Mein Garten – mein Paradies - Kirchenbote des Kantons St. Gallen

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DER EVANGELISCH-REFORMIERTEN KIRCHE DES KANTONS ST.GALLEN
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THEMA:
Mein Garten –
mein Paradies
DER MENSCH: GÄRTNER DER ERDE
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Eden
Mein Garten
Der Bibelgarten
EIN GARTEN DER WONNE
EIN QUELL DER FREUDE
EIN BILD DER BIBEL
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1
EDITORIAL
IM ANFANG
Liebe Leserin, lieber Leser
Erste Blumen und Sträucher, auch das Morgenkonzert der Vögel, künden vom Frühling.
Bald wird die ganze Schöpfung – Wiesen,
Alleen, Wälder und Gärten – ihre Pracht zeigen. Dieses Wiedererwachen der Natur lässt
uns staunen. Die sichtbare, scheinbar tote
Natur wird von lebensschaffenden Kräften
durchdrungen und verwandelt. Das wunderbare Zusammenwirken von Himmel und Erde weckt auch in uns neue Gefühle. Es ruft
zu Taten, auch zur menschlichen Urtätigkeit,
den Garten der Erde zu pflegen, sich seiner
zu erfreuen. Davon mehr auf Seite 3.
Nun ist der Kirchenbote ja keine Zeitschrift
für Gartenbau. Vielmehr wirft er auf dem
Hintergrund der biblischen Tradition Fragen
auf, die den Menschen betreffen: Fragen seiner Herkunft, seiner Bestimmung und Ziele.
Und damit sind wir schon bei jenem mythischen Garten Eden, von dem die Bibel sagt,
dass er des Menschen erste Heimat war und
auch seine letzte sein wird – dem Paradies.
Lesen Sie auf den Seiten 4–5, wie die westliche Christenheit sich stets gefragt hat, wo
das Paradies einst lag – auch geografisch.
Hatte man es im Mittelalter eher am Rand
der bekannten Welt platziert, lokalisierte
man es seit der Reformation wegen der
biblischen Erwähnung des Flusses Euphrat
im Zweistromland, dem heutigen Irak.
Eine Wende brachten die Ausgrabungen im
19. Jh. Sie zeigten, dass die biblischen Urgeschichten von babylonischen Mythen inspiriert sind. Und die vergleichende Mythologie
erkannte, wie alle Völker ihren Ursprung mit
lokaler Geografie verbunden haben.
Diese Erkenntnisse geben den Evangelien
und der Alten Kirche Recht, wonach das
Paradies eher als geistiger Zustand des Menschen zu verstehen ist – als ein mit der ganzen Schöpfung und mit Gott in Einklang stehender Zustand, aus dem die Menschen herkommen und der ihnen verheissen ist.
Andreas Schwendener
2 AUSGABE 4/2016
Wie diese Ursprungsgeschichte und Utopie mit
der Evolutionstheorie
zu verbinden ist, bleibt
kommenden Generationen zu erörtern.
Wir freuen uns am Vorschein des Paradieses,
dem Frühlingserwachen
der Natur, das vom
Osterfestkreis begleitet
und erläutert wird. Ŷ
Das Paradies: links der Baum des Lebens und die vier Flüsse, rechts der Baum der Erkenntnis von Gut und Böse.
Ursehnsucht Paradies
Text: Jeremias Treu, Pfarrer in Kirchberg | Bild: Ausschnitt aus der Ebstorfer Weltkarte von 1240, Kloster Ebstorf
«Dann pflanzte der HERR, Gott, einen
Garten in Eden im Osten, und dort
hinein setzte er den Menschen, den
er gebildet hatte. Und der HERR,
Gott, liess aus dem Erdboden allerlei
Bäume wachsen, begehrenswert anzusehen und gut zu essen, und den
Baum des Lebens mitten im Garten
und den Baum der Erkenntnis von
Gut und Böse.»
1. Mose 2, 8–9
Nacktschnecken, die im letzten Jahr unseren
Salat für sich allein beansprucht haben. Sicher
gab es auch keine wilden Brombeeren, die alles
von uns mühevoll Kultivierte überwuchern.
Die Arbeit macht sich im Garten Eden nicht von
selbst. Gott bringt Adam grosses Vertrauen entgegen. Er darf in dem Garten, den er nicht selbst
zu verantworten hat, Verantwortung tragen.
Aber allein Verantwortung zu tragen ist so eine
Sache. In unserer Erzählung bekommt Adam in
Eva ein Gegenüber. Erst in einem menschlichen
Gegenüber findet der Mensch zu seinem Wesen.
Adam und Eva dürfen in dem schönen Garten
leben, aber sie können dort nicht bleiben.
Die Kulturgeschichte der Menschheit begann
nach biblischer Vorstellung in einem ganz besonderen Garten. Dieser Garten, von dem im älteren
Schöpfungsbericht die Rede ist, wird in der griechischen Übersetzung mit Paradies wiedergegeWir erfahren auf den ersten Seiten der Bibel,
ben. Das altiranische Lehnwort meint einen umzäunten Lebensraum, der Frieden sichert. Der
dass der Mensch sehr schnell seine Mitte verloren hat – weil er sich das Unverfügbare zu eigen
Garten Eden ist kein Zaubergarten und kein
machen wollte. Es bleibt Adam
Schlaraffenland, sondern war
und Eva und allen folgenden
von Anfang an der Lebensraum «Eigentlich ist das Erste,
was der Mensch überhaupt Generationen nur die Erinneund die Lebensgrundlage für
machen darf, Gartenarbeit.» rung an den Garten Eden.
den Menschen.
In der Bibel ist vom Garten
nur an wenigen Stellen die Rede. Aber ganz am
Dieser Garten hat – wie viele mythologische Erzählungen über den Anfang – eine eigene GeoEnde, im Buch der Johannesoffenbarung, taucht
graphie. In ihm entspringt das Leben, das sich
er wieder auf. «Wer den Sieg erringt, dem werde
in vier Flüssen entfaltet. Die Mitte, wie eine Weltich zu essen geben vom Baum des Lebens, der
achse Himmel und Erde verbindend, bilden zwei
im Paradies Gottes steht.» Die Menschen tragen
Bäume, deren Wurzeln tief in die Erde reichen
seitdem diese Erinnerung in sich und hoffen,
und deren Krone den Himmel berühren. Vom
dass es diesen friedenssichernden Lebensraum
Baum des Lebens darf der Mensch essen, nicht
wieder geben wird.
aber vom Baum der Erkenntnis.
So leben wir zwischen dem «Nicht mehr» und
Der Auftrag ist klar, diesen Garten zu bebauen
«Noch nicht». Ich werde auch in diesem Jahr
und zu bewahren. Im Kultivieren des Gartens finwieder Blumen pflanzen und den Kampf gegen
det der Mensch seine Bestimmung. Eigentlich ist
die Nacktschnecken aufnehmen und mich freuen an den Farben und dem Duft des Frühlings.
das Erste, was der Mensch überhaupt machen
Und immer wieder werde ich auch die Augen
darf, Gartenarbeit. Von mühsamer Gartenarbeit
schliessen und über den Zaun schauen, der den
ist hier aber noch nicht die Rede. Dornen und
Garten Eden umgibt. Ŷ
Disteln gibt es nicht. Wahrscheinlich auch keine
IM BRENNPUNKT
Mein Garten als Freudenquelle
«Ich schaue über jeden Gartenzaun», sagt Luzia Steiner, seit 25 Jahren Präsidentin von der Bioterra Regionalgruppe St.Gallen und Umgebung
Text: Margrith Widmer | Foto: as
In ihrem Garten mit atemberaubendem Blick
in den Alpstein blüht fast immer etwas, auch
im schneefreien Winter – Schneeglöckchen
leuchten, Primeln schimmern samten: Luzia
Steiner hat sich in Abtwil ein Paradies geschaffen. Erleben, beobachten, entdecken,
experimentieren sind essentiell. Pflanzen
sind Lebewesen: Luzia Steiner, Bioterra-Präsidentin, Akupunkteurin, Herbalistin und
Inhaberin einer krankenkassen-anerkannten
Praxis für traditionelle chinesische Medizin
heilt Menschen und Pflanzen.
Am Anfang waren die Pflanzen: Luzia Steiners
erster Mini-Paradiesgarten war ein Quadratmeter klein und mit Monatserdbeeren bepflanzt.
Da war sie sechs Jahre alt. Sie probierte eine
Erdbeere, fand sie zu wenig süss und wartete.
Der Schmerz war gross, als ihr Bruder alle
Früchtchen klaute.
«FEINDE» IM PARADIES
Jetzt versuchen manchmal Himbeerblütenstecher oder Schnecken die Ernte zu stehlen.
Es gibt Gegenstrategien: Ihr Mann sammelt die
Käfer Ende Mai und Anfang Juni von den
Blüten ab; sie pflanzt vorwiegend Blumen,
die Schnecken meiden, oder schützt die Pflänzchen mit Schneckenkragen. Luzia Steiner hat
ein Merkblatt «99 Blumen, die mit Schnecken
gedeihen» herausgegeben.
Das Garten-Gen, vermutet sie, stamme vom
Grossvater, einem Bauern. Mit 14 behändigte
sie die Pikierschale ihrer Mutter und zog Setzlinge auf: «Es wurden tipptoppe Setzlinge», erinnert sie sich. Mit 16 baute sie einen «heissen
Kasten» mit Rossmist, trockenen Blättern und
Erde. Die Gärung bewirkt eine Fussbodenheizung für junge Pflanzen im Winter. Während
ihre Kolleginnen in die Disco gingen, sammelte
sie Pferdeäpfel – und forderte damit den Spott
ihres Vaters heraus.
DAS KLIMA AUSTRICKSEN
Im Kampf gegen das raue Ostschweizer Klima
bastelte sie ein Tomatenhaus; sie verschlang
Gartenbücher, pflanzte Zucchetti auf Kompost
und besuchte, als sie ihren eigenen Garten hatte, Gartenbaukurse beim Gründungsmitglied
von Bioterra St.Gallen, Marta Hohermuth.
Heute gibt sie selber ihr Biogarten-Wissen an
Kursen weiter. Über 1250 Personen haben ihre
Gartenbaukurse schon besucht.
Ehrfurcht vor der Schöpfung bedingt sanftes
Gärtnern: Düngen mit Kompost, robuste Pflanzen am richtigen Standort, giftfreier Pflanzenschutz. Pflanzen sind keine Wegwerfware. Darum hat sie eine Pflanzentauschbörse, jeweils
Luzia Steiner kocht das ganze Jahr Gemüse aus dem eigenen Garten, auch im Winter – hier bei der Ernte von Rosenkohl.
Mitte Oktober, ins Leben gerufen. «Wuchert
eine robuste Pflanze, sticht man sie aus und
bringt sie an die Börse. Sie gedeiht in einem andern Garten weiter.» Das tut sie beispielsweise
mit ihren vermehrungsfreudigen, wunderbar
duftenden Nachtviolen: «Fast jeder Kursteilnehmer hat eine Pflanze oder Samen erhalten.»
FREUDENQUELLE
Nach der Gartenarbeit sei sie gestärkt und
geistig erholt, sagt Luzia Steiner: «Man kommt
anders herein, als man hinausgegangen ist.»
Sie gehört zu den Menschen, die längst gespürt
haben, dass man ohne Pflanzen nicht leben
kann: Pflanzen produzieren Sauerstoff, die
Grundlage jeglichen Lebens. Sie sind Nahrung
für Tier und Mensch – sie «bewegen» sich auch.
SAMENWUNDER
Zusammenhänge erkennen, herausfinden, welche Pflanzen sich mögen, den Pflanzen gerecht
Luzia Steiner rät, eine Mimose mit sekundenwerden, erleben, was aus einem winzigen Saschneller Reaktion zu beobachten. «Der Garten
men wird – das ist Luzia
ist eine Freudenquelle.
Steiner wichtig. Sie kocht «Ich finde meine Kraft in der ZuFreude kann man nirsammenarbeit mit der Natur. Mein
fast das ganze Jahr Gegends kaufen», sagt sie.
Garten ist ein absolutes Geschenk.»
müse aus dem eigenen
Ihre Himbeeren nennt sie
Garten – im Winter erntet
liebevoll «Rubinchen».
sie Lauch, Rosenkohl, Topinambur und Zuckerhut, im Vorfrühling paraGeben müssen Menschen dem Gartenparadies
diesische Wildkräuter für Salate, Suppen und
ihre Zeit, Sorge für die anvertrauten LebeweGemüse, «die dem Körper gut tun».
sen, Wasser, Dünger, Schutz: Das ist nichts, verglichen mit dem, was zurückkommt: «Ich finde
Ihr Garten ist ein Paradies für Tiere: Im Kies
meine Kraft in der Zusammenarbeit mit der
blühen Wegwarten, die der Distelfink liebt; AmNatur. Mein Garten ist ein absolutes Geschenk»,
seln, Meisen, Finken tummeln sich in Bäumen
sagt Luzia Steiner. Ihre Neugierde ist grenzenund Brombeerhecken. «Jedes Jahr entdecke ich
los: «Ich schaue über jeden Gartenzaun.»
neue Insekten», freut sie sich. Sie werden fotoDie vierteiligen Gartenbaukurse finden jedes Jahr im
grafiert und nach Fachbüchern bestimmt.
