41 6 DER EVANGELISCH-REFORMIERTEN KIRCHE DES KANTONS ST.GALLEN www.kirchenbote-sg.ch THEMA: Mein Garten – mein Paradies DER MENSCH: GÄRTNER DER ERDE SEITE 2-5 SEITE 3 SEITE 15 Eden Mein Garten Der Bibelgarten EIN GARTEN DER WONNE EIN QUELL DER FREUDE EIN BILD DER BIBEL WWW.KIRCHENBOTE-SG.CH 1 EDITORIAL IM ANFANG Liebe Leserin, lieber Leser Erste Blumen und Sträucher, auch das Morgenkonzert der Vögel, künden vom Frühling. Bald wird die ganze Schöpfung – Wiesen, Alleen, Wälder und Gärten – ihre Pracht zeigen. Dieses Wiedererwachen der Natur lässt uns staunen. Die sichtbare, scheinbar tote Natur wird von lebensschaffenden Kräften durchdrungen und verwandelt. Das wunderbare Zusammenwirken von Himmel und Erde weckt auch in uns neue Gefühle. Es ruft zu Taten, auch zur menschlichen Urtätigkeit, den Garten der Erde zu pflegen, sich seiner zu erfreuen. Davon mehr auf Seite 3. Nun ist der Kirchenbote ja keine Zeitschrift für Gartenbau. Vielmehr wirft er auf dem Hintergrund der biblischen Tradition Fragen auf, die den Menschen betreffen: Fragen seiner Herkunft, seiner Bestimmung und Ziele. Und damit sind wir schon bei jenem mythischen Garten Eden, von dem die Bibel sagt, dass er des Menschen erste Heimat war und auch seine letzte sein wird – dem Paradies. Lesen Sie auf den Seiten 4–5, wie die westliche Christenheit sich stets gefragt hat, wo das Paradies einst lag – auch geografisch. Hatte man es im Mittelalter eher am Rand der bekannten Welt platziert, lokalisierte man es seit der Reformation wegen der biblischen Erwähnung des Flusses Euphrat im Zweistromland, dem heutigen Irak. Eine Wende brachten die Ausgrabungen im 19. Jh. Sie zeigten, dass die biblischen Urgeschichten von babylonischen Mythen inspiriert sind. Und die vergleichende Mythologie erkannte, wie alle Völker ihren Ursprung mit lokaler Geografie verbunden haben. Diese Erkenntnisse geben den Evangelien und der Alten Kirche Recht, wonach das Paradies eher als geistiger Zustand des Menschen zu verstehen ist – als ein mit der ganzen Schöpfung und mit Gott in Einklang stehender Zustand, aus dem die Menschen herkommen und der ihnen verheissen ist. Andreas Schwendener 2 AUSGABE 4/2016 Wie diese Ursprungsgeschichte und Utopie mit der Evolutionstheorie zu verbinden ist, bleibt kommenden Generationen zu erörtern. Wir freuen uns am Vorschein des Paradieses, dem Frühlingserwachen der Natur, das vom Osterfestkreis begleitet und erläutert wird. Ŷ Das Paradies: links der Baum des Lebens und die vier Flüsse, rechts der Baum der Erkenntnis von Gut und Böse. Ursehnsucht Paradies Text: Jeremias Treu, Pfarrer in Kirchberg | Bild: Ausschnitt aus der Ebstorfer Weltkarte von 1240, Kloster Ebstorf «Dann pflanzte der HERR, Gott, einen Garten in Eden im Osten, und dort hinein setzte er den Menschen, den er gebildet hatte. Und der HERR, Gott, liess aus dem Erdboden allerlei Bäume wachsen, begehrenswert anzusehen und gut zu essen, und den Baum des Lebens mitten im Garten und den Baum der Erkenntnis von Gut und Böse.» 1. Mose 2, 8–9 Nacktschnecken, die im letzten Jahr unseren Salat für sich allein beansprucht haben. Sicher gab es auch keine wilden Brombeeren, die alles von uns mühevoll Kultivierte überwuchern. Die Arbeit macht sich im Garten Eden nicht von selbst. Gott bringt Adam grosses Vertrauen entgegen. Er darf in dem Garten, den er nicht selbst zu verantworten hat, Verantwortung tragen. Aber allein Verantwortung zu tragen ist so eine Sache. In unserer Erzählung bekommt Adam in Eva ein Gegenüber. Erst in einem menschlichen Gegenüber findet der Mensch zu seinem Wesen. Adam und Eva dürfen in dem schönen Garten leben, aber sie können dort nicht bleiben. Die Kulturgeschichte der Menschheit begann nach biblischer Vorstellung in einem ganz besonderen Garten. Dieser Garten, von dem im älteren Schöpfungsbericht die Rede ist, wird in der griechischen Übersetzung mit Paradies wiedergegeWir erfahren auf den ersten Seiten der Bibel, ben. Das altiranische Lehnwort meint einen umzäunten Lebensraum, der Frieden sichert. Der dass der Mensch sehr schnell seine Mitte verloren hat – weil er sich das Unverfügbare zu eigen Garten Eden ist kein Zaubergarten und kein machen wollte. Es bleibt Adam Schlaraffenland, sondern war und Eva und allen folgenden von Anfang an der Lebensraum «Eigentlich ist das Erste, was der Mensch überhaupt Generationen nur die Erinneund die Lebensgrundlage für machen darf, Gartenarbeit.» rung an den Garten Eden. den Menschen. In der Bibel ist vom Garten nur an wenigen Stellen die Rede. Aber ganz am Dieser Garten hat – wie viele mythologische Erzählungen über den Anfang – eine eigene GeoEnde, im Buch der Johannesoffenbarung, taucht graphie. In ihm entspringt das Leben, das sich er wieder auf. «Wer den Sieg erringt, dem werde in vier Flüssen entfaltet. Die Mitte, wie eine Weltich zu essen geben vom Baum des Lebens, der achse Himmel und Erde verbindend, bilden zwei im Paradies Gottes steht.» Die Menschen tragen Bäume, deren Wurzeln tief in die Erde reichen seitdem diese Erinnerung in sich und hoffen, und deren Krone den Himmel berühren. Vom dass es diesen friedenssichernden Lebensraum Baum des Lebens darf der Mensch essen, nicht wieder geben wird. aber vom Baum der Erkenntnis. So leben wir zwischen dem «Nicht mehr» und Der Auftrag ist klar, diesen Garten zu bebauen «Noch nicht». Ich werde auch in diesem Jahr und zu bewahren. Im Kultivieren des Gartens finwieder Blumen pflanzen und den Kampf gegen det der Mensch seine Bestimmung. Eigentlich ist die Nacktschnecken aufnehmen und mich freuen an den Farben und dem Duft des Frühlings. das Erste, was der Mensch überhaupt machen Und immer wieder werde ich auch die Augen darf, Gartenarbeit. Von mühsamer Gartenarbeit schliessen und über den Zaun schauen, der den ist hier aber noch nicht die Rede. Dornen und Garten Eden umgibt. Ŷ Disteln gibt es nicht. Wahrscheinlich auch keine IM BRENNPUNKT Mein Garten als Freudenquelle «Ich schaue über jeden Gartenzaun», sagt Luzia Steiner, seit 25 Jahren Präsidentin von der Bioterra Regionalgruppe St.Gallen und Umgebung Text: Margrith Widmer | Foto: as In ihrem Garten mit atemberaubendem Blick in den Alpstein blüht fast immer etwas, auch im schneefreien Winter – Schneeglöckchen leuchten, Primeln schimmern samten: Luzia Steiner hat sich in Abtwil ein Paradies geschaffen. Erleben, beobachten, entdecken, experimentieren sind essentiell. Pflanzen sind Lebewesen: Luzia Steiner, Bioterra-Präsidentin, Akupunkteurin, Herbalistin und Inhaberin einer krankenkassen-anerkannten Praxis für traditionelle chinesische Medizin heilt Menschen und Pflanzen. Am Anfang waren die Pflanzen: Luzia Steiners erster Mini-Paradiesgarten war ein Quadratmeter klein und mit Monatserdbeeren bepflanzt. Da war sie sechs Jahre alt. Sie probierte eine Erdbeere, fand sie zu wenig süss und wartete. Der Schmerz war gross, als ihr Bruder alle Früchtchen klaute. «FEINDE» IM PARADIES Jetzt versuchen manchmal Himbeerblütenstecher oder Schnecken die Ernte zu stehlen. Es gibt Gegenstrategien: Ihr Mann sammelt die Käfer Ende Mai und Anfang Juni von den Blüten ab; sie pflanzt vorwiegend Blumen, die Schnecken meiden, oder schützt die Pflänzchen mit Schneckenkragen. Luzia Steiner hat ein Merkblatt «99 Blumen, die mit Schnecken gedeihen» herausgegeben. Das Garten-Gen, vermutet sie, stamme vom Grossvater, einem Bauern. Mit 14 behändigte sie die Pikierschale ihrer Mutter und zog Setzlinge auf: «Es wurden tipptoppe Setzlinge», erinnert sie sich. Mit 16 baute sie einen «heissen Kasten» mit Rossmist, trockenen Blättern und Erde. Die Gärung bewirkt eine Fussbodenheizung für junge Pflanzen im Winter. Während ihre Kolleginnen in die Disco gingen, sammelte sie Pferdeäpfel – und forderte damit den Spott ihres Vaters heraus. DAS KLIMA AUSTRICKSEN Im Kampf gegen das raue Ostschweizer Klima bastelte sie ein Tomatenhaus; sie verschlang Gartenbücher, pflanzte Zucchetti auf Kompost und besuchte, als sie ihren eigenen Garten hatte, Gartenbaukurse beim Gründungsmitglied von Bioterra St.Gallen, Marta Hohermuth. Heute gibt sie selber ihr Biogarten-Wissen an Kursen weiter. Über 1250 Personen haben ihre Gartenbaukurse schon besucht. Ehrfurcht vor der Schöpfung bedingt sanftes Gärtnern: Düngen mit Kompost, robuste Pflanzen am richtigen Standort, giftfreier Pflanzenschutz. Pflanzen sind keine Wegwerfware. Darum hat sie eine Pflanzentauschbörse, jeweils Luzia Steiner kocht das ganze Jahr Gemüse aus dem eigenen Garten, auch im Winter – hier bei der Ernte von Rosenkohl. Mitte Oktober, ins Leben gerufen. «Wuchert eine robuste Pflanze, sticht man sie aus und bringt sie an die Börse. Sie gedeiht in einem andern Garten weiter.» Das tut sie beispielsweise mit ihren vermehrungsfreudigen, wunderbar duftenden Nachtviolen: «Fast jeder Kursteilnehmer hat eine Pflanze oder Samen erhalten.» FREUDENQUELLE Nach der Gartenarbeit sei sie gestärkt und geistig erholt, sagt Luzia Steiner: «Man kommt anders herein, als man hinausgegangen ist.» Sie gehört zu den Menschen, die längst gespürt haben, dass man ohne Pflanzen nicht leben kann: Pflanzen produzieren Sauerstoff, die Grundlage jeglichen Lebens. Sie sind Nahrung für Tier und Mensch – sie «bewegen» sich auch. SAMENWUNDER Zusammenhänge erkennen, herausfinden, welche Pflanzen sich mögen, den Pflanzen gerecht Luzia Steiner rät, eine Mimose mit sekundenwerden, erleben, was aus einem winzigen Saschneller Reaktion zu beobachten. «Der Garten men wird – das ist Luzia ist eine Freudenquelle. Steiner wichtig. Sie kocht «Ich finde meine Kraft in der ZuFreude kann man nirsammenarbeit mit der Natur. Mein fast das ganze Jahr Gegends kaufen», sagt sie. Garten ist ein absolutes Geschenk.» müse aus dem eigenen Ihre Himbeeren nennt sie Garten – im Winter erntet liebevoll «Rubinchen». sie Lauch, Rosenkohl, Topinambur und Zuckerhut, im Vorfrühling paraGeben müssen Menschen dem Gartenparadies diesische Wildkräuter für Salate, Suppen und ihre Zeit, Sorge für die anvertrauten LebeweGemüse, «die dem Körper gut tun». sen, Wasser, Dünger, Schutz: Das ist nichts, verglichen mit dem, was zurückkommt: «Ich finde Ihr Garten ist ein Paradies für Tiere: Im Kies meine Kraft in der Zusammenarbeit mit der blühen Wegwarten, die der Distelfink liebt; AmNatur. Mein Garten ist ein absolutes Geschenk», seln, Meisen, Finken tummeln sich in Bäumen sagt Luzia Steiner. Ihre Neugierde ist grenzenund Brombeerhecken. «Jedes Jahr entdecke ich los: «Ich schaue über jeden Gartenzaun.» neue Insekten», freut sie sich. Sie werden fotoDie vierteiligen Gartenbaukurse finden jedes Jahr im grafiert und nach Fachbüchern bestimmt. März statt – bei genügend Interessenten auch im Lauf Luzia Steiner