Erste Hilfe für gewaltbetroffene Patientinnen im Krankenhaus – eine Herausforderung für Team und Management Elisabeth Gruber, M.A. Wiener Interventionsstelle gegen Gewalt in der Familie Sabine Eder Universitätsklinik für Unfallchirurgie AKH Wien Überblick • • • • • • Einleitung Wiener Interventionsstelle gegen Gewalt in der Familie Opferschutzgruppe AKH Bedeutung von Krankenanstalten Gewaltopfer im Krankenhaus unterstützen – aber wie? Empfehlungen für Leitungspersonen GewaltFREI leben durch mein Krankenhaus 03.12.2015 Seite 2 Gewaltformen Körperliche Gewalt Psychische Gewalt Sexualisierte Gewalt Vernachlässigung vgl. WHO GewaltFREI leben durch mein Krankenhaus 03.12.2015 Seite 3 „Häusliche Gewalt“ „…meint alle Handlungen körperlicher, sexueller, psychischer oder wirtschaftlicher Gewalt, die innerhalb der Familie oder des Haushalts oder zwischen früheren oder derzeitigen Eheleuten oder Partnerinnen beziehungsweise Partnern vorkommen, unabhängig davon, ob der Täter beziehungsweise die Täterin denselben Wohnsitz wie das Opfer hat oder hatte.“ (Europarat, 2002) GewaltFREI leben durch mein Krankenhaus 03.12.2015 Seite 4 Gewaltschutzgesetz, Österreich • Seit 01.05.1997 in Kraft • Gesetzesänderungen: 1999, 2001, 2004 • Zweites Gewaltschutzgesetz seit Juni 2009 in Kraft • Intention: Schutz von Leben, Gesundheit und Freiheit • Bestehend aus drei Elementen: • Polizeiliche Sofortmaßnahme (§ 38a SPG) • Zivilrechtliche Maßnahme (§ 382 b-e EO) • Soziale Begleitmaßnahme (SPG) - Wiener Interventionsstelle gegen Gewalt in der Familie GewaltFREI leben durch mein Krankenhaus 03.12.2015 Seite 5 Gesetz für Krankenanstalten Verpflichtung Kinder- und Opferschutzgruppen zu implementieren (§ 8e KAKuG) GewaltFREI leben durch mein Krankenhaus 03.12.2015 Seite 6 Kinderschutz - gruppe Univ. Klinik für Notfallmedizin § 15d Früherkennung von Gewalt 1.1.09 Univ. Klinik für Unfallchirurgie Univ. Klinik für Frauenheilkunde •GewaltFREI leben durch mein Krankenhaus GewaltFREI leben durch mein Krankenhaus 03.12.2015 Seite 8 Aufgaben und Ziele Beratungstätigkeit der betreuenden MitarbeiterInnen Sensibilisierung der in Betracht kommenden Berufsgruppen Organisation von internen und externen Fortbildungen Erstellen von Leitlinien/Ablaufdiagramm GewaltFREI leben durch mein Krankenhaus Warum Handeln von Gesundheitsfachpersonen so wichtig ist Weltweit größtes Gesundheitsrisiko (WHO, Weltbericht Gewalt und Gesundheit 2003) Beitrag zur Früherkennung und Frühintervention Wichtige Schnittstelle zu Beratungsstellen Erste Anlaufstelle Körperliche Gewalt, UCH – PatientInnenstatistik 2011: OG 180 2012: OG 189 2014: 37.079 davon OG: 225 GewaltFREI leben durch mein Krankenhaus 03.12.2015 Seite 12 „GewaltFREI leben durch mein Krankenhaus“ • Allgemeines Krankenhaus der Stadt Wien – medizinischer Universitätscampus • Pflegekrankenhaus – Haus der Barmherzigkeit • Hanusch Krankenhaus • Haus der Barmherzigkeit Vgl. Projekt:Gewaltfrei leben durch mein Krankenhaus, 2015 GewaltFREI leben durch mein Krankenhaus 03.12.2015 Seite 13 Maßnahmen „GewaltFREI leben durch mein Krankenhaus“ • • • • Beratungen für Leitung und Management Austausch mit Kinder- und Opferschutzgruppen Workshops für Gesundheitsfachkräfte Entwicklung von Handlungsleitlinien mit Gesundheitsfachkräften • Leitfaden für die Leitung von Krankenanstalten über die Implementierung von Opferschutzmaßnahmen GewaltFREI leben durch mein Krankenhaus 03.12.2015 Seite 14 HALTUNG • • • • • • Identifikation / Ansprechen / Erste Hilfe Beratung über Schutz/Sicherheit Forensische Dokumentation HalHalutng Anzeigenerstattung / Meldung Qualifizierte Weitervermittlung Interne Nachsorge SIGNALE setzen Grafik: Projekt GewaltFREi leben druch mein Krankenhaus, 2015 GewaltFREI leben durch mein Krankenhaus 03.12.2015 Seite 15 Signale setzen,…. • Flyer über Hilfseinrichtungen • Poster „sprechen Sie mit uns, wenn sie von Gewalt betroffen sind, wir helfen weiter“, „Wir nehmen uns Zeit“ • Informationen auf Infoscreens und der Homepage Vgl. Projekt:Gewaltfrei leben durch mein Krankenhaus, 2015 GewaltFREI leben durch mein Krankenhaus 03.12.2015 Seite 16 HALTUNG zeigen • • • • • • • • Jeder Mensch hat das Recht auf