2015-05-29 Reichenhaller Tagblatt

Vier Raufbuam unter Bayerns Besten
Erfolgsgeschichte der Jugendmannschaft des RFC Bad Reichenhall geht weiter – Neues Trainer-Trio hält Buben auf Trab
Bad Reichenhall. Klatschnass
und in dreckigen Sportklamotten
grinsen die vier Jungs stolz in die
Kamera. Sie wissen: Sie gehören
jetzt zu den 15 besten Nachwuchsspielern in Bayern. Ihr Spielgerät –
das Rugby-Ei.
„Eine Sensation für Bad Reichenhall. Das kleine gallische
Dorf stellt vier Spieler für die Bayernauswahl“, so ein glücklicher Jugendwart Andreas Brunnauer. Es
ist der vorläufige Höhepunkt in der
noch jungen Geschichte der Jugendabteilung des Rugby Football
Clubs Bad Reichenhall, die erst im
September 2013 gegründet worden
war. Mittlerweile zählt das Team
22 Raufbuam, von denen sich vier
nun zu den besten U16-Spielern
Bayerns zählen dürfen. „Es ist eine
sehr große Ehre, dass man dabei
sein darf“, freut sich der 14-jährige
Matej Benda aus Piding. „Es ist bärig, dass wir es geschafft haben und
nun mit der Jugend den Verein in
Bayern vertreten dürfen. Aber wir
haben auch hart dafür trainiert“,
stimmt sein gleichaltriger Teamkollege David Baumgartner aus
Marzoll zu. „Es ist ein gutes Gefühl, wenn man weiß, dass man zu
den Besten in Bayern gehört.“ –
„Und es ist ziemlich cool, dass wir
zu den großen Turnieren nach Heidelberg oder Berlin fahren dürfen“,
freuen sich auch die beiden 15-Jährigen Georg Wiesbacher aus Ainring und Maxi Wohlschlager aus
Marzoll. Diese vier haben es geschafft. Sie wurden bei zwei Sichtungslehrgängen in München und
Regensburg unter den rund 40 teilnehmenden Buben von Landesjugendtrainer Andreas Eckert für das
Auswahlteam auserkoren.
Noch schnell ein Foto, dann
werden die vier von ihren Trainern
schon wieder auf das Feld zurückgerufen, wo das Training der Raufbuam gerade in vollem Gange ist.
Während sich die eine Gruppe im
strömenden Regen bei einer Tackle-Übung gegen große Polster
wirft, wuchtet eine andere einen
schweren Reifen über den Platz.
An einer dritten Station gilt es, einen 20 Kilo schweren Schlitten
hinter sich herzuziehen. Das alles
unter den Anfeuerungsrufen ihrer
mitspurtenden Teamkameraden
und den aufmerksamen Augen ihrer drei Trainer. Mitten drin die vier
Auswahlspieler. „Von uns behandelt keiner einen der vier bevorzugt, denn wir sind ein Team. Es
gibt da kein besser oder schlechter“, betont Coach Johannes Auer.
„Die Nominierung motiviert die
Buben zusätzlich. Vor allem auch
die Nicht-Auswahlspieler, weil sie
sehen, was mit fleißigem Training
möglich ist.“
Der richtige
Schliff macht‘s
Jugendwart Brunnauer leitet seit
Anfang an die Geschicke der
Buben, nun hat er zwei neue Trainer an seiner Seite – neben Johannes Auer ist auch Peter Moosleitner neu im Jugendteam. Die beiden
Raufbolde spielen auch aktiv in
der Herrenmannschaft des RFC.
Motiviert geht das Trio an seine Arbeit heran. „Es hat mir einfach gefallen, dass die Jungs so mitgezogen haben. Man sieht, dass sie immer besser werden. Der Fortschritt, den das Team seit seiner
Gründung gemacht hat, ist gewaltig. Und es zeigt, dass es bei uns in
der Region viele Jungs gibt, die
Rugby spielen können“, so Peter
Moosleitner.
