Perspektiven | Käsetheke II Käsetheke II Aktiv verkaufen mit klaren Impulsen Die Einrichtung der Käsetheke lässt viel Raum für Kreativität. Genau wie die Tastatur eines Klaviers. Für beide gelten strenge Regeln. Je klarer sie umgesetzt werden, desto mehr Raum entsteht aber auch für Interpretationen. Ein Überblick über Pflicht und Kür der Thekengestaltung und Verkaufskunde. // Samuel Huber Handhabung Kontaktpflege Produktdaten verstehen nah und fern Arbeitsökonomie Produkt-Handling Schwerpunkte Käsegruppen Freiräume Plazierung Tafeln und Schilder Theke verkosten Standard vorbereiten Sortiment auszeichnen Fachwissen Tempo Routine fördern körperlich anwesend Käsetheke Präsenz POS-Marketing Zeit und Raum nehmen wollen und können Verkaufsablauf Thekengestaltung den Produkten Leben einhauchen Kunden einladen Kontakt Stimmung eigenes Marktprofil wie Boden/Basis: Grundlage und Verläss lichkeit, die jederzeit erbracht wird. wie Qualität: Schlüsselqualifikationen, die den Unterschied machen. wie Perspektive: „Brillant! Hier macht’s Spaß.“ Käsetheken-Mind-map: Als Grundlage für eine per fekte Betreuung der Käse theke dient die Mind-map, die im Zuge der dreiteiligen Artikelserie vervollständigt wird. In diesem Heft geht es um Thekengestaltung und Verkaufsablauf. Die „Medaillen“ B, Q und P markieren einzelne Quali tätsschritte. 28 BioHandel 7|09 Beziehungen pflegen Ansprechpartner sein Im vorigen Heft hatten wir das Sortiment und die Handhabung behandelt, heute geht es um die fachgerech te Platzierung des Sortiments, die Thekengestaltung und den eigentlichen Verkauf. Die modifizierte Mind map (siehe oben) soll helfen, sich die verschiedenen Etappen im Pro zess der Qualitätsentwicklung zu vergegenwärtigen: B steht für Basis, Q für Qualität und P für Perspektive. Aufbau mit Profil Für die Basisanforderung beim Thema Platzierung gilt: Jeder Käse hat seinen festen Platz. Diesen bekommt er zugewiesen: in seiner Käsegruppe, seiner thematischen Rolle, aber auch passend zu den Arbeitsabläufen. Zu beach ten bei der Erstellung des Thekenplans ist also: -- Wo steht die Schneidemaschine? -- Welche Sorten brauchen wegen ihrer Laibgröße mehr Platz zum Hantieren, welche weniger? -- Welche von den „Rennern“ kaufen die Kunden ge schnitten, welche am Stück? Ist dies geklärt, so bilden die umsatzstarken Sorten das Ge rüst des Thekenplans. Sie belegen die Stammplätze, um die sich die weiteren Sorten sowie eigene Themen anordnen. Der Aufbau geschieht nach eigenen Themen sowie nach Käsegruppen, die immer von vorne nach hinten eingeräumt werden. Klassische Käsegruppen sind zum Beispiel Schnitt käse, Weichkäse etc. Klassische Themengruppen sind zum Beispiel fettreduzierte Sorten, die Themen Schaf- oder Ziegenkäse oder die Themen Herkunft und Tradition. Der dritte Schritt bei den Basisanforderungen ist nun, diejenigen Sorten in Szene zu setzen, die das Profil des La dens stärken (z.B. regionale Käsereien, Rohmilchkäse). Das geschieht, indem man diesen Sorten die stärksten Plätze gibt. Insgesamt ist eine klare Ordnung Ziel des Thekenplans. In diesem Sinne wird hinten höher aufgebaut als vorne, werden klare Reihen gelegt und innerhalb einer Reihe stets die Käsegruppe und ggf. das Thema beibehalten. Ist dieser Thekenplan allen Mitarbeitern an der Theke bekannt, kann er auch in