DAS ATTENTAT DAS PRINZIP ŠVEJK

Die Abenteuer
des guten
Soldaten
Švejk
im
Weltkrieg
DAS ATTENTAT
Am 28. Juni 1914 wurden der Erzherzog Franz Ferdinand und
seine Gemahlin Sophie in Sarajevo ermordet. Lokale Berater hatten den Thronfolger der Österreichisch-Ungarischen
Doppelmonarchie gebeten, nicht am Sankt-Veits-Tag, dem
Gedenktag der für das Vaterland gefallenen Serben, nach
Sarajevo zu kommen. Doch der 28. Juni war Sophies und
Franz’ Hochzeitstag und Franz Ferdinand wollte der letzten
Station seiner Bosnienreise einen besonders lockeren und
zivilen Anstrich geben. So hatten die sieben in zwei Zellen
organisierten Attentäter der serbischen Anarchistengruppe
„Schwarze Hand“ beste Voraussetzungen. Gavrilo Princip
schoss zwei Mal aus kurzer Entfernung auf den Thronfolger,
der wenige Stunden später seinen Schussverletzungen erlag.
DAS PRINZIP ŠVEJK
Als guter Soldat weiß Švejk, was ein solches Attentat bedeutet, und meldet
sich provokant freiwillig zum Dienst.
Denn dieser Krieg muss sein: „Das wird
ein Gemetzel.“ Dass Švejk daraufhin
verhaftet, in die Psychiatrie gesteckt,
als Idiot ausgelacht und als Vaterlandsverräter beschimpft wird, fordert den
Prager Wirtshausanarchisten nur noch
mehr heraus. Als Offiziersdiener an
der Front gelingt ihm der große Coup:
Autoritäten, Frontlinien und Befehle
gelten für ihn nicht. Er lässt Militärchargen und Kriegsbürokraten im
Feuerwerk seines Widerspruchsgeistes
tanzen und reißt die nationalen
Hierarchien der österreichischungarischen Vielvölkerarmee lachend
nieder. Švejk treibt sein aufmüpfiges
Spiel in einer zwischen Lethargie und
Chaos zerrissenen Welt, die den Einzelnen zu einer Nummer und die Menschenseele überflüssig werden lässt.
Gewisse Damen und Herren der Doppelmonarchie und ihre deutschen
Bündnispartner werden von Švejk in
ihrer melancholischen Endzeitstimmung
beim Wort genommen und in ihrer
Dummheit und Bestialität vorgeführt.
Die Paradoxie des Krieges sichtbar machen, Hunde frisieren, Vögel vögeln,
weinen, wo andere sich totlachen,
Frauen verstehen und im richtigen
Moment die Fronten wechseln – das ist
das Prinzip Švejk. 1921 als Groschenheft
in Prager Kneipen verscherbelt, feiert
der passive Widerstandsgeist des fragmentarischen Romans Jaroslav Hašeks
(*30. April 1883 in Prag; † 3. Januar 1923
in Lipnice nad Sázavou) in Frank Castorfs
Inszenierung seine düstere Wiederauferstehung. Der spanische Kritiker
Claudio Guillen hat Hašeks neunhundert Seiten langen, „offenen“ Roman
mit einem Güterzug verglichen –
„Episode nach Episode, Wagon nach
Wagon, und nach einer Station kommt
immer wieder noch eine andere ...“ Für
Bühnenbildner Aleksandar Denić ist der
Güterzug mitten in Europa steckengeblieben. Denić hat die Fassade der
am 30. Dezember 1914 eröffneten
Berliner Volksbühne nachbauen lassen
und sie mit ihrem ursprünglichen
Motto versehen: Die Kunst dem Volke.
KRIEGSSPLITTER
In seinem kürzlich erschienenen Buch zur „Evolution der
Gewalt im 20. und 21. Jahrhunder t“ fasst Herfried Münkler
aktuelle Forschungen zum Ersten Weltkrieg überzeugend
zusammen und verweist auf die Auswirkungen dieser
„Urkatastrophe“ auf das neue Jahrtausend. Ordnungspolitische Ideen wie die „Kongruenz von Nationalität und
Staatlichkeit“ sowie der Einfluss multinationaler Interessensmächte waren und sind damals wie heute kriegstreibend. Hašeks Roman erzählt von Švejks Odyssee durch die
osteuropäischen Gebiete des Ersten Weltkriegs. Im Spiegel
aktueller Kriegsszenarien erscheint dieser skurrile Antiheld
als ein ersehnter Zeitgenosse, der die Verhältnisse mit
geschwätziger Lebensbejahung und provozierendem
Schwachsinn in Frage stellt. In Kreisen läuft der gute Soldat
Švejk von Prag über Budapest bis in die Ukraine. Eine Kette
von beabsichtig ten Missverständnissen verfolgt ihn auf
seiner ziellosen „Anabasis“, bei der alle Wege in den Krieg
oder in das Unterbewusstsein europäisch er Männerund Frauenphantasien führen, die in der Österreichisch-Ungarischen Doppelmonarchie am Anfang des
20. Jahrhunder ts dank Dr. Freud auf dem Wege ihrer
psychoanaly tischen Behandlung sind.
