Winterthur-glossar.ch publiziert einen Artikel aus «leo-das Magazin», Ausgabe 28/2015 DER HERR DER SCHUHE Guido Gretener ist buchstäblich mit Schuhen aufgewachsen und ein eigentlicher Schuhfreak. Als Geschäftsinhaber des Schuhhauses Peterhans in Winterthur spürt er mit seinem langjährigen Team Trends und Neuheiten auf und muss beurteilen können, ob die anspruchsvolle Winterhurer Kundschaft dies auch kaufen würde. Mit dem 62Jährigen hat sich LEO über seine Person und die Trends auf dem Schuhmarkt unterhalten. ks I Ein Schuhkauf ist eine emotionale Angelegenheit, beeinflusst unser Wohlbefinden und ermuntert uns, die richtigen Schritte in die Zukunft zu tun. Wer auf eine gute Beratung und hochwertige Qualität bei der Wahl seiner «Wegbegleiter» Wert legt, der ist an der Marktgasse 24 in Winterthur bestens aufgehoben. Dort darf das traditionsreiche Schuhhaus Peterhans auf eine über 130-jährige Geschichte zurückblicken. Herr Gretener, im Internet findet man sehr wenige Informationen zu Ihrer Person. Wer verbirgt sich hinter Guido Gretener? Wenn man sich aus den Social Medias heraushält, heisst das ja hoffentlich noch nicht, dass man was zu verbergen hat (lacht). Aber ja, als jüngster Sohn einer fünfköpfigen Schuhhändler Familie mit dem Stammhaus in Cham wird man sozusagen bereits mit der Muttermilch vom Schuhvirus infiziert und wächst in einem Umfeld auf, wo die Schuhe und die Bedürfnisse der Kundschaft auch schon mal am Mittagstisch diskutiert werden. Das Schuhhaus Peterhans zählt wohl zu den traditionsreichsten Firmen in Winterthur. Was hat sich seit der Übernahme durch Sie speziell geändert? Wir, das heisst mein Bruder Kurt, seine Frau Frieda und ich, haben im Jahr 2007 eine gesunde Firma übernommen, die sich auch nach dem tragischen Tod von Walter Peterhans behaupten konnte. Dank der interimistischen Führung durch seine Schwester, Verena Müller, und einem starken Kader konnte diese schwierige Zeit gemeistert werden. Anpassungen erfolgten dann im Einkaufsbereich, im Ladenbau sowie im gemeinsamen Werbeauftritt. Auch in Ihrer Familie spannt sich die Schuhmachertradition über drei Generationen. Wollten Sie schon immer Schuhe verkaufen? Nein, umso weniger als die familiäre Erwartungshaltung relativ hoch war. Ich habe mir deshalb eine Bedenkzeit ausbedungen und bin dann erst während eines Praktikums in einer Schuhhandelsfirma in Luzern zur Überzeugung gekommen, dass mich dies reizen und herausfordern würde. Die Schuhbranche sieht sich einem immensen Wettbewerbsdruck ausgesetzt, auch durch Online-Anbieter. Spüren Sie einen Umsatzrückgang? Es ist tatsächlich so, dass uns Online-Anbieter mehr und mehr konkurrenzieren, obwohl wir immer noch der Meinung sind, dass für perfekt passende Schuhe ein Anprobieren am Fuss unumgänglich ist. Zudem ist die Qualität eines Leders erst durch den Griff bzw. die Anprobe richtig zu beurteilen. Was auf dem Bild toll aussieht, heisst noch lange nicht, dass es sich auch so anfühlt. Was ist eigentlich aus dem guten alten Handwerk des Schuhmachens geworden? Kommen Schuhe nur noch von Billigproduzenten aus Fernost oder wird noch in Europa gefertigt? Wir legen grossen Wert bei der Beschaffung darauf, dass die Schuhe im europäischen Raum produziert werden. Es werden in der Regel die wertvolleren Materialen verwendet, sei es bei den Oberledern und vor allem auch für die Lederfutter. Billige Winterthur-glossar.ch publiziert einen Artikel