März statt – bei genügend Interessenten auch im Lauf
Luzia Steiner züchtet Schwalbenschwänze, den
des Jahrs. Kursort: Botanischer Garten St.Gallen
grössten heimischen Schmetterling, der auf der
Anmeldung / Informationen: Bioterra, Luzia Steiner,
roten Liste steht. Sie pflanzt Teefenchel, Dill,
Kamorstrasse 8, 9030 Abtwil; Tel. 071 311 29 11
Weinraute und Karotten, mit denen sie die RauE-Mail: [email protected]
pen füttert.
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THEMA
Wo liegt bloss das Paradies?
Das Paradies als «Himmel auf Erden» – eine Spurensuche
Text: Andreas Schwendener | Bilder: Aus «Vermessung des Paradieses» von Alessandro Scafi und as
Ist das in der biblischen Schöpfungsgeschichte
beschriebene Paradies auf unserer Erde zu
lokalisieren oder eher ausserhalb der irdischen
Welt? Obwohl die alte Kirche das Paradies
eher als jenseitige Welt verstanden hat, wurde
es aufgrund des konkreten Bibeltextes über
Jahrhunderte auf Weltkarten lokalisiert. Heute
steht das Wort «Paradies» für Ganzheitserfahrungen und gesellschaftliche Utopien.
Die hebräische Bibel spricht von «gan eden», zu
Deutsch «Garten Eden». Dieser Garten wurde in
der griechischen Übersetzung des Alten Testaments mit parádeisos en Edem, Paradies in
Eden, wiedergegeben. Bei der Vertreibung aus
dem Paradies wurde mit parádeisos tês tryphês, Paradies der Wonne, übersetzt. Damit
sollte wohl hervorgehoben werden, dass das
Paradies ein Ort jenseits der irdischen Mühsale
war. Adam und Eva wurden erst nach der Vertreibung aus dem Paradies mit Gebären und
mit dem Tod konfrontiert. Ein Engel versperrte
fortan den Zugang zum Baum des Lebens.
In den neutestamentlichen Schriften dominiert
dieses jenseitige Verständnis des Paradieses.
Paulus hält den Ekstatikern in Korinth entgegen, dass auch er bis in den dritten Himmel,
das Paradies, entrückt wurde und dort Dinge
vernahm, die er hier nicht aussprechen könne.
Nach Lukas sprach der gekreuzigte Jesus zu
dem neben ihm gekreuzigten Räuber, dass er
noch heute mit ihm im Paradies sein werde.
In der Apokalypse wird die künftige Welt als
Stadt, als Neues Jerusalem, umschrieben, doch
im letzten Kapitel folgt die Wiederbringung des
Paradieses mit Bäumen des Lebens, die monatlich Frucht tragen: «Und die Blätter der Bäume
dienen zur Heilung der Völker.»
4 AUSGABE 4/2016
«Dann pflanzte der HERR, Gott, einen Garten in Eden im Osten, und dort hinein setzte er den Menschen, den er gebildet hatte.
Und der HERR, Gott, liess aus dem Erdboden allerlei Bäume wachsen, begehrenswert
anzusehen und gut zu essen, und den Baum
des Lebens mitten im Garten und den Baum
der Erkenntnis von Gut und Böse.
Und in Eden entspringt ein Strom, um den
Garten zu bewässern, und von da aus teilt
er sich in vier Arme.
Der eine heisst Pischon. Das ist jener, der
das ganze Land Chawila umfliesst, wo es
Gold gibt, und das Gold jenes Landes ist
kostbar. Dort gibt es Bdellionharz und Karneolstein.
Und der zweite Fluss heisst Gichon. Das ist
jener, der das ganze Land Kusch umfliesst.
Und der dritte Fluss heisst Chiddekel.
Das ist jener, der östlich von Assur fliesst.
Und der vierte Fluss, das ist der Eufrat.
Und der HERR, Gott, nahm den Menschen
und setzte ihn in den Garten Eden, damit er
ihn bebaute und bewahrte.» Ŷ
Das Wort «Paradies» haben die Israeliten aus
ihrem Exil in Babylon übernommen; es geht auf
persische Wurzeln zurück und fand auch Eingang in die griechische Sprache.
DAS PARADIES ALS JENSEITIGE WELT
In den Jahrhunderten vor Christus wurde das
Paradies mehr und mehr als jenseitige Welt verstanden. Dies war auch bedingt durch die Mythologie und Metaphysik der Griechen, die ein
himmlisches Elysion kannten und die sichtbare
Welt als Abbild einer unsichtbaren deuteten.
Weil die himmlische Urheimat verloren und
nicht mehr zugänglich war, interessierte man
sich mehr an der Wiederbringung des
Paradieses als himmlischer Ort für die Rechtschaffenen, vor allem für Märtyrer, die im
Kampf gegen Rom ihr Leben verloren hatten.
DAS PARADIES IN DER BIBEL
wurde. Die Schöpfung war gehalten von Christus, dem Schöpfungswort. Das Paradies und
der Sündenfall wurden meist am Rand der Erde
lokalisiert; im Zentrum stand Jerusalem, da
ausgehend vom Ort der Auferstehung Christi
sich die Kräfte für die Heilung entfalten.
Mitelalterliche Weltkarten zeigen auch die geschichtliche Entwicklung des Menschen – hier am obern Rand
das Paradies mit den vier Flüssen, in der Mitte Jerusalem als Ausgangspunkt für die Zukunft des Heils.
In der frühen Kirche standen sich zwei Auslegungstraditionen gegenüber, eine eher allegorische und eine wörtliche. Die allegorische Sicht
interpretierte das Paradies als ideale Welt, welche durch den Sündenfall verloren ging. Die andere sah im Paradies den historischen Anfang
der Menschheit. Für die westliche Kirche wurde die Verbindung dieser Sichtweisen durch
Augustinus massgebend. Er deutete die Sieben-Tage-Schöpfung von Genesis 1 als geistigideale Schöpfung, welche Gott dann in Genesis 2 mit dem Garten Eden und der Erschaffung
Adams, der Tiere und Evas real werden liess.
Das Paradies musste sich also irgendwo auf
der Erde befinden, sodass ab dem 5. Jh. in der
westlichen Christenheit auch geografisch nach
dem Ort des Paradieses gefragt wurde.
DAS PARADIES AM RAND DER ERDE
Die Weltkarten im Mittelalter waren allerdings
noch keine bloss geografischen Bestandaufnahmen der Erde. Sie sind eher als Schaubilder
für die in der Schöpfung wirkenden Kräfte anzusehen. Die aufgrund der antiken Schriftsteller bekannten Kontinente Afrika, Asien und Europa prägten die Geografie, welche zusätzlich
mit der christlichen Heilsgeschichte ergänzt
Mit Kolumbus und der Erschiessung der Weltmeere kam in Europa ein neuer Typus von
Kartografie auf. Vom Anfang des 15. Jhs. bis zur
Reformation war man bestrebt, möglichst exakte Weltkarten zu entwerfen. Das Paradies platzierte man – wenn überhaupt – ausserhalb der
irdischen Sphäre in ein Medaillon. Die Geogra-
WELTZYKLEN UND JENSEITSSPHÄREN
Wie die Inder kannten auch die Griechen
vier Weltalter, die einander ablösen. Demnach lebten die Menschen einst in einem
goldenen Zeitalter wie in einem ewigen
Frühling in Einklang mit allem. Diese Harmonie ging mit jedem weiteren Weltalter
verloren, bis hin zu Materialismus und
Gesetzlosigkeit. Die Rede ist auch von versunkenen Kontinenten wie Lemurien oder
Atlantis, wo Menschen noch mit höheren
Kräften ausgestattet gewesen sein sollen.
Neben geschichtlichen Ursprungs- und
Endzeitmythen kennen die Religionen auch
aktuell zu erlangende «Paradiese», sei es
durch Mediation wie im Buddhismus oder
in den monotheistischen Religionen durch
Glaubenspraktiken schon im Diesseits oder
durch ein gutes Leben später im Jenseits. Ŷ
THEMA
Für Luther war die ganze Erde als Paradies
erschaffen worden. Dann aber sei diese paradiesische Erde durch den Sündenfall und die
Sintflut so weit verändert und zerstört worden,
dass vom Paradies der Wonne nichts mehr
übrig blieb. Die vier Paradiesesströme wurden
trüb und die Natur und der Mensch dem Verfall
preisgegeben. Seither seufzt die ganze Schöpfung (Römer 8). Sie warte auf ihre Erlösung und
Wiederherstellung. Luthers wörtliche Interpretation der Bibel liess jedoch ein Tor offen für
eine neue Kartografie des Paradieses.
Im 16. Jahrhundert tauchten neue Paradieseskarten auf – ausgehend von Calvins Auslegung
der Schöpfungsgeschichte. Der Genfer Reformator war überzeugt, dass nicht nur im Menschen
Spuren der Gottebenbildlichkeit auffindbar sind,
sondern auch in der Schöpfung Spuren des
Paradieses. Um auf diese Spuren aufmerksam
zu machen, bildete er in seinem Genesiskommentar die Paradiesesströme ab. Er liess sie so
durch Mesopotamien fliessen, dass sich zwei
Flüsse vor dem ehemaligen Paradies vereinten
und danach wieder entzweiten. So fand er den
einen Strom, der sich in vier Flüsse teilte.
In der Lutherbibel von 1534 trägt nicht mehr Christus
als ewiges Wort Gottes die Schöpfung. Jetzt schwebt
Gottvater über der Erde, die als ganze das Paradies war.
Dieses ging aber durch Sündenfall und Sintflut verloren.
fie sollte nicht mehr mit der Geschichtsentwicklung der Menschheit vermischt werden.
SPUREN DES PARADIESES AM EUPHRAT
Interessanterweise brachte die Reformation
das Interesse an der Lokalisierung des Paradieses zurück. Daran hatten Luther wie auch Calvin wesentlich Anteil. Auch der St.Galler Reformator Vadian hat mit grosser Leidenschaft eine
rationale Genesisinterpretation mit dem geografischen Wissen seiner Zeit verbunden.
Eine dem Bibeltext angemessenere Andeutung
findet sich auf dem St.Galler Globus von 1570.
Aber auch diese scheinbar aus einem Quell entspringenden vier Flüsse haben mit der realen
Geografie wenig zu tun. Kritiker von Calvins
Theorie legten das Paradies eher in die Berge
nach Armenien, andere nach Äthiopien.
DAS PARADIES ALS WONNE UND UTOPIE
Eine Wende brachten die Aufklärung und die
frühen Ausgrabungen in Mesopotamien. Durch
die Entschlüsselung babylonischer Reliefs und
Keilschriften wurde bewusst, dass weniger das
Paradies selbst hier zu verorten ist als vielmehr die Traditionen, welche die biblische
Schöpfungsgeschichte beeinflusst haben.
Während bibeltreue Gelehrte das Paradies weiterhin im Zweistromland suchen, forschen moderne Anthropologen nach dem geografischen
Ort der ältesten menschlichen Schädelformen.
IN KÜRZE
Zitate zum Paradies
«Man muss nicht erst sterben, um ins Paradies
zu gelangen, solange man einen Garten hat.»
Aus Persien
«Vier Menschen schauten das Paradies. Der
eine sah es und starb. Der andere schaute und
wurde irrsinnig. Der dritte schaute und wurde
ein Verräter. Der vierte ging in Frieden und kam
zum Frieden.»
Talmud
«Den Garten des Paradieses betritt man nicht
mit den Füssen, sondern mit dem Herzen.»
Bernhard von Clairvaux, (1091–1153)
«Drei Dinge sind uns aus dem Paradies geblieben: Sterne, Blumen und Kinder.»
Dante Alighieri (1265–1321)
«Heut schliesst er wieder auf die Tür zum schönen Paradeis; der Cherub steht nicht mehr dafür.» Weihnachtslied von N. Herman (1500–1561)
«Immer noch haben jene die Welt zur Hölle gemacht, die vorgeben, sie zum Paradies zu machen.»
Johann Chr. Fr. Hölderlin (1770–1843)
«Adam und Eva konnten das Paradies nur
verlieren, weil es ihnen geschenkt war.»
Christian Friedrich Hebbel (1813–1863)
Jung einst, sang ich dies,
sang’s durch Wald und Wiese:
Gibt’s kein Paradies,
gibt’s doch Paradiese!
Heimlich manches Plätzchen
mahnte mich daran,
wo ich durch mein Schätzchen
holde Gunst gewann.
Friedrich Martin von Bodenstedt (1819–1892)
Die Furcht vor der Hölle ist die Hölle selbst,
und die Sehnsucht nach dem Paradies ist
schon das Paradies. Khalil Gibran (1883–1931)
Jenseits ungebrochener Bibelgläubigkeit und
materialistischer Anthropologie zeigen sich
heute durch die Zusammenarbeit von Theologie, Mythenforschung, Tiefenpsychologie usw.
neue Ausblicke auf das, was Genesis 2 vom
Urzustand des Menschen berichtet. Neben wissenschaftlichen Erklärungen interessieren neu
auch praktische Anleitungen, wie der Mensch
«paradiesische» Erfüllung erlangen kann, sei es
im materiellen oder im inneren Leben.
Karte zur geografischen Lage von Eden aus dem Jahr
1573, angeregt durch Calvins Genesiskommentar.