DIE NEUÜBERSETZUNG
Hašeks Romanfragment wurde 1926 von Grete Reiner erstmals ins Deutsche übersetzt. Reiner, eine deutschsprachige Prager Jüdin, wurde 1892 in Prag geboren und 1944
in Auschwitz ermordet. Ihre Übersetzung war auch die
Grundlage für die Inszenierung, die im Januar 1928 unter
der Regie von Erwin Piscator am Berliner Theater am
Nollendorfplatz in Zusammenarbeit mit Kafkas Freund
Max Brod, George Grosz und Bertolt Brecht entstanden ist.
Reiners Übersetzung und Piscators Inszenierung haben den
„Švejk“ in Deutschland früh populär gemacht. Doch das
fehlerhafte Deutsch des Protagonisten in ihrer Übersetzung
entfernt sich vom tschechischen Original. „Es verhält sich
genau umgekehrt wie bei Grete Reiner: Nicht die Tschechen
sprechen ein schlechtes Deutsch, sondern die Deutschen
sprechen ein schlechtes Tschechisch mit typisch deutschem
Akzent, der in tschechischen Ohren besonders lächerlich
klingt.“ (Antonín Brousek) Auch die beiden erfolgreichen
deutschen „Švejk“-Verfilmungen mit Heinz Rühmann und
Peter Alexander führen dieses Missverständnis fort. Brouseks
2014 erschienene Neuübersetzung folgt Hašeks Humor:
„Man lacht nicht, um die Welt zu entlarven, man muss letztlich lachen, um in dieser Welt nicht vor die Hunde zu gehen.
Lachen ist also zugleich Heilmittel und Gegengift.“
AUREL MANTHEI Josef Švejk
BIBIANA BEGL AU Frau Vodičková
FRANZ PÄTZOLD Oberleutnant Lukáš
JÜRGEN STÖSSINGER General
KATHARINA PICHLER Katy Wendler
GÖTZ ARGUS Wendler
MARCEL HEUPERMAN Baloun
JEFF WILBUSCH Kadett Biegler
NORA BUZALKA Etelka Kákonyi
ARTHUR KLEMT Kákonyi
VALERY TSCHEPLANOWA Schwarze Witwe
PAUL WOLFF-PLOT TEGG
Hauptmann Ságner
Die Abenteuer
des guten Soldaten Švejk
krieg
im Welt
unvollendeten Roman
Szenen aus einem
nach JAROSLAV HAŠEK
Deutsch von ANTONÍN BROUSEK
Regie
Bühne
Kostüme
Licht
Video + Live-Schnitt
Kamera
Dramaturgie
FRANK CASTORF
ALEKSANDAR DENIĆ
ADRIANA BRAGA PERETZKI
GERRIT JURDA
MARIE-LENA EISSING
JOSEF MOTZET + JAROMÍR ZEZULA
ANDREA KOSCHWITZ
REGIEASSISTENZ Alexander Krieger
BÜHNENBILDASSISTENZ Bärbel Kober + Franz Xaver Unterholzner
KOSTÜMASSISTENZ Cátia Palminha + Anna Maria Schories
DRAMATURGIEASSISTENZ Rose Reiter
REGIEPRAKTIKUM Lydia van Odijk
KOSTÜMPRAKTIKUM Sarah Buhmann + Ronja Echelmeyer +
Katharina Koch
REGIEHOSPITANZ Roland Bersch
DRAMATURGIEHOSPITANZ Mirjam Loibl + Christina Schlögl
INSPIZIENZ Emilia Holzer
SOUFFLAGE Simone Rehberg
PREMIERE
08 APR 2016
Residenztheater
Vorstellungsdauer ca 4 Std 30 Min
Eine Pause
BÜHNENMEISTER Ralf Meier + Armin Schäl
BELEUCHTUNGSMEISTER Martin Feichtner
STELLWERK Oliver Gnaiger + Thomas Keller + Zvonimir Petrovic
TON Nikolaus Knabl + Maximilian Loibl
TONASSISTENZ Lukas Neumeier + Sascha Rehberg
VIDEOTECHNIK Ehab Altamer + Vanessa Hafenbrädl
VIDEOASSISTENZ Viktoria Link
REQUISITE Armin Aumeier + Peter Jannach + Frank Kutzora +
Jens Mellar + Robert Stoiber
MASKE Erika Beitinger + Lena Kostka + Isabella Krämer
GARDEROBE Petra Berglar + Dieter Jung + Ngozi Unamba-Oparah +
Rita Werdich
KRIEGSSPLITTER
Das Jahr 1914 und die ihm folgenden vier Kriegs- macht des westlichen Balkans zerstören wollten.
