Aus der Chirurgischen Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Gefäßchirurgie der Medizinischen Fakultät Charité - Universitätsmedizin Berlin DISSERTATION Lebensqualität nach (neo-)adjuvanter Radiochemotherapie des Rektumkarzinoms zur Erlangung des akademischen Grades Doctor medicinae (Dr. med.) vorgelegt der Medizinischen Fakultät Charité – Universitätsmedizin Berlin von Nathalie Raphaela Lindholz aus Tegernsee, Deutschland Datum der Promotion: 11.12.2015 Inhaltsverzeichnis 1. Abstrakt (Deutsch/Englisch) ........................................................................................ 5 1.1. Abstrakt Deutsch ................................................................................................... 5 1.2. Abstrakt Englisch:.................................................................................................. 7 2. Einleitung ..................................................................................................................... 9 2.1.Das kolorektale Karzinom ...................................................................................... 9 2.1.1. Epidemiologie des kolorektalen Karzinoms ................................................. 9 2.1.2. Lokalisation, Wachstum, Grading und Stadieneinteilung .............................. 11 2.1.3. Ätiopathogenese ........................................................................................... 15 2.1.4. Klinik ............................................................................................................. 20 2.1.5. Diagnostik ..................................................................................................... 20 2.1.6. Therapie des Rektumkarzinoms.................................................................... 22 2.1.6.1. Operative Therapie ................................................................................ 22 2.1.6.2. Perioperative Therapie ........................................................................... 24 2.1.6.2.1. Präoperative Therapie ..................................................................... 25 2.1.6.2.2. Postoperative Therapie ................................................................... 28 2.1.7. Nachsorge ..................................................................................................... 33 2.1.8. Prognose ....................................................................................................... 34 2.2. Fragestellung....................................................................................................... 35 3. Krankengut und Methoden ........................................................................................ 35 3.1. Ein- und Ausschlusskriterien ............................................................................... 35 3.2. Erhebung der Patientendaten ............................................................................. 36 3.2.1. Erhebung der Stamm- und perioperativen Daten .......................................... 36 3.2.2. Erhebung der Daten zu Tumornachsorge und Langzeit-OP-Outcome.......... 36 3.2.3. Erhebung der Lebensqualitätsdaten ............................................................. 38 3.2.4. Erhebung der Daten zur Beurteilung der Kontinenzleistung ......................... 40 3.3. Statistische Auswertung ...................................................................................... 41 4. Ergebnisse................................................................................................................. 41 4.1. Auswertung der Patientendaten .......................................................................... 41 4.1.1. Entwicklung des Patientenkollektivs.............................................................. 41 2 4.1.2. Stammdaten .................................................................................................. 43 4.1.3. OP-Methoden und TNM-Klassifikation .......................................................... 44 4.1.4. Daten zu Nachsorge und Langzeit-OP-Verlauf ............................................. 46 4.2. Auswertung des eigenen Fragebogens ............................................................... 47 4.3. Ergebnisse der EORTC-Fragebögen QLQ-C30 und QLQ-CR29 ........................ 48 4.3.1. Die Lebensqualität aller Patienten................................................................. 48 4.3.1.1. Das Geschlecht als Einflussfaktor auf die Lebensqualität ...................... 52 4.3.1.2. Das Alter als Einflussfaktor auf die Lebensqualität ................................ 55 4.3.1.3. Das Stoma als Einflussfaktor auf die Lebensqualität ............................. 59 4.3.2. Die Lebensqualität der Patienten mit unterschiedlicher Therapie ................. 62 4.3.2.1. Der Einfluss der Operationsmethoden auf die Lebensqualität ............... 62 4.3.2.2. Der Einfluss der Radiochemotherapie auf die Lebensqualität ............... 64 4.3.2.2.1.Die Lebensqualität bei unterschiedlicher Therapie, abhängig von Geschlecht, Stoma und Alter ........................................................................... 69 4.3.2.2.2. Der Einfluss der Therapie auf die Lebensqualität bei Männern und Frauen ............................................................................................................. 72 4.3.2.2.3. Der Einfluss der Therapie auf die Lebensqualität bei jüngeren und älteren Patienten ............................................................................................. 73 4.3.2.2.4. Der Einfluss der Therapie auf die Lebensqualität bei Patienten mit und ohne langfristiges Stoma .......................................................................... 74 4.4. Die Kontinenzleistung .......................................................................................... 78 4.4.1. Kontinenzleistung von Patienten mit und ohne vorübergehendes Stoma ..... 79 4.4.2. Kontinenzleistung von Patienten ohne Stoma in Abhängigkeit von Geschlecht, Therapie und Alter ............................................................................... 80 4.5. Zusammenfassung der Ergebnisse ..................................................................... 82 5. Diskussion ................................................................................................................. 88 5.1. Allgemeine und krankheitsspezifische Lebensqualität des Gesamtkollektivs ...... 91 5.2. Allgemeine und krankheitsspezifische Lebensqualität unter Berücksichtigung von Geschlecht, Alter und Vorhandensein eines Stomas ................................................ 97 5.3. Allgemeine und krankheitsspezifische Lebensqualität unter Berücksichtigung der Therapie ................................................................................................................... 100 5.4. Die Kontinenzleistung bei Patienten ohne langfristiges Stoma ......................... 104 3 5.5. Limitationen der vorliegenden Studie ................................................................ 106 5.6. Ausblick ............................................................................................................. 106 6. Literaturverzeichnis ................................................................................................. 108 7. Abkürzungsverzeichnis ............................................................................................ 117 8. Eidesstattliche Versicherung ................................................................................... 118 9. Anhang .................................................................................................................... 119 10. Lebenslauf ............................................................................................................. 132 11. Danksagung .......................................................................................................... 134 4 1. Abstrakt (Deutsch/Englisch) 1.1. Abstrakt Deutsch Einleitung: Das kolorektale Karzinom ist in Deutschland mittlerweile sowohl bei Männern als auch bei Frauen die am zweithäufigsten auftretende Krebsart. Neben dem onkologischen Langzeit-Outcome rückt mehr und mehr die krankheitsbedingte Lebensqualität als langfristiges Therapieziel in den Fokus der Öffentlichkeit. Methodik Von 194 Patienten mit sporadisch aufgetretenem Rektumkarzinom, die im Zeitraum von 2000-2009 am Campus Benjamin Franklin der Charité kurativ intendiert therapiert wurden, erfüllten schließlich 77 Patienten die gewählten Einschlusskriterien und konnten somit in die Studie aufgenommen werden. Die Studienpatienten wurden mithilfe der Fragebögen QLQ-C30 und QLQ-CR29 zu ihrer allgemeinen und krankheitsspezifischen Lebensqualität befragt. Um Faktoren zu eruieren, die neben der Erkrankung potenziell die Lebensqualität beeinträchtigen, wurde ein zusätzlicher, selbstgestalteter Fragebogen mit gesendet. Die statistische Auswertung der Lebensqualität erfolgte in Abhängigkeit von Geschlecht, Alter, Therapie und Vorhandensein eines Stomas. Ergebnisse Insgesamt konnte beobachtet werden, dass die allgemeine Lebensqualität, die mithilfe des QLQ-C30 gemessen wurde, insgesamt besser bewertet wurde als die krankheitsspezifische Lebensqualität, für die der QLQ-CR29 verwendet wurde. Die niedrigste Funktionalität hatten Männer (51 Punkte) und Frauen (26 Punkte) im sexuellen Bereich, während die relevantesten Symptome Impotenz (68 Punkte), Flatulenzen (52 Punkte), Harnfrequenz (43 Punkte) und Stuhlfrequenz (38 Punkte) waren. Männer hatten ein deutlich höheres sexuelles Interesse als Frauen (p=0,007), während Frauen mehr an Blähungen (p=0,012) litten. Jüngere Patienten litten zwar mehr an Symptomen, hatten aber gegenüber älteren Patienten eine bessere körperliche Funktionalität (p=0,038) und ein deutlich höheres sexuelles Interesse (p=0,001). 5 Patienten ohne Stoma haben zwar eine deutlich bessere körperliche Funktionalität als Patienten mit Stoma (p=0,006) jedoch auch signifikant stärkere Symptomatik bei Obstipation (p=0,006), Stuhlinkontinenz (p=0,011), Schmerzen (p=0,012), Flatulenzen (p=0,037) und Blähungen (p=0,05). Teilt man die Patienten nach Therapie ein, fällt auf, dass Patienten mit Rektumresektion im Verlauf mehr an Symptomen leiden, als Patienten mit Rektumexstirpation. Bezüglich weiterer Therapie scheint es so, als hätten Patienten mit adjuvanter Therapie deutlich schlechtere Werte der Lebensqualität als Patienten mit neoadjuvanter Therapie oder Patienten die nur eine Operation hatten. Schlussfolgerung Generell ist die Lebensqualität von Patienten mit therapiertem Rektumkarzinom in der vorliegenden Studie relativ gut, was sich mit den Ergebnissen von vorhergehenden Studien deckt. Beeinträchtigungen sind bei Sexualfunktion und gastroenterologischer Funktion zu erwarten. Abhängig von Alter, Geschlecht, Stoma und Therapie sind unterschiedliche Beeinträchtigungen zu erwarten. Während es scheint als hätten Patienten mit adjuvanter Therapie eine schlechtere Lebensqualität, haben Patienten mit Stoma in vielen Bereichen eine bessere Lebensqualität. 6 1.2. Abstrakt Englisch: Introduction: Colorectal cancer is now the second most common cancer in both men and women in Germany. Apart from the long-term oncological outcome, the disease-specific quality of life is gaining increasing importance as a long-term treatment goal. Methods Of 194 patients treated curatively for sporadic rectal cancer at Charité Campus Benjamin Franklin between 2000 and 2009, the study included 77 who met the defined eligibility criteria. The general and disease-specific quality of life was analyzed using the QLQ-C30 and QLQ-CR29 questionnaires. A self-designed questionnaire was added to determine factors that potentially influence the quality of life beside the disease itself. The quality of life was statistically analyzed in relation to sex, age, therapy and the presence of a stoma. Results Altogether, the general quality of life measured with the QLQ-C30 was better than the disease-specific quality of life measured with the QLQ-CR29. Both male (51 points) and female (21 points) patients had the lowest scores on the sexual function scale, while the most relevant symptoms were impotence (68 points), flatulence (52 points), urinary frequency (43 points) and defecation frequency (38 points). Male patients showed a significantly higher level of sexual interest than female patients (p=0.007), while female patients suffered more from flatulence (p=0.012). Even though younger patients suffered more from the symptoms, they had a significantly higher level of physical functionality (p=0.038) and sexual interest (p=0.001) than elder patients. Nonstoma patients had a significantly higher level of physical functionality (p=0.006) than stoma patients, but they also had significantly more severe symptoms, such as constipation (p=0.006), defecation frequency (p=0,011), pain (p=0,012), flatulence (p=0.037) and abdominal bloating (p=0.05). Anterior resection was associated with a higher rate of postoperative symptoms than abdominoperineal excision. With regard to additional therapy, patients with adjuvant 7 treatment seem to have a markedly lower quality of life than those with neoadjuvant treatment or those who only underwent surgery. Conclusion The relatively high quality of life of patients with surgically treated rectal cancer in this study is in line with the results of previous studies. Impaired sexual and gastrointestinal function is to be expected. Various impairments are related to age, sex, stoma, and therapy. While patients with adjuvant therapy seem to have a lower quality of life, stoma patients have a better quality of life in many ways. 8 2. Einleitung Dieser Arbeit liegt ein Patiententenkollektiv zugrunde, das aus Patienten besteht, die an einem Rektumkarzinom erkrankt sind. Da in der aktuellen Wissenschaft und Forschung diese Krebsart jedoch in den allermeisten Fällen mit dem Kolonkarzinom zum Thema „kolorektales Karzinom“ zusammengefasst wird, betreffen die im Folgenden abgehandelten, allgemeinen Informationen zunächst sowohl Rektum- als auch Kolonkarzinom. 2.1.Das kolorektale Karzinom 2.1.1. Epidemiologie des kolorektalen Karzinoms Darmkrebs-Vorsorgeuntersuchungen für Männer und Frauen ab einem Alter von 50 Jahren sind in Deutschland heutzutage fester Bestandteil des staatlichen Krebsfrüherkennungsprogrammes im Rahmen der gesetzlichen Gesundheitsvorsorge. Diese schließen die Möglichkeit der Testung auf okkultes Blut im Stuhl ab einem Alter von 50 Jahren und ein Koloskopie-Screening ab einem Alter von 55 Jahren ein [1]. Diese Krebsfrüherkennungsmaßnahmen wurden etabliert, da in Deutschland mittlerweile jede 7. Krebserkrankung den Darm betrifft und somit das kolorektale Karzinom die zweithäufigste Krebsart sowohl bei Männern (nach Prostatakarzinom) als auch bei Frauen (nach Mammakarzinom) ist [2]. Zudem ist es, nach Lungenkarzinom bei Männern und Mammakarzinom bei Frauen, auch die zweithäufigste krebsbedingte Todesursache in Deutschland (12-15% der gesamten Krebsmortalitätsrate) [3,4]. Dabei werden nur unter 20% der Fälle frühzeitig entdeckt; bei den anderen führt erst eine Symptomatik zur Diagnose [5]. Die letzten Zahlen des Robert-Koch-Instituts (Stand 25.03.2015) zeigen, dass im Jahre 2011 bei knapp 63.000 Menschen in Deutschland die Diagnose Darmkrebs gestellt wurde, wobei hierbei Karzinomerkrankungen des Kolons, Rektums und Anus zusammengefasst werden [2]. Dabei waren 34.276 neuerkrankte Patienten Männer und 28.695 neuerkrankte Patienten Frauen. Für das Jahr 2014 prognostiziert das RobertKoch-Institut einen leichten Anstieg der Neuerkrankungen bei Männern auf 35.500 und einen leichten Abfall der Neuerkrankungen für Frauen auf 28.400, sodass laut dieser 9 Prognose insgesamt knapp 64.000 Menschen im Jahr 2014 an Darmkrebs erkranken werden. Die rohe Erkrankungsrate pro 100.000 Einwohner würde somit leicht zunehmen, während die altersstandardisierten Erkrankungsraten in den letzten Jahren leicht rückläufig sind. Einen Überblick über die Prognosen des Robert-Koch-Instituts, gibt Tab. 1. Generell ist das Risiko von Männern, an einem kolorektalen Karzinom zu erkranken höher als das von Frauen, wobei die Verteilung beim Rektumkarzinom circa 60:40 beträgt [6]. Das Lebenszeitrisiko für einen Deutschen an kolorektalem Karzinom zu erkranken, liegt bei 6%, das Risiko daran zu versterben bei 2,5-3%, wobei das Erkrankungsrisiko mit zunehmendem Alter steigt. Etwa die Hälfte aller Erkrankten bekommt somit ihre Diagnose nach dem 70. Lebensjahr gestellt, während nur bei 10% die Diagnose vor dem 55. Lebensjahr gestellt wird [2,6]. Die Inzidenz verdoppelt sich bei über 40jährigen alle 10 Jahre [4]. 2009 2010 2011 Prognose für 2014 M F M F M F M F Neuerkrankungen 34.770 29.540 33.800 28.620 34.276 28.695 35.500 28.400 Standardisierte 60,7 38,3 36,8 57,3 36,6 Sterbefälle 13.572 12.504 13.489 12.510 13.863 12.439 Standardisierte 23,2 14,2 13,9 22,1 13,5 Erkrankungsrate 57,8 56,2 34,9 1 22,3 1 Sterberate 5-Jahres- 116.800 99.700 116.200 98.100 117.094 97.105 Prävalenz Relative 5-Jahres-Überlebensrate (2009-2011): Männer: 64%, Frauen: 65% je 100.000 Personen, altersstandardisiert nach Europastandard Tabelle 1: Frei nach Tabelle 3.5.1., Seite 36, Zentrum für Krebsregisterdaten des Robert-KochInstituts, 9. Ausgabe 2013 (M=Männer, F=Frauen) 10 2.1.2. Lokalisation, Wachstum, Grading und Stadieneinteilung Das kolorektale Karzinom ist ein maligner, epithelialer Tumor mit meist glandulärer Differenzierung, der von der kolorektalen Schleimhaut ausgeht und bei dem eine Infiltration der Submukosa oder der tieferen Wandschichten vorliegt. In den überwiegenden Fällen handelt es sich um ein Adenokarzinom. Etwa 40% der kolorektalen Karzinome befinden sich im Rektum, die übrigen 60% sind auf das restliche Kolon verteilt [6,7]. Die genaue prozentuale Verteilung ist in Abb. 1 dargestellt. Will man zwischen Kolon- und Rektumkarzinom unterscheiden, erfolgt dies endoskopisch. Tumore, deren aboraler Rand bis 16 cm von der Anokutanlinie entfernt ist, werden als Rektumkarzinome bezeichnet [5,8]. Alle kolorektalen Karzinome wachsen weniger in die Länge als vielmehr in die Tiefe[9]. Abbildung 1: Verteilung der Lokalisation kolorektaler Karzinome nach H.-J. Schmoll, www.onkodin.de [6] Sowohl makroskopisch als auch mikroskopisch können verschiedene Wachstumsmuster unterschieden werden. Auch ohne Mikroskop kann man somit schon erkennen, ob das kolorektale Karzinom polypös in Richtung Darmlumen (also exophytisch) wächst, sich eher schüsselförmig, ulzerierend in die Darmwand hinein ausbreitet (endophytisch), ein zirkulär stenosierendes Wachstum an den Tag legt, oder ob es sich um einen diffus infiltrierenden, szirrhösen Tumor handelt. Histologisch handelt es sich zuallermeist um Adenokarzinome, die abhängig vom Ausmaß ihrer 11 Drüsenbildung in drei Differenzierungsgraden auftreten können. Dieses „Grading“ erfolgt in hoch (>95%), mäßig (50-95%) und niedrig (5-50%) differenzierte Adenokarzinome, sowie undifferenzierte Karzinome (5%) und wird mit G1 bis G4 bezeichnet [10,11]. Breitet sich ein Tumor weiter aus, kann er, nachdem er die Serosa durchbrochen hat, meist in oraler Richtung, die Nachbarorgane infiltrieren. So infiltriert das Rektumkarzinom beispielsweise die Blase, die Ureteren, die Prostata, den Uterus oder die Ovarien, während ein lokal fortgeschrittenes Kolonkarzinom je nach Lage auch in den Magen oder den Pankreas hineinwachsen kann [10,11,12]. Neben der lokalen Ausbreitung kommt es häufig zur Metastasierung und somit zur Lymphangiosis carcinomatosa (Infiltration der Lymphgefäßbahnen mit Tumorzellen) oder zur Hämangiosis carcinomatosa (tumoröser Befall der Blutgefäße). Ungefähr 35% aller Patienten, die von einem kolorektalen Karzinom betroffen sind, weisen bei Diagnosestellung schon Metastasen auf [13]. Die lymphogene Metastasierung erfolgt beim Rektumkarzinom über 3 Metastasenstraßen, in Abhängigkeit von der Lokalisation des Primärtumors. Während Tumoren im oberen Rektumdrittel (12-16cm von der Anokutanlinie) in die paraaortalen Lymphknoten metastasieren, besteht im mittleren Drittel (6-12cm) zusätzlich die Möglichkeit einer Metastasierung nach lateral in die Beckenlymphknoten [4]. Bei Tumoren im unteren Drittel (0-6 cm) kann es außerdem noch zu einer Metastasierung in die inguinalen Lymphknoten kommen, wobei diese Tumoren die schlechteste Prognose haben [12]. Hämatogen erfolgt die Metastasierung nach der Kaskadentheorie, was bedeutet, dass Tumorzellen zunächst über die Vena portae in die Leber gelangen (ca. 75%) und von dort sekundär weiter in die Lunge (15%) und in die Knochen 5%) metastasieren können. Nur distal liegende Rektumkarzinome können über die Vena Cava inferior direkt Metastasen in die Lunge streuen [4, 10, 12]. Abhängig von der lokalen Ausdehnung und der Metastasierung erfolgt die Stadieneinteilung der kolorektalen Karzinome, von der dann die Prognose abhängt. Bei dieser Stadieneinteilung sind vor allem zwei Systeme relevant. Diese sind zum einen die in Europa mittlerweile gängigste Einteilung in UICC-Stadien (Union internationale contre le cancer), die anhand der TNM-Unterkategorien bestimmt wird, und zum anderen die ältere Einteilung nach Dukes und Turnbull. Die UICCStadien I bis IV entsprechen dabei den Dukes-Stadien A bis D (siehe Tab. 5) [14]. Das 12 TNM-System setzt sich aus den drei Kriterien Tumorinfiltration (T), Lymphknotenmetastasierung (N) und Fernmetastasierung (M) zusammen und kann als die klinisch verwendete Einteilung verstanden werden [4]. Die Tumorinfiltration reicht vom Carcinoma in situ (TIS) über die Infiltration der Submukosa (T1) bis hin zur Infiltration von umgebenden Strukturen (T4). T0 bedeutet, dass kein Anhalt für einen Primärtumor vorliegt, während TX besagt, dass der Primärtumor nicht beurteilt werden kann (siehe Tab. 2). TIS T1 T2 T3 T4 Intraepithelial Infiltration Infiltration Infiltration in T4a T4b oder der der Subserosa oder Tumor Tumor infiltriert Infiltration der Submukosa muscularis in nicht perforiert direkt in andere Lamina propria peritonealisiertes viszerales Organe/Strukturen perikolisches/ - Peritoneum propria rektales Gewebe Tabelle 2: T-Kategorie des TNM-Systems (UICC,2010) [4] Das Ausmaß der Lymphknotenmetastasierung wird nach Untersuchung von mindestens 12 regionären Lymphknoten bestimmt. Auch hier bedeutet NX, dass keine Beurteilung der Lymphknoten möglich ist und N0 bezeichnet eine fehlende Lymphknotenmetastasierung. Liegt eine Lymphknotenmetastasierung vor, wird dies, abhängig vom Metastasierungsgrad, mit N1 bis N2b bezeichnet (siehe Tab. 3). N1 N2 (Metastasen in 1-3 regionären Lymphknoten(LK)) (Metastase in 4 und mehr regionären Lymphknoten(LK)) N1a N1b N1c N2a N2b Metastase in Metastasen in Tumorknötchen bzw. Metastasen in Metastasen in 1 regionären 2-3 Satellit(en) im 4-6 regionären 7 oder mehr LK regionären LK Fettgewebe(Subserosa oder LK regionären LK nicht-peritonealisiertes perikolisches/-rektales) Tabelle 3: N-Kategorie des TNM-Systems (UICC,2010) [4] 13 Die Fernmetastasierung wird mit M0 bei fehlenden Fernmetastasen und mit M1 bei vorhandenen Fernmetastasen angegeben (siehe Tab. 4). M0 M1 Keine M1a M1b Fernmetastasen Metastase(n) auf ein Organ Metastasen in mehr als einem beschränkt Organ oder im Peritoneum Tabelle 4: M-Klassifikation des TNM-Systems (UICC,2010) [4] Ist die Bewertung klinisch erfolgt, kennzeichnet man das mit dem vorangestellten Kleinbuchstaben „c“, erfolgte die Einteilung pathologisch, also meist postoperativ, wird dies mit einem vorangestellten Buchstaben „p“ bezeichnet [4]. Handelt es sich um ein Tumorrezidiv, wird dies mit dem Buchstaben „r“ kenntlich gemacht und ist einer der Faktoren nicht zu beurteilen, erkennt man das an dem kleinen Buchstaben x. Das Präfix „y“ macht erkenntlich, dass die histopathologische Beurteilung vor oder nach initialer multimodaler Therapie erfolgt ist. Nachgestellte Großbuchstaben erlauben eine weitere Klassifikation. So kann man den Differenzierungsgrad mit „G“, den Residualstatus mit „R“ und den Einbruch ins Lymph- und/oder venöse System mit „LVI“ spezifizieren. Weitere Kürzel geben Hinweise auf molekulare Methoden (mol), Mikrometastasen (mi) oder isolierte Tumorzellen (i). Die entsprechenden Bezeichnungen im Dukes-System finden sich in Tab. 5. 14 UICC-Stadium 0 TNM-System Carcinoma in Dukes-Einteilung TIS N0 M0 T1-2 N0 M0 situ I A II IIA T3 N0 M0 B III IIB T4a N0 M0 IIC T4b N0 M0 IIIA T1-2 N1a M0 T1 N2a M0 T3- N1 M0 T4a N2a M0 T2-3 N2b M0 T4a N2a M0 T3-4b N2b M0 T4b N1-2 M0 IVA Tx Nx M1a IVB Tx Nx M1b IIIB C T1-2 IIIC IV D Tabelle 5 Stadieneinteilung des kolorektalen Karzinoms nach UICC (7.Auflage 2010) und Dukes [4, 9, 15] 2.1.3. Ätiopathogenese Die steigende Inzidenz lässt sich einerseits mit der durchschnittlich höheren Lebenserwartung erklären, andererseits ist sie jedoch auch Folge der modernen Lebensführung und Ernährung. Neben genetischer Prädisposition (etwa 10% der Kolonkarzinome [8]), höherem Lebensalter (>45Jahre), kolorektalen Adenomen und chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen stellen nämlich auch beeinflussbare Gewohnheiten mitunter Risikofaktoren zur Entstehung des kolorektalen Karzinoms dar. So kommt es bei hohem Fleisch-, Fett- und Eiweißkonsum zu einer erhöhten Produktion von Cholesterin und Gallensäuren und anschließend durch den Abbau von 15 Darmbakterien zu einer starken Konzentrationserhöhung der toxischen Gallensäuren, die zusammen mit den verstärkt synthetisierten Triacylglyceriden und den fäkalen Pentanen als Kanzerogene wirken können [6]. Auch ein geringer Ballaststoffgehalt der Nahrung kann zur Entstehung eines kolorektalen Karzinoms beitragen, da zum einen lösliche Ballaststoffe unter anderem die Synthese von protektiv wirkenden kurzkettigen Fettsäuren fördern und die Fermentation von eventuell kanzerogenen Gallensäuren vermindern, und zum anderen unlösliche Ballaststoffe die Stuhlpassage beschleunigen und toxische Stuhlbestandteile binden [6]. Übergewicht und langjähriger Nikotin- und Alkoholabusus tragen ebenfalls zur Erhöhung des Karzinomrisikos bei [16]. Die genannten Faktoren erklären auch, warum diese Tumorart vornehmlich ein Problem der westlichen Welt ist und in weniger weit entwickelten Ländern wie Indien oder Gebieten in Afrika und Südamerika eine sehr viel niedrigere Inzidenz hat [7]. Das Karzinomrisiko erhöht sich um den Faktor 2-3, wenn eine positive Familienanamnese vorliegt, welche letztendlich bei 25% der Patienten nachzuweisen ist [12]. Bei sporadisch auftretenden Karzinomen bleibt es jedoch zumindest zweifelhaft, ob nicht auch, statt genetischer Faktoren, ähnliche Lebensumstände innerhalb der Familie der Grund dafür sein könnten. Etwa 10% der kolorektalen Karzinome entstehen durch eine genetische Prädisposition [4]. Dazu zählen zum einen die Polyposis-Syndrome wie die Familiäre Juvenile Polyposis, mit einem Entartungsrisiko von 10%, das Peutz-Jeghers-Syndrom mit einer Entartungswahrscheinlichkeit von 2-3% und die Familiäre Polyposis coli, die in 100% der Fällen zu Entartungen führt und 1% aller kolorektalen Karzinome bedingt. Zum anderen fällt auch eine sehr seltene, autosomal-dominant vererbte Form des Kolonkarzinoms in die Sparte der durch genetische Faktoren verursachten Tumoren, nämlich das Lynch-Syndrom, auch hereditäres, nichtpolypöses KolonkarzinomSyndrom (HNPCC) genannt, das 4-6% der kolorektalen Karzinome hervorruft [4, 12]. Insgesamt existieren momentan auf Basis von molekularbiologischen Daten fünf Subtypen des kolorektalen Karzinoms, wobei für die Einteilung die chromosomale Instabilität (CIN), die Mikrosateliteninstabilität (MSI) und der CpG-IslandMethylierungsstatus (CIMP) eine Rolle spielen. Zusätzlich werden Veränderungen in den Schlüsselgenen erfasst. Diese Einteilung ist in Tab. 6 zusammengefasst. 