Fokus Reinraum Trends beim Ansatz von hochaktiven Substanzen Dirk Collins . Hermann Waldner GmbH & Co. KG, Wangen im Allgäu Korrespondenz: Dirk Collins, Hermann Waldner GmbH & Co. KG, Anton-Waldner-Str. 10-16, 88239 Wangen im Allgäu; e-mail: [email protected] Bei der Herstellung von neuartigen Medikamenten geht der Trend heute zu hochaktiven Wirkstoffen. Um beim Ansatz von hochaktiven Substanzen den Bediener vor dem Kontakt mit dem Produkt zu schützen und um Kreuzkontamination zu vermeiden, werden meistens Containmentsysteme eingesetzt. Dieser Artikel beschreibt die Besonderheit, die bei der Planung und Realisierung von Ansatzsystemen in Verbindung mit ContainmentIsolatoren zu beachten sind. Dirk Collins Einleitung Insbesondere im Bereich der Onkologischen Produkte kommen heute häufig Cytostatika oder Cytotoxische Wirkstoffe zum Einsatz. Die Wirkstoffe werden meist in WFI oder einem anderen Lösungsmittel gelöst. Bei dieser so genannten Ansatzherstellung muss Bedienerschutz und Produktschutz gewährleistet sein. Weil die Produkte meistens als Parenteralia verabreicht werden, muss die gesamte Ansatzanlage sterilisierbar sein. Bei hochaktiven Wirkstoffen, muss zusätzlich der Bediener geschützt werden. OEL-Werte (operator exposure limit) für einen acht Stunden-Mittelwert geben Informationen über die Höhe des Bedienerschutzes. Viele Wirkstoffe liegen heute schon in einem OEL-Bereich unter 10 mikrogr/m³ (μg/m³). Spätestens ab diesem Bereich sollte der Bediener durch ein Containmentsystem geschützt werden. Auf dem Markt 42 sind verschiedene Containmentsysteme verfügbar. So gibt es Bedienerschutzsysteme in offener Ausführung mit verschiedenen Luftführungen, die bis zu einem gewissen Grad für hochaktive Substanzen genutzt werden können. Wenn der OEL eines Produktes unter 1 μg/m³ liegt, sind aber eher geschlossene Containmentsysteme zu empfehlen, wie z. B. Containment-Isolatoren (Abb. 1). Dirk Collins ist seit 1999 Produktmanager für Containments und Isolatoren im Geschäftsbereich „Process System“ der Hermann Waldner GmbH & Co. KG, Wangen im Allgäu. In dieser Zeit realisierte er mit WALDNER über 100 maßgeschneiderte Isolatorprojekte. Davor war er 4 Jahre als Betriebsingenieur bei der Schering AG in Berlin tätig. Das Studium der Bioverfahrenstechnik absolvierte er in Philadelphia, Zaragoza und an der TU Braunschweig. Dirk Collins ist Mitglied des Steering Comitees der COP Containment der ISPE DACH. OEL oder OEB ? Die Kategorisierung in „Bändern“ so genannten OEB’s (operator exposure bands) ist häufig üblich, aber nicht immer hilfreich. So gibt es z. B. OEB 1 bis OEB 4 oder 5 usw. Da diese OEB’s nicht international nor- Collins . Trends beim Ansatz von hochaktiven Substanzen Abb. 1: Beispiel für einen Ansatzisolator mit angedocktem Druckbehälter (Quelle aller Bilder: Waldner GmbH). TechnoPharm 1, Nr. 1, 42–45 (2011) © ECV . Editio Cantor Verlag, Aulendorf (Germany) Nur für den privaten oder firmeninternen Gebrauch / For private or internal corporate use only Autor Zusammenfassung Keine Kreuzkontamination bei häufigen Produktwechseln Die Philosophie bei einem Containment ist folgende: Der kritische Bereich, in dem es zu einer Exposition der Wirkstoffe kommen kann, wird so klein wie möglich gehalten und so gestaltet, das er optimal zu reinigen ist. Die Reinigung kann automatisiert mit einem CIP-System erfolgen oder manuell mit einer Spritzpistole. Diese gute Reinigungsfähigkeit ermöglicht einen häufigen Produktwechsel in der Anlage, ohne dass es zu Kreuzkontamination kommt. Ein Containment bietet also nicht nur dem Bediener Schutz vor hochaktiven Substanzen. Sondern es bietet auch optimale Bedingungen für Vielzweckanlagen, da die Reinigungsfähigkeit des Systems ein zentral wichtiger Punkt ist. Dadurch kann Kreuzkontamination sehr gut vermieden werden. Was ist wichtiger Produkt- oder Personenschutz? Häufig erfordern Bediener- oder Produktschutz unterschiedliche technische Bedingungen im Containment. So ist beim Bedienerschutz meistens ein Unterdruck notwendig, um bei einer eventuellen Leckage sicherzustellen, dass kein Produkt austritt. Im Gegensatz hierzu ist bei einem System mit Produktschutz meistens ein Überdruck im System notwendig, um das