ERASMUS+-Auslandssemester in Florenz im Sommersemester 2015 Johannes Geng Mein 10. Semester durfte ich an der Università degli Studi di Firenze in Florenz verbringen. Da das 10. Semester in Würzburg ausschließlich aus Blockpraktika besteht und man alle Klausuren bereits geschrieben hat, bot sich mir dieses Semester aus zwei Gründen an, da man erstens weniger Schwierigkeiten bei der Anerkennung hat und zweitens trotz Auslandssemester in Regelstudienzeit studieren kann. Vorbereitung Bei allen Fragen zur Bewerbung und den Formalitäten steht einem Frau Moll vom Studiendekanat und Frau Leidl vom International Office helfend zur Seite. Nach erfolgreicher Bewerbung sollte man sich vorab von den Fachvertretern auf dem Learning Agreement versichern lassen, dass nach erfolgreicher Absolvierung der Veranstaltungen im Ausland eine Äquivalenzbescheinigung zur Anerkennung ausgestellt wird. Für einen Erasmusaufenthalt benötigt man ein Sprachniveau von mind. B1. Zur Vorbereitung habe ich ein halbes Jahr vorher einen einmonatigen Intensivkurs in Perugia besucht. An der dortigen Universität (Università per Stranieri di Perugia) werden seit Jahren Kurse speziell für zukünftige Erasmusstudenten angeboten. Dieser Kurs ist absolut empfehlenswert! Zum einen kann man seine Italienischkenntnisse noch einmal stark verbessern und zum anderen ist die Atmosphäre in Perugia mit den anderen Studenten eine perfekte Vorbereitung auf den Italienaufenthalt. Sehr praktisch ist, dass hier ein sehr enger Zusammenhalt unter den Studenten entsteht und man viele Freundschaften knüpfen kann. Da alle Studenten später in verschiedene Städte in Italien gehen, hat man später auch die Möglichkeit sich gegenseitig zu besuchen und hat so immer eine Unterkunft in den anderen Städten. Ankunft Ich bin damals von Würzburg mit dem ICE nach München und von dort mit dem Nachtzug nach Florenz gefahren. Man kann auch z.B. nach Florenz oder nach Pisa fliegen. Bei einem Freund, den ich während meiner Zeit in Perugia kennengelernt habe, konnte ich die erste Woche unterkommen und mich auf die nicht ganz einfache Wohnungssuche konzentrieren. Da ich unbedingt in eine WG mit Italienern im Zentrum ziehen wollte und meine Suche in der ersten Woche noch keinen Erfolg zeigte, meine Praktika im Krankenhaus aber schon begannen, habe ich zunächst über Airbnb eine Wohnung für 3 Wochen gemietet. Wohnungen findet man am besten übers Internet auf Seiten wie easystanza.it, bakeca.it, subito.it und entsprechenden Facebookgruppen. Eine Wohnung fand ich dann zusammen mit einem Italiener in der Via della Pergola, also in einer ruhigen Seitenstraße, die aber nur 2 Minuten vom Dom entfernt war. Durch meinen italienischen Mitbewohner hatte ich direkt Anschluss an andere Italiener und kam so an viele Kontakte und Einladungen, welche ich in der Form nie erhalten hätte. Meine Wohnung kostete ca. 450 Euro im Monat. Eine Handykarte habe ich mir bei TIM gekauft (ca. 10€/Monat). Studium Gleich nach meiner Ankunft habe ich mich bei Frau Federica Pirrò, sozusagen Frau Molls italienischer Kollegin, gemeldet und mit ihr meine Praktika besprochen. Zunächst einmal sah es so aus, als würden meine Praktika nicht wie von mir erwartet zustande kommen, letzten Endes hat sie dann aber doch alles für mich organisieren können. Allerdings wusste am Anfang keiner, wann ich mich wo auf der Station melden sollte und ob Kittel etc. gestellt werden würden. Daher habe ich mich per Mail an den jeweiligen Professor gewandt, wo mir dann alles mitgeteilt wurde. Die Studenten müssen eigene Kittel mitbringen, daher würde ich euch empfehlen euch vorher schon auszustatten. Mein erstes Praktikum machte ich für 4 Wochen in der Kinderklinik. Die Kinderklinik „Meyer“ ist in eine sehr renommierte Kinderklinik und in ganz Italien sehr bekannt. Das Ospedale Meyer befindet sich in einer ehemaligen Villa, an die ein moderner Glasbau angebaut wurde. Scheinbar ist es nicht so einfach dort als Student einen Praktikumsplatz zu bekommen, was mir viele italienische Studenten berichteten. Ich habe mir dort die endokrinologische Station ausgesucht. Die Ärzte dort waren ausgesprochen nett und haben mir immer alles ausführlich erklärt und Wert darauf gelegt, dass ich mein „medizinisches Italienisch“ anwende und verbessere. Man war dort auch sehr interessiert an mir als Student aus Deutschland