Standpunkt

Standpunkt
Magazin zur Gesundheits- und Unternehmenspolitik
der Helsana-Gruppe Nr. 1 / März 2016
S. 3 → Nationale
S. 8 → Innovative
S. 10 → Zulassungsregulie-
S. 12 → Risikoausgleich
Qualitätsprogramme
Medikamente
rung für Ärzte
Vollständigere Daten­
Es braucht eine dezentrale
Bald nicht mehr finanzierbar
Zulassungstopp gestoppt,
erhebung braucht mehr
endlich!
Zeit
Lösung
Unser Gesundheitswesen verdient liberale und
zielführende Lösungen
Ende 2015 präsentierte der Bundesrat eine neue Vorlage, um die Qualität der medizinischen Leistungen
zu verbessern und die Patientensicherheit zu erhöhen. Doch weit verfehlt. Bei genauerer Betrachtung
erweist sich das Ganze als Mogelpackung. In Tat
und Wahrheit geht es um mehr Macht und mehr
Geld für den Staat. Helsana fordert dezentrale
Lösungen (Seite 3).
In den letzten Jahren zeichnet sich bei den ärztlichen Rechnungsstellungen ein Trend Richtung
Tiers payant ab. Die Ärzteschaft befürchtet, dass
dadurch das Leistungsvolumen bei den Krankenversicherern ansteigt, was sich direkt auf tiefere
Taxwertpunkte auswirken könnte. Eine Analyse
von Helsana zeigt, dass diese Ängste völlig unbegründet sind (Seite 6).
Die Medikamentenpreise in der Schweiz sind zu
hoch. Ein Bundesgerichtsentscheid hält nun fest,
dass die Beschränkung auf einen Preisvergleich mit
dem Ausland nicht zulässig ist. Vielmehr müsse bei
der Beurteilung der Wirtschaftlichkeit auch das
Kosten-Nutzen-Verhältnis unter die Lupe genommen werden. Die staatliche Preisfestsetzung muss
deshalb dringend überarbeitet werden, damit
Anfang 2017 eine Gesamtüberprüfung der Medikamentenkosten erfolgen kann (Seite 8).
Einem untauglichen Steuerungsinstrument setzte
der Nationalrat im Dezember 2015 ein Ende. Er
schickte den Zulassungsstopp bachab. Nun wird der
Bundesrat beauftragt, Alternativen zu prüfen. Der
Preis für den Auftrag ist die letztmalige Verlängerung des Zulassungsstopps (Seite 10).
Inhalt
  3 Es braucht eine dezentrale Lösung
Nationale Qualitätsprogramme
  6 Tiers payant: Befürchtungen der Ärzteschaft unbegründet
Ärztliche Rechnungstellungen
  8 Preisfestsetzungsmechanismus muss überarbeitet
werden
Innovative Medikamente bald nicht mehr finanzierbar
10 Zulassungstopp gestoppt, endlich!
Zulassungsregulierung für Ärzte
12 Datenerhebung braucht mehr Zeit
Risikoausgleich
Zielgerichtet muss auch der Risikoausgleich sein.
Eine Verlängerung des Abrechnungszeitraums von
14 auf 26 Monate würde diesem Anspruch besser
Rechnung tragen, weil ein Behandlungsjahr nicht
alle Leistungskosten berücksichtigen kann (Seite 12).
Die Themenvielfalt der Beiträge führt wieder einmal vor Augen, wie komplex unser Gesundheitswesen ist. Eins ist dabei aber sicher: Helsana wird
sich auch weiterhin gegen Überregulierung und für
mehr Wettbewerb einsetzen.
Wolfram Strüwe, Leiter Gesundheitspolitik
Impressum
Herausgeber:
Helsana-Gruppe
Kommunikation
Postfach, 8081 Zürich
Telefon +41 43 340 64 11
Telefax +41 43 340 02 10
[email protected]
helsana.ch/standpunkt
Der «Standpunkt» wird
mehr­mals jährlich in Deutsch und
Französisch herausgegeben.
Empfänger sind Personen, die
sich mit gesundheitspolitischen
Fragen beschäftigen.
Redaktion:
Stefan Heini
Redaktionsschluss:
Anfang März 2016
Bildquelle:
Titelseite Getty Images
Nationale Qualitätsprogramme
Es braucht eine
dezentrale Lösung
Der Bundesrat präsentierte Ende 2015 seine Botschaft zur
Änderung des KVG. Dabei soll offiziell die Qualität verbes­
sert und die Patientensicherheit erhöht werden. In Tat und
Wahrheit geht’s um mehr Macht und mehr Geld für den
Staat.
René Kühne
Ökonomie und Politik
«Mehr Patientensicherheit dank nationalen Qua­
litätsprogrammen». Mit diesem verführerischen
Aufmacher warb der Bundesrat in der Medienmitteilung vom 7. Dezember 2015 für seine Botschaft
zu Handen des Parlaments betreffend Änderung des
Bundesgesetzes über die Krankenversicherung
(KVG). Mit der Konkretisierung der bundesrätlichen Strategie 2020 sollen dabei vor allem drei Ziele
verfolgt werden: 1. die Qualität der medizinischen
Leistungen verbessern, 2. die Patientensicherheit
erhöhen und 3. die Kostensteigerung in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung dämpfen.
