Charité informiert über bevorstehenden Streik

Charité informiert über bevorstehenden Streik
An wen können sich Interessierte mit Fragen zur Krankenversorgung während des
Streiks wenden?
Die Charité hat eine Telefonhotline eingerichtet, an die sich Interessierte während des
Streiks mit ihren Fragen zur Krankenversorgung wenden können. Die Telefonhotline ist unter
der Nummer 030 450 550 500 von Montag bis Freitag in der Zeit von 9.00 bis 17.00 Uhr zu
erreichen.
Welche Auswirkungen hat der Streik auf die Krankenversorgung in der Charité?
Auf den Stationen wird deutlich weniger Pflegepersonal im Einsatz sein. Intensivbetten
werden zum großen Teil gesperrt werden. Die Notfallversorgung lebensbedrohlich Erkrankter
ist aufgrund einer Notdienstvereinbarung zwischen ver.di und der Charité gewährleistet.
Notfalloperationen werden demzufolge auch während des Streiks durchgeführt. Termine für
geplante Operationen müssen abgesagt werden. Das heißt: Patienten, die lange auf eine
Operation warten, können nicht termingerecht operiert werden. Da der Streik unbefristet ist,
kann auch kein neuer Termin vereinbart werden. Darunter werden die Patienten in Berlin und
Umgebung massiv leiden. Während des Streiks empfiehlt die Charité, bei leichteren
Erkrankungen nicht die Rettungsstellen der Charité sondern ambulante Arztpraxen
aufzusuchen.
Mit welchen streikbedingten Ausfallkosten rechnet die Charité?
ver.di verursacht mit dem Streik einen immensen wirtschaftlichen Schaden in einem
Unternehmen der öffentlichen Hand. Mehr als 200 Operationen müssen pro Tag abgesagt
werden. Wenn Patienten nicht behandelt werden, verliert die Charité Einnahmen.
Gleichzeitig laufen die Personal- und Sachkosten weiter. Jeder Streiktag kostet die Charité
bis zu 500.000 Euro.
Welche Forderungen stellt ver.di?
ver.di möchte eine verbindliche Quotenregelung für den Personalschlüssel von
Pflegefachkräften in einem Tarifvertrag durchsetzen. Ziel ist die Besetzung von einer
Pflegekraft für fünf Patienten auf einer normalen Station, für Intensivstationen soll ein
Personalschlüssel von 1:2 vereinbart werden. Darüber hinaus sollen im Nachtdienst immer
mindestens zwei Pflegekräfte pro Station eingesetzt werden. Zudem fordert ver.di auch
verbindliche Verfahren zum Erfassen von Überlastungssituationen, um in diesen
entsprechend gegensteuern zu können.
Wie schätzt die Charité als Arbeitgeber die gegenwärtige Personalsituation in der
Pflege in Deutschland ein?
Der Vorstand der Charité teilt die Auffassung, dass eine verbesserte Personalausstattung in
der Pflege wünschenswert und in Teilen auch dringend erforderlich ist. In den deutschen
Krankenhäusern ist es in den vergangenen Jahren zu einer deutlichen Arbeitsverdichtung
gekommen. Hier besteht gesundheitspolitischer Handlungsbedarf zur Wahrung der hohen
Behandlungsqualität und Patientensicherheit, aber auch zur Reduktion der hohen Belastung
der Pflegenden. Der Vorstand der Charité spricht sich für mehr Personal in der Pflege aus,
aber gegen eine starre Quote. Da nicht in allen Bereichen ein gleich großer Bedarf an
Pflegekräften besteht, ist eine Bedarfsplanung für Normalstationen die bessere Alternative.
Wie bewertet die Charité als Arbeitgeber die Forderungen der Gewerkschaft ver.di?
Hier wird ein bundespolitisches Thema auf dem Rücken der Charité ausgetragen. Für
Besetzungsregeln gibt es keine gesetzlichen Vorgaben. Die geforderten starren
Betreuungsschlüssel sind in dieser Form nirgends umgesetzt. Die geforderte
Personalbemessung würde eine hohe Zahl zusätzlicher Pflegekräfte erfordern, die aktuell in
Deutschland nicht vorhanden sind. Zudem würden erhebliche zusätzliche Kosten verursacht
werden, die von den Krankenkassen derzeit nicht kalkuliert sind. Eine isolierte Umsetzung
der politischen Forderung nach starren Betreuungsschlüsseln nur an der Charité wäre weder
sinnvoll noch finanziert. Zudem kann eine allgemeine Besetzungsvorgabe nicht über einen
Streik erzwungen werden.
Ist ein unbefristeter Streik das richtige Mittel?
Ein Streik kann das gesundheitspolitische Problem nicht lösen. Er erzeugt allerdings einen
nachhaltigen Schaden für Berlin und die Charité. Die Charité als Arbeitgeber ist der
Auffassung, dass die geforderte verbesserte Personalausstattung in der Pflege nicht in
einem Tarifvertrag und schon gar nicht für ein einziges Universitätsklinikum umsetzbar ist,
sondern nur durch eine bundesweite, angemessene Lösung mit der dazugehörigen
Finanzierung. Das Thema Mindestbesetzung in der Pflege ist ein Thema, das alle
Krankenhäuser in Deutschland betrifft. Diese gesamtgesellschaftliche Aufgabe muss von
Bund und Ländern gemeinsam angegangen werden.
Was beinhaltete das Angebot, das die Charité der Gewerkschaft ver.di vorgelegt hat?
Das Angebot der Charité sah eine Festlegung der Personalbesetzung auf Intensivstationen
nach einem Qualitätsstandard vor. Im Durchschnitt hätte das Angebot pro Intensivpflegekraft
die Betreuung von zwei Patienten vorgesehen. Darüber hinaus waren deutliche
Verbesserungen in den Nachtdiensten anvisiert. Insgesamt hat das Angebot 80 zusätzliche
Stellen beinhaltet. Zur Personalverteilung auf Brennpunkte sollte ein paritätischer Beirat
etabliert werden. Das Angebot stellt eine große wirtschaftliche Herausforderung für die
Charité dar und hätte eine spürbare Entlastung der Pflegekräfte in diesen Bereichen bewirkt.
Was bedeuten die Forderungen von ver.di in Zahlen?
An der Charité sind 3.372 Vollkräfte im Pflege- und Funktionsdienst (Stand 2014)
beschäftigt. Die Forderungen von ver.di würden 600 zusätzliche Vollkräfte im Pflege- und
Funktionsdienst erforderlich machen. Darüber hinaus müsste die Charité zusätzliche Kosten
in Höhe von bis zu 36 Millionen Euro tragen. Nach den ver.di-Forderungen müssten
deutschlandweit rund 70.000 zusätzliche Pflegekräfte eingestellt werden. Diese Zahl von
Pflegekräften gibt es derzeit nicht auf dem Arbeitsmarkt.