Redox-Flow-Batterie, ein heißer Kandidat als Stromspeicher für die dezentrale Anwendung? Klaus Hassmann, Cluster Energietechnik und Andreas Luczak, Geschäftsführer Vanadis Power GmbH Überblick Der steigende Anteil Strom aus Erneuerbaren Energien im Erzeugungsmix führt zu einer immer größeren Relevanz von Technologien, die eine wirtschaftliche Stromspeicherung erlauben. Redox-Flow-Batteriesystemen kommt hierbei eine besondere Bedeutung zu, da einer der wesentlichen Vorteile dieses Batterietyps die unabhängige Skalierung von Kapazität und Leistung ist und die Konstruktion eine Brandgefahr nahezu ausschließt. Weitere günstige Eigenschaften sind ihre Tiefentladefähigkeit und eine hohe Zyklenfestigkeit. Dadurch eignen sich Redox-Flow-Batterien sowohl als alleinstehende Speichertechnologie als auch als Hybridkomponente für eine Vielzahl von Anwendungszwecken von Lösungen zur lokalen Eigenverbrauchsoptimierung über Quartierspeicher bis hin zur saisonalen Energiespeicherung in Inselsystemen. Aufbau und Funktion Die Redox Flow Batterie ist eine elektrochemische Batterie, die chemische Elemente in flüssigem Elektrolyt als aktives Material für die Speicherung der Energie nutzt. Der Elektrolyt wird in externen Tanks gelagert und von dort für die Be- bzw. Entladung durch Reaktionszellen („Stacks“) gepumpt, bei denen der positive Elektrolyt vom negativen Elektrolyt durch eine Membran getrennt ist. Durch elektrochemische Reaktionen bewegen sich Elektronen zwischen den in verschiedenen Ladungszuständen vorhandenen Ionen des Elektrolyts. So wird chemische Energie in elektrische Energie (Entladung) oder elektrische Energie in chemische Energie (Ladung) umgewandelt, ähnlich wie bei der Brennstoffzelle oder bei der Elektrolyse. Im Wort Redox steht „red“ für Reduktion (Elektronenaufnahme) und „ox“ für Oxydation (Elektronenabgabe). Das System wird auch als Flusszelle oder allgemeiner als Flüssigbatterie oder Nasszelle bezeichnet. Die Grundlagen wurden bereits Mitte des 20. Jahrhunderts erforscht. Nach heutigem Stand erprobte Elektrolyte basieren auf Vanadium, VanadiumBromid, Natrium-Bromid, Zink-Brom oder Eisen-Chrom. An weiteren effizienteren und/oder billigeren Elektrolytpaarungen wird international gearbeitet. Bislang hat sich jedoch nur die Vanadium in größerem Maße durchgesetzt, da es dabei den einzigartigen Vorteil gibt, dass die zwei verschiedenen Elektrolyte auf demselben chemischen Element (Vanadium) basieren und dadurch die auf Dauer nie ganz vermeidbare Vermischung über die Membran nicht zur Zerstörung der Batterie führt. Dies ermöglicht eine deutlich bessere Haltbarkeit gegenüber allen anderen Batterietypen. Vorteile 1. Beim Redox-Speicher können die Leistung (von der Stack-Größe bestimmt) und die Energie bzw. Kapazität (von den Behältervolumina bestimmt) voneinander unabhängig je nach Anwendungsfall festgelegt werden. Hohe Kapazitäten können damit durch einfache Erhöhung des Flüssigkeitsvolumens erzielt werden. Bei Anwendungen, bei denen mehr als 4 Stunden Speicherdauer benötigt werden, ist sie deshalb die aktuell ökonomischste Batterie auf dem Markt. 2. Sehr lange Lebensdauer, da Materialien verwendet werden, die mit dem Elektrolyten chemisch nicht reagieren, also kaum altern. Mehr als 12000 Ladezyklen wurden bereits im Labor demonstriert und es gibt Hersteller, die eine Lebensdauer von bis zu 20 Jahren garantieren. Dabei spielt es keine Rolle, wie häufig die Batterie extrem tief entladen oder extrem hoch aufgeladen wird, d.h. die angegebene Kapazität kann permanent voll genutzt werden. 3. Fehlendes Brandrisiko, da der Elektrolyt nicht brennbar ist und sich nur zu einem sehr geringen Teil in den Reaktionszellen befindet. 4. Speicherung hoher Kapazitäten vergleichsweise simpel, da nur einige wenige Teilsysteme benötigt werden. Im Gegensatz dazu besteht z.B. bereits ein 100kWh Li-Ionen-System aus ca. 70.000 Einzelbatterien, welche alle ständig überwacht und untereinander bzgl. ihres Ladungszustandes angeglichen werden müssen. 