Dagegen ist grundsätzlich nichts einzuwenden,
doch bei genauerer Betrachtung erweist sich die
Vorlage als Mogelpackung.
Ein weiterer BAG-Vorstoss für mehr Staat
Ziemlich genau ein Jahr vor der im Dezember präsentierten Botschaft wurde der ursprüngliche Plan
eines eigenen Bundesgesetzes zu einem nationalen
Qualitätsinstitut am runden Tisch in Bern von den
geladenen Interessenvertretern regelrecht zerrissen. Die anwesenden Vertreter von Leistungserbringern, Patientenverbänden und Kostenträgern verlangten eine dezentrale Lösung unter adäquatem
Einbezug aller massgeblichen Anspruchsgruppen.
Nach dieser massiven Kritik hätte der Bundesrat die
Vorlage konsequenterweise wieder zurückziehen
müssen. Seither wurde das Bundesamt für Gesundheit (BAG) nicht müde, zu wiederholen, man trage
Helsana Standpunkt 1·16
der berechtigten Kritik Rechnung und stellte eine
Netzwerklösung in Aussicht. Was nun aber auf dem
Schreibtisch der Parlamentarier liegt, kommt –
ganz im Sinne der Politdoktrin des Gesundheitsministers – einem nächsten Schritt zur Verstaatlichung des Gesundheitswesens gleich.
Im neu formulierten, zentralen Artikel 58 KVG will
sich der Bundesrat die alleinige Kompetenz zur Erarbeitung, Durchführung und Evaluation nationaler Programme zuschanzen und gleich auch noch
die inhaltlichen und methodischen Vorgaben für
die Programme festlegen. Im Vergleich zum heute
geltenden Artikel, der den Einbezug der interessierten Organisationen schon im ersten Absatz klar
regelt, ist das eine unmissverständliche Absage an
eine dezentrale Lösung. Mit dem dazugehörenden
Ausbau beim BAG als ausführendes Organ soll dieser zentralistische Ansatz auch gleich zementiert
werden.
Stakeholder lediglich als Berater geduldet
Zwar kann Bundesrat Alain Berset in der Botschaft
ans Parlament nicht ganz auf den Einbezug der Stakeholder verzichten: Der neue Artikel 58c sieht eine
Kommission für Qualität in der Krankenversicherung vor, allerdings beschränkt auf eine lediglich
beratende Funktion und ohne deren Besetzung
näher zu umschreiben. Vielmehr will der Bundesrat
gemäss Vorlage auch Organisation und Aufgaben
der Kommission selbst regeln, womit diese zum
einfachen Wasserträger der Bundesbehörde verkommt. Damit ist der staatlichen Willkür Tür und
Tor geöffnet. Denn im Prinzip kann der Bundesrat
nach Belieben irgendwelche nationalen Programme
aus dem Hut zaubern, welchen womöglich eine
breit abgestützte Akzeptanz fehlt oder bei denen der
Kosten-Nutzen-Nachweis nicht erbracht ist. Mit die-
3
sem Konstrukt ist – anders als vom Bundesrat behauptet – die Forderung nach einer wissenschaftlich gestützten Planung, Durchführung und Kontrolle von Programmen unter Einbezug des notwendigen Fachwissens kaum zu gewährleisten.
Störfaktoren unerwünscht: Krankenversicherer
sollen reine Zahlstellen werden
Und die Rolle der Krankenversicherer? Nach geltendem Gesetz (Art. 77 KVV) obliegt ihnen heute – zusammen mit den Leistungserbringern – die Aufgabe der Kontrolle der Wirtschaftlichkeit und der
Qualität der Leistungen. Der Bundesrat hat lediglich subsidiäre Kompetenz. Es liegt auf der Hand,
dass bei unkritischem Durchwinken der Vorlage
konsequenterweise auch Art. 77 der Verordnung
über die Krankenversicherung (KVV) eine grundlegende Änderung erfahren müsste, oder gleich
ganz gestrichen würde. Damit würden Versicherer
wie Leistungserbringer ein zentrales Instrument
für ihre tägliche Arbeit verlieren. Denn Qualitätssicherung und -kontrolle sind die unabdingbaren
Garanten sowohl für die Patientensicherheit wie
auch für die Wirtschaftlichkeit der erbrachten Leistungen und damit für eine dämpfende Wirkung auf
die Kostensteigerung. Wohlgemerkt beides prioritäre Ziele der Gesundheitsstrategie 2020.
Mit der Gesetzesvorlage werden die Krankenversicherer nun aber auf die Rolle eines Geldeintreibers
für die ausführenden Bundesbehörden mit nicht
eindeutig geregelten Aufgaben zurechtgestutzt. Die
Versicherer stellen sich nicht prinzipiell gegen die
vorgesehene, dauerhafte Finanzierung der nationalen Qualitätsprogramme über einen jährlichen
Prämienzuschlag pro versicherte Person. Dass sie
aber gleichzeitig weitgehend von Mitsprache und
Mitbestimmung ausgeschlossen werden, ist inakzeptabel.
