Bericht Osterholzer Kreisblatt vom 06.01.2016 Die Kreisstadt ist gut aufgestellt – Karin Wilke über die Flüchtlingssituation / Integrationsbeauftragte lobt Bürger und Betriebe MICHAEL THURM Karin Wilke ist seit vielen Jahren als Gleichstellungs- und Integrationsbeauftragte der Stadt OsterholzScharmbeck tätig. Doch auch für sie ist das Jahr 2015 ein ganz Besonderes gewesen – auch für sie ist die große Zahl der Flüchtlinge eine große Herausforderung. Dennoch schaut Karin Wilke optimistisch in das neue Jahr. FOTO: Ideen, wie Flüchtlinge noch besser integriert werden können, haben Karin Wilke und ihre Mitstreiter viele. Im Haus der Kulturen kommen sie oft zusammen, um neue Projekte zu besprechen. VDO · (Peter von Döllen) „Noch ist die Kreisstadt gut aufgestellt, um sich der aktuellen Flüchtlingssituation zu stellen. Bedeutend dafür sind für die überwiegend jungen Familien mit kleinen Kindern ausreichend Unterbringungsorte herzurichten und sie gerade in der ersten Zeit nach ihrer Ankunft gut zu begleiten“, sagt Karin Wilke. Man müsse immer wieder daran erinnern, dass die Flüchtlingsfamilien nicht freiwillig hier seien. „Sie sind vor Krieg und Vertreibung geflohen, haben oftmals Familienangehörige zurückgelassen und würden am liebsten wieder zurückkehren, wenn es in dem Herkunftsland, wie zum Beispiel Syrien oder Afghanistan, wieder lebenswert wäre“, betont die städtische Integrationsbeauftragte. Osterholz-Scharmbeck habe sich von Beginn dem Thema angenommen und mit dem „Bürgerforum“, der „Steuerungsgruppe“ und „Arbeitsgruppen“ in 2015 Gremien ins Leben gerufen, in denen sich Politik, Verwaltung, Kirchengemeinden, Vereine, Verbände sowie die Bürger der Stadt gleichermaßen einbringen konnten. „Eine gute Vernetzung der lokalen Akteure setzt voraus, dass alle auf aktuelle Informationen zurückgreifen können, von Veranstaltungen erfahren und wissen, wie Sie sich ganz individuell einbringen können. Jeder kann sich dazu in dem städtischen Internetportal www.ohz-hilft.de registrieren und mitmachen“, erklärt Karin Wilke. So können an einer Patenschaft Interessierte ab 7. Januar wieder wöchentlich donnerstags in der Zeit von 10 bis 12 Uhr im „Haus der Kulturen“ an dem dort stattfindenden Begrüßungs-Café teilnehmen, um die Flüchtlingsfamilien kennenzulernen. „Patenschaften finde ich sehr wichtig, um die neu ankommenden Familien in der ersten Zeit durch die Stadt zu begleiten und ihnen zum Beispiel zu zeigen, wo sie einkaufen können oder wo sie Kinderärzte finden“, sagt Karin Wilke. FOTO: Auch in der Soccer-Halle kümmern sich die ehrenamtlichen Helfer um die Flüchtlinge. (Christian Valek) Das Begrüßungs-Café mit dem Second HandKleider-Kreisel wird von Karin Wilke gemeinsam mit den Kolleginnen vom Haus der Kulturen und von Flüchtlingen, die in die Maßnahme „Freiwillig und gemeinnützig im Haus und Garten der Kulturen“ eingebunden sind, ausgerichtet. Unterstützung erfährt das Café durch örtliche Bäckereien und Marktkauf. „Es ist eine Bereicherung, die große Hilfsbereitschaft der OsterholzScharmbecker zu spüren, die helfen wollen, um die Not der Flüchtlinge zu lindern. Sie helfen auch durch Sachspenden – Bekleidung und Haushaltsgegenstände – die dringend benötigt werden“, lobt sie. Zunehmend würden Kreisstädter das Begrüßungs-Café besuchen und auch die Kontaktbeamten der Polizei kämen, um mit Rat und Tat zu helfen. Die Integrationsbeauftragte bittet außerdem um weitere Spenden. Winterjacken und Winterschuhe für Männer, Frauen und Kinder sowie Wolldecken würden noch benötigt.. Die neu ankommenden Flüchtlinge erhalten zudem „Willkommenspakete“, die von