Kriegerische Symbole barocker Macht am Kragen von Arne Homann Mantelschließen der Zeit um 1700 aus Norddeutschland und Südskandinavien Mantelschließe, wohl vom Mantel eines Offiziers Karls XII. von Schweden (reg. 1697–1718). Finder und Eigentümer: Tom Knigge, Fundort: Nahe Halden (Norwegen). Breite der Platte mit Haken 7 cm, Breite der Platte mit Öse 6,3 cm Fotografie: Tom Knigge In den vergangenen Jahren bargen Mitglieder der Detektorgruppe des Archäologischen Landesamtes Schleswig-Holstein (ALSH) sowie zertifizierte Sondengänger in benachbarten Bundesländern mehrfach Verschlüsse von Mänteln, die in den Jahrzehnten um 1700 für den militärisch-offiziellen Bereich produziert wurden. Ihre Identifizierung als solche ermöglichten zwei noch an originalen Mänteln befestigte Schließen in schwedischen Museen. Eine sitzt am Mantel jener Kavallerieuniform, die König Karl XII. von Schweden (reg. 1697–1718) zum Zeitpunkt seines gewaltsamen Todes trug (Livrustkammaren). Die andere ist Teil eines Offiziersmantels aus der Zeit Karls XI. (reg. 1660–1697) im Armémuseum Stockholm. Die Produktionszeiträume der vorgestellten Stücke aus Dänemark, Schweden und Norddeutschland sind anhand ihrer Verzierungen eingrenzbar: Die Mehrzahl zeigt Monogramme von Herrschern des Hochbarock (etwa 1650–1720), in einem Fall kommt ein Stadtwappen vor. Derartige Zeichen finden sich auch auf Münzen und anderen datierten Gegenständen offiziellen Charakters. Hier liegen Ansatzpunkte zur weiteren Eingrenzung der Herstellungszeiten der Schließen. Der Begriff „Mantel“ bezeichnet heute eine größere Vielfalt von Kleidungsstücken als um 1700. Das zeitgenössische Verständnis umreißt die Definition im 84. Band (1801) von Krünitz‘ Oekonomischer Encyklopädie: „Am üblichsten ist dieses Wort von einem weiten Kleidungsstücke gemeinhin ohne Aermel, welches über die gewöhnliche Kleidung getragen wird, und von verschiedener Länge ist.“ Der heutige 82 Archäologische Nachrichten 2015 Begriff wäre „Umhang“. Solche ärmellosen Mäntel wurden, um vorn eine Öffnung für Arme und Hände zu lassen, oft nur am Halsausschnitt verschlossen, auch mit der o. a. Art von Verschluss. Soweit nachvollziehbar, wurden diese Verschlüsse um 1700 als „Mantelhaken“ bzw. „Mäntelhaken“ bezeichnet. Im Folgenden wird der Terminus „Mantelschließe“ verwendet. Der Verschluss mit Haken und Öse kommt, ebenso wie der Mantel, europaweit in verschiedensten Ausprägungen vor, auch lange vor und nach dem hier betrachteten Zeitraum. Als Element ziviler Kleidung waren solche Schließen in Norddeutschland und Südskandinavien im 18. und 19. Jh. weit verbreitet. Vor allem Menschen der ländlichen Räume nutzten sie in vielfältigen Varianten. Sie sind in Werken zum Thema Trachtschmuck als „Mantel- und Gürtelschließen“ und in kleinerer Form als „Schürzenhaken“ zu finden. In stark abgewandelter Funktion erscheinen sie im friesischen Siedlungsgebiet: als Halte-Elemente der prachtvollen traditionellen „Brustketten“ des Frauenschmucks. Solch zivile Stücke weichen von den Mantelschließen militärisch-offiziellen Charakters um 1700 oft deutlich ab, vor allem in Umriss und Motivik. Trotz gelegentlicher Ähnlichkeit sind sie doch meistens gut zu erkennen: oft schon anhand der auf offizielle Symboliken verzichtenden, volkstümlichen Verzierung, des Materials (Silberlegierung) und der Machart (Filigran). Zugleich bezeugen sie die auch in anderen Fällen nachweisbare Beeinf lussung ziviler Mode durch militärische Vorbilder. Aus dem heutigen Alltag sind Mäntel im alten Sinne, und daher auch Mantelschließen, Kriegerische