jahre wurden zur politischen Tragödie des euro- Die Regierung in Wien sah in dem Attentat auch
päischen Bürgertums, das den Krieg als Chance einen Angriff auf ihr politisches Prestige und die
zur Erlangung politischer Hegemonie gesehen pax austriaca auf dem Westbalkan und entschied
und sich bei dem Versuch, diese Chance wahr- sich für einen militärischen Schlag gegen Serbien,
zunehmen, wirtschaftlich und sozial ruiniert hat. der dann zum Zündfunken für den Ausbruch des
Vor allem aber hat dieses Bürgertum im Verlauf Ersten Weltkriegs wurde. Die Weltkriegsforschung
des Krieges seinen politischen Kompass verloren: hat die Bedeutung dieses Attentats lange Zeit
Statt die gesellschaftliche und politische Mitte heruntergespielt, indem sie es im Anschluss an
zu besetzen, hat es sich politisch nach rechts eine von dem griechischen Historiker Thukydides
bewegt.
getroffene Unterscheidung als bloßen „Anlass“
bezeichnete und die eigentliche „Ursache“ des
*
Das Habsburgerreich wurde nach dem Aus- Krieges in der europäischen Hegemonialkonkurgleich von 1867, als aus dem österreichischen renz oder im globalen Ringen um Macht und EinKaiserreich die Doppelmonarchie Österreich- fluss suchte. Die ausschlaggebende Rolle, die der
Ungarn geworden war, von Budapest und von Wien dritten Konfliktdimension, dem Kampf um die
regiert; beide Seiten blockierte n sich zu- Vormacht in Mittel- und Südosteuropa sowie in
meist, und die Regierungsgeschäfte verliefen Kleinasien und im arabischen Raum, zukam, wurschleppend. Die in der Donaumonarchie vorherr- de weiterhin übersehen. Erst der Historiker
schende Stimmung aus spätem Glanz und Christopher Clark hat den Blick wieder auf die
melancholischer Endzeitstimmung ist oft be- Rolle Serbiens und Österreich-Ungarns bei der
schrieben worden und hat in der deutsch- Entstehung des Ersten Weltkrieges zurückgelenkt,
sprachigen Literatur bleibenden Niederschlag und Sean McMeekin hat das im Hinblick auf Russgefunden. Derweilen breiteten sich national- land und dessen Begehrlichkeiten gegenüber dem
kulturelle Selbständigkeits- und politische Osmanischen Reich getan. Bei diesem ParadigAutonomiebestrebungen in den slawischen Lan- menwechsel dürften die jugoslawischen Zerdesteilen aus, und die Fliehkräfte des Reichs fallskriege der 1990er Jahre eine wichtige Rolle
wuchsen kontinuierlich an. So wurde das Atten- gespielt haben.
tat eines österreichischen Serben auf den Thron*
folger der Doppelmonarchie zur unmittelbaren
Der Untergang des
Ursache des Ersten Weltkriegs. Die Kriegspartei
in Wien setzte in der Julikrise 1914 auf einen beHabsburgerreichs war,
grenzten Krieg, um das Reich zu retten und durch
retrospektiv betrachtet,
den erhofften militärischen Erfolg die Kraft und
Selbstbehauptungsfähigkeit der Doppelmonarchie
eine politische Katastrophe,
nach innen wie außen unübersehbar unter Beweis
deren Folgen bis heute
zu stellen. Aus dem begrenzten Krieg wurde
fortwirken. Die östlichen
jedoch der Große Krieg, in dessen Verlauf die
zentrifugalen Kräfte stärker statt schwächer
Regionen des einstigen
wurden; im Herbst 1918, als die Niederlage der
Österreich-Ungarns bilden
Mittelmächte unabwendbar war, zerfiel das
Habsburgerreich entlang seiner ethnisch-natioinzwischen den westlichen
nalen Trennlinien in eine Reihe von Staaten, die
Rand der Krisenzone zwivon nun an politisch eigene Wege gingen. Ob
dieser Zerfall zwangsläufig oder vorwiegend eine
schen dem mittleren Balkan
Folge des Krieges war, die ohne diesen und mit
und dem Kaspischen Meer.
einer Politik kluger Reformen hätte vermieden
werden können, ist bis heute umstritten.
*
Es kommt hinzu, dass die im Verlauf der
*
Die ordnungspolitische Idee einer Kongruenz G e s chi ch t e e n t s t an de n e n k ul t ur e ll e n
von Nationalität und Staatlichkeit war bei der Trennlinien mitten durch diese Räume gehen:
Entstehung des Ersten Weltkriegs insofern von So haben Teile der heutigen Westukraine lange
Bedeutung, als sie die Motive der Attentäter von zur polnische n Adelsrepublik, danach zum
Sarajevo prägte, die zur Schaffung eines groß- Habsburgerreich und dann wieder zu Polen
serbischen Nationalstaats beitragen und das gehört, während die mittlere und die östliche
Habsburgerreich als multinationale Ordnungs- Ukraine im Zuge der von Zar Iwan IV. einge-
leiteten Expansion zum festen Bestandte il
Russlands wurden. Eine dem westeuropäischen
Modell vergleichbare Nationalstaatsbildung oder
eine für Mitteleuropa typische Natiogenese mit
anschließender Ausrichtung der Staatlichkeit
an der Nation hat in der Ukraine somit nicht
stattgefunden – beziehungsweise sie hat erst
mit dem Zerfall der von Moskau oder St.
