Italiener mit Knick - ABC

Fahrbericht
Dieci-Teleradlader Agri Pivot T60:
Italiener mit Knick
Mit den Agri Pivot-Modellen hat der italienische Teleskoplader-Spezialist erstmals
auch eine knickgelenkte Baureihe im Programm. Wir haben mit dem Agri Pivot T60
gearbeitet, der mit 75 PS, 2,25 t Traglast und 4,70 m Hubhöhe daherkommt.
Gottfried Eikel
B
islang kannte man Dieci hierzulande nur als Hersteller von „echten“ Teleskopladern — Maschinen
mit Allradlenkung sowie mit seit­
licher Position von Motor, Telearm und
Kabine. Doch schwören nicht wenige Praktiker inzwischen auf Radlader mit Teleskop­
arm, die meist mit Knicklenkung ausgestattet sind. Zwar sind Traglast und Hubhöhe
dieser Teleradlader geringer. Dafür besticht
ihre Übersichtlichkeit.
Arbeits- und Fahr­hydraulik des
knickgelenkten Agri Pivot T 60 von
Dieci sind für leichte bis mittlere
Universalarbeiten ausgelegt.
Fotos: Eikel
Das hat auch Dieci erkannt, einen RadladerKonstrukteur eingestellt und zusammen mit
den Teleskop-Spezialisten die Agri PivotBaureihe auf die Beine gestellt. 2013 wurde
sie auf der Agritechnica zum ersten Mal
präsentiert, inzwischen hat man das Programm erweitert. Vom Agri Pivot T40
bis T90 gibt es heute sechs Typen mit 50
bis 150 PS, mit maximalen Traglasten von
1,8 bis 4 t und mit Hubhöhen zwischen
4 und 6 m.
Für unseren Fahrbericht haben wir
mit dem Agri Pivot T60 gearbeitet,
für dessen Kubota-Vierzylinder Dieci eine
Leistung von 55 kW/75 PS angibt. Elektronisch geregelt und mit Dieselpartikelfilter
ausgestattet (manuelle Regeneration je nach
Einsatz etwa alle 100 bis 150 Stunden erforderlich) erfüllt das Triebwerk die Abgasstufe
III B (Tier 4i). Dank großer Öffnung der
Haube ist der längs eingebaute Motor mit
allen Baugruppen gut zugänglich.
Der hydrostatische Fahrantrieb mit Verstellpumpe und -motor von Bosch Rexroth
wird elektrohydraulisch gesteuert. In beiden Fahrstufen ließ er sich gut dosieren,
die Schubkraft könnte etwas höher sein.
Jedoch ist der T60 auch nicht für schwere
Arbeiten ausgelegt, sondern als Universalhelfer eher für Stall- und Hofeinsätze
konzipiert. Dazu passt 20 km/h als Höchstgeschwindigkeit — 30 oder 40 km/h sind
auf Wunsch möglich (40 km/h mit Untersetzungsgetriebe und laut Dieci mit 20 %
mehr Schubkraft).
Gas- und Bremspedal rechts sowie Inchpedal links sind gut angeordnet. Und mit
dem Inchpedal lässt sich der Fahrantrieb
auch dosiert unterbrechen. Doch hätte uns
eine Inch-/Brems-Kombilösung besser
gefallen — vor allem beim Laden in
Hanglage.
Gute Trittstufen und Halte­
griffe sowie breite Türen führen zu einem bequemen Aufstieg in die Kabine.
Ob mit rotem Taster
(Foto) oder kapazitiv
mit Berührungssensor
(Option) — auf den
Totmannschalter will
Dieci nicht verzichten.
Arbeiten auf dem Hof sind oft mit
häufigem Ein- und Aussteigen verbunden. Dafür bietet der Agri Pivot dem
Fahrer auf der linken Seite beste Voraussetzungen: große, griffige Trittstufen in
Die Pedale sind gut angeordnet, in Hanglagen
wäre ein Inch-/Brems-Kombipedal besser.
Dieci hat die Instrumente wegen einer
besseren Übersicht
beim Laden nach
vorne auf der rechten
Seite platziert.
