Im grossen Osterinterview sagt URBAN FEDERER, wo er als Abt

Mönch mit
Schutzengel
Wer wurde an Karfreitag ans Kreuz genagelt?
Im grossen Osterinterview sagt URBAN
­FEDERER, wo er als Abt von Einsiedeln Jesus
sucht, wie er mit Frauen zum Papst pilgert
und warum Zürich eine Kathedrale braucht!
Im Mönchs­chor Hier
im abgeschlossenen
Bereich des Klosters
Einsiedeln betet Abt
Urban jeden Morgen
um 5.30 Uhr zu Gott.
30 SCHWEIZER ILLUSTRIERTE
INTERVIEW WERNER
DE SCHEPPER, PHILIPP MÄDER
FOTOS THOMAS BUCHWALDER
K
losterleben ist keine Garantie gegen
Unglück im Alltag. Mit der linken
Hand begrüsst Abt
Urban Federer, 47, der seit zwei
Jahren als Nachfolger von Martin
Werlen das Benediktinerkloster
Einsiedeln leitet, trotz ärztlichem
Arbeitsverbot die Schweizer Illustrierte in seinem Empfangszimmer.
Abt Urban, Sie tragen den Arm in
einer Schlinge. Was ist passiert?
Ich bin Ski fahren gegangen.
Sie können es offenbar nicht g
­ erade
gut.
Ich stehe auf den Ski, seit ich drei
Jahre alt war. Daran liegt es also
nicht.
Woran denn?
Ich war am Sporttag mit den
­Klosterschülern im Gebiet HochYbrig unterwegs und bin einfach
dumm gestürzt.
Mussten Sie mit dem Helikopter
ins Spital?
Zum Glück nicht. Ich ging zu Fuss
zur Sesselbahn und liess mich
dann ins Spital Einsiedeln fahren.
Anschliessend wurde ich in Zürich operiert. Ein Schulterbruch.
Eine ernsthafte Sache.
Ja. Der Arzt hat mich zu 100 Prozent
arbeitsunfähig geschrieben. Aber
das geht nicht in meiner Funktion.
Schon Ihr Vorgänger, Abt Martin
Werlen, erlitt einen schweren Sport­
unfall. Hat der Abt von ­Einsiedeln
keinen Schutzengel?
Stellen Sie sich vor, was passiert
wäre, wenn wir keine Schutzengel
hätten!
Reden wir über Gott! Wer ist für
Sie Jesus?
Jesus ist der Grund, dass ich
nach Gott suche. Viele Menschen
meinen ja, dass wir Mönche im
Kloster Gott gefunden hätten. Aber
unser Motto ist: Wir suchen Gott.
Im Gebet. Und in den Menschen,
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die zu uns ins Kloster kommen.
Den Mitbrüdern, Kranken, P
­ ilgern.
Zurzeit hängen vielerorts Plakate mit
der Aufschrift «Jesus ist …». ­Jeder
soll notieren, was Jesus für ihn bedeu­
tet. Was würden Sie hinschreiben?
Jesus ist für mich Hoffnung. Und
Hoffnung ist gerade an Ostern eine wichtige Botschaft. In unserer
Gesellschaft müssen wir immer
mehr immer schneller machen.
Aber wir wissen immer weniger,
was unser Ziel ist. Da gibt uns der
Glaube an Jesus eine Richtung,
die uns froh macht.
Weshalb unterstützen Sie diese
Plakat-Aktion?
Ich mag es, wenn Jesus im G
­ espräch
ist.
An der Aktion sind auch evange­
likale Freikirchen beteiligt. Stört
Sie das?
Nein, ich habe keine Berührungsängste.
Ist für Sie Jesus wirklich der Sohn
Gottes, der am Kreuze starb?
Hungrige
Mönche
Abt Urban
schaut in der
Kloster­küche
vorbei, wo
Hermann
Schmitt (M.)
mit Schnupperstift Jeremias
Füchsli das
Mittagessen
zubereitet.
Kleines Bild:
Plakativ Abt
Urban unterstützt die
Plakat-Aktion
«Jesus ist …»
und schreibt
als Antwort
«Hoffnung».
«Ich mag es, wenn
Jesus in der Schweiz
im Gespräch ist»
URBAN FEDERER
Sicher ist, dass es einen Mensch
namens Jesus gab, der gekreuzigt
wurde. Alles Weitere ist Glaube.
Glauben Sie, dass Jesus drei Tage
nach seinem Tode auferstanden ist?
Ja, ich glaube an die Auferstehung.
Und diese Erfahrung haben auch
die Männer und Frauen gemacht,
die Jesus damals nahestanden.
Sie fanden am Ostersonntag ein
leeres Grab.
Sie selbst erwähnen die Frauen.
Heute ist die katholische Kirche
komplett von Männern dominiert …
… da sind Sie bei mir an den Falschen geraten! Ich bin nicht nur
Abt des Klosters Einsiedeln, sondern auch Abt des Frauenklosters
Fahr.
Also der Chef der Frauen!
Ich leite das Kloster Fahr zusammen mit Priorin Irene. Wir kommen sehr gut miteinander aus. Und
könnten sogar ein Modell sein, wie
Männer und Frauen in der Kirche
zusammenarbeiten sollen.
Priorin Irene will mehr Rechte für
die Frauen in der Kirche.