den Wirren des Alltags eingehalten werden. Zum Thekenplan gehören auch Freiräume für Aktionen und zusätzliche Angebote. Durch zeitweise Verkleinerung der Stammplätze können diese Freiräume jederzeit geschaffen werden. Gerade die stark belegten, besseren Plätze bieten eine gute Möglichkeit, attraktive Aktionsflächen zu schaffen. Von der Pflicht zur Kür Wie die Käse ausgezeichnet werden, hat einen rechtlichen Rahmen und soll darüber hinaus den Kunden das Einkaufen erleichtern. Die Pflichtangaben werden von den Bundesländern geregelt und sind beim zuständigen Amt zu erfahren. Zu den Standards der Verordnung zählen: -- Name, -- Käsegruppe oder Name der Standard-Sorte, -- Fettgehalt in % Trockenmasse oder Fettgehaltsklasse, -- Hinweis auf Tierart bei Schaf- oder Ziegenkäse, -- Rohmilch-Hinweis bei allen Sorten, die nicht aus pa steurisierter Milch gekäst werden, -- Preis pro 100g oder kg, -- Hinweis „Rinde zum Verzehr nicht geeignet“ bei Sorten mit Coating (Beschichtung), -- Hinweis über Zutaten z.B. „mit Kräutern“. Zusätzlich kann der Händler mit Bio-Hinweis, Angabe des Verbands, Beschreibung des Geschmacks oder besonderen Eigenschaften weitere Hinweise geben. Aspekte wie Lacto segehalt oder die Art des Labs können hier aufgegriffen wer den. Details wie Reifezeit, Kuhrasse, Herkunft sind weitere Themen, die im Dienst eines klaren Profils stehen. Eine Theke, die Kunden binden will, wird also Informatio nen in Form eines Appells oder gar provozierend verpacken, um den Dialog an der Theke anzuregen. Wer umgekehrt die Theke eher ergänzend zu PrePacking-Theke und SB-Regal nutzt, wird eher auf Informationen mit einfachen Antworten setzen. Auf jeden Fall können neben den vorgeschriebenen Daten selbst gewählte Informationen stehen, die auf die Stär ken des Sortiments abheben. Dies gilt auch für Plakate, Schil der und Tafeln, die als Verkaufshilfen genutzt werden. Diese Hilfen werden tatsächlich von sehr vielen Kunden beachtet. Ein Vorteil, der sich für klare Appelle und Nutzenversprechen an diesem wertvollen Werbeplatz einsetzen lässt. Ein weiterer Tipp: Stecken Sie an die entsprechenden Preisschilder der Käsesorten farbige Sternchen oder ein herausragendes Aus zeichnungsschild, dann lenken Sie die Aufmerksamkeit, die Sie mit dem Plakat geweckt haben, gezielt auf die Ware. Noch näher am Kunden sind Verkostungen direkt auf der Theke. Hier gilt grundsätzlich „Genuss mit Lust auf mehr anre gen statt Futter verteilen“. Das heißt: Sehr guten Käse immer wieder gezielt verkosten wird mehr Resonanz bringen, als das Angebot der Woche in großen Bergen auf der Theke anzuhäu fen. In jedem Fall sollten Sie stets Top-Qualität und auch mal Besonderheiten anbieten. So setzten Sie gute Themen und Reize für wertvolle Kundendialoge. Außer appetitlichen Pro bierstückchen gehört nur weniges auf die Theke. Dekoration und Ergänzungsprodukte sind auf der Käsetheke absolut tabu. Einzige Ausnahme: Wenn Ergänzungsprodukte den Käsege nuss steigern, wie etwa Schwarze Johannisbeerkonfiture, Wein oder Antipasti. Flyer und anderes Infomaterial sollte auf Relevanz geprüft werden. Rezepte mit Käse, die aus Ihrer Hand stammen, helfen mehr als mancher Vierfarb-Druck. Dem Produkt Leben einhauchen. Gute Produktkenntnis im Sinne des Verkaufs heißt: Geschichten und Hintergründe des Sortiments