4
Budget der Bundesverwaltung soll Jahr für Jahr
ansteigen
Auch die prozentuale Finanzierung ist abzulehnen.
Der vorgesehene maximale Zuschlag von 0,07 Prozent auf der durchschnittlichen Jahresprämie (rund
3.50 Franken pro Versicherten pro Jahr) erscheint
zwar auf den ersten Blick moderat. Doch seit Einführung des KVG kennt die Entwicklung der OKPPrämien nur eine Richtung: nach oben. Somit würde die Mehrbelastung Jahr für Jahr zunehmen und
gleichzeitig auch das Budget der Bundesverwaltung
von aktuell schon stolzen 20 Millionen Franken
ohne jeglichen Sachzwang automatisch und konstant erhöht. Diese Finanzierungsregelung bedarf
folglich dringend der Überarbeitung. Die Finanzierung darf nicht nach oben unbegrenzt sein und das
Budget muss sich insbesondere auch an den Zielen
und konkreten Programmen orientieren, und nicht
umgekehrt.
Es braucht mehr Verbindlichkeit in der
Qualitätssicherung
Es ist hinlänglich bekannt und wird auch zu Recht
bemängelt, dass unter der geltenden Regelung im
KVG und in der KVV die Qualitätssicherung nur
schleppend vorankommt. Ein ganz wesentlicher
Grund hierfür ist die ungenügende Verankerung
der Verbindlichkeit im Gesetz. Die Bestimmungen
gemäss KVG Art. 59 (also die Anrufung eines
Schiedsgerichtes mit der Verhängung von Sanktionen bei Verstössen gegen die Wirtschaftlichkeitsund Qualitätsanforderungen) hat sich in der Praxis
nie bewährt. Wider besseren Wissens hält der Bundesrat aber genau an diesem Instrument fest. Will
er die eingangs erwähnten Ziele erreichen, ist das
nicht konsequent. Denn die besten Erkenntnisse
aus Programmen, namentlich die explizit aufgeführte Erarbeitung und Entwicklung von Qualitätsindikatoren, bleiben Makulatur, wenn nicht gleich-
Helsana Standpunkt 1·16
Das letzte Wort ist zum Glück noch nicht gesprochen und das
Parlament wird hoffent­lich noch korrigierend eingreifen und die
Weichen zu einer liberalen und zielführenden Lösung stel­len.
zeitig deren verbindliche Anwendung gefordert
wird. Das heute geltende, rückwirkende Sanktionsverfahren muss durch eine prospektive Zulassungsregelung ergänzt beziehungsweise ersetzt werden.
Erst wenn die Verbindlichkeit keine Ausweichmöglichkeiten mehr zulässt, bekommt die Qualitäts­
sicherung den längst fälligen nötigen Schub.
Parlament muss korrigierend eingreifen:
Nur eine dezentrale Lösung ist zielführend
Nach dem Schiffbruch des ursprünglichen Vorschlags zu einem Qualitätsinstitut machte Bundesrat Berset unmissverständlich klar, dass er nicht
mehr gewillt sei, den im Nachgang zum runden
Tisch zu überarbeitenden und jetzt vorliegenden
Entwurf nochmals in eine Vernehmlassung zu
schicken. Jetzt wissen wir warum – und man kann
an der Rechtmässigkeit dieses Vorgehens zweifeln.
Damals handelte es sich um eine eigene Gesetzesvorlage; jetzt liegt eine Botschaft zur Änderung des
KVG vor. Doch das letzte Wort ist zum Glück noch
nicht gesprochen und das Parlament wird hoffentlich noch korrigierend eingreifen und die Weichen
zu einer liberalen und zielführenden Lösung stellen. Denn alles andere als eine dezentrale Lösung
unter angemessenem Einbezug der Interessenvertreter hat unser gut funktionierendes Gesundheitswesen nicht verdient und auch nicht nötig.   |
Helsana-Position:
Es braucht eine breit getragene Stiftung
und mehr Verbindlichkeit
Helsana sieht die Lösung in einer gemeinnützigen Stiftung für Qualität im Gesundheitswesen. Von den Tarifpartnern sowie den Kantonen und Patientenverbänden gemeinsam
gegründet und geführt, obliegt ihr die operative Umsetzung der nationalen Programme
gemäss Zielvorgaben des Bundesrates. Der
Bundesrat beschränkt sich auf die strategischen Vorgaben sowie auf die Aufsicht über die
Tätigkeit der Stiftung.
Der Bundesrat und die Stiftung definieren
gemeinsam die Zielsetzungen und das für die
Umsetzung notwendige Budget. Die Finanzierung erfolgt zu gleichen Teilen durch die Kostenträger: Krankenversicherer erheben einen
fixen, für alle Versicherer gleich hohen, Prämienaufschlag; die Kantone leisten einen Beitrag proportional zu ihrer Einwohnerzahl.
