STABIL. STARK. STANDHAFT.

Pflanze 37
■ BAUERNBLATT | 12. März 2016
Betriebliche Ausrichtung hinsichtlich Bodendruck
Bewirtschaftung nur unterhalb der Belastungsgrenze
Die zukünftige Entwicklung der
Landmaschinen sowie der Bodenbearbeitungs-/Bewirtschaftungsweisen wird vor dem Hintergrund der wachsenden Weltbevölkerung und der damit einhergehenden steigenden Nachfrage
nach Lebensmitteln kritisch hinterfragt, weil die nachhaltige
Nutzung und die nur begrenzte
„Elastizität“ der Böden und ihrer Bodenfunktionen als endliche
und nicht vermehrbare Grundlage betrachtet werden. Ziel sämtlicher Bemühungen in der Landwirtschaft, aber auch der Maschinenproduzenten, Lohnunternehmer und Maschinenringe muss
selbstverständlich eine effektive,
aber gleichzeitig die Bodeneigenschaften weitestgehend berücksichtigende optimierte Bodenbewirtschaftung sein.
Als Anhaltspunkt hierfür kann
das
Bundesbodenschutzgesetz
(1998) herangezogen werden, in
dem die Vorsorgepflicht und die
Pflicht zur Gefahrenabwehr unter dem Aspekt der guten fachlichen Praxis definiert werden. Im
Hinblick auf die zukünftige Ausrichtung einer nachhaltigen und
den Anforderungen der Zukunft
gerecht werdenden Bodenbewirtschaftung ist es aus Sicht der Wissenschaft erforderlich, die standortspezifischen
mechanischen
Kenngrößen, Druckfortpflanzung
und Druckkompensation, sowie die
Quantifizierung der Änderung von
bodenphysikalischen, aber auch
physiko-chemischen Kenngrößen
zu ermitteln, um hieraus Empfehlungen abzuleiten. Bei dieser Fragestellung kann auf eine Vielzahl
von gesicherten Erkenntnissen zu-
rückgegriffen werden, die eine
Perspektive für die zukünftige betriebliche Entwicklung auch hinsichtlich der Bodenbewirtschaftung ermöglichen.
Es ist bekannt,
●●dass bei steigender Kontaktfläche und bei gleichem Kontaktflächendruck die Druckverteilung
umso tiefer erfolgt, je größer die
Kontaktfläche ist. Außerdem führt
eine Scherverformung zu einer verstärkten Homogenisierung der leitenden Poren, sodass selbst bei
gleicher Lagerungsdichte die Flüsse, aber auch die Erreichbarkeit
von Oberflächen deutlich eingeschränkt werden. Somit ist als Folge der mechanischen Belastungen
mit einer verminderten Infiltration und Belüftung sowie verstärkter N2O- und Methanfreisetzung
zu rechnen, ebenso wie die Wasser-
haltekraft vermindert und folglich
der Oberflächenabfluss verstärkt
wird. Als Folge der verschlechterten ökologischen Funktionen muss
mit einer größeren Ertragsunsicherheit gerechnet werden, trotz
qualitativ hochwertiger Bodenvorbereitung und Düngung/Pflanzenschutzmittelapplikation.
●●Um negative Effekte auf den Boden sowie dessen Funktionen auszuschalten, muss eine Bewertung
der eingesetzten Landmaschinen
hinsichtlich einer nachhaltigen
Bodenbewirtschaftung erfolgen.
Hierbei muss unterschieden werden, inwiefern es bei dem Einsatz
der Landmaschinen zu elastischen
oder aber plastischen Verformungen im Boden kommt. Bei die Eigenstabilität des Bodens überschreitenden Drücken und gleichzeitiger intensiver Scherung bricht
STABIL. STARK. STANDHAFT.