Petersburg aus kontrollier ten imperialen Ordnung begonnen. Im Unterschie d zum Balkan
und zum Kaukasus ist es hier weniger die ethnische oder die religiös-konfessionelle Diversität, aus der die Trenn- und Bruchlinien der
politischen Ordnung erwachsen, sondern es
stehen politisch-kulturelle Zugehörigkeitsvorstellungen und konkurrierende Einflusssphären
im Vordergrund: Im Westen und inzwischen
auch in der Mitte der Ukraine fühlt sich die Bevölkerung eher dem Prosperitätsraum der EU
zugehörig und möchte in ihn aufgenommen
werden, während im Osten viele zu Russland
gehören wollen und die westeuropäisch geprägte EU als eine fremde Kultur ansehen.
*
Mit Blick auf die Kriege in der Ostukraine
und in der Levante wird man festhalten können,
dass George Kennans Bezeichnung des Ersten
Weltkriegs als „Urkatastrophe“ des 20. Jahrhunderts auch auf das 21. Jahrhundert noch
zutrifft.
*
des Kriegsgeschehens
ng
Entwicklu
Die
während der letzten drei Jahrzehnte bietet ein
verwirrendes, zutiefst widersprüchliches Bild.
Einerseits ist es zu einer weiteren Verrechtlichung des Gebrauchs kriegerischer Gewalt
gekommen, andererseits ist in vielen Kriegen
die Gestalt des Soldaten durch die eines Kriegers abgelöst worden, der sich weder dem
Ethos der Ritterlichkeit, noch den Bestimmungen des Kriegsvölkerrechts verpflichtet fühlt,
sondern Gewalt anwendet , wie ihm dies
gerade zweckmäßig und zielführend erscheint.
Einerseits haben sich weltpolitische Regionen
herausgebildet, in denen der Krieg kein ernstlich in Erwägung gezogenes Instrument der
Politik mehr darstellt, wie das im größten Teil
Europas der Fall ist, andererse its gibt es
Gebiete, in denen der Krieg im Gefolge von
Staatszerfall endemisch geworden ist. Ursächlich für die fehlende Friedensperspektive sind
die Vielzahl der am Krieg beteiligten Akteure,
ihre organisatorische Diffusität und schließlich
die für die Neuen Kriege typischen Verbindungen zwischen Kriegsfinanzierung und internationaler Kriminalität. Viele der Neuen Kriege
dauern aufgrund dieser Kriegsökonomie nicht
Monate oder Jahre, sondern Jahrzehnte.
HERFRIED MÜNKLER
„Ich denke mir auch, dass das sehr
schön ist, sich von einem Bajonett
durchstechen zu lassen“, sagte
Švejk, „und es ist auch gar nicht so
schle cht, eine Kugel in den Bauch
zu bekommen, aber noch schöner
ist es, wenn man von einer Granate
zerrissen wird und der Mensch dabei
sieht, dass seine Beine zusammen
mit dem Bauch von ihm seltsam weit
entfernt sind und ihm dieses so komisch erscheint, dass er deswegen
noch früher stirbt.“
Jeff Wilbusch
Paul Wolff-Plotegg
Arthur Klemt
Marcel Heuperman
Bibiana Beglau
Aurel Manthei
Franz Pätzold
Götz Argus
Marcel Heuperman
Jürgen Stössinger
Paul Wolff-Plottegg
Arthur Klemt
nicht
Unterdessen betrachtete Švejk das Büro des Auditors. Man kann
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hätte,
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günstig
sagen, dass es einen besonders
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Fotos
waren
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allem wegen der Fotos an den Wände
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Exekutionen, die von der Armee in Galizie
worden waren. Künstlerische Fotografien mit ausgebrannten Bauern
herunten
Erhäng
der
Last
der
häusern und mit Bäumen, deren Äste unter
kleiner
terhingen. Besonders schön war eine Fotografie aus Serbien. Ein
den
hten
bewac
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Bajone
Junge, der Vater, die Mutter. Zwei Soldaten mit
Vorder
im
pose
Sieger
Baum mit den Erhäng ten, irgendein Offizier stand in
grund und rauchte eine Zigarette.
Marcel Heuperman
zold
Franz Pät
Nora Buzalka
Bibiana Beglau
Aurel Manthei
Marcel Heuperman
Jeff Wilbus
ch
Katharina Pichler
Franz Pätzold
„Als ich in Serbien war“, sagte Vodička,
„haben sich bei uns einige gemeldet, die
Tschuschen für Zigaretten aufzuhängen.