Bei den Bedienelementen besteht
noch Potenzial für Verbesserungen.
passender Anordnung, ordentliche Halte­
griffe sowie einen breiten Einstieg in die
Kabine. Dank schwenkbarer Joystick-Konsole sind Auf- und Abstieg auch auf der
rechten Seite möglich — prima.
Die niedrige Kabinenposition hat neben
dem bequemen Aufstieg noch einen Vorteil: Mit knapp 2,50 m Bauhöhe stellt der
Agri Pivot T60 geringe Anforderungen an
die Durchfahrtshöhe. Dafür ist das Platz­
angebot für große Fahrer etwas eingeschränkt.
Auf dem luftgefederten Sitz (gut 300 Euro
Aufpreis) freut man sich über die prima
Rundumsicht. Schön auch, dass beim
schlanken Teleskoparm keine Zusatzbauteile die Sicht beeinträchtigen.
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So ist die Instrumentierung zwar vollständig — sogar der momentane Dieselverbrauch
wird angezeigt —, aber für eine bessere
Übersicht gehören die Rundinstrumente auf
die Lenkkonsole. Die Schalter und Taster
sind mit Symbolen ordentlich gekennzeichnet und auch unterleuchtet. Doch sind sie
an der Lenksäule, vor der rechten Armlehne,
auf der großen rechten Konsole sowie
rechts und links oben am Kabinendach
etwas zerstreut angeordnet.
Der Joystick bietet mit Wendeschaltung und
allen proportional ansteuerbaren Funktionen einen vollständigen Umfang und mit der
rechten Lehne eine ergonomische Armhaltung. Gewöhnungsbedürftig und z. B. bei
gleichzeitigem Heben und Teleskopieren des
Arms auch anstrengend ist allerdings der
Totmannschalter vorne auf dem Hebel, der
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Fahrbericht
Datenkompass
Dieci Agri Pivot T60
Max. Traglast
2 250 kg
Tragkraft bei max. Hubhöhe
1 600 kg
Resttraglast
1 300 kg
Max. Hubhöhe
5,01 m
Motor
Kubota V3300, 4 Zylinder
3,3 l Hubraum, Abgasstufe III B
Max. Leistung
55 kW/75 PS
Getriebe
Hydrostat, 2 Fahrstufen
Höchstgeschwindigkeit
20 km/h
ArbeitshydraulikZahnradpumpe
Ölfördermenge
98 l/min
Öldruck
260 bar
Standardbereifung 405/70-20
Dieseltank 100 Liter
Einsatzgewicht
6 020 kg
Breite
1,88 m
Höhe
2,49 m
Wendekreis (Radaußenkante)
8,02 m
Empf. Verkaufspreis o. MwSt. 52 061 €
Herstellerangaben für die Grundausstattung
Etwas zu labil sind leider die Halterungen
zum Aufstellen des Dachfensters und der
Türen.
Der Telearm schafft im WerkzeugDrehpunkt 5 m Hubhöhe, bei ausgekippter Standardschaufel bleiben davon gut
4,10 m Ausschütthöhe übrig. Die maximale
Traglast ist mit 2,25 t angegeben, bei maximaler Hubhöhe sind noch 1,6 t zugelassen.
Das sind ordentliche Werte für knickgelenkte Maschinen dieser Leistungsklasse.
Prima, dass Dieci freiwillig eine Lastüberwachung montiert. Diese ist aktiv, sobald
der Arm etwas austeleskopiert wird.
Die Arbeitshydraulik wird von einer Zahnradpumpe gespeist, für die Dieci eine Fördermenge von 98 l/min verspricht. Die
Arbeitsfunktionen sind feinfühlig dosierbar
und bei entsprechender Motordrehzahl auch
gut mischbar. Vor allem bei kaltem Öl setzt
sich der Teleskoparm beim Einziehen allerdings erst verzögert in Bewegung — laut
Dieci liegt das am Lasthalteventil.
immer gedrückt gehalten werden muss. Auf
Wunsch gibt es für weniger als 100 Euro
Aufpreis einen Joystick mit kapazitivem
Sensor, der die umfassende Hand registriert.
