Liebe Annemarie, liebe Diana, liebe Julia, liebe Familienangehörige

Trauerrede für Herrn Bürgermeister Werner Guhl
durch Herrn Oberbürgermeister Ralf Broß
am Freitag, 3. Juli 2015
im Heilig Kreuz Münster Rottweil
Liebe Annemarie,
liebe Diana,
liebe Julia,
liebe Familienangehörige,
sehr geehrte Trauergäste,
wir sind heute Nachmittag im Heilig Kreuz Münster zusammengekommen, um von
Bürgermeister Werner Guhl Abschied zu nehmen. Völlig überraschend und für uns
alle unerwartet verstarb er am vergangenen Sonntag. Sein Tod hat weit über die
Stadtgrenzen hinaus große Trauer und Betroffenheit ausgelöst.
In diesen schweren Stunden gilt unser Mitgefühl zuallererst der Familie von Werner
Guhl, die einen geliebten Menschen verloren hat. Ich wünsche Dir, liebe Annemarie,
sowie Euch, liebe Julia und liebe Diana zusammen mit Euren Familien, den Eltern,
Geschwistern und allen Angehörigen von Werner viel Kraft und den notwendigen
Beistand, den ihr sicherlich in der Familie und bei Freunden finden werdet.
Vielleicht spendet die überwältigende Anteilnahme an Werners Tod, die wir derzeit
überall erleben, Euch ein wenig Trost. Sie macht deutlich, welch große
Wertschätzung die Menschen ihm entgegenbringen.
Im Namen der Stadt Rottweil, des Rottweiler Gemeinderates und aller
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadtverwaltung sowie der gesamten
Bürgerschaft drücke ich Euch und Ihnen unsere tiefe Anteilnahme aus.
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Ebenso möchte ich ganz persönlich und im Namen meiner Frau Friederike und
unseren Kindern Maximilian und Carlotta unser tief empfundenes Mitgefühl
aussprechen.
Ich bin gebeten worden, dies auch im Namen der vielen anwesenden Wegbegleiter
von Werner Guhl zu tun, insbesondere im Namen seiner Bürgermeisterkollegen und
des Landrates Herrn Dr. Michel - stellvertretend für die gesamte kommunale Familie sowie im Namen der anwesenden Vertreter aus unseren Partnerstädten um
Stadtammann Daniel Moser aus Brugg und Bürgermeisterstellvertreter Gebhard
Mantl aus Imst.
Auf Wunsch der Familie ist nur eine Trauerrede vorgesehen und ich glaube, wer
Werner Guhl kannte, der weiß, auch er hätte das so gewollt.
Ich muss also stellvertretend für viele Menschen Gedanken und Gefühle im
Angesicht eines viel zu frühen und tragischen Todes in Worte fassen – und ich weiß,
dass noch so viele Worte dafür nicht ausreichen.
Rottweil verliert mit Werner Guhl eine außergewöhnliche Persönlichkeit und einen
kompetenten Bürgermeister, der mit unglaublichem Engagement, mit Herz und
Verstand in dieser Stadt gelebt und gewirkt hat. Er war Visionär und Realpolitiker
gleichermaßen und hat sich im Kollegenkreis der Bürgermeister und weit darüber
hinaus ein hohes Maß an Respekt verdient.
Werner Guhl war nach seiner Ausbildung in der Gemeinde Villingendorf und seinem
Studium an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung in Kehl seit 1981 bei der
Stadt Rottweil beschäftigt. Zunächst als stellvertretender Leiter des Hauptamts und
als Leiter der Personalabteilung. 1986 wurde er persönlicher Referent des damaligen
Oberbürgermeisters Dr. Michael Arnold und ab 1989 bekleidete er die Stelle des
Hauptamtsleiters. Zeitgleich unterrichtete er junge Nachwuchsbeamte im Rahmen
ihrer Ausbildung. Ebenso war er einige Jahre Lehrbeauftragter an der
Fachhochschule in Kehl. Nach einer Reform der städtischen Verwaltungsstruktur, die
maßgeblich seine Handschrift trug, zeichnete Werner Guhl 1998 dann als
Fachbereichsleiter verantwortlich für die Haupt- und Finanzverwaltung und damit für
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wesentliche Ämter einer Stadtverwaltung. 2005 wählte ihn der Gemeinderat darüber
hinaus zum Ersten Beigeordneten. Er nahm von da an die Funktion des
Fachbereichsleiters und des Bürgermeisters in Doppelfunktion war. 2013 hat der
Gemeinderat Werner Guhl erneut mit überwältigender Mehrheit zum
Ersten Beigeordneten der Stadt Rottweil gewählt.
„Mit großer Freude und ungebremster Motivation“ hat er sich 2005 und 2013 für das
Amt des Bürgermeisters beworben. „Mit großer Freude und ungebremster
Motivation“, das war sein Wahl- und auch sein Leitspruch.
Das Amt des Bürgermeisters war sein Traumberuf. So hat er das damals
beschrieben. So hat er es gelebt. Und so kannten wir ihn.