Jeder Soldat, der einen Mann aufgehängt
hat, bekam dafür zehn Stück ‚Sport‘, für
eine Frau oder ein Kind fünf Stück. Dann hat
die Intendantur angefangen zu sparen, und
man hat die in Massenerschießungen abgeknallt. Mit mir hat so ein Zigeuner gedient,
und von dem haben wir das lange nicht
gewusst. Uns war nur komisch, dass die den
nachts immer irgendwohin ins Büro gerufen
haben. Damals standen wir an der Drau.
Und einmal in der Nacht, als der weg war,
ist jemandem eingefallen, in seinen Sachen
zu kramen; und da hat der Kerl in seinem
Rucksack ganze drei Packungen ‚Sport‘ zu
je einhundert Stück gehabt. Morgens ist der
zurück in unsere Scheune gekommen, und
wir haben mit ihm kurzen Prozess gemacht.
Wir haben ihn zu Boden gewor fen, und ein
gewisser Běloun hat den mit einem Gürtel
erwürg t. Der Kerl war zäh wie eine Katze.“
Der alte Pionier Vodička spuckte aus: „Der
war einfach nicht zu erwürgen, hatte sich
schon in die Hosen gemacht, die Augen
waren dem rausgetreten, und immer noch
so lebendig wie ein nicht zu Ende abgestochener Hahn. Dann haben die ihn zerrissen wie eine Katze. Zwei haben den Kopf
gehalten, zwei die Füße, und sie haben ihm
das Genick gebrochen. Schließlich haben
wir ihm seinen Rucksack mitsamt seinen
Zigaretten umgeschnallt, und ab mit ihm in
die Drau. Wer möchte denn solche Zigaretten rauchen? Am nächsten Morgen hat man
ihn dann überall gesucht.“
Jürgen Stössinger
Marcel Heuperman
Jeff Wilbusch
Arthur Klemt
Paul Wolff-Plottegg
Jeff Wilbusch
Götz Argus
Valery Tscheplanowa
Lukáš war ein typischer
Vertreter eines aktiven
Berufsoffiziers der maroden österreichischen
Monarchie. Die Kadettenschule hatte ihn zu einem
Amphibienwesen erzogen.
Er sprach in Gesellschaft
deutsch, schrieb deutsch,
las tsche chische Bücher.
Wenn er in der Einjährigfreiwilligenschule unterrichtete, in der all seine
Schüler Tsche chen waren,
sagte er zu ihnen vertraulich: „Wir wollen Tschechen sein, aber es sollte
keiner davon wissen. Ich
bin auch Tsche che.“ Das
Tsche chentum hielt er für
eine Art von Geheimorganisation, der man am besten aus dem Wege gehen
sollte.
SONGLISTE ŠVEJK, 06. ARPIL:
STONED
- RAY CHARLES: LET’S GO GET
STURM
– GEORG DANZER: RUHE VOR DEM
RUHE VOR DEM STURM
VON GEORG DANZER
Da Wald steht stüh
ka Vogel fliagt am Himmel
und unter ana Bruckn,
zwa Kinder, die si duckn
und eng und enger ruckn
da Wind kommt auf
der erste Blitz zuckt nieder
und unten in die Häuser
wern die Gebete leiser
der Hass wachst auf’n Kaiser
des Volk schaut nimmer länger zua
die Ruhelosen wolln a Ruah
es läut die Glockn aufn Turm
des is die Ruhe vor dem Sturm
der Sturm bricht los
es riacht nach Pech und Schwefel
die Weiber in der Kammer,
die packt der große Jammer
der Tischler schwing t sein Hammer
der Tod geht um
die Felder liegn voll Leichen
die Scheiterhaufen brennen,
ma siecht die Menschen rennen
es regnet Bluat und Tränen
der Aufstand is im Keim erstickt
der Pfarrer auf der Kanzel nickt
er läut die Glockn auf’n Turm
doch auch die Ruhe nach dem Sturm
ist nur die Ruhe vor dem Sturm
EVER
– DEATH IN ROME: LOVE ME FOR
A+
OVIN
RAK
+
ĔL
– KAREL KRYL: AND
TAK HLE JAK SE PEROU
ION
– LAIBACH: GEBURT EINER NAT
DIT
CHO
U
BUD
JÁ
ÁK:
– PETR NOV
PO SPIČKÁCH
ERSE:
– PLASTIC PEOPLE OF THE UNIV
ÍN
DAR
MAN
Y
ODN
IVUH
POD
OP. 25
– ARNOLD SCHÖNBERG: SUITE
– EDWIN STARR: WAR
LTER
- ROLLING STONES: GIMME SHE
- TRIO: DA DA DA
Nora Buzalka
Aurel Manthei
Bibiana Beglau
Statut der tschechoslowaki
schen terroristischen Grup
pen
Von Jaroslav Hašek in Kiew
im
November 1917
1.
Falls die Österreichisch-Un
garische Monarchie - gegen
unseren Willen und trotz
unseres Kampfes - erhalten
bleiben sollte, müssen wir un
ser
e
Str
ategie und Taktik ändern.
•
Statt Offenheit - List!
•
Statt Frontalangriff - Angri
ffe aus dem Hinterhalt! Wo
solange die Österreichisch-U
bei alles erlaubt ist,
ngarische Monarchie nicht
zu Fall gebracht ist.