I Kürzt auch spät noch ein
I Vermeidet Ährenknicken
I Fördert gleichmäßige Abreife
I Mehr Standfestigkeit
I Weniger Lagergetreide
I Höhere Druschleistung
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Pflanze
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Abbildung 1: Bewertung der Erntemaschinen (am Beispiel der Holzernte) im Hinblick auf die
­Bodendeformationsgefahr (Riggert 2015)
Auswirkungen:
physikalische
Bodenparameter
Bewertung der
Bodenstabilität
σ1 < P v
Auswirkungen:
technische
Befahrbarkeit
38
elastische
σ1 < τ
keine/marginale
Auswirkungen
Erhalt
marginale
Spurbildung
Hägglunds
Beispiel
Holzerntemaschinen
gegengesetzte Effekt nach­
gewiesen werden kann. Der
mittlere Kontaktflächen­
druck sinkt, aber die mitt­
σ1 > P v
leren Kontaktflächen stei­
gen. Folglich muss in grö­
plastische Verformung
ßeren Bodentiefen mit ei­
ner stärkeren Deformation
hoher
starke
gerechnet werden.
σ1 > τ
Wassergehalt
Scherdynamik
●●Langfristig konser ­­vie­
rend bewirtschaftete Flä­
Grundbruch
Homogenisierung
chen weisen ein höheres
Druckkompensationsver­
mögen auf als konven­
Abnahme:
tionell
bewirtschaftete
kf, LK, Pv & ρB
Abnahme: kf & LK
Abnahme: kf & LK
Flächen über alle unter­
(vollständige
Zunahme: ρB & Pv
Zunahme: ρB & Pv
suchten Bodentiefen bis
Zerstörung der
60 cm. Dies gilt auch für
Bodenstruktur)
die mit steigender Auf­
last zunehmenden plasti­
schen Verformungen, die
Erhalt
Verlust
unter langfristig konser­
leichte
tiefe Spurbildung & seitliche Aufwölbung
vierender Bodenbearbei­
Spurbildung
tung deutlich stärker kom­
pensiert werden als unter
konventioneller Bearbei­
tung. Diese Änderungen
des Porensystems kann
John Deere
Elliator
man auch in einer unter­
Rottne
schiedlich funktionsfähi­
F14
gen Porengrößenvertei­
lung eines strukturierten
oder eines degradierten
Bodens nachweisen, wo­
Moorband
Buffalo
Traktionsband
mit auch die Verminde­
rung der Wasserinfiltrati­
on und der Belüftung so­
denbewirtschaftung können die ●●Steigende Auflasten von Land­ wie der Durchwurzelbarkeit ver­
folgenden gesicherten Erkenntnis­ maschinen auf die Druckfortpflan­ bunden ist.
se herangezogen werden:
zung führen zu signifikant größe­ ●●Bei bekannten Gesetzmäßig­
●●Gleisketten/Gummilaufbänder
ren und tiefer reichenden Span­ keiten zur Druckkompensation
als positives Argument für eine nungseinträgen.
und über die Auswirkungen von
größere Bodenschonung lassen ●●Eine Verringerung des Reifenin­ Verdichtung und Scherung kön­
sich anhand von Messungen, aber nendrucks bedeutet nur bei niedri­ nen Empfehlungen für eine ma­
auch von entsprechenden modell­ gen Gesamtauflasten eine stärkere schinen- und bearbeitungstechni­
mäßigen Berechnungen trotz klei­ Druckkompensation, während mit sche Ausrichtung der Betriebe ge­
ner theoretischer Kontaktflächen­ steigender Auflast und vor allem geben werden, sodass es bei de­
drücke nicht belegen.
in größeren Bodentiefen der ent­ ren Berücksichtigung zu keinen
der Untergrund (es kommt zum
Grundbruch), während bei hohem
Wassergehalt mit einer zusätzli­
chen Homogenisierung des Bodens
gerechnet werden muss (siehe Ab­
bildung 1).
