Fachartikel „Wie eine nachhaltige Leistungssteigerung der Vertriebsorganisation gelingt“ Erschienen in: Sales Management Review Ausgabe 3/2015 Seite 34-43 Dr. Oliver Greiner Competence Center Strategy, Innovation & Sales [email protected] Thorsten Lips Competence Center Industrial Goods & High Tech [email protected] www.horvath-partners.com Schwerpunkt | Wachstumshebel Wie eine nachhaltige Leistungssteigerung der Vertriebsorganisation gelingt Die Komplexität im Vertrieb von Industriegütern steigt, insbesondere durch die zunehmende Internationalisierung vieler Unternehmen der produzierenden Industrie. In der Folge steigt auch die Notwendigkeit nach stetiger Weiterentwicklung von Vertriebssystemen und -werkzeugen. Hier sehen Vertriebsorganisationen allerdings noch viel Luft nach oben. Oliver Greiner, Thorsten Lips 34 Sales Management Review 3|2015 Wachstumshebel | Schwerpunkt Viele Unternehmen der produzierenden Industrie haben ihr Wachstum in den letzten Jahren vornehmlich im Ausland realisiert. Dies bleibt nicht ohne Konsequenzen für die eigene Vertriebsorganisation. Die lokale Autonomie einzelner Länder oder Regionen, die den Expansionsdrang am Anfang beflügelt, führt bei zunehmender Internationalisierung zu verschiedenen, jeweils für sich funktionierenden Vertriebsansätzen. Die damit verbundene Komplexitätssteigerung beeinflusst jedoch die Steuerungsfähigkeit des Gesamtsystems maßgeblich. Zur nachhaltigen Wachstumsgenerierung im Ausland ist nun statt der ursprünglich stark dezentral ausgerichteten Vertriebssteuerung ein systematischer – zentraler – Ansatz gefragt. An diesem Hebel gilt es anzusetzen. Eine Untersuchung von Horváth & Partners zeigt, dass nur neun Prozent der befragten Vertriebsverantwortlichen ihre internationalen Vertriebsorganisationen ausreichend für zukünftige Herausforderungen gerüstet sehen. Dabei hat die Bedeutung des Vertriebs für den Unternehmenserfolg in den letzten Jahren erheblich zugenommen. Untersuchungen zufolge kann die Kaufentscheidung des Kunden heutzutage zu gut 50 Prozent vom Vertrieb direkt beeinflusst werden. Reine Produkt- oder Dienstleistungsvorteile verlieren an Bedeutung oder sind durch gestiegene Transparenz und Vergleichbarkeit für den Kunden nicht mehr existent. Zusammen mit weiteren Faktoren wie Image, Positionierung und Preise stehen sie nur noch für knapp 50 Prozent der Kaufentscheidung. In Zeiten immer kürzerer Produktlebenszyklen und einem Hang zur Austauschbarkeit wird der Vertrieb immer mehr zur wichtigsten Schnittstelle zum Kunden und trägt maßgeblich zum Unternehmenserfolg bei. Daraus folgt, dass Potenziale und Wachstumshebel des Vertriebs mittels ganzheitlicher und systematischer Ansätze aufgedeckt werden müssen. Das von Horváth & Partners entwickelte Sales-Performance-ExcellenceModell bedient sich verschiedener Instrumente, um Wachstumshebel im Vertrieb global zu aktivieren. Im Fokus stehen dabei folgende wesentliche Fragestellungen, die systematisch bearbeitet und je nach Entwicklungsstufe des internationalen Vertriebs unterschiedlich beantwortet werden: 1. Was müssen wir tun, um die Vertriebsaktivitäten strategisch richtig zu fokussieren? 