Symbole barocker Macht am Kragen weitestgehend verschwunden. Varianten mit Haken-ÖseVerschluss erhielten sich interessanterweise hauptsächlich als Teil militärischer Ausgehuniformen. Mantelschließen aus militärisch-offiziellem Kontext, Kerndatierung ca. 1675–1725: Form: Zwei im Wesentlichen identische Platten, die eine mit Haken, die andere mit Öse, mit überwiegend runder oder ovaler Grundform, Dm. variabel bis Handtellergröße. Material Kupferlegierung, Herstellungstechnik wohl größtenteils Guss, Haken teils angenietet, oft mitgegossen. Öse durchweg mitgegossen, auch verstärkt durch angelötetes Metallteil. Am Rand und parallel zu diesem wenigstens drei Lochpaare zur Befestigung auf organischem Material (Stoff etc.). Die Schließen an der Uniform Karls XII. weichen ab: Sie verfügen über rückseitige Ösen. Eine der beiden Platten weist immer eine meistens rechteckige Öse, die andere immer einen über die Platte zurückgebogenen Haken mit flachrechteckigem Querschnitt und rundem Abschluss auf. Sofern die Platten nicht rund sind, setzen Haken und Öse an einer ihrer Schmalseiten an – und zwar entgegengesetzt. Verzierung: Die Platten zeigen auf stets nur einer ihrer beiden Flachseiten ein üblicherweise mitgegossenes Relief. Dieses besteht oft aus einer Krone mit darunterliegendem Spiegelmonogramm, seltener aus einem Wappen. Das Motiv ist stets so ausgerichtet, dass die Platte, wenn sie nicht rund ist, auf einer ihrer Langseiten stehen muss, damit das Motiv dem Betrachter „richtig“ gezeigt wird. Auch unverzierte Stücke kommen vor. Sie sind angesichts sehr weniger sicherer Vergleichsstücke (Uniform Karl XII.) bisher nur schwer zuzuordnen. Verbreitungsgebiet (Produktion und Bodenfunde) nach Stand Mitte 2015: Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern, Hamburg, Niedersachsen, Dänemark, Schweden, Finnland, Norwegen, Russland. Teils liegen deutliche Abweichungen in Form, Verzierung, Größe und Befestigungsart vor. Mantelschließen mit dem gekrönten Spiegelmonogramm Friedrichs IV., König von Dänemark und Norwegen (reg. 1699–1730), sind mehrfach und in Varianten bekannt. Es liegen runde bis spitzovale, sämtlich aus Kupferlegierung gegossene Platten vor. Der Haken wurde in zwei Fällen an die Platte genietet. Bei dem Fund von Mannhagen war er mit der Platte am Stück gegossen, brach aber ab. Die Spiegelmonogramme der dänischen Funde unterscheiden sich nur in Details voneinander. Demgegenüber sticht jenes auf dem Stück aus Schleswig-Holstein durch seine stärker verschnörkelte Form hervor. Petersen und Larsen weisen darauf hin, dass die dänischen Funde aus Gebieten stammen, die zeitgenössisch „rytterdistrikter“ waren, in denen also Reiterei rekrutiert wurde. Sie identifizieren sie daher als „Rytterkappespænde[r]“ = Reitermantelschließe[n]“. Allerdings sind weder zeitgenössische Abbildungen noch erhaltene Mäntel bekannt. Friedrich IV. ließ das „F4“-Spiegelmonogramm mit nur leichten Unterschieden während seiner gesamten Regierungszeit auf Münzen schlagen. Es erlaubt daher keine nähere chronologische Eingrenzung der Produktionszeiträume der vorliegenden Mantelschließen. Aus der Umgebung der norwegischen Stadt Halden (von 1665–1928 „Fredrikshald“) stammt eine besonders prächtige Mantelschließe. Das aus Kupferlegierung bestehende Stück, ein Bodenfund, ist komplett erhalten. Das Spiegelmonogramm „C“ unter der Krone weist auf einen schwedischen König mit dem Namen Carl/Karl hin. Der historische Hintergrund des Fundortes lässt Karl XII. (reg. 1697– 1718) als höchst wahrscheinliche Bezugsperson