Das verheissene Paradies hat biblisch gesehen
auch mit einer besseren Welt zu tun, wie sie
Jesus mit dem kommenden Reich Gottes verkündet hat. Von kollektiven Utopien und deren
politischer Umsetzungen gab Hölderlin allerdings zu bedenken: «Immer noch haben jene
die Welt zur Hölle gemacht, die vorgeben, sie
zum Paradies zu machen.» Ŷ
Spuren des Paradieses mit seinen vier Flüssen, die aus
einem Quell entspringen, finden sich auch auf dem um
1570 gebauten St.Galler Globus in der Stiftsbibliothek.
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THEMA
DAS IRDISCHE PARADIES
Idealerweise aus vier rechteckigen Flächen
angelegt, ist der «Bustan» Prototyp des
Obstgartens. Der persische Begriff fand
später Eingang ins Arabische, Türkische
und Hebräische.
Der griechische Politiker und Schriftsteller
Xenophon berichtete im 3. Jahrhundert
vor der Zeitwende über diese Gärten und
betätigte sich in Griechenland selber als
Gärtner. Seine Bezeichnung «Parádeisoi»
ist die griechische Ableitung des persischen «pairidaeza» für Umzäunung.
Die oft ausgedehnten Gärten waren für die
Versorgung der Bevölkerung gedacht,
manchmal gehörte ein Wildgehege dazu.
Daraus entwickelte sich das mitteleuropäische Wort «Paradies». Ŷ
Inmitten von Alt-Kairo, wo früher Bauschutt war, lädt jetzt der Al-Azhar-Park zum Lustwandeln ein.
Ein Zauberpark für die «Mutter der Welt»
Text und Bild: Thomas Veser
Wo einst Bauschutt aufgehäuft wurde,
wächst seit 2004 der grösste Landschaftsgarten im Nahen Osten. Heute zählt der AlAzhar-Park zu den beliebtesten Ausflugszielen im Herzen der 19 Millionen zählenden
Metropole am Nil.
Wasser symbolisiert in der arabischen Welt
den Garten Eden. Irdische Parkanlagen sollen
davon eine Vorstellung vermitteln. Teiche, Kanäle und Brunnen übernehmen neben Schatten
spendenden Bäumen entlang der Spazierwege
auch im Kairoer Al-Azhar-Park die Schlüsselrolle. Sie sorgen während der grössten Hitze für
erträglichere Temperaturen. Auf einer Fläche
von 30 Hektaren angelegt, behauptet sich der
Al-Azhar-Park seit 2004 als Publikumsmagnet.
Das war ein voraussehbarer Erfolg. Die 19 Millionen Einwohner zählende Metropole am Nil,
von Chronisten zur «Mutter der Welt» verklärt,
besitzt nämlich so gut wie keine Grünanlagen.
Kairos Bewohner leiden unter Verkehrslärm,
Smog und Raummangel.
AUSBLICKE BIS ZU DEN PYRAMIDEN
Ganze Heerscharen Erholungssuchender ziehen
in ihrer Freizeit mit ihren Familien zum Park,
angelegt auf einem Hügel, von dem aus die
Besucher an den seltenen Tagen ohne Smog
die gut 15 Kilometer entfernten Pyramiden erblicken können. Nach dem historischen Vorbild
nordindischer Mogul-Gärten führt der Weg in
die Gartenanlage durch einen imposanten
Bogenpavillon. In der Marmoreinfassung des
gepflasterten Weges sorgen Wasserfontänen für
eine frische Brise. Üppige Gärten und farbenfrohe Blumenbeete bestimmen das Bild des Parks,
der seinen Namen Al-Azhar (Die Blühende) in
6 AUSGABE 4/2016
Anlehnung an die gleichnamige, im Mittelalter
gegründete Universität, zu Recht trägt.
In der Gegenrichtung führt eine weitere gepflasterte Allee zu den begrünten Hügeln. Und im
nördlichsten Parkteil stossen die Besucher auf
einen Dattelpalm-Hain sowie einen Spielplatz.
Im Eingangsbereich des Restaurants sorgen die
acht Wasserstrahlen eines im Marmorboden
versenkten und mit Mosaiken verzierten Brunnens nach Art der historischen Stadtpaläste für
Kühlung.
WASSER FÜR OBSTBAUMGÄRTEN
Das lebensspendende Nass lässt auf seinem
Weg geometrische Blumen- und Gemüsegärten
nach persisch-islamischer Art erblühen und
verharrt dann in Teichen, bevor es in Rinnen
hügelabwärts über künstliche Kaskaden perlt.
Schliesslich wird es in einem Kanal gesammelt
und versorgt den «Bustan» (Obstbaumgarten),
der mit Mango- und Orangenbäumen bepflanzt
wurde, und fliesst dann in einen See.
Durch Versuche fanden die Gartenbauer heraus, welche Form der Bewässerung optimale
Ergebnisse lieferte. Heute setzt man überwiegend auf die ressourcenschonende Sprinklerund Tropfbewässerung. Inzwischen ist die
Parkverwaltung ihrem erklärten Ziel, die Kosten durch eigene Einnahmen zu decken, näher
gekommen. Der erwünschte Nebeneffekt – die
Wiederbelebung des benachbarten Wohnquartiers Darb Al-Ahmar – lässt sich ebenfalls nicht
übersehen. Seine Bewohner haben durch den
Garten Arbeit gefunden, immer mehr Wohnhäuser werden renoviert. Der einst gemiedene
Ort wird immer attraktiver und zieht zunehmend neugierige Besucher an. Ŷ
Kairo verdankt seine zauberhafte Parklandschaft der Genfer Stiftung «Aga Khan Trust for
Culture». An ihrer Spitze steht Prinz Karim Aga
Khan IV., spirituelles Oberhaupt der schiitischen
Ismaeliten, die zerstreut in der ganzen Welt leben. Sein Entwicklungshilfswerk AKDN gilt weltweit als grösste private Agentur dieser Art.
Da sich durch einen Park alleine die Lebensverhältnisse der benachbarten Altstadtbewohner
nicht verbessern lassen, wurde das angrenzende Wohnquartier Darb Al-Ahmar mit einbezogen. So konnten nicht nur historische Baudenkmäler, die heute oft als Schulen oder Kulturzentren dienen, vor dem Verfall gerettet werden.
Hauptallee mit Blick auf die Mohammed-Ali-Moschee
FOKUS
Seit 15 Jahren als Christin in Marokko
Portrait einer interreligiösen Ehe
Text und Foto: René Jo. Laglstorfer
«Verbiete nicht deiner Tochter auszugehen,
sondern lehre deinen Sohn sich zu benehmen» , lautet ein Sprichwort im arabisch geprägten Marokko. Seit der Kölner Silvesternacht und den dort von mehrheitlich jungen
Algeriern und Marokkanern begangenen sexuellen Übergriffen auf Frauen haben diese
weisen Worte aus dem nordwestafrikanischen Land noch an Bedeutung gewonnen.
Die Schweizerin Brigitte Zahner (46) lebt seit
15 Jahren in Marokko und kennt das Land und
seine Menschen gut. Sie ist Christin, stammt
aus Kaltbrunn im Kanton St.Gallen und ist der
Liebe wegen nach Marrakesch gezogen. Die Ereignisse von Köln seien in ihrer Wahlheimat ein
Thema gewesen, aber für den Grossteil der Bevölkerung sind sie einfach zu weit weg: «Viele
Marokkaner müssten zuerst einmal schauen,
wie sie sich und ihre Familien jeden Tag über
die Runden kriegen», sagt die Auswanderin.
Gibt es aus marokkanischer Sicht dennoch eine
Erklärung für die Vorfälle in Köln?
Die soziale Kontrolle durch das engste gesellschaftliche Umfeld – also die Familie, die Freunde und die Nachbarn – sei in Marokko derzeit
noch viel dichter als beispielsweise im liberalen Europa. «Manche Männer aus Marokko wissen überhaupt nicht mit den überraschenden
Freiheiten in Europa umzugehen. Viele finden
nicht das richtige Mass in Europa – weder in
der Sexualität noch beim Alkohol», sagt Zahner.
Einfach in ein fremdes Land zu gehen und dort
zu schauen, was passiert, war gegen das Naturell der Bauerntochter: «Ich bin jemand, der
sehr gerne arbeitet, und mein Job als Kinderkrankenschwester in einem Rehabilitationszentrum hat mir sehr gut gefallen. Ich wollte nicht
einfach nach Marokko kommen und dort nichts
tun, nichts sein», erinnert sie sich.
für mich in Marokko. Also haben wir gesagt,
wir versuchen es. Für meine ganze Familie
und meine Freunde war es eine Erlösung nach
vielen Jahren des Hin und Hers», erinnert sich
die Unternehmerin, die zusammen mit ihrer
grossen Liebe mittlerweile die Verantwortung
für mehrere Dutzend Mitarbeiter trägt.
HEIRAT UND KINDERERZIEHUNG
Nach der Übersiedlung in die alte marokkanische Handelsstadt Marrakesch hat das Jungunternehmer-Paar Hochzeit gefeiert. Inzwischen sind die beiden stolze Eltern von Khira
(9) und Idir (7), die mit «Schwiizerdütsch», der
Berber-Sprache Tamazight – sowie in der Schule mit Französisch und Arabisch – viersprachig
aufwachsen. «Ich spreche mit den Kindern
meine Muttersprache, mein Mann seine.»
Obwohl Taha inzwischen sehr gut Deutsch mit
Schweizer Zungenschlag beherrscht und auch
deutschsprachige Touristen durch Marokko
führt, spricht das Paar unter sich – wie beim
ersten Kennenlernen in der Wüste – ausschliesslich auf Französisch miteinander.
Abseits der unterschiedlichen Sprachen sei es
eine Gratwanderung gewesen, «was ich als Mutter vermittle und er als Vater. Das hat uns an die
Grenze unserer Beziehung gebracht», erzählt
Zahner über den Kulturen-Aufeinanderprall in
der Familie. Der Konflikt ist inzwischen gelöst:
Einige Traditionen bringen die Eltern ihren Kindern gemeinsam bei und andere getrennt. Frei
nach dem Motto: leben und leben lassen.
Ein weiser Mann soll einmal über die richtige
Erziehung von Kindern gesagt haben: «Bis zum
ERSTMALS RUHE
Eine Wandertour durch die grösste Wüste
der Erde, die Sahara, sollte Zahners Leben vor
20 Jahren gehörig durcheinander wirbeln:
«Das war der erste Ort in meinem Leben, wo
ich mich ganz ruhig gefühlt habe, wo ich nichts
musste, nichts sagen musste, nichts sein musste.» Zuerst sind ihr nur die Hände des jungen,
marokkanischen Tourguides aufgefallen. «Zwei
oder drei Wanderinnen hatten sich bei dieser
Reise in Lahoucine Taha verliebt – ich war eine
davon», schmunzelt Zahner heute.
Dank einer Kooperation mit dem österreichischen Reiseveranstalter Weltweitwandern
konnten Zahner und Taha vor 15 Jahren ihre
eigene Trekking-Firma in Marrakesch aufbauen:
«In dem Moment wusste ich, jetzt gibt es Arbeit
Brigitte Taha–Zahner aus Kaltbrunn SG lebt seit 15 Jahren
in Marokko – hier mit Idir, Khira und Ehemann Lahoucine.
Alter von sieben soll dein Kind hinter dir stehen und du sollst es beschützen. Von sieben
bis 14 soll dein Kind neben dir stehen, du sollst
alle Fragen beantworten und ab und zu zeigen,
wer der Chef ist. Von 14 bis 21 soll das Kind vor
dir stehen, und das heisst für dich als Erzieher:
drei Schritte zurückgehen, dem Kind Freiheit
geben, aber immer an der Leine halten. Nach
21 sollst du dein Kind loslassen.» So lautet eine
Empfehlung im Islam.
Zahner findet, dass diese Worte etwas für sich
haben und Teil der Erziehung sein können,
aber nicht müssen. Sie selbst versucht ihren
beiden Kindern eine Basis zu geben, von der
aus sie sich entfalten können und die Welt
entdecken. «Ich handhabe die Erziehung wie
meine Mutter: loslassen, die Kinder ihren Weg
gehen lassen, aber immer auch vorleben und
vermitteln: Egal was ist, ihr dürft immer wieder
heimkommen – also nicht einfach rausschmeissen und das Elternhaus verschliessen.»
Auch die Religion spielt in der Familie
Taha-Zahner eine Rolle. Er ist Muslim, sie
Christin. Für Zahner sei es noch nie ein Thema
gewesen, zum Islam zu konvertieren: «Der
Zwang zu konvertieren hat so viel Schlechtes
über die Welt gebracht, sei es jetzt bei Muslimen oder bei Christen, weil so viel manipuliert
wird. Deshalb behalte ich meinen Glauben für
mich.» Ihre Tochter und ihr Sohn sind jedoch
Muslime, denn im Islam haben Kinder von Geburt an automatisch den Glauben des Vaters,
ganz gleich ob er Christ, Muslim oder Jude ist.