Die Zulassung zur Tätigkeit zu Lasten der obligatorischen Krankenversicherung wird ergänzt
durch Anforderungen bezüglich Qualitätsnachweis und Qualitätsmassnahmen, welche
der Bundesrat auf Antrag der Stiftung für
verbindlich erklären kann. Die Behörde kann
diese Daten auch häufiger verlangen.
Helsana Standpunkt 1·16
5
Ärztliche Rechnungstellungen
Tiers payant: Befürchtungen der
Ärzteschaft unbegründet
In den letzten Jahren zeichnet sich bei den ärztlichen
Rechnungsstellungen ein Trend Richtung Tiers payant ab.
Die Ärzteschaft befürchtet, dass dadurch das Leistungs­
volumen bei den Krankenversicherern ansteigt, was sich
direkt auf tiefere Taxwertpunkte auswirken könnte. Eine
Analyse von Helsana zeigt, dass diese Ängste unbegrün­
det sind.
Die obligatorische Krankenpflegeversicherung
(OKP) kennt zwei Arten von ärztlichen Rechnungsstellungen. Als Regelfall gilt der Tiers garant (TG).
Das heisst, der Arzt sendet die Rechnung direkt dem
Patienten zu. Dieser kontrolliert die Rechnung, bezahlt sie und sendet sie seinem Krankenversicherer.
Die Krankenversicherung vergütet dem Patienten
dann den Betrag abzüglich des gesetzlichen Selbstbehaltes und einer allfälligen Franchise. Beim Tiers
payant (TP) sendet der Arzt die Rechnung dem
Mathias Früh
Research Data
Krankenversicherer «direkt». Der Patient erhält
eine Rechnungskopie vom Arzt zur Kontrolle. Die
Rechnung wird nach der Prüfung vom Krankenversicherer bezahlt und allfällige ausstehende Kostenbeteiligungen werden dem Patienten in Rechnung
gestellt.1
Tiers payant nimmt deutlich zu
Obwohl der TG in der OKP als Regelfall definiert ist,
ist der TP gesetzlich nicht ausgeschlossen und kann
vertraglich zwischen Leistungserbringern und Versicherern vereinbart werden. Die Abbildung zeigt
die Entwicklung der verschiedenen Vergütungsarten über die Zeit auf.
1Es gibt auch eine dritte Vergütungsart, den Tiers soldant (TS).
Bei dieser Vergütungsart schickt der Arzt wie bei TP die Rechnung direkt dem Versicherer. Dieser vergütet dann die versicherte Leistung abzüglich der Kostenbeteiligung direkt dem Arzt. In
den Berechnung des TG-Effekts werden die TS–Leistungen zu
den TP–Leistungen gezählt und nicht mehr separat ausgewiesen.
Kosten OKP Arzt Tarmed
80,7 %
0,8
Tiers payant
Tiers garant
Tiers soldant
76,5 %
72,6 %
Anteil Leistungen pro Vergütungsart in%
67,8 %
61,6 %
0,6
0,4
31,7 %
27,4 %
23,5 %
0,2
0,0
6
37,5 %
19,3 %
0 %
2009
0 %
2010
2011
0,9 %
0,5 %
0 %
2012
2013
Helsana Standpunkt 1·16
Der Anteil Leistungen von TP- Rechnungen nimmt
seit Jahren deutlich zu. Gründe dafür können sein,
dass Ärzte das Inkasso-Risiko oder aber administrative Aufwände senken wollen. Dieser Trend Richtung TP wird teilweise kritisch beurteilt, weil man
von einem wachsenden Volumen der versicherten
Leistungen (Leistungen vor Abzug der Kostenbeteiligung) ausgeht. Die Aussage beruht auf der Annahme, dass beim TG weniger Rechnungen bei den
Versicherern eingehen. Dies, weil im TG der Versicherte entscheidet, ob er die Rechnung dem Versicherer zustellen will oder nicht.
der Analyse davon aus, dass das Abrechnungsverhalten der Ärzteschaft für die beiden Vergütungssysteme identisch ist.
Die Höhe der Franchise spielt eine wesentliche Rolle dafür, wieviel Leistungsvolumen bei den Krankenversicherern eingereicht wird. Die Tabelle gibt
die Entwicklung der letzten Jahre pro Franchisestufe wieder.
Bestand Helsana Tief (< = 500)
Hoch (> 500)
Anteil Tief
2009
980 513
385 706
72 %
2010
881 819
306 086
74 %
Ärzteschaft befürchtet Nachteil
2011
843 612
290 408
74 %
In diesem Zusammenhang spielt die Franchisewahl
eine erhebliche Rolle. Unter der Annahme, dass Versicherte die Rechnung nicht einreichen, wenn sie
die Franchise noch nicht aufgebraucht haben, würde ein Wechsel von TG zu TP ein höheres Leistungsvolumen beim Versicherer mit sich bringen.
2012
852 081
308 509
73 %
2013
849 485
315 134
73 %
In den Tarifverhandlungen ist das Leistungsvolumen des Krankenversicherers für die Bestimmung
der Taxpunktwerte massgeblich. Ein höheres
Leistungsvolumen bedeutet einen tieferen Taxpunktwert. Sollte der Wechsel von TG zu TP zu
einem höheren Leistungsvolumen führen, würde
sich die Ärzteschaft mit dem Systemwechsel selbst
bestrafen.
