Konzeptpapier zur Gründung des Vereins

Beat Jans, Guy Krneta, Roger Marquardt, Ludwig Schmid
Projekt:
fairm edia – Unabhängige Anlaufstelle für Betroffene von M edienberichten
NW CH
Trägerschaft:
Verein fairmedia - Unabhängige Anlaufstelle für Betroffene von Medienberichten NWCH
Ausgangslage:
Die Arbeitsgruppe ist sich der wichtigen Kontroll- und Kritikfunktion aller Medien für eine demokratische Gesellschaft bewusst. Es ist richtig, dass sie diese Rolle konsequent wahrnehmen. Dazu gehören aber auch Fairness und das Einhalten von journalistischen Regeln.
Leider halten sich einige Medien nicht immer an diese Regeln. Verleumdungs- und Diffamierungsjournalismus nehmen ebenso zu wie die Anzahl von unfairer und persönlichkeitsverletzender Berichterstattung Betroffener. Offener oder subtiler Rassismus, Sexismus,
Ausländerfeindlichkeit, falsche Anschuldigungen machen sich breit. Zeitungen, Lokalradios
und –fernsehen sowie Internetportale und Blogs opfern auf dem Altar des Boulevards und der
politischen Agenda den Anstand, die Persönlichkeitsrechte Betroffener, die Zuverlässigkeit in
der Berichterstattung. Viele Betroffene kapitulieren vor der finanziellen Übermacht der
Verlage, weil sie befürchten, dass das betreffende Medium die negative Berichterstattung
noch verstärkt, oder schlicht, weil sie sich nicht zu wehren wissen.
Ziel:
Die Anlaufstelle fairmedia will die Betroffenen von medialen Überschreitungen durch
praktische, allenfalls auch juristische Beratung unterstützen. Sie versucht, die Öffentlichkeit
gezielt über die Verletzung von journalistischen Grundsätzen zu informieren und sie so zu
sensibilisieren.
Die Medien der Region (Print, Radio und TV) sollen zu sorgfältiger, ethisch und juristisch
korrekter Berichterstattung und Kommentierung angehalten werden. Die Basis dazu sind
etablierte journalistische Grundwerte, die Gesetzesordnung sowie die Erklärung der Rechte
und Pflichten der Journalistinnen und Journalisten. Die Anlaufstelle beabsichtigt nicht, bestehende öffentliche und private Institutionen wie Gerichte, den Presserat, Ombudsfrauen
und –männer zu ersetzen. Sie zeigt den Betroffenen auf, wie sie sich wehren können, stellt
Öffentlichkeit her und fördert die Solidarität.
fairmedia Konzept – Version 20150811
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Beat Jans, Guy Krneta, Roger Marquardt, Ludwig Schmid
Vorgehen:
-
Betroffene von Persönlichkeitsverletzungen, falschen Beschuldigungen und unfairem
Journalismus können unterstützt werden, sich zu wehren. Verstösse gegen die
journalistische Sorgfaltspflicht werden vor Gericht, vor die UBI oder vor den Presserat
gebracht.
-
Die Öffentlichkeit und Inserenten der entsprechenden Medien werden über
Interventionen und Verstösse informiert.
Um setzungsvorschlag:
Es wird ein Mandat an einen Medienjuristen vergeben mit folgenden Pflichten:
-
-
Anlaufstelle für Betroffene von unfairer Berichterstattung:
o
passiv: als Anlaufstelle für Rat- und Unterstützungssuchende;
o
aktiv: als Hilfsangebot bei offensichtlichen oder krassen Fällen;
Unterstützung beim Ergreifen von Rechtsbehelfen, Hilfe bei der Eingabe an
Redaktionen, den Presserat oder Gerichte;
-
Dokumentation und Publikation der Fälle;
-
Information der wichtigsten Inserenten der entsprechenden Medien über einschlägige
Interventionen;
-
Geschäftsführung der Anlaufstelle;
-
Veranstaltungen zur öffentlichen Sensibilisierung;
-
Schaffung einer Informationsplattform für formlose Richtigstellung.