„Ich wollte schon vorher Jugendarbeit machen. Nach meiner
Kreuzband-Verletzung dachte ich
mir dann, wenn ich schon nicht
spielen kann, bin ich so für den
Verein da. Sowas muss man fördern, wenn es schon so eine schöne Sache gibt. Und es macht einfach Spaß“, sagt Auer über sein
neues Aufgabenfeld beim RFC.
Augenzwinkernd nennen ihn seine Schützlinge auch „Quälix“. Auer war ein Jahr in den USA und
dort in einer Ringermannschaft an
seiner High School. Von dort
brachte er neue Trainingsmethoden mit. „In den USA gibt es eine
andere Trainingsphilosophie. Es
ist mehr auf Drill und Leistung ausgelegt. Einfach gesagt, dass man
die Jungs schleift.“ Klingt hart und
ist es offenbar auch, wenn man einen Blick auf die schnaufenden
Buben wirft. Aber im nächsten
Moment lachen sie schon wieder.
Die Raufbuam des RFC legten seit ihrer Gründung vor zwei Jahren eine enorme Entwicklung hin.
Das harte Training macht den
Buben sichtlich Spaß, was die freudigen Gesichter bestätigen, wenn
sie eine Übung erfolgreich absolviert haben. „Für den Außenstehenden mag es manchmal etwas
streng wirken, zum Beispiel wenn
wir deutliche Anweisungen geben.
Ich glaube aber, dass dies ein wesentliches Element ist, um die Kinder an ihre Bestleistungen heranzuführen, auch wenn es kein Leistungssport ist. Auf alle Fälle können sie sich auspowern“, so Auer.
Disziplin ist aber nicht nur im
Training gefragt, sondern vor allem
auch später auf dem Spielfeld.
Dort gilt das Wort des Schiedsrichters. Meckern gibt es nicht. Denn
nur der Kapitän darf mit dem Referee sprechen. Ebenso wichtig ist
auch die Konzentration im Spiel,
um immer einen Tick besser zu
sein als der Gegner. Wichtig ist natürlich auch, sich stets im Griff zu
haben, auch wenn es mal rauher
zugeht auf dem Feld. Fairness wird
im Rugby großgeschrieben. Absichtliche Fouls sind daher selten.
„Viele Leute haben ein falsches
Bild vom Rugby. Wenn man die Regeln nicht kennt, kann es durch
den direkten Körperkontakt zum
Gegner manchmal rabiat rüberkommen. Es gibt aber wohl wenige
Sportarten, bei denen Fairplay auf
und neben dem Platz eine so große
Bedeutung hat“, betont Auer. Daher ist Rugby nicht nur ein Sport
Das neue Trainer-Trio (von links) Johannes Auer, Jugendwart Andi Brunnauer und Peter Moosleitner.
Impressionen vom jüngsten Turnier der Raufbuam des RFC Bad Reichenhall und aus
dem Training.
− Fotos: Koch (5)/RFC (3)
für besonders kräftige Burschen.
„Wir können alle brauchen. Ich
selbst bin zum Beispiel nicht der
Leichteste, aber ich würde nicht
sagen, dass das alles Muskeln
sind“, lacht Johannes Auer. „Man
findet für jeden eine Position. Egal
ob groß oder klein, dick oder dünn
– jeder kann Rugby spielen.“ Dabei
sind beim RFC nicht nur Buben
willkommen, auch Mädchen können mitmachen.
Die nötige Disziplin für den
Rugbysport lernen die Jungs schon
im Training. Schweifen sie doch
einmal ab und sind nicht ganz bei
der Sache, haben die Coaches ein
überzeugendes Mittel: „Runter
und zehn Liegestütze.“ Und schon
liegen die Raufbuam auf dem nassen Rasen, wohlwissend dass nun
wieder mehr Konzentration gefragt ist. Aber das kommt selten
vor. Sollten die Trainerstimmen
nach dem Training heiser sein,
dann von den Anfeuerungsrufen
für ihre Jungs. Geduldig erklären
sie die Übungen, zeigen Fehler auf,
geben Verbesserungsvorschläge
und sparen nicht mit Lob. „Wir
schauen natürlich darauf, dass sie
sich nicht überanstrengen. Da haben wir ein Auge drauf“, so Andi
Brunnauer.
