portjournal

Dienstag, 6. Oktober 2015 / Nr. 230
NEUE LUZERNER ZEITUNG
NEUE ZUGER ZEITUNG
NEUE NIDWALDNER ZEITUNG
Sportjournal
NEUE OBWALDNER ZEITUNG
NEUE URNER ZEITUNG
Ein Spiel wird sie nie vergessen
ROLAND BUCHER
[email protected]
Wenn Selina Kaufmann derzeit eine
Woche Trainingspause einzieht, dann
findet sie das schlicht und einfach
«schrecklich, sehr schrecklich. Bei mir
dreht sich alles ums Tennis. Wenn ich
nicht das Racket in der Hand halte, ist
es mir nichts als langweilig.»
So tickt die 19-jährige Triengerin.
Dabei war das früher ganz, ganz anders.
Als Selina 6 Jahre alt war, begann Mama
Anita, selber eine professionelle Tennisausbildnerin, sanften Druck auf das
Tennis-Ego ihrer Tochter auszuüben –
was wenig bis gar nicht fruchtete: «Es
EM: Schweizer auf
verlorenem Posten
Linke mit schwerem Stand
Camille-Chloé Linke tat sich auch
in der zweiten EM-Woche schwer.
Aus den drei Gruppenspielen gegen
durchwegs besser klassierte Gegnerinnen blieb der eine Satzgewinn
gegen die Weissrussin Arlouskaya als
dürftige Ausbeute. Keinen Sieg, aber
immerhin ein bedeutend besseres
Satzverhältnis (4:9) ergab im Doppel
die Zusammenarbeit mit Céline
Reust, der Rapid-Neuverpflichtung
aus Volketswil.
PORTRÄT
DER WOCHE
hat mir nicht gefallen, basta.» Drei
Jahre später besann sie sich – so darf
man das heute durchaus formulieren
– eines Besseren, liess sich mit Privatlektionen in die Geheimnisse des Tennis-Einmaleins einweihen, verriet Talent ... und wurde immer besser. Und
mit der Zeit so gut, dass sie sich an
nationalen Turnieren profilierte und im
Februar dieses Jahres in Basel zu einem
ersten ganz grossen Karrierehöhepunkt
berufen wurde: Selina Kaufmann vs.
Belinda Bencic. «Diesen Match gegen
die Nummer 15 der Welt, das werde ich
nie vergessen. Belinda ist im Vergleich
zum gehobenen Schweizer Durchschnitt
unglaublich gut, ihre Bälle haben Tempo, wie ich es noch nie erlebt habe.»
Stichwort Tempo: Das Spiel war eine
kurze Angelegenheit – 0:6, 0:6. «Nicht
Jekaterinburg (Russ). Tischtennis-Europameisterschaften. Frauen. Einzel. Halbfinals: Jie Lie
(Ho) s. Yu Fu (Por) 4:1. Samara (Rum) s. Mikhaylova (Russ) 4:1. – Final: Elizabeta Samara s. Jie
Li 4:3 (6,-9,-3,7,-12,4,4). – Doppelfinal: Hu/Shen
s. Pota/Samara 3:2 (4,7,9,-11,4).
Männer. Einzel. Halbfinals: Freitas /(Por) s. Gerell (/Sd) 4:3. Ovtcharov (De) s. Apolonia (Por)
4:0. – Final: Dimitrij Ovtcharov s. Marcos Freitas
4:1 (12,-9,9,4,6). – Doppelfinal: Fegerl/Monteuro s. Gardos/Habesohn 4:3 (9,12,-6,-8,-13,8,10).
EM-Resultate von Camille-Chloé Linke (Europa-Ranking 283, Meggen/TTC Baar). Einzel
(115 Nennungen). Gruppe 8: Linke u. Alina
Arlouskaya (ER 96, W’Russ) 1:3 (3,-6,-6,-10). Linke u. Petra Petek (ER 127, Kro) 0:3 (-9,-9,-8).
Linke u. Eva Odorova (ER 48, Slk) 0:3 (-3,-2,-8). –
Doppel (52 Nennungen). Gruppe 6. Camille-Chloé
Linke/Céline Reust u. Guseva/Prokhorova (Russ)
2:3 (-8,6,-7,3,-5). Linke/Reust u. Fajmut/Galic (Slk)
1:3 (-5,9,-6,-1). Linke/Reust u. Karova/Zamfirova.