Vorprojekt Schritte:
-
Diverse Kontaktnahmen zwecks Zusammenstellung eines politisch breit abgestützten
Patronatskomitees;
-
Klärung der Projektstruktur (Vereinsgründung);
-
Präzisierung des Konzeptes und Klärung der Finanzen;
-
Gespräche mit interessierten Medienjuristen;
-
Spendenaufruf;
-
Informationsveranstaltung vom 17. September 2015 (Literaturhaus, Barfüssergasse
3, Basel).
Basel, 11. August 2015
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Beat Jans, Guy Krneta, Roger Marquardt, Ludwig Schmid
Grundsätze «fairmedia»
fairmedia steht uneingeschränkt zur Medienfreiheit, wie sie durch Art. 17 der Bundesverfassung gewährleistet ist. Freiheit und Recht finden aber ihre Grenze, wo sie
Rechte Anderer verletzen, die ebenfalls in ihrem Kerngehalt nicht antastbar sind. Für
einen Eingriff in die verfassungsmässigen Grundrechte bedarf es einer gesetzlichen
Grundlage, der Eingriff muss verhältnismässig und in öffentlichem Interesse sein (Art.
36 BV)!
Auch der Schutz des Privatlebens ist durch die Bundesverfassung gewährleistet (Art.
13 BV). Bereits Immanuel Kant schrieb in seiner «Metaphysik der Sitten: «Das Recht
ist also der Inbegriff der Bedingungen, unter denen die Willkür des einen mit der Willkür des andern nach einem allgemeinen Gesetze der Freiheit zusammen vereinigt
werden kann.» Matthias Claudius schrieb dazu: «Die Freiheit besteht darin, dass
man alles tun kann, was einem anderen nicht schadet.»
In diesem Spannungsfeld der Interessen bewegen sich Medien täglich. Zum einen
erklären sie kurzerhand alles zu öffentlichem Interesse, das sie interessiert, verwundert oder auch nur neugierig macht. In anderer Richtung bewegen sich Private und
Unternehmen, die von sich nur Positives in den Medien lesen oder sehen möchten.
Und für den Medienmacher gilt der Grundsatz: «Good news are no news!» Wen interessiert es schon, dass ich niemanden umgebracht oder keinen Suizid begangen
habe!
Die Medienfreiheit wird durch zahlreiche gesetzliche Vorgaben eingeschränkt: Das
Persönlichkeits- und Gegendarstellungsrecht, das Strafrecht (Schutz vor Ehrverletzung, Verletzung von Militär- und Amtsgeheimnissen, Verletzung der Impressumspflicht), das Bundesgesetz über den unlauteren Wettbewerb (unnötige Herabsetzung
von Waren oder Dienstleistungen eines anderen) u.v.a.m. Über die Verletzung von
gesetzlichen Vorschriften urteilen staatliche Verwaltungs-, Zivil- und Strafgerichte mit
den gesetzlichen Sanktionsmöglichkeiten teilweise nur auf Antrag bzw. Klage, teilweise von Amtes wegen.
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Daneben gibt es die «Erklärung der Rechte und Pflichten der Journalistinnen und
Journalisten» (nachfolgend «Erklärung», Stand 5. Juni 2008) einer Stiftung, die vom
Journalistenverband Impressum, der Gewerkschaft Syndicom, dem Schweizer
Syndikat Medienschaffender, der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft
(SRG) und dem Verlegerverband Schweizer Medien getragen wird. Die «Erklärung»
verpflichtet Journalisten zu Fairness und Wahrheit in der Berichterstattung. Als Organ
für die Überwachung der Einhaltung dieser «Erklärung» dient der Presserat. Die «Erklärung» wurde nebst der „Rechtsprechung“ des Presserates durch Richtlinien und
eine Protokollerklärung ergänzt. Der Presserat hat aber ausser Publikation seiner
Entscheidungen keinerlei Sanktionsmöglichkeiten. Er fordert die Medien auf, über sie
betreffende Urteile zu berichten, was aber nur teilweise erfolgt.