sterile Produkt vor Kontamination von außen zu schützen. Deshalb muss am Anfang eines Projektes genau definiert werden in welchen Bereichen der Bedienerschutz und welchem Bereich der Produktschutz Vorrang hat. Bei der Arbeit mit reinen pulverförmigen Wirkstoffen ist meist der Bedienerschutz vorrangig. Diese Pulver sind häufig eventuell mikronisiert und neigen zum Stauben. Außerdem sind sie leicht lungengängig und deshalb besonders gefährlich. Nach der Ansatzherstellung liegt der Wirkstoff in gelöster Form in einer Flüssigkeit vor. So ist die Gefährlichkeit nicht mehr so hoch. Außerdem kann die Flüssigkeit leichter in geschlossenen Systemen (Rohrleitungen/Behältern) weiter verarbeitet werden. Im flüssigen Zustand wird das Produkt dann meistens steril filtriert. Nach dieser Filtration ist dann dem Produktschutz Vorrang zu geben. Dies wird durch eine weitere Verarbeitung des Produktes, wie z. B. Gefriertrocknung oder Abfüllung, unter aseptischen Bedingungen erreicht. Ansatzherstellung im Isolator Wie oben erwähnt ist bei der Ansatzherstellung hauptsächlich Bedienerschutz gefragt. In sehr seltenen Fällen kann auch zusätzlicher Produktschutz erforderlich sein, weil sich das Produkt final nicht mehr sterilisieren lässt. Der Trend bei der Ansatzherstellung geht deshalb heute zum Ansatzisolator. Ein Isolator bietet an dieser Stelle folgende Vorteile: . Effektiver Bedienerschutz . Produktschutz . Exzellente Reinigungsfähigkeit . Möglichkeit zum manuellen Eingreifen für Wirkstoffdosierung, Probenahme usw. . Möglichkeit der Biodekontamination mit H2O2. TechnoPharm 1, Nr. 1, 42–45 (2011) © ECV . Editio Cantor Verlag, Aulendorf (Germany) Bei der Planung eines Ansatzisolators müssen viele Faktoren berücksichtigt werden. So müssen z. B. folgende Fragen geklärt sein: . Wie bringe ich die Wirkstoffe in den Isolator? . In welchen Quellgebinden liegt der Wirkstoff vor? . Wie groß sind diese Quellgebinde? . Kann man die Quellgebinde als Ganzes in den Isolator einschleusen? . Was macht man mit den leeren Quellgebinden? . Lassen sich diese Quellgebinde im Isolator öffnen? . Sollen die Quellgebinde von außen an den Isolator angedockt werden? Von der Beantwortung dieser Fragen hängt ab, welches Transfersystem für die Einbringung der Wirkstoffe ausgewählt wird. So gibt es zum Einschleusen folgende Möglichkeiten: . Schleusen (aktiv/passiv) . Rapid Transfer Ports (RTP, AlfaBeta-Port) . Doppelklappen (split butterfly valve) . Folienschleusen (Endlosfolienschlauch, continuous liner system) . Transfer über Frontglasscheibe Als Vorbereitung für den Ansatz muss der Ansatzbehälter mit dem Isolator verbunden werden. Dazu gibt es folgende Möglichkeiten: . Andockung mit Doppelklappe . Andockung mit rotating Alfa Beta System (RTP) . Andockung mit Doppeldeckelsystem . Feste Verbindung geschweißt . Fest verbunden (z. B. geflanscht) und gravimetrisch entkoppelt. Neuentwicklung: Doppeldeckelsystem für Andockung zwischen Isolator und Druckbehälter Da alle auf dem Markt erhältlichen Andocksysteme bei der Andockung zwischen Druckbehälter und Isolatoren Schwachstellen aufweisen, wurde ein neuartiges Andocksystem entwickelt, welches diese Schwachstel- Collins . Trends beim Ansatz von hochaktiven Substanzen 43 Nur für den privaten oder firmeninternen Gebrauch / For private or internal corporate use only miert sind, definiert jede Pharmafirma eigene Bereiche für die Exposition des Bedieners. Ohne die jeweilige Definition bei der Pharmafirma zu kennen, ist die Angabe z. B. „Dieses Produkt entspricht der Kategorie OEB 4“ für den Lieferanten eines Containmentsystems nicht ausreichend. Aussagekräftiger ist die Forderung: „Die Anlage muss geeignet sein zur Herstellung von Substanzen mit OEL < 1 μg/m³“. Fokus Reinraum latorboden integriert ist. Bei diesem System lässt sich der Wiegeteller einfach abheben, so dass der innere Bereich und der Bereich unter der Waage exzellent zu reinigen sind. Wie füllt man den Behälter auf Endgewicht? Ansatzanlage Abb. 2: Blick vom Isolator in den angedockten Behälter durch das neu entwickelte Doppeldeckelsystem. Welche Waage nutzt man im Isolator? Bei der Ansatzbereitung wird der Wirkstoff auf einer Waage im Isolator verwogen. Weil im Isolator meistens