Erfahrungsbericht

Erfahrungsbericht
Name: G r u b e r, E l i s a b e t h
Austauschjahr: WS 2014/2015
Gastuniversität: Università degli Studi di Verona
Stadt: Verona
Land: Italien
Aus Spam-Schutzgründen wird die E-Mail-Adresse nicht im Internet veröffentlicht,
kann aber im Akademischen Auslandsamt erfragt werden.
Mitte September ging es für mich auf in Richtung Verona. Ich hatte das große Glück mit
meinem ganzen Gepäck bequem mit dem Auto anreisen zu können. Aber auch die Zugfahrt
nach Verona ist durchaus machbar und empfehlenswert. Die Fahrt von Augsburg über
München dauert ca. 6 Stunden und bietet dem Reisenden im Vorbeifahren Ausblicke auf
wunderschöne Landstriche in Deutschland, Österreich und Italien. Für die Bahnreise
empfiehlt sich die Anschaffung einer Bahncard der DB für Studenten, die sich oft schon bei
der ersten Fahrt lohnt und ein Jahr lang gültig ist.
Wer mit dem Auto nach Verona fährt, sollte sich im Voraus genau darüber informieren, wo
man vor Ort ohne Sondergenehmigung fahren darf, da ein Teil des historischen Zentrums
von Verona für die meisten Autos gesperrt ist oder allenfalls zum Be- und Entladen zu
gewissen Zeiten mit einer Sondergenehmigung zugänglich ist, die man sich vor dem
Befahren besorgen muss. Bei Verstoß werden die Autofahrer mit hohen Geldstrafen belegt.
Außerdem sollte man sich vor allem als jugendlicher Autofahrer darüber im Klaren sein, dass
der italienische Fahrstil sich vom deutschen in vielerlei Hinsicht unterscheidet.
In Verona angekommen ging ich gleich zum „Ufficio relazioni internazionali“, um mir mein
„Confirmation of Enrolement“ unterschreiben zu lassen. Falls dies am Ankunftstag nicht
mehr möglich ist, empfiehlt es sich mit dem Zug- bzw. Flugticket in das Büro zu gehen, um
es sich rückwirkend für das Ankunftsdatum ausstellen zu lassen.
Wohnung:
Mit der Wohnungssuche befasste ich mich ca. zwei Monate vor Beginn des Auslandssemesters. Mit etwas Glück fand ich relativ schnell ein Einzelzimmer in perfekter Lage über die Internetseite www.subito.it und war schon einige Wochen, ehe ich in Verona ankam, mit meinen zukünftigen Mitbewohnern in Kontakt.
Man kann sich auch Unterstützung bei der ISU (International Students Union) für die
Wohnungssuche holen. Persönlich würde ich jedem raten, sich selbstständig um eine
geeignete Wohnung zu kümmern, da man bereits bei dieser Aufgabe wertvolle Erfahrungen
sammeln kann, einiges an italienischem Vokabular dazulernt und seine zukünftigen
Mitbewohner schnell kennen- und einzuschätzen lernt. Hilfreiche Seiten sind
www.easystanza.it (ähnelt dem deutschen WG-Gesucht) und die schon genannte Seite
www.subito.it.
Die Mietpreise für ein Einzelzimmer in einer WG liegen je nach Lage zwischen 270 und
360€. Wenn möglich rate ich dazu einen festen Warmmietpreis zu vereinbaren, damit man
gerade im Winter nicht von den hohen Heiz- und Stromkosten überrascht wird. Ich habe für
mein sehr geräumiges WG-Zimmer in einer 4er WG insgesamt 360€ bezahlt. Leider war die
Wohnung in Hinsicht auf die Nachbarwohnungen und die Straße sehr hellhörig und gerade
im Januar zog es des Öfteren durch die etwas undichten Fenster bzw. Balkontüren. Nach
einiger Zeit hatte ich mich jedoch an den ständigen Geräuschpegel gewöhnt und mit Hilfe
eines kleinen zusätzlichen Heizstrahlers, den ich vorsorglich von zu Hause mitgebracht
hatte, war es in meinem Zimmer und der ganzen Wohnung angenehm warm. Ich kann jedem
nur empfehlen ein Einzelzimmer in einer WG mit italienischen Mitbewohnern zu suchen.
Genügend Platz und Freiraum um seine Ruhe zu haben und sich zurückziehen zu können,
haben mir persönlich sehr gut getan, und ich war trotzdem dank meiner drei netten
italienischen Mitbewohner nie alleine und habe mich gerne und oft für einen Plausch mit den
Muttersprachlern in unserer gemeinsamen Küche getroffen, um meine Sprachkenntnisse
auch außerhalb der Uni zu erweitern.