Die Buben zahlen den Einsatz
ihrer Trainer mit Leistung zurück.
Zuletzt überzeugten die Raufbuam
bei einem Freundschaftsspiel in
Linz und einem Jugendturnier in
Regensburg. In Linz gab es zwei
Niederlagen mit 24:44 und 22:32
für die Reichenhaller, allerdings
trat die U16 auch gegen die U18
des RC Linz an. In den beiden Partien legten Maxi Wohlschlager, Ricardo Alvarez Pintos und David
Baumgartner für die Kurstädter jeweils einen Versuch, Georg Wiesbacher war sogar dreimal erfolgreich. Baumgartner steuerte mit
drei gelungenen Erhöhungskicks
die weiteren Punkte bei. In Regensburg setzte es zunächst gegen den
TSV Nürnberg eine 0:54-Niederlage. Im zweiten Spiel gegen den TuS
Fürstenfeldbruck aber einen überzeugenden 48:5-Sieg. Markus
Feyerer und Alvarez Pintos legten
je einen Versuch, zweimal überquerte Johannes Frauenlob mit
dem Rugby-Ei die Mallinie und
Wiesbacher sogar viermal. Zudem
gelangen Wohlschlager vier erfolgreiche Erhöhungskicks.
Das kleine
„gallische Dorf“
Aber was war das noch gleich
mit dem kleinen „gallischen
Dorf“? Der RFC hat seit seiner
Gründung 2001 mit den Herren
den Aufstieg in die Regionalliga geschafft und holte dort in den vergangenen fünf Spielzeiten zweimal
den Meistertitel und zweimal die
Vizemeisterschaft, die sie heuer
nach einem spannenden Saisonfinale zum dritten Mal nach Reichenhall holten. „Allein von der
Einwohnerzahl kann Reichenhall
aber nicht mit München, Nürnberg oder Regensburg mithalten.
Da sind 22 Nachwuchsspieler in
einer Randsportart schon der
Hammer“, erläutert Brunnauer.
Die Buben kommen von Berchtesgaden über Surheim bis aus Salzburg. „Da ist es noch schwieriger,
weil sie ja noch kein Auto haben“,
ergänzt Moosleitner. Die großen
bayerischen Vereine sind zudem
schon viel länger im Geschäft und
verfügen daher auch über eine entsprechende Infrastruktur zum Beispiel in Bezug auf die Trainingsausrüstung, so Brunnauer weiter.
Dennoch hat der RFC noch einiges vor. „Zunächst wollen wir unsere Turniere gewinnen und eine
Dominanz in Bayern schaffen“, erklärt Brunnauer. Die Raufbuam
spielen in der Bayerischen Jugendliga, die in Turnierform ausgetragen wird. Dabei richtet jedes der
sechs teilnehmenden Teams ein
Turnier aus. In Marzoll sind Bayerns Jugendteams am 18. Oktober
zu Gast. Ein weiteres Ziel ist der
Aufbau einer U10- oder U12Mannschaft in Reichenhall, informiert der Jugendwart weiter. Für
die vier Jungs der Auswahlmannschaft geht es zunächst zu einem
internationalen Turnier in die Rugby-Hochburg Heidelberg und
dann zu den LandesverbandsMeisterschaften in Berlin.
Dann ist Schluss auf dem Platz,
das Training der Raufbuam ist für
heute vorbei. Geschafft aber glücklich marschieren die jungen Sportler vom Rasen. Und manch einer
präsentiert noch stolz seine „Schokoladenseite“, die er sich beim
Training auf dem regennassen Rasen geholt hat.
Buben und Mädchen zwischen
zwölf und 16 Jahren, die sich für
den Rugbysport interessieren, können jederzeit beim Jugendtraining,
immer dienstags und donnerstags
von 17.30 bis 19.30 Uhr am Sportplatz Marzoll, vorbeischauen. Weitere Infos gibt es bei Andi Brunnauer per Mail an [email protected] oder
Telefon 0171/5248898.
− pk
Die vier Reichenhaller Auswahlspieler (von links) Matej
Benda, Georg Wiesbacher, David Baumgartner und Maxi
Wohlschlager.