erscheinen (s. u.). Diese Mantelschließe ist bemerkenswert, da sie in Details von den anderen Exemplaren abweicht. So sind die Verzierungen der Platten auch rückseitig im Negativ erkennbar. Die anderen Schließen haben dagegen, soweit überprüf bar, f lache Rückseiten. Dies deutet auf eine andere Herstellungstechnik des Haldener Fundes hin. Auch wurde an die Ösenplatte hinten ein U-förmiges Stück Metall gelötet, wohl zur Verstärkung. Schließlich ist die Verzierung komplexer als bei allen anderen Stücken. Selbst die Umrisse der Platten und die Schauseite des Hakens sind aufwendig gestaltet - eine sehr hochwertige Arbeit. Vergleichbar erscheint nur das Stück an dem Offiziersmantel der Zeit Karls XI. Auch die Haldener Schließe war wahrscheinlich Teil der Kleidung eines Offiziers, indes Karls XII. Seine Waffengattung bleibt mangels Belegen aber offen. Die vorgestellten schwedischen und dänischen Mantel schließen sind Relikte zweier Reiche, die um 1700 laufend um die Dominanz im Ostseeraum konkurrierten. Jener permanente Gegensatz führte schließlich zum Großen Nordischen Krieg (1700–21), der alle Anrainerstaaten der Ostsee traf. Verglichen mit diesen regionalen Großmächten, von denen vor allem Schweden unter Karl XII. über ein sehr großes Heer verfügte, fielen die norddeutschen Territorien der Zeit hinsichtlich der Größe ihrer Gebiete, ihrer Bevölkerung und des Umfangs ihrer Streitkräfte kaum ins Gewicht. So dürfen die folgenden Mantelschließen als relativ selten gelten. Ihre militärische Nutzung lässt sich momentan nicht sicher belegen, ist aber aufgrund der Vergleichsstücke und anderer Hinweise zu vermuten. Der Verwendungszweck steht dank klarer Parallelen zu den skandinavischen Stücken aber zweifelsfrei fest. Zwei Mäntel der schwedischen Streitkräfte um 1700 mit Mantelschließen Oben: Oberes Drittel eines Offiziersmantels, die Platten der Mantelschließe mit Monogramm wohl Karls XI. von Schweden (reg. 1660– 1697) unter Krone Fotografie: Armémuseum Stockholm (CC BY 30), AM.015490 Unten: Oberes Drittel jener Uniform, die Karl XII. von Schweden (reg. 1697– 1718) trug, als er am 30. November 1718 bei der Belagerung der dänisch-norwegischen Festung Frederiksten getötet wurde, daran Mantelschließe mit blanken Platten. „Halsduk, Uniform, Karl XII“, Bildnummer T 8871 Fotografie: Göran Schmidt, Livrustkammaren Stockholm (CC BY-SA), Inv.-Nr. 31178 [3465] Archäologische Nachrichten 2015 83 Kriegerische Symbole barocker Macht am Kragen und Holstein. Theoretisch wäre auch an seinen jüngeren Sohn, den Fürstbischof von Lübeck Christian August von Schleswig-Holstein-Gottorf zu denken, denn dieser verwaltete das Herzogtum 1702–19 für den minderjährigen Neffen. Die Mantelschließe mit unverzierten Platten am Mantel Karls XII. (vgl. Abb. vorige Seite) Fotografie: Andreas Olsson, Livrustkammaren Stockholm Mitte: Platte einer Mantelschließe mit Monogramm Christian Albrechts von Schleswig-Holstein-Gottorf als Herzog (reg. 1659– 1695) der gottorfer Anteile von Schleswig und Holstein. Die Öse ist alt beschädigt, maximale Breite 5,5 cm Fotografie:Tobias Köhler Eine komplette zweiteilige Mantelschließe vermutlich des mecklenburgisch-schweriner Militärs kam bei Ausgrabungen in Schwerin zutage. Das entsprechende Schichtpaket datieren Konze/Kühlborn/Samariter anhand des Fundmaterials auf Ende 17./Anfang 18. Jh. Wie bei dem ähnlichen dänischen Einzelfund sind die Platten kreisrund und jene mit dem – auch hier angenieteten – Haken weist ebenfalls vier Lochpaare auf. Das einfache „FW“ unter Krone deuten die Bearbeiter