Man sollte sich darüber im Klaren sein, dass der Wohnkomfort in Italien nicht so hoch ist wie
in Deutschland und die genannten Nachteile fast in jeder WG zum alltäglichen Leben dazu
gehören. Außerdem sollte man von vornherein unbedingt abklären, ob es erlaubt ist in
seinem Zimmer Übernachtungsgäste zu beherbergen. Wer sich nachts nicht gerne allein auf
die Straße traut, sollte ein Zimmer in der „Via XX Settembre“, einer relativ schmalen und
lauten Hauptverkehrsstraße Richtung Innenstadt, trotz ihrer nahen Lage zur Uni nach
Möglichkeit meiden, da sich dort zu allen Tages- und Nachtzeiten Mitmenschen aus allen
Schichten
aufhalten und einen auch gerne ansprechen. In kleinen Gruppen oder mit dem Fahrrad hatte
ich aber auch in dieser Straße nie ein Problem.
Orientation Day:
Das „richtige Studentenleben“ beginnt mit dem Einstufungssprachtest und dem darauf
folgenden Orientation Day, der von der Universität Verona und weiteren Organisationen wie
z.B. ESN-ASE, ISU etc. veranstaltet wird. Da ich nicht allzu hohe Erwartungen bezüglich der
Veranstaltung hatte, wurde ich im Gegensatz zu anderen Erasmus-Studenten nicht
enttäuscht. Mit einer deutschen Informationsveranstaltung hatte dies nicht viel zu tun. So
dauerte die Campusführung auch nur ein paar Minuten und vermittelte mir nicht das Gefühl,
mich im Anschluss daran schon an der Uni auszukennen. An diesem Tag bekam ich einen
groben Überblick, was mich in meinem Auslandssemester erwarten wird, welche
Organisationen es gibt, wie die Universität aufgebaut ist und einiges mehr. Aber mit der
notwendigen italienischen Gelassenheit und spätestens nach Kursbeginn findet man sich
nach ein paar Tagen gut zurecht.
Beim Orientation Day erhielt ich auch meinen Studentenausweis, die ESN-Karte, (für
Mensa und Kontoeröffnung notwendig), den „codice fiscale“, Zugangsdaten für den
Internetzugang der Universität u.v.m.
Die Universität:
Die Universität in Verona hat durch die vielen Grünflächen und den italienischen Flair sehr
viel Charme. Da es sich nicht um eine Campus-Universität handelt, war ich zwischen den
verschiedenen Kursen und den unterschiedlichen Gebäuden oft ca. 15 Minuten zu Fuß oder
ca. 5 Minuten mit meinem Fahrrad unterwegs. Wegen der Stundenpläne blieb mir für diesen
Fußweg nicht wirklich viel Zeit. Offiziell hatte ich zwischen den Kursen keine Pause, sodass
ich öfters einen Kurs früher verlassen musste und trotzdem etwas zu spät im nächsten Kurs
ankam. Diese Tatsache schien unsere italienischen Kommilitonen, die nichts anderes
gewöhnt sind, nicht zu stören.
Zu den Sprechstunden der Dozenten bzw. Ansprechpartner musste ich immer etwas Geduld
mitbringen. Oft begannen die Sprechstunden nicht so pünktlich, wie ich es von der Uni
Augsburg gewohnt bin, und meistens war die Warteschlange dementsprechend lang.
Letztendlich erreichte ich immer einen Ansprechpartner und wurde jedes Mal hilfsbereit
unterstützt.
Die Kurssuche, die ich im Juni von Augsburg aus startete, gestaltete sich anfänglich als
ziemlich
schwierig.
Hat
man
jedoch
erst
einmal
den
Kurskatalog
(https://www.univr.it/main?ent=catalogoofferta&page=catalogoOfferta) gefunden und sein
„Academic Field“ eingegeben, findet man sich schnell zurecht. Es kann aber passieren,
dass die meisten Kurse noch nicht online stehen. Spätestens einen Monat vor
Semesterbeginn sollte man jedoch alle Kurse online finden. Nach meiner Ankunft in Verona
gestaltete ich mein Learning Agreement (LA) noch einmal fast komplett neu, was weder in
Verona selbst noch in Augsburg zu Problemen führte. Der schwierigste Teil war somit
überstanden und ich konnte das LA nach Augsburg schicken, nachdem es mein Betreuer in
Verona unterschrieben hatte.
