Miese Stimmung trotz passabler Ernte

Borkener Zeitung / Nr. 234
Kreis
Miese Stimmung trotz passabler Ernte
Jahresbilanz: Schweine- und Milchbauern im Minus / Mais gut gewachsen / Elf Prozent weniger Kartoffeln
MELDUNGEN
Von Horst Andresen
Aufruf zur Bürgerwehr in
Bocholt schlägt Wellen
-and- BOCHOLT. Für Aufsehen sorgt in Bocholt, der
Region und in verschiedenen Medien das Vorhaben
eines Bocholters, offenbar
eine „Bürgerwehr“ gründen zu wollen. Einer Facebook-Gruppe sollen sich
bereits 300 Mitglieder angeschlossen haben, der
Onlinedienst des Nachrichtenmagazins „focus“ in
München nannte gestern
die Zahl 400. Und titelte
reißerisch: „Schlagringe,
Wurfsterne: Bocholter
wollen Bürgerwehr gegen
Flüchtlinge gründen.“ Kriminalpolizei und Staatsschutz sähen laut Kreispolizei-Pressesprecher Frank
Rentmeister „noch keine
strafrechtliche Relevanz“.
Die Äußerungen in Facebook seien „von der Mei-
nungsfreiheit“ gedeckt.
Gleichwohl sei die Polizei
„nicht glücklich“. Dass es
zu einer Bürgerwehr komme, sei nicht sicher, gab
der Verantwortliche gegenüber dem BocholterBorkener Volksblatt kund.
Eine Bürgerwehr solle
„nicht vor Migrantenheimen stehen“, sondern eher
in Stadtteilen patrouillieren: „Die Bürgerwehr ist
einfach mal ein Gedanke
gewesen, und ich hoffe,
dass es nicht dazu kommt“,
sagte er.
Die Stadt Bocholt beobachtet die Sache aufmerksam und mit Argwohn.
Pressesprecher Karsten
Tersteegen: „Wir sind sehr
achtsam und haben den
Flüchtlings-Krisenstab informiert.“
Polizei warnt vor einer
neuen Betrugsmasche
KREIS BORKEN. Die Polizei warnte am Mittwoch
vor einer neuen Betrugsmasche, dem „Spoofing“.
Damit würden Betrüger
von ahnungslosen Opfern
Geld oder Daten ergaunern. Dazu rufen die Täter
mit einer gefälschten Telefonnummer an. Durch die
Anzeige der Rufnummer
wollten sie Vertrauen und
Seriosität erzeugen.
Die Masche: Die Angerufenen sollen dazu überredet
werden, Geld zu spenden
und dieses auf ein Konto
überweisen. Oder es werden Telefonnummern von
Banken oder Behörden
„kopiert“ und persönliche
Daten erfragt. Eine weitere
Masche seien Gewinnversprechen, gekoppelt mit
einer teuren Rückrufnummer. So erhielt jüngst die
Polizei Münster vermehrt
Hinweise auf eine Rufnummer mit der Vorwahl
030 für Berlin. Die Anrufer
geben sich als Mitarbeiter
der Hilfsorganisation „Kinder in Not“ aus. Die Polizei
rät bei solchen telefonischen Spendenaufrufen,
keine persönlichen Daten
preiszugeben oder Geld zu
spenden. Ihr Rat: „Beenden Sie das Gespräch konsequent, lassen Sie sich auf
keine Diskussion ein und
zu nichts drängen.“ In Verdachtsfällen solle die Polizei informiert werden.
Mopedfahrer schwer verletzt
BOCHOLT. Ein Mopedfahrer ist in Bocholt bei einem Sturz schwer verletzt
worden. Eine hinter ihm
fahrende 40-jährige Fahrerin aus Vreden war auf das
Moped aufgefahren, als er
bremsen musste.
KREIS AKTUELL
Verkehrshinweis
Lokalfunk
Radarmessungen
der Polizei heute unter anderem in Oeding, Winterswijker
Straße, Isselburg-Vehlingen, Anholter Straße, Ahaus, Landesstraße 560 und Kreisstraße 22.
Radio WMW:
Heute 6 bis 10 Uhr: „Guten
Morgen.“
16 bis 18 Uhr: „Am Nachmittag.“
Redaktion Kreis Borken
Josef Barnekamp (job) Tel. 02861/944-169
Fax 02861/944-179, [email protected]
KREIS BORKEN. Erntebilanz vor Ende der Ernte: Der
Kreisbauernverband fasste
am Mittwoch auf dem
Milchhof Schüling in RhedeVardingholt zusammen, was
derzeit beim Mais in die Silos oder zu Biogasanlagen
gefahren wird. Insgesamt sei
die Stimmung bei den Bauern aufgrund des Preisverfalls bei Schlachtschweinen,
Ferkelerzeugern und für
Milch im Keller.
