Messertechniken

Auszug aus dem Buch von Johannes Vogel:
Outdoor-Survival nur mit dem Messer
erschienen im Verlag pietsch, ISBN 978-3-613-50816-3
Messertechniken
Viele Arbeiten sind mit dem richtigen Werkzeug einfacher und schneller durchgeführt. Diese Werkzeuge
können Sie aber nicht alle mitführen, sondern müssen
sie häufig vor Ort herstellen. Das beginnt mit einfachen
Grabhölzern und endet bei filigranen Fallen und präzise
gebauten Feuerbohrern. In diesem Buch beschränken
wir uns auf den Bereich, der zum unmittelbaren Erhalt
der Leistungsfähigkeit in den ersten Tagen anfällt, vernachlässigen also bewusst Fallen und Jagdwaffen. Die
dafür benötigten Schnitttechniken sind aber dieselben
wie die hier vorgestellten.
Schneidetechnik
Die grundlegende Verwendungstechnik des Messers
ist – wie der Name sagt – immer eine Schneidebewegung. Um leicht durch Holz, Fasern, Haut oder Fleisch
zu dringen, müssen Sie die Klinge immer in der Ebene
ihrer Schneide bewegen, ähnlich dem Sägen. Prinzipiell ist das Schneiden nichts anderes als das Sägen, nur
in einem sehr viel kleineren Bereich. Es werden keine
Fasern aus dem Material herausgerissen wie durch einen Sägezahn, sondern einzelne Molekülverbindungen
zerrissen. Ein häufiger Fehler, der zum Festsetzen der
Klinge und dadurch auch zum Abrutschen und zu Verletzungen führt, ist das »Schaben« oder »Hobeln«, also
das Eindrücken der Klinge, ohne sie zu bewegen. Bei
manchen Schnitten kann das »Säbeln« auch durch ein
Wippen ersetzt werden. Gewöhnen Sie sich an, bei je-
dem Schnitt diese Schneidebewegung durchzuführen –
damit kommen Sie durch das härteste Holz.
Abtrennen von Hölzern
Wenn Sie gewachsene Stämme oder Äste bis zu einem Durchmesser von 5–10 Zentimetern schnell und
sicher abtrennen möchten, geht das in aller Regel mit
einem kleinen Messer sehr viel schneller als mit einem
Hackgerät oder einem Sägedraht. Wichtig ist hierfür zu
wissen, dass die Fasern von Holz längs durch den Ast
führen und durch Biegung eine enorme Spannung erhalten. Auf der konvexen Seite entsteht Zug, während
auf der konkaven Seite Druck aufgebaut wird. Wird der
Ast also unter Spannung gesetzt, können Sie die Klinge
mit dem Daumen auf dem Klingenrücken ohne große
Kraft in die Fasern treiben. Die Schnittrichtung ist dabei diagonal nach unten. Da die Fasern unter Spannung
stehen, platzen sie regelrecht vom Holz, wodurch die
»Spannungsphase« immer weiter durch den Ast wandert – nur der allerletzte Schnitt muss mit ein wenig
Kraft angesetzt werden, da hier die Fasern ohne jegliche
Belastung zertrennt werden müssen.
Ablängschnitt
Wenn Sie vom Ende eines Astes ein Stück abtrennen
möchten, um ihn auf bestimmte Länge zu bringen, können Sie das über einen Ablängschnitt am Knie machen.
Gehen Sie mit einem Knie auf den Boden, stellen das
andere Bein auf und legen die Hand mit dem Messer
Ein sauberer Schnitt gelingt
bei harten Materialien wie
Holz nur durch das »Säbeln«
der Klinge.
Auszug aus dem Buch von Johannes Vogel:
Outdoor-Survival nur mit dem Messer
erschienen im Verlag pietsch, ISBN 978-3-613-50816-3
an das stehende Schienbein. Das Schnittgut wird von
unten an die Klinge gelegt und nach hinten gezogen.
Ein Ast wird unter Spannung kurz über dem Boden schräg durch
die Fasern abgetrennt.