Systemwechsel wirkt sich nicht auf die
Taxpunktwerte aus
Helsana nahm diese Befürchtungen auf und hat mit
seinen eigenen Daten untersucht, um wieviel das
ärztliche Tarmed-Leistungsvolumen auf Seiten der
Versicherer zunehmen würde, wenn alle Ärzte auf
TP wechseln würden. Für die Berechnung des sog.
TG-Effekts zog Helsana eigene OKP-Leistungsdaten
aus den Jahren 2011–2013 heran, insgesamt rund
1.26 Millionen Individualdaten.2 Dabei ging sie in
Wahl der Franchisen im Helsana-Bestand, Jahre 2009–2013
In den vergangenen Jahren sind kaum Änderungen
in der Struktur der Franchisen festzustellen. Der
Anteil tiefer Franchisen (<= CHF 500) bleibt mit gut
70 Prozent nahezu konstant auf hohem Niveau.
Würden nur erwachsene Versicherte berücksichtigt, wäre der Anteil von Personen mit tiefer Franchise ebenfalls konstant bei rund 68 Prozent.
Die Analyse des TG-Effekts zeigt nun, dass die Befürchtungen der Ärzteschaft völlig unbegründet
sind: eine flächendeckende Einführung des TP liesse die TARMED-Leistungen bei den Versicherern
lediglich um 1,13 Prozent ansteigen. Die Umstellung von TG auf TP würde sich also nur geringfügig
auf das Leistungsvolumen und damit die Taxpunktwerte auswirken. Zudem dürften bei einem Systemwechsel die Debitorenverluste bei den Ärzten kleiner werden, da ja die Krankenversicherer die
Schuldner sind. Darüber hinaus dürfte sich der
Administrationsaufwand für die Ärzte im TP verringern.    |
2Die Vergütungsart Tiers soldant wurde dem Tiers Payant zuge-
ordnet, weil sie von der Wirkung her identisch sind.
Helsana Standpunkt 1·16
7
Innovative Medikamente bald nicht mehr finanzierbar
Preisfestsetzungsmechanismus
muss überarbeitet werden
Die Medikamentenpreise in der Schweiz sind (zu) hoch.
Eine Überarbeitung des Preisfestsetzungsmechanismus
ist notwendig und muss sobald wie möglich an die Hand
genommen werden, damit Anfang 2017 eine Gesamtüber­
prüfung erfolgen kann.
Guido Klaus
Leiter Ökonomie und
Politik
Mitte Dezember hat das Bundesgericht1 im Rahmen
eines Beschwerdeverfahrens gegen das Bundesamt
für Gesundheit (BAG) entschieden, dass bei der
Preisüberprüfung von Medikamenten eine umfassende Prüfung der Bedingungen zur Aufnahme in
die Spezialitätenliste (SL) erforderlich ist. Das Bundesgericht hält fest, dass die Beschränkung auf
einen Preisvergleich mit dem Ausland nicht zulässig ist. Vielmehr müsse bei der Beurteilung der
Wirtschaftlichkeit auch das Kosten-Nutzen-Verhältnis unter die Lupe genommen werden.
SL-Arzneimittel müssen jederzeit WZWKriterien entsprechen
Das Bundesgericht kritisiert ausserdem, dass eine
ausschliesslich preisbezogene Überprüfung dazu
führe, dass auf der SL auch Medikamente aufgeführt sind, die allenfalls dem Grundsatz von Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit
(WZW) nicht mehr genügen. Der Verdacht erhärtet
sich insofern, als in den letzten zehn bis fünfzehn
Jahren kein Arzneimittel aufgrund negativer Beurteilungen von der Liste gestrichen wurde. Nach
Ansicht des Bundesgerichts müssten die vom BAG
auf der Spezialitätenliste aufgeführten Arzneimittel jederzeit den WZW-Kriterien genügen.
Preisüberprüfung fällt aus – schweizweit zu
hohe Medikamentenpreise
Noch im April 2015 hatte der Bundesrat bekanntgegeben, auf die Preisüberprüfung vom November
1Urteil 9C-417/2015 vom 14. Dezember 2015
8
2015 vollständig zu verzichten. Begründet wurde
der Entscheid mit einem Systemwechsel, der vorsieht, die Preisüberprüfung künftig anhand therapeutischer Gruppen durchzuführen und nicht
mehr nach dem Aufnahmejahr in die SL. Nun verzichtet der Bundesrat auch auf die für September
2016 in Aussicht gestellte Preisüberprüfung. Begründet wird diese erneute Verschiebung mit dem
erwähnten Bundesgerichtsurteil, das die aktuelle
Praxis des BAG als nicht gesetzeskonform taxiert.
Die Patienten in der Schweiz bezahlen deshalb im
Vergleich zum Ausland aktuell einen rund 10–15prozentigen, wechselkursbedingten Preisaufschlag.
