steuerwettbewerb

STEUERWETTBEWERB
Senkt ein Staat seine Steuersätze oder schaft ein neues Steuerzuckerl,
ziehen andere nach. Der Druck, der von Steueroasen auf die Unternehmensbesteuerung anderer Länder ausgeübt wird, führt zu einem Wettlauf nach unten.
Zwischen 1995 und 2015 ist der durchschnittliche
nQminelle *öchst- -örRerschaɿssteuersatz in der
'7 vQn 5 2rQzent auH 2 2rQzent gedrückt wQrden. ²sterreich hat in diesem WettlauH nach unten
besQnders hervQrgestQchen.
$egünstigt wurde die 'ntwicklung durch '7-Richtlinien die es 7nternehmen in der '7 erheblich erleichtern ihre Gewinne in Lene Länder zu verlagern
in denen die geringste 7nternehmensbesteuerung
anHällt.
Londons Kathedrale des
Finanzkapitalismus:
The Gherkin (deutsch: die Gurke)
im Finanzdistrikt London.
Foto: Alan Searle
WER SIND DIE TÄTER?
Konzerne und ihre Manager/-innen, Sportler/-innen und andere Vermögende verlagern ihre Gewinne und Einkommen in Steueroasen und verhindern so eine gerechte Besteuerung. Vor allem aber sind es große multinationale Konzerne, die von dem System profitieren.
SteuerQasen ziehen SRitzenverdiener-innen unter
den -Qnzernherren SRQrtler-innen und andere 8ermögende an die durch die 8erlegung des WQhnsitzes
in eine SteuerQase der 'inkQmmenssteuer auH lauHende MilliQnenbezüge Werbeverträge Lizenzverträge
etc. entζiehen wQllen. Das liegt vQr allem dann an
der Grenze zur +llegalität wenn der neue WQhnsitz
nicht der tatsächliche LebensmittelRunkt ist.
8ermögende mit hQhen -aRitaleinkQmmen müssen
nicht einmal den WQhnsitz verlegen. Sie können ihr
Geld im -Qδer Qder mit *ilHe der $anken in eine
SteuerQase transHerieren - und sich sQ der $esteuerung
vQn -aRitalerträgen und SRekulatiQnsgewinnen entziehen. Geheimhaltung und kQmRleZe RechtskQnstruktiQnen verhindern dass die (inanzbehörden des
*erkunɿslandes davQn erHahren. 0Qch wichtiger ist
dass durch sQlche 2raktiken die *erkunɿ des Geldes aus 8erbrechen DrQgen- und Menschenhandel
Illustration: Veronika Schlipfinger
-QrruRtiQn usw. Qder Steuerhinterziehung durch
Schwarzgeschäɿe verschleiert wird.
#uch viele internatiQnale -Qnzerne leiten ihre buchhalterischen Gewinne in Länder um in denen sie
wenig bis gar keine Gewinnsteuern zahlen müssen.
Dadurch reduzieren sie ihre tatsächlichen Gewinne
in Lenen Ländern in denen sie zwar erwirtschaɿet
wurden aber höher besteuert würden. DaHür gibt es
zahlreiche Möglichkeiten SQ können kQnzernintern
-redite vergeben werden. +m *Qchsteuerland verringern die Zinszahlungen als #usgaben Hür (remdεnanzierung den Gewinn. Oder der 0iederlassung
in einer SteuerQase werden HQrmal die Markenrechte
übertragen. Sie stellt dann Hür deren Gebrauch den
6öchtergesellschaɿen in aller Welt hQhe Gebühren
in Rechnung. Die immensen Gewinne die sQ in die
SteuerQase ζie»en werden dQrt nicht Qder besQnders
niedrig besteuert.
WIE FUNKTIONIERT
DAS SYSTEM?
Die „Ofshore-Welt“ des Steuerbetrugs ist ein raffiniert abgestimmtes
System, in dem jede Insel bzw. jeder Staat bestimmte Teilfunktionen
hat und sich den Rechtsrahmen für ganz spezielle Dienste schaft
- von schlichten Nummernkonten bis hin zu kompliziert verschachtelten Steuerstrukturen -, eine extreme Form der internationalen Arbeitsteilung.