als Monogramm Herzog Friedrich Wilhelms von Mecklenburg-Schwerin (reg. 1692–1713). Auf den wenigen Münzprägungen seiner Regierung taucht diese reduzierte Variante nur 1704 auf, aber in abweichender Form mit doppeltem, dabei einmal gespiegeltem, „F“ über einfachem „W“. Sonst dominieren komplexe und stark verschnörkelte Spiegelmonogramme. Ob hier ein Ansatz für eine engere Datierung vorliegt, ist aufgrund der insgesamt sehr geringen Zahl an Prägungen zweifelhaft. Sehr sicher dem Herzogtum Schleswig-Holstein-Gottorf sind vier Fundstücke aus Schleswig-Holstein und Zwei Platten von Man- Mecklenburg-Vorpommern zuzuordnen (Finder: Stephan telschließen, vermutlich Wieck/Norderstapel; Christian Struckmeyer/Schleswig; Ausrüstung des Stadt Tobias Köhler/Schleswig; Jürgen Kümmel und Gerd militärs von Hamburg. Döhring/Bauer (Ortsteil von Zemitz, Ldkr. VorpomRechts ist die viereckige mern-Greifswald, Fpl. 34, Inv.Nr. ALM 2015/404). Die Öse komplett abgebroÖsenplatten von durchweg ovaler Grundform wurden chen. Finder/Fundort: am Stück aus Kupferlegierung gegossen. Sie zeigen die Li. Jamila Römke/Bad Buchstaben „CA“ unter einer Krone. Das „C“ ist stets Bramstedt (S-H); Re. spiegelverkehrt. Es handelt sich höchstwahrscheinlich Ralf Braesch/Berensch um das Monogramm Christian Albrechts von Schleswig(Niedersachsen) Holstein-Gottorf als Regent (reg. 1659–95) der herzogFotografie: Ralf Braesch lich-gottorfischen Anteile der Herzogtümer Schleswig Allerdings verwandte den vorliegenden Typ Monogramm, jedoch mit richtig stehendem „C“, offenbar nur Christian Albrecht. Es ist sowohl auf dem Siegel der 1665 gegründeten Christian-Albrechts-Universität zu Kiel als auch auf Gottorfer Münzen von 1672 und 1676 zu finden. Deutlich verschnörkelter taucht es auf Münzen von 1693 auf, solche von 1681 zeigen ein Spiegelmonogramm. All dies mögen Hinweise auf eine Frühdatierung der Schließen sein. Sie würden dann zeitlich vor der Einziehung der herzoglichen Anteile an Schleswig und Holstein durch König Friedrich IV. von Dänemark und Norwegen und dem folgenden langen Exil Christian Albrechts in Hamburg (1676–79) ansetzen. Dies ist aber mangels sicherer Quellenbelege bisher ebenso nur Vermutung wie eine Verwendung durch die herzoglichen Streitkräfte. Der Sinn hinter dem spiegelverkehrten „C“ muss vorerst offenbleiben. Es kommt auf allen bekannten Platten vor und scheint, dementsprechend einen Standard zu repräsentieren. Die Erklärung mit einer gewissen Unfähigkeit des Herstellers der Gussform erscheint unbefriedigend. Ob es Stilmittel war und ob beispielsweise die Gegenplatten mit Haken das „C“ richtig herum zeigten, wird nur ein entsprechender Fund klären können. Aus Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen stammen vier Schließen mit dem Wappen der Stadt Hamburg, der von zwei Löwen gehaltenen „Stadtburg“. Zwei von ihnen, je mit einem Haken versehen (einmal abgebrochen), wurden von Jamila Römke bei Bad Bramstedt geborgen. Ein Exemplar mit beschädigter Rechtecköse fand Stefan Fuge bei Wittenburg (Lkr. Ludwigslust-Parchim, Fpl. 100, Inv.Nr. ALM 2015/1147). Eine weitere, deren Öse komplett abgebrochen ist, stammt von Berensch nahe Cuxhaven (Ralf Braesch). Sie sind sämtlich in einem Stück aus Kupferlegierung gegossen. Diese vier „Hamburger“ gleichen stark den bereits vorgestellten Funden in Form und Art. Sie sind daher ebenfalls (rechts) Verwendung des Hamburger Wappens durch das Stadt militär, hier auf der Standarte der 1. Dragoner-Kompanie von 1709 (Abb. nach Muhsfeldt 1909) 84 Archäologische Nachrichten 2015 