Preise neuer Medikamente kennen nur eine
Richtung: Norden
Die heutige Preisregulierung führt zu einer Preisspirale nach oben: Neue Medikamente, die nachweislich besser sind, erhalten einen Innovationszuschlag. Dieser wirkt preistreibend, da er nicht nur
in Ausnahmefällen zugestanden wird. Bereits sehr
teure Therapien werden verlängert oder mit anderen teuren Therapien kombiniert, ohne dass dabei
die Preise der Medikamente sinken. Letztlich ist die
behördliche Preisfixierung nicht in der Lage, die in
normalen Märkten übliche Dynamik abzubilden:
In der Regel sinken bei Mengenausweitung und/
oder grösserem Absatz die Preise; sie sinken ebenso,
sobald Mitbewerber/Nachahmer auf den Markt
kommen. Ein Produkt, das millionenfach eingesetzt
wird, würde in einem freien Markt von Beginn weg
wesentlich günstiger angeboten als ein Medikament für seltene Krankheiten. All diese Effekte sind
im staatlichen Preisfestsetzungsmechanismus
nicht abgebildet. Der Innovationszuschlag für neue
Medikamente ist deshalb in Frage zu stellen. Er
wirkt preistreibend und sorgt dafür, dass neue, bessere Therapien immer teurer werden. Innovationen
müssen nicht zwingend mit einem höheren Preis
belohnt werden. Entscheidend, ob die Forschungs-
Helsana Standpunkt 1·16
Der The­rapeutische Quervergleich (TQV) ist in die künftige
Preisfestsetzung zwingend miteinzubeziehen.
und Entwicklungskosten von der Industrie amortisiert werden können, ist vielmehr die Absatzmöglichkeit des neuen Produktes. Zur Festlegung des
Preises entscheidend ist deshalb die Prävalenz.
Grundlegende Überarbeitung des Preis­
festsetzungsmechanismus notwendig
Nach Ansicht von Helsana ist die staatliche Preisfestsetzung grundlegend zu überarbeiten und neu
zu konzipieren. Mit dem Einsatz neuer technischer
Hilfsmittel muss die Spezialitätenliste aktuell gehalten werden. Eine jährliche Preisüberprüfung
sollte mit vernünftigem Aufwand zu realisieren
sein.
Forschung und Entwicklung sollen sich lohnen,
doch die Medikamentenpreise dürfen nicht ins Unermessliche steigen. Das BAG muss das jüngste
Urteil des Bundesgerichts zum Anlass nehmen, seine Verordnung über die Festsetzung der Medikamentenpreise möglichst bald anzupassen. Der Therapeutische Quervergleich (TQV) ist in die künftige
Preisfestsetzung zwingend miteinzubeziehen. Es
braucht einen Kosten-Nutzen-Vergleich mit der bisherigen Standard-Therapie. Das neue Medikament
muss einen Fortschritt bringen, wobei sich aber
nicht automatisch ein höherer Preis rechtfertigt.
Beim Preisvergleich sind auch bisher im Therapieumfeld zum Einsatz kommende Generika und bekannte Wirkstoffe zu berücksichtigen. Was den
WZW-Kriterien nicht mehr genügt, muss konsequent von der SL gestrichen werden.
Fortschritte im Generikabereich zu erwarten
Mit dem neusten Urteil des Bundesgerichts erhält
auch das vom Bundesrat in Aussicht gestellte Festbetragssystem Auftrieb. Generika-Hersteller sollen
künftig dem Wettbewerb ausgesetzt werden. Die
obligatorische Grundversicherung vergütet dann
nur noch das günstigste der austauschbaren Medi-
Helsana Standpunkt 1·16
kamente. Für teurere Medikamente muss an Stelle
des aktuell höheren Selbstbehalts eine Zuzahlung
geleistet werden. Patienten, die aus medizinischen
Gründen auf Anraten ihres Arztes ein Wechsel
in der Therapie nicht zugemutet werden kann, werden vom Wechsel und von der Zuzahlung ausgenommen.   |
Mehr Transparenz im Medikamenten­
bereich dank Helsanas-Arzneimittelreport
Der kürzlich erschienene Helsana-Arznei­
mittelreport (Ausgabe 2015) zeigt u. a. Fol­
gendes auf:
–– Zwischen 2011 und 2014 stiegen die Medi­
kamentenkosten in der Grundversicherung
um 10 Prozent auf 6,26 Milliarden Franken
an.
–– Rund 22 Prozent der von der obligatori­
schen Krankenversicherung zu finanzieren­
den Leistungen entfallen auf Medikamente.
–– Auf Platz 1 der Medikamentenausgaben
liegen die Biologika aus dem Bereich
«Krebs- und Immunsystem». Auf diese zum
Teil neuen und innovativen Medikamente
entfallen mehr als 20 Prozent der Medika­
mentenkosten, obwohl der Anteil an Bezü­
gen lediglich 1,5 Prozent ausmacht.