16 Gruppe Gruppe 1 Gruppe 2 Gruppe 3 Gruppe 4 Gruppe 5 Beschreibung Klassische Im Zuge Aus serratierten Chromosomale Adenom- eines Vorläuferläsionen Instabilität Karzinom- HNPCC- Sequenz Syndroms CIN + - - - + CIMP - - + + + MSI - + + - - Wichtige Gene APC, K- APC,K- B-RAF B-RAF K-RAS, p53 RAS, p53 RAS, p53 (APC) (APC, p53, (APC) K-RAS) Tabelle 6: Einteilung der kolorektalen Karzinome anhand von molekularbiologischen Daten [6, 17] 95% aller kolorektalen Karzinome entwickeln sich auf dem Boden eines dysplastischen Adenoms, was als Adenom-Karzinom-Sequenz bezeichnet wird, wobei die Dauer der Entartung, je nach Quelle, bis zu 15-20 Jahren betragen kann (Gruppe 1) [4, 6]. Durch eine Kombination genetischer Veränderungen wandeln sich hierbei kontrollierte Wachstumsvorgänge in unkontrolliertes Wachstum um. Diese maligne Transformation geschieht durch eine Aktivierung von Onkogenen (zum Beispiel dem K-RAS-Onkogen) und/oder eine Inaktivierung von Tumorsuppressorgenen (zum Beispiel dem APC-Gen) [18]. Die dazu führenden Mechanismen sind bei mehr als 95% entweder eine chromosomale Instabilität oder eine Mikrosatelliteninstabilität. Bei chromosomaler Instabilität (80-85%) liegen genetische Aberrationen wie allelische Verluste, Amplifikationen (gezielte Vermehrung von DNA), Translokationen oder DNAAneuploidie (numerische Chromosomenaberrationen) vor. Dabei sind häufig Mutationen in den Genen APC, KRAS, DCC/SMAD4 und TP53 zu finden, die sicher Folge aber möglicherweise auch Ursache dieser Instabilität sind. Die vermutlich relevantesten genetischen Veränderungen, die zu chromosomaler Instabilität und damit zur Entwicklung vom Adenom zum Karzinom führen, ist eine Reihe von LOH-Mutationen (Loss of heterozygosity, Verlust der Heterozygotie) auf verschiedenen Chromosomen [6]. Zunächst kommt es zu einer somatischen Mutation und/oder einem LOH auf Chromosom 5 im Bereich des APC-Gens, wodurch dieses durch Non-sense-Mutation oder kleine Deletionen inaktiviert wird. Die Mutationen 17 können epigenetisch durch Kanzerogene wie beim Rauchen, durch heterozyklische Amine, Folsäuremangel, verminderte Methioninzufuhr oder auch durch veränderte DNA-Methylierung, zum Beispiel bei hohem Alkoholkonsum, bedingt sein [6]. Anschließend kommt es zu einer Mutation von K-RAS auf Chromosom 12q, gefolgt von weiteren Veränderungen wie einem LOH von Chromosom 18q, wobei die Tumorsuppressorgene DCC, DPC4, SMAD2 inaktiviert werden, und einer Mutation im TGF-β-II-Rezeptor. Ausschlaggebend für den Übergang zum Karzinom ist dann wahrscheinlich letztendlich der LOH von Chromosom 17q und eine Mutation von p53. Eine schematische Darstellung dieser Vorgänge siehe Abb. 2: Schema: 5q Chromosom Veränderung 12q Mutation & Mutation Verlust K-RAS Gen 18q 17p Verlust Mutation und Verlust DCC/DPC4/SMAD2 p53 APC Adenom 1 Adenom 2 Adenom 3 Normal- Dysplast- (<1cm, (1-2cm, (>2cm, villös, epithel ische tubulär,gerin tubulovillös, hochgradige Krypte ggradige Mittelgradige Dysplasie ) Dysplasie) Dysplasie) Karzinom Alterierte DNA Andere genetische Veränderungen Methylierung (z.B. TGF-β-Typ-II-Rezeptor) Metastasen Abbildung 2: Molekulare Pathogenese der Adenom-Karzinom-Sequenz (nach Vogelstein und Fearon) [4, 6, 17] Im Gegensatz dazu führt eine Mikrosatelliteninstabilität (MIN, 10-15%) durch Defekte der zellulären DNA-Missmatch-Reparatur zu Replikationsfehlern in den für die Tumorgenese entscheidenden Genen und trägt so vermutlich sowohl zur sporadischen als auch zur HNPCC-assoziierten Karzinomentstehung bei (Gruppe 2 und 3, siehe Tab. 6). Beim sporadisch entstehenden KRK führt meist ein epigenetisch bedingter Expressionsverlust des DNA-Missmatch-Reparatur-Protein MLH1 zu dem Defekt, während beim im Rahmen eines HNPCC aufgetretenen malignen Tumors, die MIN in einem der fünf bekannten DNA-Missmatch-Reparatur-Gene MSH2, MSH6, MLH1, PMS1 oder PMS2 verursacht wird [4, 10]. 18 Während die Karzinomentstehung durch die klassische Adenom-Karzinom-Sequenz nach Vogelstein und Fearon (siehe Abb. 2) eine schon lange bestehende und wissenschaftlich anerkannte These ist, hat sich die Theorie einer Karzinogenese über multiple Signalwege erst in den letzten Jahren durchgesetzt. Demnach kann ein kolorektales Karzinom auch über den sogenannten „serratierten Signalweg“ entstehen [19]. Dabei ist nicht wie bei der klassischen Adenom-Karzinom-Sequenz ein sukzessiver Verlust von Tumorsuppressorgenen ursächlich, sondern eine Störung der physiologischen Apoptose in den Krypten des Darms, wodurch es zu einem Aufstau der zurückgehaltenen Zellen kommt, die die serratierte Krypenmorphologie bedingen. Diese Prozesse werden durch aktivierende BRAF- oder KRAS-Mutationen initiiert (siehe Tab. 6) [19]. Bedeutsam ist dieser alternative Karzinogenese-Weg, da es Hinweise dafür gibt, dass die Progression dieser Läsionen zum Karzinom sehr viel schneller ablaufen könnte als es bei der Adenom-Karzinom-Sequenz der Fall ist. In einer Einzelfallstudie von Oono et al. konnte die Entstehung eines Karzinoms aus einem serratierten Adenom bei einem 65-jährigen Mann innerhalb von 8 Monaten gezeigt werden [20]. Neben allen genannten Risikofaktoren zur Entstehung des KRK ist man mittlerweile der Meinung, dass das allgemeine Risiko zur Entwicklung eines sporadischen malignen Tumors im Kolorektalbereich durch bestimmte Lebensweisen auch gesenkt werden kann. Zu diesen protektiven Faktoren zählen entsprechend fett- und fleischarme, gemüse- und salatreiche Kost und Getreideballaststoffe, aber auch eine schnelle Stuhlpassage, eine kalziumreiche Ernährung, Vitamin C und Folsäure [4]. Den Medikamenten ASS und NSAR wird ein eindeutig protektiver Effekt zugeschrieben [21], ebenso wie 5-ASA bei Colitis ulcerosa. Von den genannten Faktoren scheinen die Antioxidantien den größten positiven Einfluss zu haben, wenn man von regelmäßiger körperlicher Aktivität absieht, der bereits in einigen Studien und für mehrere Krebsarten ein entscheidend protektiver Einfluss bestätigt wurde, während eine bewegungsarme Lebensweise eher mit einem erhöhten Risiko für ein kolorektales Karzinom korreliert [22, 23, 24]. Neuere Ergebnisse besagen jedoch, dass eine relative Risikoreduktion bei hoher körperlicher Aktivität nur für das Kolonkarzinom zutrifft (wobei hier von allen Tumorarten der eindrücklichste Zusammenhang zwischen körperlicher Aktivität und 19 Karzinogenese besteht [25]), während für das Rektumkarzinom auch in Metaanalysen keine Assoziation von körperlicher Bewegung und Krebsentstehung gezeigt werden konnte [26, 27]. 2.1.4. Klinik Da, wie gerade gezeigt wurde, die Tumorprogression ein über Jahre andauernder Prozess ist, existieren keine zuverlässigen Frühsymptome [4, 6]. Die später auftretenden Symptome sind meist uncharakteristisch und somit ist jede Änderung der Stuhlgewohnheiten mit einer Dauer über drei Wochen und jede perianale Blutbeimengung (okkult oder sichtbar), besonders bei älteren Menschen, als karzinomverdächtig einzustufen und sollte eine Koloskopie nach sich ziehen. Auch wenn die Diagnose Hämorrhoiden bereits gestellt ist, muss ein kolorektales Karzinom ausgeschlossen werden, da etwa die Hälfte aller Karzinompatienten gleichzeitig Hämorrhoiden hat und bei 75% der Karzinompatienten makro- oder mikroskopische Blutbeimengungen im Stuhl zu finden sind [4, 8]. Weitere Symptome können Leistungsschwäche, Gewichtsverlust, Anämie, Meteorismus, abdominale Schmerzen, ein eventuell tastbarer Tumor oder Stenosebeschwerden mit „Bleistiftstuhl“ sein. Stenosen können zusätzlich eine „paradoxe Diarrhoe“ bedingen, da es durch Zersetzung und Gärungsprozesse zur Verflüssigung des stehenden Stuhls kommt [4]. In ca. 15% der Fälle führt eine Obstruktion zur Diagnose, was meist zur NotfallOperation bei Ileus führt [7]. Während das Leitsymptom des rechtsseitigen Kolonkarzinoms die Blutungsanämie ist, ist die des linksseitigen Kolonkarzinoms die Stenose [28]. Tumoren im Zökum verursachen häufig Schmerzen im rechten Unterbauch [4, 8, 11, 17]. 2.1.5. Diagnostik Wie bereits erwähnt, wird mittlerweile versucht, die Diagnose im Rahmen einer Sekundärprävention zu einem möglichst frühen Zeitpunkt zu stellen. Wichtig sind dafür die digital-rektale Austastung, mit der 10% aller kolorektalen und 25% der Rektumkarzinome entdeckt werden und die Suche nach okkultem Blut im Stuhl, welche bei positivem Ergebnis weitergehende Diagnostik nach sich zieht [6, 8]. 20 Beides wird ab dem 50. Lebensjahr im jährlichen Abstand im Rahmen der Darmkrebsvorsorge von den Kostenträgern übernommen. Dazu kommt ab dem 55. Lebensjahr die Möglichkeit, zwei Koloskopien im Abstand von 10 Jahren in Anspruch zu nehmen [1]. Die komplette Koloskopie mit Biopsie bei pathologischem Gewebe, ist hierbei der Goldstandard, da auch mit der Rektosigmoidoskopie nur 60% der kolorektalen Karzinome diagnostiziert werden können und auch synchrone Tumoren dabei entdeckt werden. Sollte diese nicht möglich sein, zum Beispiel bei Stenosen im Darm, ist die virtuelle Endoskopie (CT- oder MR-Kolonographie) die Alternative der Wahl [4, 8, 11]. Zudem sollte bei einer nicht passierbaren Stenose drei bis sechs Monate nach der Operation eine Koloskopie erfolgen [13]. Ist die Diagnose gestellt, muss zum Tumorstaging weitergehende Diagnostik erfolgen, welche in der aktuellen S3-Leitlinie aus dem Jahr 2013 festgelegt wurde [13]: So kann die lokale Ausdehnung und Operabilität bei Kolonkarzinomen am besten mit Hilfe eines Mehrschicht-CTs beurteilt werden, wohingegen bei fortgeschrittenen Rektumkarzinomen am ehesten ein MRT Hinweise auf ein, die Hüllfaszie tangierendes oder durchbrechendes, Tumorwachstum geben kann, was die Indikation zur neoadjuvanten Radiochemotherapie (s.u.) bedeuten würde [11]. Bei Rektumkarzinomen wird zusätzlich eine starre Rektoskopie empfohlen. Um präoperativ Lebermetastasen zu detektieren, sollte zunächst eine AbdomenSonografie und dann gegebenenfalls eine Bildgebung mittels Mehrzeilen-CT oder auch MRT durchgeführt werden. Bei Verdacht auf Lungenmetastasen ist primär eine Röntgenaufnahme des Thorax in zwei Ebenen und anschließend gegebenenfalls ein CT-Thorax indiziert. Bei 15-20% der Patienten finden sich zum Zeitpunkt der Diagnose schon Lebermetastasen [8]. Lungenmetastasen können in 3% der Fälle detektiert werden. Infiltrationen in umgebende Organe können durch Zystoskopie oder gynäkologische Untersuchung beurteilt werden. Der Tumormarker CEA (Carcino-Embryonales Antigen) ist nicht tumorspezifisch, sollte aber vor der Operation bestimmt werden, da er, wenn exprimiert, mit der Tumormasse korreliert und sich somit zur postoperativen Verlaufskontrolle eignet [4]. Zur präoperativen Bestimmung von CA19-9 gibt es keine Empfehlung; der Wert des präoperativ bestimmten CA125 ist noch unklar. 21 Differentialdiagnostisch ist je nach Symptomatik an gutartige Polypen, chronisch entzündliche Darmerkrankungen, Ileozäkaltuberkulose oder proktologische Erkrankungen wie Hämorrhoiden, Analfissur, Proktitis und Kryptitis zu denken [4]. 2.1.6. Therapie des Rektumkarzinoms Je nach Stadium des Tumors bei Diagnosestellung kommen kurative oder palliative Therapieoptionen in Betracht, welche operative Therapiemethoden, Radiotherapie, Chemotherapie oder Kombinationen dieser drei Möglichkeiten einschließen. Seit 1999 existiert in Deutschland eine S3-Leitlinie für das kolorektale Karzinom, die flächendeckend eine evidenzbasierte, standartisiert hochwertige medizinische Versorgung der Patienten gewährleisten soll. Diese Leitlinie wurde 2004 als vollständige Version dem aktuellen Stand der Wissenschaft angepasst und 2008, 2009 und 2013 nochmals teilweise aktualisiert [13]. Da das zugrunde liegende Patientenkollektiv nur aus Patienten mit Rektumkarzinom besteht, wird im Folgenden ausschließlich auf die Therapie des Rektumkarzinoms eingegangen. 2.1.6.1. Operative Therapie Die primär zu wählende Therapie des Rektumkarzinoms ist die kurativ intendierte operative Entfernung des tumortragenden Rektums sowie der umgebenden Lymphabflussstrukturen. Als Operationsmethoden stehen die anteriore Rektumresektion mit partieller mesorektaler Exzision (PME) oder totaler mesorektaler Rektumresektion (TME), die abdominoperineale Rektumexzision, die Diskontinuitätsresektion nach Hartmann und eingeschränkt radikale Verfahren wie die posteriore Resektion und die transanale Karzinomexstirpation zur Verfügung [13]. Bei Tumoren im oberen Rektumdrittel wird eine anteriore Rektumresektion mit PME und Wiederherstellung der Darmkontinuität empfohlen (vgl. Abb. 3), wobei die Durchtrennung des Rektums 5 cm distal des makroskopischen Tumorrandes erfolgen sollte [13]. 22 Tumoren im mittleren und unteren Drittel sollten mit einer anterioren Rektumresektion mit TME, also der Entfernung des kompletten Mesorektums mit Schonung der autonomen Nervenstränge (Plexus hypogastricus superior, Nn. hypogastrici und Plexus hypogastrici inferiores) für eine ungestörte postoperative Blasen- und Sexualfunktion therapiert werden [13]. Wird ein Rektumkarzinom radikal mit TME operiert und eine tiefe Anastomose angelegt, sollte leitliniengerecht ein temporäres Deviationsstoma angelegt werden, wobei Kolostoma und Ileostoma als gleichwertig zu betrachten sind [13]. Liegt der Rektumtumor näher als 2 cm am Schließmuskel oder ist gar darin eingewachsen, kommt als Operationsmethode nur noch die abdominoperineale Rektumexstirpation (Operation nach Miles) in Betracht, welche die komplette Entfernung des Sigmas, Rektums und Anus inklusive Sphinkterapparat und eine stammnahe Ligatur der Arteria mesenterica inferior beinhalten (vgl. Abb. 4). Dabei wird obligat ein endständiges Deszendostoma (Anus praeter) angelegt [13]. Circa 80% der operablen Rektumtumoren können jedoch sphinctererhaltend operiert werden [11]. Abbildung 4: Schematische Abbildung 3: Schematische Darstellung einer anterioren Rektumresektion, Darmzentrum Darstellung einer abdominoperinealen Rektum-exstirpation, Darmzentrum München [29] München [29] 23 Die Hartmann-Operation, die eine Resektion des Sigmas und unteren Rektums mit Blindverschluss des Rektumstumpfes und Anlage eines Dezendostomas beinhaltet, wird heute für das Rektumkarzinom nicht mehr empfohlen und nur in Ausnahmefällen bei Notfalloperationen oder Patienten mit sehr hohem Operationsrisiko angewandt [30]. Sekundär kann dann die Kontinuität wiederhergestellt werden. Ist der diagnostizierte Tumor jedoch noch in einem Frühstadium und einer Low-riskSituation (G1-2, T1, N0, M0), besteht die Möglichkeit einer lokalen Tumorexzision (Vollwandexzision), die mit transanaler chirurgischer Exzision oder endoskopischer mikrochirurgischer Tumorabtragung durchgeführt werden kann, wobei das Lymphgewebe im Körper verbleibt [30, 31]. Eine radikale Operation ist hierbei wegen der geringen Metastasierungswahrscheinlichkeit nicht nötig. Seit 2013 wird in der S3-Leitlinie auch die laparoskopische Resektion des Tumors, bei entsprechender Expertise des Operateurs und geeigneter Selektion der Patienten, empfohlen [13]. Das onkologische Langzeit-Outcome wird demnach als gleichwertig zu demjenigen nach offener Resektion betrachtet, wobei die perioperative chirurgische Morbidität geringer ist. Dafür müssen im Durchschnitt längere Operationszeiten in Kauf genommen werden. Für die geforderte laparoskopische Expertise sind bislang jedoch noch keine spezifischen Kriterien validiert worden [13]. 2.1.6.2. Perioperative Therapie Grundlage für die Leitlinien-Empfehlungen der perioperativen Therapie beim Rektumkarzinom sind große klinische Studien aus verschiedenen Ländern [13]. Einen Überblick über diese Studien bietet Tab. 7. Beim Rektumkarzinom im Stadium UICC I ist eine perioperative Therapie nicht indiziert. Hier genügt die alleinige radikale operative En-bloc-Lymphknotendissektion und TME für Tumoren im unteren und mittleren Rektumdrittel und eine PME für Tumoren im oberen Rektumdrittel, um niedrige Lokalrezidiv- und/oder Fernmetastasenraten zu erreichen [13]. Für die Tumoren im fortgeschrittenen Stadium existieren unterschiedliche Therapieempfehlungen: 24 2.1.6.2.1. Präoperative Therapie Eine präoperative Radiotherapie ist in Europa heutzutage Standard bei der Behandlung des lokal fortgeschrittenen Rektumkarzinoms im unteren und mittleren Rektumdrittel [32]. Hierbei besteht die Möglichkeit einer alleinigen Bestrahlung oder aber einer Radiochemotherapie, wobei die Chemotherapeutika die Strahlensensibilität des Gewebes erhöhen sollen. Während bei einer Kurzzeitradiotherapie 5 mal 5 Gy an 5 aufeinanderfolgenden Tagen appliziert werden und die Operation unmittelbar nach Beendigung der Radiotherapie stattfindet, werden bei der Radiochemotherapie, fraktioniert in 25 bis 28 Einzeleinheiten mit je 1,8 Gy, insgesamt 45 bis 50,4 Gy Gesamtdosis verabreicht, begleitet von einer 5-Fluorouracil-monochemotherapie mit oder ohne Folinsäure [13]. Zwischen dieser Kombinationstherapie und der Operation sollten 4 bis 6 Wochen vergehen. Standardmäßig werden 1000 Milligramm 5-FU pro Quadratmeter Körperoberfläche pro Tag als Dauerinfusion in der ersten und sechsten Bestrahlungswoche gegeben [7, 13, 33]. Neue Substanzen und Kombinationen mit Medikamenten wie Capecitabin, Oxaliplatin oder Irinotecan zeigen bisher gute Ergebnisse bei den Remissionsraten und befinden sich derzeit in Phase-III-Studien [13]. Bei einer Langzeitbestrahlung ohne begleitende Chemotherapie ist die Rate an Lokalrezidiven deutlich höher [32, 34]. In Ausnahmefällen, bei cT1 / 2-Karzinomen mit fraglichem Lymphknotenbefall, ist auch die primäre Operation (mit ggf. adjuvanter Radiochemotherapie bei pN+) eine Alternative [13]. In welchen Situationen eine Kurzzeit-Radio- oder eine Langzeit-Radiochemotherapie Anwendung finden, wird kontrovers diskutiert. Nach den aktuellen Leitlinien (Stand August 2014) ist eine Kurzzeitbestrahlung oder eine Radiochemotherapie möglich, wenn es sich um einen potenziell R0- und kontinenzerhaltend resezierbaren Tumor handelt, während bei einem Tumor, der nicht potentiell R0-resektabel und kontinenzerhaltend operiert werden kann und bei dem somit zunächst ein Downstaging erfolgen muss, eindeutig eine Radiochemotherapie indiziert ist [7, 13]. Dies ist dadurch zu erklären, dass die Radiochemotherapie einen eindeutigen Vorteil gegenüber der alleinigen Radiotherapie im Bezug auf Downsizing, Downstaging und Rate der R1Resektionen gezeigt hat, wobei erwähnt werden muss, dass die Rate an sphinktererhaltenden Operationen nicht signifikant höher war als bei der 25 Kurzzeitbestrahlung [13, 35]. Auch eine Studie aus dem Jahr 2012 bestätigte diese Ergebnisse und ermittelte zudem einen Vorteil in der Gesamtüberlebensrate und eine niedrigere Anzahl der Lokalrezidive [34]. 2011 wurde in einer Studie des Leiden University Medical Centre bei den 10-JahresErgebnissen gezeigt, dass die neoadjuvant vorbehandelten Patienten (Kurzzeitbestrahlung, 5 mal 5 Gy) ein mehr als 50% geringeres Risiko eines Lokalrezidivs, im Gegensatz zur alleinigen TME, haben [36, 37]. 26 Übersicht der wichtigsten randomisierten Studien zur Therapie des Rektumkarzinoms Therapie Studienarme Autoren Land Patientenzahl Ergebnisse OP ± Neoadj. KZRT vs. alleinige OP Folkesson et al. (2005) [38] Schweden (Swedish rectal cancer trial) 1168 Peeters et al. ( 2007) [39], van Gijn et al. (2011) [37] SebagMontefiore et al. (2009) [40] Gerard et al. ( 2006) [41] Bosset et al. (2006) [42] Holland (Dutch Colorectal Cancer Group) 1861 England (MRC CR07/NCIC-CTG C016) Frankreich (FFCD 9203) 1350 LR: 4,4% vs. 10,6% 733 EORTC 22921 1011 pCR: 11,4% vs. 3,6% LC 92% vs. 83% LR: deutlich niedriger bei Chx (17.1% vs. 8.7%, 9.6%, 7.6%) pCR: 5% vs. 14% durch Chx Sauer et al. (2004) [43] Deutschland (CAO/ARO/AIO) 823 Roh et al. (2009) [44] USA (NSABP R-03) 267 Park et al. (2011) [45] Korea 240 R(C)T Neoadj. RT ± Chx RCT vor/nach Neoadj: KZRT vs. selektive adj. RCT Neoadj. RCT vs. Neoadj. RT Neoadj. RT vs. Neoadj. RCT vs. Neoadj. RT +postop.Chx vs. Neoadj. RCT +postop. CHx Neoadj. vs. adj. RCT OP LR: 11% vs. 27% OS: 5 Jahre : 58% vs. 48% 13 Jahre: 38% vs. 30% LR: 5,6% vs. 10,9% (5 Jahre) Höhere ROResektionsrate LR: 6% vs. 13% Sphinctererhalt: 39% vs 19% Geringere Toxizität nach neoadj. Therapie DFS: 64,7% vs. 53,4% OS: tendenziell besser Sphinctererhalt bei tiefen Rektumkarzinomen 68% vs. 42% Tabelle 7: Die wichtigsten Studien zur Therapie des Rektumkarzinoms frei nach M. Wolf, F. Zehentmayr, C. Belka: Strahlentherapie des Rektumkarzinoms, 2012 [32], (RCT= Radiochemotherapie, RT= Radiotherapie, KZRT= Kurzzeitradiotherapie, OP= Operation, Chx= Chemotherapie, vs.= versus, LR=Lokalrezidirate, OS=Gesamtüberleben, pCR=pathologische Vollremission, LC=Lokale Kontrolle, DFS=krankheitsfreies Überleben) 27 Für Tumoren im oberen Rektumdrittel wird die Strahlentherapie noch kontrovers diskutiert, sodass für diese keine eindeutige Therapieempfehlung existiert. Möglich ist die Behandlung wie bei einem Kolonkarzinom mit adjuvanter Therapie oder wie bei einem Rektumkarzinom mit perioperativer Radio(chemo-)therapie [13]. Führt die neoadjuvante Therapie zu einer totalen Remission (was vor allem durch Chemotherapie begünstigt wird [41, 42]), kommt die Frage auf, ob eine Operation bei einem immer älter werdenden Patientenkollektiv noch unbedingt notwendig ist. Momentan geben Studien Grund zur Annahme, dass bei engmaschigen Verlaufskontrollen und bei speziellen Auswahlkriterien, eine alleinige Beobachtung möglich sein könnte [46]. Generell besteht bei neoadjuvanter Therapie immer die Gefahr des „overtreatments“ [32]. Dies kann durch ein sogenanntes „Overstaging“ passieren, also der Möglichkeit, dass ein Tumor präoperativ als weiter fortgeschritten (T3- oder N+-Situation) eingeschätzt wird als er eigentlich ist. Hervorgerufene Nebenwirkungen wären damit eventuell vermeidbar gewesen. Da jedoch ein Patient, der fälschlicherweise keine neoadjuvante Therapie erhält, dann mit einer adjuvanten Radiochemotherapie vorlieb nehmen muss, die in Studien höhere Lokalrezidivraten und Toxizität zeigte, muss abgewogen werden, inwiefern ein „overtreatment“ nicht besser zu vertreten ist, als ein „undertreatment“ [47]. 2.1.6.2.2. Postoperative Therapie Ziel der adjuvanten Therapie ist eine Senkung der Lokalrezidiv- und Fernmetastasenrate sowie eine Verbesserung der Gesamtüberlebensrate [32]. Bei Patienten, die keine neoadjuvante Therapie erhalten haben und bei einem Rektumkarzinom im UICC-Stadium I R0-reseziert wurden, besteht keine Indikation für eine adjuvante Therapie. Patienten ohne präoperative Therapie in den UICC-Stadien II und III sollten eine adjuvante Radiochemotherapie erhalten. Auch Patienten mit einer R1-Resektion oder intraoperativem Tumoreinriss sollte eine postoperative Radiochemotherapie angeraten werden, falls sie keine neoadjuvante Behandlung erhalten haben [13]. 28 Ist die präoperative Radiochemotherapie erfolgt, wird in der Leitlinie empfohlen, unabhängig vom postoperativen Tumorstadium (also auch bei einer kompletten Remission), eine adjuvante Chemotherapie, entweder als 5-FU-Monotherapie oder kombiniert mit Folinsäure, durchzuführen [13]. Die EORTC-Studie 2006 zeigte nämlich, dass es auch dann durch die adjuvante Chemotherapie noch zu einer zusätzlichen Senkung der Lokalrezidivrate kommt, wenn bereits präoperativ eine Radiochemotherapie durchgeführt wurde [42]. Der aktuelle Standard der adjuvanten Therapie ist, sofern keine Kontraindikationen gegen eine der beiden Therapiebestandteile vorliegen, die Radiochemotherapie, basierend auf einer 5-FU-Chemotherapie [13]. Dies liegt darin begründet, dass im Gegensatz zur alleinigen postoperativen Radiotherapie, nicht nur die Lokalrezidivrate, sondern auch das Gesamtüberleben verbessert wird. Eine alleinige postoperative Chemotherapie ist der Kombinationstherapie unterlegen [13]. Die Patienten im UICC-Stadium II und III sollten postoperativ nach einem SandwichSchema behandelt werden [13, 47]. Dabei wird innerhalb der ersten zwei Monate über insgesamt zwei Wochen eine FU-basierten Chemotherapie verabreicht und anschließend über sechs Wochen eine gleichzeitig ablaufenden Chemo- und Radiotherapie durchgeführt. Abschließend erhalten die Patienten nochmals über zwei Monate insgesamt zwei Wochen Chemotherapie [47]. Die Chemotherapie, die gleichzeitig zur Bestrahlung verabreicht wird, kann nach dem lange Zeit als Standardtherapie gültigen NCI-Therapieschema (National Cancer Institute 1995) als Bolusapplikation erfolgen oder nach dem von O’Connell et al. modifizierten Schema als niedrig dosierte 5-FU-Dauerinfusion [13, 48, 49]. Zudem hat eine Studie aus Korea bereits 2002 gezeigt, dass eine Minimierung des zeitlichen Abstands zwischen Operation und adjuvanter Radiotherapie, wie es aus tumor- und strahlenbiologischen Gründen folgerichtig wäre, signifikante Vorteile im tumorfreien Überleben bedingt [50]. Auch eine deutsche Studie reduzierte bei einem Kontrollarm das Zeitintervall zwischen Operation und Bestrahlung auf vier Wochen und entwarf ein Schema, das auch in der aktuellen Leitlinie als Alternative zum NCI-Schema angegeben wird [13, 43]. Die Unterschiede und Gemeinsamkeiten der als adjuvante Therapie zur Verfügung stehenden Alternativen, zeigt Tab. 8. 