Zwar beheimaten Steuer- und 8erschleierungsQasen die Masse an RechtskQnstruktiQnen Hür 7nternehmen $ankkQnten (Qnds und Stiɿungen. Diese
sind meist LedQch nur 7mwege der -aRitalströme.
Die eigentlichen Geschäɿe lauHen anderenQrts ab
vQr allem in den grQ»en (inanzzentren der Welt
wie der %ity QH LQndQn der Schweiz Qder (rankHurt.
Die SteuerQasen sind nur die SRitze des 'isbergs eines weltumsRannenden Systems in dessen Zentrum
mächtige Staaten und (inanzzentren vQller $anker
-innen SteuereZRerten-innen und #nwälten-innen
sitzen.
8Qraussetzung Hür die (unktiQnsHähigkeit der dOδshQre-Weltp sind internatiQnale GrQ»banken die
den länderübergreiHenden 6ransRQrt der Gelder ermöglichen. *inzu kQmmt eine umHassende +ndustrie aus #nwaltskanzleien 6reuhändern 8ermögensverwaltungen und Steuerberatungen. Sie lieHern das
-nQw-*Qw und sQrgen Hür einen reibungslQsen #b-
Illustration: Veronika Schlipfinger
lauH. Mit ihrer *ilHe werden Scheingesellschaɿen
Stiɿungen und 6rusts in aller Welt gegründet und
kQnstruiert die Schweizer Qder Liechtensteiner -Qnten Liegenschaɿen und andere Reichtümer besitzen.
Die eigentlichen 'igentümer werden verschleiert
rechtliche 2ζichten unterlauHen. Die Gründung vQn
OδshQre-Gesellschaɿen dauert mit allen GenehmigungsverHahren Qɿ nur wenige Minuten. Die -Qsten
sind meist lächerlich niedrig.
7nterschiedliche Oasen bieten unterschiedliche
Dienste. $ei 2rivatRersQnen geht es vQrwiegend um
8erschleierung vQn Steuerhinterziehung. $ei 7nternehmen stehen steuerrechtliche 0ischen im 8Qrdergrund. (ür aggressive unternehmerische SteuerRlanung nutzen sie Staaten mit Hür sie günstigen
Detailregelungen in $ezug auH die 'rmittlung der
Steuerbasis und Steuersätze.
IKEA: ZAHLST DU NOCH,
ODER TRICKST DU SCHON?
Multinationale Konzerne nutzen teils hochkomplexe Strukturen, um
ihre Steuerleistungen zu minimieren. Ein drastisches Beispiel ist IKEA,
dessen Firmenkonstruktionen über viele Länder kaum mehr zu durchschauen sind und es dem Konzern ermöglichen, insgesamt lächerlich
niedrige Steuern zu zahlen.
Das +-'#--QnglQmerat ist ein hervQrragendes $eisRiel wie Steuervermeidung durch kQmRleZe -Qnzernstrukturen ermöglicht wird. Der 7msatz des gesamten +-'#--QnglQmerats ist unbekannt. Laut einer
Studie waren es im Jahr 2012 mindestens Mrd.
'urQ. Der Gesamtgewinn vQr Steuern beträgt etwa
Mrd. 'urQ. #uH diese Gewinne zahlte +-'# Qhne
$erücksichtigung der undurchsichtigen +-#0O-
INTER IKEA
GRUPPE
INGKA
GRUPPE
Ka le
pi gt
ta
la
n
reichste Stifung der Welt,
angeblicher Stiftungszweck:
Förderung von Innenarchitektur
zentrale Steuerung in Liechtenstein,
steuerbegünstig
Gewinne
und Zinsen
n
Gewinne
Zi
FINANZMÄRKTE
Zi
ns
en
Gewinnverschiebung
Garantien
für Kredite
Gewinne
Inter IKEA Systems
sen
IKANO Bank
vergibt u.a. Kundenkredite
Zin
Niederlande, zuständig für Unternehmensberatung, Produktentwicklung,
Einkauf, Logistik, ca. 400 Tochterunternehmen
Töchter in zahlreichen Ländern, u.a.