Kriegerische Symbole barocker Macht am Kragen als Mantelschließen der Zeit um 1700 zu identifizieren. Diese zeitliche Einordnung bestätigt auch das Wappen, denn es weist offensichtlich chronologisch eingrenzbare Besonderheiten auf. Die Stadtburg hat offene Torf lügel und eine heruntergelassene „Zugbrücke“. Eine Variante, die sich in solcher Klarheit auf Hamburger Münzen offenbar nur im Zeitfenster ca. 1675 bis ca. 1725 findet. Auch auf Mehl zeichen von 1698 kommt sie vor. Wie bei den anderen norddeutschen Stücken ist auch für die Hamburger Mantelschließen nicht mit letzter Sicherheit festzulegen, welche Funktion(en) ihre Träger einst ausübten. Möglich sind etwa die Bürgerwehr und andere Funktionsträger. Es spricht allerdings einiges für eine Verwendung durch das Stadtmilitär, d. h. die von der Stadt unterhaltenen professionellen Truppen. Für diese war bereits 1679 eine einheitliche Uniformierung beschlossen worden. Von der Kämmerei erhielt die Infanterie erstmals 1688 Uniformen, in diesem Kontext wurden 1718 Mark „für Knöpfe und Mäntelhaken“ gezahlt. Auch bei der Neuausrüstung 1710 finden sich Mäntel mit „Mantelhaken“ als zu beschaffende Bestandteile der Montierung gelistet. Beschreibungen oder Abbildungen dieser Mantelhaken fehlen zwar offenbar ebenso wie Belegstücke. Dennoch deuten weitere datierbare Militaria darauf hin, dass die vorgestellten Funde durchaus jene Haken sein können. So zeigt die am 29. April 1684 übergebene Fahne der Grenadier-Kompanie als Wappen noch die „alte“ Stadtburg ohne Torf lügel, Zugbrücke und Löwen. Dagegen trägt die am 26. August 1709 an die 1. DragonerKompanie übergebene Standarte dieselbe Burg wie die Mantelschließen sowie Münzen etc. von ca. 1675–1725. Auch die Löwen sind vorhanden, wenngleich abgewandt dargestellt. Dasselbe Bild, aber mit reduzierter dargestellter Zugbrücke, zeigt ein auf ca. 1730–1760 datiertes GrenadierMützenblech, während ein anderes „nach 1760“ neben den Löwen wieder nur die Burg von 1684 zeigt. So spricht vieles dafür, dass es sich bei den Funden von Bad Bramstedt, Wittenburg und Berensch um Mantelschließen des Hamburger Stadtmilitärs handelt, möglicherweise sogar um Teile der großen Beschaffungen 1688 und 1710. Ob dies wirklich so war, ob es weitere Produktionen gab und wann ihre Verwendung endete, ist jedoch unbekannt. Die erkennbaren Detailabweichungen können dabei ebenso von verschiedenen Produktionen herrühren wie von einer Verwendung mehrerer Formen im Zuge eines Auftrags. Aufgrund des begrenzten Vorkommens der Variante der Stadtburg auf Münzen ist eine Produktion nach ca. 1725 aber eher unwahrscheinlich. Fazit Die meisten der vorgestellten Mantelschließen sind Bodenfunde. Wie, wann und weshalb genau sie an ihre späteren Fundorte gelangten, kann nur vermutet werden. Die Mehrzahl kam aber im „richtigen“ Gebiet zutage. So stammen drei Schließen Herzog Christian Albrechts aus dem früher herzoglichen Anteil Schleswig-Holsteins. Rätselhaft erscheint dagegen, warum sich ein viertes Stück in Vorpommern fand. Unklar ist auch, wie zwei Hamburger Exemplare nach Bad Bramstedt und eines nach Wittenburg kamen, denn diese Gebiete gehörten nie zur Hansestadt. Dagegen war der Fundort Berensch als Teil des Amtes Ritzebüttel bis 1937 hamburgisch. Eine Antwort wird wohl nie zu finden sein. Hier wie in anderen Fällen sind Verluste in zivilem Kontext ebenso möglich wie bei Truppendurchzügen etwa des langen Großen Nordischen Krieges (1700–1721). Nur der Haldener Fund ist mit Kriegsereignissen zu verbinden. Karl XII. versuchte zweimal, die damals