züchtet Schwalbenschwänze, den des Jahrs. Kursort: Botanischer Garten St.Gallen grössten heimischen Schmetterling, der auf der Anmeldung / Informationen: Bioterra, Luzia Steiner, roten Liste steht. Sie pflanzt Teefenchel, Dill, Kamorstrasse 8, 9030 Abtwil; Tel. 071 311 29 11 Weinraute und Karotten, mit denen sie die RauE-Mail: [email protected] pen füttert. WWW.KIRCHENBOTE-SG.CH 3 THEMA Wo liegt bloss das Paradies? Das Paradies als «Himmel auf Erden» – eine Spurensuche Text: Andreas Schwendener | Bilder: Aus «Vermessung des Paradieses» von Alessandro Scafi und as Ist das in der biblischen Schöpfungsgeschichte beschriebene Paradies auf unserer Erde zu lokalisieren oder eher ausserhalb der irdischen Welt? Obwohl die alte Kirche das Paradies eher als jenseitige Welt verstanden hat, wurde es aufgrund des konkreten Bibeltextes über Jahrhunderte auf Weltkarten lokalisiert. Heute steht das Wort «Paradies» für Ganzheitserfahrungen und gesellschaftliche Utopien. Die hebräische Bibel spricht von «gan eden», zu Deutsch «Garten Eden». Dieser Garten wurde in der griechischen Übersetzung des Alten Testaments mit parádeisos en Edem, Paradies in Eden, wiedergegeben. Bei der Vertreibung aus dem Paradies wurde mit parádeisos tês tryphês, Paradies der Wonne, übersetzt. Damit sollte wohl hervorgehoben werden, dass das Paradies ein Ort jenseits der irdischen Mühsale war. Adam und Eva wurden erst nach der Vertreibung aus dem Paradies mit Gebären und mit dem Tod konfrontiert. Ein Engel versperrte fortan den Zugang zum Baum des Lebens. In den neutestamentlichen Schriften dominiert dieses jenseitige Verständnis des Paradieses. Paulus hält den Ekstatikern in Korinth entgegen, dass auch er bis in den dritten Himmel, das Paradies, entrückt wurde und dort Dinge vernahm, die er hier nicht aussprechen könne. Nach Lukas sprach der gekreuzigte Jesus zu dem neben ihm gekreuzigten Räuber, dass er noch heute mit ihm im Paradies sein werde. In der Apokalypse wird die künftige Welt als Stadt, als Neues Jerusalem, umschrieben, doch im letzten Kapitel folgt die Wiederbringung des Paradieses mit Bäumen des Lebens, die monatlich Frucht tragen: «Und die Blätter der Bäume dienen zur Heilung der Völker.» 4 AUSGABE 4/2016 «Dann pflanzte der HERR, Gott, einen Garten in Eden im Osten, und dort hinein setzte er den Menschen, den er gebildet hatte. Und der HERR, Gott, liess aus dem Erdboden allerlei Bäume wachsen, begehrenswert anzusehen und gut zu essen, und den Baum des Lebens mitten im Garten und den Baum der Erkenntnis von Gut und Böse. Und in Eden entspringt ein Strom, um den Garten zu bewässern, und von da aus teilt er sich in vier Arme. Der eine heisst Pischon. Das ist jener, der das ganze Land Chawila umfliesst, wo es Gold gibt, und das Gold jenes Landes ist kostbar. Dort gibt es Bdellionharz und Karneolstein. Und der zweite Fluss heisst Gichon. Das ist jener, der das ganze Land Kusch umfliesst. Und der dritte Fluss heisst Chiddekel. Das ist jener, der östlich von Assur fliesst. Und der vierte Fluss, das ist der Eufrat. Und der HERR, Gott, nahm den Menschen und setzte ihn in den Garten Eden, damit er ihn bebaute und bewahrte.» Ŷ Das Wort «Paradies» haben die Israeliten aus ihrem Exil in Babylon übernommen; es geht auf persische Wurzeln zurück und fand auch Eingang in die griechische Sprache. DAS PARADIES ALS JENSEITIGE WELT In den Jahrhunderten vor Christus wurde das Paradies mehr und mehr als jenseitige Welt verstanden. Dies war auch bedingt durch die Mythologie und Metaphysik der Griechen, die ein himmlisches Elysion kannten und die sichtbare Welt als Abbild einer unsichtbaren deuteten. Weil die himmlische Urheimat verloren und nicht mehr zugänglich war, interessierte man sich mehr an der Wiederbringung des Paradieses als himmlischer Ort für die Rechtschaffenen, vor allem für Märtyrer, die im Kampf gegen Rom ihr Leben verloren hatten. DAS PARADIES IN DER BIBEL wurde. Die Schöpfung war gehalten von Christus, dem Schöpfungswort. Das Paradies und der Sündenfall wurden meist am Rand der Erde lokalisiert; im Zentrum stand Jerusalem, da ausgehend vom Ort der Auferstehung Christi sich die Kräfte für die Heilung entfalten. Mitelalterliche Weltkarten zeigen auch die geschichtliche Entwicklung des Menschen – hier am obern Rand das Paradies mit den vier Flüssen, in der Mitte Jerusalem als Ausgangspunkt für die Zukunft des Heils. In der frühen Kirche standen sich zwei Auslegungstraditionen gegenüber, eine eher allegorische und eine wörtliche. Die allegorische Sicht interpretierte das Paradies als ideale Welt, welche durch den Sündenfall verloren ging. Die andere sah im Paradies den historischen Anfang der Menschheit. Für die westliche Kirche wurde die Verbindung dieser Sichtweisen durch Augustinus massgebend. Er deutete die Sieben-Tage-Schöpfung von Genesis 1 als geistigideale Schöpfung, welche Gott dann in Genesis 2 mit dem Garten Eden und der Erschaffung Adams, der Tiere und Evas real werden liess. Das Paradies musste sich also irgendwo auf der Erde befinden, sodass ab dem 5. Jh. in der westlichen Christenheit auch geografisch nach dem Ort des Paradieses gefragt wurde. DAS PARADIES AM RAND DER ERDE Die Weltkarten im Mittelalter waren allerdings noch keine bloss geografischen Bestandaufnahmen der Erde. Sie sind eher als Schaubilder für die in der Schöpfung wirkenden Kräfte anzusehen. Die aufgrund der antiken Schriftsteller bekannten Kontinente Afrika, Asien und Europa prägten die Geografie, welche zusätzlich mit der christlichen Heilsgeschichte ergänzt Mit Kolumbus und der Erschiessung der Weltmeere kam in Europa ein neuer Typus von Kartografie auf. Vom Anfang des 15. Jhs. bis zur Reformation war man bestrebt, möglichst exakte Weltkarten zu entwerfen. Das Paradies platzierte man – wenn überhaupt – ausserhalb der irdischen Sphäre in ein Medaillon. Die Geogra- WELTZYKLEN UND JENSEITSSPHÄREN Wie die Inder kannten auch die Griechen vier Weltalter, die einander ablösen. Demnach lebten die Menschen einst in einem goldenen Zeitalter wie in einem ewigen Frühling in Einklang mit allem. Diese Harmonie ging mit jedem weiteren Weltalter verloren, bis hin zu Materialismus und Gesetzlosigkeit. Die Rede ist auch von versunkenen Kontinenten wie Lemurien oder Atlantis, wo Menschen noch mit höheren Kräften ausgestattet gewesen sein sollen. Neben geschichtlichen Ursprungs- und Endzeitmythen kennen die Religionen auch aktuell zu erlangende «Paradiese», sei es durch Mediation wie im Buddhismus oder in den monotheistischen Religionen durch Glaubenspraktiken schon im Diesseits oder durch ein gutes Leben später im Jenseits. Ŷ THEMA Für Luther war die ganze Erde als Paradies erschaffen worden. Dann aber sei diese paradiesische Erde durch den Sündenfall und die Sintflut so weit verändert und zerstört worden, dass vom Paradies der Wonne nichts mehr übrig blieb. Die vier Paradiesesströme wurden trüb und die Natur und der Mensch dem Verfall preisgegeben. Seither seufzt die ganze Schöpfung (Römer 8). Sie warte auf ihre Erlösung und Wiederherstellung. Luthers wörtliche Interpretation der Bibel liess jedoch ein Tor offen für eine neue Kartografie des Paradieses. Im 16. Jahrhundert tauchten neue Paradieseskarten auf – ausgehend von Calvins Auslegung der Schöpfungsgeschichte. Der Genfer Reformator war überzeugt, dass nicht nur im Menschen Spuren der Gottebenbildlichkeit auffindbar sind, sondern auch in der Schöpfung Spuren des Paradieses. Um auf diese Spuren aufmerksam zu machen, bildete er in seinem Genesiskommentar die Paradiesesströme ab. Er liess sie so durch Mesopotamien fliessen, dass sich zwei Flüsse vor dem ehemaligen Paradies vereinten und danach wieder entzweiten. So fand er den einen Strom, der sich in vier Flüsse teilte. In der Lutherbibel von 1534 trägt nicht mehr Christus als ewiges Wort Gottes die Schöpfung. Jetzt schwebt Gottvater über der Erde, die als ganze das Paradies war. Dieses ging aber durch Sündenfall und Sintflut verloren. fie sollte nicht mehr mit der Geschichtsentwicklung der Menschheit vermischt werden. SPUREN DES PARADIESES AM EUPHRAT Interessanterweise brachte die Reformation das Interesse an der Lokalisierung des Paradieses zurück. Daran hatten Luther wie auch Calvin wesentlich Anteil. Auch der St.Galler Reformator Vadian hat mit grosser Leidenschaft eine rationale Genesisinterpretation mit dem geografischen Wissen seiner Zeit verbunden. Eine dem Bibeltext angemessenere Andeutung findet sich auf dem St.Galler Globus von 1570. Aber auch diese scheinbar aus einem Quell entspringenden vier Flüsse haben mit der realen Geografie wenig zu tun. Kritiker von Calvins Theorie legten das Paradies eher in die Berge nach Armenien, andere nach Äthiopien. DAS PARADIES ALS WONNE UND UTOPIE Eine Wende brachten die Aufklärung und die frühen Ausgrabungen in Mesopotamien. Durch die Entschlüsselung babylonischer Reliefs und Keilschriften wurde bewusst, dass weniger das Paradies selbst hier zu verorten ist als vielmehr die Traditionen, welche die biblische Schöpfungsgeschichte beeinflusst haben. Während bibeltreue Gelehrte das Paradies weiterhin im Zweistromland suchen, forschen moderne Anthropologen nach dem geografischen Ort der ältesten menschlichen Schädelformen. IN KÜRZE Zitate zum Paradies «Man muss nicht erst sterben, um ins Paradies zu gelangen, solange man einen Garten hat.» Aus Persien «Vier Menschen schauten das Paradies. Der eine sah es und starb. Der andere schaute und wurde irrsinnig. Der dritte schaute und wurde ein Verräter. Der vierte ging in Frieden und kam zum Frieden.» Talmud «Den Garten des Paradieses betritt man nicht mit den Füssen, sondern mit dem Herzen.» Bernhard von Clairvaux, (1091–1153) «Drei Dinge sind uns aus dem Paradies geblieben: Sterne, Blumen und Kinder.» Dante Alighieri (1265–1321) «Heut schliesst er wieder auf die Tür zum schönen Paradeis; der Cherub steht nicht mehr dafür.» Weihnachtslied von N. Herman (1500–1561) «Immer noch haben jene die Welt zur Hölle gemacht, die vorgeben, sie zum Paradies zu machen.» Johann Chr. Fr. Hölderlin (1770–1843) «Adam und Eva konnten das Paradies nur verlieren, weil es ihnen geschenkt war.» Christian Friedrich Hebbel (1813–1863) Jung einst, sang ich dies, sang’s durch Wald und Wiese: Gibt’s kein Paradies, gibt’s doch Paradiese! Heimlich manches Plätzchen mahnte mich daran, wo ich durch mein Schätzchen holde Gunst gewann. Friedrich Martin von Bodenstedt (1819–1892) Die Furcht vor der Hölle ist die Hölle selbst, und die Sehnsucht nach dem Paradies ist schon das Paradies. Khalil Gibran (1883–1931) Jenseits ungebrochener Bibelgläubigkeit und materialistischer Anthropologie zeigen sich heute durch die Zusammenarbeit