zu kennen. Es macht schon einen Unterschied, wenn Sie sagen können, | Perspektiven dass der Bergkäse aus der Marktgemeinde Hörbranz im Vorar lberg kommt. Das schafft Vertrauen und Nähe: unbezahlbare Faktoren, die so nur an der Theke vermittelt werden können. Zugleich hält es Ihre Geografiekenntnisse frisch. Routine schafft Freiräume Neben der Thekengestaltung zählt das Verkaufen zu den wichtigsten absatzfördernden Faktoren. Kundenorien tiert aufgestellt sein fängt dort an, wo jeder vom Thekenteam die Grundlagen kennt und damit arbeiten kann. Dies erfordert ein wenig Übung, weswegen eine angemessen gute Einar beitungszeit mit viel Kundenkontakt und wiederkehrender Korrektur unabdingbar ist. Dem Kunden Aufmerksamkeit schenken Verkaufen hat etwas mit Präsenz zu tun. Das ist mehr als körperliche Anwesenheit. Es bedeutet, bewusst und aktiv Kontakt aufzunehmen und sich dem Kunden zuzuwenden. Nur so kann er sehen, dass Sie willens sind, etwas für ihn zu tun. Daher ist der Blickkontakt so wichtig. Es empfiehlt sich, den Kunden bereits dann zu begrüßen und mit Blickkontakt „einzufangen“, wenn er noch einige Schritte entfernt ist. Jede andere Arbeit kann nun liegengelassen werden. Dem Kunden gilt die volle Aufmerksamkeit. Verabschieden Sie ihn erst, wenn Sie sichergestellt haben, dass er „wunsch los glücklich“ ist. Und zwar so, wie Sie ihn begrüßt haben: immer mit einem direkten Blickkontakt. Blickkontakte und erhöhte Aufmerksamkeit, die zu jedem Verkaufsvorgang an der Theke gehören sind reine Übungssache. Die anfängliche Willensanstrengung wird schnell Routine. Zusätzlich zu den gesetzlich vorgeschriebenen Angaben kann der Bio-Händler mit weiteren freiwilligen Hinweisen auf die Qualität seines Angebots aufmerksam machen: Anbauverband, besondere Eigenschaften, Reifezeit, Lactosegehalt oder Art des Labs. Beziehungen und Kontakte pflegen Natürlich ist Thekenverkauf nicht bloß Warenvertei lung. Die Käsetheke ist immer auch sozialer Treffpunkt, eine Form des Erlebnis-Einkaufs . Das beginnt damit, dass Sie die Kunden einladen, ihre Meinungen,Wünsche und Geschichten zu äußern. Denn auf den Einkaufszetteln stehen selten die Käsesorten, sondern einfach „Käse“. Das heißt, Sie müssen erst einmal herausfinden, welche Sorten die Kunden bevor zugen oder gerne einmal probieren möchten: also fragen und zuhören. Nach dem Hören kommt das Verkaufen, so sind zum Beispiel Empfehlungen, die auf Geschichten der Kunden zurückgreifen, immer Top-Empfehlungen. Darüber hinaus geht es nicht nur um konkrete Verkäufe, sondern um die Kundenbeziehung als solche. Viele empfinden es als angenehm, einen kurzen Plausch zu halten. Small Talk ist hier keineswegs eine Verlegenheitslösung, sondern zeigt, dass man sein Gegenüber wahrnimmt. Üben Sie daher den Wechsel zwischen dem lockerem Small Talk einerseits und verbindlichen sowie zielführenden Antworten in fachlichen Fragen andererseits. Dies wird Ihnen in Ihrer Rolle als Verkäu fer viel Halt geben, denn hierfür gilt: Sie mögen nicht jeden Tag supergut drauf sein – schlechte Laune jedoch lassen Sie immer woanders. < Samuel Huber hält Seminare zur Dialog orientierung. Er berät und schult Verkaufsteams und verkauft Käse im Organix-Biomarkt Stuttgart www.4malh.de 7|09 BioHandel 29
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