ALLE RELIGIÖSEN FESTE FEIERN
Zahner versteht nicht, warum man sich wegen
der Religion bekriegen sollte: «Für mich geht es
beim Islam viel um Meditation: fünf Mal am Tag
beten, man muss sauber sein. Das ist so, wie
wenn jemand Yoga-Übungen macht, singt oder
zeichnet.» Deshalb werden in der Familie
christliche Feste genau so gefeiert wie das
Hammelfest, das höchste islamische Fest, bei
dem an den jüdischen Propheten Abraham
erinnert wird. «In unserem Haus in Marrakesch
haben wir jeweils sogar einen Christbaum.»
Ist eine Rückkehr in die Heimat irgendwann
wahrscheinlich? «Wir fühlen uns sehr wohl hier
in Marokko. Dass wir als Familie einmal in Europa leben, dafür müsste etwas völlig Unvorhergesehenes vom Himmel fallen, zum Beispiel
Krieg», ist sich das Paar einig. Für die Schulund Berufsausbildung ihrer Kinder sieht die
Sache anders aus. «Da können wir uns schon
vorstellen, dass sie einmal in die Schweiz gehen, wenn sie das wollen. Unseren Kleinen gefällt es gut in meiner Heimat und beide werden
ihren Weg gehen – Inschallah.» (So Gott will.) Ŷ
WWW.KIRCHENBOTE-SG.CH 7
PANORAMA GEMEINDEN
Neuer Pfarrer für Rheineck
900 Freiwillige ausgebildet
Text: Ack/KID | Foto: Gemeindeseite
30 Jahre Seminar für soziales Engagement: Jubiläumstagung in St.Mangen
Vom Oberengadin nach
Rheineck: Am 1. Juli
übernimmt Christian
Wermbter das Pfarramt
in Rheineck. Wermbter
ist seit 26 Jahren Gemeindepfarrer, die letzten
zehn in Bever. Während
all der Jahre habe er
Erfahrung in vielen Bereichen der Gemeindearbeit
gemacht und sei so zum
Allrounder geworden, schreibt die Kirchenvorsteherschaft. Wermbter ist 57 Jahre alt, stammt
ursprünglich aus Rheinland-Pfalz, ist verheiratet und Vater einer erwachsenen Tochter. Ŷ
Förderprogramm unterstützt
Kirchgemeinden beim Stromsparen
Text: Oeku
Rund die Hälfte aller Kirchen in der Schweiz
sind elektrisch beheizt – das verschlingt viel
Strom. Das Förderprogramm ProChileWatt
unterstützt deshalb in den kommenden drei
Jahren Schweizer Kirchgemeinden, die ihren
Stromverbrauch senken möchten.
Bei ProChileWatt mitmachen können Kirchgemeinden mit einer elektrisch beheizten Kirche,
die über keine programmierbare Heizungssteuerung verfügt. Die Hauptmassnahme des
Förderprogramms ist der Einbau einer Heizungssteuerung, die die Heizelemente in der Kirche optimal ansteuert. Dadurch sinkt der Stromverbrauch um bis zu 30 Prozent. ProChileWatt
übernimmt bis zu 40 Prozent der Investitionskosten für den Einbau der Heizungssteuerung.
GEZIELTE BERATUNG
Kirchgemeinden profitieren bei ProChileWatt
aber nicht nur finanziell. Sie erhalten auch eine
gezielte Beratung: Auf Kirchen spezialisierte
Stromsparprofis prüfen, welche Stromsparmassnahmen sich für die Kirchgemeinde zusätzlich zur Heizungssteuerung eignen und
begleiten sie bei der Umsetzung. Die Stromsparprofis stellen zudem sicher, dass nur Kirchgemeinden am Förderprogramm teilnehmen, für
die sich die Investition auch lohnt.
Das Förderprogramm läuft bis Ende 2018. Ziel
ist es, dass Schweizer Kirchgemeinden dank
den geförderten Stromsparmassnahmen pro
Jahr rund 1,7 Gigawattstunden Strom sparen.
Das entspricht dem jährlichen Verbrauch von
340 Haushalten. Kirchgemeinden können so
dazu beitragen, den Stromverbrauch in der
Schweiz zu reduzieren und die Energiewende zu
unterstützen. Ŷ
Weitere Informationen: www.pro-chilewatt.ch
8 AUSGABE 4/2016
Text und Fotos: Claudia Schmid, St.Gallen
Vor 30 Jahren haben initiative Frauen das
Seminar für soziales Engagement ins Leben
gerufen. Ihre Idee: jährlich in einer anderen
Region des Kantons eine Ausbildung für Freiwillige anzubieten. Das Projekt wuchs und
gedieh. In drei Jahrzehnten besuchten knapp
900 Frauen und Männer das Seminar.
Das 30-Jahr-Jubiläum feierte das Seminar für
soziales Engagement (SSE) am 5. März mit
einem besonderen Tagungsprogramm im Centrum St.Mangen in St.Gallen. Über 100 ehemalige
Seminarteilnehmende, Kursverantwortliche
und Gäste waren gekommen. Clown Pello präsentierte unter dem Titel «Die ernsthafte Seite
des Humors» einen reichen Schatz an neuem
Wissen und viele konkrete Umsetzungsideen.
MENSCHEN IN NOT BEGEGNEN
Ehemalige und aktuelle Mitglieder der Arbeitsgruppe hielten Rückblick auf die letzten drei
Jahrzehnte. Es erfülle sie mit Stolz, dass sich
Jahr für Jahr Frauen und Männer zum Seminarbesuch entschlossen hätten, erklärte Marianne
Jocham, Kursleiterin beim SSE.
Es habe sie immer sehr beeindruckt, mit wie
viel Herz und Engagement die Kursteilnehmenden bei der Sache gewesen seien, sagte ein ehemaliges Mitglied der Arbeitsgruppe. Eine der
Kursleiterinnen gab ihrer Überzeugung Ausdruck, dass der wechselnde Standort des Seminars viel zur Lebendigkeit beigetragen hat.
SELBST- UND SOZIALKOMPETENZ
Das Seminar für soziales Engagement wird von
der Evang.-ref. Kirche des Kantons St.Gallen
und der Caritas St.Gallen getragen. Kursinhalte
sind die Förderung von Selbst- und Sozialkompetenz. Sie vermitteln Fähigkeiten zum hilfreichen Umgang und der Kommunikation mit
Menschen in sozialen Schwierigkeiten. Zudem
werden wichtige Sozialstellen vorgestellt.
Seit zehn Jahren treffen sich ehemalige Teilnehmende des Seminars zu einer Tagung, die
der Weiterbildung dient. Sie bietet ihnen Gelegenheit, sich zu begegnen und auszutauschen,
Wertschätzung für ihr freiwilliges Engagement
zu bekommen und neue Kontakte zu knüpfen.
NEUER KURS IN RORSCHACH
Das nächste Seminar wird vom 29. April bis
30. September in Rorschach durchgeführt. An
15 Halbtagen behandelt es Themen wie Kommunikation, Grenzen setzen und Klarheit schaffen, Sucht und Co-Abhängigkeit, psychische
Krankheiten, alte Menschen und ihre Angehörigen, Begleitung von Kranken und Sterbenden,
Sterberituale und Trauerarbeit, Hilfe geben und
Hilfe annehmen sowie fair streiten. Ŷ
Auskunft: Marianne Jocham, [email protected],
Tel. 071 722 72 22, www.ref-sg.ch/sse
Stimmen von früheren Absolventinnen des Seminars
RENI VILLIGER, SEMINAR 1986
«Vor 30 Jahren kam der
Wunsch auf, mich dort
zu engagieren, wo es um
Menschen geht. Ich besuchte das erste Seminar
für soziales Engagement
und wurde darin bestärkt, dass der Einsatz
von Frauen in unserer
Gesellschaft gefragt ist.
Das Seminar vermittelte
wertvolles Rüstzeug für
meine zukünftige Tätigkeit. Es diente mir sowohl als Gemeinderätin als auch als Mitglied
der Jugendschutzkommission im Kreis Mittelrheintal. Seit vielen Jahren widme ich mich nun
dem kommunikativen Umgang mit demenzkranken Menschen.» Ŷ
RAHEL MÜLLER, SEMINAR 2001
«Das Seminar hat mich
interessiert, weil ich
mehr darüber wissen
wollte, wie man Menschen in einer schwierigen Lebenssituation begegnet. Es hat den Horizont erweitert und das
Verständnis für die unterschiedlichsten Problemfelder in unserer Gesellschaft gefördert. Vermittelt wurden aber auch handfeste Tipps wie
beispielweise, welche Sozialstellen in der Region Hilfe anbieten. Der Seminarinhalt hat dazu
angeregt, das eigene Leben besser kennenzulernen und die erworbenen Erkenntnisse in der
Freiwilligenarbeit weiterzugeben.» Ŷ
YVONNE CUSINATO, SEMINAR 2013
«Grund für den Seminarbesuch war, dass ich in
einer schweren Familienkrise steckte. Er bot mir
Gelegenheit, aus dem belastenden Alltag herauszukommen und Menschen zu begegnen, die
Ähnliches erlebt haben.
Die Weiterbildung hat
mir persönlich sehr viel
gegeben, war aber auch
für den beruflichen Weg hilfreich. Seit Anfang
dieses Jahres bin ich mit einem Pensum von
zwanzig Prozent Sozialbegleiterin in der Seelsorgeeinheit Widnau-Balgach-Diepoldsau und
stehe in den drei Pfarreien rat- und hilfesuchenden Menschen zur Verfügung.» Ŷ
PANORAMA KANTON
PANORAMA KANTON
Der Klimawandel wandelt uns
Vom Beitrag der Einzelnen gegen den Klimawandel
Text und Foto: as
Um den ökumenischen Prozess «Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung»
(GFS) ist es ruhiger geworden. Die St.Galler
Kommission für GFS hingegen ist aktiv. Sie
fragte Anfang März bei ihrem traditionellen
Jahresauftakt danach, was wir als Einzelne
gegen den Klimawandel tun können.
«Wie weiter nach dem Klimagipfel in Paris? Wie
kann uns das Buch des neuen Papstes ‹Laudato
si› inspirieren? Wie kann ich mich angesichts
des Klimawandels persönlich einbringen?
Diese Fragen stellte der methodistische Pfarrer
Peter Gumbal den Podiumsteilnehmern: Basil
Oberholzer, dem frisch gewählten Kantonsrat
WAS HEISST GFS?
Zu einem ökumenischen Prozesses für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung
(GFS) haben sich die im Ökumenischen Rat der
Kirchen zusammengeschlossenen Kirchen 1983
in Vancouver verpflichtet. Die Konferenz der
Europäischen Kirchen (KEK) und die Europäische Bischofskonferenz griffen die Anregung
auf und luden 1989 zur ersten Europäischen
Ökumenischen Versammlung «Frieden in Gerechtigkeit» in Basel, 1997 zur zweiten nach
Graz und 2006 nach Sibiu in Rumänien.
Um die Bewegung auch vor Ort in Gang zu bringen, setzten die Kirchen durch ihre Arbeitsgemeinschaften GFS-Kommissionen ein. Seit 1990
organisiert die St.Galler GFS-Kommission ihren
Jahresauftakt, 1998 mit Leonardo Boff, 1999 mit
Dorothee Sölle. In den 90er-Jahren koordinierte
sie auch die regionalen Bettage, die im Rheintal, in Rorschach wie auch im Toggenburg ein
Forum für die in GFS-Fragen engagierten kirchlichen und gesellschaftlichen Kräfte bildeten. Ŷ
der Jungen Grünen, dem katholischen Theologen und Philosophen Urs Eigenmann aus
Luzern und der methodistischen Pfarrerin
Marietjie Odendaal, einer Teilnehmerin am
Klimagipfel vom September 2015 in Paris.
WENIGER IST MEHR
Marietjie Odendaal wirkt im Auftrag der weltweiten methodistischen Kirche im «creation
care team», welches in allen Kontinenten der Erde das Bewusstsein für die biblisch begründete
Schöpfungsverantwortung zu fördern versucht.
Ihr Tipp: «Suche, was dich ermutigt. Tue, was
Du kannst und vertraue auf Gottes Zukunft.»
Basil Oberholzer, der in seinem halbtheologischen Elternhaus für die Nöte der Schöpfung
sensibilisiert worden ist, betonte, dass sich die
ökologischen Fragen nicht von sozialen Zusammenhängen und wirtschaftlichen Standards
trennen lassen. Es sei wichtig, als Einzelner
nachhaltig zu leben, aber der Klimawandel fordere auch gemeinsame politische Lösungen für
eine ganze Gesellschaft. Sein Tipp: «Veränderung kommt nur, wenn Menschen sie machen –
die Menschen, auf die wir warten, das sind wir.»
Urs Eigenmann erinnerte daran, dass die Kirchen schon lange mit ökologischen Themen
unterwegs sind. Auch machte er auf das aktuelle Buch «Laudato si» von Papst Franziskus aufmerksam, das die Entschleunigung der wirtschaftlichen Entwicklung vorschlage und ökologische Fragen mit dem Recht auf Leben in Beziehung bringe. Es gehe darum, sich wärmer
anzuziehen, statt mehr zu heizen, öffentliche
Verkehrsmittel zu nutzen und Einkaufen als
moralische Handlung zu verstehen.
Sein Tipp: «Weniger ist mehr, langsamer ist effektiver, Unterbrechen ist fortschrittlicher.» Ŷ
Martin Bider, Präsident der St.Galler GFS-Kommission, im Gespräch mit Basil Oberholzer, Kantonsrat der Jungen Grünen.