von Theologie, Mythenforschung, Tiefenpsychologie usw. neue Ausblicke auf das, was Genesis 2 vom Urzustand des Menschen berichtet. Neben wissenschaftlichen Erklärungen interessieren neu auch praktische Anleitungen, wie der Mensch «paradiesische» Erfüllung erlangen kann, sei es im materiellen oder im inneren Leben. Karte zur geografischen Lage von Eden aus dem Jahr 1573, angeregt durch Calvins Genesiskommentar. Das verheissene Paradies hat biblisch gesehen auch mit einer besseren Welt zu tun, wie sie Jesus mit dem kommenden Reich Gottes verkündet hat. Von kollektiven Utopien und deren politischer Umsetzungen gab Hölderlin allerdings zu bedenken: «Immer noch haben jene die Welt zur Hölle gemacht, die vorgeben, sie zum Paradies zu machen.» Ŷ Spuren des Paradieses mit seinen vier Flüssen, die aus einem Quell entspringen, finden sich auch auf dem um 1570 gebauten St.Galler Globus in der Stiftsbibliothek. WWW.KIRCHENBOTE-SG.CH 5 THEMA DAS IRDISCHE PARADIES Idealerweise aus vier rechteckigen Flächen angelegt, ist der «Bustan» Prototyp des Obstgartens. Der persische Begriff fand später Eingang ins Arabische, Türkische und Hebräische. Der griechische Politiker und Schriftsteller Xenophon berichtete im 3. Jahrhundert vor der Zeitwende über diese Gärten und betätigte sich in Griechenland selber als Gärtner. Seine Bezeichnung «Parádeisoi» ist die griechische Ableitung des persischen «pairidaeza» für Umzäunung. Die oft ausgedehnten Gärten waren für die Versorgung der Bevölkerung gedacht, manchmal gehörte ein Wildgehege dazu. Daraus entwickelte sich das mitteleuropäische Wort «Paradies». Ŷ Inmitten von Alt-Kairo, wo früher Bauschutt war, lädt jetzt der Al-Azhar-Park zum Lustwandeln ein. Ein Zauberpark für die «Mutter der Welt» Text und Bild: Thomas Veser Wo einst Bauschutt aufgehäuft wurde, wächst seit 2004 der grösste Landschaftsgarten im Nahen Osten. Heute zählt der AlAzhar-Park zu den beliebtesten Ausflugszielen im Herzen der 19 Millionen zählenden Metropole am Nil. Wasser symbolisiert in der arabischen Welt den Garten Eden. Irdische Parkanlagen sollen davon eine Vorstellung vermitteln. Teiche, Kanäle und Brunnen übernehmen neben Schatten spendenden Bäumen entlang der Spazierwege auch im Kairoer Al-Azhar-Park die Schlüsselrolle. Sie sorgen während der grössten Hitze für erträglichere Temperaturen. Auf einer Fläche von 30 Hektaren angelegt, behauptet sich der Al-Azhar-Park seit 2004 als Publikumsmagnet. Das war ein voraussehbarer Erfolg. Die 19 Millionen Einwohner zählende Metropole am Nil, von Chronisten zur «Mutter der Welt» verklärt, besitzt nämlich so gut wie keine Grünanlagen. Kairos Bewohner leiden unter Verkehrslärm, Smog und Raummangel. AUSBLICKE BIS ZU DEN PYRAMIDEN Ganze Heerscharen Erholungssuchender ziehen in ihrer Freizeit mit ihren Familien zum Park, angelegt auf einem Hügel, von dem aus die Besucher an den seltenen Tagen ohne Smog die gut 15 Kilometer entfernten Pyramiden erblicken können. Nach dem historischen Vorbild nordindischer Mogul-Gärten führt der Weg in die Gartenanlage durch einen imposanten Bogenpavillon. In der Marmoreinfassung des gepflasterten Weges sorgen Wasserfontänen für eine frische Brise. Üppige Gärten und farbenfrohe Blumenbeete bestimmen das Bild des Parks, der seinen Namen Al-Azhar (Die Blühende) in 6 AUSGABE 4/2016 Anlehnung an die gleichnamige, im Mittelalter gegründete Universität, zu Recht trägt. In der Gegenrichtung führt eine weitere gepflasterte Allee zu den begrünten Hügeln. Und im nördlichsten Parkteil stossen die Besucher auf einen Dattelpalm-Hain sowie einen Spielplatz. Im Eingangsbereich des Restaurants sorgen die acht Wasserstrahlen eines im Marmorboden versenkten und mit Mosaiken verzierten Brunnens nach Art der historischen Stadtpaläste für Kühlung. WASSER FÜR OBSTBAUMGÄRTEN Das lebensspendende Nass lässt auf seinem Weg geometrische Blumen- und Gemüsegärten nach persisch-islamischer Art erblühen und verharrt dann in Teichen, bevor es in Rinnen hügelabwärts über künstliche Kaskaden perlt. Schliesslich wird es in einem Kanal gesammelt und versorgt den «Bustan» (Obstbaumgarten), der mit Mango- und Orangenbäumen bepflanzt wurde, und fliesst dann in einen See. Durch Versuche fanden die Gartenbauer heraus, welche Form der Bewässerung optimale Ergebnisse lieferte. Heute setzt man überwiegend auf die ressourcenschonende Sprinklerund Tropfbewässerung. Inzwischen ist die Parkverwaltung ihrem erklärten Ziel, die Kosten durch eigene Einnahmen zu decken, näher gekommen. Der erwünschte Nebeneffekt – die Wiederbelebung des benachbarten Wohnquartiers Darb Al-Ahmar – lässt sich ebenfalls nicht übersehen. Seine Bewohner haben durch den Garten Arbeit gefunden, immer mehr Wohnhäuser werden renoviert. Der einst gemiedene Ort wird immer attraktiver und zieht zunehmend neugierige Besucher an. Ŷ Kairo verdankt seine zauberhafte Parklandschaft der Genfer Stiftung «Aga Khan Trust for Culture». An ihrer Spitze steht Prinz Karim Aga Khan IV., spirituelles Oberhaupt der schiitischen Ismaeliten, die zerstreut in der ganzen Welt leben. Sein Entwicklungshilfswerk AKDN gilt weltweit als grösste private Agentur dieser Art. Da sich durch einen Park alleine die Lebensverhältnisse der benachbarten Altstadtbewohner nicht verbessern lassen, wurde das angrenzende Wohnquartier Darb Al-Ahmar mit einbezogen. So konnten nicht nur historische Baudenkmäler, die heute oft als Schulen oder Kulturzentren dienen, vor dem Verfall gerettet werden. Hauptallee mit Blick auf die Mohammed-Ali-Moschee FOKUS Seit 15 Jahren als Christin in Marokko Portrait einer interreligiösen Ehe Text und Foto: René Jo. Laglstorfer «Verbiete nicht deiner Tochter auszugehen, sondern lehre deinen Sohn sich zu benehmen» , lautet ein Sprichwort im arabisch geprägten Marokko. Seit der Kölner Silvesternacht und den dort von mehrheitlich jungen Algeriern und Marokkanern begangenen sexuellen Übergriffen auf Frauen haben diese weisen Worte aus dem nordwestafrikanischen Land noch an Bedeutung gewonnen. Die Schweizerin Brigitte Zahner (46) lebt seit 15 Jahren in Marokko und kennt das Land und seine Menschen gut. Sie ist Christin, stammt aus Kaltbrunn im Kanton St.Gallen und ist der Liebe wegen nach Marrakesch gezogen. Die Ereignisse von Köln seien in ihrer Wahlheimat ein Thema gewesen, aber für den Grossteil der Bevölkerung sind sie einfach zu weit weg: «Viele Marokkaner müssten zuerst einmal schauen, wie sie sich und ihre Familien jeden Tag über die Runden kriegen», sagt die Auswanderin. Gibt es aus marokkanischer Sicht dennoch eine Erklärung für die Vorfälle in Köln? Die soziale Kontrolle durch das engste gesellschaftliche Umfeld – also die Familie, die Freunde und die Nachbarn – sei in Marokko derzeit noch viel dichter als beispielsweise im liberalen Europa. «Manche Männer aus Marokko wissen überhaupt nicht mit den überraschenden Freiheiten in Europa umzugehen. Viele finden nicht das richtige Mass in Europa – weder in der Sexualität noch beim Alkohol», sagt Zahner. Einfach in ein fremdes Land zu gehen und dort zu schauen, was passiert, war gegen das Naturell der Bauerntochter: «Ich bin jemand, der sehr gerne arbeitet, und mein Job als Kinderkrankenschwester in einem Rehabilitationszentrum hat mir sehr gut gefallen. Ich wollte nicht einfach nach Marokko kommen und dort nichts tun, nichts sein», erinnert sie sich. für mich in Marokko. Also haben wir gesagt, wir versuchen es. Für meine ganze Familie und meine Freunde war es eine Erlösung nach vielen Jahren des Hin und Hers», erinnert sich die Unternehmerin, die zusammen mit ihrer grossen Liebe mittlerweile die Verantwortung für mehrere Dutzend Mitarbeiter trägt. HEIRAT UND KINDERERZIEHUNG Nach der Übersiedlung in die alte marokkanische Handelsstadt Marrakesch hat das Jungunternehmer-Paar Hochzeit gefeiert. Inzwischen sind die beiden stolze Eltern von Khira (9) und Idir (7), die mit «Schwiizerdütsch», der Berber-Sprache Tamazight – sowie in der Schule mit Französisch und Arabisch – viersprachig aufwachsen. «Ich spreche mit den Kindern meine Muttersprache, mein Mann seine.» Obwohl Taha inzwischen sehr gut Deutsch mit Schweizer Zungenschlag beherrscht und auch deutschsprachige Touristen durch Marokko führt, spricht das Paar unter sich – wie beim ersten Kennenlernen in der Wüste – ausschliesslich auf Französisch miteinander. Abseits der unterschiedlichen Sprachen sei es eine Gratwanderung gewesen, «was ich als Mutter vermittle und er als Vater. Das hat uns an die Grenze unserer Beziehung gebracht», erzählt Zahner über den Kulturen-Aufeinanderprall in der Familie. Der Konflikt ist inzwischen gelöst: Einige Traditionen bringen die Eltern ihren Kindern gemeinsam bei und andere getrennt. Frei nach dem Motto: leben und leben lassen. Ein weiser Mann soll einmal über die richtige Erziehung von Kindern gesagt haben: «Bis zum ERSTMALS RUHE Eine Wandertour durch die grösste Wüste der Erde, die Sahara, sollte Zahners Leben vor 20 Jahren gehörig durcheinander wirbeln: «Das war der erste Ort in meinem Leben, wo ich mich ganz ruhig gefühlt habe, wo ich nichts musste, nichts sagen musste, nichts sein musste.» Zuerst sind ihr nur die Hände des jungen, marokkanischen Tourguides aufgefallen. «Zwei oder drei Wanderinnen hatten sich bei dieser Reise in Lahoucine Taha verliebt – ich war eine davon», schmunzelt Zahner heute. Dank einer Kooperation mit dem österreichischen Reiseveranstalter Weltweitwandern konnten Zahner und Taha vor 15 Jahren ihre eigene Trekking-Firma in Marrakesch aufbauen: «In dem Moment wusste ich, jetzt gibt es Arbeit Brigitte Taha–Zahner aus Kaltbrunn SG lebt seit 15 Jahren in Marokko – hier mit Idir, Khira und Ehemann Lahoucine. Alter von sieben soll dein Kind hinter dir stehen und du sollst es beschützen. Von sieben bis 14 soll dein Kind neben dir stehen, du sollst alle Fragen beantworten und ab und zu zeigen, wer der Chef ist. Von 14 bis 21 soll das Kind vor dir stehen, und das heisst für dich als Erzieher: drei Schritte zurückgehen, dem Kind Freiheit geben, aber immer an der Leine halten. Nach 21 sollst du dein Kind loslassen.» So lautet eine Empfehlung im Islam. Zahner findet, dass diese Worte etwas für sich haben und Teil der Erziehung sein können, aber nicht müssen. Sie selbst versucht ihren beiden Kindern eine Basis zu geben, von der aus sie sich entfalten können und die Welt entdecken. «Ich handhabe die Erziehung wie meine Mutter: loslassen, die Kinder ihren Weg gehen lassen, aber immer auch vorleben und vermitteln: Egal was ist, ihr dürft immer wieder heimkommen – also nicht einfach rausschmeissen und das Elternhaus verschliessen.» Auch die Religion spielt in der Familie Taha-Zahner eine