5. IVD West Rechtstag 2016 Hat die Reservierungsvereinbarung noch eine Zukunft? Wolfgang Lehner Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht Heidelberg www.ldm-law.de 16.02.2016 Köln Kritischer Ansatz: Über Reservierungsvereinbarungen bzw. deren Rechtmäßigkeit wird häufig gestritten. Sie sind immer wieder Anlass für Streit und Differenzen zwischen Makler und Kunden bis hin zu gerichtlichen Auseinandersetzungen. Gestritten wird in der Regel über die bereits vom Kunden bezahlte Reservierungsgebühr, wenn es nicht zu dem angestrebten Kaufvertragsabschluss gekommen ist. RA Wolfgang Lehner 16.02.2016 2 Typische Ausgangssituation: • Makler bietet eine Immobilie im Auftrag des Verkäufers an. • Kaufinteressent meldet sich, möchte eventuell kaufen. • Kaufinteressent benötigt noch Zeit zur Klärung (z. B. wegen Finanzierung). • Makler bietet das Objekt weiter an. • Gefahr für den Kaufinteressenten: Während er die Finanzierung klärt, erfolgt Verkauf an einen anderen Interessenten. Seine Erwerbsbemühungen waren vergeblich. RA Wolfgang Lehner 16.02.2016 3 Es kann deshalb sinnvoll sein, dem interessierten Kunden zunächst Gelegenheit zu geben, etwaige für ihn relevante Erwerbsvoraussetzungen zu klären, ohne in dieser Zeit einen Drittverkauf befürchten zu müssen. In diesem Fall kann der Abschluss einer sog. Reservierungsvereinbarung sinnvoll sein, und zwar im ausschließlichen Interesse des Kunden. RA Wolfgang Lehner 16.02.2016 4 Voraussetzungen einer wirksamen Reservierungsvereinbarung: 1. Aus dem Inhalt der Vereinbarung muss sich eindeutig ergeben, wozu sich der Makler verpflichtet. Es reicht nicht, lediglich zu formulieren, das Objekt werde für einen bestimmten Zeitraum „reserviert“. Denn der Makler kann nur eine Verpflichtung eingehen, die er selbst erfüllen kann. Deshalb wird in der Regel formuliert, dass der Makler während des Reservierungszeitraums „seine sonstigen Nachweis- und Vermittlungsbemühungen einstellt und anderen Interessenten befristet absagt“. Auch andere Formulierungen sind denkbar. Es sollte aber klar sein, dass der Makler nicht im Wortsinne „reserviert“. 2. Dem Makler muss vom Verkäufer ein Alleinauftrag erteilt worden sein. Teilweise wird auch vertreten, dass ein qualifizierter Alleinauftrag vorliegen muss. RA Wolfgang Lehner 16.02.2016 5 3. Der Verkäufer muss mit der Reservierung einverstanden sein und sich gegenüber dem Makler zu ihrer Beachtung verpflichten. Denn der Makler kann einen Verkauf des Objektes während der Reservierungszeit ja nicht verhindern. 4. Der Verkäufer muss auch bereit sein, an den Reservierungskunden zu verkaufen. Sonst ist die Reservierung nichts wert. 5. Die Vereinbarung muss eine Reservierungsdauer beinhalten. Zeitlich unbegrenzte Reservierungen (die ohnehin unsinnig wären) werden für nichtig gehalten. RA Wolfgang Lehner 16.02.2016 6 Die Reservierungsgebühr: • In aller Regel verlangt der Makler für die Reservierung eine Gebühr, die sog. „Reservierungsgebühr“. • Das ist nicht zwingend, auch nicht ohne Weiteres einleuchtend, weil der Makler sich in der Vereinbarung verpflichtet, während der Reservierungsdauer gerade nichts zu tun. Es wird aber argumentiert, die Reservierungsgebühr sei notwendig, weil der Kaufinteressent hierdurch seine Erwerbsabsicht bekräftige. • Eine solche Gebühr sollte dann auch eindeutig als „Reservierungsgebühr“ bezeichnet werden, und nicht als „Schadenersatz“, „Aufwendungsersatz“, „Aufwandspauschale“, oder sonst wie. Der BGH hat hierzu bereits in einem Urteil aus dem Jahr 2010 recht streng geurteilt. Dort sollte der Kunde ein „Tätigkeitsentgelt“ für das „Absehen von weiterem Anbieten“ bezahlen, und zwar in Höhe von € 750,00. Wörtlich heißt es in dieser Entscheidung: RA Wolfgang Lehner 16.02.2016 7 „Die Beklagte erbringt durch die zugesagte Reservierung keine ins Gewicht fallende Verzichtsleistung. Von einer solchen könnte allenfalls dann gesprochen werden, wenn die Zeitdauer der Reservierung so lange wäre, dass die Gefahr, das Eigenheim nicht mehr anderweitig zu dem ins Auge gefassten Kaufpreis veräußern zu können, nennenswert erhöht wäre. Davon kann regelmäßig keine Rede sein, da der Zeitraum zwischen der Äußerung der konkreten Kaufabsicht und dem Beurkundungstermin im allgemeinen überschaubar ist. Hinzu kommt, dass nach dem klaren Wortlaut der Klausel die Reservierungsgebühr in voller Höhe verdient ist, wenn der Auftrag unterzeichnet ist. Sie ist also auch dann zu zahlen bzw. kann nicht zurückgefordert werden, wenn der Kaufinteressent kurz nach Unterzeichnung der Vereinbarung seine Kaufabsicht aufgibt, dass es faktisch ausgeschlossen ist, in der Zwischenzeit einen anderen (aufgrund der Reservierungsvereinbarung zurückzuweisenden) Kaufinteressenten zu finden.