Die Angestellten der St.Galler Kirche und ihrer Gemeinden bei einem kantonalen Kapitel Im Sommer 2011.
900 Mitarbeitende befragt
Text und Foto: Andreas Schwendener
In der St.Galler Kirche läuft derzeit die
grosse Kirchenvisitation. Gemäss Kirchenordnung hat der Kirchenrat alle acht bis zehn
Jahre eine solche durchzuführen. Die Ergebnisse sollen der Sommersynode 2017 zur Diskussion vorgelegt werden und zu Anregungen
für die Zukunft führen, konkret zu Visionen
der St.Galler Kirche für das Jahr 2022.
Während bei der letzten Visitation 2007 die Frage nach den Inhalten der kirchlichen Gemeindeaktivitäten im Vordergrund stand, ist es bei
der laufenden Visitation die Frage nach dem
Wohlergehen der Mitarbeitenden. Diese sind
zentrale Stützen im kirchlichen Leben. Sind
Mitarbeitende gut ausgebildet, motiviert, von
ihren Vorgesetzten geachtet und in ihren
innersten Impulsen gefördert, hat das einen
Einfluss auf das Leben der Kirchgemeinden.
Besuch in den Gemeinden
Was sich durch alle früheren und auch durch
die aktuelle Visitation wie ein roter Faden zieht,
ist der reale Besuch der obersten Aufsichtsbehörde in den Gemeinden. Bis Ende Mai 2016
soll jede Kirchgemeinde Besuch von zwei Personen aus dem Kirchenrat und einem der drei
Dekane erhalten – jedes der drei Pfarrkapitel
St.Gallen, Rheintal und Toggenburg hat einen
von der Synode gewählten Dekan und einen Vizedekan als oberster Seelsorger der Pfarrer im
jeweiligen Pfarrkapitel. Von diesen Besuchen
(lat. visitare) hat die schon in der Alten Kirche
bezeugte Aufsicht ihren Namen bekommen.
Online-Umfrage
Ende 2015 haben zudem alle 900 Mitarbeitenden und Behördenmitglieder der St.Galler Kirche einen Link zu einer Online-Umfrage erhalten. Darin konnten sie anonym ihre Erfahrungen und Sorgen beschreiben oder mit Wertungen von Aussagen zum Ausdruck bringen. Besorgt wird diese wissenschaftliche Befragung
und Auswertung durch das in St.Gallen ansässige Schweizerische Pastoralsoziologische Institut (SPI). Das SPI führt zudem Experteninterviews durch, analysiert die Daten und präsentiert die Ergebnisse in einem Bericht. Ŷ
WWW.KIRCHENBOTE-SG.CH 9
IN KÜRZE
Der Kapuziner und Tierschützer
Anton Rotzetter ist gestorben
Text: ref.ch/kath.ch | Foto: srf
Der Kapuziner Anton Rotzetter ist am 1. März im
Alter von 77 Jahren überraschend gestorben.
Als «hervorragenden Kenner der franziskanischen
Spiritualität» würdigte die
Kapuzinergemeinschaft
Rotzetter. Diese habe er als
Dozent, Exerzitienmeister,
Prediger und Schriftsteller in zahlreichen Büchern und Vorträgen zu vermitteln versucht.
Die Schöpfungsmystik des Franz von Assisi war
ihm ein Ansporn, «sich für die verletzte Natur
und die Würde der Tiere einzusetzen».
Rotzetter war Präsident der «Aktion Kirche und
Tier» (Akut), einer Bewegung, die sich dafür
einsetzt, dass christliche Nächstenliebe auch
auf Tiere ausgeweitet wird. Ŷ
Zum Tod von Redaktor Willy Spieler
Text: ref.ch/kath.ch | Foto: facebook
Am 25. Februar ist Willy
Spieler gestorben, langjähriger Redaktor und Autor der
Zeitschrift «Neue Wege».
Spieler galt als Vordenker
des religiösen Sozialismus
in der Schweiz. Er hat sich
immer mehr dem Gedankengut des von Leonhard
Ragaz begründeten religiösen Sozialismus angenähert. Von 1977 bis 2007
leitete er die von Ragaz 1906 mitgegründete
religiös-soziale Zeitschrift «Neue Wege», in der
er viele eigene Artikel publizierte. Unter seiner
Leitung sind die «Neuen Wege» zu einem weithin geachteten Forum für eine sozialethisch
fundierte Politik geworden.
Spieler wurde 1991 Zürcher Kantonsrat und
präsidierte von 1996 bis 2001 die SP-Fraktion. Ŷ
Religion – ein Kriterium
im Asylverfahren?
PANORAMA SCHWEIZ
Schaffhausen als Polizei-Einsatz in
Reformationsstadt Basler Kirche
Text: ref.ch
Text: ref.ch
Die Stadt Schaffhausen darf sich offiziell «Reformationsstadt Europas» nennen. Die Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa (GEKE)
hat der Stadt das geschützte Label im Hinblick
auf das 500-Jahr-Reformationsjubiläum 2017
verliehen. Insgesamt dürfen 52 Städte in zwölf
Ländern die Bezeichnung tragen.
Schaffhausen gehört seit 1529 zu den reformierten Schweizer Städten. In jenem Jahr bekannte sich Schaffhausen als vierter eidgenössischer Stand zur Reformation. Ŷ
Nach der Festnahme von Asylsuchenden in der
besetzten Basler Matthäus-Kirche durch die
Polizei wird die evangelisch-reformierte Kirche
Basel-Stadt mit Kritik eingedeckt.
Der Polizei-Einsatz sei nicht auf Betreiben der
Kirche durchgeführt worden, hiess es vom Justiz- und Sicherheitsdepartement Basel-Stadt.
Das Migrationsamt führe solche Kontrollen
regelmässig durch, wenn Hinweise bestünden,
dass sich Personen ohne geregelten Aufenthalt
an einem bestimmten Ort befänden. Ŷ
Papst hört Schweizer Reformierte an
Text: ref.ch/Christa Amstutz | Foto: Agentur Zenit
Kirchenbundpräsident Gottfried Locher
wurde Anfang März von Papst Franziskus zu
einer Privataudienz empfangen. Er erzählt,
was in den zwanzig Minuten zur Sprache kam
und warum er jetzt auch für den Papst betet.
Wie kam es zu der Audienz im Vatikan?
Der Papst kennt die Lutheraner besser als die
Reformierten, da wollte ich ein wenig Gegensteuer geben. Der Schweizer Kardinal Kurt
Koch hat schon seit Längerem ein Treffen vorgeschlagen. Als Ökumene-Minister hat er die
Audienz organisiert. Ich wurde in meiner Funktion als Präsident des Schweizerischen Evangelischen Kirchenbundes und der Gemeinschaft
Evangelischer Kirchen in Europa eingeladen.
Worüber haben Sie mit dem Papst gesprochen?
Wir haben über die ökumenische Situation und
über die Religionslandschaft in der Schweiz gesprochen, wie viele katholische und reformierte Christinnen und Christen hier leben, welche
anderen Glaubensgemeinschaften es gibt. Und
natürlich haben wir uns unterhalten über das
Reformationsjubiläum beziehungsweise Reformationsgedenken, wie es die Katholiken nennen. Ich habe kurz erzählt, was wir planen für
die 500-Jahr-Feier im nächsten Jahr.
Welche Themen kamen noch zur Sprache?
Wir waren uns einig, dass Ökumene eher eine
pastorale als eine diplomatische Aufgabe sei.
Ihr Ziel ist das gemeinsame Zeugnis für Jesus
Christus. Das ist auch ein Zeugnis für die Armen, hat Franziskus betont. Diese Sicht auf die
Ökumene gefällt mir. Die Kirche muss sich getrauen, laut auszusprechen, woran sie glaubt
und wofür sie steht – unabhängig davon, ob sie
damit Zustimmung oder Widerspruch erntet.
Und wie haben Sie sich verabschiedet?
Papst Franziskus hat vorgeschlagen, dass wir
gemeinsam beten. Da haben wir miteinander
das Vaterunser gesprochen, er auf Italienisch,
Kardinal Koch und ich auf Deutsch.
Der Papst hat mich verabschiedet mit den Worten: «Beten Sie für mich.»
Haben Sie das schon getan?
Ja, das habe ich. Er ist 78 Jahre alt und sein
Amt ist unglaublich anstrengend. Schon nur ein
solcher Audienztag zeigt das deutlich. Hinzu
kommen die vielen Reisen und die Belastung,
dass jedes Wort, das er sagt, auf die Goldwaage
gelegt wird. Franziskus hat es nötig, dass man
ihn im Gebet nicht vergisst. Wie alle anderen
Menschen auch. Ŷ
Text: ref.ch
Der designierte CVP-Präsident Gerhard Pfister
hat mit seiner Aussage, bei der Aufnahme von
Flüchtlingen sollten Christen, Frauen und Kinder
bevorzugt behandelt werden, viel Staub aufgewirbelt. Die Schutzbedürftigkeit von Flüchtlingen
ist nach Ansicht von Experten aber wichtiger als
deren Religionszugehörigkeit.
Stefan Frey, Mediensprecher der Schweizerischen Flüchtlingshilfe (SFH), hält gar nichts von
dieser Forderung: «Religion ist als Aufnahmekriterium absolut zweitrangig. Entscheidendes
Kriterium muss sein: Braucht ein Mensch, der
auf der Flucht ist, Schutz oder nicht?» Ŷ
10 AUSGABE 4/2016
Papst Franziskus, Kirchenbundpräsident Gottfried Locher und Kardinal Kurt Koch während der Audienz im Vatikan.
PANORAMA WELT
IN KÜRZE
Kongress über Darstellung von
Christen in arabischen Lehrplänen
Text: kath.ch/kap
In der libanesischen Hauptstadt Beirut fand
ein internationaler Kongress über die Darstellung des Christentums und der Christen
in den Lehrplänen arabischer Länder statt.
Jeweils am Karfreitag, aber auch jeden Freitag erinnern Franziskanermönche an der «Via Dolorosa» an Jesu Leidensweg.
Franziskaner eröffnen
«Heilig-Land-Museum» in Jerusalem
Im Mittelpunkt standen die Lehrpläne und deren Rolle als potenzielle Instrumente der Integration und des friedlichen Zusammenlebens
zwischen den verschiedenen ethnischen und
religiösen Gruppen in den Gesellschaften des
Nahen Ostens.
Die Referenten befassten sich mit den gesetzlichen Rahmenbedingungen und der darauf basierenden Ausrichtung der Bildungsprogramme
in den verschiedenen Ländern. Abschliessend
wurden Vorschläge formuliert, die den Bildungsministerien vorgelegt werden sollen. Dabei ging es um konkrete Hinweise zur Befreiung
der Lehrpläne von konfessionalistischen Tendenzen und die Ausrichtung auf die Prinzipien
des Pluralismus und der Wertschätzung der
kulturellen und religiösen Identitäten. Ŷ
Text: kath.ch | Bild: as
Am 17. März wurde mit einer Multimedia-Installation zur Via Dolorosa der erste Teil des
«Terra Sancta Museums» in der Jerusalemer
Altstadt eröffnet. Folgen sollen auf dem Gelände der Geisselungskapelle bis Ende 2017
eine archäologische und historische Abteilung, wie das Hilfswerk der Franziskaner-Kustodie «ATS-Pro Terra Sancta» mitteilte.
Die Multimedia-Ausstellung im ehemaligen
Lapidarium soll dem Besucher «eine Zeitreise in
der Geschichte Jerusalems, von Jesus bis heute»
ermöglichen. Ziel sei es, die Stadtentwicklung
Jerusalems zu veranschaulichen und die «in
den aktuellen architektonischen Kontext der
Stadt eingebetteten» Orte der Via Dolorosa
bewusster erlebbar zu machen.
KIRCHENSCHATZ DER GRABESKIRCHE
Ebenfalls auf dem Gelände der Geisselungskapelle entsteht eine frühchristlich-archäologische Abteilung. Der dritte Teil der Ausstellung
auf dem Gelände der Kustodie soll über die
Geschichte der Christen sowie der Franziskaner
im Heiligen Land von den Kreuzfahrern bis in
die Gegenwart informieren. Ausgestellt werden
sollen auch bedeutende Teile des Kirchenschatzes der Jerusalemer Grabeskirche.
Die dreiteilige Dauerausstellung an zwei Standorten in der Jerusalemer Altstadt sei das einzige Museum weltweit, das den Wurzeln des
Christentums und den Heiligen Stätten gewidmet ist, deren Erhalt seit mehr als 800 Jahren in
den Händen der Franziskaner liegt. Ŷ
Wien: Muslime lassen sich taufen
Text: kath.ch/kap
Menschen mit muslimischem Hintergrund
machen 2016 rund die Hälfte der erwachsenen Taufwerber in Wien aus.
In Österreich geht die Katholische Kirche bei
der Aufnahme neuer Mitglieder behutsam vor.
Die Bischofskonferenz machte 2014 eine einjährige Vorbereitungszeit zur Bedingung für die
Taufe von Menschen mit Fluchthintergrund.
Damit sollen «Taufscheinchristen» verhindert
werden, die sich vom Übertritt zum Christentum bessere Chancen auf Asyl erhoffen.