2. Wie stellen wir sicher, dass die Vertriebsressourcen richtig ausgerichtet und eingesetzt sind? 3. Erhält der Vertrieb die notwendigen Anreize in Form von Steuerungsimpulsen? Dr. Oliver Greiner leitet als Partner das Competence Center Strategy, Innovation & Sales bei der auf Unternehmenssteuerung spezialisierten Managementberatung Horváth & Partners. Thorsten Lips ist Vertriebsexperte bei Horváth & Partners in Düsseldorf. Er berät vor allem Unternehmen aus dem Industriegüter- und High-Tech-Sektor. Market & Customer Grids – für den richtigen Fokus Grundlage jeder Strategieentwicklung, auch der Vertriebsstrategie, bilden Transparenz und die Generierung relevanter Daten zu Märkten, Kunden und Produkten. Die Nutzung des Market&Customer-Grid-Ansatzes befähigt Unternehmen, ihre Vertriebsarbeit fokussiert, potenzial- und erfolgsorientiert auszurichten. Das Werkzeug ermöglicht, die relevanten Marktsegmente systematisch zu identifizieren (Ausprägung über Produkte, Kunden- Sales Management Review 3|2015 Oliver Greiner Horvath & Partners, Stuttgart, Deutschland E-Mail: [email protected] Thorsten Lips Horvath & Partners, Düsseldorf, Deutschland E-Mail: [email protected] 35 Schwerpunkt | Wachstumshebel gruppen und regionale Märkte), zu bewerten (beispielsweise über Segmentgröße und Wettbewerbsintensität) und anschließend für die Vertriebsarbeit zu priorisieren. Zudem lassen sich die generierten Informationen als Input für die Vertriebsplanung unmittelbar nutzen. Der Ansatz umfasst fünf Schritte: Zunächst wird anhand der drei Dimensionen Produkt, Markt und Zielkunden(-gruppen) der Gesamtmarkt in Segmente („Cubes“) geteilt (siehe Abbildung 1). Anschließend wird jedes der Segmente analysiert und anhand eines standardisierten Kriterien-Sets beschrieben. Im dritten Schritt wird mit Hilfe der erhobenen KPIs die Attraktivität jedes Cubes bewertet und es werden zwei „Scores“ je Cube gebildet (externer Market Fit und interner Business Fit). Diese Bewertung dient im vierten Schritt dazu, die Marktsegmente zu priorisieren und entsprechende Normstrategien abzuleiten (z. B. hoher Market Fit und hoher Business Fit = Kernsegmente mit Priorität 1 für weiteres Marktanteilswachstum). Im fünften und letzten Schritt werden diese Normstrategien dann mit konkreten Wachstumszielen quantifiziert und Zielportfolios simuliert. Market & Customer Grids zeigen damit eindeutige Wachstumspotenziale und -beschränkungen auf und ermöglichen eine klare Fokussierung der Vertriebsressourcen auf strategisch relevante Markt-, Kunden- sowie Produktsegmente. Der Einsatz des Werkzeugs steigert auch im Vertrieb das Verständnis und die Kenntnis der eigenen Märkte durch eine intensive Beschäftigung mit diesen. So kann sichergestellt werden, dass über 70 Prozent der eingesetzten Vertriebszeit für die Kunden mit dem größten Potenzial genutzt werden. Hinzu kommt die Möglichkeit der parallelen Bearbeitung von Bestands- und Neukunden („Farming + Hunting“) zur nachhaltigen Steigerung des Vertriebsergebnisses. Zusammenfassung • Nicht einmal jedes zehnte Unternehmen der produzierenden Industrie ist mit seiner Vertriebsorganisation zufrieden. • Dabei kann die Kaufentscheidung des Kunden heutzutage zu 50 Prozent vom Vertrieb direkt beeinflusst werden. • Für eine regelmäßige und nachhaltige Leistungssteigerung im Vertrieb stehen den Unternehmen unterschiedliche Instrumente zur Verfügung. • Je nach Internationalisierungsgrad können mit diesen Instrumenten die richtigen Wachstumshebel aktiviert werden. Abb. 1 Market & Customer Grids Marktgröße Wettbewerber Umsatzniveau Produkt Kunden Regional Markt Quelle: Horváth & Partners 36 Sales Management Review 3|2015 Wachstumshebel | Schwerpunkt Mit der Sales Process Map die Ressourcen effizient nutzen Weltweit standardisierte Vertriebsprozesse auf Basis eines vielfach erprobten und mit den