„Die Sensibilität der Menschen für Lärm ist gestiegen“

12 Sonntag/Montag,
31. Mai/1. Juni 2015
VEREINE & VERBÄNDE
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STORMARN
Immer stärkerer Fluglärm über Stormarn? Flughafen und Lärminitiative vertreten konträre Positionen
Dominic Geerken
neuer Chef der DLRG
Bad Oldesloe – Dominic Geerken
ist der neue Vorsitzende der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) Bad Oldesloe. Er
wurde einstimmig auf der jüngsten Mitgliederversammlung gewählt. Jörn Biker musste das Amt
aus beruflichen Gründen niederlegen. Jens Klagmeyer ist zum Stellvertreter ernannt worden. Er ist
zwar neu im Vorstand, aber in den
Reihen der DLRG kein Unbekannter, hat er doch schon als Trainer
gewirkt und ist immer hilfsbereit
eingesprungen, wenn „ Not am
Mann“ war. Im Jugendvorstand
wurde Marie Krickemeier als zweite Stellvertreterin neu gewählt.
Der Verein konnte 51 Neuaufnahmen verzeichnen und kommt
jetzt auf 334 Mitglieder. Wie der
technische Leiter des Vereins, Ulf
Dietrich, berichtete, gab es bei der
DRLG Schwimmkurse für Anfänger und Erwachsene. Zudem wurden 117 Schwimm- und Rettungsabzeichen abgenommen.
Die Athleten der DLRG Bad Oldesloe waren in der Wettkampfsaison im vergangenen Jahr ausgesprochen erfolgreich und beinahe
jedes Wochenende unterwegs.
Die Oldesloer Rettungsschwimmer halten zurzeit 18 Landesrekorde in den verschieden Altersklassen. Doch damit nicht genug. Sie
konnten auch auf internationaler
Ebene punkten und errangen einen Vizeweltmeistertitel im französischen Montpellier.
Als langjähriges DLRG-Mitglied wurde Walter Busch für seine 65 Jahre Vereinszugehörigkeit
mit großem Applaus geehrt. Auf
immerhin 25 Jahre treue Mitgliedschaft kommt der neue Vorsitzende Dominic Geerken, der mit dem
DLRG-Vereinsabzeichen in Silber
ausgezeichnet wurde.
Wenn sich die großen Maschinen im Landeanflug auf die Flughäfen befinden, wird es vielerorts laut.
„Die Sensibilität der
Menschen für Lärm
ist gestiegen“
Axel Schmidt vom Zentralbereich Umwelt am Hamburger Airport
über Lärm, Nachtflugverbot und die Zukunft des Flughafens.
Dominic Geerken (l.) mit Urkunde,
übergeben von Jörn Biker. Foto: hfr
LEUTE LEUTE
Lokalmatadorinnen
gewinnen U20-Poetry-Slam
Reinbek – Die Reinbekerin Svea
Gross (16) hat im Stechen gegen
Zoë Hars (15) aus Wentorf das erste Halbfinale der Schleswig-Holstein-Meisterschaft im U20-Poetry-Slam vor mehr als 150 Zuschauern im Reinbeker Schloss für sich
entscheiden. Die Geesthachterin
Roxana Raltschew (17) komplettierte das Trio. Alle drei Poetinnen
wurden vom „Reinbek-Slam“ zur
Meisterschaft geschickt.
Lübe¬er Nachrichten
Ahrensburg – Vor kurzem hat Stormarn einen Sitz in der Fluglärmschutzkommission erhalten. Hintergrund ist, dass in Ahrensburg, Bargteheide, Elmenhorst und Jersbek
die Klagen über Fluglärm zunehmen. Der Hamburger Flughafenbetreiber ist sich des Problems bewusst. Axel Schmidt, Leiter des
Zentralbereichs Umwelt am Hamburger Flughafen, erläutert seine
Sicht im Interview.
Lübecker Nachrichten: Warum beschweren sich immer mehr Menschen über Fluglärm?
Axel Schmidt: Ich bekomme immer
wieder zu hören, dass es lauter geworden ist. Tatsächlich gibt es sogar weniger gewerbliche Flugbewegungen als vor einigen Jahren.
2008 gab es im Nordosten noch
42 743 Landungen, 2014 waren es
nur noch 30 677. Aber die Sensibilität der Menschen für Lärmbelästigung ist gestiegen. Dabei fliegen
die Flugzeuge jetzt auch im Ahrensburger Raum höher, so dass sie etwas leiser sind.
Stormarn
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(Streik oder Aussperrung) besteht kein Belieferungs- oder
Entschädigungsanspruch.
LN: Gibt es Einflugschneisen, die
stärker betroffen sind als andere?
Axel Schmidt: Abflug und Anflug
sind abhängig vom Wind. In Norddeutschland haben wir zu 80 Prozent westliche Winde, dadurch werden einige Gebiete oft überflogen.