Friederike Dostal, Leiterin des Referates für die
Taufvorbereitung, stellt bei Muslimen eine er-
nüchterte Einstellung zum Islam fest, dies vor
allem im Hinblick auf Gräueltaten der jihadistischen Terrorgruppen im Nahen Osten. Zum andern sei die steigende Zahl von Taufanfragen
durch Muslime auch dem kirchlichen Engagement in der Flüchtlingsbetreuung geschuldet.
«Flüchtlinge sehen in Lagern in Jordanien oder
im Libanon immer wieder, dass islamische
Hilfsorganisationen vor Ort Christen von Hilfsaktionen bewusst ausschliessen. Kommen sie
dann nach Österreich, sind sie oft sehr überrascht, dass man sich flächendeckend um sie
kümmert, ohne Rücksicht auf Religion oder
Herkunft.» Das lasse die Frage nach den Motiven für die bedingungslose Hilfe aufkommen. Ŷ
Letzter Christ verlässt früheres
theologisches Zentrum Nusaybin
Text: kath.ch/kap
Aus der südosttürkischen Stadt Nusaybin, dem
antiken Nisibis, ist der letzte Christ geflohen.
Daniel Cepe flüchtete mit seiner Familie vor
den Kämpfen zwischen kurdischen Rebellen
und türkischem Militär. Cepe bewachte bislang
die Jakobskirche von Nisibis, die aus dem 3. Jh.
stammt und zu den ältesten religiösen Bauwerken von Obermesopotamien zählt.
Die türkischen Sicherheitskräfte hatten Mitte
März eine unbefristete Ausgangssperre über
Nusaybin verhängt und mehrere tausend Soldaten um die Stadt zusammengezogen, in der
sich viele Kämpfer der kurdischen Rebellengruppe PKK und deren Jugendmiliz YDG-H verschanzt halten. Die Zivilbevölkerung floh vor
Beginn der Kämpfe grösstenteils aus der Stadt.
Das Schicksal der antiken Jakobskirche, die auf
der Vorschlagsliste für das Unesco-Weltkulturerbe steht, ist nun ungewiss. In der nahen
Grossstadt Diyarbakir waren bei den Kämpfen
zwischen PKK und türkischem Militär im Februar schon die armenische Sankt-Giragos-Kirche und wahrscheinlich auch die syrisch-orthodoxe Marienkirche zerstört worden.
Die Jakobskirche von Nisibis wurde von ihrem
Namensgeber Mar Jakob gegründet, der von
309 bis 350 Bischof von Nisibis war und 325 in
Nizäa am ersten Ökumenischen Konzil teilnahm. Er begründete die theologische Schule
von Nisibis, die das Christentum in Mesopotamien verbreitete und über Jahrhunderte auf
das gesamte Oströmische Reich ausstrahlte. Ŷ
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PALETTE
Singen
Pilgern
HEILSINGEN IN DER GALLUSKRYPTA
REGIONALER PILGERGOTTESDIENST ZUR
SAISONERÖFFNUNG
7. April, 12. Mai, 2. Juni: 18 bis 18.35 Uhr
Am 1. Donnerstag des Monats wird die Galluskrypta unter dem Chor des St.Galler Doms
geöffnet. Hildegard Aepli, Pastoralassistentin,
lädt zum Heilsingen an diesem Kraftort ein:
einfache Lieder, Gebet, Lesung, Stille, Zuspruch
und Segen. Mithilfe: Marianne Kundt, Pfarrerin,
St.Gallen. Eingang: rechtes Chorgitter.
Info: [email protected]
8. April, 19.30 Uhr
Segnung von Pilgerinnen und Pilgern, die auf
den Jakobsweg gehen werden, deren Angehörigen und für alle Pilgerfreunde.
Ort: Schutzengelkapelle am Klosterplatz in
St.Gallen. Gestaltung: Rosmarie Wiesli und Josef Schönauer; Musik: Jodelchörli St.Gallen Ost;
danach Apéro im Hofkeller
PILGERHERBERGE ST.GALLEN AN DER OFFA
13.–17. April, 10–18 Uhr, Halle 9
Meditieren
STILLE AM MITTAG
Freitags, 12.15 bis 13.15 Uhr
Eingangsgebet oder Mystikerwort, Sitzen in der
Stille, achtsames Gehen, Sitzen in der Stille,
Schlusstext. Ort: ökumenische Kirche Halden
MEDITATION IN DER STILLE (ZAZEN)
NACH VIA INTEGRALIS
Mittwoch, 6. und 20. April, 18–20 Uhr
Regelmässiges Sitzen in der Stille (Zazen) ist
ein persönlicher Erfahrungsweg, der zeigt, wie
Sie konkret im Alltag echter leben können.
Schulung auf Wunsch. Willkommen zum
Schnuppern.
Ev. Kirchgemeindehaus Heiligkreuz,
Lettenstr. 18, St.Gallen
Anmeldung und Auskunft:
Werner Frei, Kontemplationslehrer
[email protected], www.meditation-sg.ch
Reisen
DEUTSCHE STÄTTEN DER REFORMATION
1. bis 10. Oktober 2016
Die Kirchgemeinde Gaiserwald lädt zu einer
Reise zu den deutschen Stätten der Reformation ein. Auf den Spuren von Martin Luther,
Paul Gerhardt und Johann Sebastian Bach werden die Lutherstädte Eisleben und Wittenberg
sowie die Wartburg, Torgau, Leipzig und Dresden besucht.
Kontakt: Pfr. Martin Heimbucher, Sonnenhofstrasse 3, 9030 Abtwil, www.ref-gaiserwald.ch
VIA APPIA – AUF DER STRASSE DER RÖMER
VON ROM BIS BRINDISI
1. bis 12. Juni 2016
Sakrale und profane Kunst von Antike und
Mittelalter, einzigartige Kulturstudien-Busreise
Anmeldeschluss: 22. April 2016
www.byzanz-straessle.ch
12 AUSGABE 4/2016
PILGERN AUF DEM JAKOBSWEG
Wer Interesse und Freude am Pilgern hat, ist
herzlich eingeladen, mit uns auf dem Jakobsweg durch die Schweiz weiterzuwandern.
(Letztes Jahr wanderten wir von Konstanz
nach Einsiedeln.)
Dienstag, 26. April: Einsiedeln–Schwyz
Dienstag, 7. Juni: Brunnen–Stansstad (Schiff),
Stansstad–Flüeli-Ranft
Dienstag, 9. August: Brünig–Brienz
Dienstag, 20. September: Interlaken–Beatushöhle–Spiez
Dienstag, 4. Oktober: Spiez–Amsoldingen
Leitung: Walter Hehli, Wattwil. Verfasser des
Buches «Man muss wie Pilger wandeln – Auf
dem Jakobsweg vom Toggenburg bis an das
Ende der Welt».
Kosten: Billett jeweils selber lösen, Verpflegung
aus dem Rucksack. Unkostenbeitrag für alle
Etappen Fr. 20.–, einzelne Etappe Fr. 5.–.
Auskunft, Anmeldung und genaues Programm:
Walter Hehli, Sägeweg 5, 9620 Lichtensteig.
Tel. 071 988 12 14, E-Mail: [email protected]
Kunst
MITTWOCH-MITTAG-KONZERTE
KIRCHE ST.LAURENZEN IN ST.GALLEN
HEILMEDITATION
Mittwoch, 13. April, 14.30 Uhr
Mit Heilpraktikerin Hedda Schurig
Ort: Offene Kirche St.Gallen
Eidg. FA, Auskunft für Interessierte
Regina Pauli, Kesswil, Tel. 071 460 29 67
[email protected]
Kosten: Fr. 50.– pro Person
Daten für Gruppen nach Absprache
www.lebenwirken.ch
Wanderweg hinauf zum Kloster Notkersegg, St.Gallen
STADTPILGERN
Samstag, 9. April u. 11. Juni, Freitag, 9. Sept.,
jeweils 9.30 Uhr bis ca. 18 Uhr
St.Gallen durch die Stadt zu Brunnen und Wasser, die Stadt St.Gallen pilgernd erfahren – dazu
lädt das Stadtpilgern ein.
Spiritualität lässt sich in alltäglicher Umgebung
erfahren, wenn wir darauf achten und uns darauf einlassen. Achtsam und ganz bei sich sein
und so die Strassen, Gassen und Plätze begehen. Mit Texten, Gedanken und Liedern an verschiedenen Orten innehalten und Bekanntes
neu erleben. Das ist das Ziel dieses Tages.
Gemeinsame Einstimmung in der Kirche
St. Laurenzen. An verschiedenen Brunnen pilgernd vorbei ziehen und mit einer äusseren
und inneren Schau sinnend verweilen. Lunch
aus dem Rucksack. Am Nachmittag Begegnung
im Kloster Notkersegg. Wegpilgern durch die
Natur, entlang von Wasser und über Hueb,
Schaugenbädli und zurück nach St.Gallen.
Gemeinsamer Abschluss in der Kirche Halden.
Wir gehen 3–5 Stunden, Leitung Regina Pauli,
Pilgerbegleiterin EJW. Erwachsenenbildnerin
12.15 bis 12.45 Uhr
6. April: Spread your Wings and reach the Sky.
Mit Danielle Schmid (Gesang) und Mako Boetschi (Klavier, Orgel)
13. April: The Ghana Cultural Trio. Mit Abraham K. Mensah (Percussion), Beda Ehrensperger (Drums) und Mike Larbi (Vocals).
20. April: Mein Russland Du bist schön. Mit
Elena Fastovski (Klavier) und Dimitri Sharkov
(Bariton)
27. April: In Western Lands – Gedichtvertonungen und Eigenkompositionen. Mit Maja Oezmen
(Gesang) und Beat Oezmen (Kleininstrumente,
Klavier)
4. Mai: Beethoven und Ravel – der grosse Kontrast. Mit Julius Aria Sahbai (Violine) und Milena Martinez (Klavier)
Gottesdienste
ÉGLISE FRANÇAISE
Cultes du dimanche à 10 h à l’église de
St-Mangen, sauf le premier dimanche du mois.
Cultes du soir mensuels à Rorschach, Rapperswil et Glaris. Renseignements auprès de
Simone Brandt, pasteur, tél. 071 277 08 56 ou
www.eglisefrsg.ch
PALETTE
GOTTESDIENST AUF DER SCHWÄGALP
Jeweils 9.45 Uhr in der Kapelle
3. April: Hans Jörg Fehle, Wattwil
10. April: Käthi Meier-Schwob, St.Gallen
17. April: Lothar Schullerus, Nesslau
24. April: Koni Bruderer, Heiden
1. Mai: Dorothee Frey-Dettmers, Herisau
5. Mai: Felix Indermaur, Berneck
ÖKUMENISCHER SEMESTER-GOTTESDIENST: NÄHE UND DISTANZ
Dienstag, 26. April, 20.15 Uhr,
Ort: Kathedrale St.Gallen
Jedes Semester laden die Universitätsseelsorger Studierende zu einem ökumenischen
Semester-Gottesdienst ein.
Liturgie: Diakon Thomas Reschke und Studierende, Predigt: Pfarrer Markus Anker
Lesung: Prof. Dr. Daniel Bartl, Assistenzprofessor an der School of Management
Musik: Domorganist Willibald Guggenmos und
Ruth Bischofberger, Querflöte
Nach dem Gottesdienst sind alle eingeladen zu
einem Apéro in der IHK St.Gallen – Appenzell,
Gallusstr. 16, gestiftet von Raiffeisen Schweiz
RELIGION UNTERRICHTEN LERNEN
Die Ausbildung zur Fachlehrperson für Religion
an der Primarschule startet im August 2016.
Sie vermittelt theologische und pädagogische
Kenntnisse, ist modular gegliedert und dauert
in der Regel drei Jahre. Im Kurs lernen die Studierenden religiöse Lernprozesse anzuregen
und zu begleiten.
Weitere Informationen: www.ref-sg.ch/rpi.
Auskunft: 071 227 05 20 (Barbara Tischhauser)
und 071 227 05 21 (Holger Brenneisen).
Anmeldung bis 25. April
ST.GALLER PERSÖNLICHKEITEN
Montag, 4. April, 18–19.30 Uhr
Interessante, spezielle, hervorragende und
merkwürdige Personen aus 1500 Jahren Geschichte. Treff beim Rathaus neben dem Bahnhof. Stadtwanderung mit Charlie Wenk.
KLOSTER UND STADT
AM VORABEND DER REFORMATION
Mittwoch, 13. April, 14.30–16 Uhr
Niedergang und Neubeginn des Klosters St.Gallen. Ein wundertätiges Gnadenbild. Machtkampf zwischen Fürstabt und Bürgermeister,
Zerstörung des Klosters Mariaberg, St.Galler
Krieg. Altstadt-Rundgang mit den Theologen
Walter Frei und Charlie Wenk.
Treff: Vadian-Denkmal Marktplatz.
RELIGIONS- UND KULTURGESCHICHTLICHER DORFRUNDGANG IN HEIDEN AR
Sonntag, 17. April, 15–17 Uhr
Mit dem Theologen Walter Frei. Treffpunkt am
Postplatz Heiden. Möglicher Treff beim Bahnhof
St.Gallen um 13.50 Uhr (Postauto 14.03 Uhr).
DIE ST.GALLER TÄUFER
IN DER REFORMATIONSZEIT
Dienstag, 19. April, 18–19.30 Uhr: Bibelglaube,
frei vom Staat, Erwachsenentaufe, der Brudermord Schugger und die Folgen. Altstadtwanderung mit dem Theologen Walter Frei.