Die Innenverkleidung der Kabine
macht einen vergleichsweise einfachen Eindruck. Hier sollte Dieci vielleicht
noch ein paar Euro in eine hochwertigere
Verarbeitung stecken. Damit wären dann
sicher auch die Klappergeräusche der Hartkunststoff-Verkleidung Geschichte.
Für Frischluftzufuhr sorgt ein dreistufiges
Gebläse mit passend verteilten Düsen. Auf
Wunsch ist für gut 1 900 Euro Aufpreis auch
eine manuell regelbare Klimaanlage lieferbar. Die beiden großen Türen lassen sich
komplett öffnen und arretieren, die Arretierung ist jedoch nur von außen zu lösen.
Der Kubota-Moto mit 75 PS erfüllt die
Abgasstufe III B und ist gut zugänglich.
Zwei Stickstoffzylinder sorgen für eine gute
Schwingungsdämpfung.
Die vierte Funktion ist Serien-, die hydraulische
Geräteverriegelung Wunschausstattung.
profi 8/2015
Höchste Hub- und Aufbrechkräfte kann man
dem Lader z. B. bei Erdarbeiten allerdings
nicht abverlangen. Hier gilt das Gleiche wie
für den Fahrantrieb: Der Agri Pivot T60 ist
eine kompakte Maschine für leichte bis
mittel­schwere Arbeiten.
Was uns außerdem auffiel:
■■ Dieci setzt nicht auf ein Knickpendel­
gelenk, sondern für eine bessere Standfestigkeit auf ein festes Knickgelenk mit Pendelachse am Hinterwagen.
■■ Zur Parallelführung der Werkzeuge hat
Dieci den Ausgleichzylinder platzsparend in
den Hubzylinder integriert. Das ist sogar
patentrechtlich geschützt.
■■ Die hydraulische Verriegelung zum komfortablen Anbau der Arbeitsgeräte kostet
knapp 770 Euro Aufpreis. Serienmäßig gibt
es Ölkupplungen für hydraulische Werkzeuge vorne am Teleskoparm.
■■ Der obere Ölanschluss des Hubzylinders
steht genau nach unten vor und ist daher
bei Kontakt mit der Anhängerbordwand
stark gefährdet.
■■ Auf unebenem Gelände leistet die Schwingungsdämpfung (gut 730 Euro Aufpreis)
gute Dienste.
■■ Recht nervig ist das Gepiepe und Gehupe
der Elektronik nach Starten des Laders.
■■ Nach hinten sorgen vier normale Arbeitsscheinwerfer im Kabinendach für eine
gute Ausleuchtung. Für Licht nach vorne
waren sogar je zwei LED-Leuchten am Dach
und am Telearm montiert (zusammen gut
920 Euro Aufpreis).
Fazit: Mit der Agri Pivot-Baureihe steigt
50
Dieci in den Markt für knickgelenkte Tele­
radlader ein. Der 75 PS starke Agri Pivot
T60 mit 2,25 t maximaler Traglast und 5 m
Hubhöhe ist dank kompakter Abmessungen,
guter Rundumsicht und komfortablem Einstieg in die Kabine vor allem eine Maschine
für Arbeiten im Stall und auf dem Hof. Hierfür reichen in der Regel die Kräfte von Fahrantrieb und Arbeitshydraulik aus.
Was den Fahrkomfort angeht, hat der Agri
Pivot aus Italien noch Luft nach oben — vor
allem bei der Anordnung der Bedienelemente und beim Joystick mit seinem gewöhnungsbedürftigen Totmannschalter. Und bei
der Verarbeitung hat Dieci auch noch ein
paar Möglichkeiten zur Verbesserung.
In der Grundausstattung verkauft Dieci den
Agri Pivot T60 in der Grundausstattung für
rund 52 000 Euro. In der von uns eingesetzten Ausrüstung kostet der Lader knapp
59 000 Euro (Listenpreise gibt Dieci nicht
heraus, alle Preise ohne MwSt.).
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