aus «leo-das Magazin», Ausgabe 28/2015 Massenware aus Fernost ist nicht unser Metier und wir könnten diese in der Beratung nicht ruhigen Gewissens empfehlen. Ein passender, teurerer Schuh kann schlussendlich günstiger kommen, wenn man die Lebensdauer der Schuhe mitberücksichtigt. Wie reagiert denn die Kundschaft? Wird eher auf Qualität geachtet oder gibt es längst die Herrschaft der Wegwerfschuhe? Ausser unseren Flip-Flops und Espadrilles im Sommer möchten wir keine sogenannten Wegwerfschuhe führen. Dies entspricht nicht dem, was die Kunden von uns erwarten und was bei uns gefragt ist. Der Tragkomfort und die Langlebigkeit sowie die Funktion, z. B. mit wasserdichter Gore-Tex-Membrane, stehen im Vordergrund und werden von unseren Kunden geschätzt. Welche Schuhe tragen Sie denn selber und wie viel Paar Schuhe besitzen Sie? Die Schuhe, die mir selbst gefallen, sind meistens ein Flop im Verkauf. Es ist deshalb die Kunst des Einkaufes, nicht die Modelle zu wählen, die einem persönlich gefallen, sondern diejenigen, die am besten dem Geschmack unserer Kunden entsprechen. Alles in allem dürften es wohl rund 20 Paare sein. Auf was kommt es an bei Schuhen? Die eingesetzten Materialien entscheiden über Tragkomfort und die Lebensdauer des Schuhs. Die Montage der einzelnen Teile und Sohlen sind heute technisch gut gelöst und geben sehr selten Anlass zu Beanstandungen. Was geht bei Schuhen gar nicht? Synthetische Obermaterialien und Innenfutter, die nicht atmungsaktiv sind! Erkennen Sie auf den ersten Blick, welcher Schuh-Typ ein Kunde oder eine Kundin ist? Die Ansprüche der Kundschaft sind heute so verschieden, dass dies auf Anhieb fast nicht mehr möglich ist. Eine sportive Frau kommt ins Geschäft, möchte jedoch für einen Anlass eine elegante Abendsandalette — oder ein Businessman kommt und möchte einen Trekking-Schuh für das Hochgebirge usw. Wenn wir jedoch den Bedarf genau kennen, können wir problemlos die typenkonformen Schuhe zeigen. Welcher Schuh-Typ sind Sie? Für die Arbeit trage ich gerne einen rahmengenähten Schuh im englischen Stil, während es in der Freizeit auch sehr sportlich sein kann. Mein Favorit: der Chelsea Boot mit seitlichem Elast. Was unternehmen Sie nach Feierabend und wie erholen Sie sich? Wenn der Feierabend nicht zu spät wird, geniesse ich ein gediegenes Abendessen mit meiner Frau, besuche gerne Konzerte und kulturelle Veranstaltungen oder schätze auch Musik und etwas Ruhe zu Hause. Wie sehen Ihre Zukunftsvisionen aus im Hinblick auf die Winterthurer Fachgeschäfte und im Besonderen auf das Schuhhaus Peterhans? Die Zukunft wird generell im Detailhandel nicht einfacher mit dem ganzen Online-Handel, dem Einkauf im Ausland und den vielen Grossfilialisten. Trotzdem sehe ich mit individueller Beratung und einem Angebot, das sich von der Masse abheben kann, immer noch gute Chancen, auch in Zukunft bestehen zu können. Bedingung ist, an einer guten, noch bezahlbaren Geschäftslage domiziliert zu sein, engagierte Mitarbeitende zu haben und selbst mit Freude die zahlreichen Herausforderungen anzunehmen und zu meistern. Des Weiteren wünschte ich mir jedoch, dass sich die Konsumenten vermehrt Gedanken darüber machen würden, wie unsere Städte und Dörfer aussähen, wenn infolge verändertem Einkaufsverhalten weitere Läden zur Aufgabe gezwungen wären. Es ginge etwas verloren, das nicht wiederzubringen ist.
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