Prof. Dr. Dieter Läpple - Hamburgische Architektenkammer

DIETER LÄPPLE
HafenCity University Hamburg
Internationale Stadtforschung
„Migration works –
when migrants work:
Der schwierige Weg von der
Unterbringung zur Integration.
Workshop Hamburgische Architektenkammer
„Ankunftsstadt Hamburg – aber wie?“
2.- 4. März 2016
DIETER LÄPPLE
Stadt und Migration
Städte
entstanden und erhalten sich
durch Zuwanderung.
Städte müssen offen sein
für Fremde, für neue Ideen
und für neue Entwicklungen.
Urbanität lebt von Vielfalt,
sei es in sozialer oder ethnischer
Hinsicht.
Fabio Mauri, 2009
DIETER LÄPPLE
Durch ihre Vielfalt werden Städte zu
Orten der Innovation,
zu Hoffnungsräumen und
Möglichkeitsräumen.
Deutschland – ist längst ein Einwanderungsland
und Hamburg seit Jahren (wieder) eine Ankunftsstadt.
Beinahe jeder bzw. jede Dritte hat bei uns eine Zuwanderungsgeschichte.
Die Menschen kamen und kommen in der Hoffnung auf ein besseres Leben
DIETER LÄPPLE
für sich und ihre Familien.
„Humanitäre Migration“ und „Arbeitsmigration“
Wir sind gegenwärtig mit einer schwierigen Vermischung und Überlagerung von
Flucht und Einwanderung konfrontiert.
Bei Flucht und dem Recht auf Asyl geht es um ein humanitäres Gebot –
um die Frage der Bedürftigkeit der Schutzsuchenden,
jenseits ökonomischer oder demographischer Überlegungen.
Es ist ein Verfassungsauftrag, Menschen, die von Krieg und
politischer Verfolgung betroffen sind, bei uns Schutz zu bieten.
Entscheidungen über (kontrollierte) Einwanderung richten sich nach den
Bedürfnissen der Aufnahmegesellschaft, also zum Beispiel der
demographischen Herausforderung sowie dem sich abzeichnenden
Fachkräftemangel.
(In den nächsten 10 Jahren wird in Deutschland das Erwerbspersonenpotential
um 4 ½ Millionen zurück gehen. Wir bräuchten eine Netto-Zuwanderung von mindestens
500.000 Menschen pro Jahr, um das Erwerbspotential konstant zu halten.)
DIETER LÄPPLE
Die steigende Zahl von Flüchtlingen, die täglich in unserer Stadt ankommen
- Überforderung oder
- Chancen für eine Innovationsoffensive?
2015 kamen mehr als 61.000 Flüchtlinge
nach Hamburg.
Davon werden mehr als 22.000 über Jahre
bleiben.
Hamburg geht davon aus, dass bis Ende
dieses Jahres noch einmal 40.000 Menschen
zusätzlich untergebracht werden müssen.
Die Große Gefahr, dass
„die Masse alles erschlägt“
und die „Dringlichkeit“ zu
kurzatmigen Lösungen führt,
durch die Integrationsperspektiven
verbaut werden.
DIETER
LÄPPLE
Urs Lüthi:
Hope,
Despair, 1989
ZKM Karlsruhe
Die Flüchtlingsfrage – (nur) eine Wohnungsfrage?
Die Frage der Unterbringung dominiert
gegenwärtig die gesamte Diskussion über
Flüchtlinge und ihre perspektivische Integration.
„Wenn wir ehrlich sind, haben wir nicht Integration betrieben,
sondern Obdachlosigkeit vermieden.“ (Aydan Özoguz)
DIETER LÄPPLE
„Migration works – when Migrants work“
Randall Hansen, Uni. Toronto
Die Wohnungsfrage – so schwierig sie auch sein mag – ist nur der erste
Schritt.
Die Teilnahme am Arbeitsleben ist – in einer auf Erwerbsarbeit
ausgerichteten Gesellschaft – letztlich entscheidend für gelingende
Integration.
Dazu brachen wir aber einen urbanen Arbeitsmarkt, der auch
geringer Qualifizierten Einstiegs- und Aufstiegschancen bietet.
Wir müssen Wohnen und Arbeiten in vielfältiger Weise verknüpfen.
Diese Frage stellt sich zentral bei der Integration von Flüchtlingen.
DIETER LÄPPLE
Die Frage der Integration von Wohnen und Arbeiten stellt sich auf der
sozialräumlichen Ebene der Stadtquartiere, die eine Schlüsselrolle
einnimmt bei der gesellschaftlichen Integration.
neuen Baugebietstyp „urbane Quartiere“
mit neuen Formen der Funktionsmischung.