–– Auf den weiteren Plätzen bei den Kosten­
verursachern folgen Medikamente der
Gruppen «Nervensystem» und «Herz-Kreis­
lauf» mit Ausgaben von 16 Prozent respek­
tive 12,2 Prozent.
helsana.ch/docs/arzneimittelreport-2015.pdf.
9
Zulassungsregulierung für Ärzte
Zulassungsstopp gestoppt,
endlich
Der Nationalrat hat im Winter das untaugliche Steue­
rungsinstrument Zulassungsstopp versenkt. Nun wird
der Bundesrat beauftragt, Alternativen zu prüfen. Der
Preis dafür ist die letztmalige Verlängerung des Zulas­
sungstopps. So kurios kann Politik sein.
Wolfram Strüwe
Leiter
Gesundheitspolitik
Weihnachten ist die Zeit der Überraschungen. Das
dachte sich wohl auch der Nationalrat in der
Schlussabstimmung der letzten Session und schickte in seiner neuen Zusammensetzung die definitive
Verankerung des Zulassungsstopps für Ärzte bachab. Dieser Entscheid wurde mit nur einer Stimme
Mehrheit getroffenen und ist als Notbremse zu verstehen. Man wollte wohl letztlich doch keine unbefristete Übernahme dieser Überregulierung. Der
Entscheid ist zu begrüssen. Ursprünglich führte
man den Zulassungsstopp 2001 als kurzfristige Notmassnahme im Kontext der Bilateralen Abkommen
ein. Man war sich wohl bewusst, dass dies nicht der
Weisheit letzter Schluss sein kann.
Fehlende Alternativen verstärken negative
Folgen
Ein Zulassungsstopp ist von seiner Natur her ein
grobschlächtiges Instrument. Man schreibt den Status quo an Leistungserbringern fest, wohl wissend,
dass sich die Versorgungsstrukturen wie auch der
Bedarf im Gesundheitswesen laufend verändern.
Junge Ärzte gelangen kaum mehr ins System, womit das medizinische und technische Wissen konserviert wird. Zu guter Letzt schützt die Regulierung jene vor Konkurrenz, die sich im System befinden. Das Parlament konnte sich in mehr als 10
Jahren nicht auf Alternativen einigen. So wurde die
Einmalmassnahme Zulassungsstopp zu einem geradezu immerwährend anmutenden Provisorium.
2012 kam es zu einem weiteren Versuch, die Beschränkung zu beenden: Mit der Managed-Care
10
Vorlage wollte man die integrierte Versorgung stärken und im Gegenzug auf den Zulassungsstopp verzichten. Das neue Gesetz scheiterte schliesslich vor
dem Volk. Die Politik blieb ideenlos und griff Mitte
2013 erneut für drei Jahre zum Zulassungsstopp. In
der Folge verstärkten sich die negativen Folgen dieser Regulierung. Über Jahre Aufgestautes wurde in
1,5 Jahren, in denen es keine Beschränkung gab, mit
geballter Wucht nachgeholt. Die Kosten im praxisambulanten Bereich stiegen seit 2012 Jahr für Jahr
um fünf bis sechs Prozent an. Das ist nicht weiter
verwunderlich:
–– Wenn Ärzten der Zugang zum praxis-ambulanten Bereich verwehrt bleibt, dann stehen viele
bereit, endlich tätig zu werden.
–– Spezialisten, egal ob aus dem Ausland oder den
Schweizer Spitälern, die die Chance sehen, sich
im praxis-ambulanten Bereich nieder zu lassen,
wollen dies auch tun.
–– Wenn Zahlstellennummern (die zur Abrechnung zu Lasten der OKP berechtigen) verfallen,
falls sie nicht in vorgegebener Frist verwendet
werden, werden sie auch sofort genutzt.
–– Untersucht man die Wirkungen des Zulassungsstopps nicht, hat man auch keine Erkenntnisse
darüber, ob und wie die Beschränkung wirkt.
Parlament beendet untauglichen
Zulassungsstopp
Der nationalrätliche Entscheid vom Winter 2015
setzt nun also einem erwiesenermassen untauglichen Mittel sein wohlverdientes Ende. Auf die bundesrätliche Lösung, nämlich eine alles umfassende
ambulante Steuerung durch die Kantone, ist das
Parlament erst gar nicht eingetreten. Alternativen
brauchen aber Zeit. Beide Gesundheitskommissionen haben deshalb den Bundesrat beauftragt, bis
Ende 2016 endlich Alternativen vorzulegen. Rezepte, um die Entwicklung der Arztkosten zu bremsen,
werden nun vertieft zu diskutieren sein.
Helsana Standpunkt 1·16
Der nationalrätliche Entscheid vom Winter 2015 setzt nun
also einem erwiesenermassen untaugli­chen Mittel sein wohl­
verdientes Ende.
Die Vertragsfreiheit kommt dabei als logische Konsequenz immer wieder ins Spiel. Schon länger fordert Helsana die Abschaffung des Kontrahierungszwangs. Nur noch jene Ärzte sollen zu Lasten der
Grundversicherung abrechnen dürfen, die mit einer
Krankenversicherung einen entsprechenden Vertrag abgeschlossen haben. Viele Leistungserbringer
bekommen heute unabhängig von ihren Anstrengungen den gleichen Preis für ihre erbrachten Leistungen. Darüber hinaus findet eine ungebremste
Mengenausweitung statt, da die Versicherer verpflichtet sind, jedem Arzt seine Leistungen zu vergüten.
