90 Jahre Walburgisheim

Samstag/Sonntag,
16./17. April 2016
Nürnberger
Nachrichten
16/04/2016
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90 Jahre Walburgisheim
Festgottesdienst und Festakt am Sonntag
Das Walburgisheim Feucht hat am
Sonntag Grund zum Feiern: es wird
90 Jahre alt. 90 Jahre ist es her, dass
hier die ersten Kinder aufgenommen wurden. Drei Ordenschwestern aus Mallersdorf übernahmen
damals die Betreuung „einiger Mädchen“. Zwischenzeitlich stellen sich
Tag für Tag mehr als 70 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Aufgabe,
für eine gute Betreuung und Erziehung der mehr als 150 anvertrauten
Kinder und Jugendlichen zu sorgen.
Nach dem Festgottesdienst um 10
Uhr in der katholischen Herz-Jesu-Kirche in Feucht mit dem Präses der Stiftung des Seraphischen Liebeswerks
(SLW), Pater Heinrich Grumann, findet um 11.30 Uhr im Saal des Walburgisheims ein Festakt statt.
ten und besonders über die Möglichkeit der Aufnahme von Geld bei der
Städtischen Sparkasse Nürnberg sich
zu vergewissern“.
Wenig später kann man im Protokollbuch lesen: „Das Liebeswerk ist
zwar zur Zeit in einer äußerst schlechten finanziellen Lage, allein mit Rücksicht auf die großen Vorteile der Diaspora Feucht wird dem Ankauf des
Anwesens im Prinzip zugestimmt,
wenn von den Diözesancaritasverbänden Eichstätt und Bamberg dem Unternehmen die größtmögliche Unterstützung zuteil wird.“
Nach entsprechenden Zusagen wird
schließlich das Waldschlösschen erworben, obwohl noch längst nicht
über die Zweckbestimmung entschieden ist. Man sprach zwar von einem
Fürsorgeheim, wusste aber (noch)
Schon dem Gründer des SLW in nicht für wen. Als das Heim dann am
Altötting, dem Kapuziner P. Cypri- 16. April 1926 eröffnet wurde hatDas Walburgisheim 1953. An dieser Stelle stehen heute Krippe und Hort.
an Fröhlich, war die familiäre Erziehung ein Hauptgrundsatz: „Das Leben in jeder unserer Anstalten muss
soviel als möglich dem Leben einer
guten christlichen Familie nachgebildet sein. Deshalb muss die Erziehung
in den Heimen familiär, individuell, auf das einzelne Kind eingehend,
mütterlich sein.“ Fröhlich gründete
nicht nur Heime, sondern übernahm
auch schon bestehende, die aus eigener Kraft nicht mehr weiterkonnten. 1926 erwarb man das sogenannte
Waldschlösschen in Feucht und errichtete daran das Walburgisheim.
Das Waldschlösschen, 1886 erbaut,
diente zunächst als Kurhotel, Sommerfrische, Ausflugslokal und war ein
beliebtes Sonntagsziel der Nürnberger Wandervögel. Wiederholt wurde es
zwangsversteigert. 1921 erwarb es die
Schweizer Schriftstellerin Dr. Hertzog, die es aber schon bald wieder verkaufen wollte.
Lebhaftes Kaufinteresse zeigte damals die evangelische innere Mission, aber die Besitzer wollten es lieber in katholische Hände geben. Der
damalige Pfarrer von Feucht, Franz
X. Schmid, ließ deshalb nichts unversucht, dafür einen katholischen WohlDie 1991 gebauten drei Gruppenhäuser, die das Bild des Walburgisheims prägen.
fahrtsverband zu finden, weil er sich
Kindergarten und Hort) werden zwidavon auch große Vorteile für seine te man es zunächst mit einigen Mädeigene weit ausgedehnte Diasporage- chen zu tun, erst später kamen auch
schenzeitlich 125 Kinder im Alter von
meinde erhoffte.
Buben hinzu.
sechs Monaten bis vierzehn Jahren beVom
Diözesan-Caritas-Verband
Mit einer Ausnahme wurden alle
treut. Der neue Kindergarten wurde
erst kürzlich eingeweiht.
Eichstätt aber erhielt er am 23. De- Heime des SLW von OrdensschwesIn den drei stationären Wohngrupzember 1925 die „schmerzliche und tern aus dem Mutterhaus Mallersdorf
pen im Walburgisheim werden 25
nach allen bisherigen Hoffnungen geführt. Auch in Feucht sollten die
Kinder und Jugendliche zwischen
enttäuschende Mitteilung der Absa- Schwestern die Leitung übernehmen.
ge“.
Erst am 7. April erhielt man die Zuvier und 18 Jahren betreut, die ihre Familie aus den unterschiedlichsUm so erfreulicher die Mitteilung sage und am 17. April, genau einen Tag
ten Gründen verlassen mussten. Eine
vom 8. Januar 1926, aus der hervor- vor der Einweihung, kamen die ersgeht, dass der Vorstand des Seraphi- ten Schwestern nach Feucht, die auch
neue Heimat fanden hier auch minschen Liebeswerkes beschloss, „in die den Dienst als ambulante Krankenderjährige unbegleitete Flüchtlinge, die in die Gruppen integriert sind.