Den Kontakt zu italienischen Studenten musste ich immer selbst suchen, aber wenn man
freundlich und offen auf sie zugeht, begegnen sie einem ebenso aufgeschlossen und ich
verbrachte viele schöne Stunden mit den italienischen Kommilitonen, die regelmäßig die
gleichen Kurse besuchten wie ich.
Tandem:
Um die italienische Sprache neben den Sprachkursen im CLA (Centro linguistico
d’Ateneo) zu verbessern und pflegen zu können, ist es sehr empfehlenswert sich einen
Tandempartner zu suchen. Entweder meldet man sich hierzu direkt beim CLA an oder man
geht selbst auf die Suche. Ich persönlich habe mir selbstständig einen Tandempartner
gesucht, da ich den Eindruck hatte, dass sich ein Großteil der italienischen Studenten nur mit
dem Austauschprogramm beschäftigt, um die erforderlichen Credits zu bekommen und nicht
um neue Kulturen und Sprachen kennenzulernen. So ging ich in einige Deutschkurse des
CLAs und fragte dort direkt, ob jemand Interesse an einem deutschen Tandempartner hätte.
Darüber hinaus gibt es in Verona zahlreiche Sprachschulen, in denen Italiener die deutsche
Sprache erlernen, und zusätzlich gibt es auch eine Facebook-Gruppe („Tandem Linguistico
Verona“), in der Italiener häufig deutsche Muttersprachler suchen. Gerade als Deutscher
findet man meiner Meinung nach in Verona auf jeden Fall einen Tandempartner, da in
Norditalien sehr viele auch junge Menschen berufsbedingt die deutsche Sprache können
bzw. lernen sollten.
Lebenshaltungskosten:
Die Lebensmittelkosten sind im Schnitt ähnlich zu denen in Deutschland. Für Obst und
Gemüse bezahlte ich in Verona durchschnittlich weniger als zu Hause, dagegen für
Milchprodukte deutlich mehr. Für einen Wocheneinkauf kann ich empfehlen, in ein größeres
Einkaufszentrum wie z.B. die „Corti Veneti“ zu gehen, zu denen ein kostenloser Shuttlebus
fährt. Das beste Obst oder Gemüse bekam ich entweder direkt in den kleinen Läden der
Obstverkäufer zu kaufen oder auf einem der zahlreichen Märkte, von denen der größte am
Samstag vor dem Bentegodi-Stadion stattfindet.
Zugfahrten sind im Gegensatz zu Bahnreisen in Deutschland wesentlich billiger. So bezahlte
ich z.B. für eine Fahrt nach Venedig nur rund 25€. Aus diesem Grund sind Wochenendausflüge nach Venedig, Mailand, Bologna oder auch in kleinere Städte wie Vicenza, Padua
oder Mantua absolut empfehlenswert. Außerdem profitiert Verona von der unschlagbaren
Nähe zum Gardasee. Peschiera del Garda, Lazise oder Garda sind wunderschöne
Städtchen in idyllischer Lage, die gut mit dem Zug bzw. Autobus zu erreichen sind und wo
man auch im Herbst noch Sonne pur tanken kann. Im Wintersemester empfiehlt sich im
Oktober auf jeden Fall ein Besuch des Weinfestes in Bardolino.
Internet:
Falls man in seiner Wohnung kein WLAN hat, was überraschender Weise recht häufig in
italienischen Wohnungen der Fall ist, kann man sich bei verschiedenen Anbietern relativ
kostengünstige Angebote holen. Ich kaufte mir bei TIM ein wireless Modem, welches einem
Router in Handygröße ähnelt, den man überall mitnehmen kann. Mit diesem hatte ich mit
beliebig vielen Geräten Internetzugang. Je nach Menge der verfügbaren GB zahlt man hier
zur Zeit zwischen 10€ (5GB) und 30€ (20GB) pro Monat inklusive Modem. Ich entschied
mich für die 20 GB im Monat und hatte ausreichend Möglichkeit auch mit meiner Familie und
mit Freunden zu skypen. Das Modem kann ich bei späteren Italien-Fahrten wieder
mitnehmen und mir bei TIM das Guthaben aufladen.
