Die ehemaligen Ruhrfähren in Überruhr Die Fähren in der Bauerschaft Hinsel und Holthausen waren seit Alters her von großer Bedeutung für die Einwohner Überruhrs. Die Bauerschaften gehörten kirchlich zu Rellinghausen und politisch zum Stift Rellinghausen oder später zur Stadt Steele. Folgende Fährgerechtsamen wurden im Bereich der Bauerschaft Hinsel und Holthausen verliehen: Fähre „Am Horn“ (auch „Ameisenfähre“ wegen der Gaststätte Zornige Ameise) bei Stromkilometer 43, Fähre „St. Annen“ (für viele Überruhrer auch Rüpingsfähre) bei Stromkilometer 41,7 und Fähre „Rohmühlenfähre“ bei km 39,3 des Ruhrstroms. Bei den Fähren handelte es sich um an Seilen gezogene Nachenfähren. Eine Überfahrt dauerte bei normalen Stromverhältnissen etwa 10 bis 15 Minuten. Eine weitere Fähre, die ursprünglich dem Stift Rellinghausen gehörte und 1696 an das Stift Essen verkauft wurde, befand sich früher an der Spillenburg. Sie wurde später weiter in Richtung Steele in den Bereich des heutigen Bootshaus Ruhreck verlegt. Johann Lindemann, die „Rohmühlenfähre“ von Theodor Lux betrieben. Auf Grund steigender Arbeits- und Materialkosten sowie wegen der immer stärkeren Geldentwertung reichten die Fährinhaber der Fähren „Am Horn“, „St. Annen“ und „Rohmühle“ ein Gesuch bei der Ruhrschifffahrtsverwaltung ein, die Fährgelder zu erhöhen. Hierzu wurden Sie aufgefordert, ihre Einnahmen und Ausgaben der Fähren 1917 bis 1919 Einnahmen und Ausgaben der letzten drei Jahre aufzulisten. In der Tabelle lässt sich die Bedeutung der einzelnen Die Fährmaid an der St.-Annen-Fähre zu Rellinghausen. Wir stehen am Ufer und harren der Fahrt O glücklich ein jeder dem Wohnsitz hier ward! Von drüben her grüßen bewaldete Höh’n, Im Schmucke des Sommers die Weiden so schön. Aus jeglichem Strauche der Vögel Getön! Frisch, Fährmaid, hol über! Zwar lachet nicht immer in Lust das Gestad‘ Oft hat’s sich im schäumenden Wetter genaht. Dann wurden wir stille, von Grausen erfüllt: Und winkten – von tobenden Wassern umbrüllt: So dicht in die wärmenden Mäntel gehüllt: Komm, Fährmaid, hol über! Pontonfähre am Haus Ruhreck Hierbei handelte es sich um eine Pontonfähre, die mit Errichtung der Ruhrbrücke 1886 eingestellt wurde. Am 02.11.1911 wurde die St. Annenfähre von der Gemeinde Überruhr vom Freiherrn von Vittinghoff Schell erworben. Die Preise für eine Überfahrt wurden zentral von der Ruhrschifffahrtsverwaltung festgelegt und betrugen 1919 je Person 3 Pfennige und für besondere Überfahrten 10 Pfennige. Im Jahre 1920 übernahm die Ehefrau von Hermann Kleinschmidt von Heinrich Kreutzenbeck die Fährgerechtsame für die Personenfähre „Am Horn“. Die „St. Annen-Fähre“ wurde zu diesem Zeitpunkt von Und heh, in den Nachen, so schmal und so klein, Sprang rasch sie, die mutige Fährmaid hinein. Und wirklich bedurft ihrer Arme es nur. Die Maid, die so vielmals die Wellen durchfuhr, Auch heut zwang sie wieder die schäumende Ruhr: Die Fährmaid holt über. Was zagest du, Fremdling mit düsterem Sinn? Von Nacht überraschet, willst jenseits du hin. O poche ans Fenster des Häuschens nur sacht. Schon hörst du von innen es offen gemacht