Keine Zeit mehr zu verlieren

COMPUTER & CO.
Breitband
Keine Zeit mehr zu verlieren
Bis 2018 soll die Sprachtelefonie in
Deutschland komplett von ISDN und DSL
auf Voice over IP (VoIP) umgestellt werden. IP steht für Internet Protocol, ein
Übertragungsprotokoll für Daten. Beim
IP-basierten Anschluss werden alle Verbindungen nur noch über ein Netz aufgebaut. IP-Anschlüsse sind Voraussetzung
für schnellere und leistungsfähigere Technologien wie etwa das Vectoring, das auf
VDSL2 aufsetzt und mit dem Downloadgeschwindigkeiten von bis zu 100 Megabit/Sekunde und ein Upload von bis zu 40
Megabit/Sekunde möglich werden. Diese
hohen Bandbreiten werden für digitale
Dienste wie zeitversetztes Fernsehen, in-
Info
TÜV Rheinland unterstützt Bund, Länder und Kommunen seit Jahren im Breitbandausbau, unter anderem mit Analysen und Gutachten, bei der Formulierung von Ausbaustrategien, der Fördermittelwahl und Ausschreibungsbegleitung sowie im Projektmanagement und
der Umsetzung von Kommunikationsmaßnahmen. Auch für den flächendeckenden Breitbandausbau mit 50 Megabit/Sekunde in ganz Deutschland hat
TÜV Rheinland im Aufbau des Bundes-
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ten. Breitbandverfügbarkeit wird damit
zum Standortfaktor, und der Ausbau der
notwendigen Infrastrukturen entscheidet
über die Wettbewerbsfähigkeit von Gemeinden.
TÜV RHEINLAND
Sie bringen uns Komfort, mehr Sicherheit, mehr Energieeffizienz: Schon
heute kommunizieren mehr Geräte
des täglichen Lebens digital miteinander, als uns bewusst ist. Weltweit sind
3,8 Milliarden Geräte mit dem Internet verbunden, allein 1,8 Milliarden
davon stammen aus dem Verbraucher-Sektor. Weil die Zahl der Smart
Devices in den nächsten Jahren explosionsartig steigen wird und die digitale Gesellschaft leistungsfähigere
Verbindungen benötigt, werden die
Analog- und ISDN-Anschlüsse bis
2018 komplett auf IP-Technologie
umgestellt sein. Andreas Windolph
von TÜV Rheinland erläutert den
technischen Hintergrund der Umstellung und zeigt auf, wo es für Kommunen Handlungsbedarf gibt.
Unser Autor Andreas Windolph ist Teilbereichsleiter Breitband und Intelligente
Netze beim TÜV Rheinland
telligente Stromnetze oder Maschinenzu-Maschinen-Kommunikation im Rahmen von Industrie 4.0 benötigt.
Technische Umrüstung
nicht ohne die Kommunen
Die technologische Entwicklung und ihre
Dynamik ist nicht nur für Netzbetreiber,
sondern auch für die öffentliche Hand eine Herausforderung. Ein leistungsfähiges
Kommunikations- beziehungsweise Breitbandnetz ist ein wichtiges Kriterium für
oder gegen eine Ansiedlung von Unternehmen oder gut ausgebildeten Fachkräf-
wirtschaftsministeriums 2013 die Kosten ermittelt. Unter Verwendung des
bestmöglichen Technologiemix (Glasfaser, CATV und Funk) sind Investitionen
von mindestens 20 Milliarden Euro erforderlich. Dabei sind die letzten 5 Prozent des Ausbaus mit 8 Milliarden Euro
am teuersten. Kosten, die durch die Telekommunikationsunternehmen nicht
in Gänze zu refinanzieren sind und die
Verwendung von öffentlicher Förderung und Finanzierung erforderlich machen. Derzeit berät TÜV Rheinland sowohl Bundesministerien als auch einzel-
Leider gibt es für den Breitbandausbau in
Deutschland keine einheitliche Vorgehensweise. Die unterschiedlichen infrastrukturellen und demografischen Voraussetzungen verhindern eine Gesamtlösung. Vielmehr ist es notwendig, für jede
Region passgenaue Ausbau- und Finanzierungsmodelle zu definieren. Diese hängen auch stark vom Engagement der Wirtschaft ab, das gerade in ländlichen Gebieten begrenzt ist. Die hohen Investitionen
der großen Netzbetreiber in zukunftsfähige Technologien und Breitbandnetze lohnen sich teilweise außerhalb der Städte
kaum.
Somit müssen die Kommunen den Ausbau aktiv vorantreiben und sind häufig angewiesen auf Fördermittel aus unterschiedlichen Programmen der Länder, des
Bundes (unter anderem GAK gleich Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung
der Agrarstruktur und des Küstenschutzes
und GRW gleich Gemeinschaftsaufgabe
Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur) und der EU (unter anderem Efre
gleich Europäische Fonds für Regionale
Entwicklung und Eler gleich Europäische
Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung
des ländlichen Raums).
ne Landesministerien wie zum Beispiel
in Sachsen, Rheinland-Pfalz, SachsenAnhalt oder Hessen. Außerdem unterstützt TÜV Rheinland vor Ort auch Landkreise und natürlich auch Kommunen
in der Umsetzung des Breitbandausbaus. TÜV Rheinland verfügt darüber hinaus über umfangreiche konzeptionelle
und praktische Erfahrung in sogenannten Planungs- und Geo-Informationssystemen. Für den Bund entwickelte er
den Breitbandatlas, mit dem Deutschland in Europa eine Vorreiterrolle einnimmt.
