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Richtershorn – ein kleiner Ort der
Gastlichkeit und des Wassersports
von Lothar Gruner
Wer eine abwechslungsreiche Natur mit viel frischer Luft, mit Wäldern, Wiesen
und Waldtieren, mit kleinen und größeren Gewässern liebt, der ist in
Richtershorn richtig. Ein gefragtes Ausflugsziel im südöstlichen Teil von
Treptow/Köpenick, etwa 4 Kilometer von Grünau und etwa genauso weit von
Schmöckwitz entfernt. Und bis Karolinenhof, was zum Ortsteil Schmöckwitz
gehört, sind es nur einige Hundert Meter weit.
Am besten zu erreichen mit der Straßenbahnlinie 68, die von Köpenick bis
Schmöckwitz fährt, oder mit dem Auto über Karolinenhof. Aber noch besser
und bequemer mit dem Fahrrad oder mit einer erholsamen Wanderung durch
den Grünauer Forst. Natürlich auch auf dem Wasserweg, denn Richtershorn
liegt direkt am Langen See, der zur Dahme gehört. Egal wie, ein Abstecher nach
Richtershorn lohnt sich, denn allein die herrliche Aussicht hinüber zu den
gegenüberliegenden Müggelbergen, zu den vorgelagerten Rohrwallinseln und
zur „Bammelecke“, eine angesagte Badestelle, ist die Reise wert.
Richtershorn in den Anfangsjahren des 20. Jahrhunderts
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Der Name für Richtershorn läßt sich nicht mehr ganz genau ergründen, aber alte
Quellen und Postkarten sowie ältere Luftaufnahmen zeigen, dass sich dieser
kleine Ausflugsort in einen Bogen von Karolinenhof bis zur „Bammelecke“
spannt. Von oben gesehen sieht es mit etwas Fantasie ähnlich wie ein Horn aus.
Und da der erste Besitzer eines gastronomischen Anwesen ein gewisser Herr
Richter gewesen sein soll, könnte der Name Richters-Horn zutreffen. Auf jeden
Fall soll dort in früheren Jahren ein Wirtshaus gestanden haben mit Namen
„Richtershorn“. Darin konnten alle Wandersleute, Spaziergänger und
Bootsfreunde einkehren und sich mit einfachen Speisen und Getränken stärken.
Ende des 19. Jahrhunderts gab es für dieses Wirtshaus verschiedene Namen und
Besitzer. Zum Beispiel „Mandt`s Etablissement“.
Ab 1906 hieß es „Strandrestaurant Richtershorn“ mit dem Gastwirt Emil Mohr.
Genannt als Besitzer wurde zwischenzeitlich auch Ernst Rabe, welcher
dasAusflugslokal als „Restaurant Carolinenhof“ führte. Der Name hängt
zusammen mit der Nähe zu Karolinenhof.
Aber danach erhielt Richtershorn die Bezeichnung „Etablissement Julius Reck“.
Dieser Gastwirt leitete das immer größer werdende Gasthaus bis Ende der
dreißiger Jahre des vorigen Jahrhunderts. Und zwar mit großem Erfolg, denn
nun hatte sich das Gasthaus am Langen See überall als hervorragendes
Ausflugslokal herum gesprochen. Julius Reck erkannte nämlich sehr bald die
außerordentlich günstige Lage direkt am Langen See und weitete deshalb das
Gelände rasch aus. So entstand nicht nur das zweistöckige Gasthaus mit
Parkettsaal, Tanzdiele, Kaffeeküche, mit gemütlichen Gesellschaftsräumen und
mit einem großen Gartenlokal. Unter schattigen Laubbäumen konnten die Gäste
dort nicht nur ihren Gaumen verwöhnen lassen, sondern dabei auch den
herrlichen Blick über den Langen See bis hinüber zu den Müggelbergen
genießen.
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Doch Julius Reck hatte noch weitere Ideen. So ließ er sehr bald größere Stege
bauen, an denen Dampfer und Bootsleute sicher ankern konnten. Damit kamen
immer mehr Besucher und ganze Gesellschaften aus Berlin und aus anderen
Gegenden, um in Richtershorn gemütlich speisen, trinken, tanzen und feiern zu
können. Selbst für Kinder gab es Spielplätze, auf denen sie sich austoben
konnten. Mehr noch. Julius Reck dachte auch an Kegelbahnen, Schießstände,
Würfelbuden und sogar an Pferdegespanne für unterhaltsame Wald- und
Wiesen-Touren im Grünauer Forst. Eine Postkarte aus den dreißiger Jahren
zeigt, wie dieses Ausflugslokal mit dem einzig artigen Panorama zusehends
angenommen wurde. In guten Zeiten zählte man in den Gasträumen bis zu 900
Personen und im Biergarten sogar bis über 1000 Gäste. Alles zu kulanten
Preisen wie alten Speisekarten ersichtlich war. Die immer zahlreicher
kommenden Gäste aus Nah und Fern nahmen es dankend an.
