GP: Organisieren Fertigen Führen - weisser

GP: Organisieren Fertigen Führen
Man muss sich nur für sie als
Lieferant attraktiv halten. Und
dazu gehört für uns vor allem,
die eigenen Fähigkeiten und
Prozesse immer weiter zu
entwickeln. Da darf es keinen
Stillstand geben. Da belegt
Weisser schon seit vielen
Jahrzehnten und über viele
Generationen hohe Innovationskraft. Beispiele sind das
Hartdrehen, das wir in Europa
etabliert haben und das uns
zur Erfindung des Rotationsdrehens geführt hat: Weisser
hat es entdeckt, Weisser hat es
entwickelt, und für Weisser ist
es patentiert...
Schwarzwälder
Trendsetter
Weisser setzt als
Turnkey-Anbieter
namentlich für die
Automotive-Industrie
auf Innovation
und Perfektion, fußt
auf ganzheitlicher
Customizing-Kompetenz
(jk) Tja: wer hat das Hartdrehen aus den USA importiert,
verbessert und in Europa
eingeführt?, wer darf für
sich das Patent auf die erste
Vertikal-PickUp-Drehmaschine
reklamieren?, wer hat das
Rotationsdrehen - außen, innen,
plan - erfunden (das das Rundschleifen – außen, innen, plan
- erfolgreich konkurrenziert)?,
wer hat das Unrund-Drehen erst
richtig dynamisch gemacht und
perfektioniert?, und wer hat die
erste voll-elektrische Drehmaschine gebaut?: nein, das war
kein großer WZM-Konzern,
sondern ist die familiengeführte
mal grad 450-Leute-Werkzeugmaschinenfabrik J. G.
Weiser Söhne aus St. Georgen
– unbestritten und eindeutig ein
Schwarzwälder Trendsetter.
Thorsten Rettich,
Geschäftsführer,
J. G. Weisser
Söhne,
Werkzeugmaschinenfabrik,
St. Georgen
Herr Rettich, wie lebt es sich
damit, zu über 90-UmsatzProzente von der AutomobilIndustrie abhängig zu sein, die
sowohl für ihre hohen Anforderungen als auch für ihre harten
Einkaufs-Verhandlungen bekannt ist sowie für die volatilen
Zyklen, in denen sie investiert?
Nun ja, wer hätte nicht gern
seinen Umsatz über die Jahre
konstant und möglichst gleichmäßig über vier oder fünf
Branchen verteilt?: Aber das
wird’s zumal im Werkzeugmaschinenbau nie geben. Gleichwohl schauen wir uns natürlich
auch in anderen Branchen um,
in denen wir unsere Technologie- und unsere EngineeringKompetenz einsetzen können.
Aber unabhängig davon,
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wird die Automobil-Industrie
für Weisser auch langfristig
absolut dominant sein – daran
wird sich nichts ändern.
Und wenn man dieser gewiss
sehr anspruchsvollen Branche
mit ihren hohen technischen
Herausforderungen die
entscheidenden Vorteile bietet
– nämlich Stückkosten-Reduzierung, um wettbewerbsfähig
zu bleiben – dann lässt sich
mit ihr bei aller einseitigen Abhängigkeit durchaus gut leben.
...aber Emag bietet mit dem
,Schäldrehen’ und Boehringer
mit dem ,Tangentialdrehen’
den gleichen Effekt wie Weisser...
...sorry: aber die können nur
außen drehen, und nicht,
wie Weisser, auch innen und
plan...
...und wenn nur Außendrehen
gefragt ist...
...dann stehen wir natürlich
im Wettbewerb zueinander
– aber Weisser bietet auch
dann einen entscheidenden
Vorteil: und zwar dank der für
uns patentierten Schneiden,
die für uns übrigens von drei
Herstellern exklusiv gefertigt
werden. Doch insbesondere beim Rotationsdrehen ist
der Prozess ja ganzheitlich
anzugehen – für ein optimales
Ergebnis muss einfach alles
stimmen: das beginnt mit
den eigenentwickelten und
selbst produzierten Spindeln,
dazu gehören die erwähnten
Schneiden sowie spezielle
Werkzeugträger sowie das
elektrisch-elektronische Tuning
mittels Software, über die die
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WZM-Regelparameter zu optimieren und zu harmonisieren
sind: denn für die Achs-Bewegungen braucht es schon eine
sehr sehr hohe Regelgüte, um
ganzheitlich und nachhaltig
ein Top-Ergebnis zu erreichen.