29 Woche 1 2 5 6 10 11 12 13 14 15 1 20 2 - - 6- 1- 4 9 1 2 9 4 25 NCI 500 mg P 500 mg P Radiotherapie 5 mal wöchentlich 1,8 P 450 P 450 1995 5-FU/ A 5-FU/ A Gy, Gesamtdosis 45 Gy, A mg A mg U Dosisaufsättigung auf 50,4 Gy(im U 5-FU/ [51] 2 m KOF 2 U m KOF U 5-FU/ 2 2 4-8 /d S /d S Gebiet des höchsten S m K S m K Wochen Tag 1-5 E Tag 36- E Lokalrezidivrisikos) E OF/d E OF/d postop. 40 500 mg 500 mg Tag Tag 5- 5- 134- 169- 138 173 2 2 FU/m K FU/m K OF/d OF/d Tag 64- Tag 99- 66 101 O’Connell- 500 mg P 500 mg P Radiotherapie 5 mal wöchentlich 1,8 P 450 P 450 Schema 5-FU/ A 5-FU/ A Gy, Gesamtdosis 45 Gy, A mg A mg U Dosisaufsättigung auf 50,4 Gy(im U 5-FU/ 1994 [49] 2 m KOF /d 4-8 Wochen 2 U m KOF U 5-FU/ 2 2 S /d S Gebiet des höchsten S m K S m K E Tag 1-5 E Lokalrezidivrisikos) E OF/d E OF/d 2 Tag 1-5 postop. CAO/ARO/ Radiotherapie 5 mal AIO-94- wöchentlich in 225 mg 5-FU/ m KOF/d Tag Tag Täglich 134- 134- 138 138 500 500 500 mg P 5-FU/ 2 500 mg P P P P 5-FU/ 2 P mg P mg A 5-FU/ Studie Einzeldosen von 1,8 A m KOF A A A A m KO A 5-FU/ 2004 Gy in 28 Fraktionen U /d i.v.- U U U U F/d i.v.- U m K 2 U m K [43] bis zu einer S Bolus- S S S S Bolus- S OF/d S OF/d 4 Gesamtdosis von E Gabe E E E E Gabe E i.v.- E i.v.- Wochen 50,4 Gy (+ Boost von Tag 64- Tag Bolus Bolus postop. 5,4 Gy) 68 99-103 - - Gabe Gabe Tag Tag 134- 169- 138 173 1000 P 1000 mg 5FU/m 2 A mg 5U FU/m 2 KOF/d S KOF/d 120h- E 120h- Daueri Daueri nfusion nfusion 2 Tabelle 8: Behandlungsschemata zur adjuvanten Therapie des Rektumkarzinoms [13, 43, 47, 49, 51] 30 Abschließend bleibt anzumerken, dass Nachteile der adjuvanten gegenüber der neoadjuvanten Therapie beim Rektumkarzinom, der geringere Einfluss auf die Lokalrezidivrate, die höhere akute und chronische Toxizität und somit die niedrigere Patientencompliance sind. Bei der CAO/ARO/AIO-Studie von Sauer et al. konnte in 90% der Fälle die RCT präoperativ, hingegen nur in ca. 50% der Fälle postoperativ verabreicht werden [32, 43]. 2.1.6.2.3. Therapie bei Metastasierung oder in einer palliativen Situation Beim primär metastasierten Rektumkarzinom gibt es keine therapeutische Standardempfehlung. Die Prognose wird dann hauptsächlich durch die Metastasierung bestimmt. Handelt es sich um resektable Metastasen, sollten Lungenmetastasen und, auf die Leber beschränkte R0-resezierbare Metastasen, reseziert werden, wobei die Beurteilung der Resektabilität unbedingt einem in der Metastasenchirurgie erfahrenen Chirurgen überlassen werden sollte [13]. Bei Lebermetastasen und einem Fong-Score > 2 (siehe Tab. 10), sollte präoperativ ein FDG-PET-CT (18F-FluordeoxyglukosePositronenemissionstomographie/Computertomographie)veranlasst werden, da dies bei etwa 25% der Patienten zur Detektion weiterer Metastasen und somit zur Änderung des therapeutischen Vorgehens führt. Bei resektablen Lebermetastasen kann eine systemische neoadjuvante Therapie in Ausnahmefällen erwogen werden, um die Ergebnisse einer nachfolgenen kurativ intendierten chirurgischen Intervention zu verbessern [13]. Da auch nach R0-Resektion von Lebermetastasen nur 30% der Patienten langfristig rezidivfrei bleiben, kann zudem eine adjuvante Therapie in Betracht gezogen werden. Eine Zusammenfassung der Empfehlungen zum Vorgehen bei resektablen Metastasen findet sich in Tab. 9. 31 Empfehlung EG ES Konsens Resektion der Metastasen, wenn resektabel A 3b stark Beurteilung durch erfahrenen Chirurgen stark PET bei FONG-Score>2 B 3 stark Perioperative (neoadjuvante/adjuvante) Chemotherapie in 0 3 stark B 2 stark Ausnahmefällen Adjuvante Chemotherapie Tabelle 9: Zusammenfassung der Empfehlungen für Patienten im Stadium IV, Gruppe 1(resektable Metastasen) [13] Befund Punkte Größe der Einzelmetastase > 5cm 1 Krankheitsfreies Intervall < 12 Monate 1 Anzahl der Metastasen > 1 1 Nodal positiver Primärtumor 1 CEA präoperativ > 200 ng/ml 1 Tabelle 10: Klinischer Risikoscore nach Yuman Fong 1999 [30] Sofern diese nicht zu einem anderen Vorgehen zwingen, sollte bei irresektablen Fernmetastasen, abhängig von der Symptomatik und der Tumorlast, eine systemische Chemotherapie oder eine intensivierte Radiochemotherapie (z.B. mit Oxaliplatin) angewandt werden, da hier ein signifikanter Überlebensvorteil (medianes Überleben zwei Jahre) gegenüber „best supportive care“ (durchschnittliche Überlebenszeit ungefähr sechs Monate) gezeigt wurde [52]. Wird die Indikation für eine systemische Therapie gestellt, wobei das Alter bei Berücksichtigung der Begleiterkrankungen keine Kontraindikation darstellt, kann der Primärtumor in situ belassen werden, sofern er klinisch nicht relevant wird, wie es durch Stenosen oder Blutungen geschehen kann [13]. In jedem Fall sollte der Patient im Verlauf seiner Therapie die Möglichkeit haben, alle Medikamente mit erwiesener Wirksamkeit in Anspruch zu nehmen. Dabei handelt es sich zum einen um Chemotherapeutika wie Fluoropyrimidine, Oxaliplatin und Irinotecan 32 und zum anderen um molekulare Therapeutika wie Bevacizumab („Vascular Endothelial Growth Factor“ [VEGF]-Antikörper) oder Cetuximab/Panitumumab („Epidermal Growth Factor Receptor“ [EGFR]-Antikörper. Zusätzlich zu diesen allgemeinen Empfehlungen bei irresektablen Metastasen gibt es noch einige spezielle Anmerkungen. So sollten Patienten, deren Metastasen nach Verkleinerung potentiell resektabel werden könnten, die effektivste verfügbare systemische Kombinationstherapie erhalten und dabei regelmäßig auf Resektabilität überprüft werden, da bei einer Resektion mit möglichst kurzer Dauer der Chemotherapie die perioperative Morbidität reduziert wird [52]. Patienten mit tumorbedingten Symptomen sollten, abhängig vom allgemeinen Gesundheitszustand, eine intensivierte Therapie erhalten, die aus einer Kombination von zwei Chemotherapeutika mit oder ohne monoklonalen Antikörpern besteht und welche bei gutem Ansprechen bald verringert werden kann. Zuletzt kann bei Patienten, deren multiple Metastasen auch nach Vorbehandlung nicht potentiell resezierbar werden und die keine tumorbezogenen Symptome oder andere schwere gesundheitlichen Einschränkungen haben, die Erstlinientherapie zunächst durch eine Monotherapie ersetzt werden, die dann von einer Kombinationstherapie abgelöst wird, was in Studien die gleiche Überlebensrate wie eine primäre Kombinationstherapie gezeigt hat [52]. 2.1.7. Nachsorge Ziel der Nachsorge ist die frühzeitige Erkennung von Lokalrezidiven und Fernmetastasen. Zur leitliniengerechten Routinekontrolle gehören hierbei eine ausführliche Anamnese mit besonderem Augenmerk auf Stuhlgewohnheiten und eventuell auftretende sakrale Schmerzen, die Bestimmung von Tumormarkern als Verlaufsparameter sowie als bildgebenden Verfahren die Sonographie zur Diagnostik von Lebermetastasen und die Koloskopie zur Detektion von Lokalrezidiven und Zweittumoren. Im Gegensatz zur Koloskopie ist die Sigmoidoskopie (oder alternativ starre Rektoskopie) nur bei Patienten mit Rektumkarzinom im UICC-Stadium II und III empfohlen, die keine perioperative Therapie erhalten haben [13]. Die Verfasser der aktuellen Leitlinie empfehlen hingegen weder die Computertomographie, bei der die Diagnose vereinfacht, jedoch die Gesamtüberlebensrate nicht beeinflusst wird, noch die 33 Röntgenuntersuchung des Thorax, die zur Erkennung von Lungenmetastasen Teil vieler Nachsorgeprogramme ist, bei der jedoch aufgrund der aktuellen Studienlage keine eindeutige Empfehlung ausgesprochen werden kann. Da in den ersten beiden postoperativen Jahren 80% der Rezidive auftreten und nach dem 5. Nachsorgejahr praktisch keine mehr, umfasst die Nachsorge normalerweise eine Dauer von 5 Jahren [13]. Eine Übersicht über die Nachsorgeprogramme bietet Tab. 11: Monate 3 Anamnese, körperliche Untersuchung, CEA 6 X 12 18 24 36 48 60 X X X X X X X X 1 Koloskopie X X Adomensonographie X X X X Sigmoidoskopie/Rektoskopie3 X X X X X Spiral-CT 2 X X X X Röntgenthorax 4 1 wenn keine vollständige Koloskopie präoperativ erfolgt ist UICC II und III Low-risk-pT1- 2 bei unauffälligem Befund ,nächste Koloskopie nach 5 Jahren 3 nur wenn keine adjuvante/neoadjuvante Therapie erfolgt ist 4 nur beim Rektumkarzinom 3 Monate nach Abschluss der Multimodalen Therapie als Ausgangsbefund Karzinom Tabelle 11: Leitliniengerechte und Tumorstadien- adaptierte Nachsorge beim Rektumkarzinom [6, 13, 53] 2.1.8. Prognose Die Prognose bezüglich der 5-Jahresüberlebensrate beträgt in der Gesamtheit aller operablen kolorektalen Karzinome etwa 40-50% [3]. Mit einem Lokalrezidiv ist in rund 20% der Fälle zu rechnen, wobei sie beim Rektumkarzinom deutlich höher liegt [8]. Allerdings ist es mittlerweile gelungen, mit Hilfe der TME die Lokalrezidivrate des Rektumkarzinoms auf 10% zu senken und bei zusätzlicher optimaler multimodaler Therapie weiter auf 6% [54]. Entscheidend abhängig ist die Prognose vom Stadium der 34 Erkrankung bei Erstdiagnose. So beträgt die 5-Jahres-überlebensrate im DukesStadium A 90-100%, im Stadium B 60-85% und im Stadium C nur 25-60%. Bestehen bei Diagnosestellung bereits Fernmetastasen, sinkt die 5-Jahresüberlebensrate auf 1520% [4, 7]. 2.2. Fragestellung Neben der Verlängerung des progressionsfreien Überlebens und des Gesamtüberlebens wird auch der Verbesserung der langfristigen Lebensqualität von Patienten mit kolorektalem Karzinom immer mehr Beachtung geschenkt. So hat sie bereits in zahlreichen Empfehlungen der S3-Leitlinie als wichtiger Parameter zur Wahl der bestmöglichen Therapieoption Eingang gefunden [13]. Ziel der vorliegenden Studie war es zunächst, in einem Kollektiv bestehend aus Patienten mit kurativ intendiert therapiertem Rektumkarzinom, mithilfe von standardisierten und validierten Fragebögen die allgemeine und krankheitsspezifische Lebensqualität zu erfassen. Anschließend sollte ermittelt werden, ob und inwiefern neben der Therapie auch die Faktoren Alter, Geschlecht und Vorhandensein eines Stomas Einfluss auf die Lebensqualität der Patienten hatten; beziehungsweise welche Patientengruppen besonders von adjuvanter, neoadjuvanter oder Verzicht auf Radio(chemo-)therapie profitierten. 3. Krankengut und Methoden 3.1. Ein- und Ausschlusskriterien In die Studie eingeschlossen wurden Patienten mit sporadisch aufgetretenem Rektumkarzinom, die kurativ intendiert operiert wurden. Als Ausschlusskriterien wurden Zweittumorgeschehen, Rezidiv, Metastasen und Exitus letalis definiert. Auch Patienten mit Rektumtumoren, die in Assoziation mit einer chronisch-entzündlichen Darmerkrankung oder durch genetische Prädisposition entstanden waren, wurden von der Studie ausgeschlossen. 35 3.2. Erhebung der Patientendaten Das ursprünglich zur Datenanalyse ausgewählte Kollektiv umfasste 194 Patienten, die im Zeitraum von 2000 bis 2009 in der Chirurgischen Klinik und Hochschulambulanz I, Abteilung für Allgemein-, Gefäß- und Thoraxchirurgie der Medizinischen Fakultät Charité - Universitätsmedizin Berlin am Campus Benjamin Franklin, mit der Diagnose „Rektumkarzinom“ operiert wurden. Von diesen Patienten wurden dann in mehreren Schritten die Stamm-, perioperativen und Nachsorgedaten, sowie schlussendlich Daten zur aktuellen Lebensqualität erhoben. 3.2.1. Erhebung der Stamm- und perioperativen Daten In der elektronischen Datenbank der Chirurgischen Klinik und Hochschulambulanz I der Medizinischen Fakultät Charité – Universitätsmedizin Berlin am Campus Benjamin Franklin wurden alle Stamm- und relevanten Klinikdaten kontinuierlich gespeichert. Somit konnten die Stammdaten sowie die Daten zum Therapieschema, zu möglichen Komplikationen und zum Operations- und postoperativen Verlauf diesem Datenspeichersystem entnommen werden. 3.2.2. Erhebung der Daten zu Tumornachsorge und Langzeit-OP-Outcome Da die Tumornachsorge des Rektumkarzinoms zumeist ambulant erfolgt, wurden im Folgenden die betreuenden Hausärzte der Patienten, die die Einschlusskriterien erfüllten, postalisch kontaktiert. Die Briefe an die zuständigen Ärzte enthielten, neben einem Anschreiben einen für diesen Zweck erstellten Fragebogen für jeden sich bei ihnen in Behandlung befindenden Patienten. In diesem mit Namen und Geburtsdatum personalisierten Fragebogen wurden Daten zur Tumornachsorge, zum Überleben, zur Therapie sowie zum aktuellen Befinden des Patienten abgefragt (vgl. Tab. 12). Die Fragen zur Tumornachsorge enthielten das Follow-up (in Jahren), das Datum des letzten Kontakts und eine Angabe darüber, ob die Nachsorge regelmäßig wahrgenommen wurde. Wenn dem Hausarzt bekannt war, dass der Patient inzwischen verstorben war, war dies, wenn möglich, mit Todesursache und -zeitpunkt zu ergänzen. Bezüglich der Therapie war anzugeben, ob der Patient im Rahmen der Nachsorge eine 36 multimodale Therapie erhalten hatte, beziehungsweise die Gründe falls dies nicht der Fall war. Im letzten Teil wurde der betreuende Hausarzt, sofern er noch in Kontakt mit dem jeweiligen Patienten stand, über den aktuellen Zustand des Patienten befragt. Dabei sollte er sich darüber äußern, ob der Patient an einem Rezidiv oder sonstigen schwerwiegenden Begleiterkrankungen und wenn ja, an welchen, litt und auf einer Ordinalskala von „sehr gut“ bis „stark eingeschränkt“ die kognitiven Fähigkeiten dieses Patienten bewerten sowie den Grund von möglichen Einschränkungen angeben. Tumornachsorge Überleben -Follow-up -Patient bereits verstorben? -letzter Kontakt -wenn ja, wann? -wurde die Nachsorge regelmäßig -Todesursache? wahrgenommen Therapie Aktueller Zustand -hat der Patient eine multimodale Therapie -kognitive Leitungsfähigkeit 1-5 erhalten? -wenn Einschränkungen, warum? -wenn nein, warum nicht? -schwerwiegende Begleiterkrankungen Tabelle 12: inhaltliche Zusammenfassung des Fragebogens an die Hausärzte der Patienten Ziel der versendeten Briefe an die betreuenden Hausärzte und des darin enthaltenen Fragebogens war es, vor einer direkten Kontaktaufnahme mit dem Patienten, dessen möglichen Ausschluss aus der Studie aufgrund von Rezidiven, Tod oder schweren Begleiterkrankungen, zu ermitteln und eine professionelle und objektive Meinung über eventuelle kognitive und physische Einschränkungen sowie die Einhaltung der Therapierichtlinien im Voraus zu erhalten. Da einige Briefe nicht zugestellt werden konnten oder nicht beantwortet wurden, beziehungsweise bei einigen Patienten die behandelnden Ärzte nicht mehr zu ermitteln waren, wurde zusätzlich versucht, das Überleben dieser Patienten mit Hilfe des Gemeinsamen Krebsregisters für Berlin und die neuen Bundesländer, das einer ständigen Aktualisierung der Sterbedaten durch die Melderegister unterliegt, zu ermitteln. 37 3.2.3. Erhebung der Lebensqualitätsdaten Den Patienten, die bisher keine Ausschlusskriterien erfüllt hatten, wurden nun Fragebögen zugesendet. Dabei handelte es sich um validierte und standardisierte Fragebögen, die von der European Organisation for Research and Treatment of Cancer (EORTC) zur Ermittlung der gesundheitsabhängigen Lebensqualität erarbeitet wurden. Verwendung fanden in dieser Arbeit der Fragebogen QLQ-C30, der die allgemeine Lebensqualität abfragt und der krankheitsspezifische Fragebogen CR29, der speziell für Patienten mit kolorektalem Karzinom entwickelt wurde. Zusätzlich wurde noch ein eigener Fragebogen beigelegt, der Rezidive, andere Tumorgeschehen, andere schwere Erkrankungen und Medikamente erfragte, um schwerwiegende Einflüsse auf die angegebenen Lebensqualitäten ausschließen zu können. Der QLQ-C30 ist ein Fragebogen zur allgemeinen Lebensqualität. Er besteht aus 30 Fragen, von denen zwei zur Ermittlung der aktuellen Gesamtlebensqualität und des Gesundheitszustandes dienen, 15 in die Auswertung von Funktionalitätsskalen einfließen und 13 zur Erstellung von Symptomskalen verwendet werden (vgl. Anhang Abb. 3 und 4). Die fünf Funktionalitätsskalen, die jeweils aus mehreren Fragen zusammengesetzt sind, beschreiben die körperliche, emotionale, soziale und kognitive Funktionalität sowie die Rollenfunktionalität des Patienten. Die Symptomskalen hingegen ermitteln aus verschiedenen Fragen die Punkte Müdigkeit, „Übelkeit und Erbrechen“ und Schmerzen und erfragen als sechs Einzelpunkte Dyspnoe, Schlaflosigkeit, Appetitlosigkeit, Obstipation, Diarrhoe und „finanzielle Probleme“. Die Werte aller Skalen und Einzelpunkte variieren zwischen 0 und 100, wobei hohe Werte bei den Funktionalitätsskalen und der Gesamtlebensqualität eine gesunde Funktionalität bzw. hohe Lebensqualität bedeuten. Hohe Werte bei den Symptomskalen sprechen hingegen für eine ausgeprägte Symptomatik. Der QLQ-CR29 ist ein spezieller Fragebogen zur Ermittlung der krankheitsbezogenen Lebensqualität bei Patienten mit kolorektalem Karzinom, unabhängig von Krankheitsstadium und erhaltener Therapie. Bei diesem Fragebogen existieren unterschiedliche Fragen für Stoma- bzw. Nicht-Stoma-Patienten und Frauen bzw. Männer. Neben 18 Fragen, die für alle Patienten gleich sind, haben Patienten mit einem Stomabeutel sieben spezifische, Patienten ohne Stomabeutel sechs spezifische Fragen 38 zu beantworten (vgl. Anhang Abb. 5 und 6). Am Ende des Fragebogens befinden sich für Männer und Frauen zusätzlich jeweils noch zwei Fragen zur sexuellen Aktivität. Auch hier fließen die erhaltenen Antworten zum Einen in Funktionalitätsskalen und zum Anderen in Symptomskalen ein. Die Funktionalitätsskalen ermitteln Körperbewusstsein, Angst, Gewicht und sexuelle Funktionalität, während die 18 Symptomskalen, von denen sich drei aus je zwei Fragen zusammensetzten und die 15 restlichen Skalen als Einzelpunkte erfragt werden, die krankheitsspezifische Symptomatik der Patienten ermitteln. Dabei werden beispielsweise Stuhl- und Harnfrequenz, Bauchschmerzen, Haarverlust und Xerostomie als Indikatoren zur Beurteilung der Schwere der Symptomatik herangezogen. Die Werte variierten auch bei diesem Fragebogen zwischen 0 und 100. Hohe Werte bedeuten auch hier, wie bereits beim Fragebogen QLQ-C30 erklärt, ein hohes Maß an Funktionalität beziehungsweise Symptomatik. Erwähnt werden muss hier, dass die Funktionalitätsskalen für das sexuelle Interesse bei Männern und Frauen wie Symptomskalen berechnet werden, um vergleichbar einen hohen Wert für ein großes sexuelles Interesse zu erhalten. Die Auswertung der Fragebögen erfolgt nach einer, von der EORTC ausgearbeiteten Anleitung. Dabei wird für jede Skala zunächst einmal der „Raw score“ ermittelt, der dem Durchschnittswert der in die Skala einfließenden Fragen entspricht. Berechnung des Raw scores: Raw score= RS= (I1+ I2+ I3+ …In)/n Anschließend wird der Raw Score durch lineare Transformation zu dem Endergebnis „S“, zwischen 0 und 100 liegend, umgerechnet. Lineartransformation: Funktionalitätsskalen: Symptomskalen: Allgemeiner Gesundheitszustand/ Lebensqualität: 39 Mit „range“ wird die Bandbreite zwischen dem niedrigsten möglichen Wert und dem höchsten möglichen Wert bei der Antwort, bezeichnet. Dieser entspricht im QLQ-C30 bei den Funktionalitäts- und Symptomskalen dem Wert 3 und beim globalen Gesundheitsstatus (allgemeiner Gesundheitszustand und Lebensqualität), zu dem sieben Werte als Antwortmöglichkeiten gegeben werden, dem Wert 6. Auch beim QLQCR29 beläuft sich die „range“ für alle, in die Berechnung einfließenden Fragen, auf den Wert 3. 3.2.4. Erhebung der Daten zur Beurteilung der Kontinenzleistung Zur Einteilung der Stuhlinkontinenz wurde die klinische Einteilung nach Parks in drei Grade verwendet, wie in Tab. 13 dargestellt. Stuhlinkontinenz nach Parks Grad 1 Unkontrollierter Abgang von Winden Grad 2 Unkontrollierter Abgang von dünnflüssigem Stuhl Grad 3 Unkontrollierter Abgang von geformtem Stuhl Tabelle 13: klinische Einteilung der Stuhlinkontinenz nach Parks [55] Die Stuhlkontinenzleistung der Patienten wurde mit Hilfe von zwei Fragen aus dem EORTC-Fragebogen QLQ-CR29 ermittelt. Frage 19 dieses Fragebogens erfragte unfreiwillige Darmgasentweichungen beziehungsweise Flatulenzen, während Frage 20 ungewollte Stuhlabgänge thematisierte. Eine Unterscheidung in dünnflüssigen und geformten Stuhl gab es in dem Fragebogen nicht. Aus diesem Grund wurden bei der Auswertung der Fragebögen Inkontinenz Grad 2 und Grad 3 zusammengefasst. Diese Fragen wurden Patienten mit und ohne Stoma separat gestellt, wobei die Patienten ohne Stoma nach Inkontinenz des natürlichen Darmausgangs und die Patienten mit Stoma nach Darmgas- und Stuhlabgang aus dem Stomabeutel befragt wurden. Da die Kontinenzleistung klassischerweise nur bei Patienten mit natürlichem Darmausgang betrachtet wird, wurden nur die Antworten der 55 Patienten ohne Stoma untersucht. 40 Bei den Fragen werden, wie bei allen Fragen des Fragebogens EORTC-Fragebogens QLQ-CR29, vier Antwortmöglichkeiten zur Verfügung gestellt. Ob die Patienten an ungewolltem Stuhl- oder Darmgasabgang litten, konnten diese mit „überhaupt nicht“ (1 Punkt), „wenig“ (2 Punkte), „mäßig“ (3 Punkte) oder „sehr“ (4 Punkte) beantworten. Zur Beurteilung der Kontinenzleistung wurden Patienten, die überhaupt keine oder wenig Probleme mit ungewollten Stuhl- oder Darmgasabgängen hatten als „stuhlkontinent“ betrachtet, während Patienten, die ihre Stuhlinkontinenz als mäßig oder sehr stark einschätzten, als „stuhlinkontinent“ definiert wurden. 3.3. Statistische Auswertung Die statistische Auswertung der gesammelten Daten erfolgte mit Hilfe des Programms „IBM SPSS Statistics 20“ ((Statistical Package for Social Sciences – Version 20). Zur deskriptiven Statistik wurden die Mittelwerte und die jeweiligen Standardabweichungen dargestellt. Die Normalverteilung wurde mit Hilfe des Kolmogorov-Smirnov-Tests bestimmt und ergab im überwiegenden Teil der Fälle, dass die ermittelten Werte aus den EORTC-Fragebögen nicht normalverteilt sind. Zur Überprüfung der statistischen Signifikanz wurden somit als nicht-parametrische Tests der Mann-Whitney-U-Test für zwei unabhängige Stichproben und der Kruskal-Wallis-Test für mehrere unabhängige Stichproben verwendet. Eine statistische Signifikanz liegt vor, wenn der p-Wert kleiner/gleich 0,05 ist. Sehr signifikant sind die Unterschiede bei einem p-Wert kleiner/gleich 0,01 und höchst signifikant bei einem p-Wert von kleiner/gleich 0,001. Ein p-Wert der kleiner/gleich 0,1 ist, wurde als statistischer Trend, beziehungsweise marginale Signifikanz interpretiert. 4. Ergebnisse 4.1. Auswertung der Patientendaten 4.1.1. Entwicklung des Patientenkollektivs Von dem ursprünglichen Kollektiv wurden mit Hilfe des klinikinternen Datenspeichersystems diejenigen Patienten ausgeschlossen, die aufgrund der gewählten Ein- und Ausschlusskriterien nicht an der Studie beteiligt werden konnten. 41 Somit wurden 25 Patienten (8 Frauen, 17 Männer) von dem ursprünglich aus 194 Patienten bestehenden Kollektiv (73 Frauen, 121 Männer) ausgeschlossen. Der Hauptteil (9 Patienten) wurde aufgrund von Metastasen oder wegen Zweittumoren (9 Patienten), 4 Patienten weil sie bereits im Krankenhaus verstarben, 1 Patient besdingt durch ein Rezidiv und 2 Patienten aus anderen Gründen (Demenz und HNPCC), ausgeschlossen. Die prozentuale Verteilung ist in Abb. 5 dargestellt. 8% 4% 16% Exitus letalis Metastasen Zweittumoren Rezidiv 36% 36% andere Abbildung 5: Ausschluss von 25 Patienten aufgrund der gewählten Ausschlusskriterien, nach Sichtung des klinikinternen Datenspeichersystems Von 152 der 169 Patienten waren die behandelnden Ärzte im klinikinternen Datenspeichersystem erfasst, sodass ihnen der beschriebene Fragebogen zugesandt werden konnte. Auch wenn die Antworten der Hausärzte oftmals unvollständig waren, mussten 22 Patienten aufgrund der ausgefüllten Fragebögen sicher aus der Studie ausgeschlossen werden. Nach einem Vergleich mit den Daten aus dem allgemeinen Melderegister wurden zusätzlich zwei Patienten, die inzwischen verstorben waren, ausgeschlossen. Somit blieben 145 Patienten, an die die Fragebögen zur Erfassung der Lebensqualität verschickt werden konnten. Nach Erhalt der Antworten mussten sechs weitere Patienten ausgeschlossen werden, da zwei an einem Rezidiv und vier an einem Zweittumorgeschehen oder Metastasen erkrankt waren. 42 Patienten sendeten keine Antwort ein und 20 Patienten konnten nicht ermittelt werden. Von den 145 Patienten, an die die Fragebögen QLQ-CR29 und QLQ-C30 gesendet wurden, konnten also 77 Patienten in die Studie eingeschlossen werden, was einem 42 Anteil von 40% des Ursprungskollektives entspricht. Die genaue Entwicklung des Patientenkollektivs ist in Abb. 6 dargestellt. 194 Patienten 169 Patienten 145 Patienten 77 Patienten •Ursprungskollektiv •ausgeschlossen durch Datenspeichersystem: 25 Patienten •ausgeschlossen durch Hausärzte: 22 Patienten •ausgeschlossen durch Melderegister: 2 Patienten •Kollektiv, das direkt kontaktiert wurde •ausgeschlossen durch fehlende Antwort oder Ausschlusskriterien: 68 Patienten •Patientenkollektiv der Studie Abbildung 6: Entwicklung des Patientenkollektivs vom Ursprungskollektiv zum Studienkollektiv 4.1.2. Stammdaten Von den ursprünglich 194 Patienten waren 120 Männer und 74 Frauen (62%: 38%). Das Durchschnittsalter zum Zeitpunkt der Operation betrug 63,6 ±10,9 Jahre, wobei der jüngste Patient 33 Jahre und der älteste 95 Jahre alt war. Nach der Befragung von Hausärzten und Patienten mittels Fragebogen, konnten letztendlich 77 Patienten in die Studie eingeschlossen werden, wovon 24 weiblichen und 53 männlichen Geschlechts waren. Im Durchschnitt waren die Patienten zum Zeitpunkt der Operation 61,1 (± 9,3) Jahre alt, wobei der jüngste Patient ein Alter von 33 Jahren und der älteste von 79 Jahren hatte. Die prozentuale Darstellung von Geschlecht und Alter des Kollektivs findet sich in Abb. 7. Zum Zeitpunkt der Befragung, am 31.10.2012, waren die Patienten durchschnittlich 68,5 (± 9,7) Jahre alt, wobei der jüngste Patient mittlerweile 41 Jahre alt und der älteste 87 Jahre alt war. Die mittlere 43 Nachbeobachtungsdauer, die den Zeitraum zwischen Primäroperation, beziehungsweise Rückverlagerungsoperation und Befragung darstellt, betrug 6,7 (±2,8) Jahre. Geschlechterverteilung der 77 Patienten Altersverteilung der 77 Patienten 13% 4% 14% 50-59 Jahre Männer 31% 60-69 Jahre Frauen 69% 40-49 Jahre 70-79 Jahre >80 Jahre 36% 33% Abbildung 7: Geschlechter- und Altersverteilung der 77 eingeschlossenen Patienten 4.1.3. OP-Methoden und TNM-Klassifikation Von den 77 Patienten, die in die Studie eingeschlossen wurden, wurde bei 58 Patienten eine Rektumresektion, bei elf Patienten eine Rektumexstirpation, bei fünf Patienten eine Vollwandexzision und bei einer Patientin primär eine Hartmannoperation mit sekundärer Kontinuitätswiederherstellung durchgeführt. Bei zwei Patienten ist die OP-Methode nicht dokumentiert. Während 27 Patienten allein mittels Operation therapiert wurden, erhielten 33 Patienten eine neoadjuvante und 17 Patienten eine adjuvante Therapie. In Tab. 14 wird dargestellt, wie bei den 75 Patienten mit gespeicherten Therapiedaten die Operationsmethoden mit Radiochemotherapie kombiniert wurden. 