Über 50 Prozent der Landungen
führen über Stormarn. Die Hamburger Innenstadt soll möglichst nicht
überflogen werden, weil dort im
Vergleich die meisten Menschen
betroffen sind.
LN: Die Passagierzahlen wachsen,
der Lärm auch?
Axel Schmidt: Nein, heute werden
mehr Passagiere in weniger Flugzeugen transportiert. Die Maschinen sind heutzutage viel besser ausgelastet. Seit 1997 gilt ein Lärmkontingent von 20,39 Quadratkilometern, das mit 13,3 Quadratkilometern in 2014 weit unterschritten
wurde.
LN: Was wird gegen den Fluglärm
unternommen?
Axel Schmidt ist Leiter des Zentralbereichs Umwelt beim Hamburger Flughafen.
Axel Schmidt: Die Deutsche Flugsicherung hat die Anflughöhe über
Ahrensburg angehoben, die Flugzeuge schwenken jetzt erst bei sieben, zehn oder zwölf Nautischen
Meilen auf den Landegleitpfad ein.
Allerdings entstehen dadurch
neue Betroffenheiten. Ahrensburg
wird häufiger umflogen als früher.
Wir haben Messcontainer aufgestellt, und die Daten zeigen, dass
der Verkehrslärm je nach Standort
den Fluglärm übertrifft. Vor 20 Jahren waren die Flieger 15 bis 20
dB(A) (sogenannte A-Bewertung
der Dezibel-Skala) lauter als heute.
Im Herbst kommt mit dem Neo von
Airbus ein Flugzeug auf den
Markt, das noch einmal fünf bis
sechs dB(A) leiser ist, und wir haben die Zusage von den Fluggesellschaften, dass diese Maschinen
auch in Hamburg eingesetzt werden. Besonders laute Teile am Flugzeug werden entschärft.
LN: Die Bürgerinitiative für Fluglärmschutz in Hamburg und Schleswig-Holstein (BAW) fordert ein
Nachtflugverbot.
Axel Schmidt: Wir haben in Hamburg eine Nachtflugbeschränkung, kein Nachtflugverbot, weil
es hier Ausnahmeverkehre gibt.
Zum einen müssen Flugzeuge aus
dem Süden, im Vergleich zu Süd-
deutschland, eine dreiviertel Stunde länger fliegen, um bis Hamburg
zu kommen. Die ist bei uns an die
22 Uhr drangehängt. Verspätete
Flüge zwischen 0 und 6 Uhr müssen bei der Umweltbehörde beantragt werden. Letztes Jahr hatten
wir 160 bis 170 Ambulanzflüge in
der Nacht für Krankenhäuser, zum
Beispiel Organtransporte. An regulären Flügen gab es nur 15 Ausnahmen wegen Verspätung, beispielsweise wegen Streiks oder schlechtem Wetter. Starts und Landungen
nach 22 Uhr müssen 150 Prozent
Aufschlag, nach 23 Uhr 200 Prozent Aufschlag auf das Start- und
Landeentgelt zahlen. Die gegenwärtige Situation wird von der Politik unterstützt.
LN: Wird der Flughafen irgendwann aus der Stadt ziehen?
Axel Schmidt: Es gab in den
60er-Jahren den Plan, nach Kaltenkirchen zu gehen. Dafür wurde ein
Gelände in vierfacher Größe des
Hamburger Flughafens gekauft,
auf dem heute über 180 000 Bäume
gepflanzt wurden. Die Ölkrise in
den 70er-Jahren und die Rezession
in den 80er-Jahren hat damals die
Pläne gekippt. Mit Berlin gibt es
bald einen internationalen Großflughafen, der nur 20 Flugminuten
von Hamburg entfernt ist. Das norddeutsche Luftverkehrskonzept bekräftigt Hamburg als Flughafen für
den Norden. Der Flughafen ist ein
wichtiger Standortfaktor für Hamburg, 40 Prozent der Fluggäste sind
Geschäftsreisende, der Flughafen
ist ein bedeutender Arbeitsplatz
und ein Wirtschaftsfaktor.
LN: Wie sieht die Zukunft aus?
Axel Schmidt: In den vergangenen
35 Jahren hat der Flughafen über
40 Millionen Euro in Lärmschutz investiert. Die Forschung arbeitet
seit Jahren daran, Flugzeuge leiser
zu machen. Der Flughafen beteiligt sich aktuell an verschiedenen
Forschungsprojekten. In diesem
Sinne sind Proteste und Dialoge
auch fördernd: Sie zwingen zu immer neuen Anpassungen und Ideen.
Interview: Bettina Albrod
Foto: Arne Dedert/dpa
BAW: Dicht besiedelte
Gebiete umfliegen
Jersbek – Martin Mosel ist Sprecher
der Bürgerinitiative für Fluglärmschutz in Hamburg und Schleswig-Holstein (BAW), die sich wegen der Fluglärm-Problematik im
Nordosten von Hamburg und dem
Süden Stormarns engagiert. „Auch
wenn man Fluglärm nie ganz abschaffen kann, soll er zumindest
auf ein verträgliches Maß reduziert
werden“, erklärt Mosel das Ziel.