Rolle. Er ist Muslim, sie Christin. Für Zahner sei es noch nie ein Thema gewesen, zum Islam zu konvertieren: «Der Zwang zu konvertieren hat so viel Schlechtes über die Welt gebracht, sei es jetzt bei Muslimen oder bei Christen, weil so viel manipuliert wird. Deshalb behalte ich meinen Glauben für mich.» Ihre Tochter und ihr Sohn sind jedoch Muslime, denn im Islam haben Kinder von Geburt an automatisch den Glauben des Vaters, ganz gleich ob er Christ, Muslim oder Jude ist. ALLE RELIGIÖSEN FESTE FEIERN Zahner versteht nicht, warum man sich wegen der Religion bekriegen sollte: «Für mich geht es beim Islam viel um Meditation: fünf Mal am Tag beten, man muss sauber sein. Das ist so, wie wenn jemand Yoga-Übungen macht, singt oder zeichnet.» Deshalb werden in der Familie christliche Feste genau so gefeiert wie das Hammelfest, das höchste islamische Fest, bei dem an den jüdischen Propheten Abraham erinnert wird. «In unserem Haus in Marrakesch haben wir jeweils sogar einen Christbaum.» Ist eine Rückkehr in die Heimat irgendwann wahrscheinlich? «Wir fühlen uns sehr wohl hier in Marokko. Dass wir als Familie einmal in Europa leben, dafür müsste etwas völlig Unvorhergesehenes vom Himmel fallen, zum Beispiel Krieg», ist sich das Paar einig. Für die Schulund Berufsausbildung ihrer Kinder sieht die Sache anders aus. «Da können wir uns schon vorstellen, dass sie einmal in die Schweiz gehen, wenn sie das wollen. Unseren Kleinen gefällt es gut in meiner Heimat und beide werden ihren Weg gehen – Inschallah.» (So Gott will.) Ŷ WWW.KIRCHENBOTE-SG.CH 7 PANORAMA GEMEINDEN Neuer Pfarrer für Rheineck 900 Freiwillige ausgebildet Text: Ack/KID | Foto: Gemeindeseite 30 Jahre Seminar für soziales Engagement: Jubiläumstagung in St.Mangen Vom Oberengadin nach Rheineck: Am 1. Juli übernimmt Christian Wermbter das Pfarramt in Rheineck. Wermbter ist seit 26 Jahren Gemeindepfarrer, die letzten zehn in Bever. Während all der Jahre habe er Erfahrung in vielen Bereichen der Gemeindearbeit gemacht und sei so zum Allrounder geworden, schreibt die Kirchenvorsteherschaft. Wermbter ist 57 Jahre alt, stammt ursprünglich aus Rheinland-Pfalz, ist verheiratet und Vater einer erwachsenen Tochter. Ŷ Förderprogramm unterstützt Kirchgemeinden beim Stromsparen Text: Oeku Rund die Hälfte aller Kirchen in der Schweiz sind elektrisch beheizt – das verschlingt viel Strom. Das Förderprogramm ProChileWatt unterstützt deshalb in den kommenden drei Jahren Schweizer Kirchgemeinden, die ihren Stromverbrauch senken möchten. Bei ProChileWatt mitmachen können Kirchgemeinden mit einer elektrisch beheizten Kirche, die über keine programmierbare Heizungssteuerung verfügt. Die Hauptmassnahme des Förderprogramms ist der Einbau einer Heizungssteuerung, die die Heizelemente in der Kirche optimal ansteuert. Dadurch sinkt der Stromverbrauch um bis zu 30 Prozent. ProChileWatt übernimmt bis zu 40 Prozent der Investitionskosten für den Einbau der Heizungssteuerung. GEZIELTE BERATUNG Kirchgemeinden profitieren bei ProChileWatt aber nicht nur finanziell. Sie erhalten auch eine gezielte Beratung: Auf Kirchen spezialisierte Stromsparprofis prüfen, welche Stromsparmassnahmen sich für die Kirchgemeinde zusätzlich zur Heizungssteuerung eignen und begleiten sie bei der Umsetzung. Die Stromsparprofis stellen zudem sicher, dass nur Kirchgemeinden am Förderprogramm teilnehmen, für die sich die Investition auch lohnt. Das Förderprogramm läuft bis Ende 2018. Ziel ist es, dass Schweizer Kirchgemeinden dank den geförderten Stromsparmassnahmen pro Jahr rund 1,7 Gigawattstunden Strom sparen. Das entspricht dem jährlichen Verbrauch von 340 Haushalten. Kirchgemeinden können so dazu beitragen, den Stromverbrauch in der Schweiz zu reduzieren und die Energiewende zu unterstützen. Ŷ Weitere Informationen: www.pro-chilewatt.ch 8 AUSGABE 4/2016 Text und Fotos: Claudia Schmid, St.Gallen Vor 30 Jahren haben initiative Frauen das Seminar für soziales Engagement ins Leben gerufen. Ihre Idee: jährlich in einer anderen Region des Kantons eine Ausbildung für Freiwillige anzubieten. Das Projekt wuchs und gedieh. In drei Jahrzehnten besuchten knapp 900 Frauen und Männer das Seminar. Das 30-Jahr-Jubiläum feierte das Seminar für soziales Engagement (SSE) am 5. März mit einem besonderen Tagungsprogramm im Centrum St.Mangen in St.Gallen. Über 100 ehemalige Seminarteilnehmende, Kursverantwortliche und Gäste waren gekommen. Clown Pello präsentierte unter dem Titel «Die ernsthafte Seite des Humors» einen reichen Schatz an neuem Wissen und viele konkrete Umsetzungsideen. MENSCHEN IN NOT BEGEGNEN Ehemalige und aktuelle Mitglieder der Arbeitsgruppe hielten Rückblick auf die letzten drei Jahrzehnte. Es erfülle sie mit Stolz, dass sich Jahr für Jahr Frauen und Männer zum Seminarbesuch entschlossen hätten, erklärte Marianne Jocham, Kursleiterin beim SSE. Es habe sie immer sehr beeindruckt, mit wie viel Herz und Engagement die Kursteilnehmenden bei der Sache gewesen seien, sagte ein ehemaliges Mitglied der Arbeitsgruppe. Eine der Kursleiterinnen gab ihrer Überzeugung Ausdruck, dass der wechselnde Standort des Seminars viel zur Lebendigkeit beigetragen hat. SELBST- UND SOZIALKOMPETENZ Das Seminar für soziales Engagement wird von der Evang.-ref. Kirche des Kantons St.Gallen und der Caritas St.Gallen getragen. Kursinhalte sind die Förderung von Selbst- und Sozialkompetenz. Sie vermitteln Fähigkeiten zum hilfreichen Umgang und der Kommunikation mit Menschen in sozialen Schwierigkeiten. Zudem werden wichtige Sozialstellen vorgestellt. Seit zehn Jahren treffen sich ehemalige Teilnehmende des Seminars zu einer Tagung, die der Weiterbildung dient. Sie bietet ihnen Gelegenheit, sich zu begegnen und auszutauschen, Wertschätzung für ihr freiwilliges Engagement zu bekommen und neue Kontakte zu knüpfen. NEUER KURS IN RORSCHACH Das nächste Seminar wird vom 29. April bis 30. September in Rorschach durchgeführt. An 15 Halbtagen behandelt es Themen wie Kommunikation, Grenzen setzen und Klarheit schaffen, Sucht und Co-Abhängigkeit, psychische Krankheiten, alte Menschen und ihre Angehörigen, Begleitung von Kranken und Sterbenden, Sterberituale und Trauerarbeit, Hilfe geben und Hilfe annehmen sowie fair streiten. Ŷ Auskunft: Marianne Jocham, [email protected], Tel. 071 722 72 22, www.ref-sg.ch/sse Stimmen von früheren Absolventinnen des Seminars RENI VILLIGER, SEMINAR 1986 «Vor 30 Jahren kam der Wunsch auf, mich dort zu engagieren, wo es um Menschen geht. Ich besuchte das erste Seminar für soziales Engagement und wurde darin bestärkt, dass der Einsatz von Frauen in unserer Gesellschaft gefragt ist. Das Seminar vermittelte wertvolles Rüstzeug für meine zukünftige Tätigkeit. Es diente mir sowohl als Gemeinderätin als auch als Mitglied der Jugendschutzkommission im Kreis Mittelrheintal. Seit vielen Jahren widme ich mich nun dem kommunikativen Umgang mit demenzkranken Menschen.» Ŷ RAHEL MÜLLER, SEMINAR 2001 «Das Seminar hat mich interessiert, weil ich mehr darüber wissen wollte, wie man Menschen in einer schwierigen Lebenssituation begegnet. Es hat den Horizont erweitert und das Verständnis für die unterschiedlichsten Problemfelder in unserer Gesellschaft gefördert. Vermittelt wurden aber auch handfeste Tipps wie beispielweise, welche Sozialstellen in der Region Hilfe anbieten. Der Seminarinhalt hat dazu angeregt, das eigene Leben besser kennenzulernen und die erworbenen Erkenntnisse in der Freiwilligenarbeit weiterzugeben.» Ŷ YVONNE CUSINATO, SEMINAR 2013 «Grund für den Seminarbesuch war, dass ich in einer schweren Familienkrise steckte. Er bot mir Gelegenheit, aus dem belastenden Alltag herauszukommen und Menschen zu begegnen, die Ähnliches erlebt haben. Die Weiterbildung hat mir persönlich sehr viel gegeben, war aber auch für den beruflichen Weg hilfreich. Seit Anfang dieses Jahres bin ich mit einem Pensum von zwanzig Prozent Sozialbegleiterin in der Seelsorgeeinheit Widnau-Balgach-Diepoldsau und stehe in den drei Pfarreien rat- und hilfesuchenden Menschen zur Verfügung.» Ŷ PANORAMA KANTON PANORAMA KANTON Der Klimawandel wandelt uns Vom Beitrag der Einzelnen gegen den Klimawandel Text und Foto: as Um den ökumenischen Prozess «Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung» (GFS) ist es ruhiger geworden. Die St.Galler Kommission für GFS hingegen ist aktiv. Sie fragte Anfang März bei ihrem traditionellen Jahresauftakt danach, was wir als Einzelne gegen den Klimawandel tun können. «Wie weiter nach dem Klimagipfel in Paris? Wie kann uns das Buch des neuen Papstes ‹Laudato si› inspirieren? Wie kann ich mich angesichts des Klimawandels persönlich einbringen? Diese Fragen stellte der methodistische Pfarrer Peter Gumbal den Podiumsteilnehmern: Basil Oberholzer, dem frisch gewählten Kantonsrat WAS HEISST GFS? Zu einem ökumenischen Prozesses für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung (GFS) haben sich die im Ökumenischen Rat der Kirchen zusammengeschlossenen Kirchen 1983 in Vancouver verpflichtet. Die Konferenz der Europäischen Kirchen (KEK) und die Europäische Bischofskonferenz griffen die Anregung auf und luden 1989 zur ersten Europäischen Ökumenischen Versammlung «Frieden in Gerechtigkeit» in Basel, 1997 zur zweiten nach Graz und 2006 nach Sibiu in Rumänien. Um die Bewegung auch vor Ort in Gang zu bringen, setzten die Kirchen durch ihre Arbeitsgemeinschaften GFS-Kommissionen ein. Seit 1990 organisiert die St.Galler GFS-Kommission ihren Jahresauftakt, 1998 mit Leonardo Boff, 1999 mit Dorothee Sölle. In den 90er-Jahren koordinierte sie auch die regionalen Bettage, die im Rheintal, in Rorschach wie auch im Toggenburg ein Forum für die in GFS-Fragen engagierten kirchlichen und gesellschaftlichen Kräfte bildeten. Ŷ der Jungen Grünen, dem katholischen Theologen und Philosophen Urs Eigenmann aus Luzern und der methodistischen Pfarrerin Marietjie Odendaal, einer Teilnehmerin am Klimagipfel vom September 2015 in Paris. WENIGER IST MEHR Marietjie Odendaal wirkt im Auftrag der weltweiten methodistischen Kirche im «creation care team», welches in allen Kontinenten der Erde das Bewusstsein für die biblisch begründete Schöpfungsverantwortung zu fördern versucht. Ihr Tipp: «Suche, was dich ermutigt. Tue, was Du kannst und vertraue auf Gottes Zukunft.» Basil Oberholzer, der in seinem halbtheologischen Elternhaus für die Nöte der Schöpfung sensibilisiert worden ist, betonte, dass sich die ökologischen Fragen nicht von sozialen Zusammenhängen und wirtschaftlichen Standards trennen lassen. Es sei wichtig, als Einzelner nachhaltig zu leben, aber der Klimawandel fordere auch gemeinsame politische Lösungen für eine ganze Gesellschaft. Sein Tipp: «Veränderung kommt nur, wenn Menschen sie machen – die Menschen, auf die wir warten, das sind wir.» Urs Eigenmann erinnerte daran, dass die Kirchen schon lange mit ökologischen Themen unterwegs sind. Auch machte er auf das aktuelle Buch «Laudato si» von Papst Franziskus aufmerksam, das die Entschleunigung der wirtschaftlichen Entwicklung vorschlage und ökologische Fragen mit dem Recht auf Leben in Beziehung bringe. Es gehe darum, sich wärmer anzuziehen, statt mehr zu heizen, öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen und Einkaufen als moralische Handlung zu verstehen. Sein Tipp: «Weniger ist mehr, langsamer ist effektiver, Unterbrechen ist fortschrittlicher.» Ŷ Martin Bider, Präsident der St.Galler GFS-Kommission, im Gespräch mit Basil Oberholzer, Kantonsrat der Jungen Grünen. Die Angestellten der St.Galler Kirche und ihrer Gemeinden bei einem kantonalen Kapitel Im Sommer 2011. 