme im Verhältnis zu C gibt. A
bestätigt die Sperre, B verlangt von C die
Rückgabe des Schecks. C, der von der Sperre
nichts wusste, legt jedoch den Scheck bei der A
vor, die diesen infolge eines Versehens auch
einlöst.
Kann A von C die Rückzahlung des Scheckbetrags
verlangen?
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Beispielsfall 61 (Fehlerhafte Anweisung):
A gegen C auf Rückzahlung gemäß § 812 I 1 1. Alt.
– Etwas erlangt: Eigentum und Besitz am Geld
– Durch Leistung: Leistung A – C?
• Empfängerhorizont des C: ursprünglich Scheckeinlösung =
Erfüllung des B und damit Leistung
• Leistungszweck: wegen Sperrung des Schecks (-): kein
entsprechender Wille und Zweckbewusstsein des B mehr
• Schutzwürdigkeit des C: (-) aufgrund Rückforderung des
Schecks durch B (anders, wenn diese fehlt: bei Veranlassung
der Zuwendung entsprechende Zurechnung)
→ Direkte Nichtleistungskondiktion im Verhältnis A – C
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Vertrag zugunsten Dritter
• Problem:
Beim echten Vertrag zugunsten Dritter
wegen § 328 Abs. 1 und § 335 BGB zwei
„Leistungsempfänger“
• Lösung:
– Abwicklung „übers Eck“ nach allgemeinen
Wertungskriterien
– Differenzierung nach „stärkerem Gewicht“ des
jeweiligen Leistungszwecks (z.B. bei
Versorgungsfällen)
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Beispielsfall 62:
Der verwitwete Bauer S ist alt geworden. Er
übergibt daher seinem Sohn G den Hof. Im
Übergabevertrag verpflichtet sich G nicht nur
zur Unterhaltsleistung gegenüber seinem
Vater, sondern auch zur Zahlung einer
Rente an seine Schwester D. G zahlt zwei
Jahre lang, dann wird der Übergabevertrag
infolge einer Anfechtung nichtig.
Von wem kann G kondizieren?
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Beispielsfall 62:
A. Leistungen an den Vater S:
Leistungskondiktion gemäß § 812 I 1 1. Alt. gegen S als
Vertragspartner
B. Leistungen an die Schwester D:
– Problem: Leistungszuständigkeit?
• D Gläubigerin nach §§ 328 I, 330 S. 2
• S gemäß § 335 ebenfalls forderungsberechtigt
– Wertung nach Risikoverteilung (Einwendungen, Insolvenzrisiko):
• Hier nicht hilfreich, da wegen § 334 Anspruch der D quasi abhängig
vom Anspruch des S
• Aber: Jedenfalls bei Versorgungsverträgen unentgeltliche Zuwendung
(hier im Verhältnis S – D)
→ Direktkondiktion im Verhältnis G – D gemäß § 822
Ähnlich: „erst recht“ beim unechten Vertrag zugunsten Dritter
(Empfänger ohne eigenes Forderungsrecht)
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Leistung auf fremde Schuld
• Drittleistung gemäß §§ 267, 268 BGB auf
vermeintlich bestehende Schuld
• Regelmäßig zwei Leistungszwecke:
– solvendi causa gegenüber Gläubiger
– donandi oder obligandi causa gegenüber
Schuldner
• Eigene Tilgungsbestimmung oder
veranlasste Drittleistung?
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Beispielsfall 63:
Der Gemischtwarenhändler S verlangt von G
Schadensersatz: Dessen schlecht
beaufsichtigter Sohn habe die
Schaufensterscheibe des S eingeworfen. G
zahlt daraufhin. Später stellt sich allerdings
heraus, dass nicht der Sohn des G der
Übeltäter war, sondern dessen Kumpel, der
Sohn des D.
Bei wem kann G kondizieren?
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Beispielsfall 63:
G gegen S auf Rückzahlung gemäß § 812 I 1 1. Alt.
– Etwas erlangt: Eigentum und Besitz am Geld
– Durch Leistung:
• Empfängerhorizont des S: Leistung des G
• Leistungszweck: G wollte eigene Schuld begleichen, nicht die des D
→ § 267 (-), Schuld des D bleibt bestehen
→ Leistung (+)
– Ohne Rechtsgrund: (+)
→ (+)
G gegen D auf Rückzahlung gemäß § 812 I 1 1./2. Alt.
– V.: Leistung auf Schuld des D mit Folge des § 267
– Wahlrecht zwischen Kondiktionen infolge „Umdirigierens“ der
Leistung? (Änderung der Tilgungsbestimmung)
→ nach h.M. (-)
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Irrtum über Leistenden und
Leistungsempfänger
• Maßgeblichkeit der Zweckbestimmung des
Leistenden (Lit.)