Curacao, Virgin Islands und Zypern
steuert die Ingka-Gruppe durch
Franchising-Verträge, zahlt als Entwicklungsfirma in den NL nur
5 Prozent Steuern
n
se
IKANO S.A.Luxemburg
Tochtergesellschaften in mindestens
17 verschiedenen Staaten u.a. in Curacao, Singapur, Malaysia, Russland
INGKA Holding
Inter IKEA, Luxemburg
Quelle: Attac
IKANO
GRUPPE
Stichting INGKA
Interogo Stiftung
7 Mrd.
Kredit
GruRRe nur ca. 15 2rQzent Steuern. 'nthalten sind
darin auch rein buchmä»ige Steuern die gar nicht
gezahlt wurden. Die tatsächliche SteuerSuQte wird
daher nQch erheblich niedriger sein. Die nQminellen
Gewinnsteuersätze liegen in Hast allen Ländern in
denen die +-'#-Möbelmärkte stehen weit höher. +n
²sterreich etwa gilt ein -örRerschaɿssteuersatz vQn
25 2rQzent.
en
ier e
ionredit
t
en k
bv en
su und
K
IKANO Insurace Unit
zahlen 3 Prozent
Franchisinggebühr auf ihren
Umsatz
IKEA Märkte
Fast kein Eigenkapital,
zahlen Zinsen für Kredite, die sie vom
Gewinn abziehen können
zahlen
Prämien an
Versicherung rechtfertigt
Gewinn-Transfer
KEIN EINZELFALL –
EIN FEHLER IM SYSTEM
Obwohl sich anhand konkreter Beispiele gut zeigen lässt, wie weitreichend manche Steueroptimierungsstrategien sind, muss eines klar
sein: es handelt sich nicht um Einzelfälle. Auch IKEA ist kein Ausnahmefall. Das Grundproblem ist das bestehende System der internationalen Gewinnbesteuerung. Konzerne werden nicht länderübergreifend als
Einheit besteuert. Eine Gesamtkonzernbesteuerung könnte das Problem lösen.
Die MethQden wie -Qnzerne Gewinne in SteuerQasen verlagern und #usnahmebestimmungen und
Lücken in den Steuergesetzgebungen nutzen sind
vielHältig. Das 'rgebnis ist LedQch immer das Gleiche
keine Qder nur geringe Steuerbeiträge. 's handelt
sich nicht um 'inzelHälle sQndern um einen (ehler
im System der internatiQnalen Gewinnbesteuerung.
#RRle machte z.$. im Jahr 2011 einen Gewinn vQn 22
Milliarden DQllar und bezahlte daHür nur zehn Mil-
liQnen DQllar Steuern. Das entsRricht einem eδektiven Steuersatz vQn 005 2rQzent. #mazQn bezahlt
2012 in Deutschland bei einem 7msatz vQn Milliarden 'urQ nur 2 MilliQnen 'urQ 7nternehmenssteuer nur 02 2rQzent. #uch GQQgle hat im Jahr
2012 seinen durchschnittlichen Auslandsteuersatz
auH ca. HünH 2rQzent gedrückt. 7nd Starbucks zahlte
2011 einen Auslandssteuersatz vQn nur 1 2rQzent –
völlig legal.
KÖRPERSCHAFTSSTEUERSÄTZE 2015*
40
35
30
Prozent
25
20
Schnitt EU28
38
35
34
31,4
30,2 29,5 29,2 28
28
27
25
25
23,5
22
22
20,6 20
20
15
10
20
20
19
19
23
17
16
15
15
12,5 12,5
10
5
Fr
an
kr
ei
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Bei den Daten handelt es sich um nominelle Steuersätze. Effektiv bezahlen Körperschaften oft viel weniger, denn es gibt bei der Ermittlung des steuerlichen
Gewinns oft einen hohen Gestaltungsspielraum nach unten. So zahlten laut AK-Unternehmensmonitor die großen Kapitalgesellschaften 2012 in Österreich
trotz eines gesetzlichen Steuersatzes von 25 Prozent tatsächlich nur 19 Prozent.
AK Grafik Quelle: Eurostat 2015; * Bei Ländern mit Stufensteuersatz ist der Spitzensteuersatz angegeben. Etwaige Gewerbesteuern sind eingerechnet.