Und kaum, da du bittest und eh du’s bedacht, Die Fährmaid setzt über. O Fährmaid, du braves, du mutiges Kind, Du bist ja wohl nimmer wie andere sind. Verstehst du auch nicht, den Fächer zu dreh’n Du weißt in das strudelnde Wasser zu seh’n. O sollte dir jenseits Held Amor einst steh’n. Frisch, Fährmaid hol über! L. Kessing Fähren für Überruhr und Bauerschaften gut ablesen. seine angrenzenden Am 12.05.1920 wurden die neuen Fährpreise für eine Dauer von 3 Jahren auf 20 Pf. je Person (Kinder unter 5 Jahre frei) festgesetzt. Auf Grund der Inflation erfolgte die nächste Erhöhung auf 50 Pf. jedoch schon 1 Jahr später am 07.03.1921 und von dort an in immer kürzeren Abständen. Im August 1923 betrugen die Fährgebühren bereits 5000 Reichsmark am Tage, sonstige Fährfahrten mindestens das Doppelte. Am 03.08.1923 ging bei der Ruhrschifffahrtsverwaltung eine Beschwerde von zwei Heisinger Bergleuten ein, die sich gegen den Wirt Theodor Lux, den Fährbetreiber der Rohmühlenfähre richteten. Sie beschwerten sich, dass die Fährgelder nach „Gutdünken“ des Fährinhabers festgelegt würden und sie die Leidtragenden seien, da sie wegen ihrer Arbeit auf der Zeche Heinrich in Überruhr auf die Fähre angewiesen seien. Auch solle es vorgekommen sein, dass ein Passagier ein höheres Fährgeld zu zahlen hatte, weil er in einem Prozess als Zeuge gegen Lux ausgesagt hätte. St. Annenfähre (Fähre Lindemann) im Jahr 1954 als mit der Erweiterung der Wassergewinnungsanlagen auf Überruhrer Gebiet die Zuwegung zur Fähre entfiel. 1960 hatte auch die Annenfähre, als letzte Fähre auf Überruhrer Gebiet, ein letztes „Hol über“. Die Familie Lindemann, die die Fähre schon seit 1905 betrieb, musste den Betrieb einstellen, nachdem am 30.01.1960 der Gehilfe und Fährmann Günter Kaldemorgen, an den sich viele Menschen noch gern erinnern, mit nur 31 Jahren gemäß eines Zeitungsberichts an einem Rohmühlenfähre (Fähre Lux) Ludger Lindemann an der St. Annenfähre (Fähre Lindemann) 03.02.1960 Herzschlag starb. Andere Quellen sprechen davon, dass Kaldemorgen in der Ruhr ertrunken sei. St. Annenfähre (Fähre Lindemann) im Jahr 1951 Die „Rohmühlenfähre“ wurde 1959 eingestellt. Der Fährpreis betrug nach der Währungsreform bis zuletzt 10 Pfennige. Schon einige Jahre zuvor war der Fährbetrieb der Fähre „Am Horn“ aufgegeben worden, Überruhrer Denkmalpfad 2014 Text und Gestaltung: Stephan Assenmacher Quellenangaben unter www.überruhr.de Ludger Lindemann, Fährinhaber in der dritten Generation, war es daraufhin nicht mehr möglich, den Fährbetrieb weiter aufrecht zu erhalten, da auch die Gaststätte im alten Fährhaus betrieben werden musste und die Anzahl der Übersetzvorgänge durch den steigenden Autoverkehr ohnehin immer weiter zurückging. Auch für die Bürger von Überruhr war der Entfall schmerzlich, da sie nun oft lange Umwege in Kauf nehmen mussten, um auf die andere Ruhrseite zu gelangen. Lagen doch die nächsten Brücken in Steele (am Haus Ruhreck, heute Bootshaus) und in Kupferdreh (Kampmannbrücke). Mit Unterstützung der Bezirksvertretung VIII (Ruhrhalbinsel)
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