Seligpreisungen heute

SELIGPREISUNGEN - HEUTE
von Univ. Prof. DDr. Francis X. D’Sa
Als Jesus die Menschenmenge sah, begab er sich auf das Podium. Er nahm Platz und wandte
sich an seine Jünger, die aus verschiedenen Teilen des Landes gekommen waren, einige sogar
aus den entferntesten Gegenden der Welt, und alle versammelten sich um ihn.
Und so lehrte er sie:
Freuen sollen sich die, die arm sind im Geiste. Freuen mögen sich die, die erkennen, dass sie
jetzt hier sind und morgen nicht mehr sein werden. Quält euch nicht mit Sorgen über das
Morgen. Euren Reichtum findet ihr auf der Suche nach dem Geheimnis des Lebens – verborgen
im Hier und Jetzt. Ihr sollt nicht zulassen, dass die Vergangenheit für euch zur Bürde wird, noch
dass die Zukunft euch mit Furcht lähmt. Ihr lebt in der Gegenwart, und diese wartet euch mit dem
Geschenk des Lebens auf.
Freuen sollen sich die, die Kummer haben: ihr, deren Herzen schwer sind, weil ihr so wenig tun
könnt, um die Not eurer Nächsten und ihrer Umgebung zu lindern. Denn bei euch werden die
Leidenden, die Heimatlosen und die Hungernden ihre Zuversicht wiederfinden, und so werdet ihr
getröstet werden: Ihr werdet dem Rauschen des Windes lauschen und dem Sprudeln des
Wassers zusehen, und die wilden Tiere werden euch nichts anhaben.
Freut euch, ihr Sanftmütigen: Ihr, die ihr nicht nur beim Anblick einer Blume lächelt und mit
denen, die ihr liebt, lacht und scherzt, sondern auch ihr, die ihr den Blinden und Gelähmten eine
besondere Stellung einräumt und den geistig Schwachen und Schwierigen echte Zuneigung
entgegenbringt. Ihr, die ihr euch an euren Haustieren erfreut und zugleich erkennt, dass auch die
wilden Tiere ihre Berechtigung haben und ihren Zweck in dieser Welt erfüllen. Ihr werdet ein
Gefühl der Zugehörigkeit empfinden, wo immer ihr hinkommt, und ihr werdet euch auf dieser
Erde zu Hause fühlen. Denn die Erde ist in der Tat eure Heimat und zugleich der Beginn des
Himmelreichs.
Freut euch, ihr, die ihr Hunger und Durst erleidet, auf dass Gerechtigkeit einkehrt unter den
Menschen und den Nationen: Menschen, die alle Brüder und Schwestern sind, Nationen, die
einander nicht beherrschen wollen, sondern friedlich nebeneinander existieren wie die Farben
des Regenbogens. Hunger und Durst nach Gerechtigkeit lassen euch die Erde als eure Mutter
entdecken. Ich sage euch, ihr werdet froh und zufrieden sein, denn ihr werdet ein Gefühl der
Zusammengehörigkeit erleben, wohin ihr auch geht.
Freut euch, ihr, die ihr barmherzig seid: Ihr gebt euch große Mühe, um die aus Not straffällig
Gewordenen zu verstehen, und bemüht euch, ihr Umfeld zu verändern. Denn es ist der morsche
Baum, der faule Früchte trägt. Kümmert euch zuerst um den Baum, dann kann der Baum selbst
für die Früchte sorgen. Ihr seid barmherzig, denn die Quellen des Lebens sind Gnade und
Mitleid.
Freut euch, ihr, deren Herzen rein sind: Ihr seht Frauen und Männer nicht als Objekte der Lust,
sondern als Subjekte der Liebe. Ihr betrachtet das, was die Erde euch bietet, nicht als Quelle für
Vergnügen und Profit, sondern als ihren Beitrag für euer Wohlergehen.
Bei jedem Kind und jeder Pflanze werdet ihr Zuneigung finden. Dann werdet ihr die Welt so
wahrnehmen, wie sie ist: berührt vom Wind der Erde, erfrischt von ihren Lüften, gereinigt vom
Regen, genährt durch ihre Flüsse, erhellt durch die Sonne, den Mond und die Sterne und
geschmückt mit Wäldern und Blumen.
Freut euch, ihr Friedfertigen, ihr, die ihr im Frieden mit euch selbst und eurer Umgebung seid.
Euer Friede beruht auf Zufriedenheit und Gemeinschaftssinn, nicht auf Verdienst und Konsum.
Zufriedenheit und Gemeinschaftssinn sind die Blickwinkel, die für euch die Tiefenvision des
Friedens entstehen lassen.