großen ERP-/CRM-Systemen kompatiblen Horváth & Partners Best Practice Templates steigern die Effizienz der Vertriebsarbeit deutlich. Prozesse können an den Stellen, an denen es sinnvoll ist (zum Beispiel bei Preisfreigaben oder in Angebotsprozessen), automatisiert und über Kennzahlen wie Ausschöpfung von Discount-Spielräumen, Hitrates etc. messbar gemacht werden (siehe Abbildung 2). Prozesse bilden die wesentliche Basis für weiteres Wachstum, da sie es den Unternehmen ermöglichen, steigende Umsätze mit unterproportional steigenden Kosten im Vertrieb zu realisieren. Eine global standardisierte Vertriebsprozesslandschaft verbessert die Steuerbarkeit der Organisation und dient als Basis für eine flexible und weltweit verteilte Wertschöpfung. Zudem ermöglicht die Standardisierung eine vereinfachte und somit beschleunigte Einführung und Integration neuer Prozesse in allen Ländern, was zur signifikanten Reduzierung von Einarbei- Abb. 2 Kerngedanke 1 Jedes Unternehmen kennt Initiativen zur Kostensenkung. Wie viele Unternehmen haben Initiativen zur Sales Performance Excellence? Globales Standard-Vertriebsprozessmodell Customer Relationship Management Market to Strategy Strategy to Selling Selling to Satisfaction Satisfaction to Retention Market, Customer & Competitive Intelligence Loyalty Management CRM Strategy Definition & Alignment/ Pricing Churn & Retention Management Segmentation & Targeting Customer Feedback & Complaint Management Channel Management & Customer Experience Management Territory & Sales Force Management CRM Performance Perfo f rmance Management Master Data Management Reporting & Forecast Sales & Marketing Planning Campaign Management Order Management Customer Interface Receivables Mgmt Leads & Opportunity Mgmt Account Management Offer Management Customer Service & Support Quelle: Horváth & Partners Sales Management Review 3|2015 37 Schwerpunkt | Wachstumshebel tungs- und Schulungsaufwänden führt. Damit verbunden ist ebenfalls eine Senkung des Betriebs- und Wartungsaufwands für IT-Systeme. Sales Funnel Management – das „GPS“ der Vertriebssteuerung Mit Hilfe eines systematischen Sales Funnel Managements kann die Vertriebsarbeit nicht nur vergangenheitsorientiert bewertet, sondern systematisch und aktiv gesteuert werden. Hierbei wird der gesamte Sales-Prozess von der Lead-Aufnahme im Rahmen des Lead Managements über das Kontakt- und Angebotsmanagement bis zum finalen Auftragsmanagement abgebildet und transparent gemacht (siehe Abbildung 3). Ausgewählte Kennzahlen wie Volumen der Leads und Opportunities oder die Conversion Rate werden anhand von CRM-Daten entsprechend ausgewertet. So kann der gesamte Sales Funnel systematisch nach Erfolgsmustern analysiert und für die Vertriebssteuerung genutzt werden. Gleichzeitig ist es über den Sales Funnel möglich, eine Vorsteuerung des Umsatzes zu betreiben. Die mögliche Nicht-Erreichung eines Umsatzziels kann viel früher bereits „vorhergesehen“ und ggf. Gegenmaßnahmen ergriffen werden (zum Beispiel mehr Opportunities für den Funnel generieren, die Conversion Rate erhöhen). Der Vorteil des Sales Funnel Managements liegt demzufolge in einer Quantifizierung der Vertriebsarbeit über den gesamten Sales-Prozess und bietet die Möglichkeit, Schwachstellen aufzudecken und zu bearbeiten. Kerngedanke 2 In der Systematisierung der Vertriebsarbeit liegen große Potenziale. Abb. 3 Systematische Vertriebssteuerung mit Sales Funnel Management Kontaktinformationen Lead Zielkunde Opportunity erkannt erhalten