Die Frage der Integration von Wohnen und Arbeiten stellt sich aber auch
bereits beim Bauprozess in der Form von
Selbstbau, Hilfe zur Selbsthilfe und Einbeziehung von Flüchtlingen
in die Errichtung von Wohnraum.
DIETER LÄPPLE
Nezahualcóyotl
…in the future, we may even be able
to teach you something …
DIETER LÄPPLE
DIETER LÄPPLE
Selbstbauprojekte im
Sozialen Wohnungsbau in Chile
der Gruppe „Elemental“
mit Alejandro Aravena,
dem diesjährigen
Pritzker-Preisträger.
Die Wohneinheiten werden
als sogenannter
„bewohnbarer Rohbau“
übergeben, mit kompletter
Strom- und Wasserinstallation, jedoch ohne
Innenausbau.
„Einfach und selber Bauen“ – IBA Emscher Park
Kern der Projektidee:
Organisierte Gruppenselbsthilfe mit fachlicher Unterstützung.
Durch Eigenleistung („Muskelhypothek“) wird das notwendige Eigenkapital ersetzt.
Verknüpfung von Gemeinschaftsbildung und Eigentumsbildung
für die Entwicklung funktionierender Nachbarschaften.
Projekt „Grundbau und Siedler“
der IBA Hamburg
(Bel Sozietät für Architektur, Köln)
Ein marktwirtschaftliches
Konzept, das nicht nur preiswert
gebaut wird, sondern auch
Potentiale zum selbstbestimmten Handeln weckt.
Siedler können als Eigentümer
oder Mieter teilnehmen und
sich durch Muskelhypothek
ökonomisch und sozial
einbringen.
Das Gebäude ist nie fertig,
es kann immer weiter gebaut
werden.
Crossover Strategien:
Verknüpfung von Wohnungs-, Qualifikations- und Arbeitsmarktfrage
IBA-Strategie:
Integration von Jugendlichen, Arbeitslosen und gering qualifizierten Menschen
in Bauvorhaben im Rahmen sog. Qualitätsvereinbarungen (Änderung des Vergaberechts).
Garagenhof-Architektur: Welt-Gewerbehof
Ein wohnungsnaher Arbeitsort für lokale Betriebe, Existenzgründer und Kreative.
Garagenhof - funktional und städtebaulich aufgewertet, um eine Sicherung
und Weiterentwicklung der kleinteiligen ökonomischen Einheiten zu ermöglichen.
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Made auf Veddel
Die Idee:
Internationale Mode und die Integration ausländischer Frauen
werden miteinander verwoben.
Alternativer Handlungsansatz:
Stärkung der ethnischen Ökonomie:
Unterstützung von Existenzgründern mit Migrationshintergrund,
Bereitstellung von Kleinkrediten, Beratungs- und Qualifizierungsangeboten.
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Neue Formen der Funktionsmischung
u.a. Rolle der „lokalen eingebetteten Ökonomie“ ,
der „urbanen Produktion“ und des
urban gardenings” (bzw. “Grabeland für Migranten”)
 Wohnen und mehr ….
Zentrale Rolle des Erdgeschossbereiches.
Diese Bereiche müssen auf die Möglichkeit einer öffentlichen,
gemeinschaftlichen oder gewerblichen Nutzung ausgerichtet sein.
Rolle der Migrantenökonomie in der Kosmopolis;
Integration von Handwerkerhöfen in die Quartiere, etc.
Abschied von der „Entweder-Oder-Stadt“
Nur eine vielfältige Stadt ist eine gute Stadt.
Die städtische Wohnlandschaft wird geprägt sein durch ein
Mosaik unterschiedlicher Wohnformen und
hybride Funktionsmischungen eingebettet in
soziale, kultursensible Infrastrukturen
und vielfältigen Begegnungsräumen.
Die Arbeitsgesellschaft der Zukunft wird nicht nur aus
Dienstleistungsarbeitsplätzen und einer digitalen Bohème bestehen,
sondern eine „Gesellschaft pluraler Tätigkeiten“ sein.
Benötigt werden:
• offene Möglichkeitsräume für unvorhersehbare Zukünfte;
• „Labs“ als Experimentierorte und Keimzellen für
problemgetriebene Innovationen;
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit
© Dieter Läpple, HafenCity Universität Hamburg,
Forschungsfeld „Internationale Stadtforschung“