Es geht darum, Papst Franziskus
zu unterstützen. Er sagt: Wir
müssen dafür sorgen, dass die
Frauen anwesend sind, wenn es
um ihre Rolle in der Kirche geht.
Deshalb pilgert Priorin Irene mit
vielen Frauen nach Rom, um präsent zu sein. Ich werde sie dabei
begleiten.
Wo sehen Sie den Platz der Frauen
in der katholischen Kirche?
Sie gehören zum Volk Gottes, wie
die Männer auch.
Wären Frauen als Kardinäle eine
Möglichkeit?
Warum nicht? Im Moment ist
das nicht möglich. Das liesse sich
jedoch ändern. Theologisch ist
das Amt des Kardinals nicht an
die Bischofs- und Priesterweihe
gebunden.
Während Sie nach Rom gehen, neh­
men die Flüchtlinge den umgekehr­
ten Weg Richtung Norden. Kann die
Schweiz da die Grenzen schliessen?
Nein, das ist für mich als Christ
nicht akzeptabel. Wir können die
Menschen in Not nicht einfach
vor der Tür stehen lassen.
Was tun Sie als Abt des Klosters
Einsiedeln für die Flüchtlinge?
Wir nehmen hier seit den 80erJahren Flüchtlinge auf. Zuerst
kamen Tamilen, dann Menschen
vom Balkan, später Afghanen.
Wer wohnt heute hier?
Im Moment haben wir vier Frauen aus Eritrea bei uns. Und einen
Mann aus Afghanistan.
Bischof Felix Gmür sagte kürzlich
in der Schweizer Illustrierten, für
christliche Flüchtlinge sollten un­
sere Türen besonders weit offen
stehen. Sehen Sie das gleich?
Wenn ein Mensch in Not vor mir
steht, dann frage ich ihn nicht
nach seiner Konfession. Aber wir
sollten christlichen Flüchtlingen
in ihren Herkunftsregionen stärker
helfen. Tatsächlich finden Christen oft nirgends Unterschlupf, u
SCHWEIZER ILLUSTRIERTE 33
Wallfahrtsort
Jedes Jahr pilgern
rund eine Million
Menschen nach
Einsiedeln, wo
Abt Urban mit
160 Leuten das
Kloster betreibt.
u weil sie eben Christen sind. Bei
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uns im Westen wollen viele nicht
hören, dass Christen in muslimischen und vielen anderen Ländern
aufgrund ihres Glaubens verfolgt
werden.
Weshalb nicht?
Das Christentum ist bei uns leider
generell kaum ein Thema in der
Öffentlichkeit.
Wäre es im Gegensatz dazu sinn­
voll, die Muslime in der Schweiz
zu einer Landeskirche zu machen –
wie bei Katholiken, Protestanten,
­Juden und Christkatholiken?
Das würde heissen, dass sich die
muslimischen Organisationen
an gewisse Standards halten müssten – wie die heutigen Landes­
kirchen auch. Gelänge das, wäre
es gut.
Woran denken Sie?
An die Herkunft und Ausbildung
der Prediger. An die Transparenz
der Finanzierung. Und an die
Einstellung gegenüber zentralen
Werten wie Demokratie und Freiheit. Diese Werte müssten die islamischen Gemeinschaften wirklich leben.
«Das Christentum
ist bei uns leider
kaum ein Thema»
URBAN FEDERER
Das ist heute nicht der Fall?
Die islamischen Verbände bemühen sich. Aber sie vertreten nicht
alle Muslime.
Sehen Sie auch die Stellung der
Frau im Islam als Problem?
Es gibt nicht den Islam. Sicher
muss man darüber diskutieren,
welche Rolle die Frau in den
hier anwesenden muslimischen
Gemeinschaften spielt. Hüten wir
uns vor Pauschalisierungen.
Als Katholik sitzen Sie etwas im
Glashaus, wenn es um die Gleich­
berechtigung der Frau geht.
Da gehen Sie zu weit. Die Frau ist
bei uns nicht weniger wert als der
Mann. Es sind vor allem die Frauen, welche die katholische Kirche
an vielen Orten am Leben erhalten. Aber es stimmt: Sie sind noch
immer zu wenig in die Entscheidungsprozesse eingebunden. In
den Kirchgemeinden haben sie alle das aktive und passive Wahlrecht.
Zurzeit wird über die Gründung
eines Bistums Zürich diskutiert.
­
Fänden Sie das sinnvoll?
In der Geschichte des Christentums waren die Bischöfe immer
in grossen und zentralen Städten
ansässig, darum könnte das sinnvoll sein.
Spricht das für die Verlegung des
Bischofssitzes von Chur nach Zü­
rich oder für die Gründung eines
neuen Bistums Zürich?
Ohne in den laufenden Prozess
eingreifen zu wollen, könnte ich
mir zuerst eine Lösung wie in
Südtirol vorstellen: Zürich bekäme eine Co-Kathedrale. Das Bistum hätte dann neben dem Sitz
in Chur einen zweiten in Zürich.
Sie werden als künftiger Bischof
von Chur, aber auch als Bischof
von Zürich gehandelt. Würde Sie
das reizen?
Ich bin Abt von Einsiedeln und
suche nichts Neues.
Aber Sie sind in Zürich aufgewachsen.
Ein Zürcher, der sich in Einsiedeln wohlfühlt. 
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