2.
Für den Fall, dass die Österrei
chisch-Ungarische Monarchi
e bestehen bleibt, werden
alle tschechoslowakischen
Einheiten in Russland, Frankr
eich, Italien, Serbien, Ameri
Kanada und Großbritannie
ka,
n aufgelöst. Ihre Angehöri
gen werden jedoch in jedem
unserer Geheimorganisation
Lan
d
beitreten, deren oberstes Gr
emium der Nationalrat mit Pro
Masar yk an der Spitze darste
f.
llt. Jedes Mitglied leistet die
ser Führung einen Eid.
Jedes Mitglied soll dabei ein
er regulären Arbeit nachgehe
n, im Lande die Staatsbürgerschaft erwerben und de
r Organisation Steuern abfüh
ren (eine Tabelle zur Abgab
progressiven Steuer wird als
e der
Anlage nachgeliefert).
3.
Die Organisation wird in jed
em Land von einem dreikö
pfigen Direktorium geleitet.
Gegen die Befehle und An
weisungen dieses Direktor
iums gibt es keinen Widersp
Die Nichtausführung der Be
ruch.
fehle wird mit dem Tod bestr
aft.
Das Landesdirektorium bestim
mt, je nach den spezifischen
die Art und Weise, wie die Mit
Bedingungen im Lande,
glieder der einzelnen Gruppe
n in Kontakt bleiben sollen.
Befehle des Landesdirektori
Die
ums sind chiffriert. Die Direkt
oren sind den Mitgliedern be
kannt.
4.
Zur Aufrechterhaltung der
Kontakte untereinander erh
ält jedes in die Organisation
aufgenommene Mitglied ein
Verzeichnis der anderen Mit
glieder mit ihren Adressen
Anrede mit „Bruder“ bleibt
. Die
, wie auch der Gruß „Nazdar!
“ Dazu füg t man: „Vergiss nic
Der Angesprochene antworte
ht!“
t: „Nazdar! Ich hab geschwo
ren!“
Das einzige und höchste Zie
l jedes Mitglieds ist die Vernic
htung der ÖsterreichischUngarischen Monarchie. Da
s Landesdirektorium erteilt
nur die wichtigsten Befehle.
Mitglied muss sonst auf eigen
Jedes
e Faust und mit vollem Einsat
z agieren. Die betreffen hau
sächlich Kontakte mit der
ptHeimat, wo man den revolu
tionären Geist im Volke auf
erhalten muss, um Aufruhr
rechtund antidynastische und sta
atsfeindliche Aktionen in Ga
setzen.
ng zu
Um dabei vollen Einsatz zu err
eichen, müssen alle ledigen
Mitglieder der Organisation
auf Heirat und die Verheira
teten auf Familienleben ver
zichten. Wer sich dieser Re
widersetzt, wird als Verräter
gel
bestraft.
5.
Merkmale der terroristischen
Tätigkeit
Diejenigen Mitglieder der Or
ganisation, die mit einer spe
ziellen Aufgabe beauftragt
wurden, verpflichten sich, ab
und zu nach Österreich-Unga
rn zu reisen und dort entwed
„Direkte Aktionen“ zu organi
er
sieren oder selbst durchzuf
ühren, um dem feindlichen
allerlei Schäden zuzufügen:
Reich
•
Eisenbahnlinien und Einric
htungen zu vernichten, wic
Tunnels zu sprengen, Telegr
htige Brücken und
aphen- und Telefonleitunge
n
abz
ure
iße
n;
•
die Werktätigen zu Streiks anz
ustiften, soziale Unruhen auf
hervorzurufen, jede Unzufrie
verschiedene Art
denheit des Volkes für die Ver
schärfung der Stimmung geg
die Regierung, den Staat un
en
d die herrschende Dynastie
zu nutzen;
•
ununterbrochen das Volk in
dem Glauben zu stärken, das
mächtige Befreiungsarmee
s im Ausland eine
existiert, die im Augenblick
einer revolutionären Explos
Land eindringen und dort ein
ion ins
e souveräne Tschechoslowaki
sche Republik ausrufen wird;
diesem Grunde dem Volke
aus
ständig Heldengeschichten
vom Einsatz der tschechosl
schen revolutionären Einhe
owakiiten und ihren Kämpfen im We
ltkrieg zu erzählen, auch in
fen, die den Familien in der
BrieHeimat persönlich überreic
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Valerian Murav`
JAROSLAV HAŠEKS
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WELTKRIEG
Man hat lange versucht, Švejk autobiographisch beizukommen, denn die
Lebensgeschichte seines Autors Hašek ist nicht weniger pikaresk als die
Abenteuer des guten Soldaten, vielleicht sogar noch mehr. Mit dem Gedanken an die sinnvolle Entfaltung eines Schriftstellerlebens ist in seinem
Falle nicht viel auszurichten, denn Hašeks Geschichte besteht aus unlösbaren Widersprüchen und Gegenzügen – so als hätte er es sich angelegen
sein lassen, die Idee der Sinnhaftigkeit durch seine Existenz zu widerlegen,
und jenen ersten tschechischen Kritikern, die ihn als eine Art von spätem
Dadaisten betrachteten, recht zu geben.
