Aufgabestellung: Vergleichen Sie die beiden Abschiedsszenen von

Aufgabestellung:
Vergleichen Sie die beiden Abschiedsszenen von Werther, Lotte und Alber
miteinander (Briefe vom 10. September und 20. Dezember).
Stellen Sie formale und inhaltliche Übereinstimmungen und Unterschiede
heraus.
Beziehen Sie die inhaltlichen Unterschiede auf den Gang der Handlung und die
Entwicklung der Beziehungen.
Anhand der Briefe vom 10. September und 20. Dezember aus „Die Leiden des
jungen Werther” von J.W.v. Goethe vergleichen, kann das Erkalten der
Beziehung der Protagonisten verdeutlicht werden.
Der Brief vom 10. September, in dem sich Werther von Lotte und Albert
verabschiedet, ist voller Emotionen. Alte Erinnerungen an scheinbar gute
Zeiten, wie der erste Besuch bei Lotte, werden in Werther geweckt, als er auf
die beiden wartet. Werther ist entschlossen fort zu gehen, man merkt ihm
jedoch an, dass ihm diese Entscheidung äußerst schwer fällt; sicherlich ist
dies mit ein Grund für Werther, Lotte und Albert sein Vorhaben zu
verschweigen. Würden sie ihn bitten zu bleiben, könnte Werther schwach
werden. Deutlich kann man dies auch in Zeile 16 der Seite 68 sehen, wo sich
Werther fragt, ob sie etwas ahnt. Diese Stelle wirkt beinahe hoffnungsvoll,
würde Lotte eine Ahnung aussprechen, könnte Werther vielleicht nicht mehr
von ihr gehen.
In diesem Brief gibt Werther auch wieder, wie Lotte den Tod ihrer Mutter
beschreibt. Die Beschreibung wirkt so friedlich, das der Tod scheinbar alle
Schrecken verloren hat (S.96, Z.33ff.). Albert ist Lotte in dieser Szene eine
liebende Stütze, und zeigt sogar ungewohnte Emotionen. Er bestätigt noch
einmal, was er am Totenbett der Mutter versprach, nämlich Lotte glücklich zu
machen. (S.70, Z.19ff).
Werther verabschiedet sich voller Emotionen von Lotte sowie von Albert.
Spannung zwischen Albert und Werther sind in diesem Brief nicht zu merken.
Werther lässt, nach dem Lotte und Albert wieder im Haus sind, seinen schon
zuvor deutlich durchscheinenden Gefühlen freien Lauf (S.71, Z.9f.). Der letzte
Abschnitt, als er Lotte nachgeht, verstärkt den Eindruck des großen
Verlangens in Werther nach ihr und unterstreicht sogleich, dass sie für ihn
unerreichbar ist (S.71, Z.11ff.).
Der Brief vom 20. Dezember hingegen ist nüchtern stellenweise sogar kalt
gehalten. Die einzigen Gefühlsregungen bringt er Wilhelm in einem kurzen
Abschied nahe.
Werthers Brief strahlt eine gewisse Resignation aus; gleich zu beginn sagt er:
„mir wäre es besser, ich ginge” (S. 124, Z. 20 f.). Bestätigt wird der Gedanke,
dass Werther dem Freitod sehr nah ist, am Ende seines Briefes durch seine
Selbstvorwürfe (vgl. S.125, Z. 2ff.).
Die eigentliche Abschiedsszene ist vom Herausgeber verfasst worden. Werther
trifft Lotte vor seinem Tod zunächst alleine an, die Stimmung ist voller
Gefühle. Lotte macht mehrfach deutlich, dass ihre Beziehung so nicht mehr
weiter gehen kann. Der Leser merkt deutlich, das Werther ihr viel bedeutet,
jedoch hofft sie, dass er eine andere finden und so eine wahre Freundschaft
zwischen ihnen entstehen wird (vgl. S.127, Z.6 ff.). Man merkt ihr deutlich
an, dass sie diese Situation emotional nicht mehr lange ertragen kann. Die
beiden führen ein angeregtes Gespräch, bis Albert das Zimmer betritt. Mit ihm
wird die Atmosphäre schlagartig kalt im Raum: „man bot sich einen frostigen
guten Abend” (S.127, Z.22ff.). Das Thema wird abgebrochen und man redet
über belangloses. Diese Kälte geht überwiegend von Werther aus, der Alberts
Einladung zum Essen für gespielte Freundschaft hält.
Das Verhältnis der drei Figuren hat sich im Verlauf der Geschichte stark
verändert. Lotte kann dem Druck des Werthers nicht mehr stand halten,
obgleich sie seine Nähe noch immer schätzt, hofft sie, dass Werther bald eine
andere Liebe findet, so dass endlich eine Freundschaft bestehen kann.
Werther ist von Lotte seit jeher angetan und schafft es nicht sich von ihr zu
lösen. Albert gegenüber ist das Verhältnis besonders abgekühlt.
Albert wirkt ebenfalls distanzierter, jedoch bringt er Werther nicht dieselbe
Kälte entgegen, wie dieser ihm. Es ist schwer zu sagen, wie sich die
Beziehung der Eheleute entwickelt hat. Es wirkt, als habe sich der Alltag
eingeschlichen, jedoch ist dies keinesfalls so negativ zu sehen, als dass sie
sich nicht lieben würden.