Varianten sind nun zu prüfen
Das Parlament betrachtet folgende Lösungsansätze
als prüfenswert:
–– Die Lockerung des Vertragszwangs: Ab einer
bestimmten Ärztedichte müssten dann nicht
mehr die Leistungen aller zugelassenen Ärzte
vergütet werden.
–– Preisdifferenzierungen: Momentan gibt es für
alle Ärzte eines Kantons einen einzigen Preis. In
Zeiten, in denen die Kostenentwicklungen der
Grundversorger und Spezialisten diametral
gegenläufig sind, ist das nicht zielführend.
–– Qualitätsmerkmale der Leistungserbringung:
Nicht zuletzt muss geprüft werden, ob nicht die
heutigen Zulassungsvoraussetzungen – die allein
auf minimalen gesundheitspolizeilichen Kriterien beruhen – strenger zu fassen sind.
Helsana Standpunkt 1·16
Der Preis für diesen Abklärungsauftrag an den Bundesrat wird wiederum ein befristeter Zulassungsstopp ab Mitte 2016 bis Mitte 2019 sein. Wenn es
wirklich das letzte Mal ist, sei’s drum.   |
Anfang 2001
Zulassungsstopp wird befristet
eingeführt
Ende 2004
Verlängerung Zulassungsstopp
bis 2008
Mitte 2008
Verlängerung bis 2009
Ende 2009
Ende Zulassungsstopp, Verlängerung für Spezialisten
Ende 2011
Ende Zulassungsstopp für
Spezialisten
Mitte 2012
Volk lehnt Managed-CareVorlage ab
Mitte 2013
Befristete Wiedereinführung
bis Mitte 2016
Mitte 2016
Geplanter Auslauf der Zulassungsbeschränkung (voraussichtliche Verlängerung bis
2019)
11
Risikoausgleich
Datenerhebung braucht mehr Zeit
Der Risikoausgleich berücksichtigt nicht alle Leistungs­
kosten eines Behandlungsjahres. Eine Verlängerung des
Abrechnungszeitraums von 14 auf 26 Monate wäre wir­
kungsvoller und fairer. Dies sollte bei der nächsten Revi­
Mit einer zweiten Leistungsdatenlieferung nach
einem Jahr (womit sich 26 Abrechnungsmonate
ergeben), wäre es möglich, dieses Manko ohne Probleme zu beheben. In der Revision der VORA per
2019 könnte dies umgesetzt werden.
sion berücksichtigt werden.
Kantonal unterschiedliche Abrechnungs­
geschwindigkeit
Sophia von Kalckreuth
Aktuarin
In der Verordnung Risikoausgleich (VORA) ist festgelegt, dass die Leistungen des Behandlungsjahres
für die Berechnung des Risikoausgleichs (RA) massgebend sind (Ausgleichsjahr ist das Folgejahr). Berücksichtigt werden die Leistungen, welche bis
Ende Februar des Folgejahres abgerechnet wurden.
Etwa fünf Prozent des Leistungsvolumens eines
Behandlungsjahres werden jedoch erst nach diesem
Stichtag abgerechnet (siehe Grafik). Die im RA berücksichtigen Leistungskosten sind daher um diesen Anteil zu niedrig.
Leistungen des Behandlungsjahres
100 %
95 %
80 %
60 %
40 %
26 Monate
Der Probelauf zur Revision der VORA per 2017 wurde anhand von Daten des Behandlungsjahres 2013
mit einem Abrechnungszeitraum von 26 Monaten
durchgeführt.
Ein Vergleich des definitiven RA mit dem Probelauf
zeigte, dass zwischen den Kantonen grosse Unterschiede in der Abrechnungsgeschwindigkeit existieren. Dies liegt unter anderem an den Abrechnungssystemen in den Kantonen (Tiers payant respektive Tiers garant). In den Westschweizer Kantonen ist der Anteil fehlender Leistungen im RA
besonders hoch. Es werden dort bis zu 14 Prozent
des Leistungsvolumens erst nach den ersten 14 Monaten abgerechnet. Da der RA auf kantonaler Ebene
gerechnet wird, hat dies gravierende Auswirkungen
für die betroffenen Kantone. Der RA kann dort
nicht voll wirken, was wiederum Auswirkungen
auf die Prämiengestaltung hat.
Fairer und wirkungsvoller: Abrechnungszeitraum
von 26 Monaten
14 Monate
0 %
Jan. 13
Mai 13
Sept. 13
Jan. 14
Mai 14
Abrechnungsmonat
Sept. 14
Jan. 15
Verlängert man den Abrechnungszeitraum auf 26
Monate ist das Leistungsvolumen nahezu vollständig. Durch diese Massnahme wäre der RA zwischen
den Versicherern fairer und könnte seine Wirkung
weitaus besser entfalten.   |
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20 %