• Maßgeblichkeit des Empfängerhorizonts
beim Leistungsempfänger (BGH)
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Beispielsfall 64:
S vereinbarte mit der „Idealheim-GmbH“ die
schlüsselfertige Errichtung eines Wohnhauses zu
einem garantierten Festpreis. Obgleich S keine
Vollmacht erteilt hatte, trat der Geschäftsführer der
GmbH, der Architekt A, gegenüber dem
Bauunternehmer G als Vertreter des S auf. Nach
Fertigstellung des Hauses verlangt G von S den
vereinbarten Preis. S meint aber, er habe nur mit
der GmbH zu tun und verweigert die Zahlung
gegenüber G.
Zu Recht?
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Beispielsfall 64:
G gegen S auf Zahlung des Preises
– I. AGL: Vertrag
aber mangels wirksamer Vertretung durch A (-): (weder
Vollmacht, noch Duldungs- oder Anscheinsvollmacht)
– II. AGL: § 812 I 1 1. Alt.
• Etwas erlangt: Bauleistung
• Durch Leistung des G:
– Leistungszweck: solvendi causa des vermeintlichen Vertrags aus
Sicht des G
– Empfängerhorizont des S: G = Gehilfe der I-GmbH bei deren
Leistung
– Problem: Wessen Perspektive soll relevant sein?
– BGH: Empfänger → § 812 (-), Haftung der I-GmbH nach § 179
(aber: Insolvenzrisiko!)
– Lit.: Leistender → § 812 (+), Schutz des Empfängers durch § 818 III
nach Zahlung des Preises an I-GmbH
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Zessionsfälle
• Vergleichbarkeit mit
Anweisungsverhältnissen
• Wirkung der Abtretung:
Zwei- statt Dreipersonenverhältnis
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Beispielsfall 65:
B hat seinen Bauernhof bei A feuerversichert.
Außerdem hat er von C ein hohes Darlehen
erhalten. Als es dem B dennoch finanziell immer
schlechter geht, brennt er seinen Hof nieder. Die
Versicherungsforderung tritt er an C ab, der sofort
Zahlung von A verlangt und diese tatsächlich auch
vorbehaltlos erhält. A ermittelt allerdings auf einen
Wink aus der Nachbarschaft des B hin wegen der
zweifelhaften Umstände und deckt die
Brandstiftung auf.
Kann A von C jetzt Rückzahlung der
Versicherungssumme verlangen?
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Beispielsfall 65:
A gegen C auf Rückzahlung gemäß § 812 I 1 1. Alt.
• Vgl. Anweisungfälle:
Angewiesener gegen Empfänger bei Mangel im
Deckungsverhältnis; hier: kein Versicherungsfall
• An sich Leistungsbeziehung A – B vorrangig (so BGH)
• Problem: B insolvent
• Aber: Durch wirksame Abtretung besteht gar kein
Dreipersonenverhältnis mehr; C neuer Gläubiger anstelle
des B (Leistungszweck!)
→ Leistungskondiktion A – C (+)
(Insolvenzrisiko des B geht zulasten des
Darlehensgläubigers C)
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Leistung und Bereicherung
in sonstiger Weise
• Verfügung eines Nichtberechtigten, § 816
Abs. 1 BGB
• Verbrauch und Verarbeitung fremder Sachen
• Einbau fremder Sachen
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Beispielsfall 66:
Der Baustoffhändler G liefert an den
Bauunternehmer D unter
Eigentumsvorbehalt Baumaterial. D baut
dieses Baumaterial noch vor Zahlung des
Kaufpreises aufgrund eines Bauvertrags im
Hausgrundstück des S ein. Kurz darauf wird
D insolvent.
Kann G jetzt von S den Wert des Materials
ersetzt verlangen?
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Beispielsfall 66:
G gegen S auf Ersatz der Materialkosten
• I. Vertrag: (-)
• II. Quasi-Vertrag (GoA, etc.): (-)
• III. EBV: (-), Eigentumserwerb gemäß § 946
• IV. Delikt: (-), kein Verschulden des S
• §§ 951 I 1, 812 I 1 2. Alt., 818 II (Eingriffskondiktion)
– Rechtsgrundverweisung
– Etwas erlangt: Eigentum am Baumaterial
– In sonstiger Weise: = nicht durch Leistung
• Weder aus Sicht des G noch aus Sicht des S Leistung
• Wertausgleich für Eigentumsverlust über §§ 946, 951
– Auf Kosten des G
– Ohne rechtlichen Grund
→ Anspruch an sich (+)
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Beispielsfall 66:
• Aber: Vorrang der Leistungsbeziehung D – S?
(Ausschluss eines Erwerbs in sonstiger Weise?)
• Vergleich mit rechtsgeschäftlicher Übereignung:
dann nämlich wirksamer und kondiktionsfester
Erwerb des S gemäß §§ 932, 935 mit der Folge
des § 816 I 1 gegen D
→ entsprechende Anwendung der gesetzlichen
Wertung, anders bei unentgeltlichem Einbau,
Bösgläubigkeit oder Abhandenkommen
→ Anspruch G gegen S (-), G muss sich an D
halten
• Beachte: hier Subsidiaritätsdogma durchbrochen!
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