Ihr Friedfertigen, ihr seid die wahren Priester, und die Natur ist der Tempel, in dem ihr dem
Leben dient, das dort gedeiht. Deshalb sage ich euch, schließt Frieden mit euch selbst und eurer
Umgebung. Mit euch selbst - denn, wenn ihr euch selbst akzeptieren könnt, dann werdet ihr
auch die anderen verstehen; und mit eurer Umgebung - denn sie ist euer Spiegelbild.
Freut euch, ihr Friedfertigen. Ihr sollt in der Welt zu Hause sein. Euer Friede wird die Welt in eine
Heimat für alle verwandeln, wo aus den Schwertern Pflüge und aus den Speeren
Gartenwerkzeuge geschmiedet werden. Der Friede ist es, der das Haus in ein Heim verwandelt.
Freut euch, ihr, die ihr verfolgt werdet, weil ihr Gerechtigkeit sucht. Euer Leid wird diejenigen
stärken, die alle Hoffnung verloren haben. Ihr werdet den Stummen und Geknebelten eine
Stimme geben, den Blinden und Geblendeten das Augenlicht und Beine den Gelähmten und
Verstümmelten. Ihr engagiert euch für die Tiere, die von der Ausrottung bedroht sind, für die
Wälder, die radikal abgeholzt werden, und für die Landschaften, die durch verderbenbringende
Experimente vergiftet werden.
Ich sage euch, ihr seid die wahren Wegweiser des neuen Himmelreichs und der neuen Erde.
Ihr seid die Gärtner der Erde. Aber wenn ein Gärtner nur fällt und schneidet, was für einen
Garten wird er dann haben?
Ihr seid das Herz der Welt. Aber wenn das Herz leer und hart ist, wie kann die Liebe in dieser
Welt wirken?
Ihr habt gelernt, wie euch gesagt wurde: Seid fruchtbar und mehret euch, füllt die Erde und
macht sie euch untertan, herrscht über die Fische des Meeres, die Vögel des Himmels und all
die Kreaturen, die auf der Erde existieren.
Ich aber sage euch: Unterwerft und beherrscht euch selbst - und die Erde, die Fische und die
Vögel und alles, was existiert, wird euch nachfolgen.
Ihr habt gelernt, wie euch gesagt wurde: Liebet eure Feinde und betet für eure Verfolger, und ihr
werdet Kinder des Lebens sein, das die Sonne auf die Guten und die Bösen scheinen lässt und
es für Gerechte und Ungerechte gleichermaßen regnen lässt.
Ich aber sage euch: Euer wahrer Feind ist die blinde Gier. Sie ist es, die eure Visionen
schwinden lässt und die eure Fähigkeit zu unterscheiden mit unaufhörlichem Verlangen betäubt ein Verlangen, das künstlich hervorgerufen und aufrecht erhalten wird, so dass eure Wünsche
ständig stärker und mehr werden und zahllos, wie die Sterne am Himmel.
Diese Art Teufel kann nicht durch Gebete und Fasten ausgetrieben werden. Nur das klare Licht,
das aus dem Feuer der Hingabe kommt, stellt ihn bloß und vertreibt ihn.
Deshalb sage ich euch: Vertraut nicht irgendeinem Geist, der euch gut erscheint!
Und so werdet ihr die bösen Geister erkennen:
Sie plündern die Erde. Sie suchen Sicherheit im Rüsten für den Krieg statt in der Erziehung zum
Frieden. Sie machen Profit. Die Produktion, und nicht das Wohlergehen der Menschen, ist ihr
Ziel. Sie schaffen künstliche Bedürfnisse durch glanzvolle Reklame. Für sie sind Geschwindigkeit
und technisches Können die Norm der menschlichen Entwicklung.
Sie predigen Religionen, die Rituale, Dogmen und Doktrinen höher stellen als die Sorgen der
Menschen.
Deswegen sage ich euch: Lernt zu unterscheiden zwischen der Entstehung und dem Produkt!
Bringt Ganzheitlichkeit bei der Entstehung ein, um das Produkt zu vervollkommnen.
Wenn ihr betet, dann betet nicht um Vergängliches. Betet um die Gabe der Fähigkeit zu
unterscheiden. Betet, dass eure Augen erkennen mögen, wie die Ganzheit zu wachsen beginnt
im Leib, in den Blumen und Früchten, und welche Gefahren dieses Wachsen bedrohen.
Wenn ihr betet, dann sprecht nicht mit leeren Phrasen, die ihr einst auswendig gelernt habt.
Öffnet eure Herzen weit und schließt die Sorge um das Wohlergehen der ganzen Welt mit ein in
euer Gebet.
Häuft nicht Reichtum für euch selbst an auf Erden, sondern betrachtet die Erde als euren
Schatz.
Als Jesus seine Ausführungen beendet hatte, waren die Menschen über seine Worte erstaunt.
Anders als ihre eigenen Lehrer sprach er wie jemand, dem das Wohl aller am Herzen liegt.
(Übersetzung aus dem Englischen: Dr. E. Silberbauer)