Wertschatzung des Einzelstucks

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Wertschatzung des
Einzelstucks
Fotos: Christoph Kraetz
Die Bäder folgen in ihrer Form der Architektur und fügen sich als ästhetische Elemente in das Wohnen ein
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Die Berliner Tischlerei „WERKSTATT Edgar Reinke“ ist ein international agierender Handwerksbetrieb. Das jüngste
Projekt ist der Innenausbau eines außergewöhnlichen Privatwohnhauses im Berliner Stadtteil Grunewald.
Herr Reinke, Sie müssen einen guten Namen in der Branche haben.
Sie wurden mit dem Innenausbau
eines sehr luxuriösen Wohnhauses
in Berlin-Grunewald aus dem Entwurf von HSH-Architekten beauftragt.
Qualität und Zuverlässigkeit sind dabei entscheidend. Es sind aber vor
allem die Entwicklungsprozesse mit
Architekten, Bauleitung und Bauherrn, auf die es hier ankam. Bei diesem besonderen Familienhaus ging
es von Anfang an darum, die Planung der Möbel direkt der Architektur folgen zu lassen. Und dies in enger Abstimmung mit den Nutzern.
Alle Faktoren gleichrangig zu bedienen und alle Einbauten mit hohem
ästhetischem Anspruch herzustel-
len, war eine sehr komplexe Aufgabe.
Mit den verschiedenen Ebenen zu
spielen und sie zu den besten Lösungen zu führen, ist das, was wir,
glaube ich, ziemlich gut können.
Was für mich zählt ist, dass es Möbel
für Menschen und Räume werden.
Handwerk und Manufaktur sind bekanntlich in den letzten Jahrzehnten
u. a. durch Globalisierung und Großproduktion an den Rand gedrängt worden.
Hat das Handwerk wieder Zukunft?
Handwerk hat natürlich eine Zukunft.
Bei Einzel- und Sonderanfertigungen
sind wir immer gefragt. Ein individueller Innenausbau braucht eine gute
Handschrift. Die Wertschätzung für
nachhaltige und vererbbare Produkte
ist nach wie vor zu spüren. Dafür gibt
es dann Kunden, die sich trauen,
mit sehr individuellen Vorstellungen
zu uns zu kommen, die davon überzeugt sind, bei uns in der Werkstatt
eine bessere Lösung zu bekommen.
Könnte man angesichts der detailreichen und ästhetisch wie funktional beachtlichen Wohnelemente, die
im Wohnhaus in Grunewald geschaffen wurden, einen Trend ablesen?
Ja, vor allem im Hinblick auf die
Wertschätzung des Einzelstücks. Die
Entwicklung von sehr individuellem
Interieur im Zusammenspiel mit der
Architektur gewinnt ganz klar an Bedeutung. Menschen haben wieder
mehr Geschmack und Mut zum
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eigenen Stil. Dafür brauchen Sie Entwicklungspartner und kompetentes
Handwerk zur Realisierung. Für uns bedeutet dies Gestaltung im Handwerk.
Was war besonders reizvoll an diesem
Auftrag?
Der Formensprache von HSH-Architekten in der Grundstruktur zu folgen.
Und auch das sehr besondere Baddesign von Heike Mühlhaus umzusetzen. Die Gespräche mit den Bewohnern des Hauses, eine Linie über alle
Wohnebenen beizubehalten. Der französische Nussbaum war unser Leitmaterial, er hat viel Charakter und Profil
in die Innenräume gebracht, das wäre
mit Tropenholz so nicht gelungen.
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In der Regel müssen Sie sich mit
den Vorgaben des Bauherren und
des Architekten auseinandersetzen. Bleiben Ihre eigenen Vorstellungen manchmal auf der Strecke?
Die Vorstellungen entwickeln sich viel
im Gespräch mit beiden. Es geht we-
niger um die eigene Präferenz als um
die beste Lösung. Für mich stehen
die Menschen, die in diesen Räumen
leben, im Vordergrund. Wenn ich davon überzeugt bin, dass die Bauherrn
genau wissen, wie die Idee einer umbauten Badewanne auch als funktional-ästhetischer Genuss aussieht,
folge ich diesem Entwurf gerne. An
den Schnittstellen von Design und
Alltagstauglichkeit können wir unsere Kompetenzen genau einbringen.
Holz ist Ihre Arbeitsgrundlage. Mit welchen anderen Materialen arbeiten Sie
beim Innenausbau besonders gern?
Der Wald hat viele verschiedene
Bäume. Wir ergänzen Holz sehr gern
mit Linoleum für tolle Tischoberflächen, arbeiten mit ausgewählten
Schlossern, Polsterern, Steinmetzen
zusammen, kombinieren Büromöbel
mit trittschalldämmenden modernen
Filzelementen. Klar, Holz ist ein
wundervoller Werkstoff. Für den
Wert an Nachhaltigkeit und Energieeffizienz müssen wir
Fotos: Christoph Kraetz
Ästhetik, Funktionalität und liebevolle Details
zeichnen die hochwertige Tischlerarbeit aus
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Fotos: Carsten Krohn
Platz für Bücher und viel Ablagefläche
an zentraler Position bietet die geschwungene Regalwand. Oben: Übergang von
der Wohnlandschaft in die Gartenlandschaft und Licht von allen Seiten
offen bleiben für andere Materialien und neue Wege gehen. Auch
hier hat das Handwerk ein Zukunft.
Sie bilden auch Tischler aus. Wie sind
die Aussichten für den Nachwuchs?
Die Aussichten sind sehr gut. Wir
brauchen junge Menschen, die engagiert und kreativ arbeiten wol-
len. Die wachsende Wertschätzung
für hochwertige und langlebige Möbel verlangt nach Könnern im Umgang mit einem scharfen japanischen
Stemmeisen genauso wie in Kommunikation. In unserem internationalem Team von Mitarbeitern macht das
sehr viel Spaß und bietet eine Menge
Lernstoff für einen tollen Beruf.
GRAEF
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info@graefit.de
Informationstechnologie GmbH 030 69 20 22 94 | www.graefit.de
IT-Service | Consulting | Assembly
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Die aktuellen Projekte zeigen besonders die Vielfältigkeit unserer Werkstatt. In Produktion sind die Innenausbauten für
zwei Lumas-Galerien in New York und Aachen. Dann fertigen wir gerade Arbeitstische für ein Filmstudio und bauen an
einer sehr individuellen Küche für einen Berliner Privatkunden. In eine Villa in Almaty in Kasachstan bauen wir Badmöbel und eine Wohnküche ein und sind mit einer Kinderetage
für 4-jährige Zwillinge beauftragt, die mehr Platz brauchen.
Danke für das Gespräch.
Ina Hegenberger
www.edgar-reinke.de
www.HSHarchitekten.de
www.heikemuehlhaus.de
Foto: Carsten Krohn
Woran arbeiten Sie derzeit?