mit scharfem Wasserstrahl gereinigt wird, sollte diese Waage eine hohe Schutzart haben (mindestens IP66). Wichtig ist auch, dass sie gut zu reinigen ist. Hier gibt es bei handelsüblichen Waagen häufig Schwachstellen im Bereich unter der Waage und unter der Wiegeplattform. Vorteilhaft ist hier ein spezielles Wiegesystem, welches direkt im Iso- 44 Die wichtigsten Herstellschritte laufen dann automatisiert in der Ansatzanlage (Abb. 4) ab, die mit dem Isolator verbunden ist. So wird über ein WFI-Dosage Panel exakt temperiertes WFI im Ansatzbehälter vor- Wie oben beschrieben ist die Rezeptur bei einem Ansatz typischerweise wie folgt: Zuerst wird eine definierte Menge an WFI oder ein anderes Lösungsmittel im Ansatzbehälter vorgelegt. Dann werden Wirk- und Hilfsstoffe dosiert zugegeben. Dabei kann der Behälter definiert gerührt und temperiert werden. Das Lösen der Stoffe sollte vom Bediener am besten durch die Andocköffnung beobachtet werden. Der Ansatz kann begast werden und der pHWert wird eingestellt. Der letzte Schritt einer traditionellen Rezeptur ist meist das Auffüllen auf Endgewicht. Da die Genauigkeit einer Behälterverwiegung, wenn dieser am Isolator angedockt ist, nicht optimal ist, sollte die Dosierung des Lösungsmittels (WFI) mit einem Coriolis Massendurchflussmessgerät gemacht werden. So erreicht man eine hohe Genauigkeit. Allerdings müssen dazu bei der Verwiegung alle Komponenten durch das AnsatzAbb. 3: Der Bediener schiebt den Ansatz-Druckbehälter system aufaddiert werden. unter die Isolatorandockung. Das Ansatzsystem rechnet dann die Restmenge an Lösungsmittel aus. Diese Restmenge wird über Schnellschlussarmaturen exakt zudosiert. Dazu rechnet die Steuerung die verbleibende Restmenge aus und dosiert diese automatisch in den Ansatzbehälter. Die Steuerung kann dann nach Abschluss der Rezeptur ein maßgeschneidertes WiegeproAbb. 4: Ansatzanlage mit Medienpanelen für 2 Abfülltokoll mit allen abgewogenen linien, CIP/SIP, WFI-Dosage und Ansatz mit Isolator aufgebaut zum FAT in der Montagehalle. Komponenten ausdrucken. Collins . Trends beim Ansatz von hochaktiven Substanzen TechnoPharm 1, Nr. 1, 42–45 (2011) © ECV . Editio Cantor Verlag, Aulendorf (Germany) Nur für den privaten oder firmeninternen Gebrauch / For private or internal corporate use only len eliminiert. Bei der Entwicklung wurde nicht nur den hohen Anforderungen an eine völlig kontaminationsfreie Andockung Rechnung getragen, sondern alle Anforderungen gemäß Druckbehälterverordnung wurden beachtet, so dass dieses System vom TÜV für Druckbehälter zugelassen ist. Dieses neue Doppeldeckel-System (Abb. 2) hat keinen „ring of concern“, welches eine bekannte Schwachstelle von anderen Andocksystemen ist. Außerdem ist es druckfest bis 6 bar. Diese Druckfestigkeit erreicht kein anderes System ohne Hilfsmittel. Das neue System hat sich bei verschiedenen Pharmafirmen vielfach bewährt. Von Seiten der Betreiber wird es als robust und zuverlässig bezeichnet. Die Andockung ist einfach zu bedienen und selbst zentrierend (Abb. 3). Es wird kein Hubgerät benötigt um den Ansatzbehälter zur Andockung hochzuheben. gelegt. Die Rezepturverwaltung informiert den Bediener über einen Bildschirm am Isolator welche Komponenten eingewogen werden sollen. Sterilfiltration CIP/SIP Nach der Ansatzbereitung wird der Ansatzbehälter druckfest verschlossen und das Produkt wird durch einen Sterilfilter in einen Filtratbehälter gedrückt. Von diesem Behälter wird über eine sterilisierte Transferleitung das Produkt zu den Abfülllinien geführt. Die ganze Ansatzanlage ist mit einem CIP/SIP-System automatisch sterilisierbar. Durch mehrere verschieden große Ansatz- und Filtratbehälter ist es möglich, während die Abfüllmaschine läuft, parallel schon die nächsten Ansätze zu produzieren. TechnoPharm 1, Nr. 1, 42–45 (2011) © ECV . Editio Cantor Verlag, Aulendorf (Germany) Da die Schnittstelle zwischen Ansatzsystem mit Druckbehältern und Isolator recht komplex sein kann, ist es sehr vorteilhaft die Ansatzanlage und den Isolator als ein funktionales System von einem verantwortlichen Hersteller zu beziehen. Collins . Trends beim Ansatz von hochaktiven Substanzen 45
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