Sport Bieler Tagblatt Donnerstag, 13.08.2015 17 Der Schweizer Exodus in die Bundesliga geht weiter Fussball Mit dem Duell zwischen Meister und Top-Favorit Bayern München und dem Hamburger SV startet die Bundesliga morgen in ihre 53. Saison. Mit dabei sind auch 22 Schweizer Spieler und mit Lucien Favre und Martin Schmidt zwei Schweizer Trainer. Der Exodus der Schweizer Spieler in die Liga des nördlichen Nachbarn hielt auch in diesem Sommer an. Mit Fabian Frei, Fabian Schär, den Nachwuchs-Internationalen Nico Elvedi, Ulisses Garcia, Francisco Rodriguez und Djibril Sow sowie Torhüter Andreas Hirzel wechselten sieben weitere Schweizer in das boomende Oberhaus des Weltmeisters. Als einzige Schweizer verliessen Tranquillo Barnetta (von Schalke zu Philadelphia) und Valon Behrami (von Hamburg zu Watford) Deutschland. «Die Schweizer sind Spieler, die sich schnell integrieren lassen, die die Sprache und die Mentalität kennen, den Charakter haben, fussballerische Qualität besitzen und bezahlbar sind», sagte Max Eberl, der Sportdirektor von Borussia Mönchengladbach. Eberl kennt sich aus mit Schweizer Fussballern, fünf von ihnen stehen mittlerweile bei der Borussia unter Vertrag. Und auch Eberls wichtigster Angestellter, Trainer Lucien Favre, besitzt den roten Pass mit weissem Kreuz. Der 57-jährige Romand, der betagteste und nach dem Abgang von Jürgen Klopp bei Dortmund auch dienstälteste Trainer der Bundesliga, hat die Borussia vom Niederrhein wieder zur Blüte gebracht. Dank einer überragenden Saison qualifizierten sich die Gladbacher mit den Stammkräften Yann Sommer und Granit Xhaka erstmals in der Klubgeschichte für die Champions League – gut vier Jahre, nachdem Favre nach seinem Amtsantritt den Sturz in die Zweitklassigkeit in extremis verhindert hatte. Trotz der Euphorie und der Qualifikation für die Champions League verlor die Borussia mit Max Kruse (Wolfsburg) und Christoph Kramer (Leverkusen) zwei Stammspieler. Der Schweizer Josip Drmic und Lars Stindl, der am Montag beim 4:1 im Cup in St. Pauli brillierte, wurden als Ersatz verpflichtet. Neuorientierung im Pott Noch erfolgreicher, finanziell aber auch um einiges potenter als Mönchengladbach ist der VfL Wolfsburg, der mit Diego Benaglio, Timm Klose sowie Ricardo und Francisco Rodriguez die zweit- Schweizer Chefcoach in der Bundesliga, nicht an einen Alleingang der Bayern. «Dortmund und Wolfsburg werden ihnen das Leben sehr schwer machen, vielleicht mit einem überraschenden Ausgang im Saisonfinale», so der charismatische Walliser mit dem ungewöhnlichen Lebenslauf, der in seine erste komplette Saison als Cheftrainer von Mainz steigt. Im Mittelfeld setzt Schmidt neu auf Fabian Frei, der sich in Rheinland-Pfalz der Herausforderung Bundesliga stellt. In Reichweite der Mainzer bewegen sich auch Hoffenheim mit Captain Pirmin Schwegler, Fabian Schär und Steven Zuber, das mit dem Verkauf des Brasilianers Roberto Firmino für geschätzte 41 Millionen Euro den BundesligaRekordtransfer tätigte. Auch im Mittelfeld anzusiedeln sind die Frankfurter Eintracht mit Haris Seferovic, Werder Bremen mit dem von den Grasshoppers verpflichteten Schweizer Nachwuchs-Internationalen Ulisses Garcia sowie Hertha Berlin mit Valentin Stocker und Captain Fabian Lustenberger. Jubelnde Schweizer in Deutschland: Josip Drmic (links) und Granit Xhaka (rechts), zwei der fünf Schweizer bei Mönchengladbach. Keystone Wieder Chaos beim HSV grösste Schweizer BundesligaFraktion stellt. Trainer Dieter Hecking und Sportchef Klaus Allofs etablierten die Niedersachsen in der Beletage der Liga, Platz 2 und der erstmalige Cupsieg waren der Beleg für eine nahezu perfekte Saison. Der von VW alimentierte Verein gehört auch in der neuen Saison zu den ersten Herausforderern