Doch Ende der dreißiger Jahre des vorigen Jahrhunderts war auch für den
Betreiber Julius Reck Feierabend. Inzwischen hatten sich bekanntlich die Zeiten
gewaltig geändert. Der Nationalsozialismus hinterließ auch in Richtershorn
deutliche Spuren. Der neue Betreiber der Richtershorner Ausflugsgaststätte hieß
Georg Geyer. Dieser machte auch den Nazis den Hof, denn die Säle wurden nun
mit Nazisymbolen und Hakenkreuzfahnen geschmückt, wie man auf alten
Postkarten sehen kann. Zum Glück hielt dieser Spuk nicht lange an.
Zu DDR-Zeiten führte das Ausflugslokal unter anderem Herr Meier, nun aber
als „HO-Gaststätte „Richtershorn“. Geschätzt wurde es in dieser Zeit vor allem
von vielen großen Gesellschaften, die dort mit Vergnügen schmausten und
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feierten. Erinnert sei an Betriebs- oder Jugendweihe-Feiern, an Hochzeiten, an
gemütliche Sylvester- und Faschingsabende genauso wie an bestimmte Jubiläen
und Feiertage.
Die Perle der Gaststätte aber war Frau Hanna Dettmann. Sie hatte in der großen
Küche das Sagen. Frau Dettmann begann als Herdhilfe und qualifizierte sich bis
zur Küchenleiterin hoch. Ihre Speisen gaben dem Ausflugslokal das gewisse
Etwas. Mit viel Liebe und Leidenschaft verwöhnte sie ihre Gäste mit allerlei
schmackhafte Speisen und Desserts. Zumeist echte Hausmannskost mit
Produkten aus der Region. Leckere Fischgerichte fehlten jedenfalls auf keiner
Speisekarte. Die umliegenden Gewässer boten dafür reichlich Fangfrisches.
Und wer noch gut in Erinnerung hat, eines Tages zog sogar das beliebte „Fass“
von der Köpenicker Grünstraße nach Richtershorn. Dort wurde es vor allem als
Nachtbar sehr geschätzt. Besonders an den Wochenenden war die Nachtbar so
gut gefüllt, dass manchmal nicht mehr alle Gäste hinein kamen. Heute kaum
noch zu glauben, aber es war so. Richtershorn war wirklich eine angesagte
Adresse bei Jung und Alt.
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Leider war auch in Richtershorn irgendwann Schluss mit Lustig und das ganze
Gasthaus wurde abgerissen. Sicher war das ganze Gasthaus inzwischen sehr
sanierungs- und renovierungsbedürftig geworden, aber gleich alles platt
machen? Jedenfalls ging damit eine fast 150 jährige Gastlichkeit verloren.
Wer heute in Richtershorn etwas Kulinarisches sucht, der kehrt am besten im
benachbarten Western-Restaurant ein. Das noch bestehende Blockhaus war
früher das slowakische Nationalitäten-Restaurant „Koliba“. Der Name Koliba
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übrigens geht auf eine lange slowakische Tradition zurück, denn Koliba
bedeutet Sennhütte. Die Hirten zogen nämlich mit ihren Schafherden vor
Anbruch der kalten Jahreszeit in die Holzhütten an den Berghängen, um dort
gemeinsam zu überwintern. Das slowakische Nationalitäten-Restaurant war zu
DDR-Zeiten sehr beliebt. Ausgestattet mit einer rustikalen Inneneinrichtung, mit
einem großen Holzkohlegrill, mit Jagdutensilien und mit Tierfellen an den
Wänden. Und zusammen mit der originellen Zigeunermusik entsprach es ganz
dem slowakischen Folklorestil. Vor allem Betriebe und kleinere Gesellschaften
nutzten die Koliba für fröhliche Stunden bei Wein und Gesang.
Doch auch die Koliba ist inzwischen längst Geschichte. Heute lädt das WesternRestaurant „Richtershorn am See“ zum Verweilen ein. Eine Blockhütte mit
einem großen Wintergarten, mit einer Weinstube, mit einer oberen und unteren
Seeterrasse., mit einer 100 Quadratmeter großen Dance-Hall, mit
Kinderspielplatz und einem Streichelzoo. Für Bootsfreunde gibt es
entsprechende Bootsanlegestellen und für Autofahrer genügend Parkplätze.
Besonders beliebt speziell bei Westernfreunde sind die Country- und WesternLive-Musik und die Line-Dance-Kurse. Passend dazu die Innenausstattung, wo
man Western-Utensilien wie Büffel- und Adlerköpfe, Zaumzeug, Sättel, Felle
und alte Wagenräder bewundern kann.
