Innovationspreis Dokumentation 2015

PREISTRÄGER
SCHNIER Elektrostatik
GmbH
Bayernstraße 13
72768 Reutlingen
Tel.: 07121 90973-60
Fax: 07121 90973-99
www.schnier-elektrostatik.de
Hochspannungs-Entlader
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SCHNIER ELEKTRO­
STATIK GMBH
ELEKTRONISCHER
HOCHSPANNUNGSENTLADER
Kaum zu glauben aber wahr: um Farbe und Energie zu sparen, laden moderne
Lackierroboter in der Industrie den Lack den sie versprühen erst einmal auf bis
zu 100.000 Volt auf. Denn so entsteht eine elektrische Anziehungskraft zum
Werkstück, das lackiert werden soll. Das verbessert die Auftragung und spart
Lack und Emissionen. Ein großer Nachteil dieses Verfahrens ist aber, dass
diese elektrische Aufladung nach dem Lackiervorgang wieder abklingen muss,
was bisher nur mit erheblichen Wartezeiten gelang. Der elektronische Hochspannungs-Entlader erlaubt den Robotern nun, die Aufladung aktiv abzubauen.
Und zwar sanft und schnell. Diese Aufgabe war bisher ungelöst. So können
nun die Taktzeiten fast auf die Hälfte verkürzt werden. Der Anteil des Entladers
an den Anschaffungskosten einer Lackieranlage ist sehr gering und amortisiert sich somit nach kurzer Zeit.
Hochspannungsgenerator mit integriertem Entlader
Innovationspreis des Landes Baden-Württemberg 2015
Taktdauer ohne Entlader: 100 Sekunden
Die Ausgangslage
Die Innovation
Beim elektrostatischen Lackieren wird der
aufzutragende Lack zunächst zerstäubt und
dann mit Hilfe eines Hochspannungsgenerators auf bis zu 100.000 Volt aufgeladen. Die
geladenen Tröpfchen folgen nun den elektrischen Feldlinien durch die Luft zum geerdeten Werkstück. Dies führt zu einem sehr
hohen Wirkungsgrad beim Beschichten und
minimiert die Abgabe von Lack an die umgebende Luft. Um international wettbewerbsfähig zu sein, müssen Lackieranlagen heute
so gebaut werden, dass bei Bedarf nach jedem Werkstück die Lackfarbe gewechselt
werden kann. Dazu muss das System jedes
Mal gespült werden, was normalerweise mit
entzündlichen Reinigungsmitteln geschieht.
Da das Sprühsystem für den Lackiervorgang
aber zuvor elektrisch aufgeladen wurde, darf
das Spülen erst erfolgen, nachdem die Auf­
ladung wieder abgeklungen ist. Sonst droht
die Gefahr eines elektrischen Zündfunkens
wie bei einem Feuerzeug und damit Brandgefahr. Die elektrische Ladung klingt in Lackiersystemen nach einer Kurve ab, die sich stetig
verlangsamt. Solche Verläufe kommen in der
Natur oft vor. Dabei nimmt eine physikalische
Größe im gleichen Zeitabstand immer wieder
auf die Hälfte ab. Das führt dazu, dass es
am Anfang sehr schnell geht, die Restmenge
aber nie ganz verschwindet. In den Sicherheitsvorschriften für Lackieranlagen sind
deswegen Grenzwerte für die Ladung definiert, ab welcher das System gereinigt werden darf. Die Anlage muss also so lange warten, bis dieser Grenzwert unterschritten worden ist. Nun ist bei heutigen Anlagen die
Dauer des eigentlichen Lackiervorganges,
beispielsweise einer ganzen Autokarosserie,
sehr kurz, während die Wartezeit durch den
Entladevorgang bis zu 40 Prozent der gesamten Taktzeit ausmacht und somit hohe Kos­
ten verursacht.
Der elektronische Hochspannungs-Entlader
verändert die Entladekurve so, dass die anfängliche Geschwindigkeit des Ladungsabbaus beibehalten wird und sich nicht mehr
wie bisher verlangsamt. Die Wartezeit reduziert sich so von 40–60 Sekunden auf weniger
als eine Sekunde, d.h. die Taktzeit beim La­
ckie­ren wird fast halbiert. Neben der hohen
Entladegeschwindigkeit ist ein weiterer Vorteil, dass der Entlader keinerlei mechanisch
empfindliche oder bewegliche Teile enthält.
Damit kann er direkt auf die Arme von Lackierrobotern montiert werden, obwohl dort
hohe Beschleunigungen auftreten. Zudem
kommt der Entlader ganz ohne umweltschädliche Isolieröle oder Isoliergase aus,
wie sie sonst bei Bauteilen für diese hohen
Spannungen üblich sind. Den Entlader gibt
es in zwei Varianten, einmal „stand-alone“
sowie integriert in einen Hochspannungserzeuger.
Voraussetzung für die Realisierung dieses
hochspezialisierten Produktes waren mehrere Faktoren. So erschienen zum „richtigen
Zeitpunkt“ erstmals Elektronikbauteile auf
dem Markt, die es überhaupt ermöglichten,
eine Spannung von 100.000 Volt „sanft“ abzuleiten. Diese Bauteile hatten aber eine
deutlich niedrigere Betriebsspannung und
mussten deshalb „hintereinander“ geschaltet werden. Dies war so vom Hersteller nicht
vorgesehen und erforderte eigene Berechnungen und Maßnahmen, was erhebliche Risiken barg. Weiterhin mussten Bauteile, die
unter Hochspannung stehen, im Entlader
sehr eng an geerdete Teile herangeführt werden. Durch die kleinen Abstände entstehen
im Gerät starke elektrische Felder. Diese
werden nur beherrscht durch sehr ausgetüftelte Geometrien im Hochspannungsbereich
und dem Verguss aller Komponenten mit
einem speziellen Epoxidharz unter Hochvakuum. Zur Abrundung des Produktes ist ein
Mikrokontroller integriert, der alle komplexen Regelungsaufgaben intern erledigt, so
dass für den Anwender die Steuerung sehr
einfach wird.
Innovationspreis des Landes Baden-Württemberg 2015
Taktdauer mit Entlader: 62 Sekunden
Das Unternehmen
Die SCHNIER Elektrostatik GmbH hat sich
erfolgreich auf Hochspannungsversorgungen
und Zubehör für die elektrostatische Beschichtung spezialisiert. Trotz einer Größe
von nur 17 Mitarbeitern ist das Unternehmen
in der Branche weltweit bekannt und die Produkte der Firma werden in über 27 Länder
verkauft. In den letzten vier Jahren konnte
der Umsatz und die Anzahl der Mitarbeiter in
Reutlingen aufgrund der hohen Innovationskraft verdoppelt werden. Das Familienunternehmen entwickelt, produziert und vertreibt
seine Produkte selbst und nützt in der Wertschöpfungskette ein lokales Netzwerk von
weiteren familiengeführten Firmen. Fachlich
leistet es in den Normungsgremien der Deutschen Kommission Elektrotechnik ehrenamtlich seinen Beitrag.
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