Grobes Ablängen von Ästen kann über einen kraftvollen Schnitt
am Knie erfolgen. Jener ist zwar kräftig, aber weit weniger präzise als der Kraftschnitt.
Wichtig beim Kraftschnitt ist, dass die Klinge senkrecht auf dem
Brustbein aufliegt.
Kraftschnitt
Der Kraftschnitt oder Power-Cut wird verwendet, um
Hölzer abzulängen, zu zerteilen oder Endstrukturen
wie Spitzen oder Haken aufzuschneiden. Hierbei wird
das Messer so in der geschlossenen Faust gehalten, dass
die Schneide in Richtung Daumenwurzel steht – also
genau anders herum als gewohnt. Das Griffende wird
auf dem Brustbein aufgelegt, und während beide Arme
angewinkelt sind, legen Sie das Schnittgut von unten an
die Schneide. Durch das Strecken der Rückenmuskulatur können Sie nun mit enormer Kraft beide Schultern
nach hinten ziehen – die Klinge kann zentimeterdicke
Scheiben vom Holz abtrennen. Vorteil dieser Technik
ist außerdem, dass Sie sehr präzise arbeiten können.
Präzisionsschnitt
Wenn ein Stab mit feinen Kerben, Haken etc. versehen
werden sollen, arbeiten Sie mit beiden Händen am Messer. Vor allem wenn die Strukturen am Ende des Astes
angebracht werden sollen, besteht die Gefahr, dass das
Holz ausbricht. Also wird mit wenig Kraft gearbeitet.
Das Messer wird in der Faust gehalten, dabei liegt der
Daumen auf dem Klingenrücken. In der anderen Hand
liegt das Holz, welches selbst von unten an die Klinge
gesetzt wird. Jetzt drücken Sie mit dem Daumen der
Hand, die das Holz hält, die Klinge in die Fasern. Dieser
Schnitt ist höchst präzise, aber nicht sehr kraftvoll. Deshalb müssen meist mehrere dünne Fasern aufgefächert
werden, die mit einem Kappschnitt herausgetrennt
werden. Auf diese Weise lassen sich auch feather sticks
schneiden.
Gegenschnitt
Diese präzise Technik sollten Sie nur anwenden, wenn
Sie die Klinge einigermaßen geübt führen können. Sie
wird als Gegenschnitt gegen einen Präzisionsschnitt
geführt, um Haken frei zu schneiden oder Kerben zu
säubern. Dabei schneiden Sie direkt in Richtung Ihrer
Hand. Deshalb sollten Sie nur mit äußerster Vorsicht
und mit wenig Druck arbeiten. Um ein Abrutschen zu
verhindern, halten Sie das Holz mit einer Hand fest und
drücken mit dem Daumen ebendieser Hand gegen die
messerführende. So können Sie sehr langsam in die Fasern einschneiden – rutschen Sie ab, wird die Klinge
vom Gegendruck an den Daumen abgebremst.
Auszug aus dem Buch von Johannes Vogel:
Outdoor-Survival nur mit dem Messer
erschienen im Verlag pietsch, ISBN 978-3-613-50816-3
Kappschnitt
Um einen zugeschnittenen Ast mit einem sauberen und
flachen Ende zu versehen, nehmen Sie das Holz in eine
Hand und führen es an die Klinge. Mit gestrecktem (!)
Daumen der Führungshand kann das Ende nun über
die Klinge geführt werden. Dabei wird das Messer relativ nahe an der Klinge gefasst, da sonst nicht genügend
Platz für den gestreckten Daumen verbleibt. Wichtig ist,
dass der abgespreizte Daumen keinesfalls näher an die
Klinge gerückt wird – auch wenn das Holz festklemmt.
Da Sie mit diesem langen Hebel über den Daumen nur
relativ wenig Kraft erzeugen können, schnitzen Sie bei
dieser Technik generell dünne Scheiben vom Ende herunter.