44 Radiochemotherapie Operationsmethode Keine Adjuvant Neoadjuvant Rektumresektion 20 14 24 Hartmann-OP 1 0 0 Rektumexstirpation 1 2 8 Vollwandexzision 5 0 0 Tabelle 14: Erhaltene Therapie mit Operationsmethode und ggf. Adjuvanz bei 75 Patienten (zwei wurden nicht dokumentiert) Keiner der 77 Patienten, die in die Studie eingeschlossen wurden, hatte Fernmetastasen und somit waren alle cM0-klassifiziert. Der N-Status ist von zwei Patienten nicht bekannt. Ansonsten hatten 59 Patienten eine N0-, acht Patienten eine N1- und acht Patienten eine N2-Klassifikation. Die T-Klassifikation wurde bei drei Patienten mit T0 angegeben. 23 Patienten hatten eine T1-Klassifikation. Ein Patient hatte ein Carcinoma in situ. T2-Tumoren waren bei 19 Patienten identifiziert worden, T3-Tumoren bei 31 Patienten. 35 1 30 7 25 kein Stoma Stoma 20 6 9 15 19 10 1 1 1 0 1 19 17 14 5 16 18 20 2 2 7 6 12 13 12 12 4 7 >=70Jahre <70Jahre 24 keine Adjuvanz 14 13 11 6 neoadjuvant adjuvant 1 weiblich männlich Tis (N=1) T1 (N=23) T2 (N=19) T3 (N=31) Abbildung 8: T-Klassifikation von 74 Patienten (drei Patienten mit T0 wurden nicht dargestellt) 45 70 kein Stoma 60 Stoma 50 21 27 40 >=70Jahre 45 30 <70Jahre 20 38 25 32 4 4 2 6 2 6 5 3 5 3 neoadjuvant Stoma Geschlecht Therapie Alter Stoma 3 4 4 Alter 5 Therapie Alter Therapie N0 Stoma 14 7 0 Geschlecht 0 keine Adjuvanz 1 7 Geschlecht 10 adjuvant N1 N2 weiblich männlich Abbildung 9: N-Klassifikation von 75 Patienten In Abb. 8 und 9 wird deutlich, wie inhomogen die Patientengruppen mit Tumoren der gleichen T- oder N-Kategorie in ihrer Zusammensetzung bezüglich Alter, Geschlecht, Therapie und Stoma sind, sodass die TNM-Klassifikation nicht als spezifischer Einflussfaktor auf die Lebensqualität untersucht wurde. 4.1.4. Daten zu Nachsorge und Langzeit-OP-Verlauf Von 152 der 169 Patienten waren die behandelnden Ärzte im klinikinternen Datenspeichersystem erfasst, sodass ihnen der beschriebene Fragebogen zugesandt werden konnte (vgl. 3.2.3.). 21 Hausärzte füllten keine der angegebenen Fragen aus und auch von den restlichen 103 Hausärzten wurden die Fragen nur teilweise beantwortet. 22 Patienten konnten mit Hilfe der Antworten der Hausärzte jedoch aus der Studie ausgeschlossen werden, da 17 von ihnen mittlerweile verstorben waren, drei an einem Rezidiv und zwei an einem Tumorzweitgeschehen erkrankt waren. Über die letztendlich in die Studie eingeschlossenen 77 Patienten gaben die Hausärzte nur teilweise Auskunft über Tumornachsorge und Nachbeobachtungszeit (Follow-upyears). Eine regelmäßige Tumornachsorge erfolgte demnach bei 41 Patienten (53,2%), während zwei Patienten (2,6%) aus unbekannten Gründen keine Tumornachsorge in Anspruch nahmen. Bei 34 Patienten (44,2%) machten die Hausärzte zu diesem Punkt 46 keine Angaben. Die Nachbeobachtungszeit ist für 28 Patienten nicht bekannt, wobei acht dieser Patienten vom Hausarzt nur zur Diagnosestellung gesehen wurden. Die übrigen 49 Patienten wurden bei ihren Hausärzten im Durchschnitt 4,79 (±3,4) Jahre nachbeobachtet. Die genaue Dauer des Follow-up-years wird in Abb. 10 dargestellt. Anzahl der Patienten 9 10 7 8 5 6 4 7 5 4 3 2 3 2 3 1 0 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 Nachbeobachtungszeit in Jahren (Follow-up-years) Abbildung 10: Nachbeobachtungszeit von 49 Patienten (für 28 Patienten nicht bekannt) 4.2. Auswertung des eigenen Fragebogens Der zusätzliche Fragebogen bestand aus Fragen zu Stoma, Erkrankungen und Medikamenten (siehe Anhang Abb. 7). Die Frage nach dem Vorhandensein eines Stomas zeigte, dass 55 Patienten (71%) aktuell ohne Stoma leben. Von diesen 55 Patienten hatten 17 Patienten niemals ein Stoma gehabt. Hingegen hatten 38 Patienten für durchschnittlich 6,5 (±3,2) Monate ein protektives Stoma. 22 Patienten (29%) lebten zum Zeitpunkt der Datenerhebung mit einem Stoma. Ebenfalls Bestandteil dieses Fragebogens war die Ermittlung von Begleiterkrankungen und Medikamenteneinnahmen, die einen Einfluss auf die Lebensqualität haben könnten. Von den 77 Patienten gaben 36 Patienten (47%) an, keine anderweitigen Erkrankungen zu haben, während 41 Patienten (53%) an leichten Begleiterkrankungen, meist des Herz-Kreislauf-Systems, litten. Dabei handelte es sich jedoch nur um leichte Allgemeinerkrankungen (entsprechend ASA 2, siehe Tab. 15). Medikamente nahmen 53 Patienten (69%) regelmäßig ein, wobei es sich hauptsächlich um kreislaufwirksame Medikation wie Antihypertonika und Antidiabetika handelte, während 24 Patienten (31%) ohne dauerhafte Medikamenteneinnahme auskamen. Da somit der Großteil der 47 Patienten an einer leichten Begleiterkrankungen litt und zusätzlich Medikamente einnahm, dies jedoch nicht in einem zeitlichen Zusammenhang mit der malignen Erkrankung stand, wurde auf eine weitere Untersuchung der Zusammenhänge von Lebensqualität und Begleiterkrankung bzw. Medikamenteneinnahme verzichtet. ASA-Klassifikation ASA 1 Normaler, gesunder Patient ASA 2 Leichte Allgemeinerkrankung ohne Leistungseinschränkung ASA 3 Schwere Allgemeinerkrankung mit Leistungseinschränkung ASA 4 Schwere Allgemeinerkrankung, die mit oder ohne Operation das Leben des Patienten bedroht ASA 5 Moribund, Tod innerhalb von 24h mit oder ohne Operation zu erwarten Tabelle 15: ASA-Klassifikation zur Beurteilung des körperlichen Zustands von Patienten [9] 4.3. Ergebnisse der EORTC-Fragebögen QLQ-C30 und QLQ-CR29 Von den 145 Patienten, an die die Fragebögen QLQ-C30 und QLQ-CR29 gesendet wurden, konnten 77 Patienten in die Studie eingeschlossen werden, was einem Anteil von 40% des Ursprungskollektives entspricht. 4.3.1. Die Lebensqualität aller Patienten Der Fragebogen QLQ-C30, der der Einschätzung der allgemeinen Lebensqualität dient, wurde von 74 der 77 Patienten (96%) vollständig und von einem Patienten halb beantwortet. Der Fragebogen QLQ CR-29, der für die Einschätzung der krankheitsspezifischen Lebensqualität verwendet wird, wurde von einem Patienten gar nicht und von elf Patienten teilweise ausgefüllt. Wie in Kap. 3.2.3. erläutert, wurden einzelne Skalen weggelassen, wenn mehr als 50% der zur Berechnung notwendigen Daten fehlten, während die restlichen Antworten des Fragebogens in die Statistik einflossen. 48 Bei beiden Fragebögen werden aus vier Antwortmöglichkeiten Werte zwischen 0 und 100 Punkten berechnet, wobei hohe Werte beim globalen Gesundheitszustand und in den Funktionalitätsskalen eine hohe Funktionalität bedeuten. Hohe Werte in den Symptomsskalen verkörpern hingegen eine ausgeprägte Symptomatik, die einer Beeinträchtigung der Lebensqualität entspricht. Der Fragebogen QLQ-C30 teilt sich in die Bereiche globaler Gesundheitszustand, fünf Funktionalitätsskalen und neun Symptomskalen auf. Für das ausgewertete Kollektiv von 74 Patienten ergab sich im Bereich des globalen Gesundheitszustands ein Durchschnittswert von 67,8 (± 20,9) Punkten. In allen Funktionalitätsskalen wurden Durchschnittswerte von mehr als 70 Punkt erreicht, wobei die Rollenfunktionalität und die soziale Funktionalität am schlechtesten bewertet wurden (siehe Tab. 16). QoL PF RF EF CF SF Mittelwert 67,8 79,73 70,22 77,21 85,14 71,85 SD 20,9 21,66 27,85 24,51 17,57 31,32 N 74 75 75 74 74 74 Minimum 0 0 0 8,3 33,3 0 Maximum 100 100 100 100 100 100 Tabelle 16: Mittelwerte vom Globalen Gesundheitszustand und den Funktionalitätsskalen des QLQ-C30 (N= Anzahl der Patienten, SD=Standardabweichung, QoL= Globaler Gesundheitszustand, PF=körperliche Funktionalität, RF=Rollenfunktionalität, EF=Emotionale Funktionalität, CF= Kognitive Funktionalität, SF= soziale Funktionalität) Die neun Symptomskalen des QLQ-C30 betreffen Müdigkeit, Übelkeit/Erbrechen, Schmerzen, Dyspnoe, Schlaflosigkeit, Appetitlosigkeit, Obstipation, Diarrhoe und Finanzielle Probleme. Vergleicht man die Mittelwerte der Symptomskalen, so zeigt sich, dass die durchschnittlich am häufigsten auftretenden Symptome (Mittelwerte zwischen 23 und 32 Punkten) mit absteigender Relevanz Müdigkeit, Diarrhoe, Schlaflosigkeit und Schmerzen waren. Durchschnittlich um die 20 Punkte wurden auch bei den Symptomkomplexen Finanzielle Schwierigkeiten, Dyspnoe und Obstipation angegeben. Eine untergeordnete Rolle spielten die Symptome Appetitmangel und 49 Übelkeit/Erbrechen. Die genauen Mittelwerte der Symptomskalen finden sich in Tab. 17. FA NV PA DY SL AP CO DI FI Mittelwert 31,11 4,67 23,11 20,89 25,33 10,22 20,72 28,83 21,46 SD 25,44 13,85 28,72 27,28 29,93 21,20 32,03 34,60 32,57 N 75 75 75 75 75 75 74 74 73 Minimum 0 0 0 0 0 0 0 0 0 Maximum 100 100 100 100 100 100 100 100 100 Tabelle 17: Mittelwerte der Symptomskalen des QLQ-C30 (N= Anzahl der Patienten, SD=Standardabweichung, FA= Müdigkeit, NV= Übelkeit/Erbrechen, PA=Schmerzen, DY=Dyspnoe, SL= Schlaflosigkeit, AP=Appetitlosigkeit, CO=Obstipation, DI=Durchfall, FI= Finanzielle Probleme) Der Fragebogen QLQ-CR29 setzt sich aus vier Funktionalitätsskalen und 18 Symptomskalen zusammen. Die vier Symptomskalen sind Körperbild, Besorgnis, Gewicht, Sexuelles Interesse der Männer und Sexuelles Interesse der Frauen. Alle Durchschnittswerte sind in Tab. 18 dargestellt. Die subjektive Einschätzung des Körperbildes ist mit 71,48 (± 28,83) Punkten recht gut. Der hohe Wert im Bereich Gewicht repräsentiert wenig Beunruhigung über die Gewichtsentwicklung, während der ebenfalls in der oberen Hälfte liegende Wert im Bereich Besorgnis, eine durchschnittlich eher mäßige Besorgnis über die zukünftige Gesundheit bedeutet. Bei den Männern besteht ein durchschnittlich höheres sexuelles Interesse als bei den Frauen. BI ANX WIE SEXM SEXW Mittelwert 71,48 60,89 73,33 50,98 26,09 SD 28,83 34,39 29,0 36,73 34,75 N 75 75 75 51 23 Minimum 0 0 0 0 0 Maximum 100 100 100 100 100 Tabelle 18: Mittelwerte der Funktionalitätsskalen des QLQ-CR29 (N= Anzahl der Patienten, SD= Standardabweichung, BI=Körperbild, ANX=Besorgnis, WEI=Gewicht, SEXM=Sexuelles Interesse der Männer, SEXW=Sexuelles Interesse der Frauen) 50 Zusätzlich existieren im QLQ-CR29 21 Fragen, deren Antworten die 18 Symptomskalen ergeben. Diese Skalen sind für Patienten mit kolorektalem Karzinom entwickelt und betreffen somit die Symptombereiche Harnfrequenz, Harninkontinenz, Blut und Schleim im Stuhl, Stuhlfrequenz, Stuhlinkontinenz, Dysurie, Blähungen, Flatulenzen und Wunde Haut um Stoma oder im Analbereich. Zusätzlich werden Bauchschmerzen, Schmerzen im Anal-/Gesäßbereich, Trockener Mund, Haarausfall, Probleme mit dem Geschmackssinn und Beschämung abgefragt. Während nur Patienten mit Stoma nach Problemen mit der Stomapflege gefragt werden, existiert für Männer die Frage nach Impotenz und für Frauen die nach Dyspareunie. Betrachtet man die Mittelwerte der Symptomskalen, so fällt auf, dass die mit Abstand höchste durchschnittliche Punktzahl von den männlichen Patienten bei der Skala für Impotenz angegeben wurde. Ansonsten wurde nur noch bei der Skala für Flatulenzen der Wert von 50 Punkten überschritten. Ein Mittelwert von über 30 Punkten zeigte sich bei den Symptomskalen für Harn- und Stuhlfrequenz, Blähungen, Stuhlinkontinenz und Beschämung. Die Symptome Schmerzen im Gesäß-/Analbereich und wunde Haut um Stoma/Analbereich, Bauchschmerzen, Trockener Mund, Haarausfall und Dyspareunie, spielten mit durchschnittlichen Werten zwischen 15 und 25 Punkten eine eher untergeordnete Rolle. Harninkontinenz (12,2 ± 22,5 Punkte) und die Bereiche Beeinträchtigung des Geschmacksinns, Probleme bei der Stomapflege, Blut und Schleim im Stuhl und Dysurie mit je einem Mittelwert unter 10 Punkten, sind die am wenigsten beeinträchtigenden Symptome. Die Mittelwerte aller krankheitsspezifischen Symptomskalen sind in Tab. 19 zusammengefasst. 51 UF UI DY SF SI BMS AP BF FL Mittelwert 43,11 12,16 1,33 38,43 31,48 3,78 18,67 31,56 51,85 SD 25,28 22,46 8,56 32,94 36,21 8,91 30,13 31,43 33,98 N 75 74 75 72 72 75 75 75 72 Minimum 0 0 0 0 0 0 0 0 0 Maximum 100 100 66,67 100 100 50 100 100 100 BP DM HL TA SS EMB STO IMP DYS Mittelwert 15,56 16,89 6,22 8,44 22,86 32,39 7,94 68,03 16,67 SD 25,31 27,60 16,20 19,83 29,24 39,43 14,55 37,86 28,58 N 75 75 75 75 70 71 21 49 18 Minimum 0 0 0 0 0 0 0 0 0 Maximum 100 100 66,67 100 100 100 33,33 100 100 Tabelle 19: Mittelwerte der Symptomskalen des QLQ-CR29 (N=Anzahl der Patienten, SD= Standardabweichung, UF=Harnfrequenz, UI=Harninkontinenz, BMS=Blut und Schleim im Stuhl, SF=Stuhlfrequenz, SI=Stuhlinkontinenz, DY= Dysurie, BF= Blähungen, FL=Flatulenzen, SS=Wunde Haut um Stoma oder im Analbereich, AP=Bauchschmerzen, BP=Schmerzen im Anal/Gesäßbereich, DM=Trockener Mund, HL=Haarausfall, TA=Probleme mit dem Geschmackssinn, EMB=Beschämung, STO=Probleme mit der Stomapflege, IMP=Impotenz, DYS=Dyspareunie) 4.3.1.1. Das Geschlecht als Einflussfaktor auf die Lebensqualität Um zu überprüfen, ob das Geschlecht einen Einfluss auf die subjektiv empfundene Lebensqualität hat, werden in allen Bereichen die Werte von Männern und Frauen verglichen und mittels Mann-Whitney-U-Test auf signifikante Unterschiede überprüft. Bei den Funktionalitätsskalen und dem globalen Gesundheitszustand des Fragebogens QLQ-C30, zeigt ein Vergleich der Werte von männlichen und weiblichen Patienten, dass in diesen Bereichen die subjektive Einschätzung, unabhängig vom Geschlecht, sehr ähnlich ist (vgl. Abb. 11). 52 PF 100 80 60 QoL RF 40 20 0 SF EF Insgesamt Frauen Männer CF Abbildung 11: Netzdiagramm zum Globalen Gesundheitszustand und den Funktionalitätsskalen des QLQ-C30 in Abhängigkeit vom Geschlecht (QoL= Globaler Gesundheitszustand, PF=körperliche Funktionalität, RF=Rollenfunktionalität, EF=Emotionale Funktionalität, CF= Kognitive Funktionalität, SF= soziale Funktionalität), genaue Werte siehe Anhang Tabelle 1. Mithilfe des Mann-Whitney-U-Tests konnte in keiner dieser Skalen ein signifikanter Unterschied zwischen den Angaben von weiblichen und männlichen Patienten gefunden werden. Auch in den Symptomskalen sind die Werte, die Männer und Frauen angaben, ähnlich (siehe Tab. 20). Ein statistisch relevanter Unterschied lässt sich in keinem Bereich finden. Lediglich als statistischer Trend ist die vermehrte Schlaflosigkeit der Frauen im Gegensatz zu den männlichen Patienten zu werten (p=0,087). FA NV PA DY SL AP CO DI FI Männer 31,84 5,45 22,44 20,51 19,87 10,26 20,51 29,49 23,08 Frauen 29,47 2,9 24,64 21,74 37,68 10,14 21,21 27,27 17,46 Tabelle 20: Mittelwerte von Frauen und Männern in den Symptomskalen des QLQ-C30 (FA= Müdigkeit, NV= Übelkeit/Erbrechen, PA=Schmerzen, DY=Dyspnoe, SL= Schlaflosigkeit, AP=Appetitlosigkeit, CO=Obstipation, DI=Durchfall, FI= Finanzielle Probleme) 53 Bei den Funktionalitätsskalen des krankheitsspezifischen Fragebogens QLQ-CR29 zeigen sich deutlichere Unterschiede in der subjektiven Einschätzung der Funktionalität von Männern und Frauen. Frauen hatten ein besseres Körperbild und reagierten weniger besorgt auf ihre Gewichtsentwicklung, während Männer weniger besorgt über Ihren Gesundheitszustand waren. Das sexuelle Interesse, das bei Männern und Frauen separat abgefragt wurde, war bei Männern deutlich höher als bei Frauen (vgl. Abb. 12). BI 80 60 40 20 SEX (M+W) ANX 0 Insgesamt Frauen Männer WEI Abbildung 12: Netzdiagramm zu Funktionalitätsskalen des QLQ-CR29 in Abhängigkeit vom Geschlecht (BI=Körperbild, ANX=Besorgnis, WEI=Gewicht, SEXM=Sexuelles Interesse der Männer, SEXW=Sexuelles Interesse der Frauen), genaue Werte siehe Anhang Tab. 5. Nach Überprüfung der Werte mittels Mann-Whitney-U-Test lässt sich feststellen, dass der Unterschied bezüglich des sexuellen Interesses zwischen Männern und Frauen sehr signifikant (p=0,007) ist. Bei den anderen Unterschieden bezüglich der Mittelwerte der Funktionalitätsskalen, die von Männern und Frauen angegeben wurden, konnte keine statistische Signifikanz festgestellt werden. Auch die Mittelwerte der 18 Symptomskalen des QLQ-CR29 können hinsichtlich des Geschlechts verglichen werden und sind in Tab. 21 aufgeführt. 54 UF BMS SF HI DY AP BP BF DM M 42,16 3,92 37,07 12,67 1,96 16,34 16,34 25,49 15,03 F 45,14 3,47 41,30 11,11 0 23,61 13,89 44,44 20,83 HL TA FL SI SS EMB STO IMP DYS M 3,92 8,50 46,94 35,37 24,11 36,11 6,25 68,03 F 11,11 8,33 62,32 23,19 20,29 24,64 13,33 16,67 Tabelle 21: Mittelwerte von Frauen und Männern in den Symptomskalen des QLQ-CR29 (UF=Harnfrequenz, UI=Harninkontinenz, BMS=Blut und Schleim im Stuhl, SF=Stuhlfrequenz, SI=Stuhlinkontinenz, DY= Dysurie, BF= Blähungen, FL=Flatulenzen, SS=Wunde Haut um Stoma oder im Analbereich, AP=Bauchschmerzen, BP=Schmerzen im Anal-/Gesäßbereich, DM=Trockener Mund, HL=Haarausfall, TA=Probleme mit dem Geschmackssinn, EMB=Beschämung, STO=Probleme mit der Stomapflege, IMP=Impotenz, DYS=Dyspareunie) Vergleicht man die Mittelwerte in den Symptomskalen mithilfe des Mann-Whitney-UTests, ergibt sich ein signifikanter Unterschied im Bereich Blähungen. Frauen leiden somit signifikant mehr unter Blähungen als Männer (p=0,012). Im Symptombereich Flatulenzen kann der Unterschied im Vergleich von den stärker betroffenen Frauen zu den männlichen Patienten, als statistischer Trend interpretiert werden (p=0,068). In den anderen Symptombereichen unterscheiden sich die Mittelwerte von Männern und Frauen nicht signifikant. 4.3.1.2. Das Alter als Einflussfaktor auf die Lebensqualität Auch der Einfluss des Alters der Patienten auf die subjektive Einschätzung der Lebensqualität kann untersucht werden. Dabei wird das Alter ab dem Zeitpunkt berechnet, zu dem alle Briefe zurückgekommen sind (31.10.2012). Der Trennwert von 70 Jahren dient dazu, das Patientenkollektiv in zwei nahezu gleich große Gruppen zu teilen. Bei dem Fragebogen QLQ-C30 wurden bei den Funktionalitätsskalen und dem globalen Gesundheitszustand in beiden Altersgruppen ähnliche Werte angegeben. Von den Patienten, die jünger als 70 Jahre alt waren, wurde jedoch fast überall ein höherer Wert angegeben als von den älteren Patienten. Nur im Bereich der emotionalen 55 Funktionalität schätzten sich Patienten ab einem Alter von 70 Jahren durchschnittlich besser ein, siehe Abb. 13. PF 100 80 QoL 60 RF 40 20 0 SF EF Insgesamt <70 Jahre ≥ 70 Jahre CF Abbildung 13: Netzdiagramm zu den Funktionalitätsskalen und dem globalen Gesundheitszustand in Abhängigkeit vom Alter (QoL= Globaler Gesundheitszustand, PF=körperliche Funktionalität, RF=Rollenfunktionalität, EF=Emotionale Funktionalität, CF= Kognitive Funktionalität, SF= Soziale Funktionalität), genaue Werte siehe Anhang Tab. 2. Überprüft man die Werte mit dem Mann-Whitney-U-Test, zeigt sich, dass nur im Bereich der körperlichen Funktionalität ein statistisch signifikanter Unterschied nachzuweisen ist. Patienten, die jünger sind als 70 Jahre, geben durchschnittlich einen signifikant höheren Wert der körperlichen Funktionalität an als Patienten, die 70 Jahre oder älter sind (p=0,038). Die Unterschiede in den anderen Bereichen sind statistisch nicht signifikant. Bei den Symptomskalen ergeben sich durch Aufteilung des Kollektivs in zwei Altersgruppen einige Unterschiede. So leiden Patienten, die 70 Jahre oder älter sind, mehr an Müdigkeit, Appetitmangel und Obstipation es die jüngere Vergleichgruppe im Durchschnitt. Diese gibt dafür eine gravierendere Symptomatik in den fünf verbleibenden Symptomskalen an (vgl. Tab. 22). 56 FA NV PA DY SL AP CO DI FI <70 J. 30,99 4,39 23,68 21,05 26,32 9,65 19,3 36,84 29,82 ≥ 70 J. 31,23 4,96 22,52 20,72 24,32 10,81 22,22 20,37 12,38 Tabelle 22: Mittelwerte von Patienten aus verschiedenen Altersgruppen in den Symptomskalen des QLQ-C30 (J.=Jahre, FA= Müdigkeit, NV= Übelkeit/Erbrechen, PA=Schmerzen, DY=Dyspnoe, SL= Schlaflosigkeit, AP=Appetitlosigkeit, CO=Obstipation, DI=Durchfall, FI= Finanzielle Probleme ) Vergleicht man die Werte mit dem Mann-Whitney-U-Test, zeigt sich, dass Patienten, die jünger als 70 Jahre alt waren, signifikant höhere Werte im Bereich der finanziellen Problematik angaben als die ältere Vergleichgruppe (p=0,024). Zudem gibt es bei Patienten, die jünger als 70 Jahre sind, verglichen mit der älteren Patientengruppe, einen statistischen Trend zu höherer Durchfallsymptomatik (p=0,092). Die Werte der beiden Altersgruppen in den übrigen Symptombereichen unterschieden sich statistisch nicht signifikant. Bei den Funktionalitätsskalen aus dem Fragebogen QLQ-CR29 zeigt sich, dass in allen Skalen die Patienten, die jünger als 70 Jahre alt waren, höhere Funktionalitätswerte angaben als die Patienten, die 70 Jahre oder älter waren. Am deutlichsten zeigte sich dieser Unterschied, wie in Abb. 14 dargestellt, im Bereich des sexuellen Interessessowohl bei Männern als auch bei Frauen. 57 BI 80 60 40 SEXW ANX 20 0 Insgesamt SEXM WEI <70 Jahre ≥ 70 Jahre Abbildung 14. Netzdiagramm zu den Funktionalitätsskalen des QLQ-CR29 in Abhängigkeit vom Alter (BI=Körperbild, ANX=Besorgnis, WEI=Gewicht, SEXM=Sexuelles Interesse der Männer, SEXW=Sexuelles Interesse der Frauen), genaue Werte siehe Anhang Tab. 6. Bei der Überprüfung der Unterschiede auf statistische Signifikanz mittels MannWhitney-U-Test lässt sich feststellen, dass die Mittelwerte, die die Männer aus den unterschiedlichen Altersgruppen bezüglich ihres sexuellen Interesses angaben, sich sehr signifikant unterscheiden (p=0,003). Zudem hatten Patienten, die jünger als 70 Jahre waren, unabhängig vom Geschlecht, ein höheres sexuelles Interesse als die älteren Patienten. Dieser Unterschied ist höchst signifikant (p=0,001). Die anderen Mittelwerte weisen keine signifikanten Differenzen auf. Teilt man die Antworten der Symptomskalen bezüglich des Alters in zwei Gruppen, ergeben sich zum Teil deutliche Unterschiede. Dabei geben die älteren Patienten bei der Hälfte der Skalen eine ausgeprägtere Symptomatik an als das jüngere Kollektiv, während bei der anderen Hälfte der Symptomskalen, die jüngeren Patienten stärker von den Symptomen betroffen sind (siehe Tab. 23). 58 UF BMS SF UI DY AP BP BF DM <70 J. 39,74 4,27 39,81 10,26 0,85 17,95 19,66 29,91 14,53 ≥70 J. 46,76 3,24 37,04 14,29 1,85 19,44 11,11 33,33 19,44 HL TA FL SI SS EMB STO IMP DYS <70 J. 6,84 8,55 47,22 37,04 28,57 33,33 4,17 59,77 16,67 ≥70 J. 5,56 8,33 56,48 25,93 17,14 31,48 10,26 80,00 16,67 Tabelle 23: Mittelwerte von Patienten aus verschiedenen Altersgruppen in den Symptomskalen des QLQ-CR29 (J.=Jahre, UF=Harnfrequenz, UI=Harninkontinenz, BMS=Blut und Schleim im Stuhl, SF=Stuhlfrequenz, SI=Stuhlinkontinenz, DY= Dysurie, BF= Blähungen, FL=Flatulenzen, SS=Wunde Haut um Stoma oder im Analbereich, AP=Bauchschmerzen, BP=Schmerzen im Anal/Gesäßbereich, DM=Trockener Mund, HL=Haarausfall, TA=Probleme mit dem Geschmackssinn, EMB=Beschämung, STO=Probleme mit der Stomapflege, IMP=Impotenz, DYS=Dyspareunie) Nach Vergleich der Mittelwerte dieser zwei Altersgruppen mit dem Mann-Whitney-UTest lässt sich sagen, dass bei einem Trennwert von 70 Jahren das Alter die Symptomatik nicht signifikant beeinflusst. Es lässt sich lediglich ein statistischer Trend feststellen, demzufolge die männlichen Patienten ab einem Alter von 70 Jahren, stärker an Impotenz leiden als die jüngere Vergleichsgruppe (p= 0,078). 4.3.1.3. Das Stoma als Einflussfaktor auf die Lebensqualität Um zu überprüfen, inwieweit eine langfristige Stomaanlage die Lebensqualität von Patienten beeinflusst, werden die Mittelwerte der 21 Patienten mit Stoma und der 53 Patienten ohne Stoma verglichen. Patienten ohne Stoma beurteilten ihren globalen Gesundheitsstatus und ihre Funktionalität in allen Bereichen des QLQ-C30 besser als Patienten mit Stomaanlage. Am deutlichsten waren die Unterschiede, wie in Abb. 15 gut zu erkennen ist, in den Bereichen der körperlichen Funktionalität und der Rollenfunktionalität. 59 PF 100 80 60 QoL RF 40 20 0 SF EF Insgesamt ohne Stoma mit Stoma CF Abbildung 15: Netzdiagramm zu dem globalen Gesundheitszustand und den Funktionalitätsskalen des QLQ-C30 bei Patienten mit und ohne Stoma (QoL= Globaler Gesundheitszustand, PF=körperliche Funktionalität, RF=Rollenfunktionalität, EF=Emotionale Funktionalität, CF= Kognitive Funktionalität, SF= soziale Funktionalität), genaue Werte siehe Anhang Tab. 3 Vergleicht man die Mittelwerte der Gruppen mit dem Mann-Whitney-U-Test auf statistisch signifikante Unterschiede, so zeigt sich ein sehr signifikanter Unterschied im Bereich der körperlichen Funktionalität. Patienten ohne Stoma haben einen sehr signifikant höheren Mittelwert als Patienten mit Stoma (p=0,006). In den anderen Bereichen lässt sich kein signifikanter Unterschied nachweisen. Bei den neun Symptomskalen des QLQ-C30 weisen Patienten ohne Stoma eine höhere Symptomatik in den Bereichen Schlaflosigkeit, Obstipation und Diarrhoe auf. In allen anderen Bereichen leiden Patienten mit Stoma stärker unter den Symptomen (vgl. Tab. 24). FA NV PA DY SL AP CO DI FI Stoma 37,37 6,82 24,24 25,76 24,24 15,16 6,35 17,46 25,4 Kein Stoma 28,51 3,77 22,64 18,87 25,79 8,18 26,42 33,33 19,87 Tabelle 24: Mittelwerte von Patienten mit und ohne Stoma in den Symptomskalen des QLQ-C30 (FA= Müdigkeit, NV= Übelkeit/Erbrechen, PA=Schmerzen, DY=Dyspnoe, SL= Schlaflosigkeit, AP=Appetitlosigkeit, CO=Obstipation, DI=Durchfall, FI= Finanzielle Probleme) 60 Die für die Symptomskalen errechneten Mittelwerte von Patienten mit und ohne Stoma unterscheiden sich, bei Überprüfung mit dem Mann-Whitney-U-Test, im Bereich der Obstipation sehr signifikant (p=0,006). Patienten ohne Stoma litten dabei signifikant häufiger an Verstopfung. Für die anderen Symptomskalen ergab sich kein statistisch signifikanter Unterschied zwischen den Mittelwerten von Patienten mit und Patienten ohne Stoma. Auch bei den Funktionalitätsskalen des krankheitsspezifischen Fragebogens QLQCR29 gaben Patienten ohne Stoma in allen Bereichen höhere Werte an als Patienten mit Stoma, siehe Abb. 16. BI 80 60 40 SEXF ANX 20 0 Insgesamt SEXM WEI kein Stoma Stoma Abbildung 16: Netzdiagramm zu den Funktionalitätsskalen des QLQ-CR29 bei Patienten mit und ohne Stoma (BI=Körperbild, ANX=Besorgnis, WEI=Gewicht, SEXM=Sexuelles Interesse der Männer, SEXW=Sexuelles Interesse der Frauen), genaue Werte siehe Anhang Tab. 7 Vergleicht man die Mittelwerte der Funktionalitätsskalen von Patienten mit und ohne Stoma mit Hilfe des Mann-Whitney-U-Tests für unabhängige Stichproben, zeigt sich dabei kein statistisch signifikanter Unterschied. Die 18 Symptomskalen des Fragebogens QLQ-CR29 enthalten eine Skala, die nur bei Patienten mit Stoma Anwendung findet und Probleme bei der Stomapflege bewertet. Bei den restlichen Symptomskalen sind ungefähr die Hälfte der abgefragten Symptome bei Patienten mit Stoma und die andere Hälfte bei Patienten ohne Stoma stärker ausgeprägt, wie in Tab. 25 dargestellt. 