900 Mitarbeitende befragt Text und Foto: Andreas Schwendener In der St.Galler Kirche läuft derzeit die grosse Kirchenvisitation. Gemäss Kirchenordnung hat der Kirchenrat alle acht bis zehn Jahre eine solche durchzuführen. Die Ergebnisse sollen der Sommersynode 2017 zur Diskussion vorgelegt werden und zu Anregungen für die Zukunft führen, konkret zu Visionen der St.Galler Kirche für das Jahr 2022. Während bei der letzten Visitation 2007 die Frage nach den Inhalten der kirchlichen Gemeindeaktivitäten im Vordergrund stand, ist es bei der laufenden Visitation die Frage nach dem Wohlergehen der Mitarbeitenden. Diese sind zentrale Stützen im kirchlichen Leben. Sind Mitarbeitende gut ausgebildet, motiviert, von ihren Vorgesetzten geachtet und in ihren innersten Impulsen gefördert, hat das einen Einfluss auf das Leben der Kirchgemeinden. Besuch in den Gemeinden Was sich durch alle früheren und auch durch die aktuelle Visitation wie ein roter Faden zieht, ist der reale Besuch der obersten Aufsichtsbehörde in den Gemeinden. Bis Ende Mai 2016 soll jede Kirchgemeinde Besuch von zwei Personen aus dem Kirchenrat und einem der drei Dekane erhalten – jedes der drei Pfarrkapitel St.Gallen, Rheintal und Toggenburg hat einen von der Synode gewählten Dekan und einen Vizedekan als oberster Seelsorger der Pfarrer im jeweiligen Pfarrkapitel. Von diesen Besuchen (lat. visitare) hat die schon in der Alten Kirche bezeugte Aufsicht ihren Namen bekommen. Online-Umfrage Ende 2015 haben zudem alle 900 Mitarbeitenden und Behördenmitglieder der St.Galler Kirche einen Link zu einer Online-Umfrage erhalten. Darin konnten sie anonym ihre Erfahrungen und Sorgen beschreiben oder mit Wertungen von Aussagen zum Ausdruck bringen. Besorgt wird diese wissenschaftliche Befragung und Auswertung durch das in St.Gallen ansässige Schweizerische Pastoralsoziologische Institut (SPI). Das SPI führt zudem Experteninterviews durch, analysiert die Daten und präsentiert die Ergebnisse in einem Bericht. Ŷ WWW.KIRCHENBOTE-SG.CH 9 IN KÜRZE Der Kapuziner und Tierschützer Anton Rotzetter ist gestorben Text: ref.ch/kath.ch | Foto: srf Der Kapuziner Anton Rotzetter ist am 1. März im Alter von 77 Jahren überraschend gestorben. Als «hervorragenden Kenner der franziskanischen Spiritualität» würdigte die Kapuzinergemeinschaft Rotzetter. Diese habe er als Dozent, Exerzitienmeister, Prediger und Schriftsteller in zahlreichen Büchern und Vorträgen zu vermitteln versucht. Die Schöpfungsmystik des Franz von Assisi war ihm ein Ansporn, «sich für die verletzte Natur und die Würde der Tiere einzusetzen». Rotzetter war Präsident der «Aktion Kirche und Tier» (Akut), einer Bewegung, die sich dafür einsetzt, dass christliche Nächstenliebe auch auf Tiere ausgeweitet wird. Ŷ Zum Tod von Redaktor Willy Spieler Text: ref.ch/kath.ch | Foto: facebook Am 25. Februar ist Willy Spieler gestorben, langjähriger Redaktor und Autor der Zeitschrift «Neue Wege». Spieler galt als Vordenker des religiösen Sozialismus in der Schweiz. Er hat sich immer mehr dem Gedankengut des von Leonhard Ragaz begründeten religiösen Sozialismus angenähert. Von 1977 bis 2007 leitete er die von Ragaz 1906 mitgegründete religiös-soziale Zeitschrift «Neue Wege», in der er viele eigene Artikel publizierte. Unter seiner Leitung sind die «Neuen Wege» zu einem weithin geachteten Forum für eine sozialethisch fundierte Politik geworden. Spieler wurde 1991 Zürcher Kantonsrat und präsidierte von 1996 bis 2001 die SP-Fraktion. Ŷ Religion – ein Kriterium im Asylverfahren? PANORAMA SCHWEIZ Schaffhausen als Polizei-Einsatz in Reformationsstadt Basler Kirche Text: ref.ch Text: ref.ch Die Stadt Schaffhausen darf sich offiziell «Reformationsstadt Europas» nennen. Die Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa (GEKE) hat der Stadt das geschützte Label im Hinblick auf das 500-Jahr-Reformationsjubiläum 2017 verliehen. Insgesamt dürfen 52 Städte in zwölf Ländern die Bezeichnung tragen. Schaffhausen gehört seit 1529 zu den reformierten Schweizer Städten. In jenem Jahr bekannte sich Schaffhausen als vierter eidgenössischer Stand zur Reformation. Ŷ Nach der Festnahme von Asylsuchenden in der besetzten Basler Matthäus-Kirche durch die Polizei wird die evangelisch-reformierte Kirche Basel-Stadt mit Kritik eingedeckt. Der Polizei-Einsatz sei nicht auf Betreiben der Kirche durchgeführt worden, hiess es vom Justiz- und Sicherheitsdepartement Basel-Stadt. Das Migrationsamt führe solche Kontrollen regelmässig durch, wenn Hinweise bestünden, dass sich Personen ohne geregelten Aufenthalt an einem bestimmten Ort befänden. Ŷ Papst hört Schweizer Reformierte an Text: ref.ch/Christa Amstutz | Foto: Agentur Zenit Kirchenbundpräsident Gottfried Locher wurde Anfang März von Papst Franziskus zu einer Privataudienz empfangen. Er erzählt, was in den zwanzig Minuten zur Sprache kam und warum er jetzt auch für den Papst betet. Wie kam es zu der Audienz im Vatikan? Der Papst kennt die Lutheraner besser als die Reformierten, da wollte ich ein wenig Gegensteuer geben. Der Schweizer Kardinal Kurt Koch hat schon seit Längerem ein Treffen vorgeschlagen. Als Ökumene-Minister hat er die Audienz organisiert. Ich wurde in meiner Funktion als Präsident des Schweizerischen Evangelischen Kirchenbundes und der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa eingeladen. Worüber haben Sie mit dem Papst gesprochen? Wir haben über die ökumenische Situation und über die Religionslandschaft in der Schweiz gesprochen, wie viele katholische und reformierte Christinnen und Christen hier leben, welche anderen Glaubensgemeinschaften es gibt. Und natürlich haben wir uns unterhalten über das Reformationsjubiläum beziehungsweise Reformationsgedenken, wie es die Katholiken nennen. Ich habe kurz erzählt, was wir planen für die 500-Jahr-Feier im nächsten Jahr. Welche Themen kamen noch zur Sprache? Wir waren uns einig, dass Ökumene eher eine pastorale als eine diplomatische Aufgabe sei. Ihr Ziel ist das gemeinsame Zeugnis für Jesus Christus. Das ist auch ein Zeugnis für die Armen, hat Franziskus betont. Diese Sicht auf die Ökumene gefällt mir. Die Kirche muss sich getrauen, laut auszusprechen, woran sie glaubt und wofür sie steht – unabhängig davon, ob sie damit Zustimmung oder Widerspruch erntet. Und wie haben Sie sich verabschiedet? Papst Franziskus hat vorgeschlagen, dass wir gemeinsam beten. Da haben wir miteinander das Vaterunser gesprochen, er auf Italienisch, Kardinal Koch und ich auf Deutsch. Der Papst hat mich verabschiedet mit den Worten: «Beten Sie für mich.» Haben Sie das schon getan? Ja, das habe ich. Er ist 78 Jahre alt und sein Amt ist unglaublich anstrengend. Schon nur ein solcher Audienztag zeigt das deutlich. Hinzu kommen die vielen Reisen und die Belastung, dass jedes Wort, das er sagt, auf die Goldwaage gelegt wird. Franziskus hat es nötig, dass man ihn im Gebet nicht vergisst. Wie alle anderen Menschen auch. Ŷ Text: ref.ch Der designierte CVP-Präsident Gerhard Pfister hat mit seiner Aussage, bei der Aufnahme von Flüchtlingen sollten Christen, Frauen und Kinder bevorzugt behandelt werden, viel Staub aufgewirbelt. Die Schutzbedürftigkeit von Flüchtlingen ist nach Ansicht von Experten aber wichtiger als deren Religionszugehörigkeit. Stefan Frey, Mediensprecher der Schweizerischen Flüchtlingshilfe (SFH), hält gar nichts von dieser Forderung: «Religion ist als Aufnahmekriterium absolut zweitrangig. Entscheidendes Kriterium muss sein: Braucht ein Mensch, der auf der Flucht ist, Schutz oder nicht?» Ŷ 10 AUSGABE 4/2016 Papst Franziskus, Kirchenbundpräsident Gottfried Locher und Kardinal Kurt Koch während der Audienz im Vatikan. PANORAMA WELT IN KÜRZE Kongress über Darstellung von Christen in arabischen Lehrplänen Text: kath.ch/kap In der libanesischen Hauptstadt Beirut fand ein internationaler Kongress über die Darstellung des Christentums und der Christen in den Lehrplänen arabischer Länder statt. Jeweils am Karfreitag, aber auch jeden Freitag erinnern Franziskanermönche an der «Via Dolorosa» an Jesu Leidensweg. Franziskaner eröffnen «Heilig-Land-Museum» in Jerusalem Im Mittelpunkt standen die Lehrpläne und deren Rolle als potenzielle Instrumente der Integration und des friedlichen Zusammenlebens zwischen den verschiedenen ethnischen und religiösen Gruppen in den Gesellschaften des Nahen Ostens. Die Referenten befassten sich mit den gesetzlichen Rahmenbedingungen und der darauf basierenden Ausrichtung der Bildungsprogramme in den verschiedenen Ländern. Abschliessend wurden Vorschläge formuliert, die den Bildungsministerien vorgelegt werden sollen. Dabei ging es um konkrete Hinweise zur Befreiung der Lehrpläne von konfessionalistischen Tendenzen und die Ausrichtung auf die Prinzipien des Pluralismus und der Wertschätzung der kulturellen und religiösen Identitäten. Ŷ Text: kath.ch | Bild: as Am 17. März wurde mit einer Multimedia-Installation zur Via Dolorosa der erste Teil des «Terra Sancta Museums» in der Jerusalemer Altstadt eröffnet. Folgen sollen auf dem Gelände der Geisselungskapelle bis Ende 2017 eine archäologische und historische Abteilung, wie das Hilfswerk der Franziskaner-Kustodie «ATS-Pro Terra Sancta» mitteilte. Die Multimedia-Ausstellung im ehemaligen Lapidarium soll dem Besucher «eine Zeitreise in der Geschichte Jerusalems, von Jesus bis heute» ermöglichen. Ziel sei es, die Stadtentwicklung Jerusalems zu veranschaulichen und die «in den aktuellen architektonischen Kontext der Stadt eingebetteten» Orte der Via Dolorosa bewusster erlebbar zu machen. KIRCHENSCHATZ DER GRABESKIRCHE Ebenfalls auf dem Gelände der Geisselungskapelle entsteht eine frühchristlich-archäologische Abteilung. Der dritte Teil der Ausstellung auf dem Gelände der Kustodie soll über die Geschichte