Ein flackerndes Flammenspiel im Kamin schützt seit jeher gegen

Wohnen
FOTOS: PETER RAIDER.
TEXT: MELANIE BREUER
Links und oben: Die offene, runde Feuerstelle im
Wohnzimmer bildet vor allem an den kalten Wintertagen den markanten Mittelpunkt des Hauses und
ist auch von der Galerie aus gut einsehbar
KNISTERNDE
GEMÜTLICHKEIT
Ein flackerndes Flammenspiel im Kamin schützt
seit jeher gegen Kälte im Haus. Nicht selten wärmt
es aber auch die Herzen seiner Bewohner. Eine Art
Lagerfeuerromantik genießt eine Schweizer Familie
– und das mitten im eigenen Wohnzimmer.
Gelegentlich hilft ein herkömmlicher Blasebalg
dabei, die Glut im Kamin richtig anzufachen
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D Oben: Die offene Galerie mit Blick auf das Wohnzimmer, gleich
dahinter verbergen sich Küche und Esszimmer. Unten: Ein moderner Tisch, kombiniert mit alten und neuen Stühlen
raußen bringen die warmen Strahlen der
Wintersonne den Schnee auf dem Dach
ganz langsam zum Schmelzen. Auch im
Inneren des aus dem Jahre 1750 stammenden Fachwerkhauses im Zürcher
Weinland nahe der Thurgauer Grenze empfängt uns
schon an der Türschwelle eine behagliche Wärme.
„Das war nicht immer so“, erzählt Simon Schönenberger. Der Architekt, der neben energieoptimierten und ökologischen Neu- und Umbaukonzepten
auch eine durchdachte Innenraumgestaltung für Sanierungen anbietet, weiß genau, wovon er spricht:
„Als ich zum ersten Mal in dieses Haus gekommen
bin, konnte ich kaum atmen. Trotz einiger Renovierungen im Laufe der letzten Jahrzehnte wirkte
alles sehr heruntergekommen. Jedes der insgesamt
siebeneinhalb Zimmer, in denen der letzte Besitzer
neben mehreren Hunden auch 20 Katzen untergebracht hatte, war in einer anderen Farbe gestrichen,
sodass die schönen alten Holzbalken gar nicht mehr
richtig zur Geltung kamen“, erinnert sich der gebürtige Schweizer. Doch er erkannte das Potenzial,
das in dem historischen Gebäude steckte.
Nach einer sorgfältigen Überprüfung der vorhandenen Bausubstanz und genauer Planung konnte
Simon Schönenberger seinen Auftraggebern bereits
nach kurzer Zeit ein Konzept präsentieren, welches
Ein großzügiges Fensterband sorgt speziell an sonnigen Tagen für viel
Licht im Raum. Die weißen Küchenfronten verstärken den Effekt noch
Oben: Wenn unten ein herrliches Feuer im Kamin prasselt, fällt es im darüber gelegenen Fernsehzimmer auf der Galerie schwer, sich auf den Spielfilm
zu konzentrieren. Unten: Einen Hauch von Shabby Chic spürt man im Esszimmer. Besonders das weiße Küchenbuffet verbreitet ein Gefühl von Nostalgie und Romantik. Türkise Möbel- und Dekorationsstücke wirken elegant, ohne dabei ihre natürliche Frische und Lebendigkeit zu verlieren
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Links: Dank eines neuen Handlaufes und neuer Stufen ist die sehr steile Treppe nun wieder leichter zu betreten. Zudem hat der Architekt eine
Glaswand eingefügt, die den Zugang kindersicher macht. Rechts: Der traditionelle Kachelofen hat im Rahmen der Sanierung einen modernen
Anstrich erhalten. Wie die große Feuerstelle im Obergeschoss sorgt er nun für Wärme und Wohlbefinden in den unteren Räumen
das marode Haus aus seinem Dornröschenschlaf
erweckte. Echte Schmuckstücke wie beispielsweise
die alten Holzdielen im Flur wurden aufbereitet
und frühere Bausünden korrigiert. Auch die Bäder
organisierte der Architekt neu. Für das Innere entwickelte er ein Farbkonzept, das sich heute harmonisch in die geschichtsträchtige Optik des mitsamt
der ausgebauten Scheune rund 200 Quadratmeter
umfassenden Grundrisses einfügt. Der gemütliche
Kachelofen im Lesezimmer erhielt ebenfalls einen
moderneren Anstrich. Im Außenbereich wurden
mit wenigen Maßnahmen die Fassade und der
Hauseingang aufgefrischt.
Gegensätze
ziehen sich an:
Dunkles Fachwerk trifft buntes
Kinderspielzeug
Eines lag Simon Schönenberger aber besonders am
Herzen: Weil die Familienplanung schon damals
auch kleine Bewohner vorsah, betrachtete der Architekt die Kindersicherheit des Hauses sehr genau.
So erhielt die äußerst steile Treppe, die vom Erdgeschoss in die oberen Räume führt, neben einem
neuen Geländer auch eine bruchsichere Glasscheibe, die gefährliche Stürze verhindern soll. Ein wenig
Ein spannendes
Buch, dazu noch eine
Tasse Tee: Wer würde
es sich nicht gern in
diesem bequemen
Lesesessel gemütlich
machen? Neben dem
Kachelofen sorgt an
manchen Tagen auch
die tief stehende
Wintersonne für eine
wohlige Atmosphäre
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1
3
1 Rückseitig ist immer noch das
alte Fachwerk, in der Schweiz
Riegel genannt, zu erkennen.
2 Malerischer Ausblick: die
alten Weinberge. 3 In den Sommermonaten steht der Familie
auch im Garten eine kleine
Feuerstelle samt Laube zur
Verfügung. 4 Eine Besonderheit
ist die vordere Fassade, die vom
Erbauer wie die eines Steinhauses errichtet wurde
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Kopfzerbrechen bereitete den Besitzern anfangs der
bereits vorhandene, riesengroße Kamin in der Mitte
des Wohnzimmers. Aber auch diese Stahlkonstruktion war im Vorfeld vom Architekten sehr sorgfältig
überprüft worden.
Natürlich birgt eine offene Feuerstelle immer Gefahren, speziell für Kinder. Doch wie bei vielen Dingen
im Leben hilft auch hier nur ein verantwortungsvoller Umgang mit dem feurigen Element, den Eltern
ihrem Nachwuchs am besten möglichst früh näherbringen. Gerade ein Verbot von Streichholz & Co.
macht die Kleinen bekanntlich erst recht neugierig
und verleitet sie zu einem riskanten Spiel. Da auch
die Hausbesitzer diese Meinung teilen, sind wir am
Ende unseres Besuches überhaupt nicht überrascht
zu sehen, wie deren kleiner Sohn über das ganze
Gesicht strahlt, weil er seiner Mutter beim Anmachen des Kamins helfen darf. Eifrig trägt der Spross
ein paar Holzscheite herbei, die er anschließend
gewissenhaft aufschichtet und danach aufmerksam
verfolgt, wie man ein Feuer richtig entzündet. Und
als es dann so herrlich knistert und knackt und wir
diese wohlige Wärme verspüren, die sich schnell im
gesamten Raum verbreitet, strahlen auch wir.
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KONTAKT
Simon Schönenberger
Dipl. Architekt FH/SIA
Thuraustr. 2
CH - 9500 Wil
Tel.: +41 (0) 71/9 20 10 25
E-Mail: [email protected]
Internet: www.sbai.ch
Architekt Simon Schönenberger verbindet
bei seinen Altbausanierungen traditionellen
Charme mit zeitgenössischem Wohnkomfort