Fredrikshald genannte Stadt und die nahe dänisch-norwegische Festung Komplette Mantel schließe mit Monogramm Friedrich Wilhelms, Herzog von MecklenburgSchwerin (reg. 1692– 1713). Maximale Breite der Platte mit Haken 5,8 cm, der Platte mit Öse 6,4 cm. Fundort Schwerin (Abb. nach Konze/Kühlborn/ Samariter 2009, Abb. 158,8 auf S. 534) Ovale Platte einer Mantelschließe mit Spiegelmonogramm „F4“ = Friedrich IV. von Dänemark und Norwegen (reg. 1699–1730). Vermutlich sekundär stark verformt, der Haken ist alt abgebrochen, rechts außen ist noch der Ansatz erkennbar. Maximale Breite 4,8 cm. Finder/Fundort: Frederic Spohr/Mannhagen bei Mölln Rückseite der bereits gezeigten Mantelschließe wohl eines Offiziers Karls XII. von Schweden (reg. 1697–1718). Sichtbar sind der angenietete Haken und ein offenbar zur Verstärkung der Öse angelötetes Stück Metall. Finder und Eigentümer: Tom Knigge, Fundort: Nahe Halden (Norwegen) Fotografie: Tom Knigge Archäologische Nachrichten 2015 85 Kriegerische Symbole barocker Macht am Kragen Runde Platte einer Mantelschließe mit Spiegelmonogramm „F4“ = Friedrich IV. von Dänemark und Norwegen (reg. 1699–1730). Es fehlt der angenietete Haken, zu erkennen sind rechts die beiden waagerecht liegenden Nietlöcher. Maximaler Durchmesser der runden Platte: 5,3 cm (Maßangabe nach frdl. Mitteilung Tommy Petersen 2015). Fundort: Dänemark (Abb. nach Petersen und Larsen 2011, Figur 3 auf S. 23) Komplette Mantelschließe mit Spiegelmonogramm „F4“ unter Krone = Friedrich IV. von Dänemark und Norwegen (reg. 1699–1730). Breite der beiden Stücke in dieser Kombination: 12,3 cm (Maßangabe nach frdl. Mitteilung Tommy Petersen 2015). Fundort: Dänemark (Abb. nach Petersen und Larsen 2011, Figur 2 auf S. 23) Fredriksten zu erobern. Der erste Angriff am 4. Juli 1716 scheiterte mit hohen Verlusten. Der zweite Anlauf erfolgte mit einer Belagerung. Sie begann am 20. November 1718 und endete abrupt am 14. Dezember, als der König getötet wurde. Bei einem dieser Angriffe wird die Mantelschließe vielleicht verloren gegangen sein. Wahrscheinlicher erscheint die zweite Belagerung, aufgrund ihrer längeren Dauer und des hektischen Rückzugs nach dem plötzlichen Tod Karls XII. Souveräne einher. So entwickelte sich auch das Konzept des „stehenden“ Heeres, d. h. von Truppen, die durch die Landesherren auch in Friedensphasen Sold erhielten. Diese jederzeit einsetzbaren Verbände waren die wesentlichen Werkzeuge, mit denen Kriege um 1700 stattfanden. Parallel erfolgten im 17. Jh. erste Schritte hin zur modernen Uniform. Die Versorgung der Soldaten mit einheitlicher, „en masse“ produzierter Bewaffnung, Kleidung und Ausrüstung kam auf. Viele dieser Objekte wurden mit den Zeichen der Herrscher versehen. Auf Waffen und Kopf bedeckungen, Patronentaschen und Satteldecken, ja selbst auf Kandaren und Knöpfen – überall fanden Wappen und Monogramme ihren Platz: oft groß und prächtig, mal klein, nie unauffällig. Zur äußerlichen Uniformität trat so die Botschaft hinzu, dass das Gegenüber Repräsentant – und Herzoglich mecklenburgisches Militär 1715, nach einer farbigen zeitgenössischen Darstellung aus Rostock mit dem Titel: „Darstellung der Arretirung des Raths u. d. Bürgerschaft Ao. 1715“ (Abb. aus Ludwig Krause, Mecklenburgische Infanterie-Uniform unter Herzog Karl Leopold. In: Jahrbücher des Vereins für Mecklenburgische Geschichte und Altertumskunde 79, 1914, 171–190 hier Abb. o. S. zwischen S. 176 und 177) 86 Das Hochbarock (ca. 1650–1720) steht heute vor allem für eine üppige Prachtentfaltung der schönen Künste. Jene