61 UF BMS SF UI DY AP BP BF DM + Stoma 47,62 4,76 29,55 19,05 0 19,05 4,76 20,63 23,81 - Stoma 41,36 3,40 42,33 9,43 1,85 18,52 19,75 35,80 14,20 HL TA FL SI SS EMB STO IMP DYS + Stoma 6,35 11,11 39,40 15,15 21,21 34,85 7,94 60,0 33,33 - Stoma 6,17 7,41 57,33 38,67 23,61 31,29 71,57 10,26 Tabelle 25: Mittelwerte von Patienten mit und ohne Stoma in den Symptomskalen des QLQ-CR29 (+Stoma= mit Stoma, -Stoma= ohne Stoma, UF=Harnfrequenz, UI=Harninkontinenz, BMS=Blut und Schleim im Stuhl, SF=Stuhlfrequenz, SI=Stuhlinkontinenz, DY= Dysurie, BF= Blähungen, FL=Flatulenzen, SS=Wunde Haut um Stoma oder im Analbereich, AP=Bauchschmerzen, BP=Schmerzen im Anal-/Gesäßbereich, DM=Trockener Mund, HL=Haarausfall, TA=Probleme mit dem Geschmackssinn, EMB=Beschämung, STO=Probleme mit der Stomapflege, IMP=Impotenz, DYS=Dyspareunie) Überprüft man die Unterschiede der Mittelwerte zwischen den Gruppen der Patienten mit und ohne Stoma mit dem Mann-Whitney-U-Test für zwei unabhängige Stichproben auf statistische Signifikanz, so zeigt sich, dass der Unterschied in den Symptomskalen Schmerzen am Gesäß/Analbereich (p= 0,012), Stuhlinkontinenz (p=0,011), Flatulenzen (p=0,037) und Blähungen (p=0,05) signifikant unterschiedlich ist. In allen vier Skalen haben Patienten ohne Stoma eine signifikant ausgeprägtere Symptomatik als Patienten mit Stoma. In allen anderen Symptombereichen sind die Unterschiede der Mittelwerte von Patienten mit und ohne Stoma nicht signifikant. 4.3.2. Die Lebensqualität der Patienten mit unterschiedlicher Therapie 4.3.2.1. Der Einfluss der Operationsmethoden auf die Lebensqualität Um herauszufinden, ob die Operationsmethode einen Einfluss auf die Lebensqualität hat, werden die 58 Patienten mit Rektumresektion verglichen mit den elf Patienten, bei denen eine Rektumexstirpation erfolgte. Hierbei wurden die Einflussfaktoren Geschlecht, Stoma und Alter nicht weiter analysiert, da sonst die Fallzahlen zu gering ausgefallen wären (siehe Tab. 26). 62 OP-Methode Geschlecht Stoma Alter RCT M F Ja Nein <70 J. ≥70 J. KA A NA RR (N=58) 41 17 10 48 30 28 20 14 24 RE (N=11) 7 4 11 0 3 8 1 2 8 Tabelle 26: Vergleich der Patientengruppen mit Rektumresektion (RR) und Rektumexstirpation (RE) bezüglich Geschlecht, Stoma, Alter und Radiochemotherapie (RCT) (M=Männer, F= Frauen, J.=Jahre, KA=keine Adjuvanz, A=adjuvante Therapie, NA=Neoadjuvante Therapie, N=Anzahl) Mit Hilfe des Mann-Whitney-U-Tests für zwei unabhängige Stichproben werden die Werte für die unterschiedlichen Bereiche der Lebensqualität von Patienten mit Rektumresektion und Rektumexstirpation verglichen. Dabei zeigt sich, dass Patienten mit Rektumresektion signifikant mehr an Schmerzen im Anal-/Gesäßbereich (p=0,015) und an Stuhlinkontinenz (p=0,038) leiden als Patienten mit einer Rektumexstirpation. Auch in den Symptombereichen Obstipation (p=0,092) und Diarrhoe (p=0,086) gaben Patienten mit Rektumresektion höhere Werte an als Patienten mit Rektumexstirpation, was als statistischer Trend interpretiert werden kann. Ebenfalls statistische Trends sind das höhere sexuelle Interesse bei Patientinnen mit Rektumresektion im Vergleich zu Patientinnen mit Rektumexstirpation (p=0,087), wobei letztere im Durchschnitt einen Funktionalitätswert von 0 Punkten angaben, und die höhere Harnfrequenz bei Patienten mit Rektumexstirpation im Vergleich zu Patienten mit Rektumresektion (p=0,096). Die genauen Mittelwerte sind in Tab. 27 zusammengestellt. RR RE BP 18,71 ±26,74 (N=57) 0 ±0 (N=11) SI 36,42 ±36,78 (N=54) 12,12 ±22,47 (N=11) CO 23,21 ±32,98 (N=56) 9,09 ±30,15 (N=11) DI 31,55 ±35,63 (N=56) 12,12 ±22,47 (N=11) SEXW 31,25 ±37,45 (N=16) 0 ±0 (N=4) UF 40,64 ±25,40 (N=57) 54,55 ±26,97 (N=11) Tabelle 27: Statistisch relevante Mittelwerte von Patienten mit Rektumresektion (RR) und Rektumexstirpation (RE) (N=Anzahl, BP= Schmerzen am Gesäß/Analbereich, SI=Stuhlinkontinenz, CO=Verstopfung, DI= Diarrhoe, SEXW= Sexuelles Interesse bei Frauen, UF= Harnfrequenz) 63 4.3.2.2. Der Einfluss der Radiochemotherapie auf die Lebensqualität Von den 74 Patienten, die den Fragebogen QLQ-C30 vollständig ausfüllten, hatten 32 Patienten eine neoadjuvante Therapie und 15 Patienten eine adjuvante Therapie erhalten. 27 Patienten erhielten eine Operation ohne Adjuvanz. Vergleicht man die Mittelwerte des globalen Gesundheitszustands und der Funktionalitätsskalen des QLQ-C30 von Patienten mit adjuvanter und neoadjuvanter Therapie, so zeigt sich, dass in allen Bereichen neoadjuvant behandelte Patienten die bessere Funktionalität haben. Auch Patienten die keine Adjuvanz erhielten hatten in allen Bereichen höhere Funktionalitätswerte als Patienten mit adjuvanter Therapie. Beim Vergleich von Patienten mit neoadjuvanter Therapie und alleiniger Operation hatten neoadjuvant behandelte Patienten die höchste kognitive und emotionale Funktionalität, während die Patienten ohne Adjuvanz in allen anderen Bereichen die höchsten Werte angaben. Die bildliche Darstellung dieser Vergleiche findet sich in Abb. 17. PF 100 80 QoL 60 RF 40 20 0 SF EF Insgesamt keine Adjuvanz Adjuvant CF Neoadjuvant Abbildung 17: Netzdiagramm zu dem globalen Gesundheitszustand und den Funktionalitätsskalen des QLQ-C30 in Abhängigkeit von der Therapie (QoL= Globaler Gesundheitszustand, PF=körperliche Funktionalität, RF=Rollenfunktionalität, EF=Emotionale Funktionalität, CF= Kognitive Funktionalität, SF= soziale Funktionalität), genaue Werte siehe Anhang Tab. 4 64 Um zu beurteilen, ob in Abhängigkeit von der Therapie signifikant unterschiedliche Mittelwerte von den Patienten angegeben werden, werden die Werte zunächst mithilfe des Kruskal-Wallis-Tests für mehrere unabhängige Stichproben überprüft. Dabei ergibt sich im Bereich des globalen Gesundheitszustands ein sehr signifikanter Unterschied (p=0,008), im Bereich der körperlichen Funktionalität ebenfalls ein sehr signifikanter Unterschied (p=0,005) und im Bereich der Rollenfunktion ein signifikanter Unterschied (p=0,011). Bei der kognitiven Funktionalität kann man bei einem p-Wert von 0,078, ebenso wie bei der sozialen Funktionalität mit einem p-Wert von 0,06, von einem statistischen Trend sprechen. In diesen Bereichen werden nun je zwei Therapiegruppen mit dem Mann-Whitney-U-Test als unabhängige Stichproben verglichen. Dabei lassen sich signifikante Unterschiede bestätigen. Hinsichtlich des globalen Gesundheitszustands geben neoadjuvant behandelte einen sehr signifikant höheren Wert an als adjuvant behandelte Patienten (p=0,007). Patienten ohne adjuvante Therapie haben ebenfalls einen sehr signifikant höheren Wert als Patienten mit adjuvanter Therapie (p=0,003), der Unterschied zu neoadjuvant behandelten Patienten ist jedoch nicht signifikant. Adjuvant behandelte Patienten haben auch im Bereich der körperlichen (p=0,014), Rollen- (p=0,014) und kognitiven Funktionalität (p=0,037) signifikant niedrigere und im Bereich der sozialen Funktionalität marginal signifikant niedrigere (p=0,085) Werte als neoadjuvant behandelte Patienten. Verglichen mit Patienten, die nur operiert wurden, hatten adjuvant behandelte Patienten sogar eine höchstsignifikant niedrigere körperliche Funktionalität (p=0,001), eine sehr signifikant niedrigere Rollenfunktionalität (p=0,004) und signifikant schlechtere Werte bei kognitiver (p=0,05) sowie sozialer (p=0,026) Funktionalität. Zwischen Patienten mit neoadjuvanter und ohne adjuvante Therapie bestand kein statistisch relevanter Unterschied. Bei acht der neun Symptomskalen des QLQ-C30 gaben Patienten mit adjuvanter Therapie eine höhere Beeinträchtigung durch die jeweiligen Symptome an als neoadjuvant behandelte Patienten. Nur im Bereich Übelkeit/Erbrechen war der Wert der neoadjuvant behandelten Patienten höher, als derjenige der Patienten mit adjuvanter Therapie. Patienten, die nur eine Operation erhielten, hatten in sieben der neun Symptomskalen niedrigere Werte als Patienten mit zusätzlicher adjuvanter oder neoadjuvanter Radiochemotherapie. Lediglich im Bereich der Schlaflosigkeit und der Diarrhoe, hatten neoadjuvant behandelte Patienten die niedrigsten Symptome. Die 65 Mittelwerte der Symptomskalen für alle Therapiegruppen sind in Tab. 28 zusammengefasst. FA NV PA DY SL AP CO DI FI Adj 37,50 5,21 33,33 31,25 39,58 18,75 26,67 33,33 24,44 Neoadj. 29,86 6,77 22,34 20,83 14,58 8,33 19,79 23,96 23,96 Keine Adj. 28,81 1,85 17,90 14,81 29,63 7,41 18,52 32,10 16,67 Tabelle 28: Mittelwerte von Patientengruppen mit unterschiedlicher Therapie in den Symptomskalen des QLQ-C30 (adj.= adjuvante Therapie, neoadj.= neoadjuvante Therapie, FA= Müdigkeit, NV= Übelkeit/Erbrechen, PA=Schmerzen, DY= Dyspnoe, SL= Schlaflosigkeit, AP= Appetitlosigkeit, CO= Obstipation, DI= Durchfall, FI= Finanzielle Probleme) Zunächst erfolgt die Beurteilung auf Signifikanz mit dem Kruskal-Wallis-Test für mehrere unabhängige Stichproben, wobei nur im Symptombereich Schlaflosigkeit ein statistisch signifikanter Unterschied (p=0,039) zu verzeichnen ist. In den Symptombereichen Dyspnoe (p=0,076) und Appetitlosigkeit (p=0,083) zeigt sich ein statistischer Trend, während alle weiteren Bereiche statistisch nicht relevant sind. Anschließend werden die Werte der Symptombereiche Schlaflosigkeit, Dyspnoe und Appetitmangel von je zwei Therapiegruppen mithilfe des Mann-Whitney-U-Tests für zwei unabhängige Stichproben näher verglichen. Es zeigt sich, dass Patienten, die eine adjuvante Therapie erhielten, signifikant häufiger an Schlaflosigkeit litten als Patienten, die mit einer neoadjuvanten Therapie (p=0,015) behandelt wurden. Verglichen mit Patienten, bei denen eine alleinige Operation durchgeführt wurde, gaben adjuvant behandelte Patienten signifikant höhere Werte in den Symptombereichen Dyspnoe (p=0,036) und Appetitlosigkeit (p=0,05) an. Als statistischern Trend ist die vermehrte Appetitlosigkeit von adjuvant behandelten Patienten verglichen mit neoadjuvant therapierten Patienten (p=0,065) zu werten, ebenso wie die stärkere Symptomatik im Bereich Schlaflosigkeit, die Patienten ohne Adjuvanz gegenüber Patienten mit neoadjuvanter Therapie vorwiesen (p=0,081). Die Werte der Funktionalitätsskalen aus dem krankheitsspezifischen Fragebogen QLQCR29 können ebenfalls für die verschiedenen Therapiegruppen verglichen werden. Es zeigt sich auch hier, dass Patienten, die nur operiert wurden, ihre Funktionalität in drei der fünf Funktionalitätsskalen mit dem höchsten Wert der drei Therapiegruppen 66 bewerteten. Hingegen hatten neoadjuvant behandelte Patienten durchschnittlich am wenigsten Besorgnis wegen ihres Gesundheitszustands und das mittlere sexuelle Interesse war bei adjuvant behandelten Frauen am höchsten, siehe Abb. 18. BI 80 60 40 SEXF ANX 20 0 Insgesamt keine Adjuvanz SEXM WEI Adjuvant Neoadjuvant Abbildung 18: Netzdiagramm zu den Funktionalitätsskalen des QLQ-CR29 in Abhängigkeit von der Therapie (BI=Körperbild, ANX=Besorgnis, WEI=Gewicht, SEXM=Sexuelles Interesse der Männer, SEXW=Sexuelles Interesse der Frauen), genaue Werte siehe Anhang Tab. 8 Überprüft man nun mit dem Kruskal-Wallis-Test für mehrere unabhängige Stichproben die Mittelwerte der drei verschiedenen Therapiegruppen auf signifikante Unterschiede, so stellt man fest, dass nur im Bereich des Körperbildes ein signifikanter Unterschied besteht (p=0,047). Mit Hilfe des Mann-Whitney-U-Tests für zwei unabhängige Stichproben zeigt sich, dass im Bereich des Körperbildes der Funktionalitätswert der Patienten, die keine Adjuvanz erhielten, statistisch signifikant höher ist als derjenige der Patienten mit adjuvanter Therapie (p=0,020). Bei den Symptomskalen des QLQ-CR29 fällt bei Betrachtung der Mittelwerte im Zusammenhang mit der erhaltenen Therapie auf, dass bei 16 der 18 Symptomskalen, Patienten mit adjuvanter Therapie die höchsten Werte der drei Therapiegruppen angaben. Neoadjuvant behandelte Patienten und Patienten, die ohne Adjuvanz therapiert wurden, hatten in ungefähr gleich vielen Bereichen je die niedrigste Symptomatik der drei Gruppen. Nur in den Bereichen Dysurie und Haarausfall wiesen 67 neoadjuvant behandelte Patienten die höchste Symptomatik auf. Patienten ohne Radiochemotherapie hatten nur bei den Problemen mit der Stomapflege einen gleich hohen Wert wie adjuvant behandelte Patienten (vgl. Tab. 29). UF BMS SF UI DY AP BP BF DM Adj. 46,88 4,17 45,56 14,58 0 25,00 18,75 37,50 29,17 Neoadj. 38,89 3,54 35,86 12,50 2,02 17,17 12,12 30,30 15,15 Keine Adj. 46,15 3,85 37,50 10,26 1,28 16,67 17,95 29,49 11,54 HL TA FL SI SS EMB STO IMP DYS Adj. 8,33 10,42 64,44 35,56 31,11 37,78 16,67 80,00 33,33 Neoadj. 9,09 10,10 46,46 32,32 21,51 32,29 2,56 64,00 5,56 Keine Adj. 1,28 5,13 51,39 27,78 19,44 29,17 16,67 66,67 14,29 Tabelle 29: Mittelwerte von Patientengruppen mit unterschiedlicher Therapie in den Symptomskalen des QLQ-CR29 (adj.=adjuvante Therapie, neoadj.= neoadjuvante Therapie, UF=Harnfrequenz, UI=Harninkontinenz, BMS=Blut und Schleim im Stuhl, SF=Stuhlfrequenz, SI=Stuhlinkontinenz, DY=Dysurie, BF=Blähungen, FL=Flatulenzen, SS=Wunde Haut um Stoma oder im Analbereich, AP=Bauchschmerzen, BP=Schmerzen im Anal-/Gesäßbereich, DM=Trockener Mund, HL=Haarausfall, TA=Probleme mit dem Geschmackssinn, EMB=Beschämung, STO=Probleme mit der Stomapflege, IMP=Impotenz, DYS=Dyspareunie) Überprüft man mit dem Kruskal-Wallis-Test für mehrere unabhängige Stichproben die Mittelwerte der 18 Symptomskalen auf statistisch signifikante Unterschiede, so zeigt sich, dass in keiner Symptomskala ein signifikanter Unterschied zwischen den drei Therapiegruppen besteht. Ein statistischer Trend ist jedoch in den Bereichen Haarausfall (p=0,10) und Probleme mit der Stomapflege (p=0,098) zu erkennen, weshalb in diesen Symptombereichen die Mittelwerte von je zwei Therapiegruppen weiter mit dem Mann-Whitney-U-Test für zwei unabhängige Stichproben verglichen werden. Dabei kann man feststellen, dass neoadjuvant behandelte Patienten signifikant mehr Probleme bei der Stomapflege haben als adjuvant behandelte Patienten (p=0,041). Verglichen mit Patienten, die nur operiert wurden, leiden neoadjuvant behandelte 68 Patienten zudem signifikant häufiger an Haarausfall (p=0,031). In den anderen Bereichen kann kein signifikanter Unterschied festgestellt werden. 4.3.2.2.1.Die Lebensqualität bei unterschiedlicher Therapie, abhängig von Geschlecht, Stoma und Alter Bislang wurde die Lebensqualität aller Patienten mit unterschiedlicher Therapie miteinander verglichen. Nun werden die drei Patientengruppen mit unterschiedlicher Therapie je nach Einfluss von Geschlecht, Alter und Stoma mit dem Mann-Whitney-UTest auf signifikante Unterschiede untersucht. Bei Patienten, die nur operiert wurden, haben Männer und Frauen keine signifikant unterschiedlichen Werte angegeben. Patienten ohne Radiochemotherapie und ohne Stoma gaben weniger Probleme bezüglich des Geschmackssinn an als Patienten, die nur operiert wurden und langfristig ein Stoma hatten, woraus sich ein statistischer Trend ergibt (p=0,077). Teilt man die Patienten, die nur eine Operation als Therapie erhielten nach ihrem Alter mit dem Trennwert von 70 Jahren in zwei Gruppen, zeigt sich, dass Patienten, die jünger als 70 Jahre alt waren, signifikant mehr an Diarrhoe litten als die älteren Patienten (p=0,022). Zudem ergaben sich die statistischen Trends, dass die jüngeren Patienten mehr an erhöhter Stuhlfrequenz (p=0,065), Stuhlinkontinenz (p=0,087) und unter Beschämung (p=0,087) litten, während die soziale Funktion im Vergleich zu den älteren Patienten besser war (p=0,066) (vgl. Tab. 30). 69 Keine Adjuvanz Männer Frauen Kein signifikanter Unterschied Stoma Kein Stoma 66,67 ±0 (N=1) 2,67 ±9,23 (N=25) <70 Jahre ≥70 Jahre DI 43,86 ±41,65 (N=19) 4,17 ±11,79 (N=8) SozF 48,25 ±35,53 (N=19) 20,83 ±21,36 (N=8) StF 46,08 ±35,12 (N=17) 16,67 ±19,25 (N=7) SI 37,25 ±38,88 4,76 ±12,60 EMB 39,22 ±41,22 4,76 ±12,60 TA Tabelle 30: Statistisch relevante Mittelwerte von Patienten ohne Adjuvanz aufgeteilt nach Geschlecht, Stoma und Alter (N=Anzahl, TA= Probleme mit Geschmackssinn, DI=Durchfall, SozF= Soziale Funktionalität, StF= Stuhlfrequenz, SI= Stuhlinkontinenz, EMB= Beschämung) Betrachtet man die Gruppe der Patienten mit adjuvanter Therapie, ergeben sich hier statistisch relevante Unterschiede zwischen Männern und Frauen. So leiden Frauen signifikant stärker unter Mundtrockenheit als Männer (p=0,027), während Männer signifikant höhere Werte bei Stuhlinkontinenz angaben (p=0,04). Als statistischen Trend kann man den vermehrten Haarausfall bei Frauen gegenüber männlichen Patienten, die mit durchschnittlich 0 Punkten überhaupt nicht darunter litten, ansehen (p=0,069). Zwischen den Werten von Patienten mit adjuvanter Therapie und langfristiger Stomaanlage und Patienten mit adjuvanter Therapie aber ohne Stoma, ergaben sich keine statistisch signifikanten Unterschiede. Nur der statistische Trend, dass Patienten mit Stoma weniger unter Durchfall litten als Patienten ohne Stoma, ist zu verzeichnen (p=0,088). Ebenso konnte beim Vergleich der Werte von Patienten mit adjuvanter Therapie aber mit unterschiedlichem Alter nur der statistische Trend erkannt werden, dass Patienten, die jünger als 70 Jahre alt waren, ausgeprägtere Dyspnoe hatten als das ältere Vergleichskollektiv (p=0,078) (siehe Tab. 31). 70 Adjuvante Therapie Männer Frauen DM 12,12 ±22,47 (N=11) 66,67 ±40,82 (N=5) SI 50,00 ±39,28 (N=10) 6,67 ±14,91 (N=5) HL 0 (N=11) 26,67 ±27,89 (N=5) Stoma Kein Stoma 16,67 ±27,89 (N=6) 44,44 ±28,87 (N=9) <70Jahre ≥70 Jahre 58,33 ±31,91 (N=4) 22,22 ±25,95 (N=12) DI DY Tabelle 31: Statistisch relevante Mittelwerte von Patienten mit adjuvanter Therapie aufgeteilt nach Geschlecht, Stoma und Alter (N=Anzahl, DM= Trockener Mund, SI=Stuhlinkontinenz, HL= Haarausfall, DI=Durchfall, DY=Dyspnoe) Schließlich wird auch in der Gruppe der neoadjuvant behandelten Patienten der Einfluss von Geschlecht, Stoma und Alter untersucht. Vergleicht man neoadjuvant behandelte Männer und Frauen, so kann man feststellen, dass Frauen ein signifikant niedrigeres sexuelles Interesse (p=0,02) und signifikant mehr Blähungen (p=0,02) hatten als Männer. Auch empfanden Frauen im Durchschnitt mehr Schmerzen als Männer, was als statistischer Trend anzusehen ist (p=0,075). Patienten mit und ohne Stoma unterschieden sich ebenfalls in mehreren Bereichen. So hatten Patienten ohne Stoma eine signifikant höhere körperliche Funktionalität (p=0,020), jedoch signifikant mehr Verstopfung (p=0,024), Flatulenzen (p=0,04) und Stuhlinkontinenz (p=0,018) als Patienten mit Stoma. Statistische Trends sind die vermehrte Müdigkeit (p=0,059) und erhöhte Harnfrequenz (0,074) von Patienten mit Stoma im Gegensatz zu Patienten ohne Stoma. Das Alter hat bei neoadjuvant behandelten Patienten einen Einfluss auf die Lebensqualität im sexuellen Bereich. So haben Männer, die jünger als 70 Jahre alt waren, ein signifikant höheres sexuelles Interesse (p=0,046) und signifikant weniger Probleme mit Impotenz (p=0,022) als die älteren Männer. Unabhängig vom Geschlecht haben Patienten unter 70 Jahren ein sehr signifikant höheres sexuelles Interesse als die älteren Patienten (p=0,002) (vgl. Tab. 32). 71 Neoadjuvante Therapie Männer Frauen SEX 52,00 ±37,37 (N=25) 16,67 ±35,63 (N=8) BF 24,00 ±29,69 (N=25) 50,00 ±17,82 (N=8) Stoma Kein Stoma PF 66,15 ±30,36 (N=13) 90,18 ±10,03 (N=19) CO 2,56 ±9,25 (N=13) 31,58 ±35,96 (N=19) FL 30,77 ±28,74 (N=13) 56,67 ±36,03 (N=20) SI 12,82 ±21,68 (N=13) 45,00 ±37,89 (N=20) FA 41,03 ±28,47 (N=13) 22,22 ±19,25 (N=19) UF 50,00 ±27,22 (N=13) 31,67 ±22,88 (N=20) <70 Jahre ≥70 Jahre SEX 62,50 ±34,16 (N=16) 25,49 ±36,38 (N=17) SEXM 66,67 ± 30,43 (N=13) 36,11 ±38,82 (N=12) IMP 46,15 ±39,76 (N=13) 83,33 ±30,15 (N=12) Tabelle 32: Statistisch relevante Mittelwerte von Patienten mit neoadjuvanter Therapie aufgeteilt nach Geschlecht, Stoma und Alter (N=Anzahl, SEX= sexuelles Interesse, BF= Blähungen, PF= körperliche Funktionalität, CO=Verstopfung, FL=Flatulenzen, SI= Stuhlinkontinenz, FA=Müdigkeit, UF= Harnfrequenz, SEXM=sexuelles Interesse von Männern, IMP= Impotenz) 4.3.2.2.2. Der Einfluss der Therapie auf die Lebensqualität bei Männern und Frauen Betrachtet man die Werte für alle Bereiche der Fragebögen QLQ-C30 und QLQ-CR29 zur Einschätzung der Lebensqualität, die jeweils Männer und Frauen mit neoadjuvanter, adjuvanter oder ohne Radiochemotherapie angegeben haben, lassen sich einige signifikante Unterschiede feststellen. Wenn sich solche Unterschiede ergeben, werden die entsprechenden Werte in Tab. 33 und 34 aufgeführt. So leiden Frauen, die eine adjuvante Radiochemotherapie erhielten, signifikant stärker unter Mundtrockenheit als neoadjuvant behandelte Patientinnen (p=0,03). Männer, die eine adjuvante Therapie erhalten haben, bewerteten ihren globalen Gesundheitszustand (p=0,007), ihre körperliche Funktionalität (p=0,008) und ihre Rollenfunktionalität (p=0,005) sehr signifikant schlechter als männliche Patienten mit einer neoadjuvanten Therapie. Die soziale Funktionalität der adjuvant behandelten 72 männlichen Patienten war zudem marginal signifikant (p=0,058) schlechter, als die der neoadjuvant behandelten Männer. Verglichen mit Patienten, die nur operiert wurden, gab es bei Männern mit neoadjuvanter Therapie keine signifikanten Unterschiede. Bei Frauen hingegen hatten neoadjuvant behandelte Patientinnen signifikant mehr Schmerzen als Patientinnen ohne Radiochemotherapie (p=0,044). Vergleicht man die adjuvant behandelten Patienten mit Patienten, die keine Radiochemotherapie erhalten haben, ergeben sich einige signifikante Unterschiede. So haben Frauen mit adjuvanter Radiochemotherapie auch gegenüber Patientinnen, die nur operiert wurden, eine signifikant stärkere Symptomatik im Bereich Mundtrockenheit (p=0,013), während adjuvant behandelte Männer gegenüber den Patienten ohne Radiochemotherapie ebenfalls sehr signifikant stärkere Funktionalitätseinbußen im Bereich globaler Gesundheitszustand (p=0,007) und Rollenfunktionalität (p=0,004) angaben. Im Bereich der körperlichen Funktionalität sind diese Funktionseinbußen hier sogar höchstsignifikant (p=0,001). Als statistischer Trend ist die vermehrte Dyspnoe von Patienten mit adjuvanter Therapie gegenüber Patienten ohne Radiochemotherapie zu werten (p=0,064). 4.3.2.2.3. Der Einfluss der Therapie auf die Lebensqualität bei jüngeren und älteren Patienten Auch hier werden mit einem Trennwert von 70 Jahren zwei Altersgruppen gebildet. Wenn sich die Werte in einer Altersgruppe abhängig von der Therapie signifikant unterscheiden, sind diese in Tab. 33 und 34 erfasst. Es zeigt sich, dass beim Vergleich der Lebensqualität von adjuvant und neoadjuvant behandelten Patienten, das Alter eine Rolle spielt. So leiden in der Gruppe der Patienten, die jünger als 70 Jahre alt waren, adjuvant behandelte Patienten signifikant häufiger unter Dyspnoe (p=0,02) und haben eine signifikant schlechtere Funktionalität (p=0,02) als neoadjuvant behandelte Patienten. Zudem lässt sich der statistische Trend feststellen, dass der globale Gesundheitszustand (p=0,062) und die körperliche Funktionalität (p=0,08) von adjuvant behandelten Patienten dieser Altersgruppe niedriger sind als die von neoadjuvant behandelten Patienten. 73 In der Gruppe der Patienten, die 70 Jahre oder älter sind, leiden adjuvant behandelte Patienten signifikant stärker an Schlaflosigkeit als neoadjuvant behandelte (p=0,012). Zudem ist eine verminderte Rollenfunktionalität der Patienten mit adjuvanter Radiochemotherapie im Vergleich zu Patienten mit neoadjuvanter Radiochemotherapie als statistischer Trend zu werten (p=0,092). Für keine der beiden Altersgruppen besteht in irgendeiner Skala der beiden Fragebögen ein signifikanter Unterschied zwischen neoadjuvant behandelten Patienten und Patienten, die nur operiert wurden. Vergleicht man in beiden Altersgruppen die Lebensqualität von adjuvant behandelten Patienten mit derjenigen von Patienten die nur operiert wurden, lässt sich jedoch wieder in einigen Bereichen die schlechtere Lebensqualität von Patienten mit adjuvanter Therapie feststellen. So haben in der Gruppe der Patienten, die jünger als 70 Jahre alt waren, adjuvant behandelte Patienten eine signifikant niedrigere soziale (p=0,016) und körperliche (p=0,035) Funktionalität und signifikant mehr Dyspnoe (p=0,035) als Patienten, die nur operiert wurden. Zudem kann die geringere Rollenfunktionalität der adjuvant behandelten Patienten, verglichen mit Patienten ohne Adjuvanz, als statistischer Trend gewertet werden (p=0,097). In der Vergleichsgruppe der Patienten, die 70 Jahre oder älter waren, zeigen sich noch deutlichere Unterschiede. So haben Patienten dieser Altersgruppe mit adjuvanter Therapie einen sehr signifikant niedrigeren globalen Gesundheitszustand als Patienten ohne Radiochemotherapie (p=0,007). Zudem ist die Rollenfunktionalität der adjuvant behandelten Patienten signifikant schlechter (p=0,039) und die Durchfallsymptomatik signifikant höher (p=0,02) als bei Patienten, die nur operiert wurden. Als statistische Trends können die verminderte körperliche Funktionalität (p=0,098), die vermehrten Schlafprobleme (p=0,069) und die höhere Appetitlosigkeit (p=0,069) der Patienten mit adjuvanter Therapie gegenüber den Patienten ohne Radiochemotherapie verstanden werden. 4.3.2.2.4. Der Einfluss der Therapie auf die Lebensqualität bei Patienten mit und ohne langfristiges Stoma In jeder der drei Therapiegruppen gibt es Patienten, die mit und ohne Stoma leben. Um zu überprüfen, inwieweit ein Stoma neben der Therapie Einfluss auf die Lebensqualität hat, werden bei Patienten mit und ohne Stoma je die Werte von Patienten aus den drei 74 unterschiedlichen Therapiegruppen verglichen. Die genauen, sich signifikant unterscheidenden Werte, sind in Tab. 33 und 34 dargestellt. Bei den Patienten mit Stoma ergibt sich beim Vergleich der drei Therapiegruppen kein signifikanter Unterschied. Als statistischer Trend ist die höhere körperliche Funktionalität von Patienten, die nur operiert wurden, gegenüber Patienten, die eine adjuvante Therapie erhielten, zu interpretieren (p=0,056). In der Gruppe der Patienten, die ohne Stoma leben, erbringt der Vergleich der adjuvant behandelten Patienten mit den neoadjuvant behandelten signifikante Unterschiede. So haben adjuvant behandelte Patienten eine signifikant schlechtere Rollenfunktionalität (p=0,022), körperliche Funktionalität (p=0,016) und kognitive Funktionalität (p=0,037) als neoadjuvant behandelte Patienten. Beim Vergleich der neoadjuvant behandelten Patienten mit Patienten, die nur operiert wurden, haben die neoadjuvant behandelten Patienten signifikant mehr Haarausfall (p=0,017). Die Patienten ohne Radiochemotherapie haben hingegen eine vermehrte Schlaflosigkeit, die als statistischer Trend zu werten ist (p=0,059). Vergleicht man adjuvant behandelte Patienten mit Patienten ohne Radiochemotherapie wird erkennbar, dass Patienten mit adjuvanter Therapie eine signifikant schlechtere Rollenfunktionalität (p=0,045) und körperliche Funktionalität (p=0,030) haben als Patienten, die als Therapie die alleinige Operation erhalten haben. Auch die kognitive Funktionalität der Patienten mit adjuvanter Therapie ist schlechter als die von Patienten ohne Radiochemotherapie, was als statistischer Trend zu werten ist (p=0,055). 