5. Geringe Selbstentladung, da sich nur der geringe Teil des Elektrolyts, der sich in den Reaktionszellen befindet entlädt, während der überwiegende Teil des Elektrolyts, welcher sich in den Tanks befindet, keinerlei Selbstentladung aufweist 6. Einfaches Recycling möglich, da die Elektrolytflüssigkeit nicht altert und am Ende der Nutzungsdauer einer Batterie unmittelbar weiter verwendet werden kann. Nachteile 1. Unökonomisch für Anwendungen, bei denen viel Leistung und wenig Energie benötigt wird (weniger als eine Stunde Speicherdauer), da die Hauptkosten in den Leistungs-Stacks stecken. 2. Unökonomisch für Kleinanwendungen, bei denen deutlich weniger als 100kWh an Speicherkapazität benötigt werden, da hier die Anlagentechnik (Pumpen, Ventile) vergleichsweise teuer zu Buche schlägt. 3. Die Energiedichte des Elektrolyts der Vanadium Redox Flow Batterie ist mit ca. 20Wh pro Liter Elektrolyt im Vergleich zu fossilen Brennstoffen (Diesel 10 kWh/l) sehr klein und deshalb nicht für mobile Anwendungen (Kraftfahrzeuge) geeignet. Durch die platzsparende Lagerung des Elektrolyts in Tanks kann jedoch auf Systemebene eine vergleichsweise hohe Energiedichte erreicht werden, so dass z.B. 500kWh in einen 6m langen Schiffscontainer passen, was in etwa mit Lithium-Ionen-Batterien vergleichbar ist. 4. Der Gesamtwirkungsgrad liegt mit 75-80% unter dem von Lithium-IonenBatterien, welche bis zu 90% erreichen können. Bei typischen Speicheranwendungen hat dies aber nur einen geringen ökonomischen Einfluss, da Batterien typischerweise mit sehr günstigem Überschussstrom geladen werden können. Anwendungen Der Redoxspeicher, welchen Typs auch immer, ist, zumindest bei Anwendungen, bei denen die Speicherdauer deutlich geringer als etwa vier Stunden ist, immer noch vergleichsweise teuer; deswegen beschränkt sich seine Anwendung auf hochpreisige Marktnischen, wie zum Beispiel als „back-up“ von Mobilfunkmasten in entlegenen Gebieten oder auch in geförderten Feldtests im Zusammenhang mit fluktuierenden Erneuerbaren Energien. Bei Speicherdauern ab etwa vier Stunden ist er jedoch bereits heute schon eine konkurrenzfähige Alternative zu den gängigen Lithium-IonenSpeichern. Die vom amerikanischen Energieministerium erstellte Datenbank weltweiter Speicherprojekte listet mehrere Megawattstunden-Projekte in Japan, China und den USA auf, meistens in Zusammenhang mit Windparks. Entwicklung in Deutschland Das Fraunhoferinstitut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik UMSICHT in Oberhausen betreibt eines der größten Testlabore für Redoxspeicher in Europa. Es ist dort 2013 gelungen, die Zellfläche gegenüber dem damaligen Stand der Technik auf 0,5 m² deutlich zu vergrößern. Dieser Entwicklungsschritt mit zusätzlich einem neuen Werkstoff für die Membran, Verbesserungen im Batteriemanagement und einem neuen Stackaufbau waren die Basis für den Aufbau eines 25 kW Stacks. Die Wissenschaftler von UMSICHT kooperieren in der Redox-Entwicklung mit dem Fraunhofer Instituten für solare Energiesysteme und für chemische Technologie. Das Projekt wird vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit gefördert. Die in Nürnberg angesiedelte Firma Vanadis Power, welche mit chinesischen und amerikanischen Schwesterunternehmen zusammenarbeitet, hat 2014 Europas größte Redox-Flow Batterie im norddeutschen Braderup installiert (0,35MW/1,3MWh). Dabei werden 35kW große Stacks mit 0,7m² Zellfläche eingesetzt, welche damit die von UMSICHT entwickelte Variante bereits deutlich übertreffen und darüber hinaus bereits für den kommerziellen Einsatz geeignet sind. Ausblick Der Redoxspeicher hat ein großes technisches Potential als Systemkomponente an der Peripherie der fluktuierenden Stromerzeuger Photovoltaik und Wind. Er gleicht die Strombilanz aus, indem er nicht genutzten Strom bei Überschuss speichert und den gespeicherten Strom bei Mangel abgibt. Damit trägt er zum Gelingen der Energiewende in Deutschland mit bei, indem verhindert wird, dass PV/Wind bei Überschuss abgeregelt werden müssen oder der Überschussstrom verramscht wird. Es ist der Beginn einer Art Aufbruchsstimmung im Umfeld der Wirtschaft zu beobachten. Einige Firmen-Neugründungen bieten Redox Systeme an, aber auch etablierte Marktteilnehmer scheinen sich dieser Technologie intensiver als bisher zu widmen. Daraus ist abzuleiten, dass der Redoxspeicher mittel und längerfristig über technologische Innovationen, Fertigungsautomatisierung bei steigenden Stückzahlen und damit einhergehenden Kostensenkungen den Marktdurchbruch schaffen kann.
© Copyright 2025 ExpyDoc