Wir arbeiten beim Rotationsdrehen ja im Komma-µ-Bereich
zwischen 0,5 und 3 µm. Und
das ist schon extrem – das
beherrschen nur ganz wenige
Hersteller. Uns jedenfalls ist es
gelungen, sowohl die Genauigkeit am Werkstück als auch
die Standzeit der Werkzeuge
seit der Marktreife des Verfahrens nochmals zu steigern
– das eine um bis zu 20
Prozent, das andere um sogar
50 Prozent: also einerseits
ein Qualitäts- andererseits ein
erheblicher Kosten-Vorteil.
Weisser marktreif ist und von
Ihnen angeboten wird...
...ja, da haben wir noch
durchaus ansehnlich Potential
nach oben. An der Technologie liegt es nicht, denn die
Rotationsdreh-Ergebnisse sind
mit Rz1 (und sogar kleiner)
sowie der ausgesprochen
drallarmen Oberfläche denen
des traditionellen Rundschleifens mindestens ebenbürtig,
und die Stückkosten sinken aufgrund der signifikant kurzen
Bearbeitungszeiten massiv.
Also was ist der Grund für die
relative Zurückhaltung?
Nun, mit einer seit Jahrzehnten erprobten und bewährten
Methode ist man ja immer
auf der sicheren Seite – sie
beizubehalten, läuft man kein
Das Rotationsdrehen reklamiert
für sich, das Rundschleifen zu
substituieren – wie weit ist das
denn schon umgesetzt?
Also dieser Anspruch gilt nicht
für Universal-Rundschleifmaschinen - das Rotationsdrehen
ist generell was für hohe
Stückzahlen: denn der Prozess
muss ja eingefahren werden.
Aber wenn die Parameter
einmal festliegen, kann man
auch mittlere Lose (etwa 100
Stück) wirtschaftlich so fertigen
– sofern denn das Umrüsten
schnell geht: etwa dadurch,
dass bei Teilefamilien lediglich
Spannbacken oder Spitzen zu
wechseln und dann, wenn die
Werkstücke immer wieder zu
fertigen sind. Dann substituiert das Rotationsdrehen das
Rundschleifen – Weisser hat
Kunden, die schleifen gar nicht
mehr!
...aber so sehr viele sind das
wohl noch nicht, obwohl diese
Technologie seit 2006 bei
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Risiko. Jede Veränderung aber
– und das gilt auch für einen
Verfahrenswechsel – stößt
erst mal auf Widerstand, der
zwar rational begründet wird,
aber keineswegs begründet
sein muss. Denn das (ja noch
junge) Rotationsdrehen erfüllt
– und zwar bei mindestens
gleich hoher Prozesssicherheit wie das Rundschleifen
– die drei wichtigen Kriterien
von Durchmesser- und FormToleranz sowie Rauhigkeit.
Und nicht zu vergessen: beim
Rotationsdrehen gibt es kein
Abrichten, keinen Schleifbrand, keinen Schleifschlamm,
braucht es kein Kühlschmiermittel – also geschliffen ist ja
auch nicht mal so eben.
Aber wenn auf der Zeichnung
steht ,Ra 0,4 geschliffen’,
dann geht erst mal gar nichts.
Also da ist sehr viel und breite
Überzeugungsarbeit zu leisten
– aber das war bei dem von
uns 1990 in Europa eingeführten Hartdrehen nicht anders.
Aber wenn die Qualitäts-Anforderungen überzeugend erfüllt
sind, entscheidet letztlich dann
doch ,Cost per Part’ – und da
hängt das Rotationsdrehen das
Rundschleifen eben ab. Aber
es braucht Zeit – die jedoch
arbeitet auf jeden Fall für uns.
Gilt das auch für das von
Weisser so dynamisch, präzis
und wirtschaftlich gemachte
Unrunddrehen?
Ja natürlich – substituiert doch
das Unrunddrehen Passfeder
und Nut oder vor allem die
Steck-Verzahnung. Also da
prüfen etliche Hersteller nicht
nur der Automotive-Industrie
derzeit, wo sie polygonale
Welle/Nabe-Verbindungen
einsetzen können: auch da
arbeitet die Zeit für Weisser,
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schon mal ein halbes Dutzend
Mails beantworten. Also das
hat was.
Und richtig ist, dass mit dem
Trend zu E-Cars viele Teile
einfach wegfallen, weil die
Elektro-Autos eben keinen
Verbrennungsmotor haben.
Der aber wird ja wie auch die
Turbolader weiterentwickelt –
beide sind noch lang nicht am
Ende. Also es wird eine recht
lange Übergangszeit geben.
zumal wir in diesen beiden
Disziplinen des Rotations- und
des Unrunddrehens wirklich
einen technologischen Vorsprung haben.
Zwar haben die E-Cars noch
nicht einmal zu einem kleinen
Höhenflug angesetzt, aber
erschrickt Sie nicht jetzt schon
etwa die Tesla-Limousine
mit ihrer Leistung und ihrer
Mittelstrecken-Distanz?