75 Therapie Gr. N GHS PF RF Adjuvant M 11 50,00 61,82 46,97 (±23,35) (±21,08) (±21,93) CF SF 50,00 (±36,5) F S 6 66,67 (±13,88) KS 9 66,67 53,70 (±29,79) 74,07 (±18,84) (±26,03) <70 Neoadjuvant 4 ≥70 11 M 25 56,25 65,00 (±12,50) (±20,64) 50,76 67,22 (±25,67) (±21,92) 71,33 81,07 (±17,85) (±23,39) 54,17 (±15,96) 29,17 (±34,36) 51,39 (±31,35) 74,00 (±26,39) 74,67 (±24,59) F S 13 66,15 (±30,36) KS 19 90,18 79,83 (±18,07) 88,60 (±18,47) (±10,03) <70 ≥70 Nur OP M 15 17 16 74,44 85,78 (±17,95) (±16,50) 68,14 75,69 (±20,46) (±28,18) 71,88 90,00 (±18,48) (±15,20) 73,33 (±19,72) 77,78 (±25,72) 72,55 (±33,82) 78,13 (±25,62) 71,88 (±34,81) F S 2 93,33 (±9,43) KS 25 86,13 76,67 (±24,53) 87,33 (±18,18) (±16,55) <70 ≥70 19 8 71,05 88,42 (±19,52) (±14,88) 76,04 82,50 (±15,06) (±19,17) 76,32 (±24,42) 78,95 (±30,85) 81,25 (±24,30) Tabelle 33: Werte (in Punkten) der Funktionalitätsskalen mit signifikanten Unterschieden der unterschiedlichen Therapiegruppen in Abhängigkeit von Geschlecht, Stoma und Alter ( Gr.=Gruppe, M=Männer, F=Frauen, S=Stoma, KS= Kein Stoma, <70= jünger als 70 Jahre, ≥70= 70 Jahre oder älter, GHS= Globaler Gesundheitszustand, PF= körperliche Funktionalität, RF=Rollenfunktionalität, CF= kognitive Funktionalität, SF= soziale Funktionalität) 76 Therapie Gr. N Adjuvant M 11 F 5 DM PA DY HL SL AP DI 7,41 33,33 (±22,22) (±33,33) 47,22 19,44 36,36 (±38,82) (±22,29) (±31,46) 11,76 9,80 17,65 (±16,42) (±25,72) (±23,91) 0 (±0) 4,17 36,36 (±34,82) 66,67 40,0 (±40,82) (±41,83) S KS <70 9 4 58,33 (±31,91) Neoadjuvant ≥70 11 M 25 18,67 (±23,73) F 7 12,5 38,10 (±17,25) (±26,73) S KS <70 20 15 11,67 14,04 (±19,57) (±20,23) 15,56 (±17,21) ≥70 Nur OP M 17 16 12,50 (±29,50) F 11 6,06 9,09 (±13,48) (±11,46) S KS <70 25 19 1,33 32,00 (±6,67) (±32,60) 17,54 (±32,14) ≥70 8 16,67 (±35,63) (±11,79) Tabelle 34: Werte (in Punkten) der Symptomskalen mit signifikanten Unterschieden der unterschiedlichen Therapiegruppen in Abhängigkeit von Geschlecht, Stoma und Alter ( Gr.=Gruppe, M=Männer, F=Frauen, S=Stoma, KS= Kein Stoma, <70= jünger als 70 Jahre, ≥70= 70 Jahre oder älter, DM= Trockenenr Mund, PA=Schmerzen, DY= Dyspnoe, HL= Haarausfall, SL= Schlaflosigkeit, AP= Appetitlosigkeit, DI= Diarrhoe) 77 4.4. Die Kontinenzleistung Die Kontinenzleistung der Patienten wurde mit Hilfe von zwei Fragen aus dem EORTCFragebogen QLQ-CR29 ermittelt. Diese Fragen wurden von 72 der 77 Patienten (94%) beantwortet, wobei die Patienten, die keine Antwort gaben, ausschließlich Patienten ohne Stoma waren. Die Fragen, die den Patienten ohne Stoma (N=50) gestellt wurden, lauteten: Hatten Sie unfreiwillige Darmgasentweichungen/Flatulenzen aus Ihrem Darmausgang? Hatten Sie ungewollte Stuhlabgänge aus Ihrem Darmausgang? Die Fragen an die Patienten mit Stoma (N=22) waren folgende: Hatten Sie unfreiwillige Darmgasentweichungen/Flatulenzen aus Ihrem Stomabeutel? Hatten Sie ungewollte Stuhlabgänge aus Ihrem Stomabeutel? Zur Einteilung der Stuhlinkontinenz wurde die klinische Einteilung nach Parks in drei Grade verwendet (vgl. Kap. 3.2.4) [55]. Da im EORTC-Fragebogen CR29 nur nach „ungewollten Stuhlabgängen“ gefragt wurde, wurden Inkontinenz Grad 2 und 3 zusammengefasst. Die Kontinenzleistung wird klassischerweise nur von Patienten ohne langfristige Stomaanlage ermittelt. Somit kann, wie aus Tab. 35 ersichtlich, die Kontinenzleistung von 50 Patienten in Abhängigkeit von Geschlecht, erhaltener Therapie und Alter bestimmt werden. Patienten- Keine Inkontinenz I Inkontinenz II&III anzahl Inkontinenz Unfreiwillig Unfreiwillig Darmgasabgang Stuhlabgang Stoma Nein 50 16 (32%) 14 (28%) 20 (40%) Geschlecht F 17 3 (18%) 9 (53%) 5 (29%) M 33 13 (39%) 5 (15%) 15 (45%) <70 28 11 (39%) 4 (14%) 13 (46%) ≥70 22 5 (23%) 10 (45%) 7 (32%) Adj. 8 1 (13%) 4 (50%) 3 (38%) Neoadj. 20 5 (25%) 6 (30%) 9 (45%) Kadj. 22 10 (45%) 4 (18%) 8 (36%) Alter (J.) Therapie Tabelle 35: Patientenangaben zu Stuhlinkontinenz in Abhängigkeit von Geschlecht, Alter und Therapie (F=Frauen, M=Männer, J.=Jahre,adj.=adjuvante Therapie, neoadj.=neoadjuvante Therapie, kadj.=keine Adjuvanz) 78 Von den 50 Patienten ohne Stoma litten somit 14 Patienten an Inkontinenz Grad I, 20 Patienten an Inkontinenz Grad II oder III und 16 Patienten hatten keine eingeschränkte Kontinenzleistung. Die prozentuale Verteilung ist in Abb. 19 dargestellt. Kontinenzleistung der 50 Patienten ohne Stoma keine Inkontinenz 32% 40% Inkontinenz Grad I Inkontinenz Grad II oder III 28% Abbildung 19: Die Kontinenzleistung der Patienten ohne Stoma Zu erwähnen bleibt, dass ein Großteil (85%) der 20 Patienten mit Stuhlinkontinenz Grad 2 oder 3, gleichzeitig an unwillkürlichem Abgang von Winden litt (vgl. Tab. 36). gang Stuhlab- Patienten mit Gesamt Darmgasabgang Gesamt Ja Nein Ja 17 3 20 Nein 14 16 30 31 19 50 Tabelle 36: Stuhl- und Darmgasabgang bei den Patienten ohne Stoma 4.4.1. Kontinenzleistung von Patienten mit und ohne vorübergehendes Stoma Von den 14 Patienten mit einer Stuhlinkontinenz Grad 1, die mäßig oder stark betroffen waren, hatten 14% niemals ein Stoma gehabt, während der wesentlich größere Anteil, nämlich 86%, ein Übergangsstoma hatte. 79 An unwillkürlichem Abgang von flüssigem oder festem Stuhl litten 40% der 50 Patienten, wobei von diesen 25% niemals ein Stoma und 75% ein vorübergehendes Stoma gehabt hatten. Die genauen Patientenzahlen sind in Tab. 37 zusammengefasst. Grad der Inkontinenz Stoma Vorübergehend Nie gehabt Gesamt Keine Inkontinenz 8 8 16 Stuhlinkontinenz Grad 1 12 2 14 Stuhlinkontinenz Grad 2+3 15 5 20 Tabelle 37: Grad der Inkontinenz bei Patienten mit und ohne zeitweiligem Stoma 4.4.2. Kontinenzleistung von Patienten ohne Stoma in Abhängigkeit von Geschlecht, Therapie und Alter Von den 50 Patienten ohne Stoma waren 17 Frauen (34%) und 33 Männer (66%). Während bei den Frauen nur ein Anteil von 18% nicht an Inkontinenz litt, waren es bei den männlichen Patienten 39%. Mehr als die Hälfte der Frauen (53%) litt an unwillkürlichem Darmgasabgang und knapp ein Drittel (29%) an unwillkürlichem Stuhlabgang. Bei den Männern hingegen litten nur 15% an Stuhlinkontinenz Grad 1, während fast die Hälfte (45%) unwillkürlichen Stuhlabgang hatte. Betrachtet man die Kontinenzleistung der Patienten mit unterschiedlicher Therapie, so kann man feststellen, dass die Patienten, die keine Adjuvanz erhalten hatten, zu 45% nicht an Kontinenzproblemen litten. Bei den neoadjuvant behandelten Patienten waren es immerhin noch 25% während von den adjuvant behandelten nur 13% der Patienten keine Stuhlinkontinenz zeigten. An unwillkürlichem Darmgasabgang litt die Hälfte (50%) der adjuvant und knapp ein Drittel (30%) der neoadjuvant behandelten Patienten. In der Gruppe der Patienten ohne adjuvante Therapie hatten hingegen nur 18% der Patienten Probleme mit ungewolltem Abgang von Winden. An einer Inkontinenz Grad 2 oder 3 litt knapp die Hälfte (45%) der neoadjuvant behandelten Patienten. Bei den adjuvant behandelten Patienten (38%) und den Patienten ohne adjuvante Therapie (36%) war der Anteil der Patienten, die eine Stuhlinkontinenz 2. oder 3. Grades hatten, ungefähr äquivalent. 80 Trennt man die 50 Patienten nach Alter mit einem Trennwert von 70 Jahren in zwei Gruppen auf, so kann man feststellen, dass von den Patienten, die jünger als 70 Jahre waren, knapp die Hälfte (46%) an Stuhlinkontinenz Grad 2 oder 3 litten, während nur 14% der 28 Patienten eine Stuhlinkontinenz Grad 1 und 39% keine Probleme mit Stuhlinkontinenz angaben. Bei den Patienten ab einem Alter von 70 Jahren, gaben nur 23% der 22 Patienten keine Probleme mit Stuhlinkontinenz an, während 45% Probleme mit unwillkürlichem Darmgas- und 32% Probleme mit ungewolltem Stuhlabgang hatten. Um den Einfluss der Faktoren Geschlecht, Alter und Therapie auf die Stuhlinkontinenz zu verdeutlichen, kann man nun jeweils die Gruppe ermitteln, die prozentual den größten Anteil an der jeweiligen Kategorie der Inkontinenz ausmacht. Insgesamt lässt sich auf diese Weise feststellen, dass von den 16 Patienten, die keine Probleme mit Stuhlinkontinenz angaben, 81% männlichen Geschlechts waren, 69% ein Alter von weniger als 70 Jahren hatten und 63% keine adjuvante Therapie erhielten. Von den 14 Patienten mit Stuhlinkontinenz Grad 1, waren 71% 70 Jahre oder älter, 64% weiblich und 43% erhielten eine neoadjuvante Therapie. Die 20 Patienten, die an einer Stuhlinkontinenz Grad 2 oder 3 litten, waren zu 75% männlich, zu 65% jünger als 70 Jahre und hatten zu 45% eine neoadjuvante Therapie erhalten. Einen Überblick der wichtigsten Einflussfaktoren gibt Abb. 20. N Einfluss von Geschlecht,Therapie und Alter auf die Stuhlkontinenz 25 >=70Jahre 20 <70Jahre 15 keine Adjuvanz 10 neoadjuvant adjuvant 5 weiblich 0 keine Inkontinenz Inkontinenz Grad 1 Inkontinenz Grad 2 & 3 männlich Abbildung 20: Der Grad der Stuhlinkontinenz in Abhängigkeit von Geschlecht, Therapie und Alter (N= Anzahl der Patienten) 81 Nun lassen sich die Zusammenhänge zwischen dem Grad der Inkontinenz und den Einflussfaktoren Geschlecht, Therapie und Alter mit Hilfe des Chi-Quadrat-Tests auf statistische Signifikanz überprüfen. Dabei zeigt sich, dass sowohl ein Zusammenhang zwischen dem Geschlecht und dem Grad der Inkontinenz (p=0,017) als auch zwischen dem Alter und dem Grad der Inkontinenz (p=0,05) besteht. Die Art der Therapie beeinflusst die Stuhlkontinenzleistung jedoch nicht entscheidend (p=0,3). 4.5. Zusammenfassung der Ergebnisse Aus dem ursprünglichen Patientenkollektiv von 194 Patienten wurden, nach Auswertung des Klinikspeichersystems und Antworten der Hausärzte und der Patienten, 117 Patienten ausgeschlossen, sodass letztendlich 77 Patienten (40% des Ursprungskollektivs), in die Studie eingeschlossen wurden. Von diesen 77 Patienten waren 24 Frauen und 53 Männer. Die Patienten waren zum Zeitpunkt der Befragung 68,5 (±9,7) Jahre alt und 55 von ihnen hatten kein Stoma, während 22 Patienten ein Stoma trugen. Behandelt waren 33 mit neoadjuvanter, 17 mit adjuvanter und 27 allein mittels operativer Therapie. Die mittlere Nachbeobachtungszeit betrug 6,7 (±2,8) Jahre. Zunächst wurde die durchschnittliche Lebensqualität von allen Patienten ermittelt. Im Fragebogen zur allgemeinen Lebensqualität waren die Werte in allen Funktionalitätsskalen höher als 70 von 100 Punkten. Die Durchschnittswerte in den Symptomskalen waren alle geringer als 33,33 Punkte (weniger als 1 von 4 Punkten). Im Fragebogen zur krankheitsspezifischen Lebensqualität waren die Werte in den Funktionalitätsskalen Körperbild, Besorgnis, Gewichtsentwicklung mit mehr als 60 Punkten angegeben, während das durchschnittliche sexuelle Interesse von Männern (51 Punkte) und Frauen (29 Punkte) dagegen deutlich niedriger war. Die dominierenden krankheitsspezifischen Symptomskalen waren Impotenz bei Männern (durchschnittlich 68 Punkte) und Flatulenzen (durchschnittlich 52 Punkte). Die Mittelwerte aller anderen Symptomskalen lagen bei weniger als 45 von 100 Punkten. 82 Vergleicht man die Lebensqualität von Männer und Frauen, ergibt sich bei den Skalen zur allgemeinen Lebensqualität nur ein statistischer Trend zur vermehrten Schlaflosigkeit bei Frauen (p=0,087). Beim Fragebogen zur krankheitsspezifischen Lebensqualität, lässt sich im Bereich der Funktionalitätsskalen ein sehr signifikant höheres sexuelles Interesse bei Männern feststellen (p=0,007). Im Bereich der krankheitsspezifischen Symptomskalen hingegen, hatten Frauen signifikant mehr Blähungen (p=0,012) und auch marginal signifikant mehr Flatulenzen (p=0,068) als Männer. Betrachtet man nun die Unterschiede in der durchschnittlichen Lebensqualität von zwei verschiedenen Altersgruppen mit einem Trennwert von 70 Jahren, sieht man, dass im Bereich der allgemeinen Lebensqualität, die Gruppe der jüngeren Patienten eine signifikant bessere körperliche Funktionalität angab, als die Gruppe der älteren Patienten (p=0,038). Hingegen hatten die jüngeren Patienten bei den Symptomskalen durchschnittlich signifikant mehr finanzielle Probleme (p=0,024) und marginal signifikant mehr Durchfälle (p=0,092) als die ältere Vergleichsgruppe. Bei der krankheitsspezifischen Lebensqualität gaben jüngere Patienten, unabhängig vom Geschlecht, ein höchst signifikant größeres sexuelles Interesse an (p=0,001) als ältere. Dieser Unterschied ist bei jüngeren Männern, verglichen mit älteren Männern, sehr signifikant (p=0,003), während bei Frauen kein statistisch signifikanter Unterschied besteht (p=0,38). In den krankheitsspezifischen Symptomskalen ergibt sich nur der statistische Trend, dass ältere Männer mehr an Impotenz leiden als jüngere (p=0,078). Teilt man das Kollektiv in Patienten mit und Patienten ohne Stoma auf, zeigt sich, dass im Bereich der allgemeinen Lebensqualität, Patienten ohne Stoma eine sehr signifikant bessere körperliche Funktionalität (p=0,006), jedoch auch sehr signifikant mehr Obstipation (p=0,006) angaben, als Patienten mit Stoma. Auch bei den krankheitsspezifischen Symptomskalen geben Patienten ohne Stoma signifikant mehr Schmerzen im Anal-/Gesäßbereich (p=0,012), Flatulenzen (p=0,037), Blähungen (p=0,05) und eine signifikant höhere Stuhlinkontinenz (p=0,011) an als Patienten mit Stoma. 83 Die Therapie der Patienten bestand aus einer Operation und gegebenenfalls einer adjuvanten oder neoadjuvanten Radiochemotherapie. Um den Einfluss auf die Lebensqualität zu evaluieren, werden diese beiden Therapiebestandteile separat betrachtet. Bezüglich Operationsmethode kann verglichen werden, ob die 58 Patienten mit Rektumresektion, verglichen mit den elf Patienten mit Rektumexstirpation, signifikante Unterschiede in der Lebensqualität angaben. Dabei fällt auf, dass Patienten, die eine Rektumresektion erhielten, nicht nur signifikant mehr Stuhlinkontinenz (p=0,038), sondern auch signifikant mehr Schmerzen im Gesäß-/Analbereich (p=0,015) hatten, als Patienten, die eine Rektumexstirpation erhielten. Generell haben Patienten mit Rektumresektion größere Probleme mit ihrer Verdauung und gaben weiterhin höhere Werte in den Symptombereichen Diarrhoe (p=0,086) und Obstipation (p=0,092) an, als Patienten mit Rektumexstirpation, was als statistische Trends gewertet werden kann. Jedoch bestehen ebenfalls die statistischen Trends, dass Frauen mit Rektumresektion ein höheres sexuelles Interesse haben, als Frauen, die eine Rektumexstirpation erhielten (p=0,087) und Patienten mit Rektumexstirpation meist mehr unter erhöhter Harnfrequenz litten (p=0,096). Nun wird die Lebensqualität, die Patienten mit adjuvanter, neoadjuvanter und alleiniger operativer Therapie hatten, verglichen. In allen Funktionalitätsskalen, in denen es signifikante Unterschiede zwischen adjuvant und neoadjuvant behandelten Patienten gab, hatten neoadjuvant behandelte Patienten die höheren Werte und somit die bessere Funktionalität (vgl. Tab. 38 und Anhang Abb. 1). Bei den Symptomskalen, gaben adjuvant behandelte Patienten signifikant mehr Schlaflosigkeit (p=0,015) und marginal signifikant mehr Appetitlosigkeit (p=0,065) an als neoadjuvant behandelte. Diese hatten jedoch signifikant mehr Probleme bei der Stomapflege (p=0,041) (vgl. Anhang Abb. 2). Betrachtet man diese statistischen Unterschiede zwischen adjuvant und neoadjuvant behandelten Patienten, in Abhängigkeit von Geschlecht, Alter und Vorhandensein eines Stomas, kann man erkennen, dass die bessere Funktionalität der neoadjuvant behandelten Patienten vor allem in den Untergruppen „Männer“ und „Patienten ohne Stoma“ zum Tragen kommt. Bei Patienten mit Stoma gibt es keinerlei statistisch 84 signifikanten Unterschied zwischen neoadjuvant und adjuvant behandelten Patienten. In den Gruppen weibliche, jüngere und ältere Patienten haben adjuvant behandelte Patienten in einzelnen Symptomskalen höhere Werte, als neoadjuvant behandelte, während sich in beiden Altersgruppen marginal signifikante Unterschiede in der Funktionalität zu Gunsten der neoadjuvant behandelten Patienten ergaben (vgl. Tab. 38). Vergleicht man nun adjuvant behandelte Patienten mit Patienten, die als Therapie die alleinige Operation erhielten, ergibt sich ein ähnliches Bild. Auch hier hatten adjuvant behandelte Patienten in allen Funktionalitätsbereichen, in denen es (zumeist höchst-) signifikante Unterschiede gab, die niedrigeren Werte (vgl. Tab. 38 und Anhang Abb. 1). In den beiden Symptomskalen Dyspnoe (p=0,036) und Appetitlosigkeit (p=0,05), in denen es statistisch relevante Unterschiede gab, waren auch die Werte der adjuvant behandelten Patienten höher (vgl. Anhang Abb. 2). Auch hier betreffen die Funktionalitätsunterschiede vor allem die Untergruppen der Männer und der Patienten ohne Stoma, doch auch bei jüngeren, älteren und Patienten mit Stoma, finden sich in einzelnen Funktionalitätsbereichen (marginal) signifikante Unterschiede zu Gunsten der Patienten, die keine Adjuvanz erhielten. In der Gruppe der Frauen war auch hier nur ein statistisch signifikanter Unterschied im Bereich Mundtrockenheit zu sehen (p=0,013) (vgl. Tab. 38). Vergleicht man nun neoadjuvant behandelte Patienten mit Patienten, die als Therapie eine Operation ohne Adjuvanz erhielten, finden sich weder im Vergleich des gesamten Kollektivs, noch in einzelnen Untergruppen signifikante Unterschiede in den Funktionalitätsskalen der allgemeinen oder krankheitsspezifischen Lebensqualität (vgl. Tab. 38 und Anhang Abb. 1). In den Symptomskalen ist ein signifikant höherer Wert im Bereich Haarausfall (p=0,031) bei den neoadjuvant behandelten und ein marginal signifikant höherer Wert im Bereich Schlaflosigkeit (p=0,081) bei Patienten ohne Adjuvanz zu verzeichnen (vgl. Anhang Abb. 2). Diese Unterschiede finden sich nur in der Untergruppe der Patienten ohne Stoma wieder, während in der Untergruppe der Frauen, neoadjuvant behandelte Patientinnen signifikant mehr Schmerzen angaben, als Patientinnen mit alleiniger Operation (p=0,044). In den Gruppen der Männer, der Patienten mit Stoma und in beiden Altersgruppen, ergaben sich keinerlei statistisch relevante Unterschiede (siehe Tab. 38). 85 Signifikante Unterschiede und statistische Trends zwischen den Therapiegruppen Adj.↔Neo. Funktionalität: Adj.<Neo. Kategorie (pWert) Adj. ↔ K.Adj. Neo. ↔ K.Adj. Adj.<n.OP Adj.>K.Adj. Neo.<K.Adj. Neo.>K.Adj. SL (0,015) DYS(0,036) SL (0,081) HL (0,031) AP(0,065) AP (0,05) DM (0,03) DM (0,013) Adj.>Neo. GHS(0,007) GHS(0,003) RF (0,014) RF (0,004) PF(0,014) PF (0,001) CF (0,037) CF (0,05) SF (0,085) BI (0,02) SF (0,026) Symptomatik: STO(0,041) Kategorie (pWert) Frauen Männer GHS(0,007) GHS(0,007) PF (0,008) RF (0,004) RF (0,005) PF (0,001) PA (0,044) DYS(0,064) SF (0,058) <70 Jahre ≥ 70 Jahre SF (0,020) DYS(0,02) GHS(0,062) PF (0,035) PF (0,080) RF (0,097) RF (0,092) SL (0,012) DYS(0,035) GHS(0,007) DIA (0,02) RF (0,039) SL (0,069) PF (0,098) AP(0,069) PF (0,056) Stoma Kein Stoma SF (0,016) RF (0,022) RF (0,045) PF (0,016) PF (0,03) CF (0,037) CF (0,055) SL (0,059) HL ( 0,017) Tabelle 38: Signifikante Unterschiede zwischen den Therapiegruppen allgemein und in Abhängigkeit von Geschlecht, Alter, Stoma (Adj.=adjuvante Therapie, Neo.= neoadjuvante Therapie, K.Adj.=keine adjuvante Therapie, GHS=Globaler Gesundheitsstatus, PF=körperliche Funktionalität, RF=Rollenfunktionalität, CF= kognitive Funktionalität, SF= soziale Funktionalität, BI= Körperbild, SL=Schlaflosigkeit, AP=Appetitlosigkeit, STO= Probleme bei der Stomapflege, DM=Mundtrockenheit, DYS=Dyspnoe, DIA=Diarrhoe, HL= Haarausfall, PA= Schmerzen/ grün=Funktionalität, blau=Symptomatik) 86 Betrachtet man schlussendlich, ob innerhalb der einzelnen Therapiegruppen, die Faktoren Geschlecht, Alter und Vorhandensein eines Stomas eine Rolle spielen, ergibt sich folgendes: Das Geschlecht hat in der Gruppe der Patienten, die keine Adjuvanz erhielten, keinen statistisch relevanten Einfluss. In der Gruppe der adjuvant behandelten Patienten, haben Frauen signifikant mehr Mundtrockenheit (p=0,027) und marginal signifikant mehr Haarausfall (p=0,069) an, jedoch auch signifikant weniger Stuhlinkontinenz (p=0,04) als Männer. Bei neoadjuvant behandelten Patienten hatten Frauen ein signifikant niedrigeres sexuelles Interesse (p=0,02), signifikant mehr Blähungen (p=0,02) und marginal signifikant mehr Schmerzen (p=0,075) als Männer. Das Alter hat in der Gruppe der Patienten mit alleiniger Operation vor allem Einfluss auf die Symptomatik. So haben Patienten, die jünger sind als 70 Jahre signifikant mehr Diarrhoe (p=0,02) und eine marginal signifikant höhere Stuhlinkontinenz (p=0,087), Beschämung (p=0,087), Stuhlfrequenz (p=0,065) und niedrigere soziale Funktionalität (0,066) als Patienten die 70 Jahre oder älter waren. In der Gruppe der adjuvant behandelten Patienten hatten jüngere Patienten marginal signifikant mehr Dyspnoe (p=0,078) als die ältere Vergleichsgruppe. Bei neoadjuvant behandelten Patienten war das sexuelle Interesse von jüngeren Patienten allgemein sehr signifikant höher als von älteren Patienten (p=0,002). Im Speziellen hatten in dieser Therapiegruppe jüngere Männer ein höheres sexuelles Interesse als ältere Männer (p=0,046), welche signifikant mehr an Impotenz litten (p=0,02). Patienten ohne Stoma hatten in der Gruppe der Patienten die eine alleinige Operation erhielten marginal signifikant mehr Geschmacksprobleme (p=0,077) und in der Gruppe der adjuvant behandelten Patienten marginal mehr Diarrhoe (p=0,088) als Patienten mit Stoma. In der neoadjuvant therapierten Patientengruppe hatten Patienten ohne Stoma eine signifikant höhere körperliche Funktionalität (p=0,02), jedoch signifikant mehr Obstipation (p=0,024), Flatulenzen (p=0,04) und Stuhlinkontinenz (p=0,018), als Patienten mit Stoma. Diese litten dafür marginal signifikant mehr an Müdigkeit (p=0,059) und erhöhter Harnfrequenz (p=0,074). Die Stuhlinkontinenzeinteilung erfolgte in drei Kategorien, nämlich „keine Inkontinenz“, „Inkontinenz 1. Grades“ und „Inkontinenz 2. oder 3. Grades“. Betrachtet wurden nur 87 Patienten ohne Stoma, wobei nur 50 Patienten (91%) die Fragen beantworteten. Es zeigt sich, dass insgesamt 32% der Patienten nicht an Problemen mit Stuhlinkontinenz litten. 28% der Patienten hatten unwillkürlichen Darmgasabgang (Inkontinenz 1. Grades) und 40% unwillkürlichen Stuhlabgang (Inkontinenz 2. oder 3. Grades). 85% der Pateinten mit einer Stuhlinkontinenz 2. oder 3. Grades, litten zusätzlich auch an unwillkürlichem Darmgasabgang. Von den Patienten ohne Inkontinenz, hatten 50% ein zeitweiliges Stoma gehabt, während es bei Patienten mit Inkontinenz 1. Grades 86% und bei Patienten mit Inkontinenz 2. oder 3. Grades 75% waren. In Abhängigkeit vom Geschlecht kann festgestellt werden, dass Frauen mit 82% Betroffenen eher an Stuhlinkontinenz litten, als Männer mit 60 %. Jedoch hatten Frauen dann eher eine Stuhlinkontinenz Grad 1, während Männer vermehrt Stuhlinkontinenz 2. und 3. Grades angaben. Patienten, die jünger als 70 Jahre alt waren hatten in 60% der Fälle mit Stuhlinkontinenz zu kämpfen, während bei den älteren Patienten 77% Probleme mit Stuhlinkontinenz angaben. Patienten, die 70 Jahre oder älter waren, hatten jedoch eher eine Stuhlinkontinenz Grad 1, wohingegen jüngere Patienten überwiegend an einer Stuhlinkontinenz Grad 2 oder 3 litten. Der größte Teil der Patienten, die als Therapie eine alleinige Operation erhielten, litten zum Zeitpunkt der Befragung nicht an Inkontinenz (45%). Wenn diese Patienten eine Inkontinenz hatten, war es jedoch vornehmlich Grad 2 oder 3. Neoadjuvant behandelte Patienten hatten hingegen nur zu 25% keine Inkontinenz, zu 30% unwillkürlichen Darmgas- und zu 45% unwillkürlichen Stuhlabgang. Die Anzahl der adjuvant behandelten Patienten war mit 8 Patienten recht gering, wobei diese zu 88% an Stuhlinkontinenz, überwiegend 1. Grades, litten. Es lässt sich schließlich mittels Chi-Quadrat-Test, ein statistischer Zusammenhang zwischen dem Grad der Stuhlinkontinenz und dem Geschlecht (p=0,017), bzw. dem Alter (p=0,05) feststellen. Die Art der Therapie steht nicht in einem statistischen Zusammenhang mit dem Grad der Stuhlinkontinenz (p=0,3). 5. Diskussion Die Lebensqualität ist mittlerweile ein Faktor geworden, der bei der Wahl der Therapie von Patienten mit Rektumkarzinom, neben dem Überleben, eine wichtige Rolle spielt. Mithilfe der von der EORTC entwickelten Fragebögen QLQ-C30 für die allgemeine und QLQ-CR29 für die krankheitsspezifische Lebensqualität, kann die subjektiv empfundene 88 Lebensqualität objektiviert und in Untergruppen verglichen werden. Die Zuverlässigkeit und Vergleichbarkeit dieser beiden Fragebögen für die Bewertung der Lebensqualität von Patienten mit Rektumkarzinom, wurde von der EORTC in einer internationalen Studie 2009 bestätigt [56]. Der Fragebogen QLQ-CR29 wurde aus dem Fragebogen QLQ-CR38 entwickelt (2007) um einige Verbesserungen umzusetzen. Unter anderem sind die Bereiche der Lebensqualität, die für Patienten mit und ohne Stoma abgefragt werden, nun aufeinander abgestimmt und können somit besser verglichen werden (siehe Anhang Abb. 6). Da der Fragebogen QLQ-CR29 jedoch erst 2007 entwickelt und 2009 validiert wurde, existieren noch nicht so viele Vergleichsstudien in denen dieser Fragebogen Verwendung findet. Ursprünglich wurden für die vorliegende Studie 194 Patienten, die im Zeitraum von 2000 bis 2009 wegen eines Rektumkarzinoms operiert wurden, ausgewählt. Da einige Patienten nach näherer Überprüfung die Einschlusskriterien nicht erfüllten, konnten 145 Patienten (100%) angeschrieben werden. Falls erreichbar, wurden diese zunächst telefonisch kontaktiert und über den baldigen Posteingang informiert. Das Porto mussten die Patienten nicht selbst übernehmen. 