ein Leben ohne Gewalt Verantwortung für Gewalt liegt bei Tätern Selbstbestimmung Grundsatz der Nicht-Diskriminierung Geschlechtsspezifischer Ansatz Vertraulichkeit Recht auf Information Focus auf den Schutz der Opfer (vgl. Europarat, 2002) GewaltFREI leben durch mein Krankenhaus 03.12.2015 Seite 17 Ansprechen (Vgl. FRA, 2014) GewaltFREI leben durch mein Krankenhaus 03.12.2015 Seite 18 Voraussetzungen für das Ansprechen • • • • • • Haltung gegen Gewalt einnehmen Kein Zeitdruck Ungestörter Raum Ohne Partner Unterstützungsmöglichkeiten sind vorhanden Gesamtes Team muss dahinter stehen Vgl. Projekt:Gewaltfrei leben durch mein Krankenhaus, 2015 GewaltFREI leben durch mein Krankenhaus 03.12.2015 Seite 19 Gefährlichkeitseinschätzung • Fünf – Fragen Modell: zur Einschätzung von Situationen hoher Gefährlichkeit bei Partnergewalt an Frauen im Bereich der Notfallmedizin • Extreme Gefährdung ab 3 „ja“ EMPFEHLUNG: Zusammentreffen mit Gefährder vermeiden Snider, C., Webster, D., O´Sullivan, C., Campbell, J.C. (2009) GewaltFREI leben durch mein Krankenhaus 03.12.2015 Seite 20 Gefährlichkeitsfaktoren • Hat die physische Gewalt in den letzten 6 Monaten an Häufigkeit und Schwere zugenommen? • Hat Ihr Partner jemals eine Waffe (auch Messer) benutzt oder Sie mit einer Waffe bedroht? • Glauben Sie er wäre in der Lage Ihnen oder den Kinder etwas Ernstes anzutun oder sie sogar umbringen? Morddrohungen? • Wurden Sie jemals von Ihm misshandelt während Sie schwanger waren? • Ist er extrem eifersüchtig Snider, C., Webster, D., O´Sullivan, C., Campbell, J.C. (2009) GewaltFREI leben durch mein Krankenhaus 03.12.2015 Seite 21 Schutz und Sicherheit zu Hause • Soziale Unterstützung durch Freunde, Familie, … • Die gemeinsame Kontaktaufnahme zu Opferschutzeinrichtung • Die Unterbringung in einem Frauenhaus • Das Ersuchen der Polizei um geeignete Schutzmaßnahmen Vgl. Projekt:Gewaltfrei leben durch mein Krankenhaus, 2015 GewaltFREI leben durch mein Krankenhaus 03.12.2015 Seite 22 Weitervermittlung zu Opferschutzeinrichtungen • Informationsmaterial immer mitgeben, auch wenn die Patientin derzeit keine Unterstützung möchte • Direkte Kontaktaufnahme und Terminvereinbarungen anbieten • Vertrauensbildende Information zur Verfügung stellen • Bestehende Kontakte zu Opferschutzeinrichtungen wieder aktivieren Vgl. Projekt:Gewaltfrei leben durch mein Krankenhaus, 2015 GewaltFREI leben durch mein Krankenhaus 03.12.2015 Seite 23 Anzeige Pflicht bei • schwerer Körperverletzung Empfehlung: - immer anbieten – auch bei leichter Körperverletzung - rasche Übermittlung an die Polizei - Transparenz über Anzeigenerstattung bei den Opfern Vgl. Projekt:Gewaltfrei leben durch mein Krankenhaus, 2015 GewaltFREI leben durch mein Krankenhaus 03.12.2015 Seite 24 Anzeigenerstattung • Ängste von Opfern: Kindesabnahme Verlust von Selbstbestimmung Stigmatisierung im Krankenhaus Unangenehme Behördengänge , Kosten,.. • Was sehen Opfer positiv bei einer Anzeigenerstattung? Gute Zusammenarbeit mit der Polizei Aufklärung über Unterstützungseinrichtungen sind froh, nicht selbst verantwortlich zu sein Vgl. FRA, 2014 GewaltFREI leben durch mein Krankenhaus 03.12.2015 Seite 25 (Vgl. Signal, 2004) GewaltFREI leben durch mein Krankenhaus 03.12.2015 Seite 26 Rolle der Leitung • Leitung trägt Verantwortung - Qualitätsstandard • Haltung gegen Gewalt transparent machen • Verbindliche Richtlinien über die „Erste Hilfe für Gewaltopfer“ - Standardverfahren • Regelmäßige Schulungen und Fortbildungen • MitarbeiterInnenförderung • Zeitressourcen • Supervisionsmöglichkeiten • Sicherheitsmaßnahmen GewaltFREI leben durch mein Krankenhaus 03.12.2015 Seite 27 GewaltFREI leben durch mein Krankenhaus 03.12.2015 Seite 28 Take home Kinder- und Opferschutz gruppen Management MitarbeiterInnen Vgl. Projekt:Gewaltfrei leben durch mein Krankenhaus, 2015 GewaltFREI leben durch mein Krankenhaus 03.12.2015 Seite 29 Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! 03.12.2015 • • • • • • • • • • Campbell, J.C. 2002: Violence against women II/Health consequences of intimate partner violence, in: the lancet/359 (Hrsg.),S. 1331 1336. 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