Treff beim Vadian-Denkmal am Marktplatz.
EISENBAHN UND TRAM IN ST.GALLEN
Montag, 25. April, 14.30–16 Uhr
Stadtwanderung mit den Theologen Walter Frei
und Charlie Wenk. Treff: St.Leonhardskirche.
Röbi Koller auf der Wartburg, UNESCO-Weltkulturerbe:
für den TV-Moderator ein Höhepunkt seiner Reise.
Auf den Spuren Martin Luthers
Junge Erwachsene
«RISE UP»-GOTTESDIENST
Sonntag, 3. April, 10 bis 11 Uhr
Die «Rise Up»-Gottesdienste verweben aktuelle
Lebensthemen mit modernen Melodien, Rhythmen und Texten. Das ökumenische Liederbuch
«Rise Up» dient dabei als Inspiration. Mit «Chinderhüeti». Ort: Kirche Feld
Veranstalter: Kirchgemeinde Flawil
ST.GALLER STADTGEBET
Sich bilden
TIPPS DES MONATS
Donnerstag, 28. April, 19.30 bis 20 Uhr,
Einsingen um 19.15 Uhr
Das St.Galler Stadtgebet für junge Leute ist eine
Ermutigung zur Begegnung mit der eigenen Spiritualität. Mitten in der hektischen Welt ist es eine halbe Stunde, in der wir der Sehnsucht nach
inneren Kraftquellen nachgehen. Der Chorraum
der Kathedrale bietet den passenden Rahmen.
Ort: Chorraum der Kathedrale St.Gallen
Veranstalter: Safranblau
SURVIVAL TRAINING
28. und 29. Mai 2016
Safranblau lädt zum dritten Mal zum Überlebenswochenende ein. Weitere Informationen:
[email protected] oder Tel. 071 220 99 70
Beratung
DIE DARGEBOTENE HAND
Telefonseelsorge, Telefon 143, www.143.ch
Röbi Koller berichtet am 16. April in St.Gallen
über seine Reformationsreise zu deutschen
Stätten der Reformation.
1517 gaben Martin Luthers 95 Thesen den
Anstoss zur Reformation. Im Jahr 2017 wird
dieses weltgeschichtliche Ereignis gefeiert.
In Deutschland rüsten sich 36 authentische
Luther-Stätten für das Reformationsjubiläum.
Der Schweizer TV-Moderator Röbi Koller hat
für die Deutsche Zentrale für Tourismus sechs
bedeutende Luther-Orte besucht.
Am 16. April wird er in St.Gallen von den Stationen seiner Reise berichten. Ŷ
Die Reformations-Roadshow mit Röbi Koller findet am
16. April, 17 bis 19 Uhr, in der evang.-ref. Kirche Rotmonten, Berghaldenplatz 4, in St.Gallen statt.
Abracadabra
«Abracadabra – Medizin im Mittelalter» – so
der Name der aktuellen Ausstellung in der
St.Galler Stiftsbibliothek, bis 6. November.
Die Geschichte der mittelalterlichen Medizin
ist voll von Merkwürdigkeiten, Widersprüchen
und Überraschungen. Die Stiftsbibliothek besitzt Zeugnisse von europäischer Bedeutung
dazu, darunter Kurioses, wie die früheste Erwähnung des Wortes «Abracadabra», aber auch
die ältesten Aufzeichnungen über das Spitalwesen in der Schweiz und über die Heilpraxis von
Notker dem Arzt, der als wichtigster Vertreter
der frühmittelalterlichen Klostermedizin gilt. Ŷ
TELEFON 147 – HELP-O-FON
Nottelefon für Kinder und Jugendliche
EVANGELISCHE FRAUENHILFE
Beratungsstelle für Frauen
Oberer Graben 42, 9000 St.Gallen
Tel. 071 220 81 80, Fax 071 220 81 84
EVANGELISCH-REFORMIERTE PAARUND FAMILIENBERATUNG ST.GALLEN
Oberer Graben 31, St.Gallen
Pfr. Menges Achim, Psychotherapeut ASP,
Tel. 071 220 88 00
Imper Andrea, Psychologin FSP,
Tel. 071 220 88 02
Die Ausstellung zeigt (im Lapidarium) auch eine Rekonstruktion des klösterlichen Spitals, ausgehend vom ältesten Klosterplan – hier der spitaleigene Kräutergarten.
WWW.KIRCHENBOTE-SG.CH 13
AKTUELL
FORUM DER LESERSCHAFT
Wahrheit und Glaube
Mit «Wahrheit» wurde im letzten Kirchenboten
wieder ein interessantes Thema aufgegriffen!
Mark Twains Zitat gefällt mir besonders: «Eine
Lüge ist bereits dreimal um die Erde gelaufen,
bevor sich die Wahrheit die Schuhe anzieht.»
Ein lügender Journalist hat also mehr Erfolg als
ein Wahrheitsapostel? – Paradox dazu finde ich
den Ausspruch «Lügen haben kurze Beine»!
Sportlich gesehen sind also Lügen trotz ihrer
kurzen Beine gute Sprinter und Marathonläufer.
Warum tun sich Reformierte schwer mit dem Abendmahl? Weil sie wenig Übung darin haben? Wegen Zwinglis Deutung?
Abendmahl – mehr als ein Picknick
Text: ref.ch/Marianne Weymann | Foto: as
Das Verhältnis Deutschschweizer Reformierter zum Abendmahl ist, vorsichtig gesagt, ambivalent. Deshalb beschloss das reformierte
Landeskirchenforum, sich des Themas auf einer Tagung am 5. März in Basel anzunehmen.
Peinlich, steif, unbehaglich – so empfinden
Deutschschweizer Reformierte das Abendmahl.
Zumindest wenn man der Umfrage von Silvianne Bürki Glauben schenkt. Die junge Theologin,
Doktorandin in Cambridge, gehörte zu den Vortragenden der Tagung. Es gelte darum, den
«Abendmahlshunger» zu fördern, so Bürki.
Denn die Handlung des Brotbrechens ermögliche Gotteserkenntnis. Wie bei den Emmausjüngern, denen das Brotbrechen die Augen öffnet,
nicht die «jesuanische Superpredigt».
Noch mehr zum Thema Abendmahlshunger
kam von Ralph Kunz, dem praktischen Theologen aus Zürich. Sein Vortrag war ein leidenschaftliches, provokatives und witziges Plädoyer für eine Pflege dieser bei den Reformierten vernachlässigten Handlung. Zunächst auf
biblischer Basis: Der Fülle eines Gottes, der alles, was lebt, mit Wohlgefallen sättigt (Ps 145),
steht der Hunger des «gierigen Menschen» gegenüber, der nach Gott lechzt «wie der Hirsch
nach frischem Wasser» (Ps 42). Das Abendmahl
sei das Symbol der «Erfüllung dieses Begehrens». Hier werde «Speise zur Beziehung», hier
gehe «Liebe durch den Magen», hier sei der Ort,
an dem die menschliche Ursehnsucht nach
Liebe immer wieder gestillt werden könne.
WOHER KOMMT DAS UNBEHAGEN?
Was also hindert die Reformierten daran, «Gott
zu geniessen»? Was macht aus dem Wohlgefallen Verlegenheit? Was führt zur reformierten
Mehrheitsmeinung «vier Mal im Jahr reicht»?
Ein Grund sei vielleicht, dass hierzulande das
Sakrament, wenn es denn stattfindet, mehr wie
ein «religiöses Picknick» daherkomme. Und daran ändere auch die gekonnteste liturgische Inszenierung nichts. «Es geht nicht darum, ästhetisch korrekt ein Brötchen in die Luft zu halten», so Kunz. «Es geht darum, dass wir uns
freuen, am Tisch des Herrn zu sitzen.»
14 AUSGABE 4/2016
Der Reformator Ulrich Zwingli ist nicht ganz
unschuldig, dass sich Reformierte mit dem
Abendmahl schwer tun. Wobei es auch bei ihm
laut Kunz in dieser Hinsicht einiges Bewahrenswerte gebe. Zwingli habe eine sehr gelungene
neue Abendmahlsliturgie entwickelt. Hier feierte die Gemeinde, nicht mehr der Priester mit
dem Rücken zum Volk, hier kamen Gedächtnis
und Danksagung und Gemeinschaft zusammen.
EIN GROSSES MISSVERSTÄNDNIS
Und doch habe, so Kunz, Zwingli uns «das
grosse Missverständnis eingebrockt», das uns
den «Genuss des Sakraments» erschwere. Das
daran schuld sei, dass wir statt der Nahrung
die Speisekarte zu uns nähmen und uns wunderten, «dass sie nach Papier schmeckt».
Das Zwinglische Missverständnis liegt im Wörtchen «nur». Wenn das Abendmahl «nur» ein Zeichen sei, wenn es sich «nur» um Brot handele,
dann werde dem Heiligen das Gewicht genommen und mit dem Mysterium des Glaubens tabula rasa gemacht. Auch wenn es sich tatsächlich um Brot handele, gebe es keinen Anlass,
dies gering zu schätzen. Denn das Brot ist auch
als Brot «mein Leib für euch» – das Eigentliche
passiere auf der Beziehungsebene.
APPETIT DURCH LEIBESÜBUNG
Zu einer neuen Wertschätzung des Abendmahls brauche es zum einen geistliche Übung.
«Leibesübung fördert den Appetit», so Kunz. Es
brauche Vorbereitung, Exerzitien als Ergänzung
zum Alphalive-Kurs. Und es brauche eine Gemeinde, die zum Teilen von Leben bereit sei.
Zum anderen brauche es eine neue Wertschätzung des Ritus. Den Reformierten ist ja nicht
nur der allsonntägliche Rhythmus der Eucharistie abhanden gekommen, es fehlten auch
«Worte, die nicht nur die Leitenden können»,
liturgische Bausteine, auf die zurückgegriffen
werden könne wie das «Christe du Lamm Gottes». Dem kompetenten Liturgen müsse eine
«kompetente Gemeinde» gegenüberstehen.
Denn: «Erst die Gemeinde, die den einen oder
anderen Psalm kennt, feiert mündig.» Es brauche ein «Book of Common Prayer» wie in der
anglikanischen Kirche. Es brauche «ein Nein
zum Wortdurchfall und ein Ja zur Form». Ŷ
Meine persönliche Wahrheitsfindung ist nur
vereinbar mit tiefem Glauben. Dahingehend
sollte die russische HSG-Studentin ihre Zeichnung korrigieren. Wenn die Wahrheit auch von
der Religion mit Füssen getreten wird, so wird
es noch schwieriger, sie zu finden. Ŷ
Michael Schillmeier, Oberhelfenschwil
«Flüchtlinge» und «Gutmenschen»
Was mich ärgert, ist das sogenannte Kirchenasyl. Wir leben in einem Rechtsstaat, und da
darf man als sogenannter Gutmensch nach
definitiver Ablehnung von Asylsuchenden kein
«Kirchenasyl» für seine Schützlinge beanspruchen, damit sie die Schweiz, obwohl rechtlich
einwandfrei begründet, dennoch nicht verlassen müssen.
Und doch geschieht das immer wieder: In
Lausanne hausen seit einem Jahr abgewiesene
Flüchtlinge in einer Kirche, durchgefüttert und
in ihrem Widerstand bestärkt von ihren Unterstützern, und das Gleiche lief kürzlich in Basel
während einiger Wochen.
Rechtsstaatliche Entscheide sind ab und zu ungerecht («summum ius, summa iniuria»), aber
dennoch darf sich niemand anmassen, ob Kirchenvertreter oder «Gutmensch», diese zu unterlaufen. Lassen Kirchen dies zu, so schaden
sie sich selber und der Gesellschaft, meine ich!
In Basel wurde am 3. März das «Kirchenasyl»
polizeilich beendet, Recht und Ordnung
möglichst sanft durchgesetzt. Prompt gab es
abends in der Innenstadt eine unfriedliche
Demonstration samt Tränengaseinsatz und
Sachschäden usw. Alles vorauszusehen!
Ich erwähne noch eine andere Situation, in der
sich «Gutmenschen» oft einsetzen: Eine Flüchtlingsfamilie integrierte sich einigermassen, vor
allem die schulpflichtigen Kinder. Nun aber
trifft nach allzu vielen Monaten des Wartens der
finale Entscheid ein: Asylgesuch abgelehnt, die
Familie muss in ihr Herkunftsland oder in den
Dublin-Staat, in dem sie zuerst registriert wurde, zurückkehren. In Eile werden Hunderte von
Unterschriften gesammelt; man will das Bleiberecht erzwingen, und das oft erfolgreich. Schön
für die Flüchtlinge, die hier bleiben dürfen,
negativ für die Rechtsordnung, meine ich. Ŷ
Walter Künzler, Lutzenberg
MONATSPORTRÄT
INTERVIEW
Garten als Bild der Bibel
«Leben und Garten sind aufs
Innigste verbunden»
Der Bibelgarten Gossau SG war 2005 der
erste in der Schweiz. Bis vor einem Jahr
stand er unter der Leitung von Alois Schaller.
Anhand von Garten und Pflanzen dekodiert
er die ganze Theologie.
Beim Bibelgarten denkt man an die Wörter
Leben oder gar Lebensgarten.