der Christen sowie der Franziskaner im Heiligen Land von den Kreuzfahrern bis in die Gegenwart informieren. Ausgestellt werden sollen auch bedeutende Teile des Kirchenschatzes der Jerusalemer Grabeskirche. Die dreiteilige Dauerausstellung an zwei Standorten in der Jerusalemer Altstadt sei das einzige Museum weltweit, das den Wurzeln des Christentums und den Heiligen Stätten gewidmet ist, deren Erhalt seit mehr als 800 Jahren in den Händen der Franziskaner liegt. Ŷ Wien: Muslime lassen sich taufen Text: kath.ch/kap Menschen mit muslimischem Hintergrund machen 2016 rund die Hälfte der erwachsenen Taufwerber in Wien aus. In Österreich geht die Katholische Kirche bei der Aufnahme neuer Mitglieder behutsam vor. Die Bischofskonferenz machte 2014 eine einjährige Vorbereitungszeit zur Bedingung für die Taufe von Menschen mit Fluchthintergrund. Damit sollen «Taufscheinchristen» verhindert werden, die sich vom Übertritt zum Christentum bessere Chancen auf Asyl erhoffen. Friederike Dostal, Leiterin des Referates für die Taufvorbereitung, stellt bei Muslimen eine er- nüchterte Einstellung zum Islam fest, dies vor allem im Hinblick auf Gräueltaten der jihadistischen Terrorgruppen im Nahen Osten. Zum andern sei die steigende Zahl von Taufanfragen durch Muslime auch dem kirchlichen Engagement in der Flüchtlingsbetreuung geschuldet. «Flüchtlinge sehen in Lagern in Jordanien oder im Libanon immer wieder, dass islamische Hilfsorganisationen vor Ort Christen von Hilfsaktionen bewusst ausschliessen. Kommen sie dann nach Österreich, sind sie oft sehr überrascht, dass man sich flächendeckend um sie kümmert, ohne Rücksicht auf Religion oder Herkunft.» Das lasse die Frage nach den Motiven für die bedingungslose Hilfe aufkommen. Ŷ Letzter Christ verlässt früheres theologisches Zentrum Nusaybin Text: kath.ch/kap Aus der südosttürkischen Stadt Nusaybin, dem antiken Nisibis, ist der letzte Christ geflohen. Daniel Cepe flüchtete mit seiner Familie vor den Kämpfen zwischen kurdischen Rebellen und türkischem Militär. Cepe bewachte bislang die Jakobskirche von Nisibis, die aus dem 3. Jh. stammt und zu den ältesten religiösen Bauwerken von Obermesopotamien zählt. Die türkischen Sicherheitskräfte hatten Mitte März eine unbefristete Ausgangssperre über Nusaybin verhängt und mehrere tausend Soldaten um die Stadt zusammengezogen, in der sich viele Kämpfer der kurdischen Rebellengruppe PKK und deren Jugendmiliz YDG-H verschanzt halten. Die Zivilbevölkerung floh vor Beginn der Kämpfe grösstenteils aus der Stadt. Das Schicksal der antiken Jakobskirche, die auf der Vorschlagsliste für das Unesco-Weltkulturerbe steht, ist nun ungewiss. In der nahen Grossstadt Diyarbakir waren bei den Kämpfen zwischen PKK und türkischem Militär im Februar schon die armenische Sankt-Giragos-Kirche und wahrscheinlich auch die syrisch-orthodoxe Marienkirche zerstört worden. Die Jakobskirche von Nisibis wurde von ihrem Namensgeber Mar Jakob gegründet, der von 309 bis 350 Bischof von Nisibis war und 325 in Nizäa am ersten Ökumenischen Konzil teilnahm. Er begründete die theologische Schule von Nisibis, die das Christentum in Mesopotamien verbreitete und über Jahrhunderte auf das gesamte Oströmische Reich ausstrahlte. Ŷ WWW.KIRCHENBOTE-SG.CH 11 PALETTE Singen Pilgern HEILSINGEN IN DER GALLUSKRYPTA REGIONALER PILGERGOTTESDIENST ZUR SAISONERÖFFNUNG 7. April, 12. Mai, 2. Juni: 18 bis 18.35 Uhr Am 1. Donnerstag des Monats wird die Galluskrypta unter dem Chor des St.Galler Doms geöffnet. Hildegard Aepli, Pastoralassistentin, lädt zum Heilsingen an diesem Kraftort ein: einfache Lieder, Gebet, Lesung, Stille, Zuspruch und Segen. Mithilfe: Marianne Kundt, Pfarrerin, St.Gallen. Eingang: rechtes Chorgitter. Info: [email protected] 8. April, 19.30 Uhr Segnung von Pilgerinnen und Pilgern, die auf den Jakobsweg gehen werden, deren Angehörigen und für alle Pilgerfreunde. Ort: Schutzengelkapelle am Klosterplatz in St.Gallen. Gestaltung: Rosmarie Wiesli und Josef Schönauer; Musik: Jodelchörli St.Gallen Ost; danach Apéro im Hofkeller PILGERHERBERGE ST.GALLEN AN DER OFFA 13.–17. April, 10–18 Uhr, Halle 9 Meditieren STILLE AM MITTAG Freitags, 12.15 bis 13.15 Uhr Eingangsgebet oder Mystikerwort, Sitzen in der Stille, achtsames Gehen, Sitzen in der Stille, Schlusstext. Ort: ökumenische Kirche Halden MEDITATION IN DER STILLE (ZAZEN) NACH VIA INTEGRALIS Mittwoch, 6. und 20. April, 18–20 Uhr Regelmässiges Sitzen in der Stille (Zazen) ist ein persönlicher Erfahrungsweg, der zeigt, wie Sie konkret im Alltag echter leben können. Schulung auf Wunsch. Willkommen zum Schnuppern. Ev. Kirchgemeindehaus Heiligkreuz, Lettenstr. 18, St.Gallen Anmeldung und Auskunft: Werner Frei, Kontemplationslehrer [email protected], www.meditation-sg.ch Reisen DEUTSCHE STÄTTEN DER REFORMATION 1. bis 10. Oktober 2016 Die Kirchgemeinde Gaiserwald lädt zu einer Reise zu den deutschen Stätten der Reformation ein. Auf den Spuren von Martin Luther, Paul Gerhardt und Johann Sebastian Bach werden die Lutherstädte Eisleben und Wittenberg sowie die Wartburg, Torgau, Leipzig und Dresden besucht. Kontakt: Pfr. Martin Heimbucher, Sonnenhofstrasse 3, 9030 Abtwil, www.ref-gaiserwald.ch VIA APPIA – AUF DER STRASSE DER RÖMER VON ROM BIS BRINDISI 1. bis 12. Juni 2016 Sakrale und profane Kunst von Antike und Mittelalter, einzigartige Kulturstudien-Busreise Anmeldeschluss: 22. April 2016 www.byzanz-straessle.ch 12 AUSGABE 4/2016 PILGERN AUF DEM JAKOBSWEG Wer Interesse und Freude am Pilgern hat, ist herzlich eingeladen, mit uns auf dem Jakobsweg durch die Schweiz weiterzuwandern. (Letztes Jahr wanderten wir von Konstanz nach Einsiedeln.) Dienstag, 26. April: Einsiedeln–Schwyz Dienstag, 7. Juni: Brunnen–Stansstad (Schiff), Stansstad–Flüeli-Ranft Dienstag, 9. August: Brünig–Brienz Dienstag, 20. September: Interlaken–Beatushöhle–Spiez Dienstag, 4. Oktober: Spiez–Amsoldingen Leitung: Walter Hehli, Wattwil. Verfasser des Buches «Man muss wie Pilger wandeln – Auf dem Jakobsweg vom Toggenburg bis an das Ende der Welt». Kosten: Billett jeweils selber lösen, Verpflegung aus dem Rucksack. Unkostenbeitrag für alle Etappen Fr. 20.–, einzelne Etappe Fr. 5.–. Auskunft, Anmeldung und genaues Programm: Walter Hehli, Sägeweg 5, 9620 Lichtensteig. Tel. 071 988 12 14, E-Mail: [email protected] Kunst MITTWOCH-MITTAG-KONZERTE KIRCHE ST.LAURENZEN IN ST.GALLEN HEILMEDITATION Mittwoch, 13. April, 14.30 Uhr Mit Heilpraktikerin Hedda Schurig Ort: Offene Kirche St.Gallen Eidg. FA, Auskunft für Interessierte Regina Pauli, Kesswil, Tel. 071 460 29 67 [email protected] Kosten: Fr. 50.– pro Person Daten für Gruppen nach Absprache www.lebenwirken.ch Wanderweg hinauf zum Kloster Notkersegg, St.Gallen STADTPILGERN Samstag, 9. April u. 11. Juni, Freitag, 9. Sept., jeweils 9.30 Uhr bis ca. 18 Uhr St.Gallen durch die Stadt zu Brunnen und Wasser, die Stadt St.Gallen pilgernd erfahren – dazu lädt das Stadtpilgern ein. Spiritualität lässt sich in alltäglicher Umgebung erfahren, wenn wir darauf achten und uns darauf einlassen. Achtsam und ganz bei sich sein und so die Strassen, Gassen und Plätze begehen. Mit Texten, Gedanken und Liedern an verschiedenen Orten innehalten und Bekanntes neu erleben. Das ist das Ziel dieses Tages. Gemeinsame Einstimmung in der Kirche St. Laurenzen. An verschiedenen Brunnen pilgernd vorbei ziehen und mit einer äusseren und inneren Schau sinnend verweilen. Lunch aus dem Rucksack. Am Nachmittag Begegnung im Kloster Notkersegg. Wegpilgern durch die Natur, entlang von Wasser und über Hueb, Schaugenbädli und zurück nach St.Gallen. Gemeinsamer Abschluss in der Kirche Halden. Wir gehen 3–5 Stunden, Leitung Regina Pauli, Pilgerbegleiterin EJW. Erwachsenenbildnerin 12.15 bis 12.45 Uhr 6. April: Spread your Wings and reach the Sky. Mit Danielle Schmid (Gesang) und Mako Boetschi (Klavier, Orgel) 13. April: The Ghana Cultural Trio. Mit Abraham K. Mensah (Percussion), Beda Ehrensperger (Drums) und Mike Larbi (Vocals). 20. April: Mein Russland Du bist schön. Mit Elena Fastovski (Klavier) und Dimitri Sharkov (Bariton) 27. April: In Western Lands – Gedichtvertonungen und Eigenkompositionen. Mit Maja Oezmen (Gesang) und Beat Oezmen (Kleininstrumente, Klavier) 4. Mai: Beethoven und Ravel – der grosse Kontrast. Mit Julius Aria Sahbai (Violine) und Milena Martinez (Klavier) Gottesdienste ÉGLISE FRANÇAISE Cultes du dimanche à 10 h à l’église de St-Mangen, sauf le premier dimanche du mois. Cultes du soir mensuels à Rorschach, Rapperswil et Glaris. Renseignements auprès de Simone Brandt, pasteur, tél. 071 277 08 56 ou www.eglisefrsg.ch PALETTE GOTTESDIENST AUF DER SCHWÄGALP Jeweils 9.45 Uhr in der Kapelle 3. April: Hans Jörg Fehle, Wattwil 10. April: Käthi Meier-Schwob, St.Gallen 17. April: Lothar Schullerus, Nesslau 24. April: Koni Bruderer, Heiden 1. Mai: Dorothee Frey-Dettmers, Herisau 5. Mai: Felix Indermaur, Berneck ÖKUMENISCHER SEMESTER-GOTTESDIENST: NÄHE UND DISTANZ Dienstag, 26. April, 20.15 Uhr, Ort: Kathedrale St.Gallen Jedes Semester laden die Universitätsseelsorger Studierende zu einem ökumenischen Semester-Gottesdienst ein. Liturgie: Diakon Thomas Reschke und Studierende, Predigt: Pfarrer Markus Anker Lesung: Prof. Dr. Daniel Bartl, Assistenzprofessor an der School of Management Musik: Domorganist Willibald Guggenmos und Ruth Bischofberger, Querflöte Nach dem Gottesdienst sind alle eingeladen zu einem Apéro in der IHK St.Gallen – Appenzell, Gallusstr. 