Ich bin das ,S’-Modell von
Tesla kürzlich mit Begeisterung
gefahren. Der Wagen geht ab
wie das Raumschiff Enterprise und fährt bei moderatem
Richtgeschwindigkeits-Tempo
gut 400 Kilometer, und seine
Batterien sind binnen 40
Minuten wieder voll aufgeladen. Während dieser ohnehin
sinnvollen Pause könnte man
einen Espresso trinken und
Und außerdem ist Weisser
schon längst bei E-Cars engagiert, da haben wir bereits
einige Referenzprojekte gewinnen können für die Fertigung
von Elektromotoren, die sehr
speziell sind. Und da sehen
ich uns mit unserem besonderen KnowHow beim Rotationswie vor allem beim Unrunddrehen in allerbester Position.
Denn die Teile werden wegen
Gewichtsreduktion und wegen
DownSizing kleiner – bei
zumal zähen Materialien und
komplexer Geometrie. Da
sticht grad das Unrunddrehen, das dazu prädestiniert
ist, Polygone zu bearbeiten,
die bei ja kleinem Bauraum
gleichwohl hohe Drehmomente
übertragen.
2013 hat Weisser erstmals ein
Drehmaschine ohne Hydraulik
und ohne Power-Pneumatik
vorgestellt – also eine rein
elektrische. Waren Sie damit
zu früh dran?
Also gemessen am VerkaufsErfolg?: womöglich. Aber
gemessen am Wissens- und
am Image-Gewinn: ganz
gewiss nicht. Nach allem was
wir wissen, waren wir übrigens mit unserer ,GreenPlus’Drehmaschine auf der Emo
2009 in Mailand der weltweit
erste Hersteller, der sich des
Themas der Energie-Effizienz
angenommen hat – auch noch
bevor sich renommierte THs
dieser Aufgabe widmeten und
haben damit erneut belegt,
wie vorausschauend innovativ
Weisser agiert.
Und was wir dadurch ermittelt
haben: die reine E-Machine
macht nur Sinn bis zu einer
gewissen Größe – zumindest
bislang. Denn bei verlangten
hohen Kräften ist die Hydraulik
nach wie vor nicht zu schlagen
– sind sie dagegen moderat,
dann genügt die Elektrik
allemal und hat den immensen
Vorteil gegenüber Hydraulik
und Pneumatik, dass sich mit
ihr weiche Beschleunigungsund Verzögerungs-Rampen
fahren lassen, wohingegen
Hydraulik und Pneumatik
nur wenig gebremst gegen
Festanschlag fahren und recht
aufwändig zu entkoppeln sind.
Außerdem bringt Hydraulik
auch noch extra Wärme ins
System, und deshalb empfiehlt
sich die E-Maschine grad
beim Bearbeiten von Teilen
mit hohen Genauigkeiten und
hoher Oberflächengüte. Klar:
wenn man das Controlling
fragen würde, dann wären wir
mit ,GreenPlus’ zu früh dran
gewesen – aber als familiengeführtes Unternehmen können
wir so unvernünftig sein,
vernünftige Entscheidungen zu
treffen...
Pionier beim Hart-, beim Rotations- und beim Unrunddrehen
sowie mit der E-Drehmaschine
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– das bedingt heute VorausInvestitionen, die sich (und
das doch nur vielleicht) erst
übermorgen auszahlen. Stimmt
unser Einwand?
Richtig ist, dass Weisser
überraschend oft technologischer Trendsetter ist; das ist
aber für ein in der 6. Generation engagiert geführtes
Familienunternehmen nicht
so ungewöhnlich. Denn die
richtigen Innovationen, die
eher zu früh kommen dürfen
als zu spät kommen sollten,
sind die Voraussetzungen für
zukünftigen Erfolg – und sie
sind bei Weisser abgewogen
kalkuliert. Denn Flops können
wir uns gar nicht leisten. Also
unsere ungewöhnlich starke Engineering-Kompetenz
bewahrt uns einerseits vor
Fehl-Entwicklungen und ermöglicht uns andererseits solche
wegweisenden Innovationen,
die für uns sozusagen unsere
Lebens-Versicherung sind.