Werner Guhl hat als Fachbereichsleiter und in seiner Funktion als Bürgermeister viel
erreicht. Es ist im Wesentlichen sein großer Verdienst, dass die Stadt Rottweil heute
schuldenfrei ist. Er hat sich für eine nachhaltige Finanz- und Personalpolitik
eingesetzt. Für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, für den Ausbau der
Kinderbetreuung und für die Stärkung unserer Schul- und Bildungsstadt. Auch hier
betrat er oft Neuland, ging nicht auf ausgetretenen Wegen, sondern vollzog
Perspektivenwechsel.
Das war ihm immer wichtig.
Und er hat Verantwortung übernommen bei Projekten, die die Stadt beschäftigten
wie beispielsweise in jüngster Zeit bei der Jugendherberge, die es ohne Werner Guhl
nicht geben würde, beim Testturm von ThyssenKrupp und beim Neubau einer
Justizvollzugsanstalt. Bei Projekten also, die vollen Einsatz forderten.
In der Zusammenarbeit mit dem Gemeinderat erwarb sich Werner Guhl das
uneingeschränkte Vertrauen des Gremiums. Er war stets offen und ehrlich und legte
den Fokus auf das Wesentliche und Machbare. Er wollte keine Probleme
beschreiben, sondern Lösungswege aufzeigen, um auch die politisch anders
Denkenden mitzunehmen.
Werner Guhl war ein Netzwerker.
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Neben dem unermüdlichen Schaffen in der Stadtverwaltung hat er auch andere
Funktionen wahrgenommen. Er war Mitglied im Regionalen Rechenzentrum AlbSchwarzwald und im Zweckverband Kommunale Informationsverarbeitung
Reutlingen-Ulm. Er war lange Jahre Schöffe beim Amtsgericht Rottweil, tätig im
Verwaltungsausschuss der Agentur für Arbeit Rottweil-Villingen-Schwenningen, seit
2013 saß er im Aufsichtsrat der Volksbank Rottweil und in diesem Jahr wurde er zum
Vorsitzenden der Forstgemeinschaft gewählt. Darüber hinaus engagierte er sich im
Kreisverband des baden-württembergischen Gemeindetags, als Vizepräsident der
Bürgerstiftung Rottweil und er gehörte der traditionellen Krämer- und Glaserzunft an,
die ihn heute auf seinem letzten Weg begleitet.
Für die Art und Weise, wie er wertschätzend auf Menschen zuging und für jeden ein
offenes Ohr hatte, genoss er auch weit über Rottweil hinaus große Hochachtung.
Als in der Nacht zum 6. April 2009 in unserer italienischen Partnerstadt L´Aquila die
Erde bebte, war es Werner Guhl, der eine erfolgreiche Spendenaktion initiierte und
einen Hilfskonvoi in die Abruzzen - über bürokratische Hürden hinweg zusammenstellte. Mit Unterstützung der Freiwilligen Feuerwehr Rottweil, des
Technischen Hilfswerks, des Deutschen Roten Kreuzes und des Rottweiler
Freundeskreises Amici dell`Aquila gehörten Werner Guhl und Bernd Pfaff zu den
ersten Helfern vor Ort. Das alles geschah unmittelbar nach der letzten
Oberbürgermeisterwahl. Werner Guhl war derjenige, der in der Übergangsphase
zwischen der endenden Amtszeit von Alt-Oberbürgermeister Thomas Engeser und
meinem Amtsantritt schnell und umsichtig reagierte. Er krempelte damals die Ärmel
hoch und organisierte die notwendigen Hilfen für die Menschen in L’Aquila. Das war
ein unglaublicher Kraftakt. Er wird in unserer Partnerstadt deshalb immer einen Platz
im Herzen der Menschen haben.
Für diesen Einsatz wurde er 2011 mit der Ehrenmedaille des
Landesfeuerwehrverbandes Baden-Württemberg gewürdigt.
Und auch in unserer Partnerstädten Brugg, Imst und Hyères bleibt er unvergessen.
In Brugg wurde ihm im Jahr 2013 die Ehre zu teil, dort die Jugendfestrede halten zu
dürfen. Und dies ist wirklich eine besondere Ehre. Seine Rede über Freundschaft hat
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die Herzen der Menschen berührt und in Brugg bleibende Spuren hinterlassen. Ja,
das konnte er - mit seinen fundierten und gleichzeitig anschaulichen Reden
Menschen erreichen.
In Imst war er gern gesehener Gast beim traditionellen Schemenlauf, auf der
Anhalter Hütte oder zuletzt beim Imster Stadtfest im letzten Jahr, wo wir gemeinsam
das fünfzigjährige Bestehen unserer Städtefreundschaft feierten.
Damit hat er sich um die Beziehungen zu unseren Partnerstädten sehr verdient
gemacht.
Als Vorgesetzter legte Werner Guhl sehr großen Wert darauf, in einer Atmosphäre
des gegenseitigen Vertrauens arbeiten zu können. „Wer gern arbeitet, arbeitet auch
gut“ war sein Credo und „wer zusammenarbeitet, arbeitet besser.“
Mit dem notwendigen Fingerspitzengefühl und gegenseitigem Respekt verstand er
es, für seine Mitarbeiter ein gutes Arbeitsklima zu schaffen und ihnen ein
verständnisvoller Chef zu sein.
