Unterbringung unbegleiteter minderjähriger Ausländer

Jugendamt
Az.: 31; 31.3-455.08; 013.431-2736586
Sitzungsvorlage
29/2015
Unterbringung unbegleiteter minderjähriger Ausländer (UMA) in
Einrichtungen der Jugendhilfe
- Sachstandsbericht
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Gremium
Sitzung am
Öffentlichkeitsstatus
Jugendhilfe- und Sozialausschuss
14.12.2015
öffentlich
keine Anlagen
Beschlussvorschlag
Der Jugendhilfe- und Sozialausschuss nimmt die Ausführungen der Verwaltung zur
Kenntnis.
I. Sachverhalt
Zuletzt wurde am 08.06.2015 im Jugendhilfe- und Sozialausschuss zur Unterbringung
unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge berichtet.
Die zum damaligen Zeitpunkt prognostizierte Entwicklung ist überholt. Parallel zu der
gestiegenen Zahl von Flüchtlingen ist in den letzten Monaten auch eine erhebliche Zunahme von Zugängen im Bereich der unbegleiteten minderjährigen Ausländer (UMA)
festzustellen. Dieser Entwicklung Rechnung tragend, hat der Gesetzgeber in einem beschleunigten Gesetzgebungsverfahren zum 01.11.2015 das Gesetz zur Verbesserung
der Unterbringung, Versorgung und Betreuung unbegleiteter ausländischer Kinder und
Jugendlicher in Kraft gesetzt. Als Ziel wurde formuliert, die Situation von jungen Flüchtlingen deutschlandweit zu verbessern und ihre Rechte zu stärken sowie eine dem Kindeswohl entsprechende bedarfsgerechte Unterbringung, Versorgung und Betreuung zu
garantieren. Dieses Gesetz hat für die Unterbringung unbegleiteter minderjähriger Ausländer im Landkreis Karlsruhe erhebliche Konsequenzen.
Durch ein neu eingeführtes Verteilungsverfahren beim Bundesverwaltungsamt Berlin
werden aufgrund täglicher Meldungen aller Jugendämter bundesweit nach dem Königsteiner Schlüssel Quoten ermittelt, mit dem Ziel, eine gleichmäßige Verteilung der UMA
in den Bundesländern sicherzustellen. Baden-Württemberg muss dementsprechend
rund 13 % der UMA aufnehmen.
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Beim KVJS wurde eine neue Verteilstelle eingerichtet, deren Aufgabe es ist, die in Baden-Württemberg ankommenden und Baden-Württemberg zugewiesenen UMA auf alle
Stadt- und Landkreise in Baden-Württemberg entsprechend ihrer Einwohnerzahl zu verteilen. Auf den Landkreis Karlsruhe entfallen dabei 4,04 % der von Baden-Württemberg
zu erfüllenden Quote.
Aufgrund der aktuellen Berechnungen ergibt sich für Baden-Württemberg aktuell eine
erhebliche Quotenunterschreitung. Diese Quotenunterschreitung soll in den nächsten
Monaten durch Zuführungen aus dem Bundesland Bayern aufgrund dortiger Quotenüberschreitung ausgeglichen werden. Die Soll-Zuständigkeit des Landkreises Karlsruhe, orientiert an der derzeitigen bundesweiten Zahl, beträgt zum 20.11.2015
327 UMA.
Tatsächlich ist der Landkreis zum 15.11.2015 für ca. 100 UMA zuständig, ca. 13 weitere
UMA sind uns bereits zugewiesen. Ausgehend von den Schätzwerten des Bundes bzw.
des KVJS muss für 2016 von einer weiteren Zunahme von 3.700 - 4.500 UMA für Baden-Württemberg ausgegangen werden. Dies würde für den Landkreis Karlsruhe eine
Zahl von 468 - 504 UMA bis Ende 2016 bedeuten.
Diese Entwicklung konnte in ihrer Tragweite erst mit Inkrafttreten des neuen Gesetzes
realisiert werden und hat erhebliche Auswirkungen auf den Bedarf an Plätzen in Jugendhilfeeinrichtungen im Landkreis Karlsruhe. Mit allen Trägern der stationären Jugendhilfe wurden Gespräche geführt. Fast alle Träger stellen sich der Aufgabe, Unterbringungsplätze innerhalb der Einrichtung, in Wohngruppen für UMA, Wohnheimen
oder in sonstigen betreuten Wohnformen zu schaffen.
In der überwiegenden Anzahl von Fällen werden dem Landkreis Karlsruhe UMA, die
von einem Jugendamt in Baden-Württemberg mit Quotenüberschreitung oder von einem bayrischen Jugendamt vorläufig in Obhut genommen wurden, nach einer Alterseinschätzung, einem Gesundheits-Check und einer Kindeswohlprüfung zugewiesen.