●●Für eine weiterführende Beur­
teilung der betrieblichen Ausrich­
tung hinsichtlich des Bodendrucks
und der Bodenbewirtschaftung
müssen somit die Stabilität in situ,
die Wechselwirkun­
gen zwischen exter­ Abbildung 2: Ableitung der mechanischen Stabilität (Vorbelastung) für die Unterbodenwassergehalte
nen Auflasten und pF 1.8 beziehungsweise <pF 1.8 (hydromorphe Böden) (links, feuchter Zustand) und pF 2.5 beziehungsinternen Festigkeiten weise pF1.8 (hydromorphe Böden) (rechts, trockener Zustand) (Unterboden; 40 cm), Klassifikation der
bekannt sein und/ Pv (kPa): sehr gering < 30, gering 30-60, mittel 60-90, hoch 90-120
oder messtechnisch
quantifiziert werden.
Klar ist, dass nicht
der Boden an den
­Maschinenpark an­
gepasst werden kann,
sondern die Maschi­
nen der Lohnunter­
nehmer/Maschinen­
ringe an die langfris­
tig nicht veränderten
Bodeneigenschaften.
sehr gering
Für die Entschei­
gering
dung der Neuaus­
mittel
richtung von Maschi­
hoch
nensystemen oder
Änderungen der Bo­
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Abbildung 3: Modellierte Veränderungen der Luftkapazität (unter Berücksichtigung des Sauerstoffangebotes der hydromorphen Böden) im Unterboden (40 cm) mit einem angenommenen Spannungseintrag von 90 kPa (r.) im Vergleich zum Ausgangszustand (li.)
90 kPa
Klassifikation
Luftkapazität
sehr gering
gering
mittel
hoch
sehr hoch
Verschlechterungen der Standortverhältnisse kommen dürfte.
Außerdem wäre eine Prognose
der standortspezifisch angepassten Maschinen einschließlich der
Einsatzplanung beziehungsweise
Neuausrichtung des Maschinenparks an den Standorten möglich.
Zukünftige Formen der
Landbewirtschaftung
Wie kann der Landwirt seine Bewirtschaftung anpassen?
Voraussetzung ist eine Übertragung der gewonnenen Daten auf
die Hoffläche.
Auf der Hofbodenkarte können
sowohl Eigenfestigkeiten der Bodentypen bis in den Unterboden
(Abbildung 2, Beispiel Jungmoränenlandschaft) als auch die durch
die nichtangepasste Landmaschinennutzung induzierte Änderung
von Bodenfunktionswerten, zum
Beispiel der Luftkapazität (Abbildung 3) nachgewiesen werden.
Künftige
Bodenbearbeitungssysteme
Bei der Wahl zukünftiger und
nachhaltig wirkender Bodenbearbeitungssysteme kann die Umstellung von der konventionellen
Pflug­arbeit hin zu konservierender Bewirtschaftung beziehungsweise Direktsaat bei strukturlabilen Böden empfohlen werden.
Des Weiteren führt Onland-Pflügen zu verbesserter Druckkompensation im Boden. Außerdem
führt Controlled Traffic zu einer
Reduzierung der überfahrenen
Bodenfläche. Es gehen hierbei
maximal 15 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche dauerhaft verloren, sofern mit konstanten Achsabständen der Maschinen und stabi-
len Fahrgassen gerechnet werden
kann. Sämtliche Bearbeitungsgänge im Jahresverlauf erfolgen stets
von diesen Fahrgassen aus, damit die eigentliche Ackerfläche
in Form einer Beetkultur erhalten
bleibt. Bei Umstellung wird langfristig die Wasserinfiltration verbessert, die Bodenerosion verringert, die Wasserspeicherung erhöht und eine Gefahr der Grundwasserkontamination verringert.
Aufgrund der besseren Durchlüftung und des günstigeren mikrobiellen Klimas kommt es zu einer
geringeren N2O-Emission.
Positiv zu erwähnen ist das potenzielle Rekultivierungspotenzial,
sofern die Bodenschonung durch
die Konzentration der Befahrung
auf einige wenige, aber definierte Fahrgassen gewährleistet wird.
Große Arbeitsbreiten schonen die
Flächen und vermeiden damit die
zusätzliche Bodenverdichtung. Außerdem sind als nachhaltige Bodenbewirtschaftungsmaßnahme
der kontinuierliche Zwischenfruchtanbau in den Streifen sowie der
Begleitfruchtanbau zu nennen.