Doch Richtershorn hat heute noch etwas mehr zu bieten. Denn in unmittelbarer
Nachbarschaft zur Gastlichkeit befindet sich ein sehr gefragtes
Wassersportzentrum von Berlin. Es geht um den „Richtershorner RuderVerein“. Unter der Überschrift „Vergangenheit des Vereins“ kann man von
Achim Hill – zu DDR-Zeiten einer der besten Ruderer im Einer und
Doppelzweier, denn er gewann olympische Medailien und war mehrfacher
DDR-Meister, - viel Interessantes über die Geschichte des Rudersports und des
Vereins lesen. Zum Beispiel darüber, dass am 9. Juli 1920 die
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„Wassersportvereinigung Deutscher Landsmannschaften zu Berlin e.V“.
gegründet wurde. Dabei muss man wissen, dass die Entwicklung von
Richtershorn und damit auch von Grünau(Mark) und Karolinenhof zu einem
Mekka des Wassersports bereits Ende des 19. Jahrhunderts begann. Auf Grund
der fantastischen Lage am Langen See gründeten bereits 1876 junge Berliner
Kaufmannsleute den „Berliner Ruderverein“. Viele solcher Einrichtungen
folgten, es wurden überall große und kleine Bootshäuser gebaut und eingeweiht.
Und 1882 fand sogar erstmals auf der Dahme die „Große Grünauer
Ruderregatta“ statt, die jährlich ausgetragen wurde. Bei der angeführten
„Wassersportvereinigung“ wurde aber nicht nur gerudert sondern auch
gepaddelt, gesegelt und Tennis gespielt. Doch nach Ende des Zweiten
Weltkrieges wurden per Alliiertenbeschluss zunächst alle Vereine enteignet, so
jedenfalls informiert Achim Hill in seinem Bericht. Aber bereits ab August 1946
bildete das Bezirksamt Köpenick auch wieder Rudergruppen, so auch in
Richtershorn. Der „Richtershorner Ruderverein“ wurde ins Leben gerufen.
Zunächst war er der Verein als Rudersparte und später als Sektion Rudern der
Betriebssportgemeinschaft „Motor Baumschulenweg“ angegliedert. Der Verein
selbst hatte in der Folgezeit auch noch andere Namen wie „Baume“, „WSSB“
oder „Riho“. Um solche Sportgemeinschaften am Leben erhalten zu können,
halfen Industriebetriebe und andere Institutionen mit finanziellen und
technischen Mitteln. Neben kleineren Betrieben wurde vor allem das Werk für
Signal- und Sicherungstechnik Berlin für Jahrzehnte bestimmend für die
materielle Unterstützung des Rudersports in Richtershorn. Dennoch ging es dem
Ruderverein nicht immer gut, wie Achim Hill in seinen Ausführungen betonte.
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Die Mitgliederzahlen schwankten, vor allem als Berlin auf Grund des
Mauerbaus geteilt wurde. Westberliner Ruderfreunde konnten nun bis zur
Maueröffnung nicht mehr ohne weiteres nach Richtershorn kommen. Erst nach
der „Wende“ im November 89 gab es für viele Sportfreunde aus Berlin West ein
Zurück an ihre ehemalige sportliche Wirkungsstätte.
Insgesamt also ein schwieriger Neuanfang. Doch die Mitgliederzahlen stiegen
langsam wieder an, inzwischen sollen über 100 Wasserfreunde wieder im
„Richtershorner Ruderverein“ tätig sein. Und inzwischen ist es gelungen, auch
der alten Bausubstanz ein neues Gesicht zu geben. Zum Beispiel wurde im
Haupthaus ein neues Dach gedeckt, die einzelnen Räumlichkeiten wurden
saniert und auch die Unterstellmöglichkeiten für Boote in den Wintermonaten
konnten wesentlich verbessert werden. Vieles wurde in Eigenleistung erledigt.
Dabei geht es hier in Richtershorn nicht ums Renn-Rudern. Den technischen und
geographischen Bedingungen entsprechend ist heutzutage das Fahrtenrudern der
prägende Faktor. Mit anderen Worten, ob alt oder jung, ob Männlein oder
Weiblein, alle können sich bei sportlichen Voraussetzungen in ein Ruderboot
setzen und zahlreiche Gewässer in und um Berlin befahren. Die heutige
Tradition entspringt mehr dem Familien- und Freizeitsport. Und das ist gut so,
denn so kommen viele Wasserfreunde in den Genuss des Wassersports. Es wird
aktiv Sport getrieben, gemeinsam gerudert und zusammen gefeiert. Neue
Mitglieder sind gern gesehen.
Aber nicht nur das. Seit einigen Jahren gibt es auf dem Gelände in Richtershorn
sogar eine neue Einrichtung. Hierbei geht es um den Erwerb eines
Bootsführerscheins. Das wird von Käpt`n Mosers angeboten. Er schult, hilft und
unterstützt Motorbootfreunde, damit sie sicher über alle Seen und Flüsse in der
herrlichen Umgebung von Köpenick steuern können. Käpt`n Mosers gehört zur
Wassersportschule Berlin.
Richtershorn ist also stets ein Ausflug wert und die Sommerfrische immer
garantiert.
Berlin – Schmöckwitz 2015
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