16, gestiftet von Raiffeisen Schweiz RELIGION UNTERRICHTEN LERNEN Die Ausbildung zur Fachlehrperson für Religion an der Primarschule startet im August 2016. Sie vermittelt theologische und pädagogische Kenntnisse, ist modular gegliedert und dauert in der Regel drei Jahre. Im Kurs lernen die Studierenden religiöse Lernprozesse anzuregen und zu begleiten. Weitere Informationen: www.ref-sg.ch/rpi. Auskunft: 071 227 05 20 (Barbara Tischhauser) und 071 227 05 21 (Holger Brenneisen). Anmeldung bis 25. April ST.GALLER PERSÖNLICHKEITEN Montag, 4. April, 18–19.30 Uhr Interessante, spezielle, hervorragende und merkwürdige Personen aus 1500 Jahren Geschichte. Treff beim Rathaus neben dem Bahnhof. Stadtwanderung mit Charlie Wenk. KLOSTER UND STADT AM VORABEND DER REFORMATION Mittwoch, 13. April, 14.30–16 Uhr Niedergang und Neubeginn des Klosters St.Gallen. Ein wundertätiges Gnadenbild. Machtkampf zwischen Fürstabt und Bürgermeister, Zerstörung des Klosters Mariaberg, St.Galler Krieg. Altstadt-Rundgang mit den Theologen Walter Frei und Charlie Wenk. Treff: Vadian-Denkmal Marktplatz. RELIGIONS- UND KULTURGESCHICHTLICHER DORFRUNDGANG IN HEIDEN AR Sonntag, 17. April, 15–17 Uhr Mit dem Theologen Walter Frei. Treffpunkt am Postplatz Heiden. Möglicher Treff beim Bahnhof St.Gallen um 13.50 Uhr (Postauto 14.03 Uhr). DIE ST.GALLER TÄUFER IN DER REFORMATIONSZEIT Dienstag, 19. April, 18–19.30 Uhr: Bibelglaube, frei vom Staat, Erwachsenentaufe, der Brudermord Schugger und die Folgen. Altstadtwanderung mit dem Theologen Walter Frei. Treff beim Vadian-Denkmal am Marktplatz. EISENBAHN UND TRAM IN ST.GALLEN Montag, 25. April, 14.30–16 Uhr Stadtwanderung mit den Theologen Walter Frei und Charlie Wenk. Treff: St.Leonhardskirche. Röbi Koller auf der Wartburg, UNESCO-Weltkulturerbe: für den TV-Moderator ein Höhepunkt seiner Reise. Auf den Spuren Martin Luthers Junge Erwachsene «RISE UP»-GOTTESDIENST Sonntag, 3. April, 10 bis 11 Uhr Die «Rise Up»-Gottesdienste verweben aktuelle Lebensthemen mit modernen Melodien, Rhythmen und Texten. Das ökumenische Liederbuch «Rise Up» dient dabei als Inspiration. Mit «Chinderhüeti». Ort: Kirche Feld Veranstalter: Kirchgemeinde Flawil ST.GALLER STADTGEBET Sich bilden TIPPS DES MONATS Donnerstag, 28. April, 19.30 bis 20 Uhr, Einsingen um 19.15 Uhr Das St.Galler Stadtgebet für junge Leute ist eine Ermutigung zur Begegnung mit der eigenen Spiritualität. Mitten in der hektischen Welt ist es eine halbe Stunde, in der wir der Sehnsucht nach inneren Kraftquellen nachgehen. Der Chorraum der Kathedrale bietet den passenden Rahmen. Ort: Chorraum der Kathedrale St.Gallen Veranstalter: Safranblau SURVIVAL TRAINING 28. und 29. Mai 2016 Safranblau lädt zum dritten Mal zum Überlebenswochenende ein. Weitere Informationen: [email protected] oder Tel. 071 220 99 70 Beratung DIE DARGEBOTENE HAND Telefonseelsorge, Telefon 143, www.143.ch Röbi Koller berichtet am 16. April in St.Gallen über seine Reformationsreise zu deutschen Stätten der Reformation. 1517 gaben Martin Luthers 95 Thesen den Anstoss zur Reformation. Im Jahr 2017 wird dieses weltgeschichtliche Ereignis gefeiert. In Deutschland rüsten sich 36 authentische Luther-Stätten für das Reformationsjubiläum. Der Schweizer TV-Moderator Röbi Koller hat für die Deutsche Zentrale für Tourismus sechs bedeutende Luther-Orte besucht. Am 16. April wird er in St.Gallen von den Stationen seiner Reise berichten. Ŷ Die Reformations-Roadshow mit Röbi Koller findet am 16. April, 17 bis 19 Uhr, in der evang.-ref. Kirche Rotmonten, Berghaldenplatz 4, in St.Gallen statt. Abracadabra «Abracadabra – Medizin im Mittelalter» – so der Name der aktuellen Ausstellung in der St.Galler Stiftsbibliothek, bis 6. November. Die Geschichte der mittelalterlichen Medizin ist voll von Merkwürdigkeiten, Widersprüchen und Überraschungen. Die Stiftsbibliothek besitzt Zeugnisse von europäischer Bedeutung dazu, darunter Kurioses, wie die früheste Erwähnung des Wortes «Abracadabra», aber auch die ältesten Aufzeichnungen über das Spitalwesen in der Schweiz und über die Heilpraxis von Notker dem Arzt, der als wichtigster Vertreter der frühmittelalterlichen Klostermedizin gilt. Ŷ TELEFON 147 – HELP-O-FON Nottelefon für Kinder und Jugendliche EVANGELISCHE FRAUENHILFE Beratungsstelle für Frauen Oberer Graben 42, 9000 St.Gallen Tel. 071 220 81 80, Fax 071 220 81 84 EVANGELISCH-REFORMIERTE PAARUND FAMILIENBERATUNG ST.GALLEN Oberer Graben 31, St.Gallen Pfr. Menges Achim, Psychotherapeut ASP, Tel. 071 220 88 00 Imper Andrea, Psychologin FSP, Tel. 071 220 88 02 Die Ausstellung zeigt (im Lapidarium) auch eine Rekonstruktion des klösterlichen Spitals, ausgehend vom ältesten Klosterplan – hier der spitaleigene Kräutergarten. WWW.KIRCHENBOTE-SG.CH 13 AKTUELL FORUM DER LESERSCHAFT Wahrheit und Glaube Mit «Wahrheit» wurde im letzten Kirchenboten wieder ein interessantes Thema aufgegriffen! Mark Twains Zitat gefällt mir besonders: «Eine Lüge ist bereits dreimal um die Erde gelaufen, bevor sich die Wahrheit die Schuhe anzieht.» Ein lügender Journalist hat also mehr Erfolg als ein Wahrheitsapostel? – Paradox dazu finde ich den Ausspruch «Lügen haben kurze Beine»! Sportlich gesehen sind also Lügen trotz ihrer kurzen Beine gute Sprinter und Marathonläufer. Warum tun sich Reformierte schwer mit dem Abendmahl? Weil sie wenig Übung darin haben? Wegen Zwinglis Deutung? Abendmahl – mehr als ein Picknick Text: ref.ch/Marianne Weymann | Foto: as Das Verhältnis Deutschschweizer Reformierter zum Abendmahl ist, vorsichtig gesagt, ambivalent. Deshalb beschloss das reformierte Landeskirchenforum, sich des Themas auf einer Tagung am 5. März in Basel anzunehmen. Peinlich, steif, unbehaglich – so empfinden Deutschschweizer Reformierte das Abendmahl. Zumindest wenn man der Umfrage von Silvianne Bürki Glauben schenkt. Die junge Theologin, Doktorandin in Cambridge, gehörte zu den Vortragenden der Tagung. Es gelte darum, den «Abendmahlshunger» zu fördern, so Bürki. Denn die Handlung des Brotbrechens ermögliche Gotteserkenntnis. Wie bei den Emmausjüngern, denen das Brotbrechen die Augen öffnet, nicht die «jesuanische Superpredigt». Noch mehr zum Thema Abendmahlshunger kam von Ralph Kunz, dem praktischen Theologen aus Zürich. Sein Vortrag war ein leidenschaftliches, provokatives und witziges Plädoyer für eine Pflege dieser bei den Reformierten vernachlässigten Handlung. Zunächst auf biblischer Basis: Der Fülle eines Gottes, der alles, was lebt, mit Wohlgefallen sättigt (Ps 145), steht der Hunger des «gierigen Menschen» gegenüber, der nach Gott lechzt «wie der Hirsch nach frischem Wasser» (Ps 42). Das Abendmahl sei das Symbol der «Erfüllung dieses Begehrens». Hier werde «Speise zur Beziehung», hier gehe «Liebe durch den Magen», hier sei der Ort, an dem die menschliche Ursehnsucht nach Liebe immer wieder gestillt werden könne. WOHER KOMMT DAS UNBEHAGEN? Was also hindert die Reformierten daran, «Gott zu geniessen»? Was macht aus dem Wohlgefallen Verlegenheit? Was führt zur reformierten Mehrheitsmeinung «vier Mal im Jahr reicht»? Ein Grund sei vielleicht, dass hierzulande das Sakrament, wenn es denn stattfindet, mehr wie ein «religiöses Picknick» daherkomme. Und daran ändere auch die gekonnteste liturgische Inszenierung nichts. «Es geht nicht darum, ästhetisch korrekt ein Brötchen in die Luft zu halten», so Kunz. «Es geht darum, dass wir uns freuen, am Tisch des Herrn zu sitzen.» 14 AUSGABE 4/2016 Der Reformator Ulrich Zwingli ist nicht ganz unschuldig, dass sich Reformierte mit dem Abendmahl schwer tun. Wobei es auch bei ihm laut Kunz in dieser Hinsicht einiges Bewahrenswerte gebe. Zwingli habe eine sehr gelungene neue Abendmahlsliturgie entwickelt. Hier feierte die Gemeinde, nicht mehr der Priester mit dem Rücken zum Volk, hier kamen Gedächtnis und Danksagung und Gemeinschaft zusammen. EIN GROSSES MISSVERSTÄNDNIS Und doch habe, so Kunz, Zwingli uns «das grosse Missverständnis eingebrockt», das uns den «Genuss des Sakraments» erschwere. Das daran schuld sei, dass wir statt der Nahrung die Speisekarte zu uns nähmen und uns wunderten, «dass sie nach Papier schmeckt». Das Zwinglische Missverständnis liegt im Wörtchen «nur». Wenn das Abendmahl «nur» ein Zeichen sei, wenn es sich «nur» um Brot handele, dann werde dem Heiligen das Gewicht genommen und mit dem Mysterium des Glaubens tabula rasa gemacht. Auch wenn es sich tatsächlich um Brot handele, gebe es keinen Anlass, dies gering zu schätzen. Denn das Brot ist auch als Brot «mein Leib für euch» – das Eigentliche passiere auf der Beziehungsebene. APPETIT DURCH LEIBESÜBUNG Zu einer neuen Wertschätzung des Abendmahls brauche es zum einen geistliche Übung. «Leibesübung fördert den Appetit», so Kunz. Es brauche Vorbereitung, Exerzitien als Ergänzung zum Alphalive-Kurs. Und es brauche eine Gemeinde, die zum Teilen von Leben bereit sei. Zum anderen brauche es eine neue Wertschätzung des Ritus. Den Reformierten ist ja nicht nur der allsonntägliche Rhythmus der Eucharistie abhanden gekommen, es fehlten auch «Worte, die nicht nur die Leitenden können», liturgische Bausteine, auf die zurückgegriffen werden könne wie das «Christe du Lamm Gottes». Dem kompetenten Liturgen müsse eine «kompetente Gemeinde» gegenüberstehen. Denn: «Erst die Gemeinde, die den einen oder anderen Psalm kennt, feiert mündig.» Es brauche ein «Book of Common Prayer» wie in der anglikanischen Kirche. Es brauche «ein Nein zum Wortdurchfall und ein Ja zur Form». Ŷ Meine persönliche Wahrheitsfindung ist nur vereinbar mit tiefem Glauben. Dahingehend sollte die russische HSG-Studentin ihre Zeichnung korrigieren. Wenn die Wahrheit auch von der Religion mit Füssen getreten wird, so wird es noch schwieriger, sie zu finden. Ŷ Michael Schillmeier, Oberhelfenschwil «Flüchtlinge» und «Gutmenschen» Was mich ärgert, ist das sogenannte Kirchenasyl. Wir leben in einem Rechtsstaat, und da darf man als sogenannter Gutmensch nach definitiver Ablehnung von Asylsuchenden kein «Kirchenasyl» für seine Schützlinge beanspruchen, damit sie die Schweiz, obwohl rechtlich einwandfrei begründet, dennoch nicht verlassen müssen. Und doch geschieht das immer wieder: In Lausanne hausen seit einem Jahr abgewiesene Flüchtlinge in einer Kirche, durchgefüttert und in ihrem Widerstand bestärkt von ihren Unterstützern, und das Gleiche lief kürzlich in Basel während einiger Wochen. Rechtsstaatliche Entscheide sind ab und zu ungerecht («summum ius, summa iniuria»), aber dennoch darf sich niemand anmassen, ob Kirchenvertreter oder «Gutmensch», diese zu unterlaufen. Lassen Kirchen dies zu, so schaden sie sich selber und der Gesellschaft, meine ich! In Basel wurde am 3. März das «Kirchenasyl» polizeilich beendet, Recht und Ordnung möglichst sanft durchgesetzt. Prompt gab es abends in der Innenstadt eine unfriedliche Demonstration samt Tränengaseinsatz und Sachschäden usw. Alles vorauszusehen! Ich erwähne noch eine andere Situation, in der sich «Gutmenschen» oft einsetzen: Eine Flüchtlingsfamilie integrierte sich einigermassen, vor allem die schulpflichtigen Kinder. Nun aber trifft nach allzu vielen Monaten des Wartens der finale Entscheid ein: Asylgesuch abgelehnt, die Familie muss in ihr Herkunftsland oder in den Dublin-Staat, in dem sie zuerst registriert wurde, zurückkehren. In Eile werden Hunderte von Unterschriften gesammelt; man will das Bleiberecht erzwingen, und das oft erfolgreich. Schön für die Flüchtlinge, die hier bleiben dürfen, negativ für die Rechtsordnung, meine ich. Ŷ Walter Künzler, Lutzenberg MONATSPORTRÄT INTERVIEW Garten als Bild der Bibel «Leben und Garten sind aufs Innigste verbunden» Der Bibelgarten Gossau SG war 2005 der erste in der Schweiz. Bis vor einem Jahr stand er unter der Leitung von Alois Schaller. Anhand von Garten und Pflanzen dekodiert er die ganze Theologie. Beim Bibelgarten denkt man an die Wörter Leben oder gar Lebensgarten. Alois Schaller: Zunächst