qualifiziert identifiziert 1 Lead aufnehmen und qualifizieren Anfrage Anfrage geklärt Angebot versandt Bestellung 2 Kontakt 3 4 5 6 7 Kontakt aufnehKundenausbauen Anfrage Angebot Angebot men und anliegen qualifizieren Leadmgmt. und pflegen prüfen Kontaktmanagement klären erstellen verfolgen Angebotsmanagement Kunde/Interessent Leads nach Potenzial Auftragsmgmt. . Kunde CRM/ERP Wandlungsrate von Opportuni tieszu Anfragen Auftrag bearbeiten ERP Wandlungsrate von Anfragen zu Angeboten gewichtetes Angebotsvolumen Wandlungsrate von Angeboten zu Aufträgen Auftragseingang Quelle: Horváth & Partners 38 Sales Management Review 3|2015 Wachstumshebel | Schwerpunkt Vertriebsplanung und -reporting sorgen für neue Impulse Die Vertriebsplanung bietet ebenfalls Optimierungspotenztiale. Heutzutage ist eine rein finanzielle Planung nicht mehr ausreichend, um den Vertrieb wettbewerbsfähig erfolgreich zu steuern. Zusätzlich zu den finanziellen Basiskennzahlen sollte auch eine kunden- und produktbasierte Ausgestaltung der Vertriebsplanung erfolgen (siehe Abbildung 4). Dazu werden 60 bis 80 Prozent des Umsatzes mit konkreten Kunden, Projekten sowie Produkten hinterlegt. Neben der Definition des Planungsumfangs und -detailgrades ist im zweiten Schritt eine Detailplanung des Reportings mittels Kennzahlen und Maßnahmen entscheidend. Dies bedeutet, eine Planung über die Verteilung von Wachstum aus Bestands- und Neukunden basierend auf einem definierten Top-down-Ziel durchzuführen und anschließend konkrete, kundenbezogene Maßnahmen für die größeren Kunden oder Kundengruppen zu definieren. Im Ergebnis setzt sich der Vertrieb noch intensiver mit der Kundenbasis auseinander und auch die Vertriebsplanung erfolgt verbindlicher statt „intuitiv“. Abweichungen im laufenden Geschäftsjahr können auf dieser Basis konkreter analysiert und mit qualitativ passenderen Gegenmaßnahmen versehen werden. Die Gründe für Umsatzabweichungen (positiv wie negativ) können unmittelbar mit den vereinbarten und durchgeführten Maßnahmen in Verbindung gebracht werden. Die Diskussion wird somit wesentlich substantieller und damit wirksamer. Abb. 4 Kundenperspektive 1 Kunden- und produktbasierte Vertriebsplanung Planungsumfang und Detailgrad 2 Detailplanung Kennzahlen + Maßnahmen Wachstum aus Einzelkunde neu Kundensegment Bestand keine Planung bestehendes Geschäft keine Planung Produktgruppe TopdownZiel Produkt Produktperspektive Quelle: Horváth & Partners Sales Management Review 3|2015 39 Schwerpunkt | Wachstumshebel Verantwortungsgerechte Vertriebssteuerung In Industriegüterunternehmen werden vorrangig umsatz- und ergebnisorientierte Größen zur Vertriebssteuerung herangezogen. Auf den ersten Blick scheint diese Steuerungsmethode zur Erfolgskontrolle der Vertriebsmitarbeiter naheliegend zu sein, schließlich liegt die grundsätzliche Zielsetzung der Unternehmen darin, ihre Leistungen und Produkte an den Kunden möglichst gewinnbringend zu verkaufen. Allerdings werden hierbei oft Kostenbestandteile betrachtet, die durch den Vertrieb kaum oder in geringem Maß zu verantworten sind. Auch kommen qualitative Größen zur Vertriebssteuerung meist zu kurz. Die ganzheitliche, verantwortungsgerechte Steuerung des Vertriebs stellt eine zentrale Erfolgskomponente dar. Strategische Ziele werden nur erreicht, wenn ein konsistentes Gesamtsystem zur Vertriebssteuerung aufgebaut und konsequent umgesetzt wird. Der ganzheitliche Steuerungsansatz zur verantwortungsgerechten Vertriebssteuerung kann genau dies