Diese werden im Landkreis Karlsruhe in einer speziellen Inobhutnahmegruppe oder
Wohngruppe untergebracht. Vom Jugendamt muss dann ein Verfahren zur Bestellung
eines Vormundes eingeleitet sowie der Jugendhilfebedarf des Betroffenen geprüft werden, um ihn dann entweder in der Wohngruppe zu belassen oder in eine dem Bedarf
entsprechende andere Unterbringungsform weiterzuvermitteln.
Wohngruppen für UMA bieten nach den derzeit gültigen Standards Platz für 8 - 12 Kinder und Jugendliche in Ein- oder Zweibettzimmern. Zusätzlich sind Küche, Gemeinschafträume sowie ein Dienstzimmer erforderlich. Diesbezüglich hat das Landesjugendamt im Rahmen seiner Zuständigkeit zur Erteilung von Betriebserlaubnissen eine
vorübergehende Anpassung der Rahmenbedingungen vorgenommen, um der aktuellen
Notsituation vor Ort wegen fehlender Plätze für die Unterbringung von UMA Rechnung
zu tragen.
Nach derzeitigem Stand sind bereits ca. 100 zusätzliche Unterbringungsplätze im Landkreis Karlsruhe in Vorbereitung, die überwiegend im Frühjahr 2016 in Betrieb genommen werden können, weitere sind in Planung. So hält z. B. das Schloss Stutensee derzeit 10 Plätze in der Inobhutnahme und 9 Plätze in der Heimerziehung vor. In konkreter
Planung sind von dort weitere 30 Unterbringungsplätze, die voraussichtlich im Januar
2016 belegt werden können.
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Die Wohngruppen befinden sich u. a. in Dettenheim und in Rheinstetten. Weitere 20
Plätze sind bis April 2016 in Aussicht gestellt.
Konkrete Planungen von Wohngruppen für UMA sind derzeit auch durch das Kinderhaus St. Raphael in Bruchsal, die Villa Kunterbunt mit Sitz in Bruchsal-Büchenau sowie
das Hohberghaus Bretten im Gange. Unterstützung erfahren wir auch durch weitere
Jugendhilfeträger in Stadt- und Landkreis Karlsruhe, wie z. B. Zefie (Karlsruhe), gSofa
(Rheinstetten), die Parzivalschule (Karlsruhe), Lichtblick (Bretten) und IB Karlsruhe.
Um die benötigten Platzressourcen zu schaffen, werden durch die Jugendhilfeträger im
Landkreis Karlsruhe geeignete Wohnobjekte, zum Teil durch Vermittlung der Kommunen, des Jugendamtes oder des Gebäudemanagements, angemietet. Eine Anrechnung
der dort für die Betreuung der UMA zur Verfügung stehenden Plätze auf die Quote der
Anschlussunterbringung der jeweiligen Kommune ist möglich, sofern das Wohnobjekt
für die Kommune alternativ auch als Anschlussunterbringung in Frage kommen würde.
Ergänzend werden vom Jugendamt Anstrengungen unternommen, in geeigneten Fällen
Gastfamilien für UMA zu rekrutieren und diese auf ihre Aufgaben vorzubereiten. Zum
20.11.2015 befanden sich 9 UMA im Landkreis in Pflegefamilien.
Dank der guten Kooperation mit der Stadt Karlsruhe und der dortigen Einrichtungen
(LEA) können Engpässe abgefedert werden, zumal im dortigen Bereich die Soll-Quote
erheblich überschritten ist.
II. Finanzielle / Personelle Auswirkungen
Im Bereich der Jugendhilfe wurden im Haushaltsansatz für 2016 für die Fallkosten 9,5
Mio. € eingestellt. Aufgrund der aktuell prognostizierten Fallzahlen muss allerdings mit
weit höheren Ausgaben gerechnet werden.
Die im Rahmen der Jugendhilfe aufgebrachten Kosten werden durch das Land in einem vereinfachten Verfahren erstattet, sofern innerhalb eines Monats nach der Einreise
des UMA Jugendhilfe gewährt wird (§ 89 d SGB VIII). Nicht kostenerstattungspflichtig
sind demnach Fälle, bei denen durch längeres Entweichen oder auch durch lange Bearbeitungszeiten in der Erstaufnahme die Monatsfrist nicht eingehalten werden kann.
Auch wenn bisher die Monatsregelung bei weitgehend allen Fällen greift, bleibt damit
ein nicht kalkulierbares Risiko im Bereich der Kostenerstattung, das durch gesetzliche
Nachbesserungen ausgeschlossen werden sollte. Derzeit ist es im Haushalt mit nur
0,5 Mio. € bewertet.
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III. Zuständigkeit
Nach § 4 Abs. 3 der Hauptsatzung des Landkreises Karlsruhe ist die Zuständigkeit des
Jugendhilfe- und Sozialausschusses gegeben.
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