Für die Einhaltung medienrechtlicher Grundsätze, namentlich der Gebote der Sachgerechtigkeit und Vielfalt, im Bereich der elektronischen Medien ist die Unabhängige
Instanz für Radio- und Fernsehen (UBI) zuständig.
fairmedia stellt fest, dass die Persönlichkeitsrechte aber auch andere gesetzliche
Vorschriften oder Bestimmungen der «Erklärung» von Medien in der Region
regelmässig verletzt werden. Für die Betroffenen ist die Hemmschwelle gross, sich
gegen solche Publikationen zu wehren. Zum einen riskiert man dann, dass dies
nochmals in den Medien publiziert wird, zum anderen haben die Medienbetreiber die
grösseren Mittel, um lange und aufwändige Prozesse zu finanzieren. Einige Medien
nützen dies, um mit unlauteren Mitteln (faktisch kaum belegte Vorwürfe, Gerüchte,
Vermutungen) gegen Private, Unternehmen oder Behörden vorzugehen. Darüber
hinaus kommt es in den Medien immer wieder mehr oder weniger offen zu
rassistischen, sexistischen, ausländerfeindlichen, diskriminierenden etc.
Äusserungen und Darstellungen. Allein durch Headlines oder die Auswahl der Bilder
können verzerrende und diskreditierende Darstellungen erfolgen.
All diese Begriffe sind im Einzelfall auslegungsbedürftig. fairmedia beabsichtigt, Betroffene von unfairem Journalismus in der Beurteilung des Vorgefallenen zu unterstützen und beim Entscheid über weitere Schritte zu beraten (Berichtigungsgesuch,
Gegendarstellung, Klage an Gericht oder Staatsanwaltschaft, Auswahl eines Anwalts
etc.).
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Beat Jans, Guy Krneta, Roger Marquardt, Ludwig Schmid
Ferner verfolgt fairmedia die Entwicklung solcher Tendenzen von Medien in der
Region und berichtet darüber in Pressekonferenzen, Rundschreiben an
Unternehmen und Medien und verfasst einen jährlichen Bericht.
Gestützt auf diese Ausgangslage verabschiedet «fairmedia» nachfolgende Grundsätze:
-
Die demokratische Aufgabe der Medien besteht darin, über alle
Lebensvorgänge kritisch zu berichten.
-
Die Medienfreiheit ist ein verfassungsmässiges Recht und dient der demokratischen Willensbildung in Politik und Gesellschaft, der wirtschaftlichen Information
und der Unterhaltung.
-
Alle von der Berichterstattung Betroffenen haben ein Recht auf faire Berichterstattung (Fairnessprinzip) und Schutz der Privatsphäre und des Privatlebens.
-
Dazu gehört nicht nur das gesetzliche Recht auf Gegendarstellung, sondern
auch das Recht, bereits bei einer ersten Berichterstattung die eigene Position
darzustellen.
-
Bei einer unrichtigen Darstellung sollen Medien den Betroffenen ein Recht auf
Klar- und Richtigstellung einzuräumen.
-
Entscheide des Presserates werden im betroffenen Medium publiziert.
-
Es gilt auch bei einer Berichterstattung in den Medien die Vermutung der Unschuld.
-
Medien bemühen sich bei der Berichterstattung um Ausgewogenheit und
vermeiden Diffamierungen.
-
Medien behandeln persönlichkeitsrelevante Themen wie Religion, sexuelle
Orientierung, Rasse, Provenienz, finanzielle Verhältnisse mit besonderer Sorgfalt.
-
Die Medien halten sich an das Gesetz und an die Erklärung der Pflichten und
Rechte der Journalistinnen und Journalisten.
«fairmedia» befasst sich mit den in der Nordwestschweiz relevanten Medien. Auch
andere Medien, soweit sie die Region betreffen, können berücksichtigt werden.
Basel, 11. August 2015
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