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Keine Fördergelder ohne
Analyse und Netzplanung
Bevor eine Kommune über ihre Finanzierungsstrategie und die Wahl der Fördermittel entscheidet, sollte sie den Ist-Zustand der Gemeinde umfassend ausgewertet haben: Wie steht es um die aktuelle
Breitbandverfügbarkeit und vorhandene
Infrastrukturen? Welche höheren Bandbreiten werden künftig wo benötigt? Auf
dieser Basis sollte sie eine detaillierte Netzplanung und eine realistische Kostenschätzung erstellen lassen. Insbesondere
zur Ermittlung von Investitionskosten und
Förderbedarf sind genaue Berechnungen
notwendig, damit sie mit Blick auf die Be-
den Euro kosten, so das Ergebnis der
Machbarkeitsstudie von TÜV Rheinland
im Auftrag des Landesministeriums für
Wirtschaft und Energie. Deshalb kann es
erforderlich sein, alternative Finanzierungsstrategien zu entwickeln. Im Falle
Mecklenburg-Vorpommern etwa empfahl TÜV Rheinland der Landesregierung
eine zweigleisige Strategie: 1. Das Land
prüft derzeit, ob eine niedrigere Versorgungsrate von 70 Prozent vorerst ausreicht. 2. Die Landkreise MecklenburgVorpommerns sollten sich gemeinsam um
eine Förderung bewerben, um so die Erfolgschancen für eine Mittelzuwendung
aus dem 2-Milliarden-Euro-BundesmittelEtat (bis 2019) zu erhöhen.
Bei der Förderung der Wirtschaftlichkeitslücke geht es um Zuschüsse an private
oder kommunale Netzbetreiber, damit sie
die Lücke zwischen Investitionskosten
und Wirtschaftlichkeitsschwelle schließen
können, die für die Bereitstellung von
Breitbanddiensten erforderlich ist. Hier ist
eine Förderung bis maximal 75 Prozent
der Wirtschaftlichkeitslücke möglich. Angesichts der finanziellen Situation ist es
vielen Kommunen jedoch nur in wenigen
Fällen möglich, die Wirtschaftlichkeitslücke problemlos aus eigenen Mitteln zu
schließen. Im Sinne eines Risk-Profit-Sharing gibt es verschiedene Ansätze, den
Breitbandausbau trotzdem weiter voranzubringen, zum Beispiel das Betreibermodell. Dabei betätigen sich die Kommunen
als Investoren der Infrastrukturmaßnahme
und refinanzieren das Projekt durch Mietzahlungen der Telekommunikationsunternehmen.
TELE COLUMBUS
Welche Finanzierungsstrategie zum Breitbandausbau einer Gemeinde passt, lässt
sich nicht pauschal festlegen. Im Einzelfall
sind viele Fragen zu beantworten: Welche
Spielräume bieten Landeshaushalt und
Landesrecht? Welche Betreibermodelle
wie Zweckverbände, Bürgerinitiativen
oder PPP (Public Private Partnership) sind
förder-fähig? Für jede Region ist eine
genaue Analyse notwendig, um die richtigen Handlungsempfehlungen abzuleiten.
Unter anderem mobile Geräte wie dieses Tablet von Tele Columbus erfordern immer
mehr Bandbreite.
reitstellung umfangreicher Haushaltsmittel durch die öffentliche Hand belastbar
sind und ein realistisches Szenario wiedergeben. Eine komplexe Aufgabe, bei der
TÜV Rheinland die öffentliche Hand auf
Basis jahrzehntelanger Expertise in der
Netzplanung und professioneller Software unterstützt.
Dabei zeigt sich: Je nach geografischen
und infrastrukturellen Gegebenheiten ist
ein flächendeckender Ausbau für Länder
und Kommunen bisweilen allein kaum finanzierbar. In Mecklenburg-Vorpommern etwa würde der 100-prozentige
Ausbau mit Glasfaser (Technologien wie
FTTC oder FTTB) zwischen 1 bis 2 Milliar-
Für das Innenministerium von RheinlandPfalz entwickelt TÜV Rheinland derzeit eine strategische Netzplanung und erarbeitet eine Ausbaustrategie für den Glasfaserausbau mit mindestens 300 Megabit/
Sekunde. Dabei werden vor allem Finanzierungs- und Fördermodelle geprüft, die
angesichts der spezifischen rechtlichen,
wirtschaftlichen und politischen Bedingungen im Land den größten Erfolg versprechen. Um eine leistungsfähige Infrastruktur für Breitband-Internet in unterversorgten Gebieten zu schaffen, stehen
für den Breitbandausbau vor allem zwei
Ausbaustrategien im Vordergrund: die
Förderung der Wirtschaftlichkeitslücke
und das Betreibermodell.
Nicht nur mit Blick auf die Umstellung auf
Voice Over IP bis 2018 sollten Kommunen
keine Zeit mehr verlieren, ihre Zukunft
endlich in die Hand zu nehmen, so das Fazit. Der digitale Wandel ist mit Smart
Home und dem Internet der Dinge schon
längst in vollem Gange, der Ausbau der
Breitbandversorgung dagegen ist nicht
von heute auf morgen zu bewerkstelligen.
Allein der gesamte Planungsprozess
nimmt erfahrungsgemäß mindestens ein
Jahr in Anspruch. Erfolgskritisch ist dabei
der Faktor Kommunikation. Entschließen
sich Gemeinden zum Breitbandausbau,
muss der Ausbau zur Chefsache werden,
alle Betroffenen sind frühzeitig in den Prozess einzubinden. Transparenz und Aufklärung beschleunigen die Entscheidungsprozesse und sind damit ein wichtiger Erfolgsfaktor für das gesamte Ausbauprojekt.
Andreas Windolph
Kennwort: Breitband
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