UMWELT & GESUNDHEIT Josef Höninger versteht die Welt nicht mehr. Da hat er für die Entsorgung von Abwasser auf Baustellen eine vorbildliche Lösung entwickelt: ökologisch einwandfrei, leicht zu handhaben und preisgünstig. Doch wer in der Praxis damit arbeitet, macht sich strafbar. Die Verteilung der Zuständigkeiten zwischen Gemeinde, Kreis, Land und Bund verhindern seinen Einsatz. Und deshalb bleibt der Stuckateurmeister und Tüftler aus dem schwäbischen Ertingen auf seinem Verfahren sitzen, in das er viel Geld und Zeit investiert hat. Das Problem, um das es geht, kennt jeder Stuckateur: Beim Reinigen von Maschinen und Werkzeugen von Gips, Zement und Estrich auf der Baustelle fällt Abwasser an. Es enthält aushärtende und absetzbare Stoffe und darf deshalb weder in die Kanalisation eingeleitet noch im Erdreich versickert werden. Beides ist im Alltag jedoch gang und gäbe. Eigentlich müsste der Handwerker den Schlamm als Sonderabfall entsorgen lassen, doch das ist so teuer, dass es in der Praxis kaum vorkommt. Deshalb wird weiterhin tapfer gesündigt – in der naiven Hoffnung: Mich erwischt es schon nicht! Haben Polizei und Staatsanwalt aber erst einmal die Spur aufgenommen, wird der Verstoß schnell zum teuren Vergnügen. So verurteilte das Amtsgericht Kirchheim/Teck einen Stuckateur und einen anwesenden Vorführmeister zu je 8000 Mark Geldstrafe, weil sie mit Fließestrich vermischtes Reinigungswasser in einen Straßenentwässerungsschacht einleiteten. Malerblatt 4/2001 Zum Entleeren lässt sich der Eco weit öffnen. Das feine Sieb hält die Feststoffe zurück. Eco-Logik – chancenlos? Für Abwasser auf Baustellen gibt es jetzt ein perfektes Entsorgungssystem. Bürokratie verhindert jedoch seinen Einsatz. Den Letzten beißen eben die Hunde, und das ist der „Verarbeiter“, also der Handwerker – nicht etwa der Gips-, Zement- oder EstrichLieferant. Der schickt zwar – wenn auch meist nur auf ausdrücklichen Wunsch – seine Sicherheitsdatenblätter. Doch aus ihnen geht nicht hervor, mit welchem „Verfahren zur Reinigung/ Aufnahme“ er die Rückstände beseitigt sehen will, einmal ganz abgesehen von den Kosten. Ganz klar: Gewässerverunreinigung ist kein Kavaliersdelikt. Eingeleiteter Schlamm kann Wasserpflanzen und -tiere schädigen, Kanalrohre unbrauchbar machen und den Betrieb von Kläranlagen stören. Besonders bedenklich ist die Vergiftung des Grundwassers mit ihren kaum abzuschätzenden Folgeschäden. Aber der Handwerker gefährdet auch sich selbst: Wenn er Mörtelschlämme oder ähnli- ches auf der Baustelle illegal entsorgt, kann ihn jeder Passant anzeigen und jeder Bauherr versuchen, die Rechnung zu kürzen. Auch ein im Ärger ausgeschiedener Mitarbeiter kann seinen Ex-Chef leicht in Nöte bringen. Das hat Josef Höninger, Chef der Höninger GmbH, Putz & Farbe, am eigenen Leib erfahren. Nicht zuletzt deshalb entwickelte der leidenschaftliche Tüftler einen Entwässerungscontainer für Baustellen. „Eco“ heißt der Stahlbehälter, der ca. 500 Liter Schlamm fasst. Die darin enthaltenen Schwerstoffe setzen sich in kurzer Zeit ab, während die Leichtstoffe aufschwimmen. Über ein integriertes Sieb wird die Klarphase des Abwassers aus dem Container abgelassen. Zurück bleibt ein stichfester Schlamm, der in den Bauschuttcontainer entleert und dann als Bauschutt entsorgt werden kann. Leider hat die Sache einen Haken: Mit einem pHWert von ca. 12 ist das Abwasser aus dem Eco so stark alkalisch, dass es normalerweise weder ins Kanalnetz eingeleitet noch direkt bei der Kläranlage abgeliefert werden darf. Die meisten kommunalen Abwassersatzungen enthalten nämlich die Vorgabe, dass der pHWert unter 10 liegen muss. Was tun? Für Josef Höninger begann ein BehördenMarathon – zunächst erfolglos. In seiner Heimatgemeinde Ertingen