Seine Vorfahren waren südböhmische Bauern, der Vater ein geplagter Mathematikaushilfslehrer, und für den jungen Jaroslav hatte man von
Anfang an eine Geschäfts- und Bankkarriere im Auge. Zuerst also die
Handelsakademie (nicht ein gutbürgerliches Gymnasium) und dann eine
Stellung in einer Bank, aus der Jaroslav wiederholt auf romantische Fußwanderungen nach Ungarn in die Slowakei entwich, ehe man auf die weiteren Dienste des allzu ambulanten Angestellten lieber verzichtete. Damals
hatte er schon zu schreiben begonnen, sentimentale Kurzgeschichten auf
naturalistische Art, deren die nationalen Blätter sich annahmen. Er kleidete sich à la Maxim Gorki, radebrechte Russisch, schlief (wenn nicht zu
Hause bei Mama) in der Redaktion einer anarchistischen Zeitung oder ging
wieder auf die Walze, auch nach Deutschland, das ihm mehr behagte als
das heimatliche Kakanien. Seine humoristische Skizze „Bayrische Gerechtigkeit“ mag den Leser heute überraschen, denn er schilderte die fünf
Wochen, die er „arrestier t wegen Landstreicherei“ im Amtsgefängnis von
Hochstädt a. d. Donau verbrachte, als geradezu paradiesische Zeit. Der
Amtsrichter nahm ihn allabendlich ins Wirtshaus mit, der Gefängniswärter
sonntags auf Landpartien, und zum Schluss zahlte man ihm noch ein Arrestanten-Tagegeld, bare 50 RM. „Das nenn‘ ich bayrische Gerechtigkeit!“
schrieb Hašek begeistert (in Böhmen ging man offenbar strenger mit ihm
um).
Um das Jahr 1908 unternahm Hašek den ersten und letzten Versuch,
ein guter Bürger zu werden. Er liebte Jarmila Mayerová, gab sich als konventioneller Verlobter und verdingte sich als Redakteur bei der Zeitschrift
„Die Tierwelt“, Inhaber Wenzel Fuchs (nomen est omen). Seine zoologische
Qualifikation bestand darin, im „Grossen Brehm“ blättern zu können,
echte Wehrwölfe im Inseratenteil zum Verkauf anzubieten, und der erstaunten Leserschaft zu berichten, dass Elefanten eine deutliche Neigung
für Grammophonmusik zeigten, Tiger aber nicht. Mit der Bürgerlichkeit
war’s also bald aus, und Hašek sank in die Nachtcafés, Wirtshäuser und
Kabaretts zurück, als Autor, Sänger satirischer Chansons und Gründer der
„Partei des gemässigten Fortschritts im Rahmen der Gesetze“, die sich
„die strengere Beaufsichtigung der Armeen“, die „Nationalisierung der
Haus- und Kirchendiener“ und die „Überführung aller Kreditinstitute in
die Hände des Klerus“ ins Programm geschrieben hatte. Seine Jux-Apo
sollte den Widersinn des verknöcherten Parteiwesens entblößen.
Über Hašeks Abenteuer im Weltkrieg und seine Aktivitäten in der
jungen Sowjetunion kursierten lange Zeit wilde Legenden in Prag, aber
die Fakten, die fleißige tschechische Historiker aus sowjetischen Parteiund Staatsarchiven zutage gefördert haben, sind noch überraschender
als jede Legende. Als der Krieg ausbrach, rückte der Švejk-Autor als
„Einjährig-Freiwilliger“ ein (das heißt als Offiziersschüler) und wurde am
13. August 1915 mit der „silbernen Tapferkeitsmedaille“ dekoriert.
Im Frühherbst 1915 war es dann soweit, die Russen durchbrachen die
Stellung des 91. (Budweiser) Regiments, und Hašek nutzte die Gelegenheit,
die Front zu wechseln, wie Zehntausende anderer tschechischer und
slowakischer Soldaten vor ihm. Die russischen Brüder steckten ihn zunächst in ein Hunger- und Typhuslager, wo sich der glücklich Überlebende zu den tschechoslowakischen Legionen meldete, die auf alliierter
Seite gegen die Zentralmächte kämpften. Es ging alles ziemlich rasch: im
Jahr 1916 erklärte er den Lesern einer tschechischen Soldatenzeitung,
man müsste die Romanows auf den tschechischen Thron holen; ein Jahr
später schrieb er im Sinne T.G. Masaryks für die zukünftige demokratische
Republik, im Februar 1918 war er unter den linken Sozialdemokraten zu
finden, und im März unter den Bolschewiken.