“ RA Wolfgang Lehner 16.02.2016 8 Es ist in der Tat nicht ersichtlich, welche „Tätigkeit“ sich die Beklagte für die Reservierung vergüten lassen wollte. Denn durch bloßes Nichtstun (Unterlassen des weiteren Anbietens der Immobilie während des Reservierungszeitraums) entsteht dem Makler gerade kein erkennbarer Aufwand, für den er ein pauschaliertes „Tätigkeitsentgelt“ oder eine „Aufwandsentschädigung“ geltend machen könnte. Die ergangene Entscheidung lässt grundsätzliche Zweifel des BGH an der Wirksamkeit von Reservierungsvereinbarungen erkennen, jedenfalls dann, wenn diese – wie üblich – im Wege allgemeiner Geschäftsbedingungen vereinbart werden. Der BGH bezweifelt nämlich, dass die „Reservierung“ überhaupt eine dem Kaufinteressenten nützliche Leistung darstellt. Wörtlich heißt es hierzu in demselben Urteil: RA Wolfgang Lehner 16.02.2016 9 „Das Versprechen der Beklagten, die Eigentumswohnung nicht mehr anderweitig anzubieten, lässt das Recht des Verkäufers unberührt, seine Verkaufsabsicht aufzugeben oder das Objekt ohne Einschaltung der Beklagten an Dritte zu veräußern. Der Kunde zahlt damit einen nicht ganz unerheblichen Betrag, ohne dafür die Gewähr zu haben, das fragliche Objekt erwerben zu können. Der Nutzen dieser Vereinbarung für den Kunden ist mithin sehr eingeschränkt.“ Und weiter: „Dieser allenfalls geringe Vorteil wird aus Sicht des Kunden weiter dadurch gemindert, dass die Zahlung eines derartigen Entgelts regelmäßig geeignet ist, Einfluss auf seine wirtschaftliche Dispositionsfreiheit im Sinne der Förderung des Kaufentschlusses zu nehmen, um nicht die bereits erfolgte Zahlung verfallen zu lassen, sondern im Wege der Verrechnung mit dem Kaufpreis verwerten zu können.“ RA Wolfgang Lehner 16.02.2016 10 Damit spricht der BGH einen weiteren Punkt an, nämlich die Höhe der Reservierungsgebühr. Eine Reservierungsvereinbarung wird von der Rechtsprechung allgemein dann für beurkundungsbedürftig gehalten, wenn die Reservierungsgebühr die Grenze von 10 % der im Erfolgsfall verdienten Provision überschreitet. Denn dann werde auf den Kaufinteressenten ein indirekter Druck zum Erwerb des Grundstücks ausgeübt, wodurch seine Entscheidungsfreiheit beeinträchtigt werde. Die Reservierungsvereinbarung bedürfe deshalb, wie der Abschluss des Kaufvertrages selbst, der notariellen Beurkundung. RA Wolfgang Lehner 16.02.2016 11 Nachfolgend als Beispiel zwei Reservierungsvereinbarungen, die den gesetzlichen Anforderungen nicht entsprechen: RA Wolfgang Lehner 16.02.2016 12 RA Wolfgang Lehner 16.02.2016 13 RA Wolfgang Lehner 16.02.2016 14 Fazit: 1. Reservierungsvereinbarungen sollten nur in Fällen abgeschlossen werden, in denen sie wirklich erforderlich sind. 2. Die Reservierungstätigkeit sollte exakt beschrieben werden, damit nicht der falsche Eindruck entsteht, der Makler könne tatsächlich über den Verkauf an den Kaufinteressenten entscheiden, das Objekt also im wahrsten Sinne des Wortes „reservieren“. 3. Damit der Reservierungsgebühr ein tatsächlicher Vorteil für den Kaufinteressenten gegenübersteht, ist Voraussetzung die Erteilung eines Alleinauftrages, besser: qualifizierten Alleinauftrages seitens des Verkäufers. Der Verkäufer muss von der Reservierung wissen und mit ihr einverstanden sein. RA Wolfgang Lehner 16.02.2016 15 4. Die Reservierung darf nur für einen angemessenen Zeitraum vereinbart werden. 5. Die Reservierungsgebühr ist ausdrücklich als solche zu bezeichnen. 6. Die Reservierungsgebühr sollte maximal 10 % der im Erfolgsfall verdienten Provision betragen. RA Wolfgang Lehner 16.02.2016 16 Empfehlung: Reservierungsvereinbarungen können problemlos getroffen werden, solange keine Reservierungsgebühr verlangt wird. Kommt es zum Abschluss des nachgewiesenen und/oder vermittelten Vertrages wird die Reservierungsgebühr ohnehin angerechnet. Vielleicht ist es im einen oder anderen Fall deshalb sinnvoll, im Falle der Reservierung auf die Vereinbarung einer vom Kaufinteressenten zu zahlenden Gebühr ganz zu verzichten. RA Wolfgang Lehner 16.02.2016 17 Abschließender Hinweis: Die Reservierungsvereinbarung mit Reservierungsgebühr mit einem Verbraucher ist ein Verbrauchervertrag, der eine entgeltliche Leistung des Unternehmens zum Gegenstand hat. Auf einen solchen Vertrag finden die allgemeinen Regeln über das Widerrufsrecht des Kunden Anwendung. Wird also außerhalb des Maklervertrages eine Reservierungsvereinbarung im Wege des Fernabsatzes oder außerhalb der Geschäftsräume des Maklers abgeschlossen, hat der Kunde ein Widerrufsrecht, über das er zu belehren ist. RA Wolfgang Lehner 16.02.2016 18 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! RA Wolfgang Lehner 16.02.2016 19
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