Somit sind in der Zukunft Bodenschonung und gezielte und ertrag­
reichere
Landbewirtschaftung
möglich, und zwar durch Kombination verschiedener ackerbaulicher Maßnahmen, da mit weiteren
Fruchtfolgen und einer Reduzierung der Bodenbearbeitung eine
Förderung des Humusaufbaus mit
einer Bodenstrukturierung einhergeht. Dies führt zu einer verbesserten Zugänglichkeit und gleichmäßigen Erreichbarkeit von Porenund Oberflächen für Nährstoffe,
Wasser und Wurzeln.
Als Vision für die Zukunft ist
schließlich der Einsatz von Robotern in der Landwirtschaft zu nennen, wodurch das häufig ins Feld
schinen nicht nur die
gleiche Arbeitsleistung bei geringeren
Produktionskosten
erzielen, sondern damit verbunden auch
die nachhaltige Bodenbewirtschaftung
und der Erhalt von
Bodenfunktionen erreicht werden. Entsprechende
neuere Untersuchungen
auf den verschiedenen Kontinenten
lassen eine schnelkritische
le Verbesserung des
Werte
nicht nachhaltigen
Einsatzes von schweren Landmaschinen
durch mehrere kleigeführte Argument der notwen- nere Einheiten wahrscheinlich
digen größeren Schlagkraft von werden.
Landmaschinen durch den Einsatz mehrerer kleiner intelligenProf. Dr. Rainer Horn
ter Feld­
roboter widerlegt wird.
Dr. Heiner Fleige
Es kann davon ausgegangen werInstitut für Pflanzenernährung
den, dass die bereits seit Mitte
und Bodenkunde der Christian-­
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FAZIT
Unter dem Gesichtspunkt der
zukünftigen betrieblichen Ausrichtung hinsichtlich des Bodendruckes und der Bodenbewirtschaftung lassen sich folgende
Schlussfolgerungen ziehen: Da
Böden, je nach Entstehung und
vorheriger Landnutzung, nur
eine begrenzte Eigenfestigkeit
besitzen und darüber hinaus je
nach Humushaushalt und biologischer Aktivität die Bodenstabilität nur im geringen Maße gefördert werden kann, muss davon ausgegangen werden, dass
bei Überschreitung der Eigenfestigkeit nicht nur das Porenvolumen und die Durchlüftung abnehmen, sondern besonders der
Wasser- und der Stofftransport
sowie die Durchwurzelbarkeit
schlechter werden, während die
Bildung klimaschädlicher Gase
zunimmt.
Vor diesem Hintergrund sind
die zukünftige Ausrichtung der
Landbewirtschaftung und der
Einsatz von Landmaschinen mit
folgenden Überlegungen zu verknüpfen.
●●Reduzierung der Bewirtschaftungsintensität durch verstärkten Einsatz von konservierenden/reduzierten Bearbeitungsmethoden, da hierdurch die Bo-
denstabilität verbessert wird.
Allerdings führt eine Überschreitung der Eigenstabilität ebenfalls zu irreversiblen Bodendeformationen.
●●Ein Einsatz von standortangepassten Maschineneinheiten
verringert die Gefahr der weiteren und tiefer reichenden Bodenverdichtung. Gleisketten per
se sind nicht bodenschonend, da
sie durch Schlupf zu einer intensiven Zerscherung der Bodenstruktur trotz theoretisch geringeren Kontaktflächendrucks
beitragen.
●●Controlled Traffic und Controlled Traffic Farming verringern die überfahrene Ackerfläche und verbessern die Boden­
struktur auf den Beeten und damit auch den Ertrag.
●●Überlegungen zu Robotereinsätzen sollten weiterentwickelt
werden, um die Landbewirtschaftung effektiv zu gestalten,
denn nur damit können Böden
auch langfristig jeweils entsprechend der vorliegenden Potenziale nachhaltig bewirtschaftet
werden, ohne die Eigenfestigkeit und die Bodenfunktionen
zu ändern und die Schlagkraft
sowie die Maschinen- und Personalkosten zu steigern.