steht das Wort Garten im Bewusstsein der Menschen wohl fürs Paradies – abgeleitet vom altpersischen «pardes», Garten. Man stellt sich ewiges Leben in einem Garten vor – vollkommen wie das Paradies, dessen wir verlustig gingen. Leben und Garten sind jedenfalls innig verbunden. Text und Foto: Michael Walther, Flawil Der Park auf der Südseite der Andreaskirche in Gossau misst eine Hektare und wird überragt von einer mächtigen Zeder – in der Bibel Symbol für Pracht und Schönheit. Das Gelände umfasste früher den Friedhof. Im Mittelteil liegt der Bibelgarten. Friedhof für die Endlichkeit und der Garten als Symbol immer wieder neuen Lebens – es ist ein starkes Bild. ERSTER INTERNATIONALER KONGRESS Der Bibelgarten entstand nach der Friedhofsaufhebung. Auf einen Tipp der Chemikerin und Botanikerin Ursula Tinner hin entwickelte die Landschaftsarchitektin Ursula Weber-Böni bei einem Wettbewerb die Idee für den Garten. «Da lachte entzückt mein biblisches Herz», bemerkt der langjährige Seelsorger Alois Schaller. Als Alois Schaller 2006 an einem Kongress in Passau teilnahm, wo bis dahin nur deutsche Bibelgärten vertreten waren, wurde daraus der 1. Internationale Bibelgartenkongress. AM KLOSTERGARTEN ORIENTIERT Bibelgärten können Privatgärten im biblischen Land, Palastgärten, Tempelgärten oder Gärten einer Klostergemeinschaft sein. Der Garten in Gossau umfasst neun streng von Metallborden eingefasste Beete: Reben; Gartennutzpflanzen; Gräser; Gewürze, Kräuter, Duftpflanzen; Wasserpflanzen; Zierpflanzen; Dornen, Disteln und Nesseln; Feldfrüchte. Die Bibel erwähnt 130 Pflanzen – 60 gedeihen hier. Immerhin ist auf Erden noch viel schöner Garten übrig geblieben. Wir haben auch den Schöpfungsauftrag, dem Sorge zu tragen. Das Herrschen über Tier und Pflanzen, wie es im Schöpfungsbericht heisst, versteht sich, wie ein idealer König Sorge für seine Leute trägt. Es ist eine Hirtenaufgabe – nicht Ausbeutung und Dominanz. Alois Schaller am 4. März 2016 vor der Rabatte mit Reben und Feigenbaum. «Die Distel», sagt Schaller, «macht es einem nicht einfach. Sie steht aber auch für Schönheit.» Rebe und Feige jedoch symbolisieren Frieden, Sicherheit, Wohlstand: «... dann schmieden sie Pflugscharen aus ihren Schwertern und Winzermesser aus ihren Lanzen. Jeder sitzt unter seinem Weinstock und unter seinem Feigenbaum. Niemand schreckt ihn auf», heisst es, nach dem Propheten Micha, eingraviert in einer Bodenplatte im Bibelgarten. Nachdem Schaller 2015 Bezug nimmt die Anlage Wenn Schaller über den Bibelgarten auf den Klosterplan spricht, dekodiert er die ganze Bibel. die Bibelgartenleitung aufgab, betreut er immer St.Gallens von 819 mit noch die Führungen. Es ist nicht das Einzige. Kreuzgang, Friedhof mit Bäumen sowie Gemüsegarten – das älteste schriftliche gartenarchitekEr begründete auch den Kinderspielplatz beim tonische Zeugnis Europas und der Vorschlag Schwimmbad Gossau, und bekannt ist auch seine Kinderbibelsammlung – über 700 Stück, eines Reichenauer Mönchs für Abt Godzberg, die grösste in der Schweiz. wie ein Klostergarten aussehen könnte. DIE DISTEL MACHT ES EINEM SCHWER Die Bibel selber ist übervoll mit Garten- und Pflanzengleichnissen (siehe Interview): Der auferstandene Jesus begegnet Magdalena in einem Garten; sie hält ihn für den Gärtner. Die Rebe liefert das Festgetränk aller Bibelfeste. Das Getreide bietet das Mehl fürs tägliche Brot. Alois Schaller nennt aber die Dornen als Lieblingsbeet. «Dornen und Disteln soll der Acker dir tragen ... Im Schweisse deines Angesichts sollst du dein Brot essen, bis dass du wieder zu Erde werdest ...», erklärt Gott Adam, als er und Eva von der verbotenen Frucht gegessen hatten. DIE BIBEL DEKODIEREN Wenn Schaller über den Bibelgarten spricht, dekodiert er die ganze Bibel. In seinem eigenen Garten, unweit des Kirchenparks, pflegt er selber einen Feigenbaum. Bis 200 Früchte erntet er im Jahr. Er liebt sie wegen der Süsse und heilenden Kraft. Neben der Haustür gedeihen Salbei, Melisse, Lavendel und Rosmarin. «Dumme rennen, Kluge warten. Weise gehen in den Garten» – nach Rabindranath Tagore – heisst es auf dem Schild seiner Gartentür. Ŷ Bibelgarten Gossau, Führungen, 071 388 18 48, [email protected]. Ihr neues Buch über den Bibelgarten enthält die Kapitelüberschrift «Neuer Trieb der Wurzel Jesse». In einem umgeschlagenen, scheinbar toten Baum kann noch Leben stecken. Dass es wieder Frühjahr wird, ist das Sicherste, was man wissen kann. Für die Glaubensgemeinschaft bedeutet es, dass die auf König David zurückgeführte Dynastie weitergeht – nicht als historischer Tatsachenbericht. Jesus nutzte Bilder, um den Glauben zu erklären. Hat auch Seelsorge mit Gartenarbeit zu tun? Christliche Seelsorge bedeutet die Weitergabe des Anliegens von Jesus, das Reich Gottes aufzubauen. Das werden wir nicht in Vollendung erleben, aber wir können schon etwas wie einen Himmel auf Erden erreichen. Gartenarbeit ist ein Beitrag zum Gedeihen der Pflanzen. Parallelen zur Seelsorge bestehen beim Gleichnis vom Feigenbaum, der keine Früchte, also keine guten Taten vollbrachte, sodass ihn der Gutsbesitzer umhauen wollte. Aber der Gärtner wollte seine Wurzeln lockern und ihn nochmals wässern. Auch wir haben die Chance, noch gute Taten zu vollbringen. Man soll niemanden zu früh aufgeben. Welche Pflanze bewundern Sie am meisten? Den Feigenbaum. Als einer der wenigen Bäume in der biblischen Landschaft verliert er im Winter die Blätter. Jesus sagt: «Wenn der Feigenbaum ausschlägt, erkennt ihr, dass der Sommer nahe ist.» Welche Pflanze tut heute besonders Not? Die Rizinuspflanze, die Gott für Jona als Schattenspender wachsen lässt, um dessen Zorn zu kühlen und wieder verdorren lässt. Jona bewirkt im zweiten Anlauf, dass die Bewohner von Ninive Busse taten – mit gerade mal einem Satz: «Noch vierzig Tage, und Ninive geht unter.» Aber Gottes Barmherzigkeit auch gegenüber Ninive passt Jona nicht. Doch nicht wir sollen Gott vorschreiben, wen er zu lieben oder zu bestrafen hat. Ŷ WWW.KIRCHENBOTE-SG.CH 15 BIBLISCHE NAMEN Priscilla, die spirituelle Lehrerin Text und Fotos: as Priscilla wird in der Apostelgeschichte und in den Briefen des Paulus mehrfach erwähnt. Als Jüdin aus Rom vertrieben wirkte sie in Korinth und Ephesus neben ihrem Beruf als Zeltemacherin auch als Beraterin für den geistlichen Weg und führte Hausgemeinden. Priscilla wird in der Bibel stets zusammen mit ihrem Mann Aquila erwähnt. Auffallend dabei ist, dass Priscilla in der Regel vor ihrem Mann erwähnt wird. Priscilla (bei Paulus Prisca gennannt) war wohl der dominante Teil. PERSÖNLICHE LEHRERIN VON APOLLOS Als Paulus nach Korinth kam, weilte er gemäss Apostelgeschichte 18 im Haus der beiden. «Da er das gleiche Handwerk ausübte, blieb er bei ihnen und arbeitete dort; sie waren nämlich Zeltmacher von Beruf.» Bald verwickelte sich Paulus in einen Konflikt mit den Juden von Korinth, sodass er «zusammen mit Priscilla und Aquila» die Stadt verliess. «Sie er- reichten Ephesus» wo die beiden sich niederliessen.» Paulus zog weiter nach Jerusalem. Priscilla und Aquila besuchten in Ephesus weiterhin die Synagoge, wo sie eines Tages Apollos aus Alexandrien kennenlernten. Er «sprühte in seinen Reden vor Geist und lehrte sehr genau, was sich mit Jesus zugetragen hatte, kannte aber nur die Taufe des Johannes. … Als nun Priscilla und Aquila ihn reden hörten, nahmen sie ihn zu sich und legten ihm den Weg Gottes noch genauer dar.» Apollos wurde später ein bedeutender Prediger. MUTIGE FREUNDIN DES PAULUS In Römerbrief 16 erfahren wir, dass Paulus den beiden sein Leben verdankt: «Grüsst Priska und Aquila, meine Mitarbeier in Christus Jesus, die, um mir das Leben zur retten, ihren Kopf und Kragen hingehalten haben; nicht nur ich bin ihnen dankbar, sondern auch alle Gemeinden unter den Völkern. Mein Gruss gilt auch der Gemeinde, die sich in ihrem Haus trifft.» Ŷ Priscilla lebte mit ihrem Mann im 1. Jh. in Rom, Korinth und Ephesus. Der Name leitet sich ab vom lateinischen Namen Prisca, die Altehrwürdige. Im Bild: ein Ehepaar aus Pompeji auf einem Fresko; 1. Jh., Museum Neapel. PRISCILLA SCHNEIDER, JONA Meine Eltern waren als junge Leute in England, wo ihnen die Hausmutter Romane vorgelesen hat. In einem Roman gab es eine Priscilla, die ihnen Eindruck gemacht hat. So kam ich zu meinem Namen, an dem ich als Kind keine Freude hatte. Kein anderer Mensch hiess so. Mein Bruder erfand die Abkürzung Prisla, die sich durchgesetzt hat. Seither bin ich bei allen die Prisla. Die biblische Priscilla reiste viel, da alle Juden aus Rom vertrieben wurden. Ich sehe vor mir eine kräftige Frau, die ihr Leben angepackt hat. Ŷ PRISKA ZIEGLER, ST.GALLEN Ich finde es schön, den Namen einer starken Frau zu haben. Meine Eltern haben ihn gewählt, weil er sich kaum abkürzen lässt. Tatsächlich nennen mich bis heute alle mit vollem Namen. Bei einem Sprachaufenthalt in Mexiko entdeckte ich in einer abgelegenen Gemeinde eine mit Gold reich verzierte Kirche. Sie war der heiligen Priska gewidmet. Anschliessend beschäftigte ich mich mit der Herkunft meines Namens und stellte erfreut fest, dass mir auch die biblische Priska sehr nahe steht. Ŷ Ich heisse Priscilla, Priska PRISCILLA SCHWITTER, BAD RAGAZ Meine Eltern wählten für alle Kinder christliche Namen. Ich fühle mich seit je her glücklich und stolz als Priscilla. Mein Namenstag wurde am 16. Januar gefeiert. Dass kaum jemand auf Anhieb meinen Namen richtig schreiben kann, ärgerte mich oft. Diese Buchstabiererei. Zu Hause war ich immer Priscilla. Es konnte aber doch vorkommen, dass ich für meine Brüder, wenns pressierte oder wenn ich nervte, zur Pris oder Prislä wurde. Mittlerweile mag ich auch die Übersetzung von Priscilla, die Altehrwürdige. Ŷ Nachrichten aus Ihrer Kirchgemeinde im Mittelbund Zum Titelbild Das Titelbild zeigt Blüten der früh blühenden Stern-Magnolie, hier aus einem St.Galler Garten. Der Strauch wurde um 1950 aus Japan in unsere Gegend gebracht. Foto: as 16 AUSGABE 4/2016 Impressum Herausgegeben im Auftrag der Synode der Evangelisch-reformierten Kirche des Kantons St. Gallen. www.kirchenbote-sg.ch Nächste Nummer Rausch, Ekstase, Verzückung Erscheint am 29. April 2016 Redaktionsschluss: 12. April 2016 Redaktion Pfr. Andreas Schwendener (as) Rehweidstrasse 2, 9010 St. Gallen Tel. 071 244 34 64 [email protected] (Bitte keine Adressänderungen bei der Redaktion! Die Kirchgemeinden verwalten die Adressen – siehe Mittelbund) Druck galledia ag 9442 Berneck, www.galledia.ch Altpapieranteil: mind. 50 % Auflage: 71 000 Gestaltungskonzept Tomcat AG 9014 St.Gallen www.tomcat.ch Abonnementspreis 11 Ausgaben: Fr. 13.— 4 1 6
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