leisten. Er umfasst ein marktorientiertes Kennzahlensystem basierend auf fünf Lenkungsparametern, die in ihrer Gesamtheit die wesentlichen durch den Vertrieb zu verantwortenden Leistungsbereiche beleuchten (siehe Tabelle 1): • Der Umsatz aus Lieferungen und Leistungen vor Direktvertriebskosten als zielerreichungsrelevante Kennzahl gibt Aufschluss über den für das Unternehmen erwirtschafteten Umsatz nach Berücksichtigung der Rabatte und Zuschläge und der umsatzrelevanten Kosten wie sonstige Erlöse (zum Beispiel Fracht- und Verpackungserlöse) und Erlösschmälerungen (zum Beispiel Skonti oder Boni). So hat diese Kennzahl gegenüber dem Bruttoumsatz als Messgröße den Vorteil, dass die umsatzrelevanten Kosten berücksichtigt werden und somit die Maßnahmen des operativen Pricings, wie die Vergabe von Rabatten, Skonti und Boni inkludiert sind. • Die Kennzahl Preisdurchsetzung berechnet sich durch den Quotienten aus dem Umsatz aus Lieferungen und Leistungen nach Direktvertriebskosten und dem Bruttoumsatz. Hier stehen die Erlösschmälerungen und sämtliche Vertriebskosten (umsatzrelevant und auftragsbezogen) im Fokus. Die Tab. 1 Ganzheitlicher Ansatz zur verantwortungsgerechten Vertriebssteuerung Kennzahl Nutzen Umsatz vor Direktvertriebskosten Erwirtschafteter Umsatz nach Berücksichtigung der Rabatte und Zuschläge und der umsatzrelevanten Kosten wie sonstige Erlöse Preisdurchsetzung Berücksichtigung von Erlösschmälerungen und sämtlicher Vertriebskosten (umsatzrelevant und auftragsbezogen). Die Kennzahl misst, wie gut der Vertrieb die Bruttopreise am Markt durchsetzen kann. Hierzu zählt auch die Weitergabe von Zuschlägen und Preiserhöhungen (beispielsweise bei gestiegenen Roh- und Betriebsstoffkosten) an den Kunden Kalkulatorische Marge Fokussierung auf margenschwache „Umsatzrenner“ vermeiden Kosteneffizienz der Vertriebstätigkeit Misst, wie effizient der Außendienst, das Key Account Management und die Verkaufsbüros mit den Kosten (Primärkosten), die im Rahmen der Geschäftstätigkeit anfallen, umgeht. Working Capital Impact des Vertriebs Beleuchtet die Planung richtiger Verkaufsmengen mit dem Ziel der optimalen Disposition der Lagerbestände sowie die schnelle Begleichung der Verbindlichkeiten aus Kundensicht. Quelle: Horváth & Partners 40 Sales Management Review 3|2015 Wachstumshebel | Schwerpunkt Kennzahl misst somit, wie gut der Vertrieb die Bruttopreise am Markt durchsetzen kann. Hierzu zählt auch die Weitergabe von Zuschlägen und Preiserhöhungen (beispielsweise bei gestiegenen Roh- und Betriebsstoffkosten) an den Kunden. Außerdem werden im Rahmen der Kennzahl gegebenenfalls vorhandene Zuschläge (zum Beispiel Mindermengen, Teilkommissionierung bei Anbruch von Packstücken) berücksichtigt. Die Delegation der Preiskompetenz an den Außendienst beinhaltet neben den motivatorischen Aspekten besonders den Vorteil, dass dieser die Zahlungsbereitschaft des Kunden am besten kennt. Durch Zielvorgaben im Rahmen der Kennzahl „Preisdurchsetzung“ kann dieser Vorteil ausgeschöpft werden, ohne der Gefahr einer übertriebenen Nachgiebigkeit der Kundenbetreuer bei Preisverhandlung und einer reinen Fixierung auf Umsatzgenerierung zu begegnen. • Die Kennzahl kalkulatorische Marge zielt primär darauf, die Fokussierung auf margenschwache „Umsatzrenner“ zu vermeiden. Der Vertrieb soll keinen Anreiz darin sehen, durch den alleinigen Verkauf problemloser und umsatzstarker Produkte seine Umsatzzielvorgaben zu erreichen, da er zusätzlich seine Vorgaben zur Erfüllung der