Andere Erasmusstudenten, die in ihrer Wohnung WLAN zur Verfügung hatten, kauften sich
nur eine italienische SIM-Karte mit rund 4GB Internet und zahlten ca. 10€ im Monat. Diese
SIM-Karte muss jeden Monat im entsprechenden Shop oder auch im Supermarkt oder einer
Tabaccheria aufgeladen werden. Die meiner Meinung nach besten Anbieter in Verona sind
TIM und TRE. Mit WIND und Vodafone hatten meine Kommilitonen häufig Netzprobleme,
egal ob in der Innenstadt oder auf Ausflügen außerhalb Veronas.
Verkehrsmittel:
In Verona ist alles gut zu Fuß erreichbar. Es dauert ca. eine halbe Stunde die gesamte
Altstadt von den südlich gelegenen Sehenswürdigkeiten wie Castelvecchio und Arena bis zu
den nördlichen wie Duomo und Ponte Pietra zu durchqueren. Zu Fuß musste ich jedoch
immer besonders auf die Autos achtgeben. An Fußgängerüberwegen wird grundsätzlich
nicht gehalten und wenn man sich nicht bemerkbar macht, kann es je nach Verkehr sein,
dass man längere Zeit an der gleichen Stelle steht. Hier gilt also nicht zu stürmisch auf die
Straße laufen, aber auch nicht zu schüchtern!
Die erste Zeit fuhr ich in Verona alle Wege, die ich zu erledigen hatte, mit meinem
selbstmitgebrachten Fahrrad. Dabei sollte man grundsätzlich drei Hände frei haben: eine
Hand zum Bremsen, eine Hand zum Klingeln und eine Hand für die italienischen Gesten.
Mein Fahrrad sperrte ich immer mit mindestens zwei Schlössern ab, damit es auf keinen Fall
gestohlen werden konnte. Wer nicht die Möglichkeit hat sein eigenes Fahrrad mitzubringen,
kann sich entweder eines bei der ISU ausleihen oder eines in Verona kaufen, um es am
Ende wieder zu verkaufen.
Wer Verona weder zu Fuß noch mit dem Fahrrad erkunden möchte, kann dank guter
Busverbindungen mit dem öffentlichen Nahverkehr auf Entdeckungstour gehen. Kauft man
sein Ticket im Bus, kostet es 1,50€ für 90 Minuten, in der Tabaccheria kostet ein Einzelticket
sogar nur 1,30€ und als 10er Streifenheft sogar nur ca. 11€. Dieses „Streifenheft“ muss
jedoch immer zusammengeheftet bleiben, damit es seine Gültigkeit nicht verliert.
Formalitäten zu Semesterende:
Während der letzten Tage des Semesters in Verona kümmerte ich mich um die noch nötigen
organisatorischen Formalitäten. Zunächst musste ich mir im CLA die Bescheinigung der
bestandenen Sprachprüfung abholen. Mit dieser, meinem italienischen Studentenausweis
und der „Nulla Osta“, dem Nachweis, dass ich keine Bücher mehr aus der Bibliothek
ausgeliehen hatte, und den ich mir dort ausstellen ließ, ging ich in das ausländische Büro,
um mein „Transcript of Records“ zu beantragen. Diesen Leistungsnachweis bekommt man
sowohl per E-Mail als auch per Post von der Universität Verona zugesandt. Vor meiner
Rückkehr nach Deutschland ging ich ein letztes Mal in das „Ufficio relazioni internazionali“, um das „Confirmation of Attendance“ unterschreiben zu lassen. Auf
Nachfrage erhielt ich noch eine weitere zusätzliche Bestätigung, auf welcher der gesamte
Zeitraum des Aufenthaltes in Verona vermerkt ist.
Fazit:
Ich kann jedem nur empfehlen ein Auslandssemester in Verona zu absolvieren. Persönlich
gesehen habe ich innerhalb dieser sechs Monate eine Menge neuer Erkenntnisse und
Lebenserfahrung gewonnen. Ich wurde selbstständiger und hinsichtlich mancher Dinge
wesentlich gelassener. Studenten aus aller Welt, wunderbare Bekanntschaften und auch
neue anhaltende Freundschaften sowie die perfekte Lage Veronas haben es mir sehr leicht
gemacht, mich von Anfang an in dieser von Touristen so beliebten und charmanten
norditalienischen Stadt ausgesprochen wohl zu fühlen. Trotz teilweise ungewohnter
Verhältnisse an der Universität, was die Organisation im Vergleich zu Augsburg betrifft, habe
ich eine unbeschreibliche Zeit erlebt, die ich nicht missen möchte.
Denn eins haben die Italiener uns ganz bestimmt voraus: Sie wissen trotz wirtschaftlicher
Lage das Leben zu leben und genießen jede einzelne Minute davon.