von Titelverteidiger Bayern München – sofern er Kevin de Bruyne, den besten Vorlagengeber der letzten Saison, halten kann. Manchester City und Bayern München sollen am 24-jährigen Belgier stark interessiert sein. Wieder in Richtung Champions League wollen sich nach einer durchzogenen Saison auch die beiden Ruhrpott-Grössen Borussia Dortmund und Schalke 04 orientieren. Thomas Tuchel trat beim BVB nach einem einjährigen Sabbatical in die Fussstapfen von Jürgen Klopp, der nach sieben Jahren mit zwei Meistertiteln, einem Cupsieg sowie dem Erreichen des ChampionsLeague-Finals zurücktrat. Neben Roman Bürki, der wohl als Nummer 1 in die Saison starten wird, verpflichteten die Dortmunder auch Gonzalo Castro vom direkten Konkurrenten Leverkusen. Die Leverkusener können ihrerseits neu auf die Dienste von Admir Mehmedi zählen. Schalke verpflichtete nach dem Missverständnis Roberto di Matteo als neuen Trainer André Breitenreiter von Absteiger Paderborn und holte mit Johannes Geis eines der grössten Talente Deutschlands. Bayern klarer Favorit Die Favoritenrolle im Kampf um die Meisterschaft gehört einmal mehr Bayern München. Der Rekordmeister war in den letzten drei Saisons der nationalen Konkurrenz entrückt, dem Kampf um die Meisterschaft fehlte zuletzt die Spannung. Den Ansprüchen Die 22 Schweizer Bundesliga-Legionäre • Wolfsburg: Diego Benaglio, Timm Klose, Francisco Rodriguez, Ricardo Rodriguez • Borussia Mönchengladbach: Josip Drmic, Nico Elvedi, Yann Sommer, Djibril Sow, Granit Xhaka • Bayer Leverkusen: Admir Mehmedi • Augsburg: Marwin Hitz • Borussia Dortmund: Roman Bürki • Hoffenheim: Fabian Schär, Pirmin Schwegler, Steven Zuber • Eintracht Frankfurt: Haris Seferovic • Werder Bremen: Ulisses Garcia • Mainz 05: Fabian Frei • Hertha Berlin: Fabian Lustenberger, Valentin Stocker • Hamburger SV: Johan Djourou, Andreas Hirzel si von Trainer Pep Guardiola, der in seinem letzten Vertragsjahr bei den Münchnern steht und über dessen Zukunft viel spekuliert wird, dürfte die Meisterschale allein jedoch nicht mehr genügen. «Als bester Trainer der Welt» war der Katalane 2013 nach dem Triple-Gewinn unter Jupp Heynckes angekündigt worden, in der Champions League scheiterten die Münchner aber zweimal im Halbfinal. Auf dem Transfermarkt stellten die Bayern auch ihre finanzielle Vormacht einmal mehr unter Beweis. Mit den Verpflichtungen des Chilenen Arturo Vidal (von Juventus Turin) und des Brasilianers Douglas Costa (Schachtjor Donezk), die zusammen 67 Millionen Euro gekostet haben, erhielt die lateinische Fraktion an der Säbener Strasse weiter Zuwachs. Mit Bastian Schweinsteiger verliess ein Münchner Urgestein die Bayern Richtung Manchester zur United. Als einer der wenigen Trainer glaubt Martin Schmidt, der zweite Beim Hamburger SV mit dem neuen Captain Johan Djourou herrscht nach dem blamablen Cup-Out gegen das viertklassige Carl Zeiss Jena (2:3 n.V.) bereits wieder das nackte Chaos, ehe die Saison begonnen hat. Auch in dieser Saison droht dem BundesligaDino der Abstiegskampf. In den vergangenen beiden Meisterschaften war die erstmalige Relegation erst in der Barrage verhindert worden. Anfang dieser Woche kam noch der Faux-Pas an die Öffentlichkeit von Sportdirektor Peter Knäbel, dessen Rucksack mit Akten (u.a. Gehaltsliste der Spieler) in einem Park gefunden wurde (das BT berichtete). Erste Kandidaten auf die beiden direkten Abstiegsplätze sind die Aufsteiger Ingolstadt und Darmstadt. Die «Lilien», wie die Darmstädter genannt werden, schrieben in den letzten Jahren ein modernes Fussball-Märchen. 