OsterholzScharmbeckern, wie dem Seniorenclub der Volksbank, gekauft werden. Bisher wurden rund 50 Pakete, die Grundnahrungsmittel und Hygieneartikel beinhalten, verteilt. Auch für 2016 sind weitere Aktivitäten geplant. Im Frühling startet die „Schulranzenaktion“ neu. Jedes Flüchtlingskind soll mit einem brauchbaren und rückentauglichen Ranzen zur Schule gehen können. Vom Abfallserviceunternehmen Osterholz (Aso) werden Karin Wilke und ihr Team auch im kommenden Jahr wieder reparierte Alt-Fahrräder bekommen, die den Flüchtlingsfamilien zur Verfügung gestellt werden, damit sie mobil sind. Die Fahrradwerkstatt am Haus der Kulturen wird dann jeden Donnerstag geöffnet sein, damit kleinere Reparaturen erledigt werden können. Dank einer Spende des Lions Club können im Frühling außerdem Kinderfahrräder und Kinderwagen verteilt werden, die von den Familien mit Neugeborenen und kleinen Kindern dringend benötigt würden, wie Wilke bemerkt. Ein wesentlicher Bestandteil einer gelungener Integration ist die Sprache. Auch in dieser Beziehung hat Karin Wilke gute Erfahrungen gemacht. „Die Flüchtlinge selbst wissen, dass Sprache der Schlüssel zur Integration ist und erkundigen sich sogleich nach Deutschkursen, die im Haus der Kulturen und im Stadtteilbüro oder auch bei der Ländlichen Erwachsenenbildung angeboten werden“, erzählt Wilke. Die Teilnahme an den Sprachkursen ist freiwillig. Im Haus der Kulturen konnten Sprachkurse sogar aufgestockt werden, weil weitere ehrenamtliche Dozenten gefunden werden konnten. Ein wichtiger Anlaufpunkt ist das Internet-Café im Haus der Kulturen. Dort können Flüchtlinge Kontakt zu ihren Familien aufbauen oder aber auch nach freien Arbeitsstellen suchen. Im städtischen Internetportal www.ohz-hilft.de unter „Hier finden sie Hilfe“ können sich Flüchtlinge in der ersten Zeit auch mit Hilfe eines digitalen Stadtführers „in ihrer Stadt“ gut orientieren. Das Portal lässt sich in allen Sprachen der Welt übersetzen. „Um dieses Angebot erhalten zu können wären Geldspenden für die Beschaffung von neuen Computern und Laptops sehr hilfreich“, betont Karin Wilke. Eine Frage, die Karin Wilke und das Team vom Haus der Kulturen aber besonders beschäftigt: Wie können Flüchtlinge so schnell wie möglich eine Ausbildung beginnen oder eine Arbeit aufnehmen? Die Bereitschaft von Seiten der Flüchtlinge ist groß. Was aber Karin Wilke besonders freut, ist die zunehmende Bereitschaft von Firmen und Betrieben, trotz der hohen bürokratischen Hürden, Flüchtlingen eine Chance zu geben, in Beschäftigung zu kommen, um hier eine neue Heimat zu finden. „Wir freuen uns sehr darüber, wenn Flüchtlinge den für sie schwierigen Weg bis zu einer Arbeitsaufnahme erreichen können, sind aber gleichermaßen sehr traurig, wenn für manche wegen des Herkunftslandes oder der immer noch bestehenden Vorrangprüfung eine Arbeitserlaubnis versagt wird“, erzählt Karin Wilke. Obwohl die Zusammenarbeit mit dem Ausländeramt und der Zentralen Arbeitsverwaltung durchweg gut gewesen sei. In der Regel dürften eben nur Fachkräfte eine Beschäftigung aufnehmen. Doch in vielen Herkunftsländern sei der Bildungs- und Ausbildungsstandard viel niedriger, so dass fachliche Qualifikationen trotz guter Fähigkeiten nicht in dem Maße vorgelegt werden könnten. „Es wäre wünschenswert, wenn die Menschen, die sich bei uns in der Stadt gut integriert haben und Teil des Gemeinwesens geworden sind, auch bleiben dürften. Diesen Wunsch haben viele in den Kommunen, die sich hauptamtlich oder ehrenamtlich in der Flüchtlingshilfe engagieren“, schloss Karin Wilke.
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