20 Patienten (14%) konnten wegen abweichender Adresse nicht ermittelt werden und 42 Patienten (29%) sendeten keine Antwort. 83 Patienten (57%) beantworteten die Fragebögen; jedoch mussten weitere sechs Patienten wegen Rezidiven oder Zweittumorgeschehen ausgeschlossen werden. Somit konnten letztendlich 77 Patienten (52% der 145 Patienten) in die Studie eingeschlossen werden. Die Rücksenderate liegt niedriger als die der Allgemeinbevölkerungen in Schweden (78,3%) und in Norwegen (68%). Bei der Studie über die Lebensqualität der deutschen Allgemeinbevölkerung von Schwarz et al. [57] füllten 72,1% der Patienten die Fragebögen aus, wobei jedoch geschulte Personen die Befragungen direkt zu Hause bei den Patienten durchführten. Dass dieser Prozentsatz vergleichbar ist mit den Rücksenderaten in Schweden und Norwegen, könnte daran liegen, dass Deutsche generell weniger Bereitschaft zeigen, an solchen Studien teilzunehmen, als Menschen aus den skandinavischen Ländern. Dass diese Bereitschaft bei einem Kollektiv, das aus kranken Personen besteht, die zudem nicht direkt, sondern mittels eines versendeten Fragebogens, den sie selbstständig zurückschicken müssen, befragt werden noch geringer ist, scheint nachvollziehbar. 89 Die Patienten der aktuellen Studie waren im Durchschnitt bei der Befragung 68,5 (±9,7) Jahre alt. Dies ist sehr viel älter, als es der Durchschnitt der deutschen (49,4J.) oder der schwedischen (51,2J.) Allgemeinbevölkerung war, was durch das meist höhere Erkrankungsalter und dem zeitlichen Abstand der Studie zu den Operationen (mindestens drei Jahre) zu erklären ist. Studien, die Patienten mit Rektumkarzinomen betrachten, haben ein ähnliches Durchschnittsalter wie in der vorliegenden Studie [58, 59, 60, 61, 62]. Die Geschlechterverteilung war 31% Frauen und 69% Männer, wohingegen der Anteil der Frauen, bei der Studie zur Lebensqualität der deutschen Allgemeinbevölkerung, mit 56% überwog. In Vergleichsstudien, die Patienten mit Rektumkarzinom betrachten, ist jedoch ebenfalls ein vermehrter Anteil an männlichen Patienten auszumachen (How: 66%, Wiltink:60%, Engel et al.:64%) [63], was dem vermehrten Risiko von Männern, an einem Rektumkarzinom zu erkranken, entspricht (siehe Kap. 2.1.1.). Dass der Anteil der männlichen Patienten an dem vorliegenden Kollektiv etwas höher ist, lässt sich mit der relativ geringen Patientenzahl erklären, die die Einschlusskriterien erfüllten, denn im Ursprungskollektiv (194 Patienten), war die Verteilung Männer:Frauen 62%:38%. Die mittlere Nachbeobachtungszeit betrug 6,7 (±2,8) Jahre, wobei diese die Zeit zwischen Primäroperation und Befragung bzw. Rückverlagerungsoperation und Befragung darstellt. Bei den betrachteten 77 Patienten gab es einige fehlende Daten. So füllte ein Patient keinen der beiden EORTC-Fragebögen aus. Eine Patientin füllte nur den QLQ-CR29 und nicht den QLQ-CR30 aus. Viermal wurde nur ein halber Fragebogen ausgefüllt (einmal nur die erste Seite des QLQ-C30, zweimal nur die erste Seite des QLQ-CR29 und einmal nur die erste Seite des QLQ-CR29). Hier liegt nahe, dass es sich um ein Versehen handelt, ebenso wie bei je fünf einzelnen Werte, die in beiden Fragebögen fehlten. Auffällig war jedoch, dass zusätzlich von zwei Männern ohne Stoma der Teil, der nur für Patienten ohne Stoma existiert, nicht ausgefüllt wurde. Zudem wurde bei den Fragen zum sexuellen Bereich von Männern zweimal explizit die Frage zur Impotenz und von fünf Frauen die Frage zur Dyspareunie nicht beantwortet. Die sexuelle Funktionalität wurde von Männern, die die Fragebögen komplett ausfüllten immer beantwortet, während eine Frau nur in diesem Bereich keine Angabe machte. Beachten sollte man, dass von den fünf Frauen die keine Angabe zur Dyspareunie machten, vier 90 in der vorhergehenden Frage angegeben hatten, überhaupt kein sexuelles Interesse zu haben und bei fehlender sexueller Aktivität eine Beurteilung von beeinträchtigenden Symptomen nicht möglich ist. Man kann somit sagen, dass trotz einigen potenziell unangenehmen Fragen und einzelnen Patienten, die auf eine Angabe verzichteten, die Bereitschaft hilfreiche, umfassende Angaben zu machen recht hoch war. Die im Vergleich niedrige Antwortbereitschaft von Frauen bezüglich Dyspareunie kann in anderen Studien ebenfalls festgestellt werden (vgl. Tab. 39), wobei leider in einigen Studien die Antwortbereitschaft zu einzelnen Fragen nicht genau dargestellt wird [62, 64]. Studie/Jahr N SEXM IMP SEXW DYS Welsch et al./2013 18 82% 73% 114% 43% [61] (11M,7F) (n=9) (n=8) (n=8) (n=3) Guckenberger et al. /2013 120 n=79 n=77 n=67 n=30 74 96% 92% 96% 75% (n=49) (n=23) (n=18) [60] Vorliegende Studie (53M,24F) (n=51) Tabelle 39: Antwortbereitschaft von Männern und Frauen bei Fragen zur Lebensqualität im sexuellen Bereich (M= Männer, F=Frauen, n=Anzahl, SEXM=sexuelles Interesse der Männer, SEXW=sexuelles Interesse der Frauen, IMP=Impotenz, DYS=Dyspareunie) 5.1. Allgemeine und krankheitsspezifische Lebensqualität des Gesamtkollektivs Um die Werte, die das Patientenkollektiv der Studie im Durchschnitt für die allgemeine Lebensqualität angab, einschätzen zu können, können sie mit Durchschnittswerten der gesunden Allgemeinbevölkerung verglichen werden. Dazu wurde die deutsche Studie von R. Schwarz et al. (2000) [57] mit einem Kollektiv aus 2028 Teilnehmern verwendet. Zudem wurde die schwedische Studie von H. Michelson et al. (2000) [65] mit 3069 Teilnehmern und die norwegische Studie von M. J. Hjermstad et al. mit 1965 Teilnehmern (1998) [66] zum Vergleich mit hinzugezogen. Diese Studien bewerten die Lebensqualität eines Querschnitts der Bevölkerung. Die genauen Werte sind in Tab. 40 dargestellt. 91 Die 77 Patienten unserer Studie bewerteten ihren globalen Gesundheitsstatus im Durchschnitt mit einem Wert von 67,8 (±20,9) Punkten. Dieser Wert liegt etwas niedriger als in der deutschen, schwedischen und norwegischen Allgemeinbevölkerung. Auch in den Funktionalitätsskalen des QLQ-C30 bewerteten die Patienten unserer Studie ihre Funktionalität schlechter als die Allgemeinbevölkerungen in Deutschland, Schweden und Norwegen es taten; die Werte variieren jedoch in einem begrenzten Bereich von 70,2 bis 91,2 Punkten. Dass die Funktionalität eines Kollektivs mit Karzinompatienten im Durchschnitt niedriger ist als die der gesunden Normalbevölkerung ist zu erwarten, jedoch scheinen Rollen- und soziale Funktionalität, mit einer Differenz von mehr als 17 Punkten zur deutschen Allgemeinbevölkerung, besonders betroffen zu sein. Explizit werden dabei Beeinträchtigungen im Familienleben und im sozialen Umfeld sowie Einschränkungen bei alltäglichen Tätigkeiten und Freizeitaktivitäten abgefragt, die anscheinend durch die Krebserkrankung erheblich sind. Es ist jedoch nachvollziehbar, dass eine maligne Erkrankung mit stationärem Aufenthalt, operativem Eingriff und gegebenenfalls (neo-) adjuvanter Therapie einerseits eine Belastung für den Patienten und die gesamte Familie darstellt und andererseits einen sozialen Rückzug des Patienten bedingen kann. In den Symptomskalen, in denen hohe Werte eine hohe Symptomatik und somit eine niedrige Lebensqualität bedeuten, hatten die Patienten aus der vorliegenden Studie, im Vergleich zu der deutschen, schwedischen und norwegischen Allgemeinbevölkerung, mit Abstand die höchsten Werte. In allen drei Vergleichsstudien waren die Symptombereiche, in denen die Allgemeinbevölkerung die größte Beinträchtigung angab, Schmerzen, Müdigkeit und Schlaflosigkeit. In diesen Bereichen fühlte sich auch das in dieser Studie betrachtete Kollektiv stark beeinträchtigt, wobei jedoch zusätzlich Durchfall, Verstopfung, Dyspnoe und finanzielle Probleme eine große Rolle spielten. Die vermehrten Probleme bei der Stuhlregulation erklären sich, wenn man in Betracht zieht, dass unser Kollektiv nur aus Patienten mit therapiertem Rektumkarzinom besteht, während die finanziellen Probleme sich mit dem langwierigen Verlauf und krankheitsbedingtem Ausfall erklären lassen könnten. Auch kann man sich vorstellen, dass durch eine Krebserkrankung mit anschließender Therapie zusätzliche Kosten entstehen. Die vermehrte Dyspnoe in dem untersuchten Kollektiv könnte mit den vermehrten Begleiterkrankungen bei höherem Durchschnittsalter zusammenhängen. 92 Schwarz et Michelson et Hjermstad et Vorliegende al. [57] al. [65] al. [66] Studie Jahr 2001 2000 1998 2015 n 2028 3069 1965 77 Allgemeine 70,8 (±22,1) 74,7 (±22,2) 73,7 67,8 (±20,9) 90,1 (±16,7) 88,0 (±17,7) 89,9 79,7 (±21,7) Rollen-funktionalität 88,0 (±22,9) 86,0 (±24,4) 92,8 70,2 (±27,9) Emotionale 78,7 (±21,0) 78,3 (±21,9) 82,8 77,2 (±24,5) 91,2 (±17,0) 88,5 (±17,7) 86,5 85,1 (±17,6) 91,0 (±19,4) 90,4 (±19,6) 85,8 71,8 (±31,3) Müdigkeit 17,1 (±22,0) 23,4 (±22,4) 28,8 31,1 (±25,4) Übelkeit/Erbrechen 2,8 (±9,9) 3,7 (±10,9) 4,0 4,7 (±13,9) Schmerzen 15,4 (±24,4) 20,6 (±26,9) 20,5 23,1 (±28,7) Dyspnoe 8,1 (±20,3 16,4 (±24,4) 14,3 20,9 (±27,9) Schlaflosigkeit 16,4 (±27,2) 20,3 (±27,5) 20,4 25,3 (±29,9) Appetitlosigkeit 5,4 (±16,0) 5,0 (±15,4) 7,5 10,2 (±21,2) Verstopfung 3,6 (±13,7) 6,8 (±17,7) 10,7 20,7 (±32,0) Durchfall 2,8 (±11,7) 5,3 (±15,9) 9,4 28,8 (±34,6) Finanzielle Probleme 6,0 (±18,2) 7,2 (±20,5) 9,0 21,5 (±32,6) Lebensqualität Körperliche Funktionalität Funktionalität Kognitive Funktionalität Soziale Funktionalität Tabelle 40: Vergleich der Mittelwerte des QLQ-C30 der eigenen Studie mit den Mittelwerten des QLQ-C30 bei Umfragen in den Allgemeinbevölkerungen von Deutschland, Schweden und Norwegen (n=Anzahl der betrachteten Patienten) Die krankheitsspezifische Lebensqualität für Patienten mit Rektumkarzinom wurde mit dem Fragebogen QLQ-CR29 abgefragt. In den Funktionalitätsskalen gab es hier nur in zwei Bereichen, nämlich Körperbild und Gewicht, Werte von knapp über 70 Punkten. Die Besorgnis der Patienten war relativ hoch (Funktionalität 60,9 Punkte) und die 93 sexuelle Funktionalität bei Männern gering (51,0 Punkte) und bei Frauen sehr gering (26,1 Punkte). In den 18 krankheitsspezifischen Smyptomskalen war die Beeinträchtigung in den Bereichen Harn-, Stuhlfrequenz, Stuhlinkontinenz, Blähungen und Beschämung deutlich (>30 Punkte). Die schwerwiegendste Symptomatik waren jedoch generell Flatulenzen (51,9 Punkte) und speziell bei männlichen Patienten Impotenz (68,0 Punkte). Bei den drei existierenden Studien aus Deutschland (aus den Jahren 2012 und 2013), bei denen der Fragebogen QLQ-CR29 Anwendung fand, war das Patientenkollektiv spezifischer definiert. So betrachteten Welsch et al. [61] nur Patienten, die mittels abdominoperinealer Resektion operiert wurden, während Guckenberger et al. [60] und Kripp et al. [67] nur Patienten betrachteten, die neoadjuvant vorbehandelt wurden. In der Studie von Kripp et al. [67] wurden keine Werte für das gesamte Kollektiv angegeben, sodass diese nicht mit den vorliegenden Werten verglichen werden können. In den Studien von Guckenberger et al. [60] und Welsch et al. [61] zeigte sich, dass die Funktionalität in den Skalen Körperbild, Besorgnis und Gewicht, wie in der vorliegenden Studie, meist mit Durchschnittswerten zwischen 61 und 77 Punkten bewertet wurde. Davon ausgenommen war der Bereich Besorgnis, der in den Studien von Welsch et al. nur mit durchschnittlich 51,9 Punkten bewertet wurde, was einer relativ hohen Besorgnis entspricht. Das sexuelle Interesse der Männer lag bei Guckenberger et al. nur bei 54 Punkten, was vergleichbar mit dem Wert unseres Kollektivs ist, während die Männer in der Studie von Welsch et al. einen deutlich höheren Wert von 63 Punkten angaben. In beiden Vergleichsstudien war der Wert des sexuellen Interesses von Frauen mit 67 Punkten mehr als doppelt so hoch wie in der vorliegenden Studie. Bei den Werten in den Symptomskalen in den Studien von Guckenberger et al. und Welsch et al. zeigte sich, dass wie in der aktuellen Studie, Impotenz das mit Abstand schwerwiegendste Symptom (70 bzw. 79,1 Punkte) war. Die andern dominierenden Symptome waren, ebenfalls vergleichbar mit unserem Kollektiv, Harnfrequenz, Flatulenzen und Beschämung (35 bis 48 Punkte). Auch Blähungen, Stuhlfrequenz und Stuhlinkontinenz wurden in beiden Vergleichsstudien mit Werten von 24 bis 35 Punkten, beurteilt. Der Vergleich der Symptomskalen ist in Tab. 41 zusammengefasst: 94 Symptomskala Jahr Welsch et al. Guckenberger et al. Vorliegende [61] [60] Studie 2013 2013 2015 n Punkte n Punkte N Punkte Harnfrequenz 18 48,1 (±26,6) 120 44 75 43,11 (±25,28) Harninkontinenz 17 19,6 (±30,5) 119 20 74 12,16 (±12,16) Dysurie 16 2,0 (±8,0) 120 7 75 1,33 (±1,33) Stuhlfrequenz 18 25,9 (±23,8) 118 35 72 38,43 (±32,94) Stuhlinkontinenz 18 25,8 (±28,5) 118 34 72 31,48 (±36,21) Blut und Schleim im 18 8,4 (±13,9) 120 7 75 3,78 (±8,91) Bauchschmerzen 18 5,8 (±12,6) 119 15 75 18,67 (±30,13) Blähungen 18 24,1 (±26,9) 120 26 75 31,56 (±31,43) Flatulenzen 18 35,1 (±28,4) 118 40 72 51,85 (±33,98) Schmerzen im Gesäß- 18 25,9 (±32,6) 120 17 75 15,56 (±25,31) 18 23,5 (±33,9) 118 20 75 16,89 (±27,60) Haarausfall 119 12 75 6,22 (±16,20) Geschmacksinn 120 15 75 8,44 (±19,83) Stuhl Analbereich Trockener Mund Wund Haut im Stoma-/ 18 15,6 (±23,2) 117 24 70 22,86 (±29,24) Beschämung 18 38,8 (±35,6) 118 40 71 32,39 (±39,43) Probleme bei der Stoma- 18 9,8 (±24,9) 49 10 21 7,94 (±14,55) Impotenz 8 79,1 (±28,7) 77 70 49 68,03 (±37,86) Dyspareunie 3 0 (±0) 33 30 18 16,67 (±28,58) Analbereich Pflege Tabelle 41: Vergleich der Durchschnittswerte der Symptomskalen des QLQ-CR29 der Patienten aus der aktuellen Studie mit den Werten aus drei vergleichbaren Studien (n=Anzahl) Es lässt sich feststellen, dass in der vorliegenden Studie die Lebensqualität im Fragebogen QLQ-CR29 durchschnittlich schlechter bewertet wird, als die Lebensqualität im Fragebogen QLQ-C30. Dies spricht dafür, dass der Fragebogen QLQ-CR29 die Bereiche gut erfasst, die Patienten mit Rektumkarzinom beeinträchtigen. Somit lässt sich auch erklären, warum der Globale 95 Gesundheitszustand im QLQ-C30 schlechter bewertet wird, als die Funktionalitätsskalen des QLQ-C30: Auch wenn der Patient sich in seiner Lebensqualität beeinträchtigt fühlt, fragen die Skalen des QLQ-C30 nicht unbedingt die Funktionalitätsbereiche und vor allem die Symptombereiche ab, die für die Patienten entscheidend sind. Somit stellt der QLQ-CR29 eine sehr gute Ergänzung zur Messung der Lebensqualität bei Patienten mit Rektumkarzinom dar, was bereits in mehreren großen und internationalen Studien validiert wurde [56, 68]. Die Symptomskala mit dem höchsten Wert war Impotenz, wobei 26 der 49 männlichen Patienten die maximale Punktzahl (vier Punkte) gaben. Es ist bekannt, dass sexuelle Dysfunktion, vor allem bei Männern, ebenso wie Blasenfunktionsstörungen häufig Folge von multimodaler Therapie des Rektumkarzinoms sind [69, 70]. Dabei sind der chirurgische Eingriff mit potenzieller Schädigung des autonomen Nervensystems und die Radio- beziehungsweise Radiochemotherapie die kausalen Faktoren [71]. Folglich kann man vermuten, dass auch das sexuelle Interesse nicht mehr so groß ist. Dass bei Welsch et al [61] das sexuelle Interesse bei Männern höher ist als bei Guckenberger et al. [60] und der vorliegenden Studie, könnte an der relativ geringen Kollektivgröße (N=9) liegen. Im Gegensatz zu den anderen Studien, ist das sexuelle Interesse der Frauen in der vorliegenden Studie sehr gering. Eine spanische Studie von Arraras et al. aus dem Jahr 2013 [62], bei der das Kollektiv aus Patienten mit neoadjuvanter Radiochemotherapie, Operation und teilweise adjuvanter Therapie bestand, zeigte jedoch ebenfalls trotz relativ gering ausgeprägter Dypareunie (17 Punkte) ein sehr geringes sexuelles Interesse der Frauen von 4,8 Punkten. Da das sexuelle Interesse in der Allgemeinbevölkerung mittels QLQ-C30 nicht abgefragt wurde, ist ein Vergleich zur entsprechenden Altersgruppe nicht möglich. Es ist jedoch ein Ergebnis mehrerer neuer Studien, dass, auch wenn die sexuelle Aktivität von Frauen im Alter nachlässt, das sexuelle Interesse bei älteren Frauen nicht unbedingt niedriger ist [72, 73]. Somit kann man von einem großen Einfluss des malignen Geschehens auf die sexuelle Funktionalität der Frauen in der vorliegenden Studie ausgehen. Die ausgeprägte Symptomatik aller Patienten in den Bereichen Flatulenzen und Beschämung könnte sich gegenseitig bedingen. 96 5.2. Allgemeine und krankheitsspezifische Lebensqualität unter Berücksichtigung von Geschlecht, Alter und Vorhandensein eines Stomas Abgesehen von den Unterschieden, die den sexuellen Bereich der Lebensqualität betreffen, finden sich nur wenige Unterschiede bei den Durchschnittswerten von Männern und Frauen. Diese betreffen dann vor allem Symptome wie Schlaflosigkeit, Blähungen und Flatulenzen, die bei Frauen (marginal) signifikant stärker ausgeprägt sind. Da auch in den Symptombereichen Harn-, Stuhlfrequenz und Beschämung, die in unserem Kollektiv allgemein hoch bewertete wurden, Frauen stärker beeinträchtigt sind, lässt dies vermuten, dass weibliche Patienten krankheitsassoziierte Symptome als gravierender wahrnehmen. Lediglich die Stuhlinkontinenz beeinträchtigte Männer mehr. Dieser Trend der verstärkten Wahrnehmung von Symptomen bei Frauen, der sich bei uns vor allem auf die Werte des QLQ-CR29 bezieht, konnte auch in der deutschen Allgemeinbevölkerung bestätigt werden [57]. Dort zeigte sich sogar, dass in ausnahmslos allen Skalen des QLQ-C30 die Lebensqualität von Frauen schlechter eingeschätzt wurde als von Männern. Bei der aktuellen Studie kann diese verstärkt empfundene Symptomatik bei Frauen nur in den krankheitsassoziierten Bereichen festgestellt werden, was einerseits daran liegen kann, dass Frauen bei einer gesicherten Krankheit gerade die damit verbundenen Symptome vordergründig als beeinträchtigend empfinden oder andererseits an der vergleichsweise kleinen Stichprobe von 24 Frauen. Nur selten werden in Studien mit Patienten mit Rektumkarzinom die Werte von Männern und Frauen verglichen; ist dies jedoch wie in einer Studie von Theodoropoulos et al. [74] aus dem Jahr 2013 bei der Patienten mit kolorektalem Karzinom befragt wurden der Fall, zeigt sich ebenfalls eine verstärkte Symptomatik bei Frauen. Auch das Alter hat einen Einfluss auf die Lebensqualität der Patienten. Jüngere Patienten (<70 Jahre) schätzten ihre körperliche Funktionalität und ihr sexuelles Interesse deutlich besser ein als ältere Patienten (≥70Jahre). Die bessere körperliche Funktionalität bei jüngeren Patienten war zu erwarten und wurde bereits in früheren Studien festgestellt [75]. Im Bereich des sexuellen Interesses war dieser Zusammenhang vor allem bei Männern zu beobachten, was damit zusammenhängen kann, dass ältere Männer sehr viel stärker an Impotenz litten, als jüngere. 97 Erstaunlicherweise ist bei Frauen der durchschnittliche Wert für Dyspareunie in den Gruppen der unter- und über-70jährigen gleich hoch. Jüngere Patienten hatten generell deutlich mehr finanzielle Schwierigkeiten als ältere Patienten. Dies mag darin begründet sein, dass jüngere Patienten oft noch berufstätig sind und ein krankheitsbedingter Ausfall bei einem stehenden Kostenapparat mehr Probleme mit sich bringt als bei berenteten Patienten. Dass jüngere Patienten auch mehr an Diarrhoe und Stuhlinkontinenz leiden als ältere Patienten ist zunächst überraschend. In der Studie von Theodoropoulos et al. [74] 2013 konnte aber ebenfalls ein vermehrtes Risiko für Patienten mit kolorektalem Karzinom, die jünger als 70 Jahre alt waren, postoperativ an gastrointestinaler Dysfunktion zu leiden gesehen werden. Dies könnte mit der Ausgangssituation und der relativen Verschlechterung der Kontinenzleistung nach der Therapie zusammenhängen. Ein jüngerer, vor Erkrankung gänzlich kontinenter Patient könnte seine Situation im Vergleich als viel gravierender wahrnehmen als ein älterer Patient mit vorbestehender Inkontinenz. Eine vermehrte Diarrhoe kann zudem eine Stuhlinkontinenz bedingen [76]. Wichtig ist auch der Vergleich der Lebensqualität von Patienten mit und ohne Stoma, da lange Zeit angenommen wurde, dass ein Stoma die Lebensqualität beeinträchtigen würde [77]. In neueren Studien konnte allerdings gezeigt werden, dass ein Stoma die Lebensqualität nicht unbedingt negativ [77, 78, 79], sondern unter Umständen sogar positiv [80] beeinflusst. Um die Vergleichbarkeit dieser beiden Patientengruppen zu gewährleisten wurde der Fragebogen QLQ-CR29 mit separaten Fragen für Patienten mit und ohne Stoma erarbeitet. In unserem Kollektiv (22 Patienten mit Stoma, 55 ohne Stoma) zeigte sich, dass Patienten ohne Stoma in nahezu allen Funktionalitätsbereichen der beiden Fragebögen höhere Werte angaben als Patienten mit Stoma. Am deutlichsten war dieser Unterschied im Bereich der körperlichen Funktionalität (p=0,006), jedoch auch in den Bereichen Körperbild und sexuelles Interesse der Frauen konnte ein Unterschied von mehr als 5 Punkten gesehen werden. Im Gegensatz dazu konnten in den Symptomskalen signifikant höhere Werte der Patienten ohne Stoma in den Bereichen Obstipation, Schmerzen im Analbereich, Flatulenzen, Stuhlinkontinenz und Blähungen festgestellt werden. Diese Beobachtung deckt sich mit den Ergebnissen anderer Studien, die bei Patienten ohne Stoma vermehrt gastrointestinale Symptome [64, 79, 81] und meist ein besser 98 bewertetes Körperbild als bei Patienten mit Stoma verzeichneten. Die in diesen Studien oft signifikant vermehrte Beschämung der Patienten mit Stoma [64] ist in der vorliegenden Studie nur in einem Unterschied von drei Punkten (p=0,5) zu erkennen. Allerdings ist der Wert für den Bereich Beschämung mit je über 30 Punkten generell relativ hoch, was bei Patienten mit Stoma Beschämung aufgrund des Stomas und bei Patienten ohne Stoma aufgrund der Stuhlgänge bedeutet. Somit ist der hohe Wert bei Patienten ohne Stoma einerseits mit den bereits diskutierten vermehrten gastrointestinalen Symptomen zu erklären, während andererseits die geringe Differenz zwischen den beiden Gruppen auch durch die ungleiche Patientenzahl (22 Patienten mit Stoma, 55 ohne Stoma) beeinflusst sein kann. Während in der von der EORTC durchgeführten Studie zur Validierung des QLQ-CR29 im Jahr 2009 [56] ein Wert von 15 Punkten bei Problemen mit der Stomapflege und deutlich mehr Beschwerden bei Patienten mit Stoma bezüglich wunder Haut im Stoma/Analbereich festgestellt werden konnten, ist dies in der vorliegenden Studie anders. Die Probleme bei der Stomapflege wurden nur mit 7,9 Punkten angegeben und Probleme mit wunder Haut sind nun unabhängig vom Stoma vergleichbar. Dies könnte dafür sprechen, dass durch längere Erfahrungen mit Patienten mit Kolostomata, die Schulung und Produkte für diese Patienten verbessert werden konnten. Generell hat sich der Vergleich der Stuhlkontinenzleistung von Patienten mit und ohne Stoma noch nicht etabliert. Üblicherweise werden dazu nur Patienten mit erhaltener Darmkontinuität betrachtet. Dies hat seine Berechtigung, denn nach WHO-Definition ist Stuhlkontinenz die Fähigkeit Stuhlgang willentlich ort- und zeitgerecht abzusetzen, was bei einem künstlichen Darmausgang nicht mehr der Fall sein kann [82]. Trotzdem scheinen auch Patienten mit Kolostoma unter Stuhlinkontinenz zu leiden, da von diesen Patienten in der vorliegenden Studie ein durchschnittlicher Wert von 15 Punkten angegeben wurde. Auch wenn dieser Wert sehr viel niedriger ist als bei Patienten ohne Stoma (39 Punkte) scheint die Frage nach unwillkürlichem Stuhlabgang auch bei Stoma-Patienten sinnvoll zu sein. Vor allem der Vergleich von Einflussfaktoren auf die Stuhlinkontinenz innerhalb der Gruppe von Patienten mit Stoma könnte Ergebnisse zur Verbesserung der Symptomatik erbringen. Inwieweit die Werte für Stuhlinkontinenz jedoch von Patienten mit und ohne Stoma und somit völlig unterschiedlichen anatomischen Voraussetzungen verglichen werden können bleibt fraglich. 