Alois Schaller: Zunächst steht das Wort Garten im Bewusstsein der Menschen wohl fürs
Paradies – abgeleitet vom altpersischen «pardes», Garten. Man stellt sich ewiges Leben in
einem Garten vor – vollkommen wie das Paradies, dessen wir verlustig gingen. Leben und
Garten sind jedenfalls innig verbunden.
Text und Foto: Michael Walther, Flawil
Der Park auf der Südseite der Andreaskirche in
Gossau misst eine Hektare und wird überragt
von einer mächtigen Zeder – in der Bibel Symbol für Pracht und Schönheit. Das Gelände umfasste früher den Friedhof. Im Mittelteil liegt der
Bibelgarten. Friedhof für die Endlichkeit und der
Garten als Symbol immer wieder neuen Lebens
– es ist ein starkes Bild.
ERSTER INTERNATIONALER KONGRESS
Der Bibelgarten entstand nach der Friedhofsaufhebung. Auf einen Tipp der Chemikerin und
Botanikerin Ursula Tinner hin entwickelte die
Landschaftsarchitektin Ursula Weber-Böni bei
einem Wettbewerb die Idee für den Garten. «Da
lachte entzückt mein biblisches Herz», bemerkt
der langjährige Seelsorger Alois Schaller.
Als Alois Schaller 2006 an einem Kongress in
Passau teilnahm, wo bis dahin nur deutsche
Bibelgärten vertreten waren, wurde daraus der
1. Internationale Bibelgartenkongress.
AM KLOSTERGARTEN ORIENTIERT
Bibelgärten können Privatgärten im biblischen
Land, Palastgärten, Tempelgärten oder Gärten
einer Klostergemeinschaft sein.
Der Garten in Gossau umfasst neun streng von
Metallborden eingefasste Beete: Reben; Gartennutzpflanzen; Gräser; Gewürze, Kräuter, Duftpflanzen; Wasserpflanzen; Zierpflanzen; Dornen,
Disteln und Nesseln; Feldfrüchte. Die Bibel erwähnt 130 Pflanzen – 60 gedeihen hier.
Immerhin ist auf Erden noch viel schöner
Garten übrig geblieben.
Wir haben auch den Schöpfungsauftrag, dem
Sorge zu tragen. Das Herrschen über Tier und
Pflanzen, wie es im Schöpfungsbericht heisst,
versteht sich, wie ein idealer König Sorge für
seine Leute trägt. Es ist eine Hirtenaufgabe –
nicht Ausbeutung und Dominanz.
Alois Schaller am 4. März 2016 vor der Rabatte mit
Reben und Feigenbaum.
«Die Distel», sagt Schaller, «macht es einem nicht
einfach. Sie steht aber auch für Schönheit.»
Rebe und Feige jedoch symbolisieren Frieden,
Sicherheit, Wohlstand: «... dann schmieden sie
Pflugscharen aus ihren Schwertern und Winzermesser aus ihren Lanzen. Jeder sitzt unter seinem Weinstock und unter seinem Feigenbaum.
Niemand schreckt ihn auf», heisst es, nach dem
Propheten Micha, eingraviert in einer Bodenplatte im Bibelgarten.
Nachdem Schaller 2015
Bezug nimmt die Anlage
Wenn Schaller über den Bibelgarten
auf den Klosterplan
spricht, dekodiert er die ganze Bibel. die Bibelgartenleitung
aufgab, betreut er immer
St.Gallens von 819 mit
noch die Führungen. Es ist nicht das Einzige.
Kreuzgang, Friedhof mit Bäumen sowie Gemüsegarten – das älteste schriftliche gartenarchitekEr begründete auch den Kinderspielplatz beim
tonische Zeugnis Europas und der Vorschlag
Schwimmbad Gossau, und bekannt ist auch
seine Kinderbibelsammlung – über 700 Stück,
eines Reichenauer Mönchs für Abt Godzberg,
die grösste in der Schweiz.
wie ein Klostergarten aussehen könnte.
DIE DISTEL MACHT ES EINEM SCHWER
Die Bibel selber ist übervoll mit Garten- und
Pflanzengleichnissen (siehe Interview): Der auferstandene Jesus begegnet Magdalena in einem
Garten; sie hält ihn für den Gärtner. Die Rebe
liefert das Festgetränk aller Bibelfeste. Das
Getreide bietet das Mehl fürs tägliche Brot.
Alois Schaller nennt aber die Dornen als Lieblingsbeet. «Dornen und Disteln soll der Acker dir
tragen ... Im Schweisse deines Angesichts sollst
du dein Brot essen, bis dass du wieder zu Erde
werdest ...», erklärt Gott Adam, als er und Eva
von der verbotenen Frucht gegessen hatten.
DIE BIBEL DEKODIEREN
Wenn Schaller über den Bibelgarten spricht,
dekodiert er die ganze Bibel. In seinem eigenen
Garten, unweit des Kirchenparks, pflegt er selber einen Feigenbaum. Bis 200 Früchte erntet er
im Jahr. Er liebt sie wegen der Süsse und heilenden Kraft. Neben der Haustür gedeihen Salbei,
Melisse, Lavendel und Rosmarin.
«Dumme rennen, Kluge warten. Weise gehen in
den Garten» – nach Rabindranath Tagore –
heisst es auf dem Schild seiner Gartentür. Ŷ
Bibelgarten Gossau, Führungen, 071 388 18 48,
[email protected].
Ihr neues Buch über den Bibelgarten enthält die
Kapitelüberschrift «Neuer Trieb der Wurzel Jesse».
In einem umgeschlagenen, scheinbar toten
Baum kann noch Leben stecken. Dass es wieder Frühjahr wird, ist das Sicherste, was man
wissen kann. Für die Glaubensgemeinschaft
bedeutet es, dass die auf König David zurückgeführte Dynastie weitergeht – nicht als historischer Tatsachenbericht. Jesus nutzte Bilder,
um den Glauben zu erklären.
Hat auch Seelsorge mit Gartenarbeit zu tun?
Christliche Seelsorge bedeutet die Weitergabe
des Anliegens von Jesus, das Reich Gottes aufzubauen. Das werden wir nicht in Vollendung
erleben, aber wir können schon etwas wie
einen Himmel auf Erden erreichen. Gartenarbeit ist ein Beitrag zum Gedeihen der Pflanzen.
Parallelen zur Seelsorge bestehen beim
Gleichnis vom Feigenbaum, der keine Früchte,
also keine guten Taten vollbrachte, sodass ihn
der Gutsbesitzer umhauen wollte. Aber der
Gärtner wollte seine Wurzeln lockern und ihn
nochmals wässern. Auch wir haben die Chance, noch gute Taten zu vollbringen. Man soll
niemanden zu früh aufgeben.
Welche Pflanze bewundern Sie am meisten?
Den Feigenbaum. Als einer der wenigen Bäume in der biblischen Landschaft verliert er
im Winter die Blätter. Jesus sagt: «Wenn der
Feigenbaum ausschlägt, erkennt ihr, dass der
Sommer nahe ist.»
Welche Pflanze tut heute besonders Not?
Die Rizinuspflanze, die Gott für Jona als
Schattenspender wachsen lässt, um dessen
Zorn zu kühlen und wieder verdorren lässt.
Jona bewirkt im zweiten Anlauf, dass die
Bewohner von Ninive Busse taten – mit gerade
mal einem Satz: «Noch vierzig Tage, und Ninive geht unter.» Aber Gottes Barmherzigkeit
auch gegenüber Ninive passt Jona nicht.
Doch nicht wir sollen Gott vorschreiben,
wen er zu lieben oder zu bestrafen hat. Ŷ
WWW.KIRCHENBOTE-SG.CH 15
BIBLISCHE NAMEN
Priscilla, die spirituelle Lehrerin
Text und Fotos: as
Priscilla wird in der Apostelgeschichte und in
den Briefen des Paulus mehrfach erwähnt.
Als Jüdin aus Rom vertrieben wirkte sie in
Korinth und Ephesus neben ihrem Beruf als
Zeltemacherin auch als Beraterin für den
geistlichen Weg und führte Hausgemeinden.
Priscilla wird in der Bibel stets zusammen mit
ihrem Mann Aquila erwähnt. Auffallend dabei
ist, dass Priscilla in der Regel vor ihrem Mann
erwähnt wird. Priscilla (bei Paulus Prisca gennannt) war wohl der dominante Teil.
PERSÖNLICHE LEHRERIN VON APOLLOS
Als Paulus nach Korinth kam, weilte er gemäss Apostelgeschichte 18 im Haus der beiden. «Da er das gleiche Handwerk ausübte,
blieb er bei ihnen und arbeitete dort; sie waren nämlich Zeltmacher von Beruf.» Bald verwickelte sich Paulus in einen Konflikt mit den
Juden von Korinth, sodass er «zusammen mit
Priscilla und Aquila» die Stadt verliess. «Sie er-
reichten Ephesus» wo die beiden sich niederliessen.» Paulus zog weiter nach Jerusalem.
Priscilla und Aquila besuchten in Ephesus
weiterhin die Synagoge, wo sie eines Tages
Apollos aus Alexandrien kennenlernten. Er
«sprühte in seinen Reden vor Geist und lehrte
sehr genau, was sich mit Jesus zugetragen hatte, kannte aber nur die Taufe des Johannes. …
Als nun Priscilla und Aquila ihn reden hörten,
nahmen sie ihn zu sich und legten ihm den
Weg Gottes noch genauer dar.» Apollos wurde
später ein bedeutender Prediger.
MUTIGE FREUNDIN DES PAULUS
In Römerbrief 16 erfahren wir, dass Paulus den
beiden sein Leben verdankt: «Grüsst Priska und
Aquila, meine Mitarbeier in Christus Jesus, die,
um mir das Leben zur retten, ihren Kopf und
Kragen hingehalten haben; nicht nur ich bin
ihnen dankbar, sondern auch alle Gemeinden
unter den Völkern. Mein Gruss gilt auch der
Gemeinde, die sich in ihrem Haus trifft.» Ŷ
Priscilla lebte mit ihrem Mann im 1. Jh. in Rom, Korinth
und Ephesus. Der Name leitet sich ab vom lateinischen
Namen Prisca, die Altehrwürdige. Im Bild: ein Ehepaar
aus Pompeji auf einem Fresko; 1. Jh., Museum Neapel.
PRISCILLA SCHNEIDER, JONA
Meine Eltern waren als junge Leute in England,
wo ihnen die Hausmutter Romane vorgelesen
hat. In einem Roman gab es eine Priscilla, die
ihnen Eindruck gemacht hat. So kam ich zu meinem Namen, an dem ich als Kind keine Freude
hatte. Kein anderer Mensch hiess so. Mein Bruder erfand die Abkürzung Prisla, die sich durchgesetzt hat. Seither bin ich bei allen die Prisla.
Die biblische Priscilla reiste viel, da alle Juden
aus Rom vertrieben wurden. Ich sehe vor mir eine kräftige Frau, die ihr Leben angepackt hat. Ŷ
PRISKA ZIEGLER, ST.GALLEN
Ich finde es schön, den Namen einer starken
Frau zu haben. Meine Eltern haben ihn gewählt,
weil er sich kaum abkürzen lässt. Tatsächlich
nennen mich bis heute alle mit vollem Namen.
Bei einem Sprachaufenthalt in Mexiko entdeckte ich in einer abgelegenen Gemeinde eine mit
Gold reich verzierte Kirche. Sie war der heiligen Priska gewidmet. Anschliessend beschäftigte ich mich mit der Herkunft meines Namens
und stellte erfreut fest, dass mir auch die biblische Priska sehr nahe steht. Ŷ
Ich heisse Priscilla, Priska
PRISCILLA SCHWITTER, BAD RAGAZ
Meine Eltern wählten für alle Kinder christliche
Namen. Ich fühle mich seit je her glücklich und
stolz als Priscilla. Mein Namenstag wurde am
16. Januar gefeiert. Dass kaum jemand auf Anhieb meinen Namen richtig schreiben kann, ärgerte mich oft. Diese Buchstabiererei. Zu Hause
war ich immer Priscilla. Es konnte aber doch
vorkommen, dass ich für meine Brüder, wenns
pressierte oder wenn ich nervte, zur Pris oder
Prislä wurde. Mittlerweile mag ich auch die
Übersetzung von Priscilla, die Altehrwürdige. Ŷ
Nachrichten aus Ihrer Kirchgemeinde
im Mittelbund
Zum Titelbild
Das Titelbild zeigt Blüten der
früh blühenden Stern-Magnolie, hier aus einem St.Galler
Garten. Der Strauch wurde
um 1950 aus Japan in unsere
Gegend gebracht. Foto: as
16 AUSGABE 4/2016
Impressum
Herausgegeben im Auftrag der
Synode der Evangelisch-reformierten
Kirche des Kantons St. Gallen.
www.kirchenbote-sg.ch
Nächste Nummer
Rausch, Ekstase, Verzückung
Erscheint am 29. April 2016
Redaktionsschluss: 12. April 2016
Redaktion
Pfr. Andreas Schwendener (as)
Rehweidstrasse 2,
9010 St. Gallen
Tel. 071 244 34 64
[email protected]
(Bitte keine Adressänderungen
bei der Redaktion! Die Kirchgemeinden
verwalten die Adressen –
siehe Mittelbund)
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Auflage: 71 000
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9014 St.Gallen
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