«Wenn ich nicht
das Racket in der
Hand halte, ist es
mir nichts als
langweilig.»
Zentralschweiz
holt Goldmedaille
S E L I N A KAU F M A N N
«Scheitere wieder, scheitere besser»
BOTE DER URSCHWEIZ
TISCHTENNIS fm. An den Europameisterschaften in Jekaterinburg, die
in der Königsdisziplin den Deutschen
Dimitrij Ovtchariv und die Rumänin
Elizabeta Samara siegreich sahen, ist
der Schweizer Vertretung nach der
schwachen Vorstellung im Teamwettbewerb die Wiedergutmachung in
den Einzel- und den Doppelkonkurrenzen misslungen. Aus 22 Einzelpartien resultierten magere sechs
Siege, von zwölf Doppelpartien konnte nur eine gewonnen werden. Mit
je zwei Erfolgen in den Einzel-Gruppenspielen konnten Rachel Moret
und Elia Schmid immerhin eine positive Bilanz vorweisen. Der Einzug in
die Hauptturniere blieb aber beiden
versagt. Moret musste gar die Teilnahme zur Consolation der punktgleichen litauischen Konkurrentin
Egle Stuckyte überlassen, die sie im
Gruppenspiel noch 3:1 besiegt hatte.
TENNIS Selina Kaufmann (19) aus Triengen strebt im Schweizer Ranking
energisch nach vorne. Und hat im Frühjahr schon mal Mass
an der Weltklassespielerin Belinda Bencic genommen.
so schlimm», sagt Selina Kaufmann, «es
war ein wertvoller Lehrblätz.» Und für
die Luzernerin eine sogenannte Brille,
um auf dem Weg an die nationale Spitze
nie den Blick für die realistische Zielsetzung zu verlieren. «Mein Trainer traut
mir zu, dass ich es bis Ende dieses
Jahres unter die nationalen Top 50
schaffen kann», verrät die inzwischen
N3-Klassierte, «was später kommt, das
steht in den Sternen geschrieben. Schön
wäre es, wenn ich mich dereinst in zwei,
drei Jahren schweizweit unter den besten 20 etablieren könnte.»
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«Bei mir dreht sich alles ums Tennis», sagt die
19-jährige Selina Kaufmann aus Triengen.
Bild Philipp Schmidli
Lebensphilosophie von Stan Wawrinka:
«Scheitere wieder. Scheitere besser.»
Dieses Motto mache ihr Eindruck, gesteht die sportlich aufstrebende junge
Frau. «Wer in der Niederlage lernt, der
hat nicht verloren.»
Um dieser Zielvorgabe gerecht zu
werden, lässt Selina Kaufmann, die sich,
um dieses Wortspielchen doch noch
loszuwerden, an der Frei’s Talent School Höchstes Preisgeld: 800 Franken
Mit solchermassen selbst auferlegter
zur Kauffrau ausbilden lässt, alles, was
nicht mit Tennis zu tun hat, links liegen: zäher Selbstdisziplin macht Selina Kauf«Ich habe neben meiner beruflichen mann Schrittchen um Schrittchen nach
Ausbildung wirklich
vorne, bedankt sich
fast keine Zeit für
auf diesem steilen
Hobbys, für Kollegen,
Weg artig bei ihren
«Wer in der
für andere FreizeitSponsoren, «ohne die
vergnügen.
Am
es nicht ginge»: BesNiederlage lernt, der
Abend nach dem
tes Preisgeld für sie,
hat nicht verloren.»
Training falle ich oft
die so resolut alles
S E L I N A KAU F M A N N
todmüde ins Bett.»