Doch vor allem ist ja unsere
ganzheitliche EngineeringFähigkeit und –Leistung
unbedingte Voraussetzung, um
als Turnkey-Lieferant erfolgreich zu sein: 100 (und damit
knapp ein Viertel) unserer gut
410 aktiven Mitarbeiter (also
die mehr als 40 Auszubildenden nicht mit gerechnet) sind
Techniker und Ingenieure in
Vertrieb, Konstruktion und
Entwicklung mit gemeinsam
allen notwendigen Disziplinen
für das komplette Engineering
und mit hohem KnowHow für
die Prozess-Integration unterschiedlicher Technologien – sei
es Drehen, Rotationsdrehen,
Schleifen (wenn der Kunde
das Rotationsdrehen intern
noch nicht freigegeben hat)
sowie das Fräsen, Bohren und
Honen und darüber hinaus das
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gesamte Tooling und die werkstückseitige Automation. Also
wir liefern unseren Kunden
ihren gesamten Prozess fix-fertig erprobt. Nicht zu vergessen
das KnowHow auch in den
übrigen Bereichen, welches
ebenfalls auf einem sehr hohen
Niveau ist, um die Ideen auch
umsetzen zu können.
Ihre Drehmaschinen sind
normalerweise tagtäglich je
24 Stunden übers ganze Jahr
ununterbrochen im Einsatz –
dabei wird von ihnen unbedingte Verfügbarkeit erwartet...
...deshalb investieren wir in
sie HighLevel-Qualität. Das
gilt natürlich für alle Bauteile
und Baugruppen – ob wir sie
nun (wie die genauigkeitsrelevanten) selber fertigen oder
sie zukaufen. Vor allem aber
bauen wir unsere Drehmaschinen nach dem ,mechanischnull’-Prinzip: ,eigentlich’ gibt
es das zwar nicht – aber wir
tun es trotzdem. So sind unsere
Maschinen von Haus aus und
ohne elektronische Kompensation ganz außergewöhnlich
genau.
Treiben Sie damit nicht unnötigen Aufwand, der sich dank
Software-Hilfe längst überholt
hat?
Keineswegs: denn bei
elektronischer Kompensation
von mechanischen Ungenauigkeiten bewegen sich mehr
Achsen als eigentlich nötig –
wobei jede Achsbewegung ja
Unruhe in den Prozess bringt.
Das reduzieren wir mit dem
,mechanisch-null’. Also damit
zielen wir auf so wenige und
so geringe Achsbewegungen
wie irgend möglich. Hinzu
kommt: jede Ausgleichsbewegung bedeutet Reibung
und damit Wärme – und das
führt zu Verschleiß, den wir
weitestgehend ausschließen
wollen.
Aber unser fraglos aufwändiges Fertigungs- und Montage-Prinzip hat noch einen
Langzeit-Vorteil: zwar können
wir bei den extremen Genauigkeiten auch nicht ganz auf
elektronische Kompensation
verzichten, aber diese findet
nur in einem begrenzten Rahmen statt. Und das zahlt sich
spätestens dann aus, wenn
beispielsweise eine Führung
auszuwechseln ist. Bei uns
wird sie eingebaut – und
weiter geht’s mit der Produktion: es ist keine neue Kompensation nötig. Denn wenn
man wegen elektronischer
Kompensation mit Ausgleichstabellen arbeiten muss, sind
die Werte nach solchem
achs-relevanten Komponenten-Austausch für alle Linearund Rotations-Achsen zeitaufwändig neu zu ermitteln,
und das belastet die Overall
Equipment Effectiveness: das
mag die Automotive-Branche
nun mal gar nicht.
vielmehr geht es darum, ob
und wie wir ihre NachfrageSchwankungen etwas ausgleichen können. Mit StandardWZMs jedenfalls geht das
bei Weisser nicht: in jedem
eventuell neuen Kunden-Segment müssen wir unsere USPs
– also unsere hohe Engineering-Kompetenz sowie unsere
Rotations– und UnrunddrehExpertise einbringen können.
Das ist unser eigentliches
Kapital – und das muss arbeiten. Unser Slogan ,Designed to
be Faster’ ist ja ein attraktives
Versprechen nicht nur für die
klassische Automotive-Industrie: so können wir sicher auch
im unteren Größen-Segment
der Lkw-, Bau- und Landmaschinen-Branche und auch in
der Aerospace-Industrie unsere
Stärken nutzen.
Also Weisser hat allen Grund,
optimistisch zu sein?
Weisser hat dank seiner über
Jahrzehnte belegten Innovationskraft allen Grund, zuversichtlich zu sein, wobei wir
Wert und Wirkung unseres
zweiten Slogans ,HERZBLUT
- Passion for our Customers’
nicht vergessen dürfen: das ist
einerseits unsere Grundhaltung
und zweitens gleichfalls ein
Versprechen an unsere Kunden
– wir sind als Schwarzwälder
Trendsetter wirklich mit Herzblut bei der Sache.
www.weisser-web.com
Bleibt uns die Frage, Herr
Rettich, wie Sie gleichwohl
die einseitige Konzentration
von der Automobil-Industrie
verringern wollen?
Also darum geht es primär ja
gar nicht einmal. Wir schätzen sie ja sehr – wie sie uns;
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