und so wurde ich öfter auf einen Kaffee eingeladen und gut ins Team integriert. Mein zweites Praktikum verbrachte ich in der Tropenmedizinischen und infektiologischen Station in der Uniklinik. Hier waren die Ärzte auch sehr nett und jeden Tag um 11 Uhr wurde zusammen mit den Schwestern eine Kaffeepause eingelegt. Unter den Patienten waren viele afrikanische Flüchtlinge mit HIV oder Tuberkulose und Reiserückkehrer sowie andere infektiologische Patienten, was für mich sehr interessant war. Lehrgebäude und medizinisches Dekanat Das dritte Praktikum absolvierte ich in der Gefäßchirurgie. Hier gab es eine sehr engagierte Assistenzärztin, die sich sehr viel Zeit für uns Studenten genommen hat. Die restlichen Oberärzte haben weniger erklärt und in den OP zu kommen, war eher eine Seltenheit. Insgesamt sollte man sich als Student darauf einstellen nicht allzu viel Praktisches machen zu dürfen. Wenn man sich aber selbst einbringt und die Patienten mituntersucht oder durch Fragen Interesse bekundet, stößt man häufig auf positive Resonanz bei den Ärzten und man bekommt viel gezeigt. Dadurch, dass ich hauptsächlich Blockpraktika absolviert habe, habe ich natürlich weniger Kontakt mit anderen Studenten gehabt, als dies der Fall in Vorlesungen etc. gewesen wäre. Ich habe aber ein paar Studenten während der Praktika kennengelernt, die mich dann mit zu ihren Wahlfächern oder in andere Vorlesungen und Praktika mitgenommen haben. In der Bibliothek kann man sich eine Art Chipkarte holen, die als Studentenausweis fungiert. Das Sprachenzentrum der Uni (CLA) bietet für ERASMUS-Studenten kostenlose Sprachkurse an. Dort sollte man sich frühzeitig anmelden, da man sonst erst für die zweite Semesterhälfte Plätze bekommt oder an auswärtiger gelegenen Orten zum Kurs fahren muss. Mein Kurs begann leider erst relativ spät und hat mir fachlich nicht allzu sehr gefallen. Dennoch war es eine gute Möglichkeit noch einmal etwas über italienische Kultur und andere Studenten kennenzulernen. Nachdem ich die Blockpraktika absolviert hatte, habe ich mir mit den italienischen Praktikumszeugnissen bei den Würzburger Fachvertretern Äquivalenzbescheinigungen besorgt und diese zum Landesprüfungsamt nach München geschickt, wo mir alles anerkannt wurde. Kinderklinik Kinderklinik Gefäßchirurgie Leben Florenz bietet ein schier unendliches kulturelles Angebot. Neben weltberühmten Museen wie den Uffizien oder der Galleria dell’Accademia finden unzählige Konzerte statt, man kann durch wunderschöne Gärten (Boboligärten, Giardino delle Rose) spazieren oder einfach die Altstadt genießen. Leider muss man sich die Stadt im Sommer auch mit vielen Touristen teilen, aber man findet Wege diese zu umgehen. Wenn man die Stadt verlässt ist man sofort in den grünen Hügeln der Toskana und nur ca. eine Std. vom Meer entfernt. Auch besondere Feiertage und Feste sollte man sich nicht entgehen lassen, zum Beispiel an Ostern der Scoppio del Carro, das Feuerwerk am Tage des San Giovanni oder den Calcio Storico, ein martialisch anmutendes traditionelles „Fußball“-Turnier fast ohne Regeln, indem die verschiedenen Stadtviertel gegeneinander antreten. Es gibt verschiedene ERASMUS-Gruppen, mit denen man viel unternehmen kann. Ich habe mich dort aber eher zurückgehalten und mich eher bemüht, etwas mit Italienern oder mit den Leuten aus meinem Sprachkurs zu machen. Abends geht man zum Beispiel zum Aperitivo. Dort bekommt man für 5-10 Euro ein Getränk und kann sich am Buffet sattessen. Auf den verschiedenen Plätzen (Santa Croce, Santo Spirito) treffen sich abends die Studenten und es ist immer was los. Fazit Auch wenn ein Auslandssemester manchmal sicher durch verschiedenste bürokratische und sonstige Schwierigkeiten zur Herausforderung werden kann, wächst man an jeder dieser Aufgaben und wird bei jeder Hürde, die sich einem in den Weg stellt gelassener. Ich würde jederzeit wieder nach Florenz gehen und kann jedem ausdrücklich empfehlen dort für ein oder zwei Semester zu leben! Die Lebensart der Italiener hautnah kennen und leben zu lernen, das kulturelle Angebot und die vielen Erfahrungen und Freundschaften möchte ich nicht missen. Leckerer Wein und italienisches Essen, das beste Eis und kräftiger Espresso erwarten euch! Johannes Geng Pi(a)zza Santo Spirito Strand in Rosignano
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