Mitarbeiter von Werner Guhl haben dies im Kondolenzbuch ausgedrückt. Ich möchte
daraus kurz zitieren: „Er war kraft seiner Person, seiner Erfahrungen, seines Wissens
und seines Wesens eine natürliche Autorität und ein großartiger Mensch.“ „Er war
der beste Chef, den man sich vorstellen konnte.“
Seinen Kollegen im erweiterten Führungskreis der Stadtverwaltung war er ein
nimmermüder Mitstreiter, ein fachkundiger und humorvoller Kollege und vielen ein
guter Freund.
Für mich selber war Werner Guhl ein wichtiger Ratgeber und vertrauensvoller und
loyaler Weggefährte. Ich konnte mich auf ihn verlassen. Das ist in der
kommunalpolitischen Arbeit viel wert. Er hat unglaublich viel geleistet, voraus- und
quergedacht. Mainstream war nicht seine Sache. Er war Visionär, er war
Sparringspartner in der Erörterung von Themen, immer mit Blick auf das Machbare.
Nie bierernst, sondern humorvoll und mit einer gehörigen Portion Selbstironie.
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Mit einem verschmitzten Lächeln hat er mir gegenüber einmal seine Überraschung
zum Ausdruck gebracht, dass er in Rottweil überhaupt berufliche Karriere machen
konnte. Er als Bösinger.
Er wurde zwar im Rottweiler Spital geboren und hat am Leibniz-Gymnasium seinen
Schulabschluss gemacht. Aber aufgewachsen, aufgewachsen ist er in Bösingen.
Darauf war er stolz. Dort hatte er zusammen mit seiner Frau ein Haus gebaut und
den Lebensmittelpunkt gefunden. Dort haben die Kinder ihre Kindheit und Jugend
verbracht. Werner Guhl hat sich in Vereinen engagiert, war als Mittelstürmer aktiv
beim VfB Bösingen. Hat im Musikverein zunächst Tenorhorn, später dann Posaune
gespielt und war lange Zeit dessen Vorstand, bevor er zum Ehrenvorsitzenden
ernannt wurde.
Und gleichzeitig war er auch stolzer Rottweiler. Nach seiner Wahl zum Bürgermeister
stand es für ihn außer Frage in die Stadt zu ziehen.
Werner und ich haben oft über den Umzug und dessen Umstände gesprochen. Er
hat mir erzählt, dass es anfangs für die beiden Töchter nicht einfach war, den
Ortswechsel zu akzeptieren. Schließlich hatten beide Freunde und Bekannte in
Bösingen und waren dort fest verwurzelt. Dies könne man doch nicht einfach so
wegen Vaters Karriere aufs Spiel setzen. Erzählt hat er mir dies zum ersten Mal, als
auch meine Familie und ich 2009 wieder nach Rottweil zogen. Wir befanden uns in
einer ähnlichen Situation. Der Umzug stand bevor und unsere Kinder standen vor
einer ungewissen Zukunft. Bei meiner Amtseinführung - noch vor dem großen
Familienumzug - hat Werner sie irgendwann unauffällig zur Seite genommen und
ihnen Mut zugesprochen.
So war er. Er hatte offene Augen und ein offenes Herz für Menschen, auch für kleine.
Wer mit Menschen spricht, die ihm nahe standen, kann bestätigen, dass Werner ein
Familienmensch war. Er liebte seine Familie, war unbändig stolz auf seine
Zwillingstöchter und sein wenige Monate altes Enkelkind. Kinder sind unsere Zukunft.
Das wusste er und hierfür stand er auch in der Politik ein.
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Werner war auch ein Genießer.
Er liebte es gut zu essen, er liebte die Kochkünste seiner Frau Annemarie, mit der er
gerne durch ganz Europa reiste. Immer mit dem Anspruch, Neues kennen zu lernen,
Land und Kultur hautnah zu erleben. Nie aus der Distanz, immer mitten unter den
Menschen - über alle Sprachbarrieren hinweg. Beim Wandern schöpfte er neue Kraft,
zusammen mit seiner Frau genoss er die Ruhe in den Bergen.
Als seine Frau, liebe Annemarie, hast Du ihm immer einen wichtigen Rückhalt
gegeben. Du hast ihn unterstützt, ihm den Rücken freigehalten, wo es notwendig
war, und ihn bei vielen offiziellen Anlässen begleitet. Dafür möchte ich mich bei Dir
recht herzlich bedanken.
Liebe Annemarie,
liebe Diana und
liebe Julia,
ihr könnt stolz sein auf alles, was Dein Mann, was Euer Vater für unsere Stadt
geleistet hat. Sein Name wird immer mit Rottweil verbunden bleiben.
Was uns bleibt, ist das Gefühl schmerzlichen Verlustes. Er ist von uns gegangen und
wird nicht wiederkehren.
Was uns aber auch bleibt, das sind die vielen Erinnerungen an einen
außergewöhnlichen Menschen, an seinen Optimismus – und an sein fröhliches
Lächeln.
Lieber Werner,
ruhe in Frieden.
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