bei Riedlingen an der Donau verwies ihn der Zentrale Abwasserver- 53 UMWELT & GESUNDHEIT bis zu einem pH-Wert von 13, ■ Einleitung aus wechselnden Einsatzstellen ■ in die SchmutzwasserKanalisation. Seit zwei Jahren kämpft Josef Höninger allein gegen Behörden, Gesetze und kommunale Vorschriften. Dass einem kleinen, mittelständischen Unternehmen auf diesem langen Weg die Luft auszugehen droht, liegt nahe. Behörden und Verbände, Stuckateure und Maler sollten sich deshalb endlich ins Zeug legen und ein Versäumnis anpacken, bei dem die meisten jahrzehntelang einfach weggeschaut haben. Die technische Lösung ist ja vorhanden! Sie durchzusetzen, käme nicht nur einem engagierten Kollegen zugute, sondern vor allem der Umwelt, die bundesweit Tag für Tag mit illegalen Schlammablagerungen traktiert wird. Für die Maler und Stuckateure ist die praxisgerechte Abwasserentsorgung auf der Baustelle ein wichtiger Schritt auf dem Weg heraus aus der Schmuddelecke – ein Image-Gewinn, der sich in Mark und Pfennig auszahlt und jedem Einzelnen wieder zugute käme. ■ band auf die geltende kommunale Abwassersatzung. Das Landratsamt sah sich außer Stande, diese Satzung zu ändern. Doch nach und nach kamen auch positive Signale. Ein Zementhersteller bestätigte, dass das stark alkalische Abwasser aus dem Eco die Betonrohre des Kanalnetzes nicht schädige. Ein Klärmeister von Höningers Heimat-Kläranlage Riedlingen erklärte, die Entgegennahme von Schmutzwasser mit erhöhtem pH-Wert in kleinen Mengen – ca. 1 bis 2 m3 – sei kein Problem für die Kläranlage. Im Gegenteil: Basisches Wasser würde den Klärprozess positiv beeinflussen, weil das Klärwasser in der Regel ohnehin zu sauer sei und der pH-Wert im laufenden Betrieb eher angehoben werden müsse. Auch auf Landesebene gelang Höninger ein Teilerfolg: Gespräche mit leitenden Beamten des Stuttgarter Umweltministeriums führten zu dem Ergebnis, dass die Behörde den Mitgliedern des Gemeindetags den „Einsatz von Entwässerungssystemen, wie beispielsweise dem der Fa. Höninger oder ande- rer Hersteller“ als „sinnvoll und unterstützenswert“ empfahl. Also doch alles im grünen Bereich? Leider nein. Auch nach der Empfehlung aus Stuttgart ■ muss „bei jeder Einleitung ... der Einzelfall geprüft werden“ (Umweltministerium); ■ ist der Handwerker, sobald er im Einzugsbereich eines anderen kommunalen Klärverbandes arbeitet, verpflichtet, die Einleitung neu genehmigen zu lassen (Höninger kommt dabei leicht auf fünf oder sechs zeitraubende Verfahren); ■ gilt die Empfehlung ja nur für Baden-Württemberg. Was ist zu tun? Zunächst einmal müsste sich der baden-württembergische Gemeindetag dazu entschließen, eine Gesamtgenehmigung für Höningers Eco zu erteilen. Letztendlich führt aber kein Weg daran vorbei, dass die kommunalen Satzungsbestimmungen bundesweit den Realitäten angepasst werden. Notwendig ist eine Ausnahmeregelung für das Einleiten von mineralischem Schmutzwasser mit erhöhtem pH-Wert bei folgenden Bedingungen: 3 ■ Kleinmengen bis zu 1 m , Hans W. Wolf Mörtelreste, Anmach- und Reinigungswasser werden im Eco aufgefangen. Nach kurzer Absetzzeit bleibt stichfester Schlamm zurück, der als Bauschutt entsorgt werden kann. Informationen über den Eco bekommen unsere Leser bei Höninger Technik GmbH Josef Höninger 88521 Ertingen Tel.: (07371) 961650 Fax: (07371) 961673 E-Mail: [email protected] www.hoeninger.de Fotos: Höninger (4), H. W. Wolf (2) Mit dem Gabelstapler kann man den Entwässerungscontainer problemlos transportieren. Auf vielen Baustellen immer noch trauriger Alltag: vorschriftswidrig deponierte Mörtelreste. Einleiten des Eco-Abwassers in die Kanalisation – bisher nur ausnahmsweise erlaubt. 54 Malerblatt 4/2001
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