99 5.3. Allgemeine und krankheitsspezifische Lebensqualität unter Berücksichtigung der Therapie Der Einfluss der Operationsmethoden auf die Lebensqualität bei Patienten mit Rektumkarzinom war schon oft Thema von Studien. Dabei wurde vor allem die Wichtigkeit des Sphinktererhalts diskutiert. In der aktuellen Studie fällt auf, dass sich nur in den Bereichen Stuhlinkontinenz (p=0,038) und Schmerzen am Anal-/Gesäßbereich (p=0,015) signifikante Unterschiede zwischen Patienten mit primärer Rektumresektion und Patienten mit primärer Rektumexstirpation ergaben. Dabei ist es jedoch so, dass die Patienten mit Rektumresektion die größeren Beschwerden in diesen Bereichen empfanden. Dass es nach sphinktererhaltender Operation des Rektumkarzinoms zu erhöhter Stuhlfrequenz bis Stuhlinkontinenz kommen kann, ist mittlerweile gut bekannt und wurde unter dem Begriff „low anterior resection syndrome“ (LARS) zusammengefasst [83]. Auch gastrointestinale Dysfunktion wie Diarrhoe (p=0,086) und Obstipation (p=0,092) waren in der aktuellen Studie bei Patienten mit Rektumresektion relevanter als bei Patienten mit Rektumexstirpation. Diese Vergleiche sind zwar nur eingeschränkt bewertbar, da Patienten mit Rektumexstirpation ja prinzipiell ein Stoma haben und somit das Stoma als wichtiger Einflussfaktor gewertet werden muss, jedoch sind auch bei Rektumresektion nur elf Patienten (19%) primär ohne Stoma, 37 Patienten (64%) mit temporärem und letztendlich auch 10 Patienten (=17%) mit langfristigem Stoma versorgt worden. Zudem wurden die vermehrten gastrointestinalen Symptome einerseits und die höhere sexuelle Funktionalität andererseits nach Rektumresektion auch schon in anderen Studien festgestellt [59, 84]. Dennoch haben in der vorliegenden Studie Patienten mit Rektumexstirpation in den Bereichen „erhöhte Harnfrequenz“ und „sexuelles Interesse der Frauen“ schlechtere Werte, als Patienten mit Rektumresektion. Eine erhöhte Harnfrequenz nach abdominoperinealer Rektumexstirpation wurde auch schon in der Studie von Welsch et al. festgestellt [61]. Generell stellt sich die Frage, ob ein Sphinktererhalt den Patienten bei einem höheren Risiko von vermehrter gastrointestinaler Dysfunktion und vermehrten Schmerzen sowie einem ebenfalls nicht zu vernachlässigenden Risiko der permanenten Stomaanlage 100 (hier 17% der Patienten mit primärer Rektumresektion) bei ansonsten vergleichbaren Werten im QLQ-C30 und QLQ-CR29, langfristig die bessere Lebensqualität bringt. Dies stellten auch schon andere Studien in Frage [85, 86]. Neben der Operationsmethode ist in der vorliegenden Studie die neoadjuvante bzw. adjuvante (Radio-) Chemotherapie als Einflussfaktor auf die Lebensqualität untersucht worden. Es ließ sich feststellen, dass adjuvant behandelte Patienten vor allem in den Bereichen der Funktionalität eine niedrigere Lebensqualität hatten, als neoadjuvant behandelte. Dies betraf den globalen Gesundheitsstatus (p=0,007), die körperliche (p=0,014), kognitive (p=0,037) und soziale Funktionalität (p=0,085) und die Rollenfunktionalität (p=0,014). Um zu objektivieren, ob hier adjuvant behandelte Patienten nun eine deutlich schlechtere oder neoadjuvant behandelte Patienten eine besonders gute Lebensqualität hatten, wurden beide Gruppen mit den Patienten verglichen, die nur operiert wurden, ohne eine Radiochemotherapie zu erhalten. Dabei konnte gezeigt werden, dass auch bei diesem Vergleich adjuvant behandelte Patienten deutlich schlechter abschnitten, während neoadjuvant behandelte Patienten und Patienten mit alleiniger Operation geringe Unterschiede in der Funktionalität hatten. Besonders betroffen von diesen Funktionalitätseinbußen waren adjuvant behandelte Männer und adjuvant behandelte Patienten ohne Stoma. Frauen, die adjuvant behandelt wurden, litten lediglich mehr unter Mundtrockenheit als Patientinnen aus den anderen Therapiegruppen und auch bei adjuvant behandelten Patienten mit Stoma konnten keine großen Funktionalitätseinbußen bemerkt werden. Bereits 2004 stellten Sauer et al. in einer großen deutschen Studie fest, dass eine postoperative Radiochemotherapie eine geringere Compliance bei erhöhter Toxizität hat, im Vergleich zu einer präoperativen Radiochemotherapie [43]. Und wirklich haben adjuvant therapierte Patienten im vorliegenden Kollektiv in nahezu allen Symptombereichen der krankheitsspezifischen und allgemeinen Lebensqualität die höchsten Werte und somit die ausgeprägteste Symptomatik. Auch wenn die Anzahl der Studien, die die Lebensqualität bei Patienten mit adjuvanter und neoadjuvanter bzw. mit alleiniger Operation vergleichen, spärlich ist, wurde bereits in einigen Studien festgestellt, dass die Kontinenz- und Sexualfunktion bei Patienten nach adjuvanter Therapie schlechter war als bei Patienten mit alleiniger Operation [87, 101 88]. Dieser Effekt, der in anderen Studien hauptsächlich auf den Einfluss der Bestrahlung zurückgeführt wird [64, 88, 89], egal ob prä- oder postoperativ verabreicht, kann in der vorliegenden Studie im Bereich der Stuhlinkontinenz gesehen werden, die in der adjuvant und neoadjuvant behandelten Gruppe deutlich höher ist als bei Patienten mit alleiniger Operation. Die sexuelle Dysfunktion ist erstaunlicherweise im vorliegenden Kollektiv bei neoadjuvanter Behandlung sowohl bei Frauen als auch bei Männern am niedrigsten, während die höchsten Werte bei den adjuvant behandelten Patienten auftraten. Dies wurde bereits in einer chinesischen Studie von Peng et al. 2011 [64] festgestellt und darauf zurückgeführt, dass Patienten mit postoperativer Radiochemotherapie weniger Zeit haben sich bis zur Befragung zu erholen als Patienten mit neoadjuvanter Radiochemotherapie. Dieser Effekt mag vorhanden sein, ist jedoch bei der vorliegenden Studie mit einer mittleren Nachbeobachtungszeit von 6,7 (±2,8) Jahren wahrscheinlich zu vernachlässigen. Es erstaunt somit nicht, dass das sexuelle Interesse bei Männern mit adjuvanter Therapie deutlich geringer ist als in den anderen Therapiegruppen. Bei Frauen war das sexuelle Interesse generell sehr niedrig, jedoch insbesondere bei neoadjuvant behandelten Patientinnen noch deutlich eingeschränkter. Dieses niedrige sexuelle Interesse bei neoadjuvant behandelten Frauen wurde bereits bei Marijnen et al. [90] bemerkt und dort auf die sexuelle Dysfunktion zurückgeführt, die im vorliegenden Kollektiv in der neoadjuvanten Gruppe allerdings am niedrigsten ist. Da in der neoadjuvant behandelten Gruppe Frauen signifikant mehr an Blähungen (p=0,02) und auch an Schmerzen (p=0,075) leiden als Männer, könnte auch dies mit zum niedrigen sexuellen Interesse beitragen. Zudem wurde in der Studie von Peng et al. ebenfalls ein deutlich vermindertes sexuelles Interesse bei Frauen, bei nicht vorhandener Dyspareunie, festgestellt [64]. Die vermehrte Stuhlinkontinenz bei neoadjuvant behandelten Patienten wurde neben kleineren Studien [64, 91, 92] auch in einer großen Metaanalyse von Loos et al. im Jahr 2013 [93] ermittelt, wobei dort ebenfalls, wie in der vorliegenden Studie, kein signifikanter Einfluss der neoadjuvanten Therapie auf die sexuelle Funktionalität und die Harninkontinenz festgestellt werden konnte. Dass die Symptomatik bei adjuvant behandelten Patienten deutlich höher war als in den anderen Gruppen, könnte auch durch die Altersstruktur und die Tumorklassifikation in dieser Gruppe bedingt sein. Prozentual waren nämlich Patienten mit adjuvanter Therapie älter und hatten ein 102 fortgeschritteneres Tumorstadium als Patienten aus den anderen Therapiegruppen (vgl. Anhang Tab. 9). Patienten mit Radiochemotherapie, unabhängig davon ob sie prä-oder postoperativ verabreicht wurde, hatten im Vergleich zu Patienten mit alleiniger Operation höhere Werte in allen Bereichen, die man mit Nebenwirkungen der Chemotherapie verbindet. So litten sie durchschnittlich mehr an Mundtrockenheit, Haarausfall, Problemen mit dem Geschmackssinn, Übelkeit/Erbrechen und Bauchschmerzen. Erstaunlicherweise hatten von allen Patienten diejenigen mit der neoadjuvanten Therapie die niedrigsten Werte in den Bereichen Diarrhoe, Flatulenzen, Stuhlfrequenz und Impotenz/ Dyspareunie. Dies könnte für ein gutes Langzeitoutcome der neoadjuvant behandelten Patienten sprechen, wobei die niedrigste Symptomatik an Stuhlinkontinenz die Patienten ohne Operation hatten. Pucciarelli et al. [94], die in einer Studie 2010 die neoadjuvante Therapie für die ausgeprägte gastrointestinale Symptomatik verantwortlich machten, betrachteten ein Kollektiv, das nur aus Patienten mit präoperativ verabreichter Radiochemotherapie bestand. Somit kann nicht festgestellt werden, ob die Symptomatik vor allem durch den Zeitpunkt der Applikation bedingt war oder ob es sich eher um einen generellen Effekt der multimodalen Therapie handelt. Da in der vorliegenden Studie neoadjuvant behandelte Patienten nicht so stark von der Symptomatik betroffen sind wie adjuvant behandelte, könnte man vermuten, dass eine präoperative Applikation bezüglich gastrointestinaler Symptomatik günstiger ist als eine postoperative. Auf die Stuhlinkontinenz hat der Zeitpunkt der Applikation nur eine geringe Auswirkungen, da diese zu den Spätfolgen der Radiochemotherapie zählt [95]. Bezüglich des QLQ-C30 zur allgemeinen Lebensqualität kann man sagen, dass Patienten mit alleiniger Operation noch am ehesten eine, mit der von Schwarz et al. [57] für die Allgemeinbevölkerung ermittelten, vergleichbare Funktionalität haben. In den Symptombereichen haben Patienten ohne Radiochemotherapie zwar meist die niedrigsten Werte der Therapiegruppen, jedoch sind diese deutlich höher als in der Allgemeinbevölkerung [57]. 103 5.4. Die Kontinenzleistung bei Patienten ohne langfristiges Stoma Auch wenn in dem neuen EORTC Fragebogen QLQ-CR29 der Vergleich der Symptomskalen Stuhlinkontinenz und Flatulenzen bei Patienten mit und ohne Stoma ermöglicht wurde, erfolgte die Auswertung der Daten bezüglich Stuhlkontinenz in der vorliegenden Studie nur von den 50 Patienten ohne Stoma, die die entsprechenden Fragen beantworteten. Dabei kann festgestellt werden, dass generell ein Drittel (32%) der Patienten nicht an Stuhlinkontinenz litten, während zwei Drittel (68%) der Patienten regelmäßig unwillkürliche Abgänge von Darmgasen oder Stuhl haben. Während bei Männern 39% keine Stuhlinkontinenz hatten, war der Anteil bei Frauen nur 18%. Jüngere Patienten (<70 Jahre) hatten ebenfalls in 39% der Fälle nicht mit Stuhlinkontinenz zu kämpfen, während es bei den älteren Patienten (≥ 70 Jahre) nur 23% waren. Auch in Abhängigkeit von der Therapie variiert der Anteil der Patienten ohne Stuhlinkontinenz; bei alleiniger Operation waren es 45%, bei neoadjuvanter Behandlung 25% und bei adjuvanter Therapie nur 13%. Der negative Einfluss der Radiotherapie auf die Kontinenzleistung wurde bereits diskutiert (siehe Kap. 5.3.) und somit ist es nicht überraschend, dass Patienten ohne Adjuvanz deutlich weniger an Stuhlinkontinenz litten, als Patienten aus den anderen Therapiegruppen. Dass jüngere Patienten eine bessere Kontinenzleistung hatten als ältere, erstaunt ebenso wenig, da die Kontinenzleistung bekanntlich mit steigendem Alter sinkt, wobei die genauen Prozesse noch Gegenstand aktueller Forschung sind [96]. In der vorliegenden Studie scheinen Männer ein geringeres Risiko für Stuhlinkontinenz zu haben als Frauen. Dies deckt sich mit Ergebnissen einer aktuellen Studie von Contin et al. 2014 [97] zum Outcome von unterschiedlich therapierten Patienten mit Rektumkarzinom, die bezüglich Geschlechterverteilung und Durchschnittsalter sehr gut mit der vorliegenden Studie vergleichbar ist. Es wurde festgestellt, dass Männer in knapp 60% der Fälle keine Stuhlinkontinenz hatten, während es bei Frauen nur 52% waren [97]. Der Anteil der Patienten, die an Stuhlinkontinenz litten, betrug in der vorliegenden Studie 68% (28% Inkontinenz Grad 1,40% Inkontinenz Grad 2 und 3); bei Contin et al. waren es 42% [97]. Dass der Anteil der Patienten mit Inkontinenz in der vorliegenden Studie etwas höher ist, könnte daran liegen, dass die Anzahl der Studienteilnehmer (N=216) bei Contin et 104 al. [97] fast dreimal so groß war wie in der vorliegenden Studie (vgl. Abb. 21). Bezüglich der Patienten mit Stuhlinkontinenz konnte in der vorliegenden Studie festgestellt werden, dass Patienten weiblichen Geschlechts, höheren Alters und mit adjuvanter Therapie eher an einer Inkontinenz 1. Grades litten, während Patienten männlichen Geschlechts, niedrigeren Alters und mit neoadjuvanter Therapie bzw. alleiniger Operation eher eine Inkontinenz Grad 2 oder 3 angaben. Diese Trends sind jedoch aufgrund der geringen Fallzahlen nicht als repräsentativ zu werten und müssen in weiteren Studien überprüft werden. Patienten mit Stuhlinkontinenz 100% 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% N=77 N=64 N=216 Frauen Männer Neoadjuvante Therapie alleinige Operation adjuvante Therapie Contin et al. (2014) Pollack et al. (2006) eigene Studie (2015) Abbildung 21: Stuhlinkontinenz in Abhängigkeit von Geschlecht und Therapie in den Studien von Contin et al. [97], Pollack et al. [88] und der vorliegenden Studie Während in einer schwedischen Studie, zum Langzeitoutcome bei Patienten mit tiefer anteriorer Rektumresektion von Floodeen et al. 2014 [98], die Stuhlkontinenz bei Patienten mit temporärem Stoma und Patienten, die nie ein Stoma hatten, vergleichbar war, fand sich in der vorliegenden Studie ein Unterschied. Während 77% der Patienten, die zwischenzeitlich ein Stoma hatten, langfristig an Inkontinenz litten, waren es bei Patienten, die nie ein Stoma hatten, nur 47%. Eine vermehrte gastrointestinale Dysfunktion nach Stomarückverlagerung ist schon in anderen Studien wie der von Siassi et al. 2008 [99] beschrieben worden. Dabei wurde auch festgestellt, dass die Rückverlagerung nicht wie angenommen zu einer 105 Verbesserung der Lebensqualität führte [99]. Neben der prospektiven Studie von Siassi et al. mit 35 Patienten mit Stomarückverlagerung [99] und der vorliegenden retrospektiven Studie mit 38 Patienten mit Stomarückverlagerung, beschrieben auch Neumann et al. 2011 [100] für 60 Patienten bei gleichbleibender Lebensqualität, vermehrte gastrointestinale Probleme nach Rückverlagerungs-Operation. 5.5. Limitationen der vorliegenden Studie Neben der bereits thematisierten geringen Stichprobengröße gibt es noch andere Faktoren, die die Aussagekraft der vorliegenden Studie limitieren. So handelt es sich um eine nicht-randomisierte und retrospektive Studie, wodurch eine gewisse Selektion des Patientenguts nicht vermieden werden konnte. Dieser Studienart ist es auch geschuldet, dass sich in den einzelnen Vergleichsgruppen bezüglich Stoma, Geschlecht, Therapie und Alter eine unterschiedliche Anzahl von Patienten befindet und die Befragung nur einmalig nach der Intervention stattfinden konnte. Neben den genannten Einflussfaktoren wären auch andere Nebeneffekte wie Bildungsgrad oder sozialer Rückhalt wichtige zu erhebende Daten, da diese maßgeblichen Einfluss auf die Krankheitsbewältigung haben können. Generell bleibt anzumerken, dass die Einschätzung der Lebensqualität immer sehr subjektiv und multifaktoriell bedingt ist, sodass alle in dieser Studie erarbeiteten Unterschiede zwischen den einzelnen Gruppen bei dieser Stichprobengröße höchstens als Hinweise, jedoch nicht als zuverlässige Erklärungen gewertet werden können. 5.6. Ausblick Da bei verbessertem Langzeitüberleben nach multimodaler Therapie des Rektumkarzinoms die Lebensqualität der Patienten immer mehr in den Fokus der Forschung und der Therapieoptimierung rückt, sind weitere große Studien zur Eruierung von Einflussfaktoren unerlässlich. Dabei sollte im besonderen Maße weiterhin untersucht werden, inwieweit die Lebensqualität von Patienten von einem Kolostoma 106 beeinflusst wird und ob es Wege und Procedere gibt, die oftmals vorherrschende sexuelle und gastrointestinale Dysfunktion der Patienten im Verlauf zu verbessern. Bei mittlerweile sehr gutem chirurgischen Outcome der Patienten mit Rektumkarzinom könnte so die Lebensqualität und damit auch die Patientenzufriedenheit und die Compliance der Patienten verbessert werden. 107 6. Literaturverzeichnis 1. Bundesministerium. Bundesministerium für Gesundheit - Früherkennung und Vorsorge. [Online] 2014. [Zitat vom: 21. Juli 2014.] http://www.bmg.bund.de/fileadmin/dateien/Downloads/F/Frueherkennung_und_Vorsorg eleistungen_der_GKV/Krebs_Vorsorge-_und_Frueherkennungsleistungen.pdf. 2. Robert-Koch-Institut. Beiträge zur Gesundheitsberichterstattung des Bundes- Krebs in Deutschland 2009/2010, 9. Ausgabe. [Online] 2013. [Zitat vom: 21. 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Patient PME partielle mesorektale Exzision QLQ Quality of life Questionnaire RCT Radiochemotherapie RE Rektumextirpation RR Rektumresektion s. siehe s.u. siehe unten Tab. Tabelle TME totale mesorektale Exzision TNM Tumor-/Nod[ul]us-/Metastase UICC Union internationale contre le cancer vgl. Vergleiche vs. Versus z.B. Zum Beispiel 117 8. Eidesstattliche Versicherung „Ich, Nathalie Raphaela Lindholz, versichere an Eides statt durch meine eigenhändige Unterschrift, dass ich die vorgelegte Dissertation mit dem Thema „Lebensqualität nach (neo-)adjuvanter Radiochemotherapie des Rektumkarzinoms“ selbstständig und ohne nicht offengelegte Hilfe Dritter verfasst und keine anderen als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel genutzt habe. Alle Stellen, die wörtlich oder dem Sinne nach auf Publikationen oder Vorträgen anderer Autoren beruhen, sind als solche in korrekter Zitierung (siehe „Uniform Requirements for Manuscripts (URM)“ des ICMJE -www.icmje.org) kenntlich gemacht. Die Abschnitte zu Methodik (insbesondere praktische Arbeiten, Laborbestimmungen, statistische Aufarbeitung) und Resultaten (insbesondere Abbildungen, Graphiken und Tabellen) entsprechen den URM (s.o) und werden von mir verantwortet. Meine Anteile an etwaigen Publikationen zu dieser Dissertation entsprechen denen, die in der untenstehenden gemeinsamen Erklärung mit dem Betreuer, angegeben sind. Sämtliche Publikationen, die aus dieser Dissertation hervorgegangen sind und bei denen ich Autor bin, entsprechen den URM (s.o) und werden von mir verantwortet. Die Bedeutung dieser eidesstattlichen Versicherung und die strafrechtlichen Folgen einer unwahren eidesstattlichen Versicherung (§156,161 des Strafgesetzbuches) sind mir bekannt und bewusst.“ Datum Unterschrift 118 9. Anhang Geschlecht F GHS PF RF EF CF SF Mittelwert 69,70 79,71 71,74 76,52 84,85 79,55 N 22 23 23 22 22 22 19,12 28,62 27,17 19,18 29,96 Standardabweichung 22,35 M Mittelwert 66,99 79,74 69,55 77,51 85,26 68,59 N 52 52 52 52 52 52 22,87 27,76 23,57 17,04 31,60 Standardabweichung 20,41 Insgesamt Mittelwert 67,79 79,73 70,22 77,21 85,14 71,85 N 74 75 75 74 74 74 21,66 27,85 24,51 17,57 31,32 0,684 0,740 0,842 0,924 0,137 Standardabweichung 20,89 p-Werte (Mann-Whitney-U- 0,759 Test) Anhang: Tabelle 1: Mittelwerte und Signifikanzen der Funktionalitätsskalen des QLQ-C30 in Abhängigkeit vom Geschlecht ( GHS= Globaler Gesundheitszustand, PF= Körperliche Funktionalität, RF= Rollenfunktionalität, EF= Emotionale Funktionalität, CF= Kognitive Funktionalität, SF= Soziale Funktionalität) 119 Alter bei Befragung GHS PF RF EF CF SF Mittelwert 70,83 84,91 72,81 76,68 85,53 73,25 N 38 38 38 38 38 38 17,17 22,40 23,06 19,44 32,31 <70 Standardabweichung 18,66 >=70 Mittelwert 64,58 74,41 67,57 77,78 84,72 70,37 N 36 37 37 36 36 36 24,57 32,62 26,28 15,62 30,63 Standardabweichung 22,83 Insgesamt Mittelwert 67,79 79,73 70,22 77,21 85,14 71,85 N 74 75 75 74 74 74 21,66 27,85 24,51 17,57 31,32 0,038 0,714 0,720 0,465 0,622 Standardabweichung 20,89 p-Wert (Mann-Whitney-U- 0,220 Test) Anhang: Tabelle 2: : Mittelwerte und Signifikanzen der Funktionalitätsskalen des QLQ-C30 in Abhängigkeit vom Alter ( GHS= Globaler Gesundheitszustand, PF= Körperliche Funktionalität, RF= Rollenfunktionalität, EF= Emotionale Funktionalität, CF= Kognitive Funktionalität, SF= Soziale Funktionalität) Stoma Kein Stoma: Stoma: Insgesamt GHS PF RF EF CF SF Mittelwert 68,40 84,28 73,90 77,46 85,53 71,70 N 53 53 53 53 53 53 Standardabweichung 21,83 18,26 24,79 25,11 18,79 30,59 Mittelwert 66,27 68,79 61,36 76,59 84,13 72,22 N 21 22 22 21 21 21 Standardabweichung 18,72 25,48 33,09 23,51 14,41 33,88 Mittelwert 67,79 79,73 70,22 77,21 85,14 71,85 N 74 75 75 74 74 74 Standardabweichung 20,89 21,66 27,85 24,51 17,57 31,32 0,373 0,006 0,133 0,673 0,392 0,865 p-Wert (Mann-Whitney-U-Test) Anhang: Tabelle 3: : Mittelwerte und Signifikanzen der Funktionalitätsskalen des QLQ-C30 in Abhängigkeit vom Stoma ( GHS= Globaler Gesundheitszustand, PF= Körperliche Funktionalität, RF= Rollenfunktionalität, EF= Emotionale Funktionalität, CF= Kognitive Funktionalität, SF= Soziale Funktionalität) 120 RCT keine GHS Mittelwert Adjuvanz 72,53 N 27 Standardabweichung 18,17 Adjuvant p-Wert EF CF SF 86,67 77,78 76,44 87,04 79,63 27 27 27 27 27 16,12 24,02 24,94 17,50 29,36 52,22 66,67 52,08 70,56 76,67 54,44 N 15 16 16 15 15 15 20,94 27,81 31,95 18,69 36,98 Mittelwert 71,09 80,42 72,92 80,99 87,50 73,44 N 32 32 32 32 32 32 23,64 27,68 19,88 16,40 27,71 Standardabweichung 19,28 Insgesamt RF Mittelwert Standardabweichung 22,60 Neoadjuvant PF Mittelwert 67,79 79,73 70,22 77,21 85,14 71,85 N 74 75 75 74 74 74 Standardabweichung 20,89 21,66 27,85 24,51 17,57 31,32 Kruskal-Wallis-Test : 0,008 0,005 0,011 0,710 0,078 0,060 0,007 0,014 0,014 0,037 0,085 0,003 0,001 0,004 0,05 0,026 0,768 0,260 0,541 0,980 0,286 p-Wert (Mann-Whitney-U-Test) (Vergleich adjuvant/neoadjuvant) p-Wert (Mann-Whitney-U-Test) (Vergleich adjuvant /keine Adjuvanz) p-Wert (Mann-Whitney-U-Test) (Vergleich keine Adjuvanz/neoadjuvant) Anhang: Tabelle 4: : Mittelwerte und Signifikanzen der Funktionalitätsskalen des QLQ-C30 in Abhängigkeit von der Therapie ( GHS= Globaler Gesundheitszustand, PF= Körperliche Funktionalität, RF= Rollenfunktionalität, EF= Emotionale Funktionalität, CF= Kognitive Funktionalität, SF= Soziale Funktionalität) 121 Geschlecht F BI ANX WEI Mittelwert 78,70 58,33 76,39 26,09 N 24 24 24 23 34,40 28,62 34,75 Standardabweichung 26,80 M Mittelwert 68,08 62,09 71,90 50,98 N 51 51 51 51 34,65 29,34 36,73 Standardabweichung 29,37 Insgesamt SEXM SEXW Mittelwert 71,48 60,89 73,33 50,98 26,09 N 75 75 75 51 23 34,39 29,00 36,73 34,75 0,587 0,490 Standardabweichung 28,83 p-Wert (Mann-Whitney-U- 0,107 0,007 Test) Anhang: Tabelle 5: : Mittelwerte und Signifikanzen der Funktionalitätsskalen des QLQ-CR29 in Abhängigkeit vom Geschlecht (BI= Körperbild, ANX= Besorgnis, WEI= Gewicht, SEXM= sexuelles Interesse der Männer, SEXW= sexuelles Interesse der Frauen) Alter bei Befragung <70 BI ANX WEI SEXM SEXW Mittelwert 73,22 61,54 75,21 64,37 33,33 N 39 39 39 29 9 32,03 27,27 33,25 37,27 Standardabweichung 29,48 >=70 Mittelwert 69,60 60,19 71,30 33,33 21,43 N 36 36 36 22 14 37,22 31,02 34,12 33,61 Standardabweichung 28,41 Insgesamt Mittelwert 71,48 60,89 73,33 50,98 26,09 N 75 75 75 51 23 34,39 29,00 36,73 34,75 0,969 0,658 0,003 0,382 Standardabweichung 28,83 p-Wert (Mann-Whitney-U- 0,539 Test) Anhang: Tabelle 6: Mittelwerte und Signifikanzen der Funktionalitätsskalen des QLQ-CR29 in Abhängigkeit vom Alter (BI= Körperbild, ANX= Besorgnis, WEI= Gewicht, SEXM= sexuelles Interesse der Männer, SEXW= sexuelles Interesse der Frauen) 122 Stoma 0 BI ANX WEI SEXM SEXW 73,15 61,11 73,46 51,43 29,41 54 54 54 35 17 Standardabweichung 28,10 33,49 27,00 36,46 37,048 Mittelwert 67,20 60,32 73,02 50,00 16,67 21 21 21 16 6 37,44 34,35 38,49 27,89 71,48 60,89 73,33 50,98 26,09 75 75 75 51 23 34,39 29,00 36,73 34,75 0,970 0,701 0,875 0,484 Mittelwert N 1 N Standardabweichung 30,93 Insgesamt Mittelwert N Standardabweichung 28,83 p-Wert (Mann-Whitney-U- 0,411 Test) Anhang: Tabelle 7: Mittelwerte und Signifikanzen der Funktionalitätsskalen des QLQ-CR29 in Abhängigkeit vom Stoma (BI= Körperbild, ANX= Besorgnis, WEI= Gewicht, SEXM= sexuelles Interesse der Männer, SEXW= sexuelles Interesse der Frauen) 123 RCT keine Adjuvanz BI ANX WEI SEXM SEXW 79,49 62,82 79,49 53,33 30,00 26 26 26 15 10 Standardabweichung 26,61 36,91 29,93 39,44 36,68 Mittelwert 56,25 50,00 72,92 45,45 33,33 16 16 16 11 5 33,82 40,37 27,81 34,23 33,33 72,56 64,65 68,69 52,00 16,67 33 33 33 25 8 Standardabweichung 25,76 28,79 28,79 37,37 35,63 Mittelwert 71,48 60,89 73,33 50,98 26,09 75 75 75 51 23 Standardabweichung 28,83 34,39 29,00 36,73 34,75 Kruskal-Wallis-Test 0,047 0,479 0,199 0,844 0,497 Mittelwert N Adjuvant N Standardabweichung Neoadjuvant Mittelwert N Insgesamt N p-Wert p-Wert (Mann-Whitney-U-Test) 0,118 (Vergleich adjuvant/neoadjuvant) p-Wert (Mann-Whitney-U-Test) (Vergleich adjuvant /keine 0,020 Adjuvanz) p-Wert (Mann-Whitney-U-Test) (Vergleich keine 0,167 Adjuvanz/neoadjuvant) Anhang: Tabelle 8: Mittelwerte und Signifikanzen der Funktionalitätsskalen des QLQ-CR29 in Abhängigkeit von der Therapie (BI= Körperbild, ANX= Besorgnis, WEI= Gewicht, SEXM= sexuelles Interesse der Männer, SEXW= sexuelles Interesse der Frauen) 124 100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 Adjuvant Neoadjuvant Nur Operation GHS PF RF EF CF SF BI ANX WEI SEXM SEXW Anhang Abbildung 1: Funktionalitätsskalen des QLQ-C30 und QLQ-CR29 bei Patienten mit alleiniger Operation, adjuvanter oder neoadjuvanter Therapie ( GHS= Globaler Gesundheitsstatus, PF=körperliche Funktionalität, RF= Rollenfunktionalität, EF=emotionale Funktionalität, CF= kognitive Funktionalität, SF= Soziale Funktionalität, BI= Körperbild, WEI= Gewicht, SEX= sexuelles Interesse bei Männern, SEXW= sexuelles Interesse bei Frauen) 100 90 80 70 60 Adjuvant 50 Neoadjuvant 40 nur Operation 30 20 10 0 FA PA DY SL DI UF SF BF FL FI SS EMB IMP DYS Anhang Abbildung 2: Symptomskalen des QLQ-C30 und QLQ-CR29 bei denen adjuvant behandelte Patienten Werte von mehr als 30 Punkten angaben im Vergleich zu den anderen Therapiegruppen (FA= Müdigkeit, PA=Schmerzen, DY= Dyspnoe, SL= Schlaflosigkeit, DI= Diarrhoe, UF= Harnfrequenz, SF= Stuhlfrequenz, BF= Blähungen, FL= Flatulenzen, FI= Stuhlinkontinenz, SS= Wunde Haut im Anal-/Stomabereich, EMB= Beschämung, IMP= Impotenz, DYS= Dyspareunie) 125 Adjuvant Neoadjuvant Nur Operation (N=17) (N=33) (N=27) T-Klassifikation T1 2 (12%) 2 (6%) 19 (70%) (T0,Tis nicht mit T2 1 (6%) 12 (36%) 6 (22%) aufgeführrt) T3 14 (82%) 15 (46%) 1 (4%) N-Klassifikation N0 7 (41%) 25 (76%) 27 (100%) N1 3 (18%) 6 (18%) - N2 6 (35%) 1 (3%) - <70J. 4 (24%) 16 (48%) 19 (70%) ≥70J. 17 (52%) 8 (30%) Alter 13 (76%) Anhang: Tabelle 9: Charakterisierung der Therapiegruppen (N= Anzahl, J.= Jahre) 126 Anhang Abbildung 3: Fragebogen der EORTC zur allgemeinen Lebensqualität QLQ-C30, 1. Seite 127 Anhang Abbildung 4: Fragebogen der EORTC zur allgemeinen Lebensqualität QLQ-C30, 2. Seite 128 Anhang Abbildung 5: Fragebogen der EORTC zur krankheitsspezifischen Lebensqualität bei Patienten mit kolorektalem Karzinom QLQ-CR29, 1. Seite 129 Anhang Abbildung 6: Fragebogen der EORTC zur krankheitsspezifischen Lebensqualität bei Patienten mit kolorektalem Karzinom QLQ-CR29, 2. Seite 130 Bitte füllen Sie folgende Fragen möglichst vollständig aus: Rezidiv Haben Sie ein Rezidiv gehabt (Wiederauftreten Ihres Darmkrebses)? - Nein -Ja, wann_____ Stoma Haben Sie ein Stoma - Nein (künstlichen Darmausgang)? - Nein, aber ich hatte ein Stoma von____bis____ - Ja, ich habe ein Stoma Zweittumor Haben Sie noch einen anderen Tumor/Krebs? Sonstige Erkrankungen Leiden Sie an anderen chronischen Erkrankungen? Medikamente Nehmen Sie regelmäßig Medikamente ein? - Nein - Ja, welchen_______ - Nein - Ja, an welchen__________ - Nein - Ja, welche Anhang Abbildung 7: Zusätzlicher Fragebogen an Patienten 131 10. Lebenslauf Mein Lebenslauf wird aus datenschutzrechtlichen Gründen in der elektronischen Version meiner Arbeit nicht veröffentlicht. 132 133 11. Danksagung Zuallererst möchte ich mich bei meinem Doktorvater Priv.-Doz. Dr.med. Martin Kruschewski ganz herzlich für die Betreuung und die Unterstützung in den letzten vier Jahren bedanken. Er war stets bemüht beiden Anteilen der Bezeichnung Doktorvater gerecht zu werden und hatte somit in jeder Lebenslage immer ein offenes Ohr und gute Ratschläge parat. Ebenfalls bedanken möchte ich mich bei Herrn Dr. rer. nat. Jan Budczies, der sich freundlicherweise die Zeit nahm, meinen Statistikteil zu überprüfen. Mein besonderer Dank gilt meinen Eltern Angelika und Bernd ohne die meine Medizinerkarriere eine hypothetische geblieben wäre und die mir nicht nur das Studium ermöglichten, sondern mir auch in schwierigen Phasen immer mit emotionaler, philosophischer und humoristischer Unterstützung zur Seite standen! Ihnen möchte ich meine Arbeit widmen. Ein großer Dank geht auch an meine Brüder Veit und Benjamin, welche für mich in Zeiten des allgemeinen Überkochens allzeit erreichbar waren- vielen Dank für die vielen hilfreichen Gespräche und die amüsante Ablenkung. Zuletzt möchte ich meinem Lebensgefährten Georg danken, mit dem ich viele Nachmittage einträchtig tippend zwischen Lehrbüchern und Statistik verbracht habe: Danke für deine Geduld, deine liebevolle Unterstützung und deinen Sinn für’s Leben! 134
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