Ernte: Insgesamt wird
laut Kreislandwirt Heinrich
Emming (Südlohn) eine „gute bis überdurchschnittliche“
Maisernte erwartet. Nach
kühlem Frühjahr und „passenden Temperaturen“ habe
die Frucht im Juni/Juli aufgeholt. Mais auf sandigen
Böden litt unter der Trockenheit. Der Mais im Südkreis war 14 Tage eher reif;
im Nordkreis wird laut Emming die Ernte wohl noch
bis Ende Oktober andauern.
Autofahrer sollten acht geben, die Landwirte gleichwohl auch verschmutzte
Straßen reinigen.
Die Bilanz für andere
Fruchtarten fiel höchst unterschiedlich aus. Die Ernte
Milch bringt ihrem Hof derzeit nur 25,5 Cent pro Liter: die Milchbauern (von links) Matthias und Franz-Josef Schüling mit Kreislandwirt Heinrich Emming gestern bei der Ernte-Jahresbilanz des Kreisbauernverbandes in Rhede-Vardingholt.
Fotos: Andresen
bei Wintergetreide und Rüben sei durchschnittlich, bei
Raps, Gras und Kartoffeln
hingegen „leicht unterdurchschnittlich“; die Qualität der
Erdapfel sei „sehr zufriedenstellend“, der Ertrag aber
um elf Prozent geringer als
im Rekordjahr 2014, und er
lag vier Prozent unter dem
Maisernte heißt auch: aufpassen im Straßenverkehr.
langjährigen Durchschnitt.
Schweinehalter: Ihnen
macht die Importsperre
Russlands weiter arg zu
schaffen. Markus Weiß, stellvertretender
Vorsitzender
des
Landwirtschaftlichen
Kreisverbandes Borken: „Die
Turbulenzen halten seit Februar 2014 an.“ Der Preisdruck auf den Weltagrarmärkten sei bis im Stall im
Westmünsterland spürbar.
So ist der Kilogrammpreis
für Schlachtschweine von
ehemals 1,90 Euro auf 1,42
Euro gesunken. Aktuell gebe
es eine „leichte Erholung“.
Die Lage bei den Ferkelerzeugern sei „desolat“.
Rindviehhalter: Die
Milchpreise fielen binnen
Jahresfrist um zehn Cent auf
28 Cent pro Kilogramm
Milch, Stand August. Milchbauer Schüling erwirtschaftet derzeit nur 25,5 Cent pro
Liter Milch auf seinem Hof
mit 140 Milchkühen. 35 Cent
müsste er haben. Mit Matthias (24) führt er den Hof
von 1747, erstmals 1590 erwähnt, in achter Generation,
jetzt als Vater-Sohn-GbR.
11.000 Euro fehlten bereits
„Die Entfremdung der
Gesellschaft von der
Landwirtschaft – das
ist unser Problem.“
Kreislandwirt Heinrich Emming
jetzt gegenüber 2014 in der
Kasse. „Den Verlust können
wir nur durch Familienarbeit und eigene Reserven
wettmachen.“
Keine Milchprodukte nach
Russland, erschwerte Nachfrage in China – das macht
den Milchbauern weiter zu
schaffen. Ein Ende sei nicht
in Sicht, auch wenn einige
Discounter jüngst die Preise
erhöht hätten: Davon kämen
höchstens 0,5 Cent beim Erzeuger an. Nur zehn Prozent
der Milchproduktion werde
als Trinkmilch verkonsumiert.
Fazit: Die schlechte
Stimmung in der Landwirtschaft halte seit 2014 an,
auch wenn das „Konjunkturbarometer Agrar“ zuletzt einen leicht steigenden Index
von 20,2 auswies (Dezember
2014: 16,7; September 2013:
35,5). Kreislandwirt Heinrich
Emming macht für die miese Laune vor allem den
Preisverfall
bei
Milch,
Fleisch und Getreide verantwortlich, aber auch zunehmende Kritik. „Die Entfremdung der Gesellschaft von
der Landwirtschaft – das ist
unser Problem.“
240 Paten fördern
1945-Ausstellung auf
einem Rheder Acker
Zeitzeugen und Papierkerzen erinnern
-and/pd- RHEDE. Seit zwei
Jahren läuft in Rhede das
Projekt „1945 – die Menschen, die ich kannte“. Für
eine Ausstellung konnten
240 Paten gewonnen werden, berichtete der Rheder
Arbeitskreis Kultur (Akku).
Angefangen hat alles mit
der Idee, Papierkerzen gemeinsam mit Zeitzeugen zu
gestalten und auf einem
Acker auszustellen.
Projektleiter ist Mario
Wallner. Er verbrachte im
Vorfeld mit vielen Senioren
viel Zeit. Es sind die Geschichten, die dem Projekt
den besonderen Wert geben.
All die gestalteten Papierkerzen müssen laminiert und
auf Holzstäben montiert
werden. 1945 symbolische
Kerzen sollen für knapp vier
Wochen als großflächige
Ausstellung auf einem Rheder Acker gezeigt werden.