Herrscher, die den kulturellen Fortschritt förderten, verantworteten indes auch andere Entwicklungen. Denn mit der Etablierung absolutistischer Systeme ging eine Zen tralisierung der staatlichen Machtmittel in den Händen der Danksagung: Ein herzliches Dankeschön geht an das Landesamt für Kultur und Denkmalpflege Mecklenburg-Vorpommern, Dezernat Archäologie, für die freundliche Genehmigung der Publikation von zwei Neufunden und an alle im Text genannten Personen und Institutionen, die Abbildungen und Informationen zur Verfügung gestellt haben. Abbildungsnachweise für die beiden Mäntel auf S. 83: AM.015490 – Bildlink: http://digitaltmuseum.se/01102436988 5/?query=AM.015490&owner_filter=S-AM&pos=0&count=1 Inv.-Nr. 31178 (3465) – Bildlink: http://emuseumplus.lsh.se/eMuseum Plus?service=ExternalInterface&module=literature&objectId=39295&view Type=detailView Werkzeug – des einzig relevanten Machtfaktors im Staat war. Von Farbigkeit und Pracht des oft billig produzierten „bunten Rockes“ dieser kriegerischen Epoche ist fast nichts erhalten. Der tägliche Dienst im Frieden forderte ebenso seinen Tribut wie die Strapazen der Feldzüge und Schlachten. Und alles was dies überstand, musste anderen Gefahren entkommen – „Sammelt euch nicht Schätze hier auf der Erde, wo Motte und Wurm sie zerstören“ (Matthäus 6:19). Entsprechend sind die noch vorhandenen Uniformen der Jahrzehnte um 1700 in Deutschland und Nordeuropa fast an einer Hand abzuzählen. Zwar kommen grafische Darstellungen öfter vor, doch schränken mangelnde Details und Ungenauigkeiten in der Wiedergabe ihren Nutzen stark ein. Angesichts dieser Negativbilanz ist der Wert archäologischer Funde umso höher anzusetzen. Schwedische Kavallerie auf einer zeitgenössischen Darstellung der Schlacht bei Gadebusch 1712, vorne links Offiziere mit Mänteln. Ausschnitt aus einer illustrierten Karte des Schlachtfeldes von Magnus Rommel (1678–1735). Riksarkivet Stockholm, Krigsarkivet, Referenskod SE/ KrA/0425/13/014, ExtraID 0425:13:014 Die vorgestellten Mantelschließen spiegeln das Bedürfnis absoluter Herrscher nach Repräsentation deutlich wider. Durch Lage und Material waren sie nicht zu übersehen, wer mit dem Träger einer solchen Schließe kommunizierte, dem mussten zwangsläuf ig die verzierten goldfarbenen Platten ins Auge fallen. Unklar ist: Von wo nahm dieser „Trend“ seinen Ursprung, wann endete er und trugen neben Militärs auch andere Off izielle solche Objekte? Sicher ist: Mantelschließen waren um 1700 in mehreren mittel- und nordeuropäischen Staaten populär. So erscheint es nachvollziehbar, dass auch die sonst so bürgerliche Hamburger Obrigkeit dem Beispiel folgte. LITERATUR T. Muhsfeldt, Das hamburgische Militär, Übersicht über seine Organisation und seine Offiziere vom Beginn des Dreißigjährigen Krieges bis zu seiner Auflösung im Jahre 1811. Zeitschrift des Vereins für Hamburgische Geschichte 14, 1909, 37–149. I. Behrmann, Volkstümlicher Schmuck. Hamburg, Museum für Kunst u. Gewerbe [Kataloge des Museums für Kunst und Gewerbe Hamburg 7] (Hamburg 1985). T. Petersen u. R. K. Larsen, Fra Frederik IV’s regeringstid 1699–1730. Våbenhistorisk Tidsskrift Bind 44,1, 2011, 22–25. M. Konze/M. Kühlborn/R. Samariter, Schwerin, Landeshauptstadt: Fpl. 166. Bodendenkmalpflege in Mecklenburg-Vorpommern Jahrb. 57, 2009, 526–537. E. Bellander, Dräkt och uniform: Den svenska arméns beklädnad frän 1500-talets början fram till våra dagar. Kungl. Armémuseums handböcker 3 (Stockholm 1973). Archäologische Nachrichten 2015 87
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