01_16 Rundbrief - Miriam Wasserhess

Miriam Wasserheß im Januar 2016
Weitere Infos unter: www.miriam-wasserhess.de
Frau Gerlachs
Gerlachs neue Vase
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Geschenk auf Zeit
Plätzchenguss
Reinigung
Geschenk auf Zeit
Ronja bekam von ihrer Nachbarin ein Geschenk überreicht. Frau Gerlach sagte zu ihr: „Liebe Ronja,
dies ist eine Kleinigkeit von mir für Dich. Und ich möchte, dass Du weißt, dass dieses Geschenk
jederzeit auch wieder gehen darf.“
Ronja verstand nicht richtig. „Frau Gerlach, was meinen Sie damit?“
Frau Gerlach sah sie mit weisen, faltendurchzogenen treu lächelnden Augen an. „Mein Kind, ich
habe schon so viele Feste gefeiert. Als ich zwischen 20 und 40 Jahren war, habe ich meine Kinder
beschenkt. Zwischen 50 und 70 Jahren habe ich meine Enkelkinder die im gleichen Haus wohnten
beschenkt.
Als mein Mann starb, fing ich langsam an auszusortieren. Erst waren es die unwichtigen Dinge
meines Mannes, dann die etwas wichtigeren. Es dauerte 5 Jahre bis ich mich von fast all diesen
Erinnerungen trennen konnte.
Jedes Stück welches ich verschenkte, verkaufte oder in den Müll warf, erlöste mich ein bisschen
mehr. Mit allen Gefühlen die ich dabei wahrnahm.
Danach fing ich an, mich von den aufgetürmten Spielsachen meiner Kinder, die mittlerweile
verstaubt auf dem Dachboden waren, zu trennen. Später kamen die angehäuften Gegenstände
meiner Enkelkinder und zu guter Letzt viele Dinge von mir selbst dazu.
Es ist unglaublich, was ich vor lauter Angst, schlechtem Gewissen oder auch das darf man doch
nicht hergeben oder wegwerfen behalten habe.
Nun sind 10 Jahre vergangen. 10 Jahre die ich damit verbracht habe, mich Stück für Stück zu lösen,
zu trennen. Und noch nie konnte ich so leicht und frei atmen wie heute.
Ich brauche mich nicht mehr an Dingen klammern, bei denen die Zeit längst abgelaufen ist. Denn
indem ich es abgebe, schaffe ich Platz für etwas Neues.
Mit meinen 84 Jahren habe ich mir gestern eine neue Vase und einen knallroten Schal gekauft. Ich
meine, welche Vierundachzigjährige kauft sich eine moderne, schicke Vase, an der sie jeden Tag
Freude hat? Ich kenne niemanden. Meine Bekannten haben mindestens 16 davon. In jeglicher
Ausführung. Ich habe seit heute 4! Und in meinem Schrank ist sogar noch Platz. Mein neuer Schal
ist einfach nur schick. Ich hatte tatsächlich 24 Schals in meiner Kommode aufbewahrt. Denn in
meinem Alter kauft man sich doch keinen neuen Schal mehr. Immerhin könnte ich morgen doch
schon Tod sein. Richtig – und jetzt habe ich einen farbenprächtigen Schal! Dieser lässt mein Herz so
hoch schlagen, dass ich mir wie ein kleines freudiges Kind, jeden Tag in diesem Januar kaltes
Wetter wünsche, um Ihn möglichst oft zu tragen.
Daher mein Kind, nimm mein Geschenk an. Und wenn die Zeit ist – lass es gehen. Damit Platz für
Neues kommen darf.“
Frau Gerlach’s Geschichte berührt mich sehr. Welch weise Frau dahinter steckt. Sicherlich blickt sie
auf ein langes, bewegtes Leben zurück. Eine Frau die in Ihrem hohen Alter Trennungen vollzieht.
Miriam Wasserheß im Januar 2016
Weitere Infos unter: www.miriam-wasserhess.de
Plätzchenguss
Das Ganze erinnert mich an etwas……..
Wenige Wochen vor Weihnachten schmolz ich mit schlechtem Gewissen die mir geschenkten
Osterfiguren ein.
Als ich sie damals bekam, bedankte ich mich höflich, bevor ich die gaggernde Henne, den
schlappohrigen Hasen und die lächelnde Ente in die Schublade legte und die nächsten 8 Monate
nicht mehr beachtete.
Als ich nun Plätzchenguss benötigte, schaute ich mich nach heimlichen Beobachtern um. Sogar
durch das Küchenfenster spähte ich, dass mich auch ja niemand sieht, während die Schokolade im
heißen Bad für immer Ihre Form verlor. Ich wollte nicht, dass jemand mitbekommt, wie undankbar
ich mich fühlte.
Hätte ich doch da schon von Frau Gerlachs Geschichte gehört……..
Reinigung
Es ist egal, ob es sich um Schokoladenfiguren, Kleidung oder Spielzeug handelt. Es geht um unsere
innere Einstellung zum Loszulassen.
Eine solche Inventur reinigt nicht nur unser Haus, sondern auch unsere Seele.
In wie weit sind wir bereit, unsere Seele zu reinigen? Dinge erneut in die Hand zu nehmen und uns
bewusst zu verabschieden, zu trennen?
Es gibt unzählige Bücher über dieses Thema. Sei es: das 3 Kisten System, die Innere und äußere
Reinigung nach Feng Shui, das kleine Übungsheft ausatmen und wieder durchatmen….
Die Vielfalt der Angebote ist unglaublich. Für jeden Typ von Mensch ist in dieser Masse etwas zu
finden.
Doch alle haben den gleichen Nenner: es liegt in uns, diesen Schritt zu gehen und uns damit einen
Gefallen zu tun.
Einer meiner liebsten Sätze ist: Der Weg entsteht beim Gehen. Seht euch Frau Gerlach an, Sie
benötigte 10 Jahre und ist in Ihrem Tempo diesen Weg gegangen. Wichtig ist in all dem, der
eigenen Richtung weiter zu folgen. Sollten einmal holprige Stellen auftauchen, macht eine kurze
Pause, kauft Euch Wanderstiefel und geht weiter. Ist Eure Straße nicht weiter ausgebaut und Ihr
wisst nicht weiter, so seit gewiss - auch dieser Weg wird sich ebnen.
Wir haben Zeit, wir müssen nicht rennen, wir dürfen schlendern!
Wenn die Zeit gekommen ist und Ihr für Eure Liebsten etwas kauft, so öffnet Eure Herzen. Besorgt
die Geschenke mit Leichtigkeit und freut Euch über die Zeit, die Sie bei dem oder derjenigen
verbringt und vertraut darauf, dass das Geschenk weiterziehen darf.
Denn genau diese Einstellung erleichtert es Euch noch heute den Staubfängern von gestern
Lebewohl zu sagen.
Atme tief ein: Ich erschaffe jetzt Platz. Meine Hände dürfen zittern, meine Gedanken rasen, alle
meine Gefühle
Gefühle sind gut. Mit jedem Loslassen
Loslassen erwecke ich das Funkeln meiner Augen ein wenig
mehr.
mehr. Die Leichtigkeit meines Herzens kommt
kommt wieder an die Oberfläche und der
der leise Wunsch
sogar noch ein bisschen mehr abzugeben.
abzugeben. So wie die Schneeglöckchen dem Winter Lebewohl
sagen und den Frühling willkommen heißen, jauchze ich meiner Freiheit entgegen.