Bis heute wurden 1500
„Kerzen“ gegen das Vergessen gestaltet. Sie tragen den
Namen von Menschen, die
im Zweiten Weltkrieg ihr Leben lassen mussten. Nun
malen die Senioren, um die
sinnbildliche Zahl „1945“ zu
erreichen. In Zusammenarbeit mit dem Rheder Seniorenbeirat, dem Akku und
Mario Wallner: Er bereitet für die Ausstellung 1945 symbolische Kerzen vor.
dem Stadtmarketing ist es
Mario Wallner zudem gelungen, 240 Paten zu gewinnen
und Spenden- sowie Sponsoring-Einnahmen in Höhe
von 1000 Euro zu akquirieren. Zahlreiche Firmen und
Privatleute unterstützen die
Aktion; auch die Ausstellungsfläche wird vom Eigentümer kostenfrei zur Verfügung gestellt.
Am 4. November (Mittwoch) wird auf einem Acker
am Winkelhauser Esch, auf
der Höhe des Klärwerkes
(Richtung Bocholt-Biemenhorst) ein Meer von Kerzen
zu sehen sein. Die besondere
Ausstellung wird mit einem
ökumenischen Gottesdienst
um 15 Uhr eröffnet.
Bis zum 28. November
kann die freizugängliche
Foto: Klaus Rühling
Ausstellung besucht werden.
Im Rahmen des Projektes
wird Petra Rosenberg aus
Berlin im Evangelischen
Paul-Gerhardt-Haus am 4.
November eine Benefiz-Lesung halten. Die Diplom-Pädagogin wird aus den Erinnerungen ihres Vaters Otto
Rosenberg „Das Brennglas“
vortragen.
| www.Akku-Rhede.de
„Hilfe für Flüchtlinge auf dem
Arbeitsmarkt optimieren“
Arbeitsagentur und Kreise erstellen Konzept zur Eingliederung
CBF-Mitglieder erholen sich in Bad Pyrmont
Mitglieder des CBF-Kreisverbandes
(Club der Behinderten und ihrer
Freunde) Borken verbrachten schöne
Urlaubstage im Kurort Bad Pyrmont,
wie der Verband mitteilt. Dank der
guten Organisation von Hedwig Ostendorf mit ihrem Betreuerteam und
dem Fahrer des Behindertenfahr-
zeugs des Deutschen Roten Kreuz,
Rainer Blanke, stand in dem Kurort
eine entspannte Woche an. Das Busunternehmen CJB-Reisedienst Jörg
Brinn stellte einen Bus mit einer automatischen Rampe für Rollstuhlfahrer und Gehbehinderte zur Verfügung. Die Tagesausflüge führten zum
Schloss Corvey, zu den Externsteinen
und durch das sehenswerte Weserbergland. Wasser- und Stuhlgymnastik, gemeinsames Singen und Spielen
sowie das gelungene Abschlussfest
vervollständigten das einwöchige
Programm. Die Tour wurde durch die
„Aktion Mensch“ unterstützt.
Foto: pd
KREIS BORKEN. Flüchtlinge möglichst schnell und
nachhaltig in Arbeit und
Ausbildung zu vermitteln:
das scheint ein wesentlicher
Baustein für ihre Integration
in die Gesellschaft. Dies wollen in einer Gemeinschaftsaktion die Agenturen für Arbeit Coesfeld sowie die Kreise Borken und Coesfeld vorantreiben. Vertreter trafen
sich, um gemeinsame Überlegungen zu konkretisieren.
Besonders Flüchtlinge, deren Asylanträge mit hoher
Wahrscheinlichkeit bewilligt
werden, stehen im Mittel-
punkt dieser Überlegungen.
Durch eine bessere Vernetzung von Jobcenter, Arbeitsagentur, Ausländerbehörde
und den örtlichen Sozialämtern soll „Hilfe für die
Flüchtlinge optimiert werden“, heißt es in einer gemeinsamen Presseerklärung.
Ein Lösungsansatz sei, dies
in sogenannten „Integration
Points“ örtlich zu bündeln.
Dabei werden die beruflichen Qualifikationen und
die persönliche Eignung
schnellstmöglich festgestellt,
um passgenaue Integrationsangebote wie sprachliche
Bildung, Berufsorientierung,
Ausbildung und Arbeitsmarkt zu vermitteln.
Zwar seien derzeit noch
verschiedene Rahmenbedingungen unklar, dennoch habe man intensiv erste Überlegungen diskutiert, wie dieser Ansatz in den beiden Flächenkreisen Borken und Coesfeld umgesetzt werden
könne. Ziel müsse es sein,
gemeinsam die Basis für eine erfolgreiche Integration
von Flüchtlingen in den Arbeits- und Ausbildungsmarkt im Westmünsterland
zu schaffen.
BZ vom 08.10.2015
KREIS BORKEN
Donnerstag, 8. Oktober 2015