Von ihnen wurde er als Propagandist nach Samara beordert und geriet dort prompt in die blutigen Kämpfe zwischen Bolschewiken und
tschechoslowakischen Legionären, welche die sibirische Eisenbahnlinie besetzt hielten, um sich den Weg nach Westen (allerdings über
Wladiwostok) offenzuhalten. Er musste damals von seinen eigenen Landsleuten fliehen und tat’s, wie er gestand, „in der traurigen Rolle eines seit
Kindheit geistesgestörten Sohns eines deutschen Kolonisten in Turkestan“.
Im Oktober 1918, als in Prag die parlamentarische Republik ausgerufen
wurde, war Hašek Mitarbeiter der politischen Abteilung der Fünften
Sowjetarmee, redigierte rote Soldatenzeitungen und rückte im April 1920
zum Vorsitzenden des Parteiausschusses im Stabe der Fünften Sowjetarmee auf. Die Kommunistische Partei hatte sich inzwischen auch in Prag
etabliert, und man wollte den erfahrenen Propagandisten nicht missen,
denn man bereitete eine Generalaktion gegen die demokratische Republik vor – nur, Genosse „Gaschek“ wollte nicht, er war mit seiner Redaktionstätigkeit in Irkutsk ganz zufrieden (und hatte auch seine russische
Mitarbeiterin Schura, aus der aristokratischen Lwow Familie, geheiratet,
ohne ihr ein Wörtchen von Jarmila und seinem Sohn Richard im fernen
Prag zu sagen). Die Prager Genossen, allen voran Antonin Zápotocky, der
spätere Staatspräsident, mussten erst in Moskau vorstellig werden, ehe
Hašek mitsamt Schura und falschen Papieren auf den Namen „Herr und
Frau Staidl“ (auch ein Genieblitz Hašeks) die Heimreise über Danzig nach
Prag antraten.
Merkwürdig, wie rasch sich der „Volkskommissar“, wie ihn die nationale Presse nannte, in Prag wieder in den alten Hašek zurückverwandelte. Die kommunistische Aktion gegen die Republik war vier Tage vor seiner
Rückkehr zusammengebrochen, die meisten seiner Genossen waren in
Haft, und er lag buchstäblich auf der Straße, mit Schura, Jarmila und
Richard, gehasst von den Legionären als Deserteur oder gar als Hochverräter und der Polizei (nicht ohne Berechtigung) als Bigamist verdächtig.
Das war der Augenblick, in dem er durch einen populären Roman in Fortsetzungen alle seine Probleme lösen zu können glaubte. Er zog in ein einsames Dorf auf der böhmisch-mährischen Höhe, um in Ruhe den Švejk zu
schreiben, und schrieb und trank sich dort zu Tode.
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RESIDENZTHEATER SPIELZEIT 2015 / 2016
AUFFÜHRUNGSRECHTE Philipp Reclam jun. GmbH & Co. KG, Stuttgart
TEXT-UND BILDNACHWEISE Peter Demetz: Die Literaturgeschichte Švejks. In: Werner Wunderlich (Hg.): Literarische Symbolfiguren. Bern / Stuttgart 1989. –
Jaroslav Hašek: Die Abenteuer des guten Soldaten Švejk im Weltkrieg. Übersetzung aus dem Tschechischen von Antonín Brousek. Stuttgart 2014. –
Jaroslav Hašek: Statut der tschechoslovakischen terroristischen Gruppen. In: Pavel Gan: Jaroslav Hašek in der Ukraine 1917-1918 und im Frühjahr 1919. In: Hans Rothe: Beiträge zum
XII. Internationalen Slavistenkongress in Krakau. München 1998. – Gustav Janouch: Jaroslav Hašek. Bern 1966. – Herfried Münkler: Kriegssplitter. Berlin 2015. –
Valerian Murav´ev: Die Beherrschung der Zeit als Grundaufgabe der Arbeitsorganisation (1924). In: Boris Groys, Michael Hagermeister (Hg.): Die Neue Menschheit. Frankfurt am Main 2005. –
Rainer Pöppinghege: Tiere im Ersten Weltkrieg. Berlin 2014. – Radko Pytlik (Hg.): Jaroslav Hašek in Briefen, Bildern und Erinnerungen. Berlin / Weimar 1983.
REDAKTION Andrea Koschwitz MITARBEIT Mirjam Loibl, Rose Reiter, Christina Schlögl FOTOS Thomas Dashuber, Matthias Horn GESTALTUNG Herburg Weiland DRUCKEREI G. Peschke Druckerei GmbH
HERAUSGEBER Bayerisches Staatsschauspiel, Max-Joseph-Platz 1, 80539 München
INTENDANT Martin Kušej STELLV. GESCHÄFTSFÜHRENDER DIREKTOR Richard Gallner CHEFDRAMATURG Sebastian Huber TECHNISCHER DIREKTOR Thomas Bautenbacher
KOSTÜMDIREKTORIN Elisabeth Rauner KÜNSTLERISCHER DIREKTOR Roland Spohr CHEFDISPONENTIN Regina Maier PRESSE- U. ÖFFENTLICHKEITSARBEIT Sabine Rüter
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