Dafür kämpft er seit drei Jahren
in der Bürgerinitiative, ist im ständigen Dialog mit dem Flughafenbetreiber, der Politik und den anderen Bürgerinitiativen und kann mittlerweile erste Erfolge verzeichnen.
„Unsere Forderung, dass die Landeanflüge nicht bei vier Nautischen
Meilen (NM), sondern bei mindestens zehn, besser zwölf NM eingeleitet werden sollen, wird jetzt häufiger erfüllt“, erklärt er. „Wo früher
über Ahrensburg und Großhansdorf der Lärmschwerpunkt lag,
wird er nun in weniger dicht besiedeltes Gebiet verlagert.“
Am besten sei es, wenn das Einschwenken auf den Landestrahl
über unbewohnter Fläche passiere,
so Mosel. „Beim langen Landeanflug über zehn NM fliegen die Maschinen noch höher, können bis zu
60 Prozent Schub aus den Triebwerken nehmen und dann wie ein Motorsegler zum Flughafen gleiten.“
Das reduziere den Lärm und mache
den Landeanflug auch für die Anwohner im Nahbereich des Flughafens erträglicher. Da die Landeanflüge zu einem großen Teil über
Stormarn führten, hätten mittlerweile auch hier die Bürgermeister
erkannt, dass Fluglärm ein Thema
sei. In Ahrensburg, Bargteheide
und Jersbek stünden jetzt Messcontainer, und Ahrensburg werde am
Wochenende konsequenter umflogen. „Eine Grundforderung der
BAW ist damit erfüllt“, freut sich
Mosel. Als zweites Ziel bleibt das
Nachtflugverbot.
„Ab 22 Uhr gilt in Deutschland
Nachtruhe“, erläutert Mosel, der
Hamburg-Lemsahl wohnt. „Der
Hamburger Flughafen wird aber
auch danach angeflogen. Allgemeines Recht wird durch eine Lex Flughafen gebrochen.“ Als Begründung würden die Wetterbedingungen genannt, aber Mosel hat Statistik geführt. „Demnach gibt es nur
noch Ausnahmen, auch bei gleich
bleibendem Wind“, hat er beobachtet. Mosel sieht wirtschaftliche Interessen dahinter. So werde zwar ein
Aufschlag fällig, wenn Flugzeuge
nach 23 Uhr in Hamburg landeten,
aber es gebe womöglich ein Rabattsystem für bestimmte Flugrouten,
so dass der Rabatt die Extrakosten
wettmache. „Die Flughafengesellschaft stellt Wirtschaftlichkeit über
die Gesundheit der Bevölkerung“,
so Mosels Vorwurf, der ein konsequentes Nachtflugverbot fordert.
Aussagen des Flughafenbetreibers, dass mit weniger Flugzeugen
mehr Passagiere befördert würden,
seien widerlegt worden. „Im aktuellen Fluglärmreport heißt es, dass
das Lärmkontingent 2014 wegen
des hohen Passagierwachstums
leicht angestiegen ist“, erklärt Mosel. „Der Flughafen rechnet für
2015 mit weiterem Wachstum.“
Vor dem Hintergrund möchte
Mosel erreichen, dass die einzelnen Interessengruppen besser zusammen arbeiten. „Aus Elmenhorst kommt jetzt die Forderung,
den Landeanflug wieder bei vier
NM einsetzen zu lassen“, sagt er.
„Dann wäre Ahrensburg wieder betroffen, das schon den Großteil der
startenden Flüge abbekommt.“ Er
verstehe, dass man auch in Elmenhorst Ruhe haben wolle, sieht aber
die Verhältnismäßigkeit nicht gewahrt. „Über Elmenhorst fliegen
die Flugzeuge deutlich höher als in
Ahrensburg, außerdem hat der Ort
knapp 2500 Einwohner. Ahrensburg und Großhansdorf haben zusammen mehr als 40 000 Einwohner.“ Dennoch müsse gelten: Dicht
besiedelte Gebiete, zu denen auch
Elmenhorst gehöre, müssten umflogen werden. Die Bürgerinitiativen
sollten nicht gegeneinander, sondern gegen den Verursacher des
Lärms kämpfen.
Bettina Albrod
Diskussion auf EU-Ebene
Martin Mosel zeigt den Punkt in
Jersbek, wo der Landeanflug beFotos: Bettina Albrod
ginnt.
Die BAW hat sich in Berlin einer Bundesinitiative zur Minderung von Fluglärm angeschlossen, zu der auch Fluglärm-Initiativen aus Frankfurt und Berlin gehörten „Im Juni soll es auch auf
EU-Ebene eine Diskussion zu dem Thema geben. Immerhin haben wir für
Hamburg erreicht, dass im Falle von
Olympia eine Begrenzung des Fluglärms für Hamburg auf 13 Quadratkilometer im Koalitionsvertrag festgeschrieben wurde“, so Mosel.