2008 hatte die Insolvenz gedroht, nun gelang innerhalb von fünf Jahren und dank zuletzt zwei Aufstiegen in Folge der Sprung von der Regionalliga in die 1. Bundesliga. si Wenn der Hochzeitstag terminlich mit dem Berner Derby kollidiert Saisonkarten Die Seeländer Roland Hug und Roland Hasler wollen mit der Internetplattform Splitseat verhindern, dass Sitzplätze von Saisonabo-Besitzern leer bleiben. Wer ein Saisonabonnement der Berner Young Boys oder des EHC Biel gekauft hat, wird vielleicht nicht alle Heimspiele seines Vereins besuchen können. Wie wird man sein Abo möglichst schnell und unkompliziert gegen einen Unkostenbeitrag los, damit der gebuchte Platz nicht leer bleibt? Für diesen Fall haben die Seeländer Unternehmer Roland Hug und Roland Hasler Splitseat, die Plattform zum Teilen und Nutzen von Saisonabon- nementen, ins Leben gerufen. Die Registrierung ist kostenlos. Die Vorgehensweise ist einfach: Wer zum Beispiel beim EHC Biel ein Saisonabonnement besitzt und für das erste NLA-Derby in der Tissot Arena zwischen dem EHC Biel und dem SC Bern am 12. September nicht mit von der Partie sein kann (zum Beispiel weil dann gerade Hochzeitstag ist oder man sich am selben Tag in München das Fussballderby Bayern - Augsburg nicht entgehen lassen will), kann sein Abo auf Splitseat anbieten. Hug. Für all jene, die auf der Plattform ihr Abo für einen Unkostenbeitrag von bis zu 30 Franken zur Verfügung stellen, ist die Dienstleistung gratis. «Ab dem Betrag von 31 Franken zahlt man dann eine Vermittlungsgebühr von acht Prozent.» Den Ort der Übergabe können die beiden Parteien unter sich ausmachen. «In der Regel wird der Postweg gewählt», sagt Hug. Wer aber kurzfristig sein Abo auf Splitseat anbieten wolle, wähle vielleicht einen Bahnhof oder die Nur NLA und Super League Keine Versteigerung erlaubt Im Gegensatz zu anderen Internetplattformen darf aber das «Ticket» in diesem Fall nicht versteigert werden. Der Anbieter muss auf der Website von Splitseat einen fixen Betrag angeben. «Jene Person, die ein Saisonabo für eine Partie benutzen kann, zahlt an Splitseat 2.50 Franken», sagt Roland Stadionumgebung als Treffpunkt der Übergabe. Es sei auch möglich, das Angebot auf eine bestimmte Gruppe, zum Beispiel Freunde, Familie oder Mitarbeiter, zu beschränken. Das sei den Usern überlassen. Das Ticket weitergeben: Roland Hug (links) und Roland Hasler, die beiden Gründer der Internetplattform Splitseat. Olivier Sauter Zurzeit ist das Angebot von Splitseat in der Schweiz auf die Super League (Fussball) und auf die NLA (Eishockey) beschränkt. «Wenn die Nachfrage vorhanden ist, können wir uns aber auch vorstellen, die Challenge League oder die NLB miteinzubeziehen.» Splitseat bietet auch Spiele der 1. und 2. Bundesliga in Deutschland sowie der Bundesliga in Österreich an. «Wir wollen das Angebot auf andere Sportarten ausweiten», so Hug. Das Projekt läuft erst seit Anfang Juli, nachdem rund ein Jahr entwickelt und getestet wurde. Hug ist überzeugt, dass es für alle Beteiligten eine Win-win-Situ- ation ist. «Es gibt Vereine, die Bedenken haben, dass wir eine Konkurrenz zum Einzel-Ticketverkauf sind. «Leere Sitze bringen aber niemanden etwas. Für die Sponsoren und die Catering-Unternehmen ist es doch besser, wenn das Stadion möglichst voll ist», sagt Hug. Aufgrund seiner bisherigen Erfahrungen als SCB- und YB-Saisonabo-Besitzer ist er überzeugt, dass die meisten, die Splitseat benutzen würden, keine potenziellen Käufer für Einzeltickets im Vorverkauf seien. Daniel Villard, Geschäftsführer des EHC Biel, ist der Meinung, «dass grundsätzlich jeder Abo-Besitzer das Recht hat, sein Abo für ein Spiel auch jemand anderem zu geben.» Ob er dies via einer Internetbörse machen wolle, sei seine Entscheidung. «Unser Ziel ist es, dass unsere Heimspiele in der Tissot Arena gut ausgelastet sind.» Patric Schindler Link: www.splitseat.ch
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