ihrem geliebten Sport
Und sie träumt, naunterordnet, war bistürlich, vom Tennis,
her ein 800-Frankenvon ihrem Vorbild auch, Eugenie Bou- Check beim Schützenmatt-Cup in Solochard, die mit 19 Jahren schon als thurn. «Das ist kein Riesenbetrag», läWimbledon-Halbfinalistin grüsste: «Was chelt Selina Kaufmann, «aber das war
sie erreicht hat, ist fantastisch.» Auf dem gar nicht so schlecht für meine SportlerWeg zu einer vielleicht nicht derart seele. Und für das Portemonnaie.» Ob
imposanten, aber doch ansehnlichen am Lohnausweis bald ein paar Nullen
Karriere hält sich Kaufmann übrigens mehr dranhängen? «Ob ich den Tennisan die am linken Unterarm tätowierte sport zu meinem Beruf machen kann,
Selina Kaufmann
Geboren
26. Dezember 1995
Wohnort
Triengen
Geburtsort
Emmen
Ausbildung
Kauffrau Frei’s Schulen
Talent School
Masse
173 cm/55 kg
Verein
TC Sursee, TC Entfelden
Trainer
Timo Schwarzmeier
Klassierung
N3
2015: TEZ- und Zuger
Erfolge
Meisterin; Halbfinal
Schützenmatt-Cup
Solothurn; Spiel gegen
Belinda Bencic im
Februar; Sieg am Basel
Outdoors à la carte
Hobby
Schwimmen
Vorbild
Eugenie Bouchard
Lieblingsgetränk/-essen
Apfelschorle
Lasagne
das ist schwierig zu bewerten. Es braucht
sehr viel, auch Glück, um weit nach
vorne drängen zu können.» Immerhin:
«Eine Option wäre, einen ähnlichen Weg
wie meine Mutter als Tennislehrerin
einzuschlagen.»
«Warum nicht Kriminalpolizistin?»
In unserem Gespräch ist Selina Kaufmann konsequent auf die Sache, auf das
Tennis also, fixiert und konzentriert. Und
wer ein bisschen mehr erfahren will,
der kitzelt immerhin heraus: «Ich schaue
gerne Krimis, vor allem «K 11». Es ist
sehr spannend, mitanzusehen, wie die
Kommissare die Verbrechen aufklären.»
Aha!? «Ja, der Beruf einer Kriminalpolizistin könnte mich durchaus reizen.
Fälle lösen und dabei auch von seiner
Sportlichkeit profitieren, das wäre etwas
für mich», schmunzelt die gerne auch
dem Schwimmsport frönende Tennisathletin, «doch das ist Zukunftsmusik.»
Heikle Fälle lösen und gefährliche
gegnerische Bälle entschärfen – dies ist
vorderhand das Tagesgeschäft der Selina Kaufmann. Auf dass es, vielleicht an
einem grossen Turnier, noch einmal
gegen Belinda Bencic geht.
SCHIESSEN pd. Da Titelverteidiger
Fribourg ohne seine Topschützen
angetreten war, galt die Ausgangslage
bei der Elite als relativ offen. Bereits
nach dem Kniend-Durchgang zeigte
sich aber, dass die letztjährigen Zweiten, die Zentralschweizer, die Favoritenrolle übernommen hatten. Nach
den ersten 20 Schüssen lagen sie mit
einem Durchschnitt von 192 Punkten
bereits mit etwas mehr als 1,5 Punkten in Führung. Beim Liegend-Durchgang konnte die Zentralschweiz ihren
Vorsprung auf mehr als 3,5 Punkte
ausbauen.
Beim Stehend-Durchgang wurde es
dann nochmals spannend, denn die
drei Nationalkaderschützen der Zentralschweiz, Petra Lustenberger, Nina
Christen und Patrik Lustenberger,
starteten erst in der letzten Ablösung.
Die drei erfüllten die Erwartungen
und machten schliesslich für ihren
Verband endgültig den Sack zu. Die
Zentralschweiz gewann so mit
572,250 Punkten, vor den Solothurnern (569,571) und Linth (567,400).
Beim Gewinner-Team zeichnete
sich Petra Lustenberger mit total 582
Zählern als beste Schützin aus. Das
beste Einzelresultat aller 85 teilnehmenden Schützen schoss der Solothurner Jan Lochbihler mit überragenden 590 Punkten.
Schwadernau. Verbandsmatch, Gewehr 50
Meter. Elite: 1. Zentralschweiz/572,250 (Petra
Lustenberger/582, Nina Christen/578, Paul
Wyrsch/577, Patrik Lustenberger/576, Fabio Sciuto/575, Roberto May/567, Albert Imfeld/563,
Bruno Gössi/560). 2. Solothurn 596,571. 3. Linth
567,400. 4. Zürich 566,857. 5. Bern 565,929.