kalkulatorischen Marge im Auge behalten muss. Zur Berechnung werden die (durchschnittlichen) produktspezifischen Margen am Anfang eines Geschäftsjahres festgelegt und als fixe (Plan-)Werte im laufenden Geschäftsjahr herangezogen. Kurzfristige Änderungen der tatsächlichen Marge, zum Beispiel durch Änderung der Kerngedanke 3 Produktvorteile allein sind nicht mehr ausreichend. springer-gabler.de Entwicklungen und Zukunftstrends im Digital Commerce • Gerrit Heinemann Der neue Online-Handel • 6., vollst. überarb. Aufl. 2015. XX, 327 S. 112 Abb. Brosch. € (D) 39,99 | € (A) 41,11 | * sFr 50,00 ISBN 978-3-658-06785-4 (Print) € (D) 29,99 | * sFr 40,00 ISBN 978-3-658-06786-1 (eBook) Erfolgsvoraussetzungen des neuen Online-Handels Mit Best Practices € (D) sind gebundene Ladenpreise in Deutschland und enthalten 7% MwSt. € (A) sind gebundene Ladenpreise in Österreich und enthalten 10% MwSt. Die mit * gekennzeichneten Preise sind unverbindliche Preisempfehlungen und enthalten die landesübliche MwSt. Preisänderungen und Irrtümer vorbehalten. Jetzt bestellen: springer-gabler.de Sales Management Review 3|2015 41 150031_A14935 Schwerpunkt | Wachstumshebel Handlungsempfehlungen • Schaffen Sie als allererstes Transpa- renz über Ihre Märkte, Produkte und Kunden. • Stellen Sie diese Klarheit auch bei Ihren Sales-Prozessen her, von der LeadAufnahme bis zum finalen Auftragsmanagement. • Standardisieren Sie Ihre globale Vertriebslandschaft: Damit sparen Sie Ressourcen und agieren flexibler. • Erweitern Sie Ihre finanzielle Vertriebsplanung um kunden- und produktspezifische Kennzahlen und Maßnahmen. • Schaffen Sie eine Vertriebssteuerung, die den tatsächlichen Verantwortlichkeiten Ihres Vertriebs gerecht wird. 42 Herstellkosten, sind in der Regel nicht durch den Vertrieb zu verantworten und werden daher durch diese Methode ausgeschlossen. Durch die kalkulatorischen und im Geschäftsjahr stabilen Werte steht somit der Produktmix im Vordergrund. Die kalkulatorische Marge gibt Auskunft darüber, wie effektiv der Vertrieb den Artikelmix hin zu margenstarken Produkten steuert. Kurzfristige Einflussgrößen, welche die tatsächlichen aktuellen Einstandspreise verändern, werden in dieser Kennzahl bewusst vernachlässigt oder – wie zum Beispiel die umsatz- und auftragsbezogenen Kosten – nicht berücksichtigt, um eine Vermischung mit der Kennzahl Preisdurchsetzung – jene Kennzahl, die genau das Monitoring dieser Kosten im Fokus hat – zu vermeiden. • Um eine ganzheitliche Steuerung des Vertriebs nach den Maßgaben der Kosteneffizienz zu gewährleisten, müssen auch die Kosten, die im Rahmen der Verkaufstätigkeit anfallen, beleuchtet werden. Daher bedarf es einer Kennzahl, die misst, wie effizient der Außendienst, das Key Account Management und die Verkaufsbüros mit den Kosten (Primärkosten), die im Rahmen der Geschäftstätigkeit anfallen, umgeht. Diese umfassen bei den Vertriebsmitarbeitern in erster Linie die Reisekosten. Wird die Leistung eines gesamten Verkaufsbüros gemessen, können weitere Kostenarten wie Personalkosten, Werbekosten, sonstige Gemeinkosten, Abschreibungen, Miete oder Leasing von Mobilien miteinbezogen werden. Um den Anforderungen der Verursachungsgerechtigkeit zu entsprechen, sollten im Rahmen dieser Kennzahl keine Umlagen einfließen und nur die originären Vertriebskosten berücksichtigt werden. Die Sondereinzelkosten des Vertriebs zählen nicht zu den Kosten der Verkaufstätigkeit, diese werden bei der Berechnung der Kennzahl „Preisdurchsetzung“ berücksichtigt (siehe oben). • Gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten wird der Kapitalrentabilität und der Sicherung von Liquidität eine große Bedeutung beigemessen. Da hier einige wesentliche Treiber im Einflussbereich des Vertriebs stehen, muss gerade die Vertriebssteuerung diese Aspekte im Sinne des Working Capital Managements integrieren. Dies sind jene Kennzahlen, welche die Dimensionen Vorräte (Days Inventory Held (DIH)) und Forderungen (Days Sales Outstanding (DSO)) behandeln. Im Rahmen der hier beschriebenen Kennzahlen liegen also besonders die Planung richtiger Verkaufsmengen mit dem Ziel der optimalen Disposition der Lagerbestände sowie die schnelle Begleichung der Verbindlichkeiten aus Kundensicht im Verantwortungsbereich des Außendienstes. Fazit Für Unternehmen der produzierenden Industrie gibt es zahlreiche Lösungsansätze, um je nach Grad der Internationalisierung eine nachhaltige Steigerung der Vertriebsperformance im B2B-Bereich zu erreichen. Es wird jedoch deutlich, dass nur durch systematisierte Vertriebsarbeit eine Sales Performance Excellence und damit der Unternehmenserfolg im internationalen Umfeld erzielt werden kann. Hinzu kommt das immer noch fehlende Bewusstsein für den Stellenwert des Vertriebs und die daraus abgeleitete Not- Sales Management Review 3|2015 Wachstumshebel | Schwerpunkt Studie Lips, T./Dolle, R.: „Die Mühen der Ebenen meistern“. Den Vertrieb international wirksam steuern. Sales Performance Excellence in Industrial Goods & High Tech, Stuttgart 2014. wendigkeit, regelmäßige Optimierungsinitiativen der Vertriebsorganisation zu forcieren. Hier besteht ein großer Unterschied zu häufig durchgeführten, kurzfristig orientierten „Sales Up“-Projekten. Diese zielen lediglich darauf ab, einen kurzfristigen und häufig nicht nachhaltigen Effekt zu erzielen. Es wird außerdem deutlich, dass reine Produktvorteile für die Kundengewinnung nicht mehr ausreichend sind, was sich auch im Eigenbild der aktuellen Performance von Vertriebsorganisationen ausdrückt. Demzufolge lassen sich folgende, wesentliche Stellhebel zur Vertriebsoptimierung zusammenfassen: • Fokussierung und Potenzialorientierung • Standardisierung und Systematisierung • Effiziente Vertriebsplanung und -steuerung Es wird sich zeigen, ob Unternehmen den internationalen Herausforderungen an den Vertrieb Rechnung tragen und den Fokus von reinen Effizienzprogrammen zu regelmäßigen Sales-Performance-Excellence-Programmen verlegen. a Kerngedanke 4 Die wesentlichen Stellhebel für mehr Performance sind: Fokussierung, Potenzialorientierung, Standardisierung, Systematisierung und Vertriebssteuerung. Zusätzlicher Verlagsservice für Abonnenten von „Springer für Professionals | Vertrieb“ Zum Thema Sales Performance Suche finden Sie unter www.springerprofessional.de 1.547 Beiträge im Fachgebiet Vertrieb Stand: Mai 2015 MEDIUM ☐ Online-Artikel (9) ☐ Zeitschriftenartikel (105) ☐ Buchkapitel (1.433) Von der Verlagsredaktion empfohlen Lips, T.: Sales Performance Excellence als Erfolgsfaktor auf dem Weg zum globalen Unternehmen, in: Keuper, F./Sauter, R. (Hrsg.): Unternehmensteuerung in der produzierenden Industrie, Wiesbaden 2014, S. 233-244, www.springerprofessional.de/5308494 SPRACHE ☐ Deutsch (193) ☐ Englisch (1.354) Sales Management Review Lips, T./Dolle, R.: Die Mühen der Ebenen meistern, in: Sales Management Review, Ausgabe 5/2014, Wiesbaden 2014, S. 33-41, www.springerprofessional.de/5360302 3|2015 43
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