Lochschnitt
Sollen Löcher oder Kerben zum Verzapfen geschnitten
werden, ist die Gefahr groß, dass das Werkstück reißt
und Sie mit der Klinge durch das Holz rutschen und die
Griffhand verletzen. Halten Sie das Messer allerdings
vorne an der Klinge fest, können Sie mit dem Daumen
die Schnitttiefe genau regulieren. Dabei ist es wichtig,
dass sich die Schneide auch unter Druck keinen Millimeter bewegen kann. Dazu wird die Klinge mit vier
Fingern gegen den Handballen gepresst. Die Klinge
lässt sich so quer zu den Fasern einstechen. Um ein
Loch zu schneiden, flachen Sie das Holz etwas mit dem
Kraftschnitt ab und stechen zwei mal etwa einen Zentimeter voneinander entfernt quer zur Faser ein. Rutschen Sie dabei ab und treffen die Griffhand oder den
Oberschenkel, sind Verletzungen (wenn Sie überhaupt
vorkommen) weit geringer, als wenn Sie die Klinge am
Griff fassen und die gesamte Schneidenlänge eindringen kann. Nun können Sie die Fasern zwischen den
Querschnitten vorsichtig mit demselben Griff herausschälen. Dasselbe wird von der anderen Seite gemacht,
bis sich beide Löcher treffen.
Durch das Stabilisieren des Griffs mit beiden Daumen kann
der Präzisionsschnitt sehr sauber und durch Klingenbewegung
vergleichsweise tief erfolgen. Der Präszisionsschnitt lässt sich
jederzeit stoppen.
Es lässt sich nicht immer vermeiden, gegen die Hand zu schneiden. In diesem Fall wird die Klingenhand ständig mit dem Daumen der anderen Hand gebremst. Beim Ausbrechen der Faser
wird die Klinge gestoppt.
Sie werden all diese Techniken ständig im täglichen
Training anwenden. Dabei wechseln Sie irgendwann so
flüssig, dass Sie sich wenig Gedanken darüber machen
werden, welchen Schnitt Sie gerade anwenden. Dort wo
bestimmte Schnitte Sinn machen, werde ich es im Folgenden entsprechend kennzeichnen.
Weitere Informationen unter: www.vivalranger.com
© 2015 Johannes Vogel, mit freundlicher Genehmigung des
Verlags pietsch. Dieser Buchauszug darf frei kopiert und weiterverbreitet werden – nicht erlaubt ist jedoch die Änderung
oder nur auszugsweise Veröffentlichung.
Ein sauberes Ende ist oft eine wichtige Voraussetzung beim Bau
improvisierter Gegenstände. Bleibt der Daumen beim Kappen
gestreckt, kann nichts passieren.
SURVIVAL-EXPERTE
JOE VOGEL
Von Johannes »Joe« Vogel
im Verlag pietsch erschienen:
DMAX Survival-Guide
für echte Kerle
Das ultimative OutdoorHandbuch von Joe Vogel
Pflanzliche Notnahrung
Survivalwissen für
Extremsituationen
Neu ab
Januar 2016:
Tierische Notnahrung
Survivalwissen für
Extremsituationen
Outdoor-Survival
nur mit dem Messer
Wildpflanzen bestimmen
Essbar oder giftig?
192 Seiten, 293 Bilder
192 Seiten, ca. 220 Bilder
240 Seiten, 225 Bilder
Trinkwasserversorgung
in Extremsituationen
Survivalwissen für Reisen
und Krisengebiete
192 Seiten, ca. 270 Bilder
256 Seiten, 573 Bilder
ISBN 978-3-613-50806-4
ISBN 978-3-613-50763-0
128 Seiten, 115 Bilder
ISBN: 978-3-613-50816-3
ISBN 978-3-613-50815-6
ISBN 978-3-613-50791-3
EUR 19,95
EUR 19,95
ISBN 978-3-613-50784-5
EUR 19,95
EUR 19,95
EUR 19,95
EUR 14,95
S e m i n a r e , K u r s g u tsch e i n e , W i s s e n s da t e n b a n k
u n d Vi v a l r a n g e r CO M - S h o p a u f :