Kaufverhandlungen sofort einzutre- schwestern übernahmen.
In der Feuchter Einrichtung sind es
zehn, in Leerstetten, das zum Walburgisheim gehört, sind es neun unbegleitete Flüchtlinge im Alter zwischen 16 und 19 Jahren. Zusätzlich
befinden sich dort drei Plätze im betreuten Wohnen. Die Ausgaben in den
verschiedenen Bereichen teilen sich
insgesamt 70 motivierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die sich mit
dem Verwaltungsleiter auf das anstehende Jubiläum freuen.
Das Waldschlösschen, Postkarte von 1930.
Während der Festakt am Sonntag
Schwester Severina, die im letzten lichen Bereich der Kinder- und Ju- für geladene Gäste ist, lädt man die
Jahr verstorben ist, kam 1956 ins Wal- gendhilfe anzugliedern. Schließlich Bevölkerung zum Mitfeiern am 11. Juburgisheim. Ihre offene, optimistische entschied man sich für die Anbindung ni im Rahmen des Sommerfestes ein.
und zupackende Art ist unvergessen einer Tagesstätte für zwei heilpädagoEin weiterer Höhepunkt des Jubiund prägte über viele Jahre den guten gische Hortgruppen.
läumsjahres ist ein Treffen der EheGeist im Haus.
Am 21. März 1991 war Spatenstich maligen am 16. Juli. Norbert Claußen
Das Walburgisheim blieb trotz der für das Zehn-Millionen-Projekt (da- würde sich freuen, wenn möglichst
Umbauten bald nach dem Erwerb des mals noch D-Mark), das drei Grup- viele den Weg nach Feucht zurückfinWaldschlösschens doch mehr ein Pro- penhäuser, Wirtschaftsgebäude und den würden, um sich gemeinsam zu
visorium, in dem sich schließlich drei Kindertagesstätte umfasste. Nach Be- erinnern.
Doch leider fehlt bei den allermeisGruppen eingerichtet hatten. Volle zug der neuen Häuser ging es an den
Zufriedenheit herrschte nicht.
Abbruch des alten Kinderheimes und ten Ehemaligen die Anschrift, um ihIm Protokollbuch der SLW-Vor- der Nebengebäude und die Sanierung nen eine Einladung zusenden zu könstandssitzungen kann man am 3. des Waldschlösschens.
nen. Wer von den Ehemaligen dabei
Die Mallersdorfer Schwestern sind sein will, sollte direkt Kontakt aufnMärz 1950 lesen, dass der geplante
Anbau aus finanziellen Gründen zu- zwischenzeitlich Geschichte, die Lei- mehmen, entweder per E-Mail an norrückgestellt werden muss.
tung liegt nach einer Übergangszeit bert.clausen@walburgisheim-feucht.
1952 liegt dann ein Plan über den seit September 2011 in den Händen de oder per Post an Walburgisheim,
auf die Dauer nicht zu umgehenden von Norbert Claußen. In der 2012 er- Norbert Clausen, Walburgisweg 35,
Kinderhauserweiterung vor.
LORENZ M ÄRTL
öffneten Kindertagestätte (Krippe, 90537 Feucht.
Dass man dann doch eine positive Entscheidung trifft, hat folgenden
Grund: „Architekt Gruhl von Feucht
befürchtet, dass im nächsten Jahr
das private Bauten noch teurer und
schwieriger wird. Er rät dringend,
noch dieses Jahr den Bau zu beginnen und wenigstens den Rohbau aufzuführen.“
Im Juli 1953 wird bereits Einweihung für den Neu- und Umbau gefeiert. Der damalige Präses P. Altmann berichtet im Vorstand über die
sehr gelungene Einweihungsfeier in
Feucht: „Das Walburgisheim ist ein
modernes, schönes und doch schlichtes Heim geworden, über das wir uns
freuen dürfen.“
40 Jahre später ging es erneut um
einen Neubau. Ausschlaggebend waren in erster Linie die neuen pädagogischen Erkenntnisse und Anforderungen für ein Kinderheim.
Schnell kristallisierte sich heraus,
dass man nach den gesetzlichen VorErinnerung an den Spatenstich am 21. März 1991: Architekt Kunze, Pfarrer Niebler, gaben für den Neubau des KinderOberin Schwester Severina, Präses P. Heinrich und Bürgermeister Hannes Schon- heimes keine Genehmigung und erst
felder (v.l.). Im Hintergrund das Waldschlösschen in dem am 17. April 1926 das recht keine öffentlichen Zuschüsse
Kinderheim eröffnet wurde.
Archiv-Foto: Lorenz Märtl erwarten konnte, ohne einen zusätz- Der Schlafsaal, wie